Pùvodní znìní ad VII./4017.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Lodgman und Genossen an den Justizminister in Angelegenheit der Beschlagnahme deutscher Zeitungen.
Die deutsche Zeitung Bohemia Nr. 295 wurde wegen nachstehender Notiz beschlagnahmt:
Ein Schutzfond für politisch Verfolgte.
Die Abgeordneten und Senatoren der Deutschen Nationalpartei erlassen folgenden Aufruf:
Volksgenossen!
Am 27. Oktober 1922 wurde der Abg. Dr. Alois Baeran durch Beschluß des Abgeordnetenhauses zur Strafverfolgung wegen Verbrechens des Hochverrates den... Behörden ausgeliefert, nachdem man sich bereits vorher seiner einzigen Sohnes Dr. Arduin Baeran durch Verhaftung versichert hatte.
Das Vorgehen.... reiht sich würdig an die sonstigen Vorkommnisse in diesem Staate ein.... Es ist dies auch nicht der erste Fall einer politischen Verfolgung in diesem Staate, schon wiederholt sind Persönlichkeiten wegen ihrer Gesinnung mit Strafen belegt worden ohne daß es möglich gewesen wäre, die so Betroffenen zu schützen oder schadlos zu halten.
Aus diesen Gründen wenden sich die Unterzeichneten an die deutsche Öffentlichkeit mit der Aufforderung, Beiträge für einen
Schutzfond für politisch Verfolgte
zu gewähren, aus welchem zunächst die Kosten der Verteidigung für Dr. Baeran bestritten, dann aber alle jene, je nach Lage des Falles unterstützt werden sollen, die durch politische Verfolgungen zu Schaden kommen.
Wir halten es für eine Ehrenpflicht des deutschen Volkes, für diejenigen einzutreten, welche im Vordergrunde des Kampfes um seine Rechte stehen.
Prag, im Dezember 1922.
Dr. Brunar, Dr. Feyerfeil, Friedrich, Hartl, Dr. Herzig, Ing. Kallina, Dr. Keibl, Kraus, Dr. Lehnert, Dr. Lodgman, Matzner, Meissner, Dr. Naegle, Ing. Oberleithner, Dr Radda, Dr. Schollich.
Spenden werden entgegengenommen und über Wunsch ausgewiesen von der Verwaltung dieser Zeitung, sowie vom Klub der Abgeordneten und Senatoren der Deutschen Nationalpartei, Prag I., Rudolfinum.
Die Abgeordneten und Senatoren des Klubs der Deutschen Nationalpartei leisten vom 1. Jänner 1923 an für den Schutzfond einen monatlichen Beitrag von je hundert Kronen.
De Gefertigten fragen an:
Ist der Herr Minister bereit, diese einer freien Republik unwürdige Knebelung der Presse endlich einzustellen und die Zensurorgane anzuweisen, dem gesetzlich festgelegten Rechte der freien Meinungsäußerung Geltung zu verschaffen?
Prag, am 16. Dezember 1922.
Dr. Lodgman, Ing. Kallina, Dr. Brunar, Dr. Keibl, Dr. Lehnert, J. Mayer, Schubert, Dr. Medinger, Dr. E. Feyerfeil, Mark, Kraus, Dr. W. Feierfeil, Knirsch, Ing. Jung, Patzel, Böhr, Zierhut, Simm, Matzner, Dr. Radda, Dr. Schollich, Bobek, Wenzel.
Pùvodní znìní ad VIII./4017.
Interpellation
des Abgeordneten Scharnagl und Genossen an die Minister des Innern und der Justiz betreffend Beschlagnahme der Volkszeitung in Warnsdorf.
Die Volkszeitung veröffentlichte in Nr. 5 einen Leitartikel mit der Überschrift Zwei Schüsse. Derselbe sprach sich in entschiedener Weise gegen das Verbrechen aus, dem der Finanzminister Dr. Rašín zum Opfer gefallen ist. Bei der Frage nach den Beweggründen, die den Attentäter zu seiner Untat veranlaßt haben könnten, wurde darauf hingewiesen, daß die offizielle Regierungspresse den Schrei von Selbstmördern, die aus Verzweiflung über die wirtschaftliche Not Hand an sich gelegt, unterdrücken könne, aber nicht die Detonation von Revolverschüssen, die gegen einen verantwortlichen Minister abgegeben wurden. Der nun folgende Satz: Gegen den Minister, der der Drahtzieher im ganzen Wirtschafts- und Finanzleben des Staates ist, denn es war kein Irrsinniger der die Schüsse abgab, kein verrückter Phantast, der, ein em Phantom nachjagend, seit 1. Dezember 1922 den Revolver in der Tasche trug mit der festen Absicht, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit Dr. Rašín niederzuknallen. wurde von der Zensur beschlagnahmt. Ebenso die Sätze:....
Diese drei Sätze, im Zusammenhang der Ausführungen des Leitartikels gelesen, stellen in keiner Weise ein Überschreiten berechtigter Kritik dar.
Die Gefertigten stellen daher an die Herren Minister die Anfrage:
Ob sie bereit sind, die in Betracht kommende Zensurbehörde zu verhalten, ihres Amtes in objektiver dem neuzeitlichen Geiste entsprechenden Weise zu walten?
Prag, am 6. Feber 1923.
Scharnagl, Böhr, Schälzky, Budig, Dr. Petersilka, Patzel, Wenzel, Kostka, Simm, Dr. Spina, Schubert. Kaiser, Køepek, Dr. Kafka, Mark, Dr. W. Feierfeil, Dr. Luschka, Bobek, Dr. Hanreich, Zíerhut, Böllmann.
