Antwort

des Justizministers

auf die Interpellation der Abgeordneten Dr. Brunar, Dr. E. Schollich und Genossen wegen des Verhaltens der Staatsanwaltschaft in Troppau (Druck 3610/ IX.)

Die Herren Interpellanten beschweren sich über die vermeintlich den Deutschen feindliche Amtierung der Troppauer Staatsanwaltschaft, indem sie sich auf das Vorgehen dieser Staatsanwaltschaft in der Strafangelegenheit des Landesrates Dr. Wenzelides wegen des Vergehens nach, 305 Str. G., in der Strafsache gegen Ernst Sturm wegen des Verbrechens des Hochverrates und in der Strafsache gegen Betti Brunar und Kons. wegen der Teilnahme an der Spionage berufen.

Auf diese Interpellation antworte ich mit der Mitteilung, daß nichts dagegen einzuwenden ist, wenn die Staatsanwaltschaft gemäß § 87 Str. P. O. die Untersuchung gegen Dr. Wenzelides aufgrund eines Zeitungsartikels eingeleitet hat, und zwar umso weniger, wenn der Inhalt dieses Artikels sich mit Gerüchten deckte, die über die hervorragende Beteiligung des Dr. Wenzelides an den Demonstrationen unter der Bevölkerung zirkulierten.

Sofern weiter der Staatsanwaltschaft ausgestellt wird, daß sie wegen des weiteren Inhaltes des Artikels, der angeblich den Tatbestand des Vergehens des § 302 St. G. begründet, nichts angeordnet hat, so wurde vom Standpunkte der Dienstaufsicht das Notwendige veranlaßt.

Soweit es sich sodann um die Strafangelegenheit gegen Ernst Sturm und Kons. wegen des Verbrechens des Hochverrates handelt, kann ich ebenfalls erklären, daß in dem Vorgehen der Staatsanwaltschaft von Troppau in dieser Strafsache eine Ungesetzlichkeit nicht enthalten war. Am 27. Juli 1921 machte nämlich die Zeitschrift "Volkspresse" eine Bemerkung über die Einschmuggelung von Waffen aus dem Auslande in das Gebiet von Freiwaldau, und die Staatspolizei hat tatsächlich bei einem Gastwirte in Dittersdorf 6 mit preußischen Mauserkarabinern angefüllte Kisten und eine große Zahl von Geschossen, bei einem anderen Gastwirte in Niederhindewiese 3 Kisten mit Gewehren aus Deutschland und eine größere Menge von Geschossen, in Friedeberg 26 Gewehre und 2 Maschinengewehre gefunden. Durch die gepflogene Untersuchung wurde sichergestellt, daß jene Person, welche diese Waffen bestellt, an bestimmte Orte dirigiert und durch ihre Vermittler weiterverkauft hat, der Sekretär der deutschnationalen Partei in Freiwaldau Ernst Sturm ist. Deshalb wurde gegen den Genannten und eine ganze Reihe anderer Personen die Strafuntersuchung wegen des Verbrechens des Hochverrates eingeleitet, da, wie zu sehen ist, die sichergestellten Tatsachen höchst verdächtig waren. Da aber die kompromitierenden Schriftstücke wohl durch die Beschuldigten noch rechtzeitig beseitigt worden waren, wurde das Strafverfahren wegen dieses Verbrechens, da über den Zweck dieser Sendungen nicht völlige Klarheit geschaffen wurde, eingestellt und Sturm wurde wegen der Übertretung der Verbreitung beunruhigender Gerüchte und wegen der Übertretung des Waffenpatentes zu einer Arreststrafe in der Dauer von 2 Monaten verurteilt, wobei Waffen und Geschosse als verfallen erklärt wurden.

Auch die Angelegenheit gegen die Gattin und den Bruder des Mitgliedes der Nationalversammlung Dr. Brunar wurde nicht mehr als notwendig hinausgezogen, da diese Strafangelegenheit mit der strafbaren Tätigkeit der wegen des Verbrechens der Spionage verurteilten Rosa Reckleben zusammenhing, die, wie durch die gepflogenen Erhebungen sichergestellt wurde, vor ihrer Verhaftung die Wohnung des Abgeordneten Dr. Brunar aufgesucht und nach seinem Bruder und seiner Gattin getragt hatte.

Wenn erwogen wird, daß Rosa Reckleben wegen nachgewiesener Spionage zu einer schweren Kerkerstrafe in der Dauer eines Jahres verurteilt worden ist, so muß anerkannt werden, daß es die Sicherheit des Staates erheischte, daß auch gegen jene Personen, welche festgestellterweise mit der verurteilten Person in Verbindung bestanden waren, das Strafverfahren eingeleitet werde, wenn auch der bestehende Verdacht nicht dazu hinreichte, die Anklage zu erheben.

Auch in diesem balle handelte die Staatsanwaltschaft in Troppau gesetzmäßig und es können ihr keine Vorwürfe gemacht werden.

Prag, am 10. November 1922.

Der Justizminister:

Dr. Dolanský m. p.

