Pùvodní znìní ad III./3808.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. Brunar und Genossen

an den Minister des Aeussern und Vorsitzenden der Regierung

in Angelegenheit der Ahndung der Verbrechen, deren Miloslau Julinek, ehemals èechoslovakischer Legionär in Wladiwostok beschuldigt wird.

In der Deutschen Tageszeitung In Wien war am 27. Feber 1921 folgender Bericht zu lesen:

Tschechengreuel in Sibirien.

1. Erschiessung von 16 Musikern.

Unzählig sind die Leiden, welche die Tschechen unseren Kriegsgefangenen in Sibirien zugefügt haben und blutbelastet ist die Spur, welche sie dort zurückliessen. Wir sind im Nachstehenden In der Lage, auf Grund der Mittailungen von Augenzeugen, die wohl überprüft sind, ein wahrheitsgetreues Bild von den tschechischen Greueltaten in Sibirien (Chabarowsk) zu geben, welche einen erschreckenden Einblick in die Verhältnisse in Sibirien gewähren.

Ueber Befehl des russischen Obersten Lukyanow wurde im Jahre 1917 die Lagerkapelle des Kriegsgefangenenlagers Chabarowsk zur Stadt kommandiert, um dort im Stadthause, im Volkstheater und in einem Teehause zu wohltätigen Zwecken zu spielen. Diser Befehl wurde nach dem Umsturze 1918 weiter aufrecht erhalten und nach der Liquidierung der 106. Brigade von dem nunmehr vom Sovjet ernannten Kommandanten Kapitän Knoch erneuert, der gleichzeitig, um den Musikern den weiten Weg zur Stadt zu ersparen, anordnete, dass diese deutsche Musikvereinigung in ein Freiquartier in die Stadt übersiedle. Am 1. Mai wurde die Musikvereinigung von der roten Garde gezwungen, beim Umzuge mitzuspielen. Um sich der ehemaligen österreichischen Regierung gegenüber rechtfertigen zu können, Liesen sich die Musiker vom dänischen, schwedischen und amerikanischen Vertreter bestätigen, dass ihre Tätigkeit vollkommen unpolitisch war und sei und dass sie nur gezwungen an dieser politischen Demonstration am 1. Mai teilgenommen haben. Auch die damaligen Kommandanten des Kriegsgefangenenlagers 274-B wurden davon unterrichtet. Als Anfang September 1918 ein neuerlicher Umsturz durch die tschechischen Legionäre und die weisse Garde erwartet werden musste, wollten die Musiker ins Lager zurück, da es ihnen in der Stadt nicht mehr sicher genug zwar. Sie wurden jedoch vom Musikdirektor Lirow, der ihnen volle Sicherheit versprach davon abgehalten. Als nach kampflosen Rückzuge der Roten Armee am 3. September 1918 der Weissgardist Attaman Kalmückow mit Kosaken, Tschechen, Japanern in Chabarowsk einrückte, war den schutzlosen Kriegsgefangenenmusikern die Uebersiedlung zu gefährlich und sie hielten sich daher dauernd in ihrer Stadtwohnung auf. Am S. September abends mussten sie im Techausa vor dem Attaman Kalmückow spielen, der für ihre Leistungen dankte und sie zu unterstützen versprach. Für den nächsten Tag setzte Kapellmeister Parisek (ein Brünner Deutscher) eine Probe um 10. Uhr vormittag an. Hier beginnt nun die seit Monaten vorhergegangene tschechische Wühlarbeit ihre Früchte zu tragen. In Chabarowsk befand sich nämlich ausser dieser deutschen noch eine tschechische Musikvereinigung, welche aber bei weitem nicht auf das Höhe war, wie die deutsche Musikergesellschaft. Diese tschechische Klique und ihre Anhäpgar hetzten schon seit längerer Zeit gegen die deutschen Musiker und fanden in dem tschechischen Legionär Julinek einen würdigen Helfer. Die Gattin eines dieser unglücklichen Musiker Frau Alide Unger dzt. Wien gibt folffende Tatsachen an: Am 6. September um 10 Uhr vormittag kam u mir ins Geschäfts (Handelshaus Kunst und Abers) die Schauspielerin Karimskaia aus dem Vokstheater und erzählte mir unter Tränen, dass eben Kapellmeister Parisek, der mit seiner Frau Marie Alexejewna über die Hauptstrasse gegangen war vom tschechischen Legionäre Julinek verhaftet und furchtbar misshandelt worden sei. Sie bat mich, meinen Mann nicht zur Probe gehen zu lassen. Ich lief sofort nach Hause und fand aber meinen Mann leider nicht mehr vor, sondern in der Musikbehausung. Ich erzählte dort alles, worauf sie einstimmig bechlossen, am selben Tage noch ins Lager zu übersiedeln, umsomehr als in den Zeitungen ein Aufruf des Kommandos stand, nach dem sich alle in der Stadt wohnenden Kriegsgefangenen bis zum 7. September beim Lagerkommando melden sollten. Vor meinen Augen begannen die Musiker zu packen, als plötzlich dar tschechische Legionär Julinek bis an die Zähne bewaffnet, mit Revolver und Peitsche in den Händen hereinstürzte und unter den Rufen: Nieder mit den Schuften, mit den österreichischen Schweinhunden und anderen unaussprechlichen russischen Schimpfworten die Musiker anspie und prügelte. Dann liess er alle namentlich antreten und führte sie mit vorgehaltenen Revolver und Peitschenhieben ab. Wie ich mich selbst auf die Strasse rettete, ist mir selbst heute noch ein Rätsel.