Pùvodní znìní ad IX./4017.
Interpellation
des Abgeordneten Windirsch und Genossen an den Justizminister betreffend Beschlagnahme der Reichenberger Zeitung und Deutschen Landpost.
Am 15. Jänner 1923 fand in Reichenberg eine Tagung des Bundes der Landwirte statt, bei welcher der Direktor des Reichs-Landesbundes in Berlin, Herr Dr. von Volkmann, einen Vortrag hielt. Über die Versammlung wurden gleichlautende Berichte der Reichenberger Zeitung in Reichenberg, der Deutschen Landpost in Böhm. Leipa und dem Deutschen Agrarblatte in Weinberge zum Zwecke der Veröffentlichung zugesendet. Die Wirkung des Berichtes auf die in Betracht kommenden Staatsanwaltschaften ist nun ganz verschieden gewesen, denn das Deutsche Agrarblatt brachte den Bericht vollständig, während in der Reichenberger Zeitung und in der Deutschen Landpost Teile des Berichtes beschlagnahmt wurden.
In der Deutschen Landpost vom 21. Jänner 1923, Nr. 16, verfiel folgende Stelle der Beschlagnahme:
Es ist wichtig, daß wir gegenseitig über einander unterrichtet sind, denn wir gehören zusammen. An der Gemeinsamkeit unseres Volkstums können die Grenzsteine nichts ändern. Sie können versichert sein, daß weite Kreise unseres Volkes mit tiefer Teilnahme den Leidensweg verfolgen, den Sie in diesem Staate gehen. Im Grunde erdulden wir ja das Gleiche. Wie Frankreich uns wirtschaftlich und volklich vernichten will, getreu dem Ausspruche Clemenceaus, daß 20 Millionen Deutsche zu viel sind, so ist das offensichtliche Ziel der Innenpolitik dieses Staates, dem Sie angehören müssen..., mit den französischen Bundesfreunden Hand in Hand zu arbeiten.
In der Reichenberger Zeitung vom 19. Jänner 1923, Nr. 14, wurde dagegen ein Teil des Gedichtes von Conrad Ferdinand Meyer Huttens letzte Tage beschlagnahmt und zwar:
Geduld, es kommt ein Tag, da wird gespannt ein einig Zelt ob allem deutschen Land; Geduld, wir stehen einst um ein Panier, und wer uns scheiden will, den morden wir Geduld, ich kenne meines Volkes Mark, was langsam wächst, das wächst gedoppelt stark. Geduld, was langsam reift, das altert spat, wenn andere welken, werden wir ein Staat.
Die Durchführung der Beschlagnahme beweist, daß bei den Staatsanwaltschaften der hiefür zuständigen Gerichte verschiedene Ansichten über die Beschlagnahmepraxis bestehen. Während für die eine Staatsanwaltschaft in dem Berichte gar nichts Verfängliches zu bemerken war, sind die anderen Staatsanwaltschaften übereifrige Hüter der Ruhe im Staate und bauschen dadurch erst manche Dinge zu Wichtigkeiten auf. Lächerlich wirkt aber besonders die Beschlagnahme eines Teiles eines Gedichtes, das zur Gänze wiederholt unbeanständet veröffentlicht wurde. Das unterschiedliche Vorgehen der Staatsanwaltschaften schaut Willkürakten gleich und darum wird der Herr Justizminister gefragt:
1. Ist er bereit zu erklären, warum die erwähnten Staatsanwaltschaften so wenig einheitlich vorgehen?
2. Ist er weiter bereit, dafür zu sorgen, daß die geschilderten Willkürakte in der Zukunft ausgeschaltet bleiben?
Prag, am 6. Feber 1923.
Windirsch, Mark, Scharnagl, Schälzky, Ing. Jung, Budig, Kostka, Køepek, Patzel, Wenzel, Dr. Hanreich, Dr. Radda, Kraus, Heller, Zierhut, Kaiser, Schubert, Böhr, Simm, Dr. Spina, Dr. Petersilka.
Pùvodní znìní ad X./4017.
Interpellation
des Abgeordneten Josef Mayer und Genossen an den Minister für Schulwesen und Volkskultur in Angelegenheit der Zustellung von tschechischen Pøihláška's für deutsche Lehrer.
... Man gibt an deutsche Lehrer sogenannte Pøihláška's hinaus, denen keine Übersetzung beiliegt und verlangt von ihnen, daß sie das Zeug, das kein Mensch versteht ausfüllen sollen. Wie dem Unterfertigten mitgeteilt wird, sollen auf diesen Bögen Sätze enthalten sein, die lauten: Diesen Ausweis füllte ich wahrheitsgemäß aus, dann weiter: Ich nehme zur Kenntnis, daß unrichtige Angaben nach den Bestimmungen des § so und so bestraft werden usw..
Als das Friedensdiktat von St. Germain 4 Millionen Deutsche in den tschechisch-slowakischen Staat hineinzwängte, waren die tschechischen Vertreter der Beteuerung voll, daß sie den Deutschen im neuen Staate die Gleichberechtigung zubilligen und ihnen das Leben im Staate möglich machen werden. Das Vorgehen der Behörde gegenüber der deutschen Lehrerschaft erbringt den Beweis..
Die Gefertigten fragen an:
1. Ist der Herr Minister für Schulwesen und Volkskultur sofort bereit zu veranlassen, daß den deutschen Lehrern deutsche Ausweisbögen übermittelt werden?
