Pøíloha k tìsnopisecké zprávì
o 367. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve støedu dne 30. záøí 1925.
1. Øeè posl. Hackenberga (viz str. 775 tìsnopisecké zprávy):
Meine Herren! In der Zeit, in welcher sich dieses Parlament bereits in Agonie befindet, beschäftigen wir uns mit einer der wichtigsten Aufgaben, welche dem Parlament zugewiesen sind. Dieses Parlament, welches sich in den letzten Zuckungen bewegt, soll den Voranschlag für das Jahr 1926 beraten und beschließen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.) Es ist auch die Art der Behandlung des Voranschlages eine solche, die zeigt, in welcher Verfassung sich dieses Parlament befindet. Es hat der Herr Generalberichterstatter den Bericht über den Voranschlag erstattet, die geehrten Herren Abgeordneten der Majoritätsparteien waren aber gar nicht interessiert daran, was der Generalberichterstatter zu diesem Voranschlag zu sagen hat. Wenn wir, die Abgeordneten der Oppositionsparteien, es nicht für notwendig befunden hätten, unsere Bemerkungen zu einigen Kapiteln des Staatsvoranschlages zu machen und insbesondere auch dem Herrn Berichterstatter einiges zu sagen, was wir für notwendig erachten, so wären kaum die paar Herren der Majoritätsparteien hier geblieben und es hätte der Herr Berichterstatter vor leeren Bänken sprechen können. So groß ist das Interesse an dieser wichtigen Aufgabe des Parlamentes und es zeigt sich, in welcher Atmosphäre der Staatsvoranschlag für das kommende Jahr beraten werden soll und beschlossen werden wird. Weil wir das vorausgesehen haben, und weil wir uns sagten, daß ein Parlament, welches gezeigt hat, daß es zur Lösung der wichtigsten ihm gestellten Aufgaben nicht mehr die Fähigkeit hat, auch nicht berufen ist, den Staatsvoranschlag für das kommende Jahr zu beschließen, wäre es Pflicht dieses Parlamentes gewesen, den Staatsvoranschlag der neugewählten Nationalversammlung zur Beratung zu überlassen. Der Generalberichterstatter Dr. Srdínko hat schon im Ausschuß und heute wieder erklärt, es sei falsch, was die deutschen Sozialdemokraten anführen und es sei der Antrag nicht gerechtfertigt, die Verhandlung über den Staatsvoranschlag auszusetzen und die Beratung desselben dem neugewählten Hause zu überlassen. Allen Ernstes und mit Pathos erklärte der Herr Berichterstatter, daß es Pflicht und Recht dieses Parlamentes sei, den Staatsvoranschlag zu beschließen. Meine Herren, die Sie den Koalitionsparteien angehören, glauben Sie denn, daß die breite Öffentlichkeit nicht weiß von den Verhandlungen, die Sie selbst geführt haben über das Arbeitsprogramm für diese krepierende Nationalversammlung? (Hluk. - Rùzné výkøiky.)
Místopøedseda Buøíval (zvoní): Volám pana øeèníka k poøádku.
Posl. Hackenberg (pokraèuje): Weiß denn die breite Öffentlichkeit nichts davon, daß Sie monatelang beisammen gesessen sind und darüber beraten haben, welche Vorlagen dieser Nationalversammlung noch unterbreitet werden sollen, daß man schacherte und handelte über ein großes Programm, ein kleines und ein noch kleineres Programm, und welche Zeit die Verhandlungen darüber in Anspruch nahmen, ob der Staatsvoranschlag in das Programm der Koalition überhaupt aufzunehmen sei? Aber es wurden nicht nur Verhandlungen vor der Wiedereinberufung des Parlamentes gepflogen, ob in der ersten Sitzung dieses Parlaments der Staatsvoranschlag aufgelegt werden solle. Als wir bereits im Budgetausschuß den Voranschlag behandelten, haben die Herren beim Ministerpräsidenten Švehla darüber Verhandlungen gepflogen, unter welchen Umständen und Bedingungen der Staatsvoranschlag in dem Hause beschlossen werden könne. Es waren also bei Ihnen selbst Schwierigkeiten vorhanden, nicht nur vor dem Wiederzus ammentritt des Parlamentes, sondern auch noch während der Budgetberatung. Und da wollen Sie sagen, daß es unbedingte Pflicht dieses Hauses war und ist, von seinem Rechte Gebrauch zu machen und den Staatsvoranschlag zu beschließen? Der Herr Generalberichterstatter sucht zu mildern dadurch, daß er erklärt, es habe die neugewählte Nationalversammlung das Recht, an dem beschlossenen Staatsvoranschlage Änderungen vorzunehmen. Und wenn wir nun in diesem absterbenden Parlamente den Staatsvoranschlag durchpeitschen sollen, so müssen wir uns denn doch ein bißchen auch mit den Verhältnissen, unter denen nicht nur wir, sondern auch Sie zu leiden haben, beschäftigen.
