Pùvodní znìní ad VII./4115.

Interpellation

der Abgeordneten Heeger, Jokl und Genassen

an den Minister des Innern

betreffend willkürliche Versammlungsauflösung.

Die deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei hatte für Montag den 16. d. M. in Freistadt (Ostschlesien) eine öffentliche Versammlung mit der Tagesordnung: Das Schutzgesetz und andere aktuelle Fragen einberufen. Der anwesende Regierungsvertreter erklärte: Er dulde keine Kritik über das Schutzgesetz. Als der Redner Abg. Heeger sagte: Wird dieses Gesetz rücksichtslos zur Anwendung gebracht, dann hat es den Vorteil, die Bautätigkeit zu fördern, weil die Gefängnisse und Kerker in der Republik sich zu klein erweisen würden, um alle Verurteilten unterzubringen löste der Regierungsvertreter die Versammlung auf.

Dieser Vorgang ist selbst in der Republik ein so unerhörter Willkürsakt eines politischen Beamten, ist die Unterdrückung jeder Willensmeinung, jeden freien Wortes, nimmt dem Abgeordneten schlechtwegs die Möglichkeit, ihren Wählern Bericht zu erstatten, sodass wir uns genötigt sehen, an den Herrn Minister folgende Anfrage zu stellen.

Ist der Herr Minister des Innern bereit, den politischen Bezirksverwaltungen Weisungen zukommen zu lassen, damit in Zukunft solche ganz willkürliche Versammlungsauflösungen nicht mehr erfolgen?

Prag, den 19. April 1923.

Heeger, Jokl,

Schäfer, Beutel, Palme, Leibl, Hoffmann, Schuster, Kirpal, Èermak, Hackenberg, Blatny, Taub, Dr. Czech, Dr. Haas, Dr. Holitscher, Pohl, Deutsch, Uhl, Häusler, Hillebrand.

Pùvodní znìní ad VIII./4115.

Interpellation

der Abgeordneten Schweichhart, Èermak, Grünzner und Genossen

an den Minister für Post- und Telegraphenwesen

wegen der unhaltbaren Postamtsverhältnisse in Bodenbach.

Obwohl die Grenzstadt Bodenbach a. E. in den letzten Jahrzehnten einen ungemein raschen industriellen und gewerblichen Aufschwung genommen und sich die Bevölkerung verdreifacht hat, sich die postalischen Verhältnisse im Wesen unverändert geblieben. Dies trifft vor allem auf die in einem Privatgebäude untergebrachten Räume des Bodenbacher Postamtes zu. Sie sind völlig unzulänglich, zum Teil ohne entsprechende Tagesbelichtung, zu eng und zu klein. Eine Sanitätskommission wäre gezwungen, festzustellen, dass die meisten Lokale den Anforderungen dir Hygiene hohn sprechen, der Stadt also in gesetzwidriger Weise seine Angestellten zwingt, in ungesunden Räumen ihre Pflicht zu erfüllen. Alle Versuche, durch Umstellungen den riesig gestiegenen Anforderungen des Postverkehrs zu genügen, waren vergeblich, weil es eben an geeigneten Räumen mangelt.

Die Notwendigkeit der Erbauung eines eigenen modernen Postgebäudes werde übrigens von den kompetenten Faktoren anerkannt, praktisch ist aber dabei noch gar nichts herausgekommen. Ueber Aufforderung der Post- und Telegrafendirektion in Prag beschloss die Bodenbacher Stadtvertretung am 20. Mai 1921 die unentgeltliche Widmung eines in der Nähe des Bahnhofes liegenden Grundstückes im Ausmasse von 1054 Qadratmeter. Die genannte Direktion verpflichtete sich, mit dem Baue des staatlichen Postgebäudes in Bodenbach bis spätestem 31. Dezember 1922 zu beginnen. Wer erwartet hätte, dass nun endlich der postalische Skandal in Bodenbach aus der Welt geschafft würde, wurde bitter enttäuscht, denn die erwähnte Post- und Telegrafendirektion teilte dieser Tage der Stadtgmeinde mit, dass der gewidmete Baugrund ungeeignet sei und man die Erbauung des neuen Postamtsgebändes anschliessend an die Nordseite des Bahnhofsgebäudes plane. Wenn man bedenkt, dass der Bahnhof selbst umgebaut werden soll und bis zur endgiltigen Ausarbeitung der Detailpläne für das Postgebäude unendlich viel Zeit vergeht, kann man mit einigem Recht von einer Verewigung der Postschande in Bodenbach sprechen, wenn nicht das Ministerium hier energisch einschreitet.

Ebenso skandalös wie die Postverhältnisse sind auch die telefonischen Zustände. Schon im Jahre 1910 bestand die Absicht, die Telefonleitung zu verkabeln, doch ist bis heute in dieser Richtung noch gar nichts geschehen, obzwar die Schwierigkeiten des Sprechverkehrs immer unerträglicher werden. Wie wenig auf amtliche Zusagen Wert gelegt werden darf, zeigt der Umstand, dass am 20. Oktober 1919 unter Zahl 4690 die Telegrafenliniensektion in Aussig mitteilte, das Ministerium habe mit Erlass vom 24. September 1919 die Rekonstruktion und Erweiterung des Telephonnetzes in Bodenbach für das Jahr 1920 angeordnet und die Verdoppelung der einfachen Anschlüsse in Doppelleitungsanschlüsse vorgesehen, wodurch der herrschenden Telephonmisere abgeholfen und Bodenbach eines der modernsten Telephonnetze besitzen werde. Von dieser Zusage wurde bisher nicht das Mindeste verwirklicht. Dazu kommt, dass mehr als 200 Personen vergebens um Anschlüsse eingeschritten sind. Diese Interessenten (Geschäftsleute, Advokaten, Aerzte und dgl.) werden damit vertröstet, dass zuvor erst das neue Postamtsgebäude errichtet werden müsse. Was hiedurch der Staat an Einnahmen verliert und wie gross der Schaden der Interssenten ist, lässt sich schwer feststellen, beweist aber auf jeden Fall, dass hier eine äusserst unnationelle Wirtschaft herrscht. Von der Tatsache, dass solche Zustände im Verkehrswesen, wie sie in einer so wichtigen Grenzstadt vorzufinden sind, das Ansehen des Staates nicht heben, soll nicht weiter gesprochen werden.