2. Ist der Herr Minister geneigt, in Hinkunft zu verhüten, daß den deutschen Staatsbürgern gegenüber in einer so verletzenden und herausfordernder Art vonseite der... Behörden vorgegangen wird?
Prag, am 22. Feber 1923.
J. Mayer, Ing. Jung, Windirsch, Dr. Spina, Böllmann, Dr. Luschka, Scharnagl, Schälzky, Böhr, Schubert, Dr. Kafka, Simm, Budig, Röttel, Dr. Hanreich, Heller, Mark, Bobek, J. Fischer, Dr. Lodgman, Patzel.
Pùvodní znìní ad XI./4017.
Interpellation
der Abgeordneten Dr. Schollich, Pittinger, Dr. W. Feierfeil, Simm, Dr. Kafka und Genossen an den Minister für Schulwesen und Volkskultur in Angelegenheit der deutschen Lehrerbildungsanstalt in Troppau.
Seit 150 Jahren bis zum Jahre 1918 bestand in Troppau eine vollständige deutsche Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt. Nach dem Umsturze wurde diese Anstalt planmäßig abgebaut und zählt derzeit, da zu Beginn des heurigen Schuljahres der I. Jahrgang gesperrt wurde, nunmehr zwei Jahrgänge, fünf Übungaschulklassen, einen Kindergartenkurs, einen Haushaltungslehrerinnenkurs und einen Kindergarten. Aufgelöst wurden bisher vier Jahrgänge und fünf Übungsschhulklassen. Weiters ist zur Auflassung der Haushaltungslehrerinnenkurs bestimmt.
Es ist bis heute noch nicht klar, ob die Sperrung des I. Jahrganges nur eine vorübergehende Maßregel gewesen sei oder ob ihr ein vollständiger Abbau der Anstalt folgen soll. Um hierin Klarheit zu schaffen und jede weitere Gefahr, wie sie in der beabsichtigten gänzlichen Auflassung der Übungsschule, in der Schliessung des Haushaltungslehrerinnenkurses und in den daran geknüpften räumlichen Einbussen besteht, von der Anstalt abzuwehren, ist es notwendig, neuerlich festzustellen, daß für die Erhaltung der deutschen Lehrerbildungsanstalt ganz gewichtige Gründe sprechen.
I. Die Bevölkerungszahl Westschlesiens (auf Grund der letzten Volkszählung) beträgt 229.367 Deutsche und 118.568 Tschechen. Für diese 118.568 Tschechen Westschlesiens (die Tschechen Ostschlesiens kommen hier nicht in Betracht, weil se eine eigene vollständige Anstalt in Schlesisch-Ostrau haben), besteht in Troppau eine vollständige tschechische Lehrerbildungsanstalt, untergebracht im Gebäude der deutschen Anstalt, das außerdem noch das ganze tschechische Realgymnasium einschließlich zweier Direktorswohnungen beherbergt.
Für die 229.367 Deutschen bestehen dermalen im ganzen Lande nur zwei Jahrgänge mit rund 60 Zöglingen; es sind mithin auch die Deutschen Ostschlesiens auf die Troppauer Anstalt als die einzige deutsche Lehrerbildungsanstalt angewiesen.
Es muß hervorgehoben werden, daß die Schles.-Ostrauer tschechische Anstalt nur einen schwachen Besuch aufweist.
II. Die Zahl der bestehenden Schulklassen in Schlesien. Die Anzahl der deutschen Schulklassen ist trotz der vielen neu gegründeten, aber oft auch recht schwach besuchten tschechischen Minderheitsschulklassen noch immer größer, als jene der tschechischen Schulklassen.
III. Der drohende Lehrermangel.
Wenn auch wegen der vielen Überdiener und infolge der Drosselung und Sperrung deutscher Schulen augenblicklich nur ein geringer Bedarf an deutschen Lehrkräften vorhanden ist, so ist dies doch nur eine vorübergehende Erscheinung.
Erfahrungsgemäß gehen durch Pensionierung und durch Tod in Schlesien jährlich etwa 30 deutsche Lehrer ab. Durch die Stabilisierung der Gehälter, wie sie durch das Dezembergesetz angebahnt wurde, wird diese Zahl in naher Zukunft jedoch bedeutend überschritten werden.
In den nächsten vier Jahren kommen aber kaum 60 Lehrkräfte aus der deutschen Anstalt heraus, da heuer kein 4. Jahrgang besteht und auch nach drei Jahren wieder kein 4. Jahrgang bestehen wird.
Im Freudenthaler Schulbezirke allein werden aber in kurzem an 60 Lehrstellen zur Neubesetzung gelangen.
Da die männliche Absolventen ihrer zweijährigen Militärpflicht Genüge leisten müssen, ergibt sich ein weiterer Ausfall. Es muß also in ganz kurzer Zeit in Schlesien ein empflindlicher Lehrermangel eintreten.
Es ist daher nicht nur der Bestand der deutschen Lehrerbildungsanstalt in Troppau, sondern auch ihr Wiederausbau zu einer vollständigen Lehrerbildungsanstalt ein unbedingtes Erfordernis der deutschen Bevölkerung Schlesiens. Jede weitere Einschränkung der Anstalt würde einen unbegründeten Eingriff bedeuten.