Wir haben es immer und immer wieder gesagt, daß bei einer derartigen Koalition, wie sie sich hier zusammengefunden hat, es naturgemäß ist, daß eine Überbrückung der Gegensätze auf die Dauer unmöglich ist und daß diese Gegensätze sich sehr häufig für die einzelnen Beteiligten unangenehm bemerkbar machen werden. Als wir über diese Verhältnisse und über die Krise, in der wir uns jetzt befinden, im Budgetausschuß sprachen, habe ich die Bemerkung gemacht, daß heuer wohl nicht so wie im Vorjahre der Ministerpräsident wird versichern können, daß sich die Koalition der besten Gesundheit erfreue. Darauf hat der Berichterstatter Prof. Srdínko damit geantwortet, daß es ein Zeichen der guten Gesundheit der Koalition sei, daß sich Vertreter der Koalitionsparteien eine solche Disziplin aufzuerlegen vermochten, daß sie auf das Wort im Budgetausschusse verzichtet haben. (Výkøiky na levici.) Das wird als Beweis für die Gesundheit der Koalition angeführt, und der Berichterstatter hat außerdem daran die Hoffnung geknüpft, daß diese Koalition auch gesund bleiben werde und so, wie sie jetzt zusammengesetzt ist, noch nach den Wahlen beisammen sein werde, und er hat uns den Rat gegeben, uns mit dem Unabwendbaren abzufinden, unsere Stellung darnach einzurichten und schon jetzt darber zu beraten, wie wir uns zu dieser Koalition ir kommenden Parlamente stellen werden. Wir sind nun aber nicht der Auffassung des Herrn Berichterstatters, daß das Schweigen der Mitglieder der Koalition im Budgetausschusse bei Beratung des Staatsvoranschlages ein besonders günstiges Zeugnis für die Gesundheit der Koalition ist. Unsere Auffassung geht vielmehr dahin, daß dieses Schweigen als Beweis dient, wie krank die Koalition ist. Es haben sich die Macher der Koalition davor fürchten müssen, was in der Debatte von den einzelnen Rednern der Koalitionsparteien vorgebracht werden könnte, und es haben sich nicht nur die einen vor den anderen fürchten müssen, sondern jeder einzelne vor seinen Anhängern. Ich hätte mir so gerne einen der nationalsozialistischen Herren angehört, wenn er im Budgetausschuß zum Kapitel des Ministeriums des Äußern gesprochen und dabei so ein bißchen etwas darüber gesagt hätte, wie sich seine Partei zur Gesandtschaft beim Vatikan stellt. Groß haben die Herren das Maul in den Vers ammlungen aufgerissen und gedroht, was alles sie unternehmen werden. Ihr Vertreter ist aus der Regierung geschieden - nur einer, leider, nicht alle - und er hat dadurch herbeigeführt, daß das Parlament im Juli auseinandergehen mußte, daß man nicht einmal in der Beratung über den Gegenstand fortfahren konnte, der damals in Verhandlung stand. Es war ihm nicht genügend, daß die Debate über die Marmaggiaffäre im Auswärtigen Ausschusse abgeführt werde, sie hätte im Plenum abgeführt werden sollen. Und selbstverständlich hat man es draußen in den Versammlungen auch gehört, es dürfe der Vertreter des Vatikans nicht mehr nach Prag zurück, aber auch wir hätten unsere Vertretung beim Vatikan aufzulassen. Und jetzt werden diese Herren hier auf den Bänken sitzen und die Hand für das Kapitel "Äußeres" und naturgemäß auch für die Vertretung beim Vatikan aufheben. Wir deutschen Sozialdemokraten haben Ihnen schon wiederholt und werden Ihnen auch heuer Gelegenheit geben, dazu separat Stellung zu nehmen. Wir haben wiederholt die Streichung dieser Post aus dem Kapitel "Ministerium des Äußeren"beantragt und werden sie wieder beantragen (Posl. Langr: To bychom také dokázali!) und Sie werden gezwungen sein, Kollege Langr, dagegen zu stimmen, daß die Vertretung beim Vatikan aufgelassen werde. (Posl. Langr: Budeme hlasovati, zcela pøirozenì!) Und ein ähnliches trauriges Kapitel für Sie wird das Kapitel "Kultus" sein. Sie werden auch da für die Kultusausgaben stimmen und Ihren Grundsätzen untreu werden müssen.
