Pøíloha k tìsnopisecké zprávì
o 368. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 1. øíjna 1925.
1. Øeè posl. Zierhuta (viz str. 884 tìsnopisecké zprávy):
Meine Damen und Herren! Nunächst muß ich Verwahrung dagegen einlegen, daß das Budget für 1926 in dieser Art im Ausschuß und hier im Plenum behandelt wird. Wir hatten ja auch in verflossenen Zeiten nie eine richtige Behandlung des Budgets, wie es eigentlich vorgeschrieben ist und wie es sich in allen Parlamenten der Welt traditionell entwickelt hat, aber die heurige Behandlung des Budgets bildet in dieser Hinsicht den Gipfelpunkt in parlamentarischer und verfassungsrechtlicher Beziehung. Ja, nicht nur das, sondern entgegen den klaren Besti mmungen der Geschäftsordnung wird gehandelt, die zwar alle möglichen Sicherheiten umfaßt, um eine wirkungsvolle Opposition, gar nicht zu reden von Obstruktion, zu verhindern, aber trotzdem für das abgekürzte Verfahren nach § 55 eine gewisse Zeit, eine gewisse Zahl von Sitzungsstunden für die parlamentarische Erledigung des Budgets vorschreibt. Da aber die Wahlen vor der Türe stehen, hat es die Koalition für notwendig gefunden, auch noch diese Fristen zu kürzen. Nachdem dies nicht auf dem Wege des abgekürzten Verfahrens möglich ist, hat man sich dazu entschlossen, auf dem Wege des normalen Verfahrens das Budget in geradezu unwürdiger Weise im Ausschuß durchzupeitschen und nun versucht man es auch im Hause, die vorgeschriebene Minimalzeit von 14 Tagen nicht einzuhalten. Obwohl das Budget heuer zeitgerecht vorgelegt worden ist und somit dem Hause Gelegenheit geboten ist, es gründlich und in richtiger Weise durchzuberaten, versucht man, im Wege einer unrichtigen Auslegung der Geschäftsordnung, dem Hause, insbesondere aber der Opposition die notwendige Zeit und die notwendige Ruhe zu nehmen, um eine gründliche und gerechte Kritik nicht nur an den Ziffern des Budgets, sond ern überhaupt an der Staatswirtschaft zu üben. Die Mehrheitsparteien tragen für diese unwürdige Budgetbehandlung die volle Verantwortung, nicht nur ihrer Bevölkerung, sondern aun ihrem Staate gegenüber. Wenn wir daran denken, daß gerade die Behandlung des Budgets in allen Staaten der Welt den Mittelpunkt des parlamentarischen Lebens bildet, daß die Parlamente der ganzen Welt monatelang im Ausschuß und Plenum das Budget gründlich durchberaten, müssen wir gegen die heurige Behandlung des Budgets schärfste Verwahrung einlegen, müssen aber die Verantwortung für dieses Verfahren, für diese gewaltsame Durchpeitschung des Budgets den Mehrheitsparteien überlassen. Sie hhaben sich in dieser Hinsicht gründlich entösterreichert. Was aber wird die Bevölkerung, was wird das Ausland zu einer so unwürdigen Behandlung wichtiger Volksrechte sagen?
Wenn wir das Budget selbst betrachten, sehen wir, daß die Zus ammenstellung der Ziffern in großartiger Weise erfolgt ist. Sie haben nicht nur das Gleichgewicht im Budget hergestellt, Sie haben sogar gewisse Überschüsse ausgewiesen. Sie haben, wie jedes Jahr, das Budget als eine Konsolidierung der Staatsfinanzen bezeichnet, wir haben aber jedes Jahr erfahren, daß diese Lobhudelei bei Vorlage und Behandlung desl Staatsbudgets zum Schluß des Jahres sich als ungerechtfertigt herausgestellt hat, denn der Erfolg des Staatshaushaltplanes ist immer ein großer Katzenjammer gewesen. Ohne reale Basis haben Sie die Budgets verfaßt, ohne reale Basis wurden sie von der Mehrheit dieses Hauses beschlossen, und die Folge war, daß der Stand der Staatsfinanzen immer schlechter geworden ist, daß die Steuerlasten der Bevölkerung sich nicht vermindert, sondern im Gegenteil von Jahr zu Jahr vermehrt haben. Aber wir nehmen nicht nur gegen die parlamentarische, gegen die formale Seite der Bu getberatung schärfste Stellung, Sie versuchen auch, unser Recht der Kritik zu verkürzen, Sie versuchen, Ihre Stellung im Parlament dazu auszunützen, um der Opposition das Recht abzusprechen, in ihrem Sinne bei der Beratung des Staatsbudgets mitzuwirken.