Wir stellen daher an den Herrn Minister für Schulwesen und Volkskultur folgende Anfragen:
Ist der Herr Minister bereit, mitzuteilen, ob de Auflassung des 1. Jahrganges der deutschen Lehrerbildungsanstalt in Troppau nur eine vorübergehende Maßregel darstellt? Ist der Herr Minister bereit, jede weitere Einschränkung der deutschen Lehrerbildungsanstalt in Troppau hintanzuhalten, insbesonders die Übungsschule als notwendige Einrichtung der Anstalt und den Kurs für Haushaltungslehrerinnen zu belassen und die Notwendigkeit des Bestandes der deutschen Lehrerbildungsanstalt in Troppau für die deutsche Bevölkerung Schlesiens durch Wiedereröffnung des 1. Jahrganges im nächsten Schuljahre und allmählichen Ausbau der Anstalt zu ihrer früheren Organisation anzuerkennen?
Prag, am 16. Feber 1923.
Dr. Schollich,
Pittinger, Dr. W. Feierfeil, Simm, Dr. Kafka, Ing. Kallina, Mark, Matzner, Dr. Hanreich, Böllmann, Dr. Brunar, Wenzel, Knirsch, Dr. Spina, Schälzky, Ing. Jung, Heller, J. Fischer, J. Mayer, Dr. Radda, Kaiser, Schubert.
Pùvodní znìní ad XII./4017.
Interpellation
der Abgeordneten Jokl, Heeger, Hoffmann und Genossen an den Minister für Schulwesen und Volkskultur in Angelegenheit der deutschen Lehrerbildungsanstalt in Troppau.
Seit 150 Jahren bis zum Jahre 1918 bestand in Troppau eine vollständige deutsche Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt. Nach dem Umsturze wurde diese Anstalt planmäßig abgebaut und zählt derzeit, da zu Beginn des heurigen Schuljahres der I. Jahrgang gesperrt wurde, nunmehr zwei Jahrgänge, fünf Übungsschulklassen, einen Kindergartenkurs, einen Haushaltungslehrerinnenkurs und einen Kindergarten. Aufgelöst wurden bisher vier Jahrgänge und fünf Übungsschulklassen. Weiters ist zur Auflassung der Haushaltungslehrerinnenkurs bestimmt.
Es ist bis heute noch nicht klar, ob die Sperrung des 1. Jahrganges nur eine vorübergehende Maßregel gewesen sei oder ob ihr ein vollständiger Abbau der Anstalt folgen soll. Um hierin Klarheit zu schaffen und jede weitere Gefahr, wie sie in der beabsichtigten gänzlichen Auflassung der Übungsschule, in der Schließung des Haushaltungshrerinnenkurses und in den daran geknüpften räumlichen Einbussen besteht, von der Anstalt abzuwehren, ist es notwendig, neuerlich festzustellen, daß für die Erhaltung der deutschen Lehrerbildungsanstalt ganz gewichtige Gründe sprechen.
I. Die Bevölkerungszahl Westschlesiens (auf Grund der letzten Volkszählung) beträgt 229.367 Deutsche und 118.568 Tschechen. Für diese 118.568 Tschechen Westschlesiens (die Tschechen Ostschlesiers kommen hier nicht in Betracht, weil sie eine eigene vollständige Anstalt in Schlesisch-Ostrau haben) besteht in Troppau eine vollständige tschechische Lehrerbildungsanstalt, untergebracht im Gebäude der deutschen Anstalt, das außerdem noch das ganze tschechische Realgymnasium einschließlich zweier Direktorswohnungen beherbergt.
Für die 229.368 Deutschen bestehen dermalen im ganzen Lande nur zwei Jahrgänge mit rund 60 Zöglingen; es sind mithin auch die Deutschen Ostschlesiens auf die Troppauer Anstalt als die einzige deutsche Lehrerbildungsanstalt angewiesen.
Es muß hervorgehoben werden, daß die Schles.-Ostrauer tschechische Anstalt nur einen schwachen Besuch aufweist.
II. Die Zahl der bestehenden Schulklassen in Schlesien. Die Anzahl der deutschen Schulklassen ist trotz der vielen neu begründeten, aber oft auch recht schwach besuchten tschechischen Minderheitsschulklassen noch immer größer als jene der tschechischen Schulklassen.
III. Der drohende Lehrermangel.
Wenn auch wegen der vielen Überdiener und infolge der Drosselung und Sperrung deutscher Schulen augenblicklich nur ein geringer Bedarf an deutschen Lehrkräften vorhanden ist, so ist dies doch nur eine vorübergehende Erscheinung.
Erfahrungsgemäß gehen durch Pensionierung und durch Tod in Schlesien jährlich etwa 30 deutsche Lehrer ab. Durch die Stabilisierung der Gehälter, wie sie durch das Dezembergesetz angebahnt wurde, wird diese Zahl in naher Zukunft jedoch bedeutend überschritten werden.
In den nächsten vier Jahren kommen aber kaum 60 Lehrkräfte aus der deutschen Anstalt heraus, da heuer kein 4. Jahrgang besteht und auch nach drei Jahren wieder kein 4. Jahrgang bestehen wird.
Im Freudenthaler Schulbezirke allein werden aber in kurzem an 60 Lehrstellen zur Neubesetzung gelangen.
Da die männlichen Absolventen ihrer zweijährigen Militärpflicht Genüge leisten müssen, ergibt sich ein weiterer Ausfall. Es muß also in ganz kurzer Zeit in Schlesien ein empfindlicher Lehrermangel eintreten.
