Pùvodní znìní ad I/4098.

lnterpellation

der Abgeordneten Dr. Kafka, Kostka

und Genossen

an den Justizminister

wegen der Beschlagnahme der periodischen

Druckschrift Brüxer Zeitung.

Zu unseren, bereits zu einer ständigen Einrichtung gewordenen Interpellationen wegen Beschlagnahme von periodischen Druckschriften, kommt eine neue hinzu welche das gewaltsame Treiben und die Unduldsamkeit der Staatsanwaltschaften besonders beleuchtet. Die periodische Druckschrift Brüxer Zeitung vom 19. Feber 1923 wurde wegen einer Drahtnachricht, welche den Titel trägt: Nehmen kommt billiger, als kaufen. und in dem Absatz . sofort nach der Besetzung begann die Kontrolle der Fahrgäste, wobei die Suche nach Geld im Vordergrunde stand. Den Reisenden wurden nur Summen bis zu 50.000 Mark belassen, alles übrige Geld wurde beschlagnahmt, von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. Mit Ausnahme des Titels, welchen die Brüxer Zeitung eigens für sich in Anspruch nehmen kann ist der beschlagnahmte Teil dieser Drahtnachricht in sämtlichen Zeitungen des In und Auslandes erschienen. Gerade dem Brüxer Staatsanwalt paßte diese Stelle nicht, obzwar sie weder zum Hasse gegen irgend eine Nation im Inlande, noch im Auslande aufforderte die Behörde nicht herabwürdigt, sondern einfach in kurzen Worten selbst einen von der französischen Regierung nicht abgeleugneten Gewaltakt der französischen Besatzungsbehörde schildert. Es kann unmöglich im Sinne der èechischen Regierung liegen, derartige Nachrichten, welche in kurzen knappen Worten Tatsachen welche sich in der Welt ereignen, schildern, der breiten Öffentlichkeit zu verheimlichen. Es muß daher öffentlichen Druckschriften die Möglichkeit gegeben werden, diese Tatsachen, an welche sie nicht einmal ein Kommentar knüpfen zu verbreiten, und es darf nicht einem jeden Staatsanwalt überlassen werden, Nachrichten, die ihm nicht passen, zu unterdrücken.

De Gefertigten richten daher an die Regierung die Anfragen:

1 Ist der Regierung die Beschlagnahme der Brüxer Zeitung vom 19. Feber bekannt?

2. Welche Maßnahmen gedenkt die Regierung zu ergreifen, um die Brüxer Staatsanwaltschaft von derart unbegründeten Konfiskationen zurückzuhalten?

Prag am 23. Feber 1923.

Dr. Kafka, Kostka,

Køepek, Wenzel, Dr. Lodgman, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Keibl, Knirsch, Bobek, Schubert, Mark, Kraus, Scharnagl, Budig, Böllmann, Böhr, Simm, Schälzky, Dr. Hanreich, J. Fischer, Heller.

 

 

Pùvodní znìní ad II/4098.

lnterpellation

des Abgeordneten Dr. Lodgman und Genossen

an den Minister für öffentliche Arbeiten

in Angelegenheit der staatlichen Bau

tätigkeit.

Die Brüxer Zeitung hat am 7. April folgenden Aufsatz gebracht:

Das deutsche Baugewerbe und die staatlichen Bauten. Die private Bautätigkeit in den letzten Jahren ist verschwindend gering das Mieterschutzgesetz behindert den Bau von Wohnhäusern sehr und die Industriekrise bringt es mit sich, daß auch in den Fabriken nur die allernötigsten Instandhaltungsarbeiten vorgenommen werden. Unser deutsches Baugewerbe leidet daher an einer Beschäftigungslosigkeit, wie kaum je zuvor und zwar trifft diese nicht nur die Bau-, Maurer- und Zimmermeister, sondern auch die sonstigen baugewerblichen Berufe, wie Tischler, Schlosser, Glaser, Anstreicher, Spengler, Dachdecker usw.

