Úterý 29. záøí 1925

Es taucht nun die Frage auf, ob denn wirklich die Behauptung des Herrn Ministers richtig sei, daß das Niveau unserer Volksschule nicht im geringsten berührt worden ist. Da darf ich an einige ganz wenige Beispiele erinnern. Der Schulbezirk Gablonz, einer der höchstentwickelten, kulturell und wirtschaftlich höchststehenden, der dem Staate durch seine Erzeugung und seine Industrie Werte von mehreren Hunderten Millionen einbringt, besaß im Jahre 1918 noch 5 einklassige Schulen, von denen 2 in Reiditz und Böhm. Schumburg, gesperrt worden sind. Die übrigen Schulen hatten meist 3, 4 und 5 Klassen. Heute hat der ganze Bezirk Gablonz nur noch eine einzige 5klassige Schule, dafür aber sind an Stelle der 5 einklassigen 12 oder 13 einklassige getreten. Man darf also doch nicht behaupten wollen, daß das Schulwesen nicht gelitten habe. Der Bezirk Teplitz hat nur noch zwei fünfklassige Schulen, der Bezirk Karlsbad von 23 fünfklassigen nur noch 3 behalten. Das sind furchtbare Ziffern, erschütternde Zahlen, denn durch diese Drosselung eines hochorganisierten Schulwesens wird natürlich die Arbeit des Lehrers ungeheuer erschwert. Aber das Niveau unserer Volksschulen ist durch die Drosselungen nicht im geringsten berührt, heißt es.

Eine ganz rein mechanistische Auffassung ist es, der man allgemein draußen begegnet, der Lehrer habe nichts zu tun, er