Angesichts dieser ebenso unwürdigen als völlig unhaltbaren Verhältnisse im Bodenbacher Post- und Telephonwesen fragen die Unterzeichneten den Herrn Minister, ob er geneigt ist, den Bau des neuen Postgebäudes und die Verkabelung der Telephonlinie ohne Verzögerung in die Wege zu leiten.

Pmag, den 19. April 1923.

Schweichhart, Èermak, Grünzner,

Uhl, Beutel, Pohl, Jokl, Deutsch, Schäfer, Heeger, Dr. Czech, Dr. Haas, Dr. Hollitscher, Hackenberg, Wittich, Kirpal, Blatny, Leibl, R. Fischer, Hoffmann, Hausmann, Dietl, Taub, Häusler.

Pùvodní znìní ad IX./4115.

Interpellation

der Abgeordneten Hans Jokl, Karl

Schuster und Genossen

an den Minister für Nationalverteidigung

betreffend die ungesetzliche Vorschreibung von Einquartierungsgebühren.

Die politische Bezirksverwaltung in Klattau hat in der Zuschrift vom 8. Jänner 1923, Z:104/192, die Gemeinde Dorf-Eisenstein, verständigt, dass nach Dorf-Eisenstein 50 Offiziere, 8 Rohmeister und 4 Soldaten zur Teilnahme an dem Skikurs, welcher einen Monat dauert, entsendet werden. Aufgetragen wurde der Gemeinde auf Grund des §§ 12, 13 und 42 des Militäreinquartierungsgesetzes vom 11. Juni 1879, R. G. Bl. Nr. 93, vom 25. Juni 1895, R. G. Bl. Nr. 100 und vom 7. April 1920, Slg. Nr. 248, für Unterkunft und Beleuchtung zu sorgen. Diese Verständigung ist am 16. Jänner 1923 beim Bürgermeisteramte Dorf-Eisenstein eingelangt.

Schon am 14. Jänner 1923 kam das Militär an und quartierte sich in Hotel Prokop in Dorf-Eisenstein selbst ein. Die Militärintendanz des Landesmilitärkommandos in Prag leistete für diese Einquartierung einen Betrag von 3.994 K 10 h. Den Restbetrag von 4.594 K 90 h soll die Gemeinde Dorf-Eisenstein leisten. Die Gemeinde ist zur Zahlung dieses Betrages nach dem Gesetze, bei dem oben geschilderten Vorgang, nicht verpflichtet. Sie lehnt diese Zuzahlung des Betrages von 4.594 K 90 h ab und verlangt auf Grund des § 20 des Militäreinquartierungsgesetzes von der politischen Bezirksbehörde die Erhebung des Sachverhaltes und die Entscheidung, dass Gemeinde Dorf-Eisenstein zu einer Zuzahlung zu diesen Militäreinquartierungslasten nach dem Militäreinquartierungsgesetze nicht verpflichtet sei.

In der Zuschrift der politischen Bezirksbehörde vom 8. Jänner 1923, Z:104/192, wird diese Militäreinquartierung auf Grund der §§ 12, 13 und 42 der Militäreinquartierungsgesetze, verlangt. Der § 12 des Militäreinquartierungsgesetzes bestimmt lediglich, dass das Militär die Anforderung zur Beistellung von Unterkünften niemals unmittelbar an eine Gemeinde oder einen Hausbesitzer, sondere an die politische Bezirksbehörde zu stellen hat. Diese gesetzliche Bestimmung beinhaltet eine Verpflichtung der Militärbehörde, nicht aber eine Verpflichtung der Gemeinde.

Der § 13 des Militäreinquartierungsgesetzes bestimmt allerdings, dass die Gemeinden, die in gesetzlicher Form an sie gestellten Quartieranforderungen innerhalb ihres Gebietes in Vollziehung zu bringen haben. Die Anforderung, für 50 Offiziere, 8 Rohmeister und 4 Soldaten auf einen Monat nach dein Militäreinquartierungsgesetze Unterkunft zu verschaffen, wurde der politischen Bezirksbehörde Klattau aber nicht in der gesetzlichen Form gestellt; denn nach § 42 des Militäreinquartierungsgesetzes sind die Truppentransporte mindestens 24 Stunden vor dem Eintreffen des Transportes durch die politische Bezirksbehörde dem Vorstande der beteiligten Gemeinde bekanntzugeben. Dies ist im vorliegenden Falle nicht geschehen. Die Gemeinde war daher nach § 13 des Militäreinquartierungsgesetzes überhaupt nicht verpflichtet, die Quartieranfordrung in Vollzug zu bringen, weil die Quartieranforderung nicht rechtzeitig und daher nicht in gesetzlicher Form gestellt worden ist. Durch die Unterlassung der rechtzeitigen Verständigen der Gemeinde von der Quartieranforderung, wurde der Gemeinde Dorf-Eisenstein das ihr nach § 8 und 9 des Militäreinquartierungsgesetzes zustehende Recht, für die Naturalquartierleistung jene Häuser, die für die Naturalbequartierung des Militärs in Betnacht kommen, auszuwählen, genommen. Die Naturalquartierleistung haftet aber auf dem Besitz des Hauses, belastet also den Hausbesitzer und nicht die Gemeinde als solche.

Nach § 42 des Militäreinquartierungsgesetzes ist das Militär verhalten, die ihm von der Gemeinde bezeichneten und dem Militäreinquartierungsgesetze entsprechenden Unterkünfte anzunehmen. Auch dieses Recht wurde der Gemeinde dadurch genommen, dass das Militär bereits am 14. Jänner 1923, also zwei Tage vor Einlangen der Quartieranforderung der politischen Bezirksbehörde Klattau beim Bürgermeisteramte, nach Dorf-Eisenstein kam und sich selbst, also ohne Teilnahme der Gemeinde die Quartiere im Hotel Prokop in Dorf-Eisenstein auswählte. Im § 42 des Militäreinquartierungsgesetzes ist es sogar den Militärkommandos untersagt, über das Marschdokument hinausgehende Anforderungen zu stellen. Die Anforderung im Marschdokument konnte aber sicherlich nur lauten, dass die Gemeinde für Unterkünfte zu sorgen hat, nicht aber, dass sich das zu bequartierende Militär die Unterkünfte im Hotel Prokop selbst aussuchen känn. Die politische Bezirksbehörde hat selbst die §§ 13 und 42 des Militäreinquarterungsgesetzs in ihrer bei der Gemeinde nicht rechtzeitig eingelangten Quartieranforderung genannt. Diese beiden Paragraphe des Militäreinquartferungsgesetzes beinhalten aber, dass die Gemeinde nur die in gesetzlicher Weise gestellte Quartieranforderung zu erfüllen und dass das Militär die ihm von der Gemeinde angebotenen Unterkünfte anzunehmen hat, nicht aber diese Unterkünfte sich selbst auswählen kann.