Nun ist ja allgemein bekannt daß der Staat in letzter Zeit ganz bedeutende Bauten im deutschen Nordböhmen durchführt. Es werden staatliche Minderheitsschulen, Kasernen, Beamtenwohnhäuser das große Elektrizitätswerk in Seestadt und anderes mehr gebaut. Deutsche Baufirmen haben sich an allen staatlichen Offertausschreibungen beteiligt und sich bezüglich der Preise sehr angestrengt, ohne auch nur ein enziges Mal Erfolg zu haben. Die èechischen Firmen, meist Prager, waren immer billiger und man muß sich unwillkürlich fragen, wie dies möglich sein kann da sie doch mit einer höheren Regie rechnen müssen als die ortsansäßigen Baumeister. Freilich haben die deutschen Firmen bei allen ihren Anboten eine streng solide, den Ausschreibungsbedingungen entsprechende Ausführung dem Offertpreise zugrunde gelegt: ob dies alle Offerenten tun muß man füglich bezweifeln. Es ist sicherlich nicht ein und dasselbe, wenn z. B. bei dem Schulbau in Obernitz anstatt des im Offert vorgeschriebenen Granitsockels ein solcher aus Kalkstein ausgeführt und anstatt des vorgeschriebenen scharfkörnigen Sandes ein Gemisch aus Grubensand. Abfall und Kesselschlacke verwendet wird. Ob den Firmen, welche die einzelnen Bauten so billig übernommen haben, nicht während des Baues Mehrforderungen bewilligt werden, läßt sich auch schwer kontrollieren, da die Abrechnungssummen der einzelnen Arbeiten kaum öffentlich bekannt werden. Hier wäre für die deutschen Parlamentarier Gelegenheit geboten, sich im Interesse des deutschen Baugewerbes von der Übereinstimmung zwischen Anbot und Abrechnung bei den größeren Bauten zu überzeugen und diese Angelegenheiten im Parlamente zur Sprache zu bringen. Es kann für die deutsche Volkswirtschaft nicht gleichgültig sein und ist auf die Dauer unerträglich wenn das deutsche Baugewerbe von den Staatsbauten vollkommen ausgeschaltet wird, zu deren Kosten ja die deutschen Steuerträger die Hälfte beitragen müssen. Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß die èechischen Baufirmen in Prag und allen anderen èechischen Städten sehr stark beschäftigt sind, denn dort wird bekanntlich viel gebaut, da die Begünstigungen des Bauförderungsgesetzes fast ausschließlich den Èechen zufließen und auch hier wieder deutsche Steuergelder in Form der staatlichen Subvention der èechischen Volkswirtschaft zugeführt werden. In allernächster Zeit werden aus den Mitteln des Kohlenfondes in der hiesigen Gegend größere Wohnhauskolonien zur Ausschreibung gelangen und da sollten sich alle maßgebenden Faktoren energisch dafür einsetzen, daß diese Arbeiten an die einheimischen Baumeister vergeben werden. Oder wird sich der Vorgang wiederholen wie bei dem Repräsentationshaus der Bergarbeiter in Brüx, das voriges Jahr ohne Offertausschreibung an eine Königgrätzer Baufirma vergeben wurde? Jedenfallt hat auch das hiesige Baugewerbe ein begründetes Anrecht, bei den staatlichen und sonstigen öffentlichen Bauten berücksichtigt zu werden, da es ja die Staatssteuern genau so und villeicht in noch höherem Maße bezahlen muß wie die èechischen Baugewerbetreibenden und an Solidarität und Leistungsfähigkeit sicherlich hinter letzteren in keiner Weise zurücksteht.

Wir erlauben uns an den Herrn Minister folgende Anfragen zu stellen: Ist er bereit, dem Parlamente ein Verzeichnis über die in den letzten zwei Jahren vom Staate durchgeführten Bauten vorzulegen? Ist er bereit in diesem Verzeichnisse anzugeben, wie viele Bauarbeiten der verschiedenen Art den èechischen und wie viele den deutschen Firmen vergeben worden sind? Sind die Angaben des obigen Aufsatzes, richtig und wenn ja, womit begründet der Herr Minister die auffallende Bevorzugung èechischer Firmen?

Prag, den 17 April 1923.

Dr. Lodgman,

Dr. E. Feyerfeil, Dr. Medinger, Böhr, Bobek, Patzel, Knirsch, Dr. Brunar, Kraus, J. Mayer, Schälzky, Ing. Jung, Dr. W. Feierfeil, Windirsch, Wenzel, Mark, Dr. Lehnert, Dr. Schollich, Matzner, Dr. Radda, Dr. Keibl.

 

 

Pùvodní znìní ad III/4098.

lnterpellation

des Abgeordneten Dr. Emmerich Radda

und Genossen

an den Minister für Schulwesen und Volkskultur

betreffend die Schulverhältnisse in den sogenannten Kroatengemeinden Guttenfeld, Fröllersdorf und Neuprerau im Bezirke

Nikolsburg.

In der Nikolsburger Wocbenschrift vom 3 Mäz 1923 erschien folgender Artikel:

Volkszählungsergebnisse und deutsches Schulwesen.

Wenn man das Ergebnis der letzten Volkszählung, welches das statistische Amt in Prag veröffentlicht, betrachtet, so kann man behaupten, daß der Nikolsburger Bezirk keineswegs - wie so gerne von amtlicher Seite dargestellt wird - zu den sogenannten gemischten Gegenden gehört, sondern daß wir es hier mit einem rein deutschen Bezirke zu tun haben. Man muß sich vor allem vor Augen halten, wie strenge jeder Einzelne auf Herz und Niere geprüft und daß in unzähligen Fällen Deutsche zu Èechen gestempelt wurden. Die Zahl der èechischen Bewohner ist n einzelnen Gemeinden so gering, daß auf en ersten Blick die Zuwanderung auffällt. Der Pfarrer mit der Köchin, allenfalls noch ein Dienstmädchen bilden in mehreren Gemeinden die einzigen èechischen Bewohner, in anderen kommen noch en paar èechische Knechte, die und da ein èechischer Handwerker hiezu, der sich in der Gemeinde niederlassen hat und um dieser wengen Leute willen soll die Gemeinde zu einer gemischtsprachigen gestempelt werden. Nur dort wo Meierhöfe sind, kann von einer èechischen Minderheit gesprochen werden.

