Pùvodní znìní ad XIII./3670.

lnterpellation

des Abgeordneten Ing. Kallina und Genossen an den Landesverteidigungsminister in Angelegenheit des unerhörten Vorgehens des Militärstationskommandanten Oberst Kautecky in Komotau.

Das Deutsche Volksblatt in Komotau veröffentlichte im vorigen Monate eine Notiz unter der Ueberschrift: Unsere deutschen Rekruten wissen, was sich gehört, in welcher über Vorgänge, die sich anlässlich der Mobilisierung am Komotauar Exerzierplatze ereigneten, berichtet wurde.

Das Stationskommando beeilte sich - wie wir dies ja in diesem Staate bei allen Feststellungan gewohnt sind, die den Regierenden nicht angenehm sind - mit der Dementierspritze bezw. Berichtigungsmaschine den schlechten Eindruck dieser Veröffentlichung wegzuwaschen. Die eingesandte Berichtigung wurde von der Schriftleitung deshalb nicht aufgenommen, weil sie weder den pressgesetzlichen Bestimmungen noch der Wahrheit entsprach. Aus dem Inhalte derselben soll aber ein Satz hier angeführt werden, um der Nachwelt zum Beweise zu dienen, mit welcher Sachlichkeit das Komotauer Militärstationskommando die fehlenden Beweise einfach durch eine freche Beleidigung der Presse, bezw. der gesamten Oeffentlichkeit ersetzen wollte. Dieser Satz lautete:

Wer dies nicht glaubt, ist ein Esel …

Es hat den Anschein, als ob Oberst Kautecky aus der Schule jener französischen Missionäre in Göding hervorgegangen ist, die sogar Èechische Parlamentarier mit der Reitpaitsche bedrohen - die es wagen, die Oeffentlichkeit wahrheitsgemäss über das Wirken dieser französischen Ausbildungsoffiziere zu unterrichten. Unter allen Umständen muss dieses unerhörte Vorgehen öffentlich gebrandmarkt werden.

Die Unterzeichneten stellen an den Herrn Minister die Fragen:

1. Ob er bereit ist, den Obersten Kauteckv für diese unerhörte Beleidigung zur Verantwortung zu ziehen?

2. Ob er bereit ist, der Schriftleitung des Deutschen Volksblattes in Komotau und damit der gesamten Presse die entsprechende Genugtuung zu gewahren?

Prag, den 28. März 1922.

 

Ing. Kallina,

Dr. Lehnert, Dr. Hanreich, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Petersilka. Scharnagl, Matzner, Windirsch, Bobek, T. Mayer, Schälzky, Pittinger, Schubert, Dr. Brunar, Dr. Baeran, Dr. Lodgman, Dr. Radda, Dr. Luschka, Dr. Schollich, Ing. Jung, Budig, Röttel, Mark.

 

 

 

Pùvodní znìní ad XIV./3670

Interpellation

des Abgeordneten Wolfgang Zierhut und Genossen

an den Ministerpräsidenten als Vorsitzenden des Ministerrats betreffend die Errichtung von Bezirksämtern.

 

In der Verfassungsurkunde der Èechoslovakischen Republik wurde die Einrichtung der niederen Aemter der Staatsverwaltung grundsätzlich einem besonderen Gesetz vorbehalten. Dieses Gesetz vom 27. Feber 1920, Nr. 126 hat aber wieder die Bestimmung des Umfanges der Bezirksämter und ihres Sitzes einer Regierungsverordnung überlassen.

Dieses ohne die deutschen Volksvertreter zustande gekommene Gesetz hat dem deutschen Volke in der Èechoslovakei sein natürliches Recht entzogen, sich seine Bezirksämter selbst zu bestimmen sowohl nach Umfang als nach dem Sitz derselben.

Dem Vernehmen nach beabsichtigt nun die. Regierung sogar nocheinen weiteren Eingriff in die bestehende Ordnung der Bezirke in der Weise, dass nur in Bezirken, welche über 30.000 Einwohner zählen, Bezirksämter errichtet werden sollen.

Diese aus imperialistischen, nationalchauvinistischen und bürokratischen Neuerungsgelüsten entsprungene Richtungslinie wäre für unsere Bezirke, die seit undenklichen Zeiten ein einheitliches Ganzes mit einer im natürlichen Mittelpunkt gelegenen Bezirksstadt bilden, so sehr schädlich, dass sich allgemein die Stimme der Entrüstung und tiefster Besorgnis wegen dieser neuerlichen Willkür offenbart.