Und da müssen wir uns allererst gegen den Vorwurf der Koalitionsblätter verwahren, daß ein Funktionär des Hauses nicht das Recht habe, oppositionelle Kritik zu üben. Im Namen der in der deutschen Arbeitsgemeinschaft vereinigten politischen Parteien muß ich diesen Vorwurf entschieden zurückweisen, den Vorwurf, daß der von uns gewählte Vicepräsident Dr. Czech nicht berechtigt gewesen sei, im Ausschuß oder im Plenum seinen oppositionellen Standpunkt klipp und klar zum Ausdruck zu bringen. Was sind die Grundpfeiler Ihrer bisherigen Finanzpolitik, Ihrer Staatswirtsceaft? Es ist die Stabilisierung der Krone, es ist die Aktivität der Handelsbilanz, es ist heute das aktive Budget. Glauben Sie, daß das die einzigen Grundpfeiler einer gesunden Staatswirtschaft sind? Sie machen durch diese drei Dinge eine kranke Staatswirtschaft, einen kranken Staat nicht gesund. Es ist eine Täuschung, wenn Sie sich das einreden wollen. Vernünftige Wirtschaftspolitiker und auch das Ausland wird Ihnen das nie und nimmer glauben. Aber die Erfolge dieser Staatsfinanzwirtschaft müßte Ihnen auch sagen, daß diese Dinge nicht zur Gesundung beitragen, denn die Wirtschaft mit den Staatskassenscheinen und die Leere der Staatskassen sprechen ja nur allzu deutlich. Ich brauche da keine Argumente zu bringen, die Bankausweise legen ja ein beredtes Zeugnis ab und für die Leere der Staatskassen ist wohl der Umstand anzuführen, daß bewilligte Notstandssubventionen vom Vorjahre bis heute noch nicht ausbezahlt worden sind.
Wenn wir uns die Gründe vor Augen halten, warum Sie gerade diesmal das Budget so lobpreisen, so finden wir, daß es vor allem der Grund ist, daß Sie Verhandlungen in Amerika pflegen, um eine Auslandsanleihe zu bekommen, und der zweite wohl naheliegende Grund ist der, daß wir vor den Wahlen stehen. Der zweite Grund ist ja leicht einzusehen und braucht wohl nicht besonders begründet zu werden. Was aber die Aufnahme einer Auslandsanleihe betrifft, glaube ich, daß das Ausland auf derartige Lobpreisungen nicht eingehen wird, daß mit Worten und gut aneinandergereihten Ziffern noch kein Beweis für die Konsolidierung des Staatshaushaltes geliefert ist und daß damit noch gar nichts getan ist, um die tatsächliche Lage der Volkswirtschaft und der Produktion des Staates zu beweisen. Sie werden dadurch nicht die Misere auf diesen beiden Gebieten verhindern, Sie werden dadurch nicht verhüllen, daß die Staatsausgaben überspannt sind und daß insbesonders unter den Staatsausgaben viel zu viel unproduktive Ausgaben sich befinden. Und gerade die Prüfung des Staatsbudgets sollte meiner Ansicht nach ein Anlaß für Sie sein, eine Umstellung in wirtschaftlicher Beziehung in der ganzen Staatswirtschaft vorzunehmen. Die Überspannung des Steuerdruckes muß ihre Folgen zeitigen. Es ist eine maßlose Überschätzung der Leistungsfähigkeit der inländischen Volkswirtschaft, wenn Sie, statt Ihre Staatsausgaben zu vermind ern, diese auf allen Gebieten erhöhen, wenn Sie nichts dazu beitragen, diese Überspannung des Steuerdruckes zu vermindern. Eine Politik, die nur das eine Ziel hat, die fiktive Aktivität im Staatshaushalte dadurch za erreichen, daß sie dem Hause ein aktives Buget vorlegt, leistet der Staatswirtschaft keine Dienste, im Gegenteil, sie trägt dazu bei, das Wohl der inländischen Volkswirtschaft geradezu aufs Spiel zu setzen und muß daher auch von unserer Seite, weil wir doch schließlich auch Leidtragende sind, aufs schärfste verurteilt werden.