Weil wir eben wissen, daß derartige Gegensätze in den Auffassungen der Koalitionsparteien bestehen, Gegensätze, die durch einzelne Ereignisse verschärft wurden und werden, sind wir der Ansicht, daß eine solche Koalition naturgemäß mit politischen Krisen rechnen muß, daß die Krise, die Sie jetzt haben, nicht so leicht zu überbrücken ist und daß ein Parlament, das sich in einem solchen krisenhaften Zustand befindet, aufgelöst werden soll. Das waren die Gründe, die uns bewogen zu verlangen, daß die Verhandleng des Budgets nicht mehr von diesem, sondern von dem neugewählten Parlamente vorgenommen werde.
Eine derartige Koalition mit den Rolgeerscheinungen fortwährender Krisen kann nur durch ganz außerordentliche Mittel zusammengehalten werden. Es ist selbstverständlich, daß die Koalition eine Untergrabung des Parlamentarismus herbeiführt. Was sich hier abspielt, sind doch keine parlamentarischen Verhandlungen (Výkøiky na levici.), und wenn die Abgeordneten der verschiedenen Majoritätsparteien nicht das geringste Interesse für den Staatsvoranschlag und auch nicht für andere eminent wichtige Vorlagen haben, so deshalb, weil sie wissen, daß sie nichts dreinzureden haben und daß all das, was in das Haus hineingebracht wird, unabänderlich ist. Der Herr Berichterstatter Prof. Srdínko hat sich im Ausschuß in sein em Schlußwort darüber lustig gemacht, daß man keine Abänderungsanträge zu dem Staatsvoranschlag stelle, daß er selbst wohl einen einzigen Abänderungsantrag beabsichtigt, aber von dessen Einbringung, u. zw. nach den Aufklärungen, die ihm von Seiten des Ministeriums geworden sind, Abstand genommen habe. Ja, meine Herren, haben wir uns denn nicht bemüht, in den früheren Budgetberatungen unserer grundsätzlichen Auffassung und unseren Ansichten Ausdruck zu verleihen durch die Stellung von entsprechenden Abänderungsanträgen? Ist auch nur ein einziger dieser Anträge angenommen worden? Und es hätte ein Abgeordneter irgendeiner Koalitionspartei es wagen sollen, Anträge auf Abänderung auch nur einer einzigen Post des Voranschlages zu stellen! Was wäre die Folge gewesen? Wieder eine schwere Krise. Und wir wissen es ja, während die Beratungen im Ausschuß gepflogen wurden, sind Sie beim Herrn Ministerpräsidenten Švehla gesessen und haben nicht nur über das Arbeitsprogr amm für diese Nationalversammlung, sondern auch über die Abänderung einzelner Budgetposten beraten. Nicht im Ausschuß, nicht in der parlamentarischen Körperschaft, sondern hinter verschlossenen Türen spielt sich auch dieser Kuhhandel ab. Daß nun durch solche Methoden der Ausschaltung des Parlamentes nichts anderes herbeigeführt wird, als eine Diskreditierung des Parlamentarismus überhaupt, werden Sie wohl nicht bestreiten können. Und das ist nun auch die Ursache des geringen Interesses an den parlamentarischen Verhandlungen bei Ihren eigenen Vertretern. Aber nicht nur das geringe Interesse, Unstimmigkeit bei den Abgeordneten der einzelnen Koalitionsparteien, die nichts anderes sind als das liebe Stimmvieh, sind zu konstatieren, sondern noch viel größer als bei Ihnen selbst ist die Mißstimmung in der Bevölkerung, u. zw. nicht in jenen Bevölkerungskreisen, die hinter uns stehen, weil diese Kreise wußten, daß wir bei den Verhältnissen, wie sie im èechoslovakischen Staate herrschen, als Minderheit große Erfolge zu erzielen nicht imstande sein werden; die Mißstimmung bei jenem Teile der Bevölkerung, der Sie in das Parlament entsendet hat, ist groß; wir merken es an dem Zersetzungsprozeß, der sich innerhalb der einzelnen Parteien abspielt. Wir wollen nicht prophezeien, aber ich glaube, auch Sie sind nicht sehr fest davon überzeugt, daß die Koalition nach den Neuwahlen in derselben Zusammensetzung wie jezt und ebenso stark beisammen sein wird, als gegenwärtig. Wir brauchen da nicht viel nach Beweisen herumzusuchen, nehmen