Es ist daher nicht nur der Bestand der deutschen Lehrerbildungsanstalt in Troppau, sordern auch ihr Wiederausbau zu einer vollständigen Lehrerbildungsanstalt ein unbedingtes Erfordernis der deutschen Bevölkerung Schlesiens. Jede weitere Einschränkung der Anstalt würde einen ganz unbegründeten Eingriff bedeuten.
Wir stellen daher an den Hern Minister für Schulwesen und Volkskultur folgende Anfragen:
Ist der Herr Minister bereit mitzuteilen, ob die Auflassung des 1. Jahrganges der deutschen Lehrerbildungsanstalt in Troppau nur eine vorübergehende Maßregel darstellt?
Ist der Herr Minister bereit, jede weitere Einschränkung der deutschen Lehrerbilbungsanstalt in Troppau hintanzuhalten, insbesonders die Übungsschule als notwendige Einrichtung der Anstalt und den Kurs für Haushaltungslehrerinnen zu belassen und die Notwendigkeit des Bestandes der deutschen Lehrerbildungsanstalt in Troppau für die deutsche Bevölkerung Schlesiens durch Wiedereröffnung des 1. Jahrganges im nächsten Schuljahre und allmählichen Ausbau der Anstalt zu ihrer früheren Organisation anzuerkennen?
Prag, 7. Feber 1923.
Jokl, Heeger, Hoffmann, R. Fischer, Dr. Haas, Roscher, Pohl, Hausmann, Schuster, Beutel, Häusler, Hackenberg, Èermak, Dr. Czech, Schweichhart, Palme, Dietl, Uhl, Dr. Holitscher, Hillebrand, Taub, Schäfer, Wittich.
Pùvodní znìní ad XIII./4017.
Interpellation
der Abgeordneten Schäfer, Häusler, Hackenberg und Genossen an den Minister für Schulwesen und Volkskultur in Angelegenheit der Auflassung der Winterexpositur in Riedersdorf, Bez. Landskron.
Die deutsche Volksschule in Riedersdorf wurde mit dem Erlasse des Präsidiums des Landesschulrates vom 11. Oktober 1921, Z. 4376 aufgelassen und die Einschulung dieser Gemeinde zur Schule in Neudorf angeordnet, gleichzeitig aber wegen der äußerst schlechten Weg- und Witterungsverhältnisse verfügt, daß in der Winterszeit zwischen 1. November und 1. Mai eine Klasse dieser Schule nah Riedersdorf verlegt werden solle. Somit wurde vom Landesschulratspräsidium die Errichtung einer Winterexpositur bewilligt. Gegen die Auflassung der Schule wurde vom Ortsschulrate in Riedersdorf der Rekurs eingebracht, der sogar von der tschechischen Gemeindevertretung des gemischtsprachigen Ortes befürwortet wurde. Da aber dieser Rekurs keine rechtzeitige Erledigung fand und ihm die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt wurde, schloß somit der Unterricht in Riedersdorf am 1. Mai 1922 und es sollten die Kinder von diesem Tage an die Schule in Neudorf besuchen. Die Schüler sollten gezwungen werden, täglich zwei bis viermal einen schlechten Weg von fast 3 1/2 km zurückzulegen und tagsüber teilweise ohne Nahrung zu bleiben. Die Witterungsverhältnisse in Riedersdorf sind nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer so fürchterliche, daß es selbst für Erwachsenen nicht möglich ist, den Weg nach Neudorf auf dem schlechten und unausgebauten Fahrweg ohne Gefahr zurückzulegen. Da die Eltern erklärten, daß sie nicht zusehen werden, wie ihre Kinder, oft nur notdürftig gekleidet und ernährt, Leben und Gesundheit aufs Spiel setzen und da sie ihre Kinder nach der Sperrung der Expositur auch tatsächlich nicht in die Schule schicken, blieben diese den ganzen Sommer ohne Unterricht. Erst am 15. September 1922 begann mit Bewilligung des Landesschulrates der Unterricht in der Winterexpositur wieder Nun erfolgte aber mit dem Erlasse des Ministeriums für Schulwesen und Volkskultur vom 27. August 1922, Z. 85.877 die Erledigung des Rekurses. Die Auflassung der Volksschule in Riedersdorf wurde natürlich bestätigt, aber auch das einzig Günstige des Erlasses des Landesschulratspräsidiums zunichte gemacht, indem nämlich die Errichtung der Winterexpositur wegen Inkompetenz des Landesschulratspräsidiums behoben wurde. Das Ministerium zeigt sicsich aber nicht fürsorglich genug, um mit Rücksicht auf die im Rekurse angeführten Gründe die Wiedererrichtung der Expositur durch die deutsche Sektion des Landesschulrates, welche dazu zuständig gewesen wäre, anzuordnen. Es wurde daher mitten im Winter der in der Winterexpositur in Riedersdorf erteilte Unterricht eingestellt und die Kinder sollen nun gezwungen werden, den fürchterlichen Weg im Winter nach Neudorf zu machen.
Bemerken müssen wir, daß die Schule in Riedersdorf zur Zeit der Auflassung von 17 schulpflichtigen Kinder besucht wurde und daß diese Schule im Jahre 1876 bei Vorhandensein ganz der gleichen Schulkinderzahl nur wegen der fürchterlichen Weg- und Witterungsverhältnisse errichtet wurde. Damals wurde auf diese Umstände Rücksicht genommen. Heute aber wird rücksichtslos über das Bedürfnis der Bevölkerung hinweggegangen.