In der festen Meinung, dass man sie nun ins Lager führen wurde, ging ich zum Musikdirektor Lirow, dem ich von dem Vorgefallenen berichtete. Herr Lirow tröstete mich und ich wollte beruhigt ins Geschäft gehen. Da begegnete ich beim Theater den von Kosaken und einigen Tschechen mit Julinek an der Spitze begleiteten Musikern. Mit der Menschenmenge ging ganz verstört und verzweifelt Frau Parisek. Sie erzählte mir den ganzen Vorgang, wie Julinek die Musiker unter Mithilfe der Kosaken in eine Scheuer gesperrt hatte. Dort habe es Hände hoch geheissen und alle seien auf die gemeinste Art ausgeplündert worden. Julinek nahm alle Uhren, Ringe und sonstigen Wertgegenstände, sowie den tags zuvor gefassten Gehalt (300.- Rubel pro Mann) an sich. Auch raubte er ihnen ihre guten Kleider, sodass einige in Unterhosen und Stiefeln blieben. Dann wurden die Aermsten unter den gemeinsten Beschimpfungen von Julinek und den Kosaken misshandelt. Ich wollte in den Stadtpark, wohin man die Musiker dann geschleppt hatte, doch die Kosaken liessen niemanden mehr durch und gaben Schüsse ab, um die Menschenmenge vom Garten zu vertreiben. Auf dem Platze vor dem Denkmale des Grafen Muraiev wurden nun laut Aussagen des Stadtparkwirtes immer vier Mann zusammen erschossen. Da einige nicht sogleich tot waren, wurden sie von Julinek mit Säbel und Bajonett erschlagen und erstochen. Die Leichen wurden über das Gitter zum Flusse hinuntergeworfen. Nachts brachte man die ganz verstümmelten Leichen heimlich in die städtische Totenkammer. Auf meine Fürsprache wurden sie mit Hilfe eines warmfühlenden Krankenwärters am B. September um vier Uhr früh Ganz geheim auf dem polnischen Friedhöfe ohne Klaidung begraben. Frau Parisek und mir gelang es, unter grosser Mühe für unsere Männer ein zweites Grab zu bekommen und die beiden wenigstens in Leintücher einzuhüllen. Einige Stunden nach der Erschiessung kam Julinek mit mahreren Wagen und führte die ganzen Habseligkeiten der Musiker (Koffer mit Wäsche und Kleider und den Ersparnissen) sowie Instrumente, Noten, welch letztere allein einen wert von mehreren Tausend Rubel hatten, weg und verkaufte das meiste am Altwarenmarkte.

Sonntags darauf hatte Julinek noch die Stirne, mich zu besuchen und unter Drohungen das Instrument meines Mannes zu verlangen, wobei er mich auf das Gemeinste verhöhnte. Er erzählte mir unaufgefordert, dass diese Hinrichtung nur ein Akt persönlichen und nationalen Hasses gegen alle Deutschen gewesen sei. Auch sagte er lächelnd, dass er vor der Hinrichtung Parisek aufgefordert habe, sich als Tschechen zu bekennen, dann sei sein Leben gerettet. Dieser (ein Deutschmährer) habe jedoch erklärt: Hast du 15 Mann unschuldig umgebracht, will ich als Deutscher mit ihnen sterben.