Wenn wir uns nur das Kapitel "Steuern" vor Augen halten, so finden wir, daß in dieser Hinsicht nicht von einem Abbau der Steuern, nicht von einer Erleichterung des Steuerdruckes gesprochen werden kann, daß im Gegenteil der Steuerdruck anwachsen wird, weil die administrativen Ausgaben eine Erhöhung gefunden haben. Diese Ausgaben sind gegenüber dem Jahre 1925 um fast eine halbe Milliarde gestiegen, während allerdings auf der anderen Seite auch in den Einnahmen Erhöhungen von 786 Millionen vorgesehen sind. Diese Einnahmensteigerung betrifft, allein was die Steuern anbelangt, eine Summe von 633 Millionen, u. zw. aufgeteilt auf direkte Steuern 259 Millionen und auf indirekte Steuern, Gebühren usw. 374 Millionen. Daß Sie in den schweren Zeiten der wirtschaftlichen Krise die Grundsteuer erhöhen, daß Sie die Erwerbsteuer allein um 32 Millionen erhöhen, daß Sie eine Erhöhung der Einkommensteuer um 195 Millionen vorsehen, daß Sie die allgemeine Erwerbsteuer um 3 Millionen erhöhen, ist ein Beweis, daß die Bevölkerung keine Erleichterung aus diesem Budget erwarten darf. Wenn wir in dieser Hinsicht die Nachbarstaaten, Deutschland, Österreich, ja selbst Ungarn in Betracht ziehen, müssen wir feststellen, daß diese besiegten Staaten, die nicht nur im Inlande, sondern auch dem Auslande in Form von Kriegsentschädigung ganz bedeutende Summen abführen müssen, schon längst an einen merklichen Steuerabbau geschritten sind, von der Voraussetzung ausgehend, daß der Bogen auf diesem Gebiete nicht überspannt werden darf. Sie haben ja in der letzten Zeit ein sogenanntes Steuererleichterungsgesetz beschlossen. Aber wie wollen Sie dieses Gesetz in die Wirklichkeit umsetzen, wie wollen Sie der Bevölkerung Steuererleichterungen einräumen, wenn Sie im Budget selbst auf allen Linien Steuerer öhungen vorgesehen haben, wo diese Ziffern, die Sie ins Budget eingesetzt haben, doch die Richtschnur für die Finanzverwaltung bilden müssen, die mit allen Mitteln, wenn schon kein Aktivum, das Sie errechne haben, so doch eine Gleichstellung der Ausgaben mit den Einnahmen herauswirtschaften muß. Unter diesen Umständen muß das Steuererleichterungsgesetz wie so viele andere Gesetze ebern am Papier bleiben.
Eine besondere Post, die wir hervorheben müssen und auf die wir die Bevölkerung aufmerksam machen müssen, ist die Post "Verzugszinsen, Exekutionsgebühren und Geldstrafen", die Sie gegenüber dem Vorjahre ebenfalls mit einer Erhöhung von 77 Millionen auf 95 Millionen Kronen vorgesehen haben. Es darf einen nicht wundernehmen, wenn man in der Praxis sieht, wie die Steuerbehörden rücksichtslos die unmöglichsten Steuern, die einfach die Bevölkerung nicht leisten kann, eintreiben, wie rücksichtslos die Steuerexekutionen durchgeführt werden, selbst in Gebieten, die von Wetterschäden und sonstigen Elementarereignissen betroffen worden sind ja selbst in Gebieten, wo der Staat durch Einleitung von Notstandsaktionen der Bevölkerung einigermaßen hilft, gehen die Steuerexekutoren daran, die Bevölkerung durch rücksichtslose Exekutionen zur Bezahlung unerträglicher und ungerechter Steuervorschreibungen zu zwingen. In dieser Hinsicht haben ja auch Redner der Koalition hier darauf hingewiesen, daß die Steuerpraxis eine unhaltbare geworden ist. Ich meine, Sie dürfen Ihren Ämtern das nicht zum Vorwurf machen, wenn Sie den Mut finden, im Budget statt einer Steuerverminderung, statt die Ausgaben des Staates womöglich herabzusetzen, sogar mit Steuererhöhungen kommen. Es ist direkt eine Anweisung für Ihre Ämter, wenn Sie die Verzugszinsen und Exsekutionsgebühren im Budget von 77 auf 95 Millionen Kronen erhöhen. Die Umsatzsteuer wird wiederum wie im Vorjahre mit 1600 Millionen präliminiert. Es ist auch bei dieser Steuer, die wohl die drückendste ist und die gerade die breiten Massen des arbeitenden Volkes trifft, keine Ermäßigung zu erwarten.