wir nur die Beratung des gegenwärtigen Voranschlages als Beweis. Nicht weil es Recht und Pflicht dieses Abgeordnetenhauses ist, den Voranschlag zu beraten und zu beschließen, beschäftigen wir uns jetzt mit der Budgetdebatte, wir wissen schon, daß ganz andere Umstände maßgebend dafür sind, daß der Voranschlag noch vor den Neuwahlen beschlossen werden soll. Die Frage des Kredits spielt eine Rolle, und die Geldgeber verlangen Garantien, welche in erster Reihe in der ordentlichen Beschließung des Budgets bestehen. Wir wissen aber, daß es nicht nur dieses Motiv ist. Wenn Sie auf die Beratung und Beschließung des Voranschlages gedrängt haben, so haben die Herren, die in der Regierung sitzen und das Kommando in der Koalition führen, auch noch andere Gründe. Jetzt hat man die Mehrheit. Wie es damit nach den Wahlen aussehen wird, ist noch fraglich. Wir glauben schon, daß sich wieder eine Mehrheit finden wird, daß Sie wieder eine Mehrheit zustande bringen werden. (Posl. Bechynì: "Es kommt selten etwas besseres nach!" - Veselost.) Dafür bin ich dem Kollegen Bechynì sehr dankbar. Ja ich glaube, daß auch Sie nach den Neuwahlen es empfinden werden, daß die Komplikationen immer größer werden. Und das ist für uns eine gute Hoffnung, und deswegen sagen wir uns: Wir sehnen nicht nur diese Neuwahlen herbei, sondern wir würden wünschen, daß auch in der nächsten Zeit wie in anderen Staaten des öftern an die Wählerschaft appelliert würde, weil das nur eine Gesundung der politischen Verhältnisse herbeiführen kann. (Posl. Bechynì: Až k Mussolinimu!) Ich weiß nicht, ob es dahin führen würde, ich glaube, es kann auch etwas anders kommen als Mussolini, nämlich das Verständnis beim èechischen Proletariat, daß es so nicht weiter gehen kann, sondern daß andere Verhältnisse herbeigeführt werden müssen, nicht so wie in Italien, sondern solche Verhältnisse, daß sich auch das Proletariat im Staate wiederfinde. Und nur die Angst, ob es nach den Neuwahlen möglich sein werde, eine Majorität für den Voranschlag rechtzeitig zusammenzubekommen, war mit eine der Hauptursachen, die dazu führten, daß der Voranschlag noch jetzt behandelt wird.
Ich habe vorhin gesagt, daß solche Verhältnisse, wie sie durch die Koalition geschaffen wurden, aufrecht zu erhalten nur durch Anwendung von Gewalt möglich ist, durch Außerachtlassung aller demokratischen Grundsätze. Wenn wir uns das Getriebe in dieser parlamentarischen Körperschaft ansehen, so fragen wir uns vergebens, wo die Demokratie zu finden ist. Nehmen Sie sich das Verfassungsgesetz und die Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses zur Hand und fragen Sie sich, ob die einzelnen Bestimmungen der Gesetze respektiert und eingehalten werden, eingehalten werden von der Körperschaft, die berufen ist, Gesetze zu schaffen und die an der Beachtung der Gesetze das höchste Interesse haben müßte. Wir haben z. B. in diesem Hause ein Präsidium und nach der Geschäftsordnung hat das Prräsidium eine Menge von Entscheidungen zu fällen; das Präsidium hat die Zeitdauer der Sitzungen zu bestimmen, es hat die Tagesordnung festzusetzen und die entsprechenden Vorschläge bezüglich des Beginnes oder Schlusses der Sitzungen usw. zu machen. Fraben wir uns nun: Ist es der Herr Präsident oder das Präsidium, welches in dem Hause anordnet? (Posl. Hillebrand: Gegen die Opposition ja!) Gegen die Opposition ist die Kraft rasch gefunden, da wird die Geschäftsordnung gehandhabt. Aber was den Gang der Geschäfte im Abgeordnetenhause anbelangt, da hat nicht der Herr Präsident oder das Präsidium zu entscheiden, da erfolgt das Kommando außerhalb des Präsidiums; und als die letzte Sitzung im Juli, deren Tagesordnung und Dauer vom Präsidium beschlossen wurde, so plötzlich abgebrochen wurde, wurde nicht erst das Präsidium zur Beschlußfassung zusammenberufen, sondern es