Einige Tage nach der Hinrichtung schrieben die von Julinek und Konsorten beeinflussten Zeitungen, man habe 16 an der Front gefangene ungarische Rotgardisten erschossen. Diese angeblichen Rotgardisten waren aber jene unschuldigen politisch vollkommen teilnahmslosen deutschen Musiker.

Die Namen der Ermordeten sin Folgende:

Grahms Johann aus Georgswalde in Nordböhmen,

Ziernstein Emil aus Schwaden bei Aussig,

Sttebich Johann aus Güntersdorf bei Königinhof,

Grüssel Josef aus Dittersbach bei Böhm. Kamnitz,

Pfeiffer Franz aus Zwickau 368/2,

Weide Rudolf, Nestersitz,

Hampl Otto aus Spansdorf bei Aussig,

Guth Hermann, Hummal Nr. 30 bei Grosspriesen,

Bönisch Franz, Schwaden bei Aussig,

Parisek Josef, Brünn, Jodokstrasse Nr. 4,

Elsner Leo, Parschnitz bei Trautenau,

Jirka Rudolf, Neu-Kettendorf bei Königinhof,

Schindler Rudolf Sternberg, Stefaniegasse,

Steinen Ignaz, Innsbruck, Johmstrasse,

Unser Paul, Wien XVII., Petzelgasse 17,

Webel Rudolf, Wien. VII., Seidelgasse.

2. Ermordung von 2 schwedischen Staatsbürgern:

Die russische Zeitung Priamurie vom 20. Feber 1920 bringt auf Grund offizieller Angaben folgende Berichte:

... Im Mai 1918 wurde auf der Station Pogranitschaja der Vertreter des Schwedischen Roten Kreuzes und schwedischer Staatsbürger Sven Hedblom und sein Vertreter Opsaug, welcher 273.000 Rubel für die Kriegsgefangenen mit sich führte, festgenommen. Sven Hedblom wurde von der Wache Kalmückows nach Charbin geschafft. Unterwegs wurden ihm die 273.000 Rubel weggenommen und in Charbin wurde er freigelassen. Der für damalige Zeiten noch sehr hohe Galdbetrag wurd aber trotz wiederholter Forderungen des obersten Kommandos nicht mehr herausgegeben. Im Oktober desselben Jahres wurde Hedblom und sein Gehilfe wider unter dem Vorwande spionageverdächtig zu sein, festgenommen. In Wirklichkeit handelte es sich um die Beschlagnahme der 1,600.000 Rubel, die Hedblom als Eigentum des Schwedischen Roten Kreuzes mit sich führte. Hedblom wurde mit seinem Gehilfen einfach ohne Gericht im Waggon, in dem sie eingesperrt waren, aufgehängt. Dir Ermordung. wurde ebenfalls von dem berüchtigten Henker Julinek ausgeführt.

3. Ermordung der Ehstländerin Korf, das Gefreiten Geibel, sonstige Verbrechen.

Um dieselbe Zeit wurde die Ehstländerin Korf, welche im Schwedischen Roten Kreuz als Maschinenschreiberin angestellt war von Julinek ermordet. Vor der Hinrichtung wurde sie von dem Komplicen Julineks Kandranrof vergewaltigt. Als die Korf auf dem Wege zur Hinrichtung darüber der Wache erzählte und klagte feuerte ihr der Kommandant der Wache Julinek aus einem Browning einen Schuss ins Gesicht, dann einen zweiten von rückwärts und da sie noch immer nicht tot war, schoss er solange, bis sie verschled.

Der österreichische Untertan Alois Penz, T. K. R. 2, Jennbach bei Zillertal, Bezirk Innsbruck, hat protokollarisch angegeben, dass er im März-April 1918 gerade am Bahnhof in Chabarowsk war, als Julinek dort ankam. Penz gibt auch an, dass Julinek im September 1918 den Zugsführer Geibel aus dem Kriegsgefangenenlager holte und ihn umbrachte, weil Geibel ihm nicht mehr Geld geben konnte, als ihm Julinek bereits abgenommen hatte. Weiters hat Julinek dem Gefreiten Penz eine Liste gezeigt, auf der die Namen derer verzeichnet waren, welche durch Julineks Hand ermordet worden sind. Auf dieser Liste waren bereits damals (September 1918) über 100 Namen zumeist Kriegsgefangene verzeichnet. Julinek erklärte, dass er diese Liste stets mit sich führe, um sie jeweils ergänzen zu können.