Die für jede, namentlich aber für die vorübergehende Militäreinquartierung geltenden gesetzlichen Bestimmungen, bei deren Einhaltung die Gemeinde für die Militärunterkünfte zu sorgen hat, treffen im vorliegenden Falle nicht zu. Die Gemeinde hat keine Militärunterkünfte beigestellt, sie kann daher auch nicht verpflichtet werden, die Kosten der vom Militär selbst ausgewählten und bezogenen Unterkünfte zur Gänze oder zum Teile zu bezahlen. Die Verständigung der Militärintendanz des Landesmilitärkommandos in Prag ist eine blosse Meinungsäusserung, keine die Gemeinde verpflichtende Entscheidung. Eine verpflichtende Entscheidung zur Zahlung der erwachsenen Militäreinquartierungskosten kann nur seitens der politischen Verwaltungsbehörde im ordnungsmässigen Verfahren unter Freilassung des Instanzenzuges gefällt werden.

Wir fragen den Herrn Minister:

Ist er geneigt, die Intendanz Prag zu informieren, dass die Gemeinde Dorf-Eisenstein zur Tragung dieser durch die vorübergehende Einquartierung einer militärischen Skiabteilung in Dorf-Eisenstein entstandenen Kisten, nach § 13 und 42 des Militäreinquartierungsesetzes und auf Grund des angeführten Tatbestandes weder zur Gänze noch zum Teile verpflichtet ist?

Prag, am 19. April 1923.

Jokl, Schuster,

Hoffmann, Heeger, Dr. Hollischer, Dr. Czech, R. Fischer, Beutel, Häusler, Schäfer, Pohl, Blatny, Uhl, Taub, Hackenberg, Dietl, Hausmann, Leibl, Deutsch, Dr. Haas, Wittich, Kirpal.

Pùvodní znìní ad X./4115.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Georg Hanreich und Genossen

an den Minister für Nationalverteidigung

wegen unmenschlicher Härte bei der Beurlaubung von erkrankten dienstunfähigen Soldaten.

In den Moravské Noviny vom 23. März d. J. fand sich nachstehende Notiz: Nechtìl z vojny. V Salinovì na Slovensku zastøelil se pìšák ès. horského praporu è. 10 Frièl. Byl nemocen a proto mìl býti od vojska propuštìn. Než by šel však domù, radìji se zastøelil.

Ich bin der Angelegenheit nachgegangen und musste feststellen, dass es sich um einen Fall unmenschlicher Behandlung eines erkrankten deutschen Rekruten Fritscher, gebürtig aus Dörfler, Bez. Gewitsch, gehandelt hat, der sich erschoss, nicht weil er als Kranker dauernd beurlaubt werden sollte, wie die In der erwähnten Zeitungsnotiz enthaltenen Verhimmelang des ès. Militarismus zu berichten weiss, sondern weil er der Qual, als kranker Untauglicher Militärdienst zu leisten, ein rasches Ende bereiten wollte.

Die Briefe an seine Verwandten geben darüber völlig klaren Aufschluss. Er war ständig kränklich und bis zu seinem Tode nie oder nur äusserst selten ausgerückt. Nach Ausrückungen wurde sein Zustand immer ärger. In den Briefen erwähnte er auch wiederholt Aussprüche seiner Chargen, die auf die schlechteste Behandlung dieses kranken Menschen schliessen lassen. So bekam er von seinen Chargen beinahe täglich zu hören: Wir haben sie schon satt, wenn wir sie Wehem.

Fritscher schrieb wiederholten von seiner kurz bevorstehenden Beurlaubung doch wurde immer wieder nichts daraus, immer wurde selbe hinausgeschoben. Endlich sollte er superarbitriert, und darnach entlassen werden. Auch dies wurde wieder verschoben bis endlich der Bedauernswerte aus Verzweiflung über dieses unmenschliche Verschleppen der Beurlaubung eines erwiesenen Kranken und Dienstuntauglichen nach dein Gewehre griff und der Qual ein rasches Ende bereitete.

Es wirkt wie bitterer Hohn, wenn man diesen Sachverhalt gegen die Propaganda der vom Heeresministerium beeinflussten Presse hält.

In der Monarchie Oesterreich war jeder Soldatenselbstmord Grund genug, dass sich der Heeresminister öffentlich wegen dieses Vorkommnisses rechtfertigte. Die Gefertigten hoffen, dass es in der demokratischen Ès. Republik der Heeresminister nicht unterlassen wende, der beunruhigten Oeffentlichkeit umgehend die entsprechende Aufklärung zu geben und stellen die Gefertigten daher folgende Anfragen:

1. Ist dem Herrn Minister der oben erwähnte Vorfall bekannt?

2. Was hat der Herr Minister getan, um gegen die in der Hintertreibung der Beurlaubung Schuldigen vorzugehen?

3. Ist Vorsorge getroffen worden, dass sich solche Vorfälle in Zukunft nicht mehr ereignen?

4. Was ist zur Unterstützung der nächsten Verwandten des Rekruten Fritscher vorgekehrt worden?

Prag, am 19. April 1923.

Dr. Hanreich,

Zierhut, Pittinger, Dr. E. Feyerfeil, Böhr, Kostka, Dr. Kafka, Schälzky, Röttel, Windirsch, Kraus, Scharnagl, Budig, Dr. Spina, Heller, Böllmann, Simm, Patzel, Wenzel, Ing. Jung, Dr. Lodgman, Knirsch.

Pùvodní znìní ad XI./4115.

lnterpellation

des Abgeordneten Dr. Lodgman und Genossen

an den Minister des Innern

in Angelegenheit der ungesetzlichen Durchführung des Sprachengesetzes durch den Böhmischen Landes ausschoss.