Ich will nicht sprechen von den Steuern auf Kohle und auf die Wasserkräfte, die jede Berechtigung verloren haben. Die Krise in der Kohlenindustrie ist ja die Folgewirkung der Steuer. Die Wasserkraftsteuer, die mit 20 Millionen Kronen präliminiert ist, sollte schon längst beseitigt sein. Auf der einen Seite unterstützt der Staat den Ausbau von Wasserkräften und auf der anderen Seite macht er einfach die Benützung der Wasserkräfte durch die unsinnige Besteuerung unrentabel un dunmöglich. Wir müssen uns ferner vor Augen führen, daß Gebührenerhöhungen von fast 400 Millionen Kronen vorgesehen sind, und zwar erstrecken sich diese Erhöhungen sowohl auf die Stempelgebühren, Abgabe von den Telefongebühren, als auch auf die Abgaben von Amtshandlungen in Verwaltungssachen. In letzterer Beziehung möchte ich insbesondere darauf hinweisen, daß es notwendig wäre, einheitliche Richtlinien hinauszugeben, um Ungleichmäßigkeiten und Härten so wie auch die Willkür der einzelnen Beamten in dieser Hinsicht möglichst auszuschalten. Ein besonderes Kapitel bildet das Salzmonopol. Auch da ist eine Erhöhung von über 5 Millionen Kronen vorgesehen und wir müssen feststellen, daß der Staat das Salzmonopol direkt mißbraucht, denn einerseits erzeugt er Salz in schlechter Qualität und anderseits gibt er dieses schlechte Salz zu einem sehr teuren Preis ab, fast doppelt so teuer wie das Salz, das aus dem Ausland eingeführt wird. In dieser Hinsicht haben wir volles Recht, gegen einen derartigen Mißbrauch anzukämpfen.
In der Öffentlichkeit wurde viel von einer Steuerreform gesprochen. Bis heute waren Sie nicht imstande, diese Steuerreform vor das Haus zu bringen, und da in den nächsten Tagen das Budget für 1926 beschlossen werden soll, wird für dieses Jahr die teuerreform ohne Wirkung bleiben, denn eine Steuerreform, die nicht eine Erleichterung auf dem Gebiete des Steuerwesens zum Zweck hat, die ncht bezweckt, eine Vereinfachung der Steuern herbeizuführen, ist vollständig wertlos und es würde besser sein, von einer solchen Reform überhaupt abzusehen. Wir haben in diesem Staate mit Reformen überhaupt die schlechtesten Erfahrungen gemacht und es ist immer besser, wenn man ier in diesem Staate nichts von Reformen hört. Ich komme bei der Behandlung anderer Sachen noch auf das Wort "Reform" zurück. Wir müssen uns gegen die Genehmigung eines solchen Budgets aussprechen, einmal aus formalen Gründen, anderseits, weil Sie etwas von der Bevölkerung verlangen, was diese nicht zu leisten imstande ist.
Es ist unsere Aufgabe als Opposition, im Zusammenhange mit einer Kritik der Ziffern auch die Staatswirtschaft, auch die Vor änge im öffentlichen und staatlichen Leben einer Kritik zu unterziehen. Wenn wir uns da an die Worte des Generalberichterstatters halten, wenn wir uns die Ratschläge vor Augen halten, die der Herr Generalberichterstatter uns zu erteilen für notwendig befunden hat, insbesondere mit Rücksicht auf die bevorstehenden Wahlen, so müssen wir sagen, daß diese Ratschläge unangebracht waren. Wir Deutschen tragen nicht die Verantwortung für diesen Staat, wir tragen nicht die Verantwortung für das System, das in diesem Staat eingeführt worden ist. Wenn uns zum Vorwurf gemacht wird, wir würden keine für unser Volk fruchtbare Politik betreiben, wir hätten durch unsere Politik nur unserer Bevölkerung geschadet und dem Staate keinen Nutzen gebracht, so müssen wir feststellen, daß die Schuld an diesen Zuständen die Mehrheitsparteien trifft, denn Sie haben in Wirklichkeit außer einigen Phrasen nichts unternommen, um die Rechte des deutschen Volkes zu wahren und uns unsere Rechte zu geben; ja, das Gegenteil haben Sie unternommen, Sie haben die Rechte des deutschen Volkes in diesen 7 Jahren des Bestandes der Republik im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen getreten, Sie haben die primitivsten Menschenrechte uns nicht eingeräumt, Sie haben sich an unserem geistigen wie materiellen