Eine telegraphische Vorstellung beim Ministerium nützte nichts. Das beim Landesschulrat eingebrachte dringende Gesuch um Wiedereröffnung wenigstens der Winterexpositur wurde an den Bezirksschulausschuß in Landskron zur Berichterstattung zurückgeleitet und wurde von dort an die Baubezirksleitung in Leitomischl zur kommissionellen Begutachtung der Wegverhältnisse geschickt. Trotzdem die Angelegenheit äußerst drängt, ist bisher von dieser Behörde nichts dergleichen geschehen und es hat den Anschein, daß diese absichtlich die Begehung verzögern wolle, um vielleicht dann im April oder Mai an einem zufällig schönen Tage die Gangbarkeit des Weges auch für Schulkinder festzustellen und damit die Errichtung der Expositur zu vereiteln.
Gegen diese Absicht und überhaupt gegen jede dilatorische Behandlung der Angelegenheit muß wegen der außerordentlichen Traurigkeit des ganzen Vorfalles entschieden Stellung genommen werden. Die Erregung der deutschen Bevölkerung in Riedersdorf ist überaus groß. Sie hat ihr eigenes Schulhaus im Orte und ihre Kinder dürfen es nicht besuchen, sondern sollen mit Lebensgefahr in eine weit entfernte Schule gehen. Ist dieses Vorgehen nicht jeder Gerechtigkeit und jeder menschlichen Gefühle bar?
Wir stellen daher an den Herrn Minister für Schulwesen und Volkskultur folgende Anfragen:
Sind dem Herrn Minister die angeführten Tatsachen bekannt?
Ist der Herr Minister bereit die sofortige Abstellung dieser ungeheuerlichen Zustände anzuordnen und insbesonders durch sofortige Durchführung einer unparteiischen kommissionellen Begehung das Ansuchen um Errichtung der Expositur in Riedersdorf einer beschleunígsten günstigen Behandlung zuführen zu lassen?
Prag, am 14. Feber 1923.
Schäfer, Häusler, Hackenberg, Èermak, Dietl, Pohl, Schuster, Palme, Beutel, Taub, Wittich, Heeger, R. Fischer, Uhl, Roscher, Schweichhart, Dr. Holitscher, Hillebrand, Dr. Haas, Hausmann, Hoffmann, Dr. Czech.
Pùvodní znìní ad XIV./4017.
Interpellation
der Abgeordneten Dr. Schollich, Pittinger, Dr. W. Feierfeil, Simm, Dr. Kafka und Genossen an den Minister für Schulwesen und Volkskultur in Angelegenheit der Auflassung der Winterexpositur in Riedersdorf, Bez. Landskron.
Die deutsche Volksschule in Riedersdorf wurde mit dem Erlasse des Präsidiums des Landesschulrates vom 11. Oktober 1921, Z. 4376 aufgelassen und die Einschulung dieser Gemeinde zur Schule in Neudorf angeordnet, gleichzeitig aber wegen der äußerst schlechten Weg- und Witterungsverhältnisse verfügt, daß in der Winterszeit zwischen 1. November und 1. Mai eine Klasse dieser Schule nach Riedersdorf verlegt werden solle. Somit wurde vom Landesschulratspräsidium die Errichtung einer Winterexpositur bewilligt. Gegen die Auflassung der Schule wurde vom Ortsschulrate in Riedersdorf der Rekurs eingebracht, der sogar von der tschechischen Gemeindevertretung des gemischtsprachigen Ortes befürwortet wurde. Da aber dieser Rekurs keine rechtzeitige Erledigung fand und ihm die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt wurde, schloß somit der Unterricht in Riedersdorf am 1. Mai 1922 und es sollten die Kinder von diesem Tage an die Schule in Neudorf besuchen. Die Schüler sollten gezwungen werden, täglich zweibis viermal einen schlechten Weg von fast 3 1/2 km zurückzulegen und tagsüber teilweise ohne Nahrung zu bleiben. Die Witterungsverhältnisse in Riedersdorf sind nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer so fürchterliche, daß es selbst für Erwachsenen nicht möglich ist, den Weg nach Neudorf auf dem schlechten und unausgebauten Fahrweg ohne Gefahr zurückzulegen. Da die Eltern erklärten, daß sie nicht zusehen werden, wie ihre Kinder, oft nur notdürftig gekleidet und ernährt, Leben und Gesundheit aufs Spiel setzen und da sie ihre Kinder nach der Sperrung der Expositur auch tatsächlich nicht in die Schule schicken, blieben diese den ganzen Sommer ohne Unterricht. Erst am 15. September 1922 begann mit Bewilligung des Landesschulrates der Unterricht in der Winterexpositur wieder. Nun erfolgte aber mit dem Erlasse des Ministeriums für Schulwesen und Volkskultur vom 27. August 1922, Z. 85.877 die Erledigung des Rekurses. Die Auflassung der Volksschule in Riedersdorf wurde natürlich bestätigt, aber auch das einzig Günstige des Erlasses des Landesschulratspräsidiums zunichte gemacht, indem nämlich die Errichtung der Winterexpositur wegen Inkompetenz des Landesschulratspräsidiums behoben wurde. Das Ministerium zeigt sich aber nicht fürsorglich genug, um mit Rücksicht auf die im Rekurse angeführten Gründe die Wiedererrichtung der Expositur durch die deutsche Sektion des Landesschulrates, welche dazu zuständig gewesen wäre, anzuordnen. Es wurde daher mitten im Winter der in der Winterexpositur in Riedersdorf erteilte Unterricht eingestellt und die Kinder sollen nun gezwungen werden, den fürchterlichen Weg im Winter nach Neudorf zu machen.