Ungemein lehrreich ist aber das Volkszählungsergebnis, wenn man es zu den Kulturbedürfnissen in Beziehung bringt, wenn man insbesondere de durch den Friedensvertrag festgelegten Grundsätze der Fürsorge für das Schulwesen der Minderheiten betrachtet. Neusiedl hat beispielsweise bei einer Einwohnerzahl von 1385 und 76 Èechen, unter denen sich 4 oder 5 Kinder befinden. Die Schulverwaltung errichtet aber für diese eine èechische Schule. Wie steht es aber in den Gemeinden Fröllersdorf, Guttenfeld und NeuPrerau? Die amtliche Volkszählung sagt uns, daß in Fröllersdorf 636 Deutsche und 57 Èechen, in Guttenfeld 311 Deutschen und 136 Èechen in NeuPrerau 548 Deutschen und 91 Èechen sind.

Die deutsche Schule in Fröllersdorf wurde gewaltsam geschlossen, das Gebände beschlagnahmt Die 57 Èechen erhielten eine 5klassige Volksschule und eine 3klassige Bürgerschule. Die deutschen Kinder besuchen die Schulen in Dürnholz und Neusiedl (4 km weit). Neben dem bisherigen großen Schulgebäude wird im Frühjahr 1923 mit einem Millionenaufwand ein zweites Schulgebäude aufgeführt werden. Die deutschen Steuergelder müssen eben sicher und fruchtbringend angelegt werden.

In Guttenfeld wurde die deutsche Schule gewalttätig geschlossen und das Schulgebäude beschlagnahmt. Die Èechen erhielten eine zweiklassige staatliche èechische Volksschule. Im Schuljahr 1923 besuchen noch trotz des weiten Schulweges 42 deutsche Schüler die Schule in Bratelsbrunn, etliche die Schule in Nikolsburg. Genau so ist man mit den 548 Deutschen in NeuPrerau verfahren. Die deutsche Schule wurde gewaltsam geschlossen, das neue Schulgebäude, 1912 mit einer Subvention des deutschen Schulvereines von 8.000 K erbaut, und das alte Schulgebäude wurde beschlagnahmt. Die Èechen erhielten eine 3klassige staatliche Volksschule. Im Vorjahre 90, heuer 45 deutsche Schüler besuchen die Schule in Neusiedl. Man hat immer darauf verwiesen, daß in den obgenannten Orten die Deutschen angeblich nur eine kleine Minderheit bilden, nun ist amtlich festgestellt, daß diese sich auf der Gegenseite befindet. Man höre und staune: In Fröllersdorf 91% Deutsche, 9% Èechen, in Neuprerau 84% Deutsche, 16% Èechen, in Guttenfeld 69% Deutsche und 31% Èechen! Und das Schulwesen in diesen 3 Orten ist - rein èechisch! Entrüstet muß man sich fragen: Wie lange wird dieser Schulskandal, gegen den deutscherseits schon unzählige Male protestiert wurde, noch dauern? Findet sich denn niemand, der ihm endlich einmal ein Ende bereiten würde?

Bemerkt wird hiezu, daß wegen Errichtung von deutschen Volksschulen in jeder dieser Gemeinden wiederholt Eingaben an die Schulbehörden gemacht wurden die aber trotz Ablaufes von mehreren Jahren bis heute nicht erledigt sind.

Die Unterzeichneten fragen daher den Herrn Minister:

1. Sind ihm die in dem Zeitungsartikel behandelten Verhältnisse bekannt?

2. Ist er geneigt dem Ergebnis d er Volkszählung entsprechend, in den genannten Gemeinden sofort deutsche Volksschulen zu errichten bezw. errichten zu lassen?

3. Ist er geneigt, dafür Sorge zu tragen, daß die Eingaben wegen Errichtung von deutschen Volksschulen in diesen Gemeinden allsogleich erledigt werden?

Prag am 17 April 1923.

Dr. Radda,

Dr. Keibl, Mark, Zierhut, Dr. Lodgman. Windirsch, Dr. Schollich, Kraus, Simm, Matzner, Dr. Lehnert, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Medinger, J. Mayer, Ing. Jung, Wenzel, Bobek, Patzel, Böhr, Dr. Brunar, Ing. Kallina.

 

 

Pùvodní znìní ad V/4098.

lnterpellation

der Abgeordneten Dr. Spina, Dr. Schollich, Dr. Wenzel Feierfeil, Simm, Dr. Kafka und Genossen

an den Minister für Schulwesen und Volkskultur

wegen neuer Beeinträchtigung des deutschen Schulwesens und wegen ungleich mäßiger Behandlung des deutschen gegenüber dem èechischen Schulwesen.