Volksbesitz vergangen. In diesem Zusammenhang brauchen wir nur anzuführen die Worte, die Sie schon bei der Gründung des Staates den Führern des deutschen Volkes zugerufen haben: "Mit Rebellen verhandeln wir nicht!" Es waren Ihre Leute, die den Anschluß Sudetendeutschlands gefordert haben. Sie haben bei der Friedenskonferenz erklärt, daß Sie unbedingt in den sogenannten historischen Länder das deutsche Gebiet und damit auch die deutsche Bevölkerung für den èechoslovakischen Staat brauchen. Ich meine, es wäre Ihre Pflicht, die deutsche Bevölkerung zu einem brauchbaren Bestandteil dieses Staates zu machen. Wenn Dr. Kramáø, Ihr Friedensunterhändler, dieses Wort geprägt hat, daß man die deutsche Bevölkerung für den Staat notwendig braucht, so entspricht die Handlungsweise gerade Kramáøs und seiner Partei und im Gefolge auch der übrigen Mehrheitsparteien der Bedeutung dieses Wortes nicht. Was haben Sie bisher getan, um die Deutschen für diesen Staat zu gewinnen? Ich habe gesagt, wir sind für diesen Staat nicht verantwortlich. In diesen Staat sind wir gekommen ohne gefragt zu werden, und wenn uns das Schicksal auf den Boden dieses Staates gestellt hat, so haben wir zumindest das Recht, zu verlangen, daß wir nach unserer Eigenart leben dürfen und daß uns jene Rechte gegeben werden, die wir kraft unseres Daseins, kraft unserer Zahl, kraft unserer wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Bedeutung für dieses Staatswesen verdienen. Wir brauchen Ihre Ratschläge nicht. Wir sind weit entfernt, alle diese Worte, die in der letzten Zeit angesichts der Entwicklung der politischen Lage von Ihrer Seite, selbst vom chauvinistischen Flügel in die Öffentlichkeit gebracht worden sind, irgendwie ernst zu nehmen. Wir haben schon soviel traurige Erfahrungen gemacht, nicht nur von Ihnen, sondern auch von Seiten der verantwortlichen Staatslenker, ja selbst von den höchsten Instanzen dieses Staates, daß wir alle Ursache haben, solchen Worten, solchen lerren Phrasen nicht zu glauben. Wir werden den Weg gehen, den uns unser Volk, den uns die Interessen unseres Volkes vorschreiben werden. Wir bedürfen keiner Ratschläge von Ihrer Seite. Sie selbst sollten sich die Ratschläge Ihrer führenden Geister zunächst zu eigen machen, die Ideen Ihrer großen Leute der Vergangenheit und der Gegenwart, in einer Zeit, wo Ihnen ein Glückszufall die Freiheit und einen eigenen selbständigen Staat gegeben hat. Aber wir wissen, daß Sie in dieser Hinsicht taub sind, daß bei Ihnen der Chauvinismus derartige Formen angenommen hat, daß die Vernunft auf Ihrer Seite nicht mehr zu Worte kommt.
Wir brauchen nur einzelne Gebiete herauszugreifen; ich will eine wichtige Frage, die in der Geschichte der Völker aller Zeiten eine bedeutende, wenn nicht ausschlaggebende Rolle gespielt hat die Bodenfrage, besprechen. Jeder, der die Geschichte kennt, weiß, daß die Bodenfrage für alle Zeiten und Völker von höchster Bedeutung war. Auch Sie gingen nach den Umsturztagen daran, eine Bodenreform in Ihrem Staate durchzuführen. Nun, es wird keinen sowohl wirtschaftlich als sozial vernünftig, denkenden Menschen geben, der nicht die Notwendigkeit der Bodenreform in Ihrem Staate einsehen würde. Aber wenn man sich die Entwicklung dieser Bodenreformgesetzgebung insbesondere die Durchführung der Bodenreform näher betrachtet, so zieht sich wie ein roten Faden die Tendenz durch, daß die Bodenreform nicht eine gerechte Regelung der Besitzverhältnisse sein soll, um die Produktion zu fördern, um das soziale Elend zu beseitigen, sondern daß sie zu einem Instrument der Entnationalisierung, zu einem Mittel der Èechisierung deutschen Grundbesitzes und unserer geschlossenen deutschen Heimat mißbraucht wird. (Posl. dr. Hanreich: Weil sich diese Raubritter die Taschen füllen und stehlen wollen!)
Místopøedseda dr. Hruban (zvoní): Volám p. posl. dr. Hanreicha za tyto neparlamentární výrazy k poøádku. (Výkøiky posl. dr. Hanreicha.)