Bemerken müssen wir, dass die Schule in Riedersdorf zur Zeit der Auflassung von 17 schulpflichtigen Kinder besucht wurde und daß diese Schule im Jahre 1876 bei Vorhandensein ganz der gleichen Schulkinderzahl nur wegen der fürchterlichen Weg- und Witterungsverhältnisse errichtet wurde. Damals wurde auf diese Umstände Rücksicht genommen. Heute aber wird rücksichtslos über das Bedürfnis der Bevölkerung hinweggegangen.
Eine telegraphische Vorstellung beim Ministerium nützte nichts. Das beim Landesschulrat eingebrachte dringende Gesuch um Wiedereröffnung wenigstens der Winterexpositur wurde an den Bezirksschulausschuß in Landskron zur Berichterstattung zurückgeleitet und wurde von dort an die Baubezirksleitung in Leitomischl zur kommissionellen Begutachtung der Wegverhältnisse geschickt. Trotzdem die Angelegenheit äußerst drängt, ist bisher von dieser Behörde nichts dergleichen geschehen und es hat den Anschein, daß diese absichtlich die Begehung verzögern wolle, um vielleicht dann im April oder Mai an einem zufällig schönen Tage die Gangbarkeit des Weges auch für Schulkinder festzustellen und damit die Errichtung der Expositur zu vereiteln.
Gegen diese Absicht und überhaupt gegen jede dilatorische Behandlung der Angelegenheit muß wegen der außerordentlichen Traurigkeit des ganzen Vorfalles entschieden Stellung genommen wer den. Die Erregung der deutschen Bevölkerung in Riedersdorf ist überaus groß. Sie hat ihr eigenes Schulhaus im Orte und ihre Kinder dürfen es nicht besuchen, sondern sollen mit Lebensgefahr in eine weit entfernte Schule gehen. Ist dieses Vorgehen nicht jeder Gerechtigkeit und jeder menschlichen Gefühle bar?
Wir stellen daher an den Herrn Minister für Schulwesen und Volkskultur folgende Anfragen:
Sind dem Herrn Minister die angeführten Tatsachen bekannt?
Ist der Herr Minister bereit, die sofortige Abstellung dieser ungeheuerlichen Zustände anzuordnen und insbesonders durch sofortige Durchführung einer unparteiischen kommissionellen Begehung das Ansuchen um Errichtung der Expositur in Riedersdorf einer beschleunigten günstigen Behandlung zuführen zu lassen?
Prag, am 16. Feber 1923.
Dr. Schollich, Pittinger, Dr. W. Feierfeil, Simm, Dr. Kafka, Mark, Schälzky, Dr. Spina, Dr. Radda, Ing. Kallina, Dr. Hanreich, Ing. Jung, Heller, J. Mayer, Kaiser, Schubert, Matzner, Dr. Brunar, Schubert, Böllmann, J. Fischer, Wenzel.
Pùvodní znìní ad XV./4017.
Interpellation
der Abgeordneten Dr. Schollich, Pittinger, Dr. W. Feierfeil, Simm, Dr. Kafka und Genossen an den Minister für Schulwesen und Volkskultur in Angelegenheit der Änderung des Sprachenverkehres in den Schulbehörden.
Mit 1. Jänner 1923 ist im Sprachenverkehre der deutschen Schulbehörden untereinander eine durchgreifend Änderung eingetreten. Der Verkehr der deutschen Abteilungen in den Landesschulräten mit den deutschen Bezirksschulausschüssen in deutscher Sprache hat aufgehört und findet nunmehr durchaus nur in tschechischer Sprache statt. Nur in einigen Fällen wird den Erlässen eine deutsche Übersetzung beigegeben, die jedoch nicht unterfertigt ist und daher nicht den Charakter eines Originales besitzt. Auch die Amtierung der deutschen Bezirksschulausschüsse mit den Landesschuulräten beginnt sich allmählich in dem Sinne zu ändern, daß auch diese an die Landesschuräte nur mehr tschechisch berichten. Es soll außerdem die tschechische Amtierung auch bis auf die deutschen Ortsschulräte und Schulleitungen ausgedehnt werden, so zwar, daß diese von ihrer übergeordneten Bezirksschulbehörde tschechische Erlässe erhalten werden.
Diese Änderung ist umso bemerkenswerter, als noch vor einiger Zeit das Verlangen der Landesverwaltungsausschüsse, die tschechische Amtierung auch im Verkehre mit den deutschen Schulgemeinden einzuführen, abschlägig beschieden wurde Andererseits läßt der Umstand, daß mit der Neuerung in allen deutschen Landesschulbehörden gleichzeitig eingesetzt wurde, die Vermutung aufkommen, daß dieser Neuerung eine Weisung des Ministeriums zugrunde liegt.
Nach Feststellungen im Präsidium des Ministeriums für Schulwesen und Volkskultur wurde eine solche Weisung jedoch nicht gegeben und auch die Vorsitzenden der Landesschulräte bestreiten, eine solche erhalten und selbst einen solchen Auftrag an die unterstellten Bezirksschulbehörden erlassen zu haben.