In jüngster Zeit mehren sich wieder die Fälle, wo von den Vorsitzenden der Landesschulräte mit der vollen Schärfe des unseligen Würggesetzes Metelka's gegen den Bestand deutscher Schulen und deutscher Schulklassen vorgegangen wird. So wurde in Böhmen seit Beginn des Jahres die deutsche einklassige Volksschule in Hurschk (Bez. Tepl), ferner die Volksschule in Ruttenschlag und Kaltenbrunn (beide im Neuhauser Bezirke) aufgelassen. Es bestehen außerdem keine Zweifel, daß auch die Auflassung noch anderer deutscher Schulen im Landesschulrate vorbereitet wird. Es handelt sich um Schulen, die schon lange Zeit, oft bereits seit 100 Jahren bestanden haben und denen sich stets die liebevolle Fürsorge einsamer Dorfgemeinden zugewendet hat. Wohl ist die Kinderzahl durch die Kriegsfolgen unter 20 gesunken. Doch besteht ja kein Zwang, daß deutsche Schulen schablonenhaft der Auflassung anheim fallen müssen, wenn ihre Kinderzahl unter das gesetzliche Maß sinkt. Das Ermessen des Vorsitzenden der Landesschulräte läßt immer die Möglichkeit offen, daß andere Umstände, welche für den Fortbestand einer Schule maßgebend sein können (Wegverhältnisse zur nächsten Schule, Witterungsverhältnisse, wirtschaftliche Verhältnisse, steigende Geburtenzahl seit den Kriegsjahren u. dgl.), berücksichtigt werden ja es erwächst sogar für die Schulbehörden die Pflicht, diese Umstände zu beachten da sonst der Genügeleistung der Schulpflicht unüberwindbare Hindernisse in den Weg gelegt werden So ist z. B. in Kaltenbrunn die Anzahl der deutschen Schulkinder ausnahmsweise auf 19 gesunken schon im nächsten Schuljahre wird sie wieder über 20 betragen. Die Schule wurde aufgelassen, obwohl die èechische Minderheitsschule im gleichen Orte mit 11 einheimischen Kindern unangetastet weiter bestehen bleibt; dabei ist zu bedenken, daß in Kaltenbrunn von 24 Häusern nur 6 in èechischen Besitze sind und für die Bewohner dieser 6 Häus er bleibt die Schule bestehen, während man de deutsche Majoritätsschule aufläßt. Es ist traurig, daß auf diese unsinnige, ungleiche Behandlung des deutschen Schulwesens gegenüber dem èechischen immer wieder hingewiesen werden muß.

Aber auch in der Reduzierung höher organisierter Schulen wurde durch Auflassung aufsteigender Klassen fortgefahren. Obwohl der § 7, Abs. 2 des Gesetzes vom 13. Juli 1922, Nr. 226 keinen für die jetzige Nachkriegszeit ausreichenden Schutz für den Bestand deutscher Klassen bietet, werden auch dessen Bestimmungen nicht beachtet oder in jeder nur möglichen Weise zu umgehen gesucht.

Die erste Art der Umgehung besteht darin, daß die Landesschulräte in einzelnen Fällen bereits damit begonnen haben, entgegen den ausdrücklichen Bestimmungen der Lehrpläne eine willkürliche Einteilung der Altersstufen in den einzelnen Schulklassen vorzunehmen. Die schwach besuchten unteren Klassen werden ohne Rücksicht auf die vorgeschriebene lehrplanmäßige Einteilung zusammengezogen und die übrigen Altersstufen auf die höheren Klassen willkürlich verteilt. Auf diese Art wurde die Wiedererrichtung einiger aufgelassener definitiven Klassen deren Auflassung dem § 7, Abs. 2 widersprach, abgewiesen und auf diese Art wird die Errichtung notwendiger provisorischer Klassen unmöglich gemacht.

Die zweite Art der Umgehung besteht darin daß die Landesschulratsvorsitzenden einzelne Klassen an selbständigen Mädchenschulen auflassen und deren Kinder in die bezüglichen Klassen der Knabenschulen einreihen. Dadurch wird die Feststellung nach § 7, Abs. 2 unmöglich gemacht, ob in den übrig gebliebenen Klassen die Kinderzahl über 60 steigt.

Am schärfsten aber wurde gegen den Bestand provisorischer Parallelklassen vorgegangen. Es sind allein in Böhmen seit Beginn des Schuljahres rund 100 provisorische Klassen an deutschen Volks und Bürgerschulen aufgelassen worden. Großzahl dieser Auflassungen widerspricht offensichtlich dem Wortlaute und der Tendenz des § 7, Abs. 2 des Kleinen Schulgesetzes vom 13. Juli 1922 Nr. 226 Slg. d. G. u. V. und hat hier einfach die fälschliche Auslegung des Landesverwaltungsausschusses zur Durchführung gebracht, ohne die Aufklärungen der Durchführungsvorschrift abzuwarten, welche, wenn sie rechtmäßig verfaßt werden würden, de Anerkennung des § 7, Abs. 2 für alle bereits errichtete Klassen ohne Unterschied ob definitiv oder provisorisch bringen müßte. Es erscheint unfaßlich, warum die Schutzzahl von 60 Kindern ausgerechnet nur für definitive Klassen gelten soll, wo doch die Tendenz des Gesetzes dahin geht, die Schülerzahl n den einzelnen Klassen allgemein herabzusetzen. Sind denn provisorische Klassen nicht auch schon errichtete Klassen?