Anstatt die bisherige Autonomie des Volkes, die sehr schmal ist, auszubauen, unternehmen es die unverantwortlichen Hintermänner, dass die Regierung noch auf eine Einschränkung, ja eine förmliche Verringerung der Autonomie hinarbeite, indem die bisherigen eingelebten Bezirke aufgehoben werden sollen.

Wir warnen die Regierung vor solchen Absichten und verlangen vom Herrn Ministerpräsidenten als Chef der Regierung eine bestimmte Erklärung:

Will die Regierung auf den bisherigen Umfang der autonomen Bezirke und die bisherigen Sitze der autonomen Bezirksverwaltungen bei der Errichtung der Bezirksämter gebührend Rücksicht nehmen?

Prag, am 8. Juni 1922.

 

W. Zierhut,

Dr. Petersilka, Dr. Spina, Dr. Hanreich, Dr. W. Feierfeil, J. Mayer, Patzel, Simm, J. Fischer, Pittinger, Heller, Matzner. Schälzky, Böllmann, Ing. Jung, Dr. Kafka, Dr. Schollich, Dr. Lehnert, Dr. E. Feyerfeil, Böhr, Röttel, Wenzel, Knirsch.

 

 

 

Pùvodní znìní ad XV./3670.

Interpellation

des Abgeordneten Franz Heller und Genossen an den Justizminister

betreffs Handhabung der Sprachenpraxis beim Bezirksgericht in Leitmeritz.

 

Das Bezirksgericht in Leitmeritz hat an Grundbesitzer der Gemeinde Sebusein im Gerichtsbezirk Leitmeritz am 21. April 1922 ein Erkenntnis über eine Grundablösung zu Bahnerweiterungszwecken nur in èechischer Sprache ergehen lassen, obwohl die Gemeinde Sebusein rein deutsch ist. Gezeichnet ist dieser Akt von dem Bezirksrichter J. U. Dr. Bohuš Procházka. Nachdem der Gerichtsbezirk Leitmeritz nach der letzten Volkszählung unter rund 50.000 Bewohnern 31.000, das ist 62% Deutsche, 18.000, das ist 36% Èechen und 1000, das ist 2% anderssprachige Bewohner zählt, so bedeutet das Vorgehen des Bezirksgerichtes Leitmeritz eine offene Vergewaltigung der sprachlichen Rechte der deutschen Bewohner des Bezirksgerichtes Leitmeritz ganz abgesehen von. den Unzukömmlichkeiten, die dadurch in der Abwicklung des Verkehres zwischen der deutschen Bewohnerschaft und den Gerichtsbehörden im Bezirke Leitmeritz entstehen.

Nachdem obiger Vorfall nicht vereinzelt dasteht, fragen die Gefertigten:

Ist der Herr Justizminister geneigt, dem Bezirksgericht Leitmeritz die Weisung zu erteilen, dass den deutschen Parteien, die ja den weitaus grössten Teil der Bevölkerung des Bezirkes bilden, in Hinkunft die Erledigungen in deutscher Sprache zugestellt werden?

Prag, am 9. Juni 1922.

 

F. Heller,

Dr. Spina, Dr. Petersilka, Dr. Hanreich, Dr. W. Feierfeil, Zierhut, J. Fischer, Simm, Böllmann, Wenzel, Patzel, Schälzky, Matzner, Pittinger, Ing. Jung, Dr. Kafka. Dr. E. Feyerfeil, Dr. Radda, Dr. Schollich, Dr. Lehnert, Kostka.

 

 

 

 

Pùvodní znìní ad XVIII./3670.

Interpellation

des Abgeordneten Dr. E. Schollich und Genossen

an den Minister des Innern betreffend den Verein Deutsche Bezirksstelle für Kinderschutz und Jugendfürsorge in Hultschin.

 

Mit Bescheid des Bezirksgerichtes Hultschin vom 3. September 1920 No. I. 51/20-4 wurde der Vertreter der Vorstandsmitglieder des Vereines Deutsche Bezirksstelle für Kinderschutz und Jugendfürsorge in Hultschin verständigt, dass der bevollmächtigte Kommissär für das Ratiborer Gebiet mit Note

vem 3. September 1920 gegen die Eintragung des Vereines Deutsche Bezirksstelle für Kinderschutz und Jugendfürsorge in Hultschin in das Vereinsregister rechtzeitig Einspruch erhoben hat.

Gegen diesen Einspruch wurde in offener Frist Einspruch erhoben und zwar, nachdem für das Hultschiner Gebiet ein Verwaltungsstreitverfahren nicht besteht, an das Ministerium des Innern.