Laut des Runderlasses vom 10. April 1923, Z. 37.062/23/X, hat der Lamdesverwaltungsausschuss in Prag in seiner Sitzung am 4. April 1923 beschlossen, alle Bezirksverwaltungskommissionen in Böhmen und die Stadträte der Hauptstadt Prag und der Stadt Reichenberg auf die in den Mitteilungen des statistischen Staatsamtes der Èechoslovakischen Republik mitgeteilten amtlichen Ergebnisse der Volkszählung vom 15. Feber 1921 aufmerksam zu machen und ihnen gleichzeitig aufzuerlegen, sich nach diesen amtlich kundgemachten Ergebnissen in allen sprachlichen Angelegenheiten zu richten, insbesondere bei der Korrespondenz mit autonomen und anderen öffentlichen Behörden (Körperschaften) in feinen Gerichtsbezirken, in denen nach der letzten Volkszählung nicht einmal 20 Staatsbürger der sprachlichen Minderheit, somit in Böhmen der deutschen Minderheit, wohnen sich der Staatssprache zu bedienen. Ferner hat der Landesverwaltungsausschuss veranlasst die Bezirksverwaltungskommissionen zu beauftragen, dasselbe auch sämtlichen Gemeinden des Bezirkes zur Pflicht zu machen.

Dieser Runderlass des Landesverwaltungsausschusses ist ein unerhörter Uebergriff. Zunächst fehlt dem Landesverwaltungsausschusse jede Kompetenz zu Anordnungen in sprachrechtlicher Beziehung. Nach der Vollzugsklausel des Sprachengesetzes sind mit dem Vollzuge desselben alle Minister betraut, somit nicht die autonomen Ueberwachungsbehörden. Nach § 7 des Sprachengesetzes werden Streitigkeiten über den Sprachengebrauch bei staatlichen Gerichten, Behörden und öffentlichen Korporationen von den zuständigen staatlichen Aufsichtsorganen als Angelegenheiten der staatlichen Verwaltung, abgesondert von der Angelegenheit. In der sie entstanden sind, erledigt, somit nicht von den autonomen Ueberwachungsbehörden. Das Sprachengesetz enthält keine meritorische Bestimmung über den Sprachengebrauch der autonomen Behörden und Körperschaften und Aemtern, sondern überlässt die Regelung dieses Sprachengebrauches der Verordnungsgewalt. Es muss daher als Anmassung einer dem Landesverwaltungsausschusse nicht zustehenden Kompetenz angesehen werden, wenn erden Bezirken und Gemeinden aufträgt, sich nach den amtlich kundgemachten Ergebnissen der Volkszählung vom 15. Feber 1921, insbesondere bei der Korrespondenz mit autonomen und anderen öffentlichen Behörden (Körperschaften) in jenen Gerichtsbezirken, in denen nach der letzten Volkszählung nicht einmal 201 Staatsbürger der sprachlichen Minderheit, somit in Böhmen der deutschen Minderheit wohnen, zu richten. Damit will der Landesverwaltungsausschuss, ohne auch nur den Schein eines Rechtes hiefür zu haben, die deutschen Selbstverwaltungskörper nötigen, ihre Zuschriften an die staatlichen und autonomen Behörden und Aemter in jenen Bezirken, in denen weniger als 20% Staatsbürger deutscher Zunge wohnen, in èechischer Sprache auszufertigen.

Die Gefertigten fragen den Herrn Minister, was er zur Beseitigung dieses Uebergriffes des Böhmischen Landesausschusses vorzukehren gedenkt?

Prag, den 24. April 1923.

Dr. Lodgman,

Dr. Keibl, Dr. Radda, Windirsch, Simm, Patzel, Ing. Jung, Wenzel, Dr. Schollich, Matzner, Dr. Medinger, Mark, Dr. Brunar, Ing. Kallina, Bobek, Dr. Lehner, J. Mayer, Böhr, Dr. Spina, Kraus, Knirsch.

Pùvodní znìní ad XII./4115.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Othmar Kallina und Genossen

an den Minister des Innern

in Angelegenheit der Auflösung des humanitären Beamtenvereines für kurbedürftige Staatsbeamten, Professoren und Lehrer in Marienbad.

Die politische Landesverwaltung hat den humanitären Verein für kurbedürftige Staatsbeamte, Professoren und Lehrer in Marienbad aufgelöst, weil, wie es in dem Erlasse heisst, das Funktionskomitee Wohnungen in den eigenen Kurhäusern und um ganzjährige Zinse Vereinsmitgliedern, welche nicht kurbedürftig waren, ja sogar Nichtmitgliedern vermietet hat. Dadurch habe der Verein das Vereinsvermögen auf grobe Weise zu unerlaubten Zwecken missbraucht, die ihm statutenmässig gesteckten Vorschriften überschritten und die öffentliche Ordnung verletzt. Gleichzeitig wurde dem Vereine die weitere Tätigkeit verbeten.

Dieser Massnahme der politischen Landesverwaltung steht folgender Sachverhalt gegenüber: Der genannte Verein hat nach § 2 seiner Satzungen den Zweck, durch sein Funktionskomitee in den Kur- und Badeorten Karlsbad, Franzensbad, Marienbad und Teplitz-Schönau den kurbedürftigen Staatsbeamten, Professoren und Lehrern sowie deren Angehörigen soferne sie eine Familie bilden, Wohnungen, ermässigte ärztliche Behandlung, Befreiung oder Ermässigung der Kurtaxe, der Bäder und der etwa erforderlichen Medikamente zu erwirken.

Dieser satzungsgemässen Aufgabe ist die Vereinsleitung jederzeit bis zum heutigen Tage in gewissenhafter opferwilliger Tätigkeit nachgekommen. Mit Rücksicht auf die Teuerung sah sich aber die Vereinsleitung genötigt, gerade zur Aufrechterhaltung ihrer satzungsgemässen Wirksamkeit ihre Einnahmen zu erhöhen und tat dies dadurch, dass sie einen feil der Räume ihres Marienbad Kurhauses als Jahreswohnungen an Beamte vermietete. Dadurch wurden Geldmittel gewonnen, welche es ermöglichten, die humanitären Zwecke des Vereines in grösserem Umfange zu erfüllen, als es sonst möglich gewesen wäre. Es ist also ganz falsch, darin eine Einschränkung der satzungsgemässen Tätigkeit erblicken zu wollen. Diese wurde im Gegenteil durch Aufbringung der für den Betrieb der Kurhäuser unbedingt nötigen Geldmittel gesichert.

Auf das Entschiedenste muss daher die im Erlasse der politischen Landesverwaltung erhobene Beschuldigung zurückgewiesen werden, der Verein habe damit die öffentliche Ordnung verletzt und das Vereinsvermögen auf grobe Weise zu unerlaubten Zwecken missbraucht.