Bei den Auflassungen provisorisch er Parallelklassen welche nicht durch das Präsidium des Landesschulrates vorgenommen werden wurde außerdem in einzelnen Fällen die Ungesetzlichkeit begangen, daß den Rekursen dagegen die aufschiebende Wirkung abgesprochen wurde. In anderen Fällen, wo dies zwar nicht ausdrücklich geschehen ist, wird jedoch die Klasse sofort gesperrt, auch wenn gegen die Auflassung der Rekurs eingebracht wurde. Nach § 44, letzter Absatz des Schulaufsichtsgesetzes für Böhmen vom 24. Feber 1873, L. G. Bl. Nr. 17 (auch die übrigen Landesschulaufsichtsgesetze enthalten analoge Bestimmungen) hat jeder Rekurs gegen eine Verfügung des Landesschulrates aufschiebende Wirkung. Der § 9 der Minderheitsschunovelle vom 9. April 1920. Nr. 295 Slg. d. G. u. V. bezieht sich nur auf Verfügungen des Präsidiums der Landesschulräte. Es sind daher alle sofortigen Sperrungen von Parallelklassen, gegen welche der Rekurs ei gebracht wurde ungesetzlich und sind sofort außer Kraft zu setzen.

Im Landesverwaltungsausschusse wird gesagt daß die Auflassung provisorischer Klassen aus Ersparungsrücksichten verfügt werde, ohne Rücksicht darauf ob es sich um deutsche oder èechische Klassen handelt. Es ist aber bisher aus keinem Sitzungsbericht des èechischen Landesschulrates ersichtlich geworden, ob tatsächlich auch èechische Parallelklassen aufgelassen wurden. Auch die scharfe Anwendung des Gesetzes vom 13. Juli 1922 Nr. 226 Slg. d. G. u. V. macht vor den èechischen Schulen halt. Aber selbst wenn eine oder die andere èechische Schule reduziert wurde, so kann dies noch lange nicht die weitere Reduzierung deutscher Schulen rechtfertigen; denn während das èechische Schulwesen seit dem Umsturze sich in forcierter Weise nach aufwärts entwickelt hat, hat das deutsche Schulwesen einen Verlust von fast 1800 Klassen erlitten. Die Antwort von der gleichmäßigen Behandlung des deutschen Schulwesens klingt daher wie ein Hohn. Die Begründung mit Ersparungsrücksichten aber war schon immer eine Phrase und ist es jetzt umsomehr, als die Versetzung der überzähligen Lehrkraft auf die Wartegebühr durch den gerechten Spruch des obersten Verwaltungsgerichtes für ungesetzlich erklärt wurde.

Eine ungeheuere Verschlechterung gegenüber den früheren Zuständen haben die letzten Absätze der §§ 5 und 6 des Kleinen Schulgesetzes gebracht bezüglich der Zählung von Schulkindern, die für die Errichtung und Teilung von Klassen maßgebend sein sollen, eine Verschlechterung die in der Praxis umso folgenschwerer wirkt als sie entgegen den klaren Wortlaute des Gesetzes von den Schulbehörden auch bei der Auflassung von Klassen angewendet wird. Nach diesen Bestimmungen werden nur Kinder èechoslovakischer Staatsangehörigen gezählt, die in der Schulgemeinde ihren ständigen Wohnsitz haben. Es werden also schon nicht gezählt Mündel, die bei ihrem Vormund im Orte wohnen, oder Waisenkinder, die bei Pflegeeltern wohnen oder in Waisenheimen im Orte aufgenommen sind. Es werden aber auch nicht gezählt Kinder, die zu einer anderen Schulgemeinde gehören, dorthin aber bedeutend weiter als in die Schule haben, welche sie tatsächlich aus Zweckmäßigkeitsgründen besuchen und seit jeher besucht haben. Das alles sind Gründe, die in ihrer ganzen Schärfe aber auch nur bei deutschen Schulen in Anwendung kommen. Bei èechischen Minderheitsschulen werden die Kinder selbst aus der weitesten Umgebung, oft sogar aus anderen Schulgemeinden zusammengebracht und ohne Anstand gezählt obwohl der § 1 des Gesetzes vom 3. April 1919, Nr. 189 Slg. d. G. u. V. ausdrücklich nur jene für die Errichtung solcher Schulen in Betracht zieht, die sich in einer Gemeinde befinden alles Umstände, welche die Benachteiligung des deutschen Schulwesens gegenüber dem èechischen offensichtlich machen.

Offenkundig aber ist auch die Benachteiligung der Deutschen auf dem Gebiete des Bürgerschulwesens. Wenn auch anerkannt werden muß, daß in einzelnen Fällen deutsche Bürgerschulen errichtet worden sind, so übersteigt deren Gesamtzahl in Böhmen seit dem Umsturze auf keinen Fall 20. Ein Blick auf die amtliche Statistik des Jahres 1920 kann bis dahin in Böhmen sogar nur ein Plus von 5 Bürgerschulen aufweisen, in der ganzen Republik von 8 gegenüber dem Stande von 1918. Demgegenüber ist die Anzahl der èechischen Bürgerschulen in Böhmen in der gleichen Zeit um 217, in der ganzen Republik um 335 gewachsen. Da die Anzahl seit dieser Zeit weiter gestiegen ist, - die Mitteilungen des Jahres 1922 weisen für Böhmen allein 14 neue Bürgenschulen ohne Minderheitsschulen auf -, so stehen heute höchstens 20 neue deutsche Bürgerschulen einer Anzahl von rund 250 èechischen neu errichteten Bürgerschulen gegenüber. Dabei wohnen in Böhmen nach der neuesten Volkszählung genau doppelt soviel Èechen als Deutsche, das Verhältnis der Bürgerschulen aber war im Jahre 1920 607 èechische zu 249 deutschen wonach sich eine Benachteiligung für die Deutschen von rund 50 Bürgerschulen ergibt. Es ist keineswegs, die Absicht, diese Zahl von Bürgerschulen auch wirklich zu verlangen, aber nicht einmal die notwendigsten deutschen Bürgerschulen werden errichtet, selbst an jenen Orten, wo die Voraussetzungen des § 2 des Minderheitsschulgesetzes, auf Nichtminderheitsschulen übertragen, gegeben wären z. B. Deutsch-Beneschau, Franzensbad. Stecken, Friedberg, Netschetin u. a.