Prosím o klid. (Opìtné výkøiky posl. dr. Hanreicha. - Místopøedseda dr. Hruban zvoní.)
Prosím, nerušte jednání. (Trvalé výkøiky posl. dr. Hanreicha. - Místopøedseda dr. Hruban zvoní.)
Pane posl. dr. Hanreichu, prosím o klid.
Posl. Zierhut (pokraèuje): Sie (obrácen k èeským socialistickým stranám) als Sozialisten sollten eine ganz andere Stellungnahme einnehmen, Sie besonders haben keine Ursache, Ihr System auf diesem Gebiete zu verteidigen. Gerade Ihr Vertrauensmann im Bodenamt hat die Durchführung der Bodenreform treffend gekennzeichnet, aber Ihr seit so verbandelt dort, daß es Euch nicht möglich ist, davon loszukommen. Wenn wir uns die Argumente vor Augen halten, womit Sie Ihre Parteigenossen verteidigen... (Výkøiky posl. Sladkého. - Posl. dr. Hanreich: Es ist ein Raub an unserem deutschen Heimatboden! Warum verschachert man das weiter? Ein neuer Landadel wird nur damit gegründet!)
Místopøedseda dr. Hruban (zvoní): Žádám pány, aby nerušili jednání. (Posl. dr. Hanreich: Aber Herr Präsident, mit diesen Sachen muß einmal aufgeräumt werden!)
Prosím, neraète se mnou polemisovati. (Rùzné výkøiky. Hluk.)
Posl. Zierhut (pokraèuje): Das wichtigste Argument, welches die èechische Bevölkerung und die èechische Presse ins Treffen führt, ist, daß der nach der Schlacht am Weißen Berg dem èechischen Volke zugefügte Frevel nunmehr seine Sühne finden soll. Ich muß mich gerade mit diesem Argument hier etwas näher befassen, weil gerade auch Feststellungen Ihrer Leute, Ihrer Rechtshistoriker nicht imstande sind, diese geschichtliche Unwahrheit bei Ihnen festzuhalten. (Hluk. - Rùzné výkøiky.)
Místopøedseda dr. Hruban (zvoní): Prosím o klid.
Posl. Zierhut (pokraèuje): Wie unsinnig diese Argumentation ist, geht daraus hervor, daß kein geringerer als Dr. Kramáø in seinem Werke "Anmerkung zur Böhmischen Politik" darauf hinweist, daß den Èechen die Selbständigkeit nicht durch die Schlacht am Weißen Berge und nicht durch die darauf folgenden Konfiskationen genommen wurde, sondern daß die im Laufe der Zeit allmählich sich vollziehende Stärkung der Machtbefugnisse des Herrschers die Selbständigkeit von Böhmen, Mähren und Schlesien immer mehr und mehr eingerngt hat, bis dann ein reiner Verwaltungsakt Maria Theresias im Jahre 1749 ein von Wien aus zentralistisch regiertes Österreich schuf. Trotzdem also die Geschichte lehrte, daß die Schlacht am Weißen Berge nur eine Episode im großen Ringen des dreißigjährigen Krieges war, ein kleiner Ausschnitt im Kampf des Katholizismus gegen den Akatholizismus, der zugleich ein Kampf zwischen der Macht des Kaisers und der Macht der Stände war, glaubt infolge der Agitation ein großer Teil der Èechen, daß die Schlacht am Weißen Berge der Kampf der èechischen Nation gegen das sie bedrängende Deutschtum gewesen ist. Sie übersehen allerdings, daß die Aufständischen einen deutschen Stammesfürsten, Friedrich V. von der Pfalz, dem angeblich deutschen Habsburger Ferdinand II. als Gegenkönig aufgestellt hatten und daß auf Seite der Aufständischen nicht nur deutsche Adelige, sondern auch deutsche Städte, deutsche Bürger und Handwerker ihren Glauben gegen die Gegenreformationsbestrebungen verteidigt haben, während auf Seite der Habsburger dem katholischen Glauben treugebliebene Adelige und Bürger der èechischen Nation gekämpft haben. Nach errungenem Sieg bestrafte nun der Kaiser dem damaligen Rechtsempfinden folgend die Aufständischen für ihre Felonie, indem er einen Teil der Führer des Aufstandes hinrichten ließ, während er in den meisten Fällen ihr Hab und Gut konfiszierte und den so konfiszierten Besitz seinen Anhängern als Belohnung übergab. Von diesen Konfiskationen behaupten nun die Èechen, daß sie nur ihre Stammesgenossen getroffen haben und die Neuerwerbung ausschließlich von fremden