Pøeklad ad XXI/3953.

 

 

Antwort

des Justizministers

auf die Interpellation des Abgeordneten Josef Mayer und Genossen

in Angelegenheit der Beschlagnahme des

Deutscher Landruf in Eger

(Druck 3808/VI).

Ich habe die Beantwortung dieser Interpellation für den Minister des Innern übernommen, da die in Rede stehende Beschlagnahme von der Staatsanwaltschaft in Eger angeordnet worden ist.

Es ist richtig, daß die in der Interpellation angeführte Stelle der Beschlagnahme anheim fiel. Die Beschlagnahme erfolgte aber mit Recht, weil diese Stelle den Tatbestand des Vergehens nach 302 St. G. enthält, da darin zum gesellschaftlichen Boykott jener deutschen Bürger aufgefordert wird, welche Liegenschaften an Èechen verkaufen, also zum nationalen Hase und zur feindlichen Parteilichkeit aufgereizt wird. Es handelt sich also nicht nur um die Mitteilung von bloßen Tatsachen. Daß der Tatbestand einer strafbaren Handlung durch den Inhalt des beschlagnahmten Artikels begründet ist, hat auch das Kreisgericht in Eger anerkannt, als es diese Beschlagnahme mit dem Erkenntnisse von 12. Juni d. J. bestätigte.

Gegen dieses Erkenntnis wurde ein Rechtsmittel nicht ergriffen, und es hatte weder dieses noch ein höheres Gericht Gelegenheit, die Gründe zu überprüfen, welche etwa gegen die Ansicht angeführt worden wären, daß der Artikel den Tatbestand einer strafbaren Handlung begründet.

Ich kann nicht verschweigen, daß die Beschlagnahme auch deshalb vollständig am Platze war, da es das öffentliche Interesse erheischt, daß die Saat des nationalen Hasses möglichst niedergehalten werde. Das Recht der freien Meinungsäußerung ist auch der deutschen Presse gewährleistet, aber auch nur in den Grenzen des Gesetzes, welches hier sichtlich übertreten worden ist.

Prag, am 9. November 1922.

Der Justizminister:

Dr. Dolanský m. p.

 

 

Pøeklad ad XXII/3953.

Antwort

des Ministers für Schulwesen und Volks-

kultur

auf die Interpellation des Abgeordneten Dr. Schollich und Genossen

in Angelegenheit der Sperrung der deutschen Privatvolksschule in Znaim-Pölten

berg (Druck 3550/IX).

In dieser Angelegenheit wurde eine Beschwerde an das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur eingebracht, über die dermalen noch die amtlichen Erhebungen gepflogen werden. Ich kann daher in diesem Stadium der amtlichen Entscheidung nicht vorgreifen.

Insoweit die Interpellation die Ministerialerlässe vom 30. Jänner 1921, Z. 76.082, und vom 20. Jänner 1921, Z. 78.865, erwähnt, geht aus diesen klar hervor, was für eine gründliche Untersuchung vorgehen muß, bevor das Ministerium für Schulwesen und Volkskultur zur Aufhebung irgend einer Privatschule gemäß 11 des Gesetzes vom 3. April 1919, S. d. G. u. V. Nr. 189, schreitet, damit über jeden Zweifel sichergestellt werde, daß die Bedingungen des zitierten Paragraphen gegeben sind. In diesen Erlässen wird aber nirgends von der öffentlichen Meinung eine Erwähnung getan, sondern immer nur im Sinne des zitierten § 11 von dem öffentlichen Interesse.

Der betreffende Absatz des Ministerialerlasses lautet: "Soferne es sich um die Aufhebung von privaten Volksschulen und Erziehungsanstalten im Sinne des § 11 des Gesetzes vom 3. IV. 1919, S. d. G. u. V. Nr. 189, handelt; ist es unbedingt notwendig, daß in den Akten gehörig sichergestellt und nachgewiesen erscheine, daß tatsächlich das öffentliche Interesse (keineswegs also die öffentliche "Meinung") die Aufhebung der betreffenden Schule erheischt, und zwar in concreto, worin sich jenes öffentliche Interesse mit Rücksicht auf die konkrete Schule äußert. Wenn es sich um die Aufhebung der Schule aus anderen gewichtigen Gründen handeln würde, ist im Akte nachzuweisen, welches diese konkreten Gründe sind, und worin ihre Wichtigkeit besteht. Es handelt sich also um die gehörige Nachweisung der Gründe für die Aufhebung und nicht um die ledigliche Behauptung, wenn diese auch vonseite der Behörde ausgegangen ist".

In dieser Fassung wurde der Ministerialerlaß vom Präsidium des mährischen Landesschulrates auch dem Herrn Bürgermeister der Stadt Znaim intimiert, so daß der Vorwurf der Herren Interpellanten augenscheinlich auf einem Mißverständnisse beruht.

Prag, am 10. Dezember 1922.

Der Minister für Schulwesen und Volkskultur:

R. Bechynì, m. p.

 

 

Pøeklad ad XXIII/3953.