geschah auf Befehl von auswärts. Es ist hier nicht Sache des Präsidenten, Sitzungen einzuberufen und die Tagesordnung festzustellen, so wie es notwendig wäre, sondern alles ist abhängig von den Entscheidungen der "Pìtka", welche kommandiert, welche nicht nur hier, sondern bei jeder Gelegenheit kommandiert. Sie sehen also, wie die Verhaltnisse im Parlamente aussehen und welche Gewalt sehr häufig angewendet werden muß, um aus dem Parlamente überhaupt noch etwas herauszubringen. Nun haben sich die Herren Vertreter der Koalitionsparteien, die sogenannte "Pìtka" geeinigt, daß der Staatsvoranschlag noch in diesem Parlamente verhandelt werde; sie haben sich aber auch dahin geeinigt, daß der Staatsvoranschlag möglichst rasch im Parlamente durchgepeitscht werden müsse. Wir haben in der Geschäftzordnung Bestimmungen darüber, wie unter Umständen für besonders dringliche Vorlagen das Verfahren einzuleiten ist, um eine raschere Erledigung dieser bestimmten Vorlagen herbeiführen zu können. Es ist § 55 der Geschäftsordnung, welcher vom abgekürzten Verfahren spricht. Und nun sollte man meinen, daß, wenn die Koalitionsparteien zu dem Entschluß gekommen sind, den Voranschlag in dieser gesetzgebenden Körperschaft in möglichst kurzer Zeit durchzuberaten, sie nun von den Bestimmungen des abgekürzten Verfahrens Gebrauch machen werden, um eine schnellere Beratung des Voranschlages zu ermöglichen. Um Ihnen nun aber zu zeigen, wie es in der Èechoslovakei mit dem Rechtsempfinden der Hüter des Gesetzes und Rechtes aussieht, will ich Ihnen nur sagen, daß sich die Herren der wohlweisen "Pìtka" die Sache so zurecht gelegt haben, daß, wenn man den Voranschlag im Parlamente rascher verabschieden will, man nicht das abgekürzte Verfahren in Anwendung bringen darf, sondern man müsse es umgekehrt machen; durch die normale Geschäftsbehandlung werde eine raschere Erledigung ermöglicht und herbeigeführt. Es ist traurig, daß eine solche Auslegung überhaupt nur versucht werden konnte; daß sie mit Recht möglich war, bestreiten wir, denn es ist außer Frage, daß das eine ganz willkürliche Auslegung der Geschäftsordnung war, durch die ein solches Durchpeitschen des Staatsvoranschlages ermöglicht werden sollte. Der Herr Generalberichterstatter hat schon im Budgetausschuß und auch hier darauf hingewiesen, daß der Voranschlag in langen Sitzungen beraten wurde und daß die Opposition genügend Gelegenheit hatte, in stundenlangen Reden zum Voranschlage Stellung zu nehmen. Der Herr Generalberichterstatter hat erklärt, daß die Stundenzahl, die sich der Budgetausschuß mit der Beratung des Voranschlages beschäftigte, größer war, als im § 55, Abs. 9 der Geschäftsordnung als Mindestzahl für das abgekürzte Verfahren in Aussicht genommen ist. Er hat auch heute hier erklärt, es sei ein besonderes Verdienst und anerkennenswert, daß der Voranschlag heuer so zeitgerecht eingebracht wurde und wir könnten in den folgenden Jahren mit Recht darauf verweisen, daß das, was heuer möglich war, auch in den kommenden Jahren ermöglichst werde, und er hat anknüpfend daran bemerkt, daß es auch besonders hervorzuheben sei, daß der Voranschlag schon jetzt der gesetzgebenden Körperschaft zur Beratung unterbreitet wird, daß also die Beratung im Budgetausschuß in kurzer Frist erledigt werden konnte und daß so das Haus zu rechter Zeit zur Beratung des Staatsvoranschlages komme. Wir sind nun ganz anderer Meinung als Herr Dr. Srdínko. Es handelt sich nicht darum, wieviel Stunden im Budgetausschuß zum Voranschlag gesprochen wird, sondern darum, wie die Stundenaufteilung vorgenommen wird. Und wenn § 55, Abs. 9, der Geschäftsordnung sagt: "Handelt es sich um den ordentlichen Staatsvoranschlag, so darf die gemäß Absatz 3 dem Ausschuß gestellte Frist nicht kürzer als drei Wochen und die dem Parlamente des Hauses gemäß Absatz 7 gestellte Frist