Der Rekurs richtete sich zunächst dagegen, dass der Wortlaut des Einspruches des bevollm. Kommissärs nicht bekannt gegeben wurde.

Es ist ein Grundsatz einer jeden Rechtsordnung aller Länder, dass behördliche Entscheidungen, die dem Parteiwillen nicht entsprechen, begründet werden müssen. Umsomehr muss dies für die Regierung einer demokratischen Republik gelten. Es ist ganz unverständlich, warum sich bei Eintragung eines so harmlosen, lediglich dem Kinderschutze und der Jugendfürsorge gewidmeten Vereins der bevollm. Kommissär für das Hultschiner Ländchen geheimnisvoll nur in sein Veto hüllt. Unwillkürlich muss man annehmen, dass die Begründung des Einspruches eben nur deshalb verweigert wurde, weil Gründe für den Einspruch überhaupt nicht vorliegen.

Ein solches Vorgehen ist geeignet, in der breiten Oeffentlichkeit und besonders im Hultschiner Gebiete den schlechtesten Eindruck zu machen und kann wohl nur als reiner Willkürakt aufgefasst werden, insbesonders dann, wenn den Deutschen diese Vereinsgründung verweigert, dafür aber die Eintragung des das gleiche Ziel verfolgenden Èechischen Vereines anstandlos vorgenommen wird.

Die Bekanntgabe des Wortlautes des Einspruches ist aber ein gesetzliches Erfordernis des hier geltenden deutschen Rechtes.

Denn § 61 des deutschen B. G. B. zählt genau die Gründe auf, aus denen gegen die beantragte Eintragung durch die Verwaltungsbehörde Widerspruch erhoben werden kann und § 62 des d. B. G. B. fordert, dass der Einspruch selbst, also seinem ganzen Wortlaut nach mitzuteilen ist.

Dass diesem gesetzlichen Erfordernisse mit der blossen Mitteilungen der Tatsache, dass Einspruch erhoben wurde, nicht genügt ist, liegt auf der Hand und dies umsomehr, als der Einspruch angefochten werden kann. Wie soll der Einspruch angefochten werden, wenn dessen Wortlaut nicht vorliegt?

Im Rekurse wurde schliesslich mit vollem Rechte verlangt, dass dem bevollm. Kommissär für das Hultschiner Gebiet der Auftrag - erteilt wird, den Wortlaut seines Einspruches und seine Gründe bekanntzugeben, weiters dass dieser Einspruch aufgehoben wird. Aus den der Behörde vorgelegten Satzungen des Vereines geht hervor, dass der Verein ausschliesslich den Zweck hat, den Kinderschutz und die Jugendfürsorge im Gerichtsbezirke gut organisieren und auszubauen.

Diese Satzungen lehnen sich enge an die Satzungen des Vereines Deutsche Landesstelle für Kinderschutz und Jugendfürsorge Schlesiens an, dessen Satzungen behördlich genehmigt wurden und der, wie aus zahlreichen Zuschriften das Ministeriums für soziale Fürsorge hervorgeht, mit diesem gemeinsam denselben Zweck verfolgt, nämlich die Fürsorge für die Jugend, deren diese nach den schweren sittlichen und wirtschaftlichen Verheerungen, die der fünfjährige Krieg im Gefolge hatte, besonders benötigt.

Es kann also nicht gesagt werden, dass der Verein nach dem öffentlichen Vereinsrechte unerlaubt ist oder verboten werden kann, er verfolgt auch keine politischen, sozialpolitischen oder religiösen Zwecke, die einen Einspruch der Verwaltungsbehörde rechtfertigen würden.

Man hätte erwarten müssen, dass der Rekurs seitens des Ministeriums des Innern bald erledigt werden wird, zumal der Verein durch die Verzögerung seiner Eintragung in das Vereinsregister seine gemeinnützige Tätigkeit nicht aufnehmen konnte. Das Geschah nicht, vielmehr blieb der Rekurs mehr als 20 Monate unerledigt. Schliesslich erfolgte mit Bescheid der politischen Bezirksverwaltung in Hultschin vom 18. Mai 1922 Zl. b-720/3 folgende Verständigung:

Das Ministerium des Innern hat mit dem Erlasse vom 10. Mai 1922 ZI. 73.188 die Beschwerde mit Rücksicht auf die infolge Ministerialverordnung vom 21. April 1921, Zl. 168 Slg. d. Ges. u. Vdg., eingetretenen Veränderung der Rechtsverhältnisse im Hultschiner Ländchen als gegenstandslos mit dem Bemerken zurückgestellt, es sei kein Grund vorhanden, sich mit der Beschwerde zu befassen.