Wir stellen auf Grund der angeführten Tatsachen an den Herrn Minister folgende Anfragen:

1. Ist der Herr Minister bereit, den Vorsitzenden der Landesschulräte die Auflassung von Volks und Bürgerschulen insolange zu nutersagen, als der außerordentliche, durch den Krieg hervorgerufene Rückgang der Kinderzahl andauert, und ist er bereit die bereits verfügten Auflassungen im heurigen Schuljahre wieder rückgängig zu machen?

2. Ist der Herr Minister bereit, die von den Landesschulräten bereits geübte Praxis bezüglich der Änderung der lehrplanmäßigen Einteilung der Schulkinder sowie jene, welche eine Umgehung des § 7, Abs. 2 des Gesetzes vom 13. Juli 1922, Nr. 226 darstellt, hintanzuhalten und zu verfügen daß der bei den heutigen Verhältnissen unzulängliche Schutz der bestehenden Klassen in der Weise erweitert werde, daß die Landesschulratsvorsitzenden angewiesen werden, die Auflassung bestehender Klassen nicht automatisch über Antrag der Landesverwaltungsausschüsse mit voller Schärfe in jedem Falle durchzuführen, wo die Voraussetzungen des § 7, Abs. 2 nicht gegeben sind?

3. Gedenkt der Herr Minister gemäß des klaren Wortlautes der Tendenz des Gesetzes vom 13. Juli 1922, Nr. 226 anzuerkennen, daß der § 7, Abs. 2 dieses Gesetzes sich auf alle bereits errichtete Klassen ohne Unterschied, ob definitiv oder provisorisch, bezieht, und diese Anschauung in der Durchführungsverordnung unzweifelhaft zum Ausdrucke zu bringen?

4. Ist der Herr Minister bereit die Landesschulräte darauf aufmerksam zu machen, daß den Rekursen gegen die Auflassung provisorischer Parallelklassen gesetzlich die aufschiebende Wirkung zukommt und ihnen aufzutragen, die bereits durchgeführten Sperrungen sofort wieder rückgängig zu machen, bezw. die sofortige Durchführung der Sperrung einzustellen?

5. Ist der Herr Minister gewillt, den Fragestellern n kürzester Zeit bekannt zu geben ob und wieviel èechische Klassen von den Landesschulräten im Vergleiche zu den deutschen Klassen im heurigen Schuljahre aufgelassen worden sind?

6. Ist der Herr Minister bereit, die durch das Kleine Schulgesetz eingeführte Verschlechterung bezüglich der Zählung von Schulkindern dahingehend zu mildern, daß er verfüge, daß ganz oder halbwaise Kinder in jenen Orten schulpflichtig sind, in welchen sich ihr Vormund oder ihre Pflegeeltern befinden, bezw. wo sie in Waisenheimen untergebracht sind; weiters daß auch auf sprengelfremde Kinder Rücksicht zu nehmen sei, falls sie zu ihrer Pflichtschule einen weiteren und schlechteren Weg zurückzulegen haben? Ist der Herr Minister bereit, diese Änderungen in der Durchführungsverordnung zum Kleinen Schulgesetze zum Ausdruck zu bringen?

7. Gedenkt der Herr Minister dafür Vorsorge zu treffen, daß die notwendigsten deutschen Bürgerschulen, um deren Errichtung bereits angesucht wurde, endlich errichtet werden?

Prag, am 10. April 1923.

Dr. Spina, Dr. Schollich, Dr. W. Feierfeil, Simm, Dr. Kafka, Heller, Budig, Mark, Dr. Luschka, Dr. Medinger, Dr. Radda, Dr. Lodgman, Dr. Lehnert, Windirsch, Kraus, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Keibl, Dr. Brunar, Bobek, Schälzky, Zierhut, Böhr, Scharnagl, Dr. Petersilka, Ing. Kallina, Matzner.

 

 

Pùvodní znìní ad VI/4098.

lnterpellation

des Abgeordneten Dr. Lodgman und

Genossen

an den Minister für Post und Telegraphenwesen

in Angelegenheit der Disziplinierung des Postunterbeamten Johann Weisgerber in Nixdorf.