nicht kürzer als 14 Tage sein", und wenn weiter in dieser Bestimmung der Geschäftsordnung enthalten ist, daß außerdem in der angeführten Zeit mindesstens 10 Ausschußsitzungen zu vier Stunden und mindestens sechs Sitzungen des Hauses zu sechs Stunden abzuhalten sind, so ist damit zugleich gesagt, daß ein Voranschlag nicht durchgepeitscht werden dürfe in Dauersitzungen, daß man den Abgeordneten die Möglichkeit und Gelegenheit zur genauen Prüfung des Staatsvoranschlages geben müsse. Wie ist es nun bei uns? Es wurde so gemacht, daß am Donnerstag der Staatsvoranschlag eingebracht wurde, am selben Tag abends die Zuweising an den Referenten erfolgte und Freitag schon mit der Beratung des Staatsvoranschlages im Ausschuß begonnen wurde, ohne daß die Abgeordneten die nötige Zeit gehabt hätten, sich mit den einzelnen Kapiteln und Posten verttraut zu machen. Es wurden die Beratungen in Dauersitzungen bis in die späten Nachtstunden fortgesetzt, dann zeitlich früh wieder begonnen, und das will man eine ernste Beratung des Staatsvoranschlages nennen! Der § 55, Abs. 9, der Geschäftsordnung sagt, daß die Sitzungen 4 Stunden dauern sollen, er sagt weiter, daß im Ausschuß 3 Wochen verhandelt werden soll, damit Zeit zur Prüfung des Staatsvoranschlages und zur Durchberatung desselben gegeben ist. Und wie war es nun möglich, daß eine solche Verhandlung des Staatsvoranschlages im Ausschuß geführt werden konnte? Im Präsidium des Abgeordnetenhauses hat man sich schon auf diese Art der Verhandlung des Staatsvoranschlages geeinigt. Der Herr Vorsitzende des Budgetausschusses und der Generalberichterstatter desselben, Herr Dr. Srdínko, waren es, die eingangs der Beratungen erklärten, daß unter allen Umständen herbeigeführt werden müsse, daß der Budgetausschuß mit seinen Beratungen am Samstag zu Ende sei, damit der Voranschlag am Dienstag, das war gestern, dem Abgeordnetenhaus vorgelegt werden könne. Unter allen Umständen müsse das erzielt werden! Und nicht nur, weil man Scheu davor hatte, daß ähnlich wie im Vorjahre Kritik an dem Voranschlag von den Vertretern der Mehrheitsparteien geübt werden könnte, sondern vielmehr um herbeizuführen, daß der Staatsvoranschlag, so wie man es gewollt hat, heute schon hier in Beratung gestellt werden könne, haben die Vertreter der Mehrheitsparteien auf das Wort verzichten müssen. Und wenn wir heute mit dem Herrn Dr. Srdínko auch ein bischen abgerechnet haben und ihm unsere Meinung über seine Person zum Ausdruck brachten, so erfolgte das nicht in letzter Linie wegen seines Verhaltens im Budgetauschusse.
Wir haben in der Generaldebatte im Budgetausschuß eine Menge von Argumenten vorgebracht, deren Erwiderung Pflicht des Generalberichterstatters gewesen wäre. Es hat sich nun der unerhörte Vorgang abgespielt, daß der Generalberichterstatter bei der Generaldebatte im Budgetausschuß auf das Schlußwort verzichtet und uns auf die Spezialdebatte vertröstet hat. Und erst nach Abwicklung der Spezialdebatte hat der Generalberichterstatter es für notwendig gefunden, in seinem Schlußwort gegen die Opposition loszugehen, und derselben Ratschläge zu erteilen, wo man keine Gelegenheit mehr hatte, im Ausschuß auf diese Ausführungen zurückzukommen. Und, meine Herren, die Absicht, den Voranschlag in dieser Form so durchzupeitschen, hat nicht uns dazu geführt, daß sich die Vertreter der Mehrheitsparteien der Reden und Antworten enthielten, sondern daß auch bei den ersten Kapiteln die Herren Minister es nicht notwendig fanden, auf die Argumente der Abgeordneten der Oppositionsparteien zu antworten. Es ist selbstverständlich, daß die Oppositionsparteien, als sie von diesem Plan der Koalition und des Präsidiums erfuhren, sich sagen mußten, daß man sich einen derartigen Bruch der Geschäftsordnung und eine derartige Behandlung der Opposition keineswegs gefallen lassen könne.