und deutschen Adeligen erfolgt sei. Diese, wie Dr. Kramáø sie treffend nennt, völlig unberechtigten Theorien über die Bedeutung der Konsequenz der Schlacht am Weißen Berge sind nun vom psychologischen Standpunkt aus betrachtet verständlich. Die Tatsache, daß die staatliche Selbständigkeit, soweit sie sich in der Gesetzgebung und Verwaltung dokumentierte, erst durch Maria Theresia im Jahre 1749 ohne jedes Verschulden seitens der Böhmischen Stände genommen wurde, ist für das nationale Volksbewußtsein ein Verlust der staatlichen Selbständigkeit. Dieser kann vielleicht leichter ertragen werden, wenn er durch die Niederlage im Kampfe gegen einen mächtigen Feind erfolgt ist, das stete Erinnern an ein solches nationales Unglück bürgt dafür, daß die kommenden Generationen im Kampf gegen den Unterdrücker erzogen werden. Gleichzeitig gibt es die Möglichkeit, Opfer für diese Niederlage zu suchen, auf die man das Verschulden abwälzt. Auf entwicklungsgeschichtlichem Wege erfolgte der Verlust, Opfer für das Verschulden gab es tatsächlich keine. Ein großer Kampf aber hatte Böhmen, Mähren und Schlesien durchtobt, hatte große Umwälzungen an den Besitzverhältnissen an Grund und Boden gebracht. Wenn es nun gelingen würde, diesen Religionskrieg anders auszulegen, ihn als einen nationalen Kampf zu deuten, so war man dessen gewiß bei der Mentalität der èechischen Bevölkerung, daß sie eben in der Rückeroberung von deutschem Grund und Boden ihr Ziel und sogar eine gerechte Sache sah. Auf diese Weise würde man also zu folgender èechischen Konstruktion kommen: Das èechische Volk hat seine Selbständigkeit verloren, die Selbständigkeit kann ein Volk nur dann einbüßen, wenn ihm sein Grundbesitz genommen wird. Die größte Umwälzung an den Grundbesitzverhältnissen fand nach der Schlacht am Weißen Berge statt, daher ist die Schlacht am Weißen Berge ein Kampf der Èechen gegen die Deutschen, der mit einem Siege der Deutschen endete. Diese haben den Èechen den Grund und Boden weggenommen, um sie leichter national entrechten zu können. Solange daher Grund und Boden in ihrer Hand ist, sind sie die Mächtigen im Staate, deren nationale Stellung nicht gebrochen werden kann. Erst in dem Moment, wo man den Deutschen und Fremden den Grund und Boden wegnimmt, wie er einst dem èechischen Volke weggenommen wurde, dann erst ist die Sicherheit für die nationale Entwicklung der Èechen und des èechoslovakischen Nationalstaates gegeben, dann erst ist die Stellung der Deutschen im Staate für immer vernichtet.
Das war das nationale Glaubensbekenntnis, welches man Jahrzehnte die heranwachsende èechische Jugend gelehrt und dann in den Umsturztagen des Jahres 1918/19 durch die Schaffung der Bodenreformgesetze in die Tat umgesetzt hat. Wieweit der nationale Haß der Èechen gegen das Deutschtum in Böhmen, Mähren und Schlesien entflammt war, zeigt am besten ein Leitartikel des Professors der Nationalökonomie an der Prager èechischen Universität Dr. Horáèek, welcher ausdrücklich erklärte: Für alle zukünftigen Zeiten muß die Losung lauten: Keine Freundschaft und keine vertraulichen Beziehungen mit Österreich, Deutschland und Ungarn, weder politische noch wirtschaftliche, kein Zollbündnis, keine gemeinsame Währung, keine Steuer-, Verkehrs- und Handelskonvention. (Hört! Hört!) Wenn das sogar ein Wirtschaftswissenschafter sagt, der doch als Autorität in solchen Fragen gelten soll, wobei er bei Aufstellung der Richtlinien für die zukünftige Wirtschaftspolitik des èechoslovakischen Staates sich ausschließlich von seinen Gefühlen, ohne auf die Wirklichkeit Rücksicht zu nehmen, leiten läßt, dann darf einen, der Rauschzustand des èechischen Volkes aud dem Gebiete der Bodenreform aber auch auf den übrigen Gebieten des öffentlichen Lebens nicht Wunder nehmen.