Die Satzungen des Vereines besagen zwar. dass er seine Hilfeleistung nur kurbedürftigen Beamten zuzuwenden habe. In keinem Punkte der Satzungen wird es aber dem Vereine verboten, neben dieser humanitären Tätigkeit in der Verwaltung seiner Häuser die zur Erhaltung des finanzielen Gleichgewichtes erforderlichen Massnahmen, im gegebenen Falle eine Vermietung eines Teiles der Räume zu treffen. § 25 der Satzungen spricht es ausdrücklich aus, dass das Vermögen des Vereines aus den Kurhäusern, den von den Mitgliedern einfliessenden Beiträgen, dann Geschenken, Legaten und sonstigen Einnahmen besteht. Unter die sonstigen Einnahmen sind eben auch die erzielten Erträgnisse aus den besagten Vermietungen zu rechnen.

Wenn aber die politische Landesverwaltung wirklich der Ansicht war, dass durch diese Vermietungen die Vereinssatzungen überschritten wunden, so wäre es wohl richtig gewesen, der bisher so verdienstvoll gewirkt hat, einfach zu beauftragen, die Vermietung rückgängig zu machen, anstatt sofort mit der in schroffster Form erfolgten Auflösung vorzugehen. Fast hat es den Arscheien, als ob diese nur deshalb angeordnet worden wäre, um über das Vermögen des Vereines, insbesondere über seine Kurhäuser anderweitig zu verfügen, was allerdings nach Ansicht der Unterzeichneten eine wirkliche Verletzung der öffentlichen Ordnung bedeuten würde.

Die Unterzeichneten stellen daher an den Herrn Minister des Innern die Anfrage:

Ist der Herr Minister bereit, durch die politische Landesverwaltung anordnen zu lassen, dass der besagte humanitäre Verein bis zur Erledigung des von ihm eingebrachten Rekurses seine satzgemässe Tätigkeit bis auf weiters fortführen könne?

Prag, am 26. April 1923.

Ing. Kallina,

Dr. E. Feyerfeil, Kraus, Dr. Lehnert, Dr. Radda, Dr. Schollich, Schälzky, dr. Petersilka, Dr W. Feierfeil, Wenzel, J. Mayer, Knirsch, Bobek, Böhr, Dr. Brunar, Dr. Lodgman, Dr. Keibl, Dr. Medinger, Patzel, Ing. Jung, Mark.

Pùvodní znìní ad XIII./4115.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Emmerich Radda und Genossen

an die Minister des Innern und der Eisenbahnen wegen Verweigerung der Fahrpreisermässigung für einen Schubbeamten.

Im Bereiche der Schubstation Nikolsburg befindet sich die Strafanstalt am Muschelberge, die sehr häufig die Schubbehörde in Anspruch nimmt.

Am 2. März 1923 sollte der Polizist Jakob Grojer der städt. Sicherheitswache eine gewisse Marie Haschka aus der staatl. Strafanstalt der Schubbehörde in Znaim zum Weitertransporte in die Zwangsarbeitsanstalt nach Kostomlat überstellen.

Als er beim Schalter des Bahnstationsamtes Nikolsburg auf Grund einer gemeindeämtlichen Bestätigung die Fahrpreisermässigung für den Schübling und sich verlangte, wurde ihm diese mit der Begründung verweigert, dass diese Bestätigung in der Staatssprache ausgestellt sein müsse. Auf die Beschwerde des Polizisten bestätigte der Vorstand des Bahnstationsamtes diesen Standpunkt des Schalterbeamten. Der Polizist musste also für 2 Personen die Fahrt voll bezahlen.

Bezeichnender Weise erhielt der Polizist beim Schalter des Bahnsfationsamtes Znaim auf Grund derselben Bestätigung ohneweiteres die Fahrpreis-Ermässigung für die Rückfahrt.

Die Unterzeichneten fragen nun die Herren Minister:

1. Sind sie bereit das Bahnstationsamt Nikolsburg darüber aufzuklären, dass ein Gemeindeamt eines fast rein deutschen Gebietes auch als Schubbehörde nicht verpflichtet ist, Bestätigungen in der Staatssprache auszustellen und dass daher die Verweigerung der Fahrpreis-Ermässigung ungerechtfertigt war?

2. Sind sie bereit dafür zu sorgen, dass der Stadtgemeinde Nikolsburg der mehrbezahlte Fahrpreis ersetzt werde?

3. Sind sie schliesslich bereit dafür zu sorgen, dass den Gemeinden nicht durch Willkürakte untergeordneter staatl. Organe die Erfüllung des ihnen übertragenen Wirkungskreises erschwert wird?

Prag, am 24. April 1923.

Dr. Radda,

Dr. Schollich, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Lodgman, Dr. Lehnen, Dr. W. Feierfeil, Böhr, Bobek, Schälzky, Dr. Medinger, Dr. Keibl, Dr. Brunar, Matzner, Patzel, J. Mayer, Simm, Schubert, Ing. Jung, Dr. Haureich, Wenzel, Knirsch.

Pùvodní znìní ad XIV./4115.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Kallina und Genossen

an den Minister des Innern

betreffend die unerhörten Uebergriffe des Gendarmeriepostens in Chodau.

Am 17. März d. J. fand in Chodau eine öffentliche Versammlung der Deutschen Nationalpartei statt, in welcher Abgeordneter Dr. Wolfram Lehnert über Die Lage des Deutschtums in den Sudetenländern und seine Zukunft sprach. Am Schlusse dieser Versammlung wurde vom Oberlehrer Andreas Strom aus Duglasgrün eine Entschliessung verlesen, die den gleichen Wortlaut hatte wie die Entschliessungen in allen den hunderten Versammlungen der deutschen Nationalpartei in den letzten Wochen. Diese Entschliessung wurde überall unbeanständet zur Verlesung und in fast allen deutschen Zeitungen zum Abdrucke gebracht.