Es ist selbstverständlich, daß wir deutschen Sozialdemokraten, die wir in diesem Hause schon so manchen Abwehrkampf und auch Angriff geführt haben, uns eine solche Behandlung nicht gefallen lassen wollten, und es ist selbstredend, daß wir uns sagten, wir müssen es verhindern, daß der Voranschlag so durchgepeitscht werde, wie es beabsichtigt war. Alle 25 Referenten sollten, wie es der Plan der Koalition war, nach einander ihre Referate erstatten und statt einer Spezialdebatte, wie sie in der Geschäftsordnung vorgeschrieben ist, sollte dann über alle 25 Kapitel auf einmeinmal die Debatte durchgeführt werden.
Der Herr Berichterstatter hat in seinem Schlußwort erklärt, die Koalition hätte in dem Kampf, der sich im Budgetausschuß abgespielt hat, gesiegt. Es sei den Koalitionsparteien gelungen, das durchzusetzen, was sie beabsichtigten, den Staatsvoranschlag bis Samstag seiner Erledigung zuzuführen. Fragen Sie nur nicht, mit welchen Mitteln dies geschah und wie die Beratung des Voranschlages ausgesehen hat! Wir wissen schon, daß bei der Geschäftsordnung, wie sie hier besteht, man nicht so wie im alten Österreich parlamentarische Unsitten beseitigen kann, nicht so, wie man es im alten Österreich durch Awendung der Obstruktion getan hat, Gewaltanwendung verhindern kann. Das wissen wir. Deshalb haben Sie sich ja die Geschäftsordnung so gemacht. Wir haben also nicht damit gerechnet. Es gefälùt mir ungemein, wenn èechische Sozialdemokraten so darüber erfreut sind, daß die Bestimmungen der Geschäftsordnung dieses Parlamentes so aussehen. Das ist ungemein erfreulich. Nun, wir wußten schon, daß wir durch unseren Abwehrkampf, den wir vorzunehmen gezwungen sind, große Erfolge nicht erzielen werden. Aber wir haben doch das eine erzielt, daß Sie es nicht durchzusetzen vermochten, so wie Sie wollten, daß die Budgetdebatte in einem durchgeführt wird, ohne daß man sich auf eine Spezialdebatte einlasse. Was wir führten, war ein Abwehrkampf gegen die Gewalt. Es ist uns nicht eingefallen, und wir haben uns nicht der Hoffnung hingegeben, daß wir durch Obstruktion imstande sein werden, die Beratung des Voranschlages in diesem Hause unmöglich zu machen. Wir wissen schon, daß Sie Erfahrungen als Obstruktionspartei im alten Österreich ges ammelt haben und daß Sie bei der Verfassung der Geschäftsordnung für diese Nationalversammlung Ihre Erfahrungen auch ausgenützt haben. Wir brauchen nicht darzustellen den Unterschied, welcher besteht zwischen Obstruktion und der Abwehrmaßnahme, zu der wir hier gegriffen haben. Es sind unter uns manch, die im alten Österreich Gelegenheit hatten, Ihre Obstruktionstätigkeit kennen zu lernen und manche, die selbst mit erfahrsn haben, wie ausdauernd Sie imstande waren, von den Mitteln der Obstruktion Gebrauch zu machen, um das Parlament lahmzulegen oft zu einer Zeit, wo die arbeitende Bevölkerung das größte Interesse an der Erfüllung irgend welcher Volksnotwendigkeiten gehabt hatte. Es wurde im alten Österreich Obstruktion unternommen nicht nur zur Abwehr von Gewaltmaßnahmen, nicht nur gegen den Mißbrauch des § 14 oder irgendeiner Anwendung dieses Paragraphen, sondern Sie haben auch Obstruktion getrieben..... (Posl. Dyk: Obstrukci proti jazykovým naøízením za Badeniho dìlali jste s nacionály nìmeckými!) Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daß so wie im alten Österreich wir auch hier in der Èechoslovakei nicht der Ansicht sind, daß große Probleme durch Verordnungen gelöst werden können. Wenn wir im alten Österreich Stellung nahmen gegen Badeni, so geschah dies eben wegen des Mißbrauches, den er damit getrieben hat. Aber es ist gut, daß sich Herr Kollege Dyk an die Zeiten Badenis erinnert, und zwar an jene Zeiten, wo einer seiner Klubkollegen, Dr. Kramáø, das Parlament geschändet hat, denn er war es, der die Polizei in das Parlament gegen die Opposition geführt hat. Es ist kein rühmliches Andenken für Sie und für Ihre Partei. (Posl. Dyk: Proti násilí násilí, to je docela jednoduché!) Ich weiß schon, daß Sie Gewaltmenschen sind. Und wenn wir Freude haben, daß es bald zu den Wahlen kommt, so deswegen, weil wir hoffen, daß Ihre Leute Ihnen die Ohrfeigen geben werden für Ihre Gewaltpolitik, die Ihnen gebühren. (Posl. Dyk: To mne z vašich úst tìší!) Ich habe schon vorhin davon gesprochen, daß durch die Zerwürfnisse, die in Ihren Parteien entstanden sind, der Beweis erbracht wurde, wie Ihre Parteianhänger über Ihre Handlungen urteilen. Nehmen Sie doch die Gedichte Machars aus der letzten Zeit zur Hand und lesen Sie, wie einer Ihrer besten über Sie urteilt. Nehmen Sie Engliš, Stránský und all die anderen Leute, die aus Ihrem Lager hervorgegangen sind, wie die über Sie urteilen! Dann werden Sie kleiner werden und werden aufhören, von Gewalt zu reden, wenn Sie bedenken, wie Ihre Leute selber über Sie urteilen, wie weit es mimit der Demokratie gekommen ist durch Ihre Taktik. (Výkøiky posl. Dyka.) Meine Herren, ich komme noch auf die Obstruktion zurück und verweise darauf, daß die Obstruktion im alten Österreich von Leuten geführt wurde, welche hier in der Èechoslovakei mit der Wahrung der Ordnung betraut sind. Wir haben nicht nur Lisý, Fresl, Choc und Klofáè so im Ohr, wenn wir an die Obstruktion im alten Osterreich zurückdenken, sondern wir haben auch im Präsidium dieses hohen Hauses einen Herrn sitzen, welcher sehr werktätig bei der Obstruktion mitgetan hat und einen Unterschied zwischen Obstruktion und dem, was wir hier im èechoslovakischen Parlament zur Abwehr der Gewalt unternommen haben, zu machen weiß. Er weiß schon und Sie alle, die Sie es mitgemacht haben, wissen auch, daß man obstruiert hat nicht nur gegen Gewalt, sondern daß man im alten Österreich auch mitunter zu der Zeit obstruiert hat, wo die Bevölkerung gewartet hat auf die Erfüllung wirtschaftlicher Notwendigkeiten.
Es war der Mehrheit sehr unangenehm, daß wir in den Budgetausschuß gegangen sind, dort Kritik geübt haben und daß wir uns an den Beratungen beteiligt haben. Es war Ihnen, meine Herren, sehr unangenehm, daß Sie gezwungen waren, sich längere Zeit mit der Budgetverhandlung zu beschäftigen, als Sie erwartet hatten. Das war nicht nur sehr unangenehm, sondern auch sehr ermüdend. Heute wurden dem Herrn Generalberichterstatter während seiner Rede in Zwischenrufen Vorwürfe gemacht, daß er nicht ausgeharrt hat während der Debatte im Budgetausschuß. Sie dürfen es ihm nicht verargen, daß es ihm schwer gefallen ist, während der Beratungen auszuharren und daß er nur kurze Zeit daran teilgenommen hat. Es war die Anstrengung naturgemäß für einen Einzelnen zu groß. Aber, meine Herren, wenn Sie berücksichtigen, daß die wichtigste Person bei der Beratung des Budgets, nämlich der Herr Generalberichterstatter, der alle Argumente anhören und der Antwort geben soll, nicht die Möglichkeit hatte, im Ausschuß während der Beratungen auszuharren, wollen Sie dies als ernste Budgetberatung bezeichnen? Da werden Sie begreiflich finden, daß wir uns zur Wehr setzten, daß wir mit allen Mitteln gegen diese Methoden den Abwehrkampf zu führen gezwungen waren.