Der Postunterbeamte Johann Weisgerber in Nixdorf, Bezirk Schluckenau, ist Mitglied der Stadtvertretung und des Gemeinderates seines Dienstortes. Am 29. August 1922 richtete er in der Stadtvertretungssitzung an den Vorsitzenden die Anfrage, ob es nicht im Interesse der Ruhe in der Gemeinde besser wäre, bei Arbeiten, wie bei der Renovierung des von den Èechen beschädigten Kaiser Josef Denkmales, nur deutsche Arbeiter zu verwenden. Die Zeitschrift Národní Politika benützt in ihrer Nummer vom 6. September 1922, Nr. 244 diese Anfrage, um den genannten Postunterbeamten zu beschuldigen, er habe beantragt, daß bei Arbeiten, die die Gemeinde vergibt, den Baumeistern nicht erlaubt werde, èechische Arbeiter und Maurer zu beschäftigen. Jedenfalls infolge dieser Hetze leitete die staatliche Postverwaltung gegen den Postunterbeamten Weisgerber ein Disziplinarverfahren ein, auf Grund dessen dem Beschuldigten folgender Bescheid der Postdirektion zuging:

Nach durchgeführten Erhebungen wurde festgestellt, daß Sie in der Stadtvertretungssitzung vom 29. August 1922 einen Antrag eingebracht haben, welcher einen deutlichen Widerspruch zeigte hinsichtlich jener Verpflichtungen, welche Sie anläßlich der Übernahme in den Dienst der Èechoslovakischen Republik übernommen haben. Aus diesem Grunde erteilt nun die Direktion nach § 90 und soweit es den § 177 der Dienstpragmatik betrifft, für diesmal als Ordnungsstrafe die Verwarnung und werden Sie gleichzeitig aufgefordert, ein Ansuchen um Versetzung zu einem anderen Postamte einzureichen, wobei bemerkt wird, daß wenn dies nicht freiwillig geschieht. Sie von amtswegen versetzt werden. Der Präsident.

Nach § 10 der Gemeindeordnungsnovelle vom 7. Feber 1919, Slg. Nr. 76, muß öffentlich Bediensteten, welche Mitglieder der Gemeindevertretung, des Gemeinderates oder von Kommissionen sind, die Möglichkeit der Ausübung dieser Funktionen ohne Abbruch an ihren Ansprüchen auf Gehalt und Vorrückung gewährt werden. Mit dieser gesetzlichen Bestimmung, die die Freiheit der Ausübung der öffentlichen Funktionen zu sichern beabsichtigt, ist eine amtswegige Versetzung an einen anderen Dienstort oder die Nötigung zu einem Versetzungsgesuche unvereinbar. Da die Gemeinden das größte Interesse daran haben, daß die gewählten Gemeindefunktionäre in ihrer öffentlichen Betätigung nicht durch gesetzwidrige Eingriffe der staatlichen Behörden gehindert werden, so fragen die Gefertigten den Herrn Minister:

Gedenkt der Herr Minister derartige Eingriffe der staatlichen Verwaltung gegen Mitglieder von Gemeindevertretungen in Hinkunft zu verhindern? Gedenkt er das Disziplinarverfahren von amtswegen zu beheben und die Postdirektion Prag über ihren Wirkungskreis entsprechend aufzuklären?

Prag, den 13. Feber 1923.

Dr. Lodgman,

Dr. Brunar, Ing. Jung, Ing. Kallina, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Schollich, Dr. Radda, Wenzel, Knirsch, Dr. Medinger, J. Mayer, Böhr, Zierhut, Patzel, Mark, Dr. Keibl, Simm, Dr. Lehnert, Dr. W. Feierfeil, Matzner, Schubert.

 

 

Pùvodní znìní ad XI/4098.

Interpellation

der Abgeordneten Dr. Kafka, Kostka und

Genossen

an den Justizminister wegen der Beschlagnahme der periodischen Druckschrift Trautenauer Tagblatt vom

1. Feber 1923.

In der periodischen Druckschrift Trautenauer Tagbatt wurde von der Staatsanwaltschaft wegen nachstehender Stellen die Beschlagnahme verfügt:

1. ... Aber wir wissen auch, daß wenn es denn sein muß, Gewalt nur durch Gewalt gebrochen werden kann.

2. Schenken wir ihnen abgelegte Schuhe So schreibt das Inserat der bekannten Schuhfabrik und èechischen Firma Baa. Der Arbeitslosen, so heißt es, will Baa ein Geschenk machen und er will jedem der bei ihm ein Paar neue Schuhe kauft, ein Paar alte in Zählung nehmen und dafür 10-15 Kronen vergüten. Die Arbeitslosen werden sich für solche wundervolle Geschenke bestens bedanken. Schießlich - wer kontrollierst? Und so manches Ober und Sohlenleder wird wieder anderswo Verwendung finden. Es ist bezeichnend, daß dieser Firma zur Hebung ihrer Kassa selbst die Not der Arbeitslosen nicht genügend herabgewürdigt werden kann. - Die Sache hat aber zu allem Überfluß noch ein zweites, ein nationales Gesicht! In dem Inserat des Prager Tagblatt - in anderen deutschen Blättern hat man in der Anzeige den Zusatz wohlweislich weggelassen - finden, sich noch folgende Anmerkungen: Diese abgetragenen Schuhe übergeben wir gratis dem Verein Èeské srdce, welcher die Verteilung an die Bedürftigen vornimmt. Also es ist dafür gesorgt, daß jeder, der dieses Geschäft der Firma Baa mitmacht, ein Paar gebrauchte Schuhe den Èechen schenkt. Wir Deutschen können barfuß lauten...