Nun erschien am 22. März um 3 Uhr nachmittags eine Gendarmsriepatroulle, bestehend aus den Postenkommandanten Lippen und dem Gendarmen Kopper im Schulgebäude in Duglasgrün mit aufgepflanztem Bajonette und forderten den Oberlehrer Andreas Strom auf, den Unterricht sofort abzubrechen und sich mit ihnen nach Chodau zur Einvernahme zu begeben. Trotz des Hinweises des Oberlehrers, dass er doch pflichtgemäss die Unterrichtsstunde zu Ende führen müsse, wurde er gezwungen, den Unterricht abzubrechen und dem gestellten Verlangen Folge zu leisten. Es handelt sich in diesem Falle offensichtlich um eine Verletzung der Dienstvorschriften seitens der Gendarmerie, da bei der gegebenen Sachlage eine Verhaftung ohne vorherige Vorladung unzulässig ist. Im Amtslokale der Gendarmerie in Chodau wurde dann Oberlehrer Strom und der Vorsitzende Kriegelstein über die Vorgänge bei der am 17. März d. J., stattgehabten Versammlung einvernommen. Gendarm Kopper erklärte während der Einvernahme, dass Oberlehrer Strom ausser der Entlassung aus dem Schuldienste eine Gefängnisstrafe von 8 Monaten und Zimmermeister Kriegelstein neben Konzessionsentzug eine monatliche Gefängnisstrafe zu erwarten habe. Letzterem wurde ausser dem erklärt, dass er nie in den Besitz eines Waffenpasses kommen werde. Dieses Vergehen des einvernehmenden Gendarmen ist jedenfalls nach Ansicht der Unterzeichneten eine krasse Verletzung der Dienstespflichten und erlauben sich daher die Unterzeichneten an den Herrn Minister folgende Fragen zu stellen:

1. Ist der Herr Minister bereit, sofort eine strenge Untersuchung über diese Vorgänge einzuleiten?

2. Ist er bereit, mit aller Strenge gegen die Schuldfeen vorzugeben und alles vorzukehren, dass in Zukunft solche Uebergriffe verhindert werden?

3. Ist der Herr Minister bereit, alles vorzukehren, damit in Zukunft Personen die seit Jahrzehnten im öffentlichen Leben stehen und sich die Achtung aller Mitbürger erworben haben, die sich als Lehrer des besten Rufes erfreuen, nicht durch Uebergriffe untergeordneter Organe in ihrem Ansehen bei Schüler und Lehrern geschädigt werden?

Prag, am 10. April 1923.

Ing. Kallina,

Dr. Petersilka, Dr. Schollich, Bobek, Dr. Radda, Mark, Böhr, J. Mayer, Knirsch, Schälzky, Kraus, Matzer, Ing. Jung, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Lodgman, Dr. Keibl, Dr. Lehnert, Dr. Brunar, Dr. W. Feierfeil, Patzel, Simm.

Pùvodní znìní ad XV./4115.

Interpellation

der Abgeordneten Dr. Kafka, Kostka und Genossen

an den Finanzminister betreffend die Misstände bei der Einhebung der Gsaneinde- und Schulumlagen durch die Steuerämter.

Bis zum Jahre 1920 wurden die Gemeinde- und Schulumlagen durch die Gemeindeämter selbst eingehoben und die Finanzgebahrung der Gemeinden ging in Ordnung; nur selten kam es vor, dass Parteien mit ihren Umlagen im Rückstande blieben und die Rechnungen der Gemeinden konnten glatt abgeschlossen werden.

Die Gemeinden waren auf Grund der Steuervorschreibung in der Lage, nicht nur mit bestimmten Ziffern, sondern auch mit einer gewissen Sicherheit auf den Eingang der Umlagen zu rechnen und die präliminierten Ausgaben im Voranschlage fanden durch die eingehobenen Umlagen ihre Deckung; auch die Zahlungsfristen konnten eingehalten werden und den Gemeinden blieben die Zahlungen von Verzugszinsen u. d. gl. erspart weil eben die Gemeindeämter getrachtet haben, dass die Umlagen voll und pünktlich eingezahlt wurden.

Heute aber sind infolge der vielen Umlagenrückstände die Gemeinden und auch die Bezirke kaum imstande, die Gehalte und Löhne der Beamten und Bediensteten zu begleichen-geschweige denn die Zahlungsfristen für die Zinsen und Abzahlung der Schulden einzuhalten.

Durch den Nichteingang der Umlagen geraten die Gemeinden immer tiefer in die Schulden, es müssen zur Bezahlung dringender Ausgaben Darlehen aufgenommen werden, hiefür ist keine Deckung im Voranschlage vorgesehen, am Jahrsabschlusse erübrigt ein bedeutender Kassaabgang das nächstjährige Umlagenperzent schnell infolgedessen in die Höhe und es wird bereits schon jetzt und mit Recht gezweifelt, ob mit Rücksicht zur die allgemeine Lage die Möglichkeit zur Zahlung von so riesig hohen Gemeindeabgaben in Hinkunft noch vorhanden sein wird.

Nach allem zu schliessen, führt diese Misswirtschaft zu einer unawendbaren Katastrophe und es ist höchste Zeit, dass hier ein Wandel geschaffen werde.

Die Gründe dieses Uebelstandes beruhen auf Nachstehendem:

Durch die Auflösung der Stenerämter in vielen Bezirken wurde die Lauheit der Steuerträger trotz der Postscheckbegünstigungen gefördert und den Gemeinden die Evidenz über die Rückständler gänzlich genommen. Die Rückstände können mangels eines Steuerrestausweises nicht überwacht und deren Zahlung nicht erwirkt werden.

Es gehen die Steuervorschreibungen, auf deren Basis die Umlagen beruhen, nicht vorwärts, es kann bei dem Abgang der Vorschreibung der direkten Steuern durch die Steuerämter keine Exekution gegen die Rückständler geführt werden. Gegen Steuervorschreibungen, wenn solche überhaupt erfolgen, werden in den meisten Fällen Rekurse eingebracht, deren Erledigung in absehbarer Zelt nicht zu erhoffen ist. Viele Steuerträger suchen, wenn auch manchmal ganz ungerechtfertigt, um Zufristung der Zahlung ihrer Steuern und Umlagen an. Es wird um Abschreibung von Steuern infolge Missernte, schlechten Geschäftsgang, Betriebseinstellung u. s. w. angesucht und die Zahlung der Steuer und Umlagen unter Berufung auf dieses Ansuchen verweigert.

Zudem sind viele Steuerträger durch die Vermögensabgabe stark getroffen, zahlen infolge der strengen Vorschriften diese Abgaben in der Meinung, dass sie die Gemeinde, in der sie wohnen, wegen des Umlagenrückstandes nicht gleich vernichten wird.

Es kommt aber auch vor dass in manchen Gemeinden die Steuern und Umlagen pünktlich und voll bezahlt werden, die Gemeinden erhalten aber doch wenig Umlagen zugewiesen und verzeichnen grosse Rückstände aus den Jahren 1920/1921 und 1922.

Bei der Manipulation, bei Aufteilung der Umlagen auf die Bezirke und Gemeinden scheinen auch hier grosse Mängel zu herrschen schön deshalb, weil einzelne Gemeinden Zulagen zugewiesen erhalten, auf deren Bezug sie gar keinen Anspruch haben.