Antwort

des Ministers des Innern und des Justizministers

auf die Interpellation des Abgeordneten Schälzky und Genossen

in Angelegenheit der Beschlagnahme der periodischen Druckschrift Deutsche Zeitung in Freudenthai (Druck 3853/XXVI).

Die politische Bezirksverwaltung in Freudenthai hat die Nummer 79 der in Freudenthal herausgegebenen Zeitschrift "Deutsche Zeitung" vom 4. Oktober 192 wegen zweier in der Interpellation abgedruckter Artikel beschlagnahmt, da sie in denselben den Tatbestand einer strafbaren Handlung erblickte. Die Beschlagnahme wurde vom Landes - als Prellgericht in Troppau wegen der $ 300 und 302 St. G. bestätigt. Es handelt sich hier also um eine gerichtliche Entscheidung, welche einzig und allein im gerichtlichen Instanzenzuge abgeändert werden kann.

Da derartige Äußerungen des Hasses gegen die Staatsverwaltung, wie sie in dem Artikel "Beschlagnahmt" enthalten sind, ein Hindernis für das erforderliche Vertrauen der Bevölkerung zu den Organen des Staates bilden, und weil ferner das ruhige Zusammenleben beider Nationen, der èechischen und deutschen, durch Artikel bedroht wird, mit denen eine Nationalität gegen die andere aufgereizt wird, insbesondere wenn es sich um Artikel handelt, welche sich auf die lokalen Verhältnisse beziehen, so gebot auch das öffentliche Interesse, daß die Druckschrift beschlagnahmt werde und es kann nicht von einem willkürlichen Übergriffe der die Preßaufsicht ausübenden Behörde gesprochen werden.

Prag, am 12. Dezember 1922.

Der Minister des Innern:

Malypetr, m. p.

Der Justizminister:

Dr. Dolansky, m. p.

Pøeklad ad XXIV./3953.

Antwort

des Ministers des Innern

auf die Interpellation der Abgeordneten Beutel, Grünzner, Kirpal und Genossen wegen der Konfiskation der Nummer 20 der in Außig erscheinenden "VerbandsZeitung" vom 20. Oktober 1922 durch die politische Bezirksverwaltung in Außig (Druck 3816/XV.).

Die politische Bezirksverwaltung Außig a. E. hat auf Grund des § 487 St P. U. die Nummer 20 der in Außig erscheinenden Zeitschrift "VerbandsZeitung" vom 20. Oktober 1922 wegen des Inhaltes eines Teiles des Der Streik ein Verbrechen" überschriebenen Artikels beschlagnahmt, da sie darin den Tatbestand einer strafbaren Handlung nach § 300 St. G. erblickte.

Die Beschlagnahme wurde vom Kreis-als Preßgericht in Leitmeritz über Antrag der Staatsanwaltschaft aus demselben Grunde bestätigt.

Es handelt sich also um eine gerichtliche Entscheidung, welche einzig und allein im ordentlichen gerichtlichen Instanzenzuge abgeändert werden kann. Es liegt daher kein Grund vor, der politischen Bezirksverwaltung in Außig a. E. einen Verweis zu erteilen.

Prag, am 8. Dezember 1922.

Der Minister des Innern:

Malypetr, m. p.

 

 

Pøeklad ad XXV./3953.

Antwort

des Ministers des Innern

auf die Interpellation des Abgeordneten Dr. Schollich und Genossen betreffend das Vorgehen des Leiters der politischen Bezirksverwaltung Šèava in Neutitschein (Druck 3610/XXIII).

Der Verein "Männergesangsverein" in Neutitschein beteiligte sich am 7. März 1922 korporativ mit der Vereinsfahne und den Vereinsabzeichen an dem Begräbnisse des Lehrers Friedrich Kubiena ohne amtliche Bewilligung.

Die Vereinsfahne, welche nach den genehmigten Statuten von weißroter Farbe mit einem roten Bande und dem Lyrazeichen versehen ist, war auch mit schwarzrotgelben Bändern behangen und wurde von einem Fahnenträger in Tracht getragen.

Die politische Bezirksverwaltung in Neuntschein hat mit dem in der Interpellation reproduzierten Bescheide dem "Männergesangsverein° diese Handlungsweise vorgehalten, wobei sie auf das Rechtsmittel der Berufung gegen ihre Entscheidung hinwies.

Da der Verein eine Berufung nicht einbrachte, hatten die übergeordneten Behörden keine Gelegenheit sich mit der Verfügung der politischen Bezirksverwaltung in Neutitschein zu beschäftigen.

Wenn die Parteien selbst von den Rechtsmitten gegen die Entscheidungen der politischen Behörden keinen Gebrauch machen um eine Entscheidung im Instanzenwege herbeizuführen, so liegt kein Anlaß vor, ex offo in die Angelegenheit einzugreifen. Es liegt kein Grund vor, gegen den Leiter politischen Bezirksverwaltung in Neutitschein, Šèava, einzuschreiten.

Prag, am 19. Dezember 1922.

Der Minister des Innern:

Malypetr m. p.


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