3. Keine Nostrifizierung ausländischer Maturitätszeugnisse. Das Schulministerium hat einen Erlaß herausgegeben, demzufolge die Nostrifizierung der Maturitätszeugnisse, welche èechoslovakische Angehörige an ausländischen Mittelschulen erlangt haben nicht mehr durchgeführt wird. Nur im Falle absoluter (!) Notwendigkeit des Studiums im Auslande wird eine Ausnahme gemacht. Das Schulministerium begründet den Erlaß damit, daß nunmehr die èechoslovakischen Angehörigen aller Nationalitäten in ihrer Muttersprache an Mittelschulen in der Èechoslovakei studieren können (!). Wenn sie können, ja, aber der Erlaß richtet sich natürlich wieder gegen die Deutschen und Ungarn, von denen - namentlich an der Grenze - viele ihrer Söhne und Töchter einfach der Billigkeit halber im Deutschen Reiche, in Österreich oder in Ungarn studieren ließen. Gegen diese Länder ist dieser Erlaß gleichzeitig recht wenig freundlich.

Wir sind es bereits gewöhnt, daß die Staatsanwaltschaften von Zeit zu Zeit grundlos periodische Druckschriften beschlagnahmen, um diese Zeitschriften in ihrem ruhigen Erscheinen zu verhindern. Immerhin ist der vorliegende Fall derart grotesk daß er besonderer Abwehr bedarf. Es wird behauptet, daß durch den ersten Artikel der Tatbestand des § 65 St. G. B. gegeben sei, weil dadurch zum Widerstand gegen die Staatsgewalt und die Behörden aufgefordert wird. Gegen die èechoslovakischen Behörden wird im ganzen Artikel nicht gesprochen, und dieser Gedanke wird erst von der Staatsanwaltschaft und dem Kreisgericht in diesen Artikel hineingetragen. Daß aber der èechoslovakische Staatsanwalt dazu berufen ist, die französischen Behörden oder die französische Regierung gegen einen Widerstand der Deutschen des Reiches gegen das ihnen zugefügte Unrecht zu schützen, davon ist in unseren Gesetzen nichts zu finden.

Die Beschlagnahme des zweiten Artikels wird mit dem § 302 St. G. B. begründet, weil dieser Artikel angeblich zum Hasse gegen die èechische Nation auffordert. Auch dieser Gedanke ist in diesem Artikel nur von der Staatsanwaltschaft und vom Kreisgerichte hineingetragen worden denn in diesem Artikel wird nichts anderes ausgesprochen, als daß die Firma Baa alte Schuhe übernimmt, um sie dem Èeské srdce zur Verteilung zu übergeben, wodurch die Gefahr entsteht, daß dieses rein èechische Unternehmen die Schuhe nur èechischen Bedürftigen und nicht auch den Deutschen zuführen wird.

Diese Gefahr ist umso begründeter, als seit dem Bestande des Èeské srdce von einer Unterstützung der deutschen Bedürftigen nicht die Rede war.

Auch die Beschlagnahme des dritten Artikels wird mit dem Gesetzesparagraphen 300 des Str. G. B. begründet der auf diesen Fall paßt wie die Faust aufs Auge.

Es mehren sich die Fälle, daß periodische Druckschriften von den Staatsanwaltschaften deshalb beschlagnahmt werden, weil sie nicht im Sinne der Regierung schreiben. Geradezu gräßlich sind die Orgien, welche die Staatsanwaltschaften in Böhmen in dieser Hinsicht feiern. Es vergeht beinahe kein Tag, wo nicht eine deutsche periodische Druckschrift der Beschlagnahme des Staatsanwaltes verfällt. Wir haben schon oft von der Regierung verlangt, daß sie den Staatsanwaltschaften Richtlinien hinausgibt, nach welchen sie sich bei der Beschlagnahme richten müssen es geht nicht an, daß es dem freien Willen eines Staatsanwaltes überlassen bleibt, einem Blatt, welches ihm nicht genehm ist, durch öftere Beschlagnahmen, nicht nur einen ungeheueren moralischen, sondern auch einen umso schweren materiellen Verlust zuzufügen.

Die Gefertigten richten daher an die Regierung de Anfrage:

Hat sich der Herr Justizminister mit den in so vielen Interpellationen der Gefertigten angeführten Fragen hinsichtlich der Hinausgabe von Richtlinien an die Staatsanwaltschaften wegen der Beschlagnahme periodischer Druckschriften beschäftigt, und zu welchem Resultate ist die Regierung bei der Prüfung dieser Fragen gekommen?.

Prag, 23. Feber 1923.

Dr. Kafka, Kostka, Wenzel, Dr. Lodgman, Kraus, Böllmann, Dr. Hanreich, Bobek, Knirsch, Køepek, Dr. Keibl, Dr. E. Feyerfeil, Böhr, Scharnagl, Mark, J. Fischer, Schälzky, Heller, Budig, Schubert, Simm.

 

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