Die Gefertigten stellen daher an den Herrn Finanzminister die Anfrage:

Ist der Herr Finanzminister bereit, obige Misstände ehebaldigst einzustellen und dahin zu wirken, dass in Bälde geordnete Verhältnisse in dieser Richttrog eintreten oder aber, dass wie früher den Gemeinden die Einhebung der Gemeinde- und Schulumlagen wieder übertragen werde?

Prag, am 27. April 1923.

Dr. Kafka, Kostka,

Böhr, Dr. Brunar, Dr. Keibl, Dr. Lehnert, Kraus, Matzner, Dr. Spina, Bobek, Patzel, Dr. Schollich, Wenzel, Ing. Jung, Dr. Petersilka, Budig, Schälzky, Dr. W. Feierfeil, Dr. Radda, Ing. Kallina, Dr. Lodgman.

Pùvodní znìní ad XVI./4115.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Frust Schollich und Genossen

an den Minister des Innern

betreffend die aktive Beteiligung des Ministerialrates Šèava an einer einseitigen chauvinistischen Versammlung in Fulnek.

In Neuntschein steht an der Spitze der politischen Bezirksverwaltung der schon in Interpellationen mehrfach genannte Bezirkshauptmann Ministerialrat B. Šèava. Trotzdem der Bezirk auch nach der letzten Volkszählung noch zur Hälfte deutsch ist, bringt Ministerialrat Šèava als Leiter der politischen Bezirksverwaltung nicht das nötige Mass der Objektivität auf, das gerade auf einen so wichtigen Posten einen leitenden Beamten auszeichnen sollte. Wie wenig dieser Herr auf die deutsche Bevölkerung seines Bezirkes. Rücksicht nimmt, hat er bereits in unzähligen Fällen bewiesen. Aus letzter Zeit wird nur folgender Fall nach einem Berichte des - Ès. Deník vom 20. März 1923 Nr. 66 - herausgenommen.

Am 18. März 1. J. tagte in Fulnek eine allgemeine Bezirkskonferenz zur Besprechung èechischer Fragen und Forderungen, welche auf die vollständige Èechisierung des Kuhländchens hinausliefen. Zu dieser Versammlung hatten die Sektionen des Volksbundes (Národní jednota), der Troppauer Schulverein, Gemeindevertretungen, Schulen Vereine etc. in Mähren und Schlesien Vertreter entsendet. Der Ès. Deník schreibt ausdrücklich, dass bei dieser Versammlung der Ministerialrat B. Šèava aus Neuntschein für die politische Landesverwaltung anwesend war.

Im Verlaufe dieser Versammlung sprach unter anderem Schulleiter Pochmon von deutschen Anfeindungen, Sekretär A. Kubis von der wohldurchdachten Art und dem festen Plane des èechischen Vordringens in Ostmähren, von seiner zielbewussten Bodenreform und Kolonisation und einer erfolgreichen Reinigung des Palatzky schen und Komensky schen Ländchens in Mähren und im angrenzenden Schlesien. Zu all dem gab Ministerialrat Šèava Aufklärungen, worauf eine vom Lehrer J. Sustek verlesene Resolution mit demonstrativen Applaus einhellig angenommen wurde. Diese Resolution enthielt unter anderen folgende Forderungen: Errichtung eines èechischen Schulpalastes in Fulnek, Verzeichnung aller èechischen Kinder in den dortigen deutschen Schulen und Ueberleitung in die neu zu errichte, de èechische, Drosselung des deutschen Schulwesens in Fulnek und in den Nachbarorten, Eiführung des èechischen Gottesdienstes in Fulnek, Verbot deutscher Abzeichen und Fahnen, Verschärfung der deutschen Zeitungszensur, Versetzung èechischer Beamten zu Staatsämtern, Gewährung von besonderen Zulagen an èechische Minderheitskämpfer nach den Beschlüssen des vorjährigen Generallandtages, Zwang zum èechischen Schriftenverkehr in deutschen Gemeinden mit weniger als 20%iger èechischer Minderheit, Besiedlung der Grossgrundbesitzer in Fulnek, Kunewald und Zauchtel mit Legionären u. dgl., Beaufsichtigung der Löhne èechischer Arbeiter durch Staatsbehörden zur Verhinderung einer Ausbeutung jener, Verlängerung des Mieterschutzes zu gunsten der èechischen Arbeiter u. s. w.. also lauter Forderungen, welche ihre Spitze einseitig gegen die deutsche Bevölkerung richten.

Zu solchen einseitig chauvinistischen Beratungen, gehört nach unserer Ansicht ein leitender Beamter nicht, da sonst der angefeindete Teil der Bevölkerung mit Recht jedes Vertrauen zu dem Beamten verliert, namentlich dann, wenn dieser den aufgestellten Forderungen seine weitgehendste Unterstützung zusagt.

Im alten Osterreich wäre ein derartiges Vorgehen seitens eines deutschen Beamten ganz unmöglich gewesen. Abgesehen davon, dass die deutschen Beamten selbst das richtige Taktgefühl besassen, hätte sich das ganze èechische Volk gegen ein solches Vorgehen erhoben und der betreffende Beamte wäre von der Regierung unnachsichtlich seines Amtes entsetzt worden.

Die Gefertigten stellen daher an den Herrn Minister des Innern die Frage:

1. Ist Ihnen das einseitige, èechisch-chauvinistische Vorgehen des Bezirkshauptmannes Ministerialrates B. Šèava bekannt?

2. Finden Sie nicht auch, dass ein so einseitig orientierter Beamter auf einen so wichtigen Posten, der das grösste Taktgefühl erfordert, nicht gehört und dass an diese Stelle ein Beamter gesetzt werden muss, der das nötige Mass an Objektivität für beide Völker aufbringt?

3. Wollen Sie noch weiter zusehen, wie die deutsche Bevölkerung durch ein derartiges, einseitig chauvinistisches Vorgehen eines Regierungsbeamten gereizt wird?

Prag, am 20. April 1923.

Dr. Schollich,

Dr. E. Feyerfeil, Dr. Keibl, Dr. Radda, Böhr, Bobek, Dr. Petersilka, Ing. Kallina, Dr. Lehner, Kraus, Matzner, Ing. Jung, Mark, Schälzky, Knirsch, Dr. Lodgman, Dr. Brunar, Dr. W. Feierfeil, J. Mayer, Patzel, Wenzel, Simm.