Die hier geschilderten Verbrechen kamen in dar Hauptversammtlung der Reichsorganisation zur Heimbeförderung der Kriegsgefangenen in Leitmeritz am 7. Mai 1922 zur Sprache und es wurde dort auch eine Fotografie der ermordeten Musiker gezeigt.

In dieser Hauptversammlung ist aber auch mitgeteilt worden, dass gegen Julinek beim III. Divisiongericht der tschechoslowakischen Truppen in Wladiwostok bereits am 2. Juli 1920 die Anzeige erstattet und dass damals die Bestrafung zugesichert worden sei.

Trotz dieses Umstandes wollen nachstehende Personen den Mörder Julinek anlässlich der vorjährigen Mobilisierung als Leutnant gesehen haben:

1. Rudolf Schickel aus Deutschkahn, Post Böhmisch-Kahn, welcher anlässlich der genannten Mobilisierung zum Eisenbahnregiment einrückte, hatte den Julinek angeblich als Leutnant bei der 5. Komp. in Pardubitz gehab. Er habe auch gehört, dass Julinek von seiner Gefangenschaft und seinem Aufenthalte in Sibirien erzählte.

2. Ein gewisser Tichy, Schwiegersohn des Herrn Ziernstein in Schwaden bei Aussig, ebenfalls anlässlich der letzten Mobilisierung nach Pardubitz eingerückt, habe gehört, dass Leutnant Miloš Julinek, 5. Komp. des Tschechoslovakischen Eisenbahnregimentes in Pardubitz mit jenen Julinek identisch sei, welcher die 16 Deutschen in Chabarowsk umbrachte und umbringen liess.

Ausserdem kennen den Mörder Julinek nachstehende Personen:

1. der Kriegsgefangene-Heimkehrer Johann Kuss, Kosten 373 bei Teplitz;

2. der Kriegsgefangene-Heimkehrer Alfred Stolze, Bastwirtssohn und Musiker In Wilsdorf bei Bodenbach,

3. Josef Deix, Königsgrund am Waltram, Deutschösterreich.

Der Vater eines der ermordeten Musiker Herr Anton Hampe aus Spanndorf bei Aussig, Post Böhm. Kahn zeigte am 7. Mai ein Gruppenbild vor aus der Zeit der Mobilisierung 1921, auf welchem Julinek als Leutnant eines Eisenbahnregimentes abgebildet ist. Soviel festgestellt werden konnte, ist Julinek mit dem 28. Legionärstransporte repatriert worden (Juni 1920) und ist nach Podbieznice zuständig (geboren in Slavkov 15. August 1892) derzeit wahrscheinlich in Holeschau Mähren).

Wir fragen den Herrn Versitzenden der Regierung, ob ihm alles dies bekannt ist, welches Ergebnis die von der Militäranwaltschaft geführte Untersuchung hatte, ob er geneigt ist, die letzt angeführten Angaben ohne Verzug untersuchen und den Verbrecher und mehrfachen Mörder Julinek sofort verhaften zu lassen, falls der geschilderte Sachverhalt zutrifft?

Unter einem senden wir eine Abschrift dieser Interpellation auch an die schwedische Gesandtschaft, die wahrscheinlich ebenfalls ein Interesse an Julinek haben dürfte.

Prag, den 20. Juni 1922.

Dr. Brunar,

Dr. Baeran, Matzner, Dr. Radda, Böhr, Röttel, Budig, Dr. Spinn, Zierhut, Dr. E. Feyerfeil, Ing. Kaliinn, Schälzky, Dr. Keibl, Kostka, Dr. Lodgman, Kraus, Dr. W. Feierfell, Windirsch, Bobek, Dr. Medinger, Dr. Schollich, J. Mayer, Schubert, Knirsch.

Pùvadní znìní ad IV./3808.

Interpellation

des Abgeordneten Ing. Othmar Kallina und Genossen

an den Justizminister

wegen der unerhörten Konfiskationspraxis der Staatsanwaltschaft in Kamotau die sich insbesondere gegen das Deutsche Volksblatt richtet.

Für das Ausmass der Freiheit in einem Staate sind insbesondere die Zensurverhältnisse der beste Gradmesser. Seit wir in dieser demokratischen Republik leben, wütet der Zensor tausendmal ärger, als vor dem Umsturze und richtet sich insbesondere dieser systematische Kampf gegen unsere deutschnationäle Presse. Man wird nicht fehlgehen, in diesem Zensursysteme den Versuch zu erblicken, uns Deutschen in diesem Staate das Recht der freien Meinungsäusserung überhaupt zu rauben.