Daher war es für Sie gar keine Problemstellung, als Sie die Bodenreformgesetze in Ihrem Revolutionskonvent schufen. Die Problemstellung für Sie war gegeben, sie lautete: Èechisierung des deutschen Grundes und Bodens. (Výkøiky posl. Kostky.) All die Verhandlungen, die Sie sowohl im Revolutionskonvent wie auch in Ihren sonstigen Tagungen, mögen wir hier den Generallandtag der èechischen Minderheiten im deutschen Gebiete anführen, oder Ihre sonstigen Verhandlungen, Ihre Aussprüche und besonders Ihre Pressemitteilungen, sie alle sind von dem einen Ziel beserlt: daß Sie im Wege der Bodenreform deutschen Grund und Boden, selbst im geschlossenen deutschen Sprachgebiet, entnationalisieren wollen, daß Sie die Bodenreform im deutschen Gebiete dazu benützen wollen, dieses Gebiet mit sogenannten verläßlichen Elementen zu durchsetzen. Auf diese Art glauben Sie, das bisher geschlossene deutsche Siedlungsgebiet zu einem gemischtsprachigen zu machen.
Sie werden aber mit dieser Bodenreform ebenso Schiffbruch erleiden, wie Sie in politischer Beziehung mit manchen Dingen bereits Schiffbruch erlitten haben. Ich brauche da nicht auf Ihre Außenpolitik zu sprechen zu kommen. Auch innerpolitisch stehen Sie heute vor dem Bankerotte, da Sie heute trotz allem nicht mehr imstande sind, dieses Parlament aufrechtzuerhalten, obzwar die normale Funktionsdauer dieses Hauses sowieso in einigen Monaten ablaufen wird. Sie waren auch auf allen übrigen Gebieten nicht imstande, eine wahre und wirkliche Staatspolitik zu machen. Sie wollen uns Lehren geben, wie wir uns als Opposition im kommenden Wahlkampf und nach den Wahlen verhalten sollen? Diese Lehren wären besser für Sie angebracht, denn Sie haben durch Ihre Regierung, durch Ihre Tätigkeit in der Regierung bewiesen, daß Sie auf keinem Gebiete, weder auf dem wirtschaftlichen, noch sozialen, noch kulturellen Gebiete etwas zu leisten imstande sind, geschweige denn auf dem Gebiete, das geradezu die Lebensfrage dieses Staates ist, der deutschen Frage. Hier sind Sie nicht einen Schritt vorwärts gekommen. Im Gegenteil. Die Verhältnisse haben sich seit 1920 ständig verschlechtert, so daß heute - und das muß hier gesagt werden - wir viel weiter von einander entfernt sind, als damals. Nicht durch unsere Schuld. Wir haben uns redlich bemüht im Interesse der deutschen Wirtschaft und deutschen Kultur, hier im Parlamente unser möglichstes beizutragen, um zu geordneten, halbwegs möglichen Verhältnissen zu kommen. Aber Sie waren es, die in Ihrer Blindheit, in Ihrem Chauvinismus eine wirklich fruchtbare Oppositionsarbeit gestört, sie überhaupt unterdrückt haben. (Výkøiky posl. Kostky.) Ich habe gesagt, daß gerade das Kapitel der Bodenreform ein Prüfstein gewesen wäre, an dem Sie in der Tat beweisen konnten, daß Sie es wirklich ernst meinen, dem deutschen Sudetenvolke die Rechte zu geben, die ihm kraft seines Daseins gebühren und die Sie außerdem in der eigenen Verfassung festgelegt haben, die Sie in zwischenstaatlichen Verträgen, in den sogenannten Minderheitsschutzverträgen gegenüber Ihren Alliierten feierlich eingegangen sind. Es blieb eben bei Ihren Versprechungen am Papier und Kramáø hat Recht, wenn er all das, was ihm und seiner chauvinistischen Richtung nicht in den Kram paßt, einfach mit den Worten abtut: Das ist nur ein Blatt Papier! Wenn er das vielleicht auch nur von den künftig abzuschließenden Schiedsgerichtsverträgen sagt, so gilt dieser Ausspruch auf alle Ihre Gesetze, zwischenstaatlichen Verträge und internationalen Verpflichtungen. Die Erfahrung lehrt, daß das, was zu unseren Gunsten spricht, nichts ist als ein Blatt Papier, daß dagegen alle gesetzlichen Handhaben und Bestimmungen, die zu unseren Ungunsten und zu Ihren Gunsten sind, restlos in Anspruch genommen werden, damit sie unser Volk und unsere Heimat fühle.