Pùvodní znìní ad XIX./4115.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Ernst Schollich und Genossen

an die Gesamtregierung

betreffend die Zustände bei der Troppauer Wurst- und Selchwarenfabrik Praga.

Bei der Troppauer Wurst- und Selchwarenfabrik Praga, einer Tochteranstalt der Schlesischen Viehverwertungsanstalt ergab die Jahresbilanz für 1922 Verluste von mehreren hunderttausend Kronen. Schon nach mehrmonatlicher Tätigkeit der Praga munkelte man von Kassaunregelmässigkeiten, auf welche der Sekretär des Landeskuiturrates Jirsabek, als Prokurist der Viehverwertungsgesellschaft ohne jeden Erfolg aufmerksam gemacht wurde, ja es wurde später sogar die unbedingte Vertrauenswürdigkeit des Ing. Klapetek und der Kanzleibeamtin Stradil, welch letztere sich als Direktorin geberdete, ausgesprochen. Ueber das entschiedene Einschreiten mehrerer deutscher Verwaltungsräte im Mai 1922 wurde eine Voruntersuchung eingeleitet, welche ein derartiges Belastungsmaterial ergab, dass sich deutsche Vorstandsmitglieder veranlasst sahen, einen Beamtenwechsel zu beantragen und erfolgte seitens des gewesenen Verwalters der Viehverwertungsgesellschaft Leopold Steiner, welcher vorübergehend bei der Praga angestellt war, ein schriftlicher Bericht an das Präsidium der Unternehmung. Man gab zunächst den beschuldigten Personen genügend Zeit und Gelegenheit, Kontrollscheine und Verdachtsmaterial zu beseitigen. Obwohl bei der Untersuchung die Kassierin des Diebstahls überwiesen wurde, verblieb diese auf Betreiben des Sekretärs Jirsabek weiter im Dienste und wurden Ing. Klapetek und Fräulein Stradil trotz des sie stark belastenden Materiales aus der Präventivhaft entlassen.

Anlässlich einer Ehrenbeleidigungsklage des Verwalters Leopold Steiner gegen den Sekretär Jirsabek, welche ohne Wissen des ersteren von dessen Rechtsanwalt zurückgezogen wurde, behauptete Steiner, dass unter den Beamtinen der Viehverwertungsgesellschaft das Gerücht umgehe, dass Jirsabek in Troppau unmöglich wäre, wenn gewisse Personen aussagen würden. Jirsabek liess diesen Verdacht, ohne Steiner zu einer gerichtlichen Fechtfertigung zu veranlassen, auf sich beruhen.

Jirsabek bemühte sich noch vor gerichtlicher Austragung der Angelegenheit, dem Fräulein Stradil eine andere Privatanstellung und dem Ing. Klapetek die Stelle eines Professors an einer landwirtschaftlichen Anstalt zu verschaffen.

Ing. Klapetek versuchte auch während seiner Dienstzeit, den der Viehverwertungsgesellschaft gehörige Hof in Mankendorf zu veräussern.

Die èechische Regierung soll zur Deckung der durch die Beamtenmisswirtschaft verursachten Verluste der Praga aus staatlichen Mitteln einen Betrag von 800.000 Kronen Zur Verfügung gestellt haben.

Auf Grund der geschilderten Zustände fragen die Gefertigten:

1. Sind der Regierung diese Zustände bei der Praga bekannt?

2. Ist die Regierung bereit, eine nochmalig strenge Untersuchung gegen den Sekretär des Landeskulturrates Jirsabek, den Ing. Klapetek, die Kanzleibeamtin Stradil und die Kassierin der Praga einzuleiten und das Ergebnis dieser Untersuchung bekanntzugeben?

3. Ist die Regierun; bereit, die schuldigen Beamten der verdienten Bestrafung zuzuführen?

4. Ist die Regierung bereit, bekannt zu geben, ob tatsächlich ein Betrag von 800.000 Kronen zur Deckung der Abgänge aus Staatsmitteln gegeben wurde und wie verantwortet die Regierung eine derartige Verschleuderung von Steuergeldern?

Prag, den 17. April 1923.

Dr. Schollich,

Dr. Lodgman, Dr. Brunar, Ing. Kallina, Knirsch, Dr. Keibl, Dr. Radda, Ing. Jung, Dr. Medinger, Dr. E. Feyerfeil, Matzner, Dr. Lehnen, Dr. Petersilka, J. Mayer, Simm, Wenzel, Schälzky, Böhr, Bobek, Patzel, Schubert.

Pùvodní znìní ad XX./4115.

Interpellation

des Abgeordneten Kraus und Genossen

an den Finanzminister

wegen Einschätzung der Wertpapiere zur Vermögensabgabe.

Durch die Bestimmungen des Vermögensabgabegesetzes vom 8. April 1920 wird das Vermögen nach dem Stande vom 1. März 1919 zur Bemessung angenommen. Diese Bestimmung hat sich in vielen Fällen als sehr drückend herausgestellt, besonders aber für alle jene welche im Besitze von Wertpapieren waren, deren Kurs Bach dem 1. März 1919 bedeutend zurückgegangen ist, sodass sich dadurch das Vermögen aller dieser Personen in einer Weise verringert hat, dass die Vermögensabgabe unter Umständen grösser ist wie der gegenwärtige Wert. Die österr. Krone hat z. B. kaum noch den hundertsten Teil des Wertes vom 1. März 1919. Das sind Verhältnisse die auf das Einkommen der kleinen Rentner und sonstigen Vermögensabgabepflichtigen verheerend wirken müssen.

Die Unterfertigten stellen daher an den Herrn Finanzminister die Anfrage, ob der Herr Minister bereit ist, wenn eine Reform der Vermögenszuwachsabgabe eintritt, den geschilderten Verhältnissen Rechnung zu tragen und eine Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen, bei welchem die Bemessung der Abgabe nicht nach dem Stande vom 1. März 1919 sondern nach dem Wert, welchen sie zur Zeit der 1. Zahlung haben, erfolgt?

Prag, am 3. Mai 1923.

Kraus,

Ing. Kallina, Dr. Lodgman, Dr. W. Feierfeil, Dr. Keibl, Matzner, J. Mayer. Dr. Petersilka, Schälzky, Dr. Lehner, Dr. Brunar, Simm, Mark, Dr. Radda, Patzel, Dr. Schollich, Dr. Medinger, Ing. Jung, Dr. E. Feyerfeil, Bobek, Böhr.


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