Diese Erledigung eines Rekurses nach mehr als 1 1/2 Jahren ist wohl ein starkes Stück und dürfte beispiellos in der Rechtsgeschichte sein. Auf die Beschwerde selbst wird gar nicht eingegangen, die Sachlage nicht geprüft, die Beschwerde einfach als inzwischen Gegenstandslos geworden ad acta Gelegt. Das ist fürwahr eine einfache Art der Erledigung. Da würde es sich im allgemeinen empfehlen, alle Rekurse einfach mehrere Jahre im Ministerium liegen zu lassen und sie dann den Beschwerdeführern als gegenstandslos geworden zurückzustellen. Bei Uebung dieses Vorgehens würde man auch zahlreiche Beamte ersparen, weil der Aufdruck dann mittels Stempel erfolgen könnte.

Die Gefertigten fragen daher den Herrn Minister:

1. Ist Ihnen dieser Vorgang bekannt und empfinden Sie es auch als eine Verhöhnung der Beschwerdeführer, wenn ein Rekurs so erledigt wird wie im vorliegenden Falle?

2. Womit kann begründet werden, dass der Rekurs mehr als 20 Monate unerledigt blieb?

3. Sind Sie Geneigt, die Angelegenheit sogleich strengstens überprüfen zu lassen und dem Vereine endlich die Eintragung ins Vereinsregister zu bewilligen? Wenn nein, womit begründen Sie die Ablehnung dieser Eintragung bei diesem Gemeinnützigen Vereine?

Prag, am 8. Juni 1922.

 

Dr. Schollich,

Böhr, Ing. Jung, Ing. Kallina, Dr. Lehnert, Dr. Radda, Röttel, Dr. Brunar, Bobek, Matzner, Wenzel, Budig, Scharnagl, Mark, J. Mayer, Schälzky, Dr. Lodgman, Windirsch, Dr. Baeran, Schubert, Dr. Luschka.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

POSLANECKÁ SNÌMOVNA N. S. R. È. 1922

I. volební období

5. zasedání


 

Pùvodní znìní.

3671.

Antrag

des Abgeordneten Dr. Lodgman und Genossen

wegen Änderung des § 302 Str. Ges.

Das Abgeordnetenhaus wolle das folgende Gesetz beschließen:

 

Gesetz

vom………………………1922,

mit welchem der 302 des Str. Ges. vom 27. Mai 1852 R. G. Bl. 117

abgeändert wird.

Die Nationalversammlung der Èechoslovakischen Republik hat das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1.

Der § 302 des Strafgesetzes hat zu lauten, wie folgt:

Aufreizung zu Tätlichkeiten gegen Nationalitäten, Religionsgenossenschaften; Körperschaften und dgl.

Wer Andere zu Tätlichkeiten wider die verschiedenen Nationalitäten (Volksstämme), Religions- oder andere Gesellschaften, einzelne Klassen oder Stände der bürgerlichen Gesellschaft oder wider gesetzlich anerkannte Körperschaften, oder überhaupt die Einwohner des Staates zu Tätlichkeiten gegeneinander auffordert, aneifert oder zu verleiten sucht, ist, insoferne sich diese Tätigkeit nicht als eine schwerer verpönte strafbare Handlung darstellt, eines Vergehens schuldig, und soll zu strengem Arreste vors drei bis sechs Monaten verurteilt werden.

§ 2.

Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Kundmachung in Wirksamkeit. Mit seiner Durchführung wird der Justizminister im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beauftragt

 

Begründung

 

Der bisherige § 302 Str. Ges. hat folgenden Wortlaut:

Aufreizung zu Feindseligkeiten gegen Nationalitäten, Religionsgenossenschaften, Körperschaften u. dgl.

Wer Andere zu Feindseligkeiten wider die verschiedenen Nationalitäten (Volksstämme, Religions- oder andere Gesellschaften, einzelne Klassen oder Stände der bürgerlichen Gesellschaft oder wider gesetzlich anerkannte Körperschaften, oder überhaupt die Einwohner des Staates zu feindseligen Parteiung gegeneinander auffordert, aneifert, oder zu verleiten sucht, ist, insoferne sich diese Tätigkeit nicht als eine schwerer verpönte strafbare Handlung darstellt, eines Vergehens schuldig, und soll zu strengem Arreste von drei bis sechs Monaten verurteilt werden.