Es ist aber sonderbar, daß trotzdem der bisher anstandslos durchgeführte deutsche Verkehr der deutschen Schulbehörden untereinander aufgehört hat. Irgend einen Anlaß muß die Änderung daher haben, wenn dies vielleicht auch keine offizielle Weisung gewesen sein mag, d. h. ein vom Präsidium des Ministeriums in aller Form ergangener schriftlicher Auftrag. Es gibt ja auch die Möglichkeit anderer Weisungen, entweder mündlicher oder solcher, die im Nachhange zu meritorischen Erledigungen gegeben werden, wie dies in einzelnen Fällen bei den deutschen Minderheitsschulen durch das Ministerium bereits praktiziert worden ist. Dies geschah so, daß in einer gewöhnlichen Entscheidung die deutsche Amtierung beanständet und auf ihre Abstellung gedrängt wurde. Dem Vernehmen nach können auch Privatbriefe zur Anwendung gekommen sein.
Es ist gleichgültig, auf welche Art dies geschehen ist, klar aber ist, daß eine solche Weisung für eine Änderung im verfassungsmäßig geregelten Sprachengebrauche rechtlich nicht bedeutend sein kann und von den Unterbehörden überhaupt nicht anzunehmen gewesen wäre. Außerdem hätte sie ja nur von einem untergeordneten Organ im Ministerium ausgehen können. Zur Verfügung eines so schwerwiegenden Auftrages, wie es die Änderung des Sprachenverkehres darstellt, sind jedoch weder untergeordnete Organe im Ministerium noch die Präsidenten der Landesschulräte zuständig. Aber auch das Präsidium des Ministeriums bezw. der Minister für Schulwesen und Volkskultur selbst kann in seinem Wirkungskreise keine Verfügung erlassen, welche im wesentlichen eine Durchführungsverordnung zum Sprachengesetze vom 29. Feber 1920, Nr. 122 Slg. d. G. u. V. darstellt. Zu einer solchen Verfügung ist einzig und allein der Ministerrat, also die gesamte Regierung berechtigt.
Es ist klar, daß die jetzige Änderung des sprachlichen Verkehres in den Schulbehörden nicht eine rechts- und sinngemäße Anwendung des Sprachengesetzes bedeutet. Dieses Gesetz steht bereits fast drei Jahre in Wirksamkeit und trotzdem wurde an der sprachlichen Amtierung der deutschen Schulbehörden bis zum 1. Jänner 1923 nichts geändert. Dies hat seinen Grund darin, daß auch die staatlichen Behörden in der Anwendung des § 5 des Sprachengesetzes bezüglich der Schulverwaltung nicht im klaren waren, denn sonst hätten auch dort ebenso wie auf allen anderen Gebieten die Bestimmungen dieses Gesetzes schon längst platzgreifen müssen. Es ist daher selbstverständlich, die gemäß § 8 des Sprachengesetzes in Aussicht gestellte Durchführungsverordnung der staatlichen Vollzugsgewalt zum Sprachengesetze abzuwarten, ehe es zu einer Änderung der bisherigen Praxis des Sprachengebrauches bei den Schulbehörden kommt. Eine noch dazu durch inkompetente Organe angeordnete Änderung im bisher üblichen und unangefochtenen Sprachengebrauche der Schulbehörde, zu welcher sich bisher sogar die staatliche Vollzugsgewalt nicht besinnen konnte, heißt der Durchführungsverordnung zum Sprachengesetze vorgreifen, wogegen nicht scharf genug Einsprache erhoben werden kann, da es sich um die via facti Einführung eines Zustandes handellt, welcher dem Sprachengesetze widerspricht.
Der § 5 des Sprachengesetzes vom 29. Feber 1920, Nr. 122 besagt, daß die für de Angehörigen der nationalen Minderheiten errichteten kulturellen Institutionen in deren Sprache verwaltet werden (Friedensvertrag von St. Germain, Art. 9.).
Jede Einschränkung der deutschen Sprache als Verwaltungssprache der deutschen Schulen und der für sie maßgebenden Schulbehörden verstößt daher offensichtlich gegen das Sprachengesetz, beinhaltet somit eine Verletzung des Verfassungsrechtes.
Die Ausdehnung der tschechischen Amtssprache auf die Schulbehörden als angebliche Staatsämter ist unbegründet, da der staatliche Charakter der Schulbehörden, wenn sie auch Organe der staatlichen Schulaufsicht darstellen, zumindest sehr umstritten ist. Die Schulbehörden sind entschieden auch Organe der Selbstverwaltung, die auf dem Gebiete des Schulwesens von größter Bedeutung ist es war daher auch hier nicht am Platze, vor Entscheidung dieser Frage bezw. vor Erscheinen der Durchführungsverordnung zum Sprachengesetze mit der Änderung des bisher gepflogenen Sprachengebrauches bei diesen Behörden vorzugehen.
Wir stellen daher an den Herrn Minister für Schulwesen und Volkskultur folgende Anfragen:
Ist der Herr Minister bereit, die Angelegenheit zu untersuchen und mitzuteilen, über wessen Auftrag mit der Änderung im Sprachengebrauche der Schulbehörden begonnen worden ist?
Ist der Herr Minister bereit, die erteilten Aufträge außer Kraft zu setzen und den früheren Zustand im Sprachenverkehre der Schulbehörden wiederherzustellen?
Prag, am 16. Feber 1923.
Dr. Schollich, Pittinger, Dr. W. Feierfeil, Simm, Dr. Kafka, Ing. Jung, Dr. Radda, Matzner, Dr. Brunar, Schubert, Kaiser, Böllmann, J. Fischer, J. Mayer, Knirsch, Schälzky, Wenzel, Mark, Ing. Kallina, Dr. Spina, Heller, Dr. Hanreich.