Von den Hunderten in den letzten Wochen In den deutsch-böhmischen Zeitungen konfiszierten Artikeln seien in der Folge nur 3 hervorgehoben. So in der Nummer 113 des Deutschen Volksblattes vom 19. Mai 1922.

Die angeblichen Ausschreitunsen eines deutschen Rekruten auf der Haltestelle Oberdorf der A.-T.E. Der Beschuldigte in der masslosesten Reise gereizt. Viehische Misshandlung durch die tschechischen - Soldaten und Eisenbahnbediensteten. - Durch einen Offizier zum Totschlag aufgefordert.

In unserer gestrigen Ausgabe berichteten wir über einen Vorfall, der sich gestern mittags auf der Haltestelle Oberdorf-Komotau der A.-T.-E. ereignete und in dessen Mittelpunkt ein deutscher Assentpflichtiger stand. Infolge des Umstandes, als fast sämtliche Zeugen der Vorfälle auf der genannten Haltestelle mit dem Mittaszuge der A.-T.-E. gegen Brüx fuhren und der erwähnte Rekrut allein zurückblieb, war es leider nicht möglich, schon gestern einen erschöpfenden Bericht über den Vorfall zu erhalten, sodass wir lediglich bloss das wiedergeben konnten, was uns von einer unparteiischen Quelle zur Verfügung gestellt wurde und das infolge der Unvollständigkeit den Eindruck erwecken musste, als handle es sich um den wüsten Exzess eines Volltrunkenen. Heute nun, da sich in unserer Kanzlei bereits zahlreiche Zeugen dieses Vorfalles gemeldet haben, sind wir in der Lage, erschöpfend über die ganze Angelegenheit zu berichten, welche - das ist eine Forderung, die, bis ihr Folge geleistet wurde, nicht wieder versummen wird - unbedingt eine gerichtliche Untersuchung zur Folge haben muss. Denn was sich gestern auf der mehrfach genannten Haltestelle abspielte, das waren teilweise grässliche Szenen und Akte einer viehischen Grausamkeit seitens der zwei tschechischen Packer und eines Offiziers, die ihrem zügellosen Deutschenhass wieder einmal vollständig freien Lauf lassen konnten, ungehindert durch die zahlreich auf der Haltestelle herstehenden Deutschen, die offenbar infolge einer tiefbeschämenden Feigheit keinen Finger krumm machten, selbst dann nicht, als die Misshandlungen des bedauernswerten Deutschen, der bereits blutend auf der Erde lag, einen solchen Grad erreichten, dass einer Frau, die das sah, schlecht wurde. Dass der saubere Offizier der mit am Tatorte anwesend war, anstatt der viehischen Misshandlungsakten der tschechischen Packer und Soldaten ein Ende bereiten, noch den traurigen Mut aufbrachte, diese Horde zum Erschlagen dis deutschen Rekruten aufzufordern, vervollständigt nur noch das Bild, das sich bereits weite Kreis von so manchen seiner Standesgenossen bereits gebildet haben. Mit besonderer Genugtuung müssen wir feststellen, dass ein deutscher Akademiker, angesichts der Vorfälle zu der unter den gegebenen Verhältnissen einzig zweckentsprechenden Tat aufraffte und mit einem wuchtigen gutsitzenden Frustschlage das saubere Sextett veranlasste, die Misshandlungen endlich einzustellen. Wie also zu ersehen ist, war der Mut der auf billige Weise Lorbeeren sammelnden tschechischen Soldaten und Packer kein besonders grosser und es wären derartige Misshandlungen bestimmt nicht möglich gewesen, wann die deutschen Gaffer bisschen deutsches Ehrgefühl bekundet hätten. Dass das leider aber nicht der Fall war, ist eine Tatsache, wofür sich die Letztgenannten ordentlich schämen sollten und wodurch sie auf tschechischer Seite neuerlich. die Meinung befestigten, dass für die Deutschen fortgesetzte Fusstritte die einzig richtige Behandlung darstellen. Im Nachstehenden geben wir die Schilderung des tatsächlichen Sachverhaltes wieder, wie er nach den Aussagen eines Augenzeugen von uns stenographisch aufgenommen wurde:

Gegen 12 Uhr mittags kam ein junger Mann in angeheitertem Zustande auf den Bahnhof und wollte sich ins Pissoir begeben, das jedoch, da es sich im Bauzustande befindet, verschlagen war. Da er es trotzdem betreten wollte, geriet ein Maurer mit ihm in Streit, der jedoch bald geschlichtet war. Plötzlich erscheint einer der Packer auf der Bildfläche, übersetzt springend die Barriere, fasst den Betrunkenen am Arme und versetzt ihm einen Schlag. Daraufhin geriet der Angegriffene in begreifliche Erregung und um seinem Unmut Luft zu machen, erfasste er ein mit Steinen beladenes Rollwägelchen und kippte es um, sodass die Steine über die Böschung hinuterrollten. Inzwischen war aber der Packer wieder verschwunden, wie er angab, um die Polizei zu holen. Der durch die Misshandlung erregt gewordene junge Mann riss jetzt mit dem Rufe: Das werden wir sehen, ob wir in der tschechischen Republik auf das Pissoir gehen können die Holzplanken. von demselben weg. Einer seiner Kameraden suchte ihn daran zu hindern und von Seite des tschechischen Packers wurden die domstehenden tschechischen Soldaten änimiert, ihm bei der Entfernung des Trunkenen behilflich zu sein. Diese zeigten jedoch nicht die geringste Lust hiezu, sondern gingen achselzuckend davon. Als nun aber der deutsche Rekrut die gebrochene, deutsche Aussprache de Kackers vernahm, wurde er sehr erregt und liess verschiedene Aeusserungen fallen. Ein vernünftiger Mensch hätte sich darüber nicht gekränkt, denn ein jeder sah, dass der Mann nicht mehr im Besitze seines vollen Bewusstseins war. Nicht so der Packer und seine Assistenten. Gleich nach den ersten Worten versetzte der Packer dem Rufer einen Stoss und einige Schläge ins Gesicht. Der Rekrut suchte sich zur Wehr zu setzen, doch musste er natürlicherweise den Kürzeren ziehen und der Packer sowie ein anderer Eisenbahner schlugen nur noch mehr in ihn hinein und flüchteten sodann in den Packraum: Der so Misshandelte folgte ihnen und versuchte in den Packraum einzudringen. Da ihm dies nicht gelang, erfasse er eines von zwei auf einem Wagen vor dem Packraum liegenden Gepäckstücken und warf dieses gegen die Tür. Plötzlich reisst der Packer die Tür auf und mit einem Holzscheit bewaffnet drängt er den Betrunkenen gegen die hinter dem Stationsgebäude hinabführende Stiege, er, sowie sein Sukkurs, einige tschechische Soldaten und ein Zivilist bogen ihn über das Geländer, fassten ihn bei Händen und Füssen und schlugen nun mit den Fäusten und dem mitgebrachten Holzscheit in den Bedauernswerten ein, der sich nun nicht mehr rühren konnte: Eine Frau, die den Vorgang mit ansah, wurde ohnmächtig. Nach dieser Heldentat warfen die Rohlinge den bereits im Gesichte Blutenden über das Geländer und die Böschung des schräg abfallenden Absteiges zur Plattnerstrasse hinab, wo er blutend liegen blieb und erst nach einiger Zeit sich wieder aufraffen konnte. Hier legte sich ein den Vorfall beobachtender Herr ins Mittel und nahm gegen die Rohlinge Stellung, wobei er. den tschechischen Zivilisten, der sich besonders hervortat, nackte und ihn gegen die Wand schleuderte. Der so zurechtgewiesene schlich sodann davon. Bei der unglaublich rohen Misshandlung wurde dem Wehrlosen der Rock über den ganzen Rücken von dem Packer aufgerissen. Inzwischen hatten die Heldem sich wieder im Päckraum wohl verborgen und der seiner Sinne nicht mehr Mächtige erfasste nun in seiner Wut einen Stein und warf ihn gegen die Tür des Packraümes. Plötzlich wird er von rückwärts von einem tschechischen Zivilisten gefasst und die hinzueilenden tschechischen Soldaten begannen wieder in ihn hineinzuschlagen, wobei sich ein Oberleutnant den bezeichnenden Zwischenruf leistete: Schlagt ihn nieder! Hierauf schleiften sie ihn in den Packraum, wo sie noch einmal über ihn herfielen und ihn dann liegen Liessen. In seinem Taben erfasste der Betrunkene eine Signalscheibe und schlug damit ein Fenster des Packraumes ein. Gleich darauf erschien die Polizei: die der Szene durch Abführen des Tobenden ein Ende machte.

Zu Vorstehendem haben wir noch zu bemerken, dass wir bereits der Komotauer Sicherheitswache durch die Namensnennung von Augenzeugen die Möglichkeit geboten haben, der gerichtlichen Untersuchung die Wege zu ebnen, damit durch letztere die Schuldigen - das sind vor allem die zwei tschechischen Packer der A.-T.-E., sowie die tschechischen Soldaten einschliesslich des tschechischen Offiziers - der entsprechenden Behandlung zugeführt werden. Rücksichtslos muss einmal ein Exempel statuiert werden, damit endlich einmal deutlich genug dargetan wird, dass die Zeiten endgültig vorüber sein müssen, wo Leute, die die Militäruniform, besonders aber den Offiziersrock tragen. ohneweiters sich Verbrechen zuschuldenkommen lassen, welche das Ansehen der tschechischen Armee in weitestgehender Weise in den Kot treten. Aber auch von der A.-T.-E. muss erwartet werden, dass sie den beiden Packern in der schärfsten Weise zu Gemüte führt, dass sie sich während des Dienstes nicht als heimtückische Raufbolde zu betätigen haben.

Wie wir kurz vor Blattschluss erfahren, wurde der Offizier, der die Leute, wie wir bereits mitteilten, zum Erschlagen aufforderte bereits einvernommen. Zu seiner Rechtfertigung gab der Tapfere an, er habe den Ausdruck Niederschlagen deshalb gebraucht, weil er angeblich keine andere Möglichkeit einsah, den deutschen Rekruten unschädlich zu machen!!!

In der Folge Nr. 120 vom 29. Mai 1922 wurde folgender Artikel beschlagnahmt:

Pilsner Bier.

Wie wir erfahren, hat die von uns vor einigen Tagen eingeleitete Bewegung gegen das Trinken des Pilsner Bieres, das bekanntlich von den tschechischen Brauereien in Pilsen gebraut wird, mit Rücksicht auf die Kürze der seitdem verstrichenen Zeit bereits sehr erfreuliche Erfolge gezeitigt. Wie uns nämlich mitgeteilt wird, haben sowohl in Komotau, als auch in Oberdorf verschiedene Stammrunden den betreffenden Wirten erklärt, dass sie in Hinkunft kein Bier aus den Pilsner Brauereien mehr trinken werden, da sie keine Lust haben, tschechisch-nationale Vereinigung zu fördern, an welche bekanntlich die tschechischen Trauereien Pilsens einen Teil des Reinertrages abführen. Diese Haltung der erwähnten Biertrinker kann nur auf das freudigste begrüsst werden, denn es beweist diese Tatsache, dass man sich auf deutscher Seite zu besinnen beginnt, wie beschämend für uns Deutsche und wie schädigend für unsere Sache es ist, wenn Deutsche durch das Trinken des Pilsners uns feindlich gesinnte Organisationen unterstützen. Von jenen deutschen Biertrinkern, die sich bisher zu dem vorangeführten Entschlusse noch immer nicht durchzuringen vermochten, wird als Entschuldigung für ihr Verhalten das minderwertigere einheimische Bier angeführt. Zugegeben, das letztere wäre der Fall! Das aber noch immer keine Entschuldigung für das kritisierte Verhalten der letzterwähnten Eiertrinker. Dann müsste eben der Versuch mit irgend einem entsprechenden Biere aus der Nachbarschaft gemacht werden so lange, bis man sich am Platze dazu entschlossen, den vorgebrachten Wünschen durch die Hebung der Güte der betreffenden Biere Sorge zu tragen. Uebrigens soll, wie man uns mitteilt, auch die Komotauer Brauerei sich gegenwärtig mit der Absicht tragen, ein Bier herzustellen, das den an dasselbe gestellten Anförderungen zu entsprechen vermag. Sollte das gelingen, so müsste das mit Freuden begrüsst werden, denn dann fiele jeder Entschuldigungsgrund für das Trinken des Pilsners hinweg. - Mit den vorangeschnittenen Fragen befassen sich überhaupt bereits auch weitere Kreise. So wurde uns z. B. heute von verschiedenen Seiten erklärt, dass die Absicht bestehe, anlässlich des in den nächsten Wochen in Komotau stattfindenden grossen Turnfestes gleichfalls Pilsner auf den Festplätzen zu Schänken. Das halten wir für vollkommen ausgeschlossen, weil schon die bekannt streng völkische Haltung der deutschen Turnerschaft die finanzielle Stärkung tschechischer Vereine durch den Ausschank Pilsner Bieres bei einem deutschen Turnfest nicht zulassen würde. Ueberhaupt können wir bei dieser Gelegenheit es nicht unterlassen, einmal die Frage zur Erörterung zu stellen, ob nicht auch auf Seite der deutschen Brauereien das Beispiel der tschechischen befolgt und gewisse prozentuelle Zuwendungen an die deutschen Schutzvereine erfolgen könnten. Warum sollen uns immer die Tschechen in Bezug auf Opferwilligkeit voranmarschieren? Doch, um auf die erstere Angelegenheit zurückzukommen, sei festgestellt, dass es unumgänglich notwendig ist, dass die Verehrer des tschechischen Pilsner aus dem deutschen Lager nach der erwähnten Richtung hin schon einen Entschluss fassen, der, der von vielen ansonsten betätigten deutschen Gesinnung mehr gerecht wird. Denn wie kann ihnen ein solches Bier munden, wenn sie empfinden, dass sie durch den Genuss eines jeden Krügels Pilsner auch den Tschechisierungsvereinen einen Beitrag entrichten, bezw. denselben eine Stärkung widerfahren lassen. Wir glauben, schon dieses Bewusstsein allein rauss den Entschluss nicht nur erleichtern, sondern auch beschleunigen.

Die Gefertigen fragen daher den Herrn Minister, ob er bereit ist, dafür zu sorgen, dass endlich die unerhörte und einer demokratischen Republik unwürdige Knebelung der deutschen nationalen Press, die auf plamässige und zielbewusste Vernichtung hinarbeitet, eingestellt wird?

Prag, den 13. Juni 1922.

Ing. Kallina,

Böhr, Dr. Brunar, Simm, Kaiser, Dr. Hanreich, J. Mayer, Böllmann, Dr. W. Feierfeil, Dr. Medinger, Dr. Radda, Matzner, Bobek, Kostka, Scharnagl, Kraus, Dr. Petersilka, Mark, Dr. Keibl, Dr. Schollich, Dr. E. Feyerfeil, Schälzky, Knirsch, Dr. Lodgman.

Pùvodní znìní ad VI./3808.

Interpellation

des Abgeordneten Josef Mayer und Genossen

an den Minister des Innern

in Angelegenheit der Beschlagnahme des Deutschen Landrufes in Eger.

Die Nummer 66 vom 10. Juni 1. J. des Deutschen Landrufes verfiel dem Rotstifte des Staatsanwaltes und wurde in dem Aufsetze Volksverräter! folgende Stelle beschlagnahmt:

Ein empörender Volksverratsfall hat sich in Bodenbach ereignet. Dort hat der Hausbesitzer Emil Tullinger zwei blässer (Gewerbeheim mit dem Hinterhaus) an die tschechische Speditionsgesellschaft Tchechoslavia verkauft. Tullinger hat diesen Volksverrat geübt, ohne vorher mit der in Tetschen bestehenden An- und Verkaufsgenossenschaft Heimatscholle Rücksprache zu nehmen. Diese Handlungsweise ist umso schmachvoller, als dieser Volksverräter früher Schriftleiter eines deutschböhmischen Tagblattes war und seinerzeit selbst derartige Volksverratsfälle in der Presse brandmarkte. Es ist wohl selbstverständlich, dass für solche Leute in deutschen Vereinen sowie in anständiger deutscher Gesellschaft kein Platz mehr ist. Deutsche, merket Euch daher den Namen Emil Tullinger, Bodenbach.

Diese Stelle enthält Tatsachen, enthält den Ausdruck berechtigter Entrüstung gegenüber einer volksverräterischen Handlungsweise und die Regierungsstellen haben kein Recht, die Verbreitung derartiger Wahrheiten zu verhüten:

Es fragen deshalb die Gefertigten an:

Ist der Herr Minister geneigt zu veranlassen, dass in der deutschen Presse das Recht der freien Meinungsäusserung uneingeschränkt gewahrt bleibt?

Prag, am 13. Juni 1922.

J. Mayer,

Kaiser, Pittinger, Dr. Haureich, Hefter, Patzel. Schubert, Böllmann, J. Fischer, Dr. Keibl, Dr. Spinn, Dr. E. Feyerfeil, Matzner, Dr. Radda, Dr. Luschka, Scharnagl, Simm, Knirsch, Windirsch, Dr. W. Feierfeil, Ing. Jung, Dr. Kafka.

 

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