Es ist auf den ersten Blick zu erkennen, daß dieser Wortlaut mit der Praxis im Widerspruche steht, da das heutige Parteileben geradezu darauf aufgebaut ist, die Wähler für eine bestimmte Partei dadurch zu gewinnen, daß man trachtet, in ihnen Abneigung und Gegnerschaft gegen andere Parteien, Blassen, Religionsgesellschaften oder ganze Volksstämme zu erwecken. Dabei begnügen sich die verschiedenen Parteien im weitesten Sinne des Wortes bekanntlich durchaus nicht damit, ihren Standpunkt zu vertreten und den der anderen sachgemäß zu bekämpfen, sondern sie reizen offenkundig gegeneinander durch Plakate, in Flugschriften und in den Zeitungen täglich und stündlich auf, indem sie sich gegenseitig die Schuld an verschiedenen Erscheinungen des öffentlichen Lebens zuschicken. Der beste Beweis dafür, daß die Aufforderung zu feindseligen Parteiungen heute nicht mehr als etwas sträfliches empfunden wird, bietet der Umstand, daß die Staatsgewalt keinen Unterschied zwischen Parteien kennt, welche grundsätzlich auf dem Boden des Klassenkampfes stehen und solchen, welche diesen Kampf grundsätzlich verwerfen und es ergibt sich somit entweder, daß der Wortlaut des § 302 durch die Entwicklung überholt werde oder aber, daß keineswegs Feindseligkeiten und feindselige Parteiungen gemeint waren, die sich ohne physische Gewaltanwendung abspielen. Das erstere wäre deshalb nicht zu verwundern, weil ja Glas Strafgesetz bekanntlich aus dem Jahre 1852 stammt und dieses wiederum auf dem vom Jahre 1803 fußt, im letzteren Falle sollte eine deutlichere Bezeichnung des strafbaren Tatbestandes Platz greifen.

Dies ist durchaus keine bloß akademische Erwägung. Schon in Österreich hat es sich gezeigt, daß die staatlichen Behörden bei Anwendung des § 302 mit ungleichem Maße gemessen haben, jenachdem es sich um eine der jeweiligen Regierung genehme oder nicht genehme Erscheinung des öffentlichen Lebens gehandelt hat, ohne daß es jedoch praktisch möglich gewesen wäre, die vom § 302 verurteilten Feindseligkeiten zu bannen. Der Oberste Gerichtshof in Wien hat mit Plenarentscheidung vom 27. Oktober 1896 z. B. erkannt, daß als Feindseligkeiten auch der sogenannte Boykott anzusehen ist und daß Klasse auch den Begriff der politischen Partei begreift. Nichtsdestoweniger war schon in Österreich der Kampf der Parteien gegeneinander an der Tagesordnung und der Boykott wurde von der öffentlichen Meinung in diesem Kampf als durchaus gerechtfertigt angesehen: siehe die Svùj k svému-Bewegung, die ja nur die positive Seite des Boykottgedankens ist. Was Wunder, wenn solche Auffassungen auch von den Èechoslovakischen Behörden geteilt werden und wenn sich die Anwendung des § 302 praktisch auch heute nur gegen diejenigen richtet, welche der jeweiligen Regierung mißliebig sind. Wo kein Kläger, dort kein Richter und ein Kläger findet sich niemals oder doch nicht ex offo, wenn die betreffende Aktion im jeweiligen staatlichen System liegt, wie sich jedermann aus der Praxis täglich überzeugen kann. Dadurch entsteht in der öffentlichen Meinung eine doppelte Moral und es ist besser, das, was zur mißbräuchlichen Handhabung führt zu beseitigen, als seine Giltigkeit am Papiere aufrecht zu erhalten Der Staatsgewalt kann es sich ja doch nur um solche Feindseligkeiten handeln, welche die öffentliche Ruhe und Ordnung gefährden und hiezu dürfte der von den Gefertigten vorgeschlagene neue Wortlaut, vollkommen genügen.

In formeller Beziehung wird die Zuweisung an den Rechts- und Verfassungsausausschuß beantragt.

 

Prag, den 10. Mai 192.

 

Dr. Lodgman,

Knirsch, Matzner, Böhr, Dr. Brunar, Schälzky, Dr. Keibl, Mark, Windirsch, Ing. Kallina, Simm, Dr. Schollich, Dr. E. Feyerfeil, J. Mayer, Dr. Medinger, Dr. Radda, Dr. Baeran, Bobek, Schubert, Køepek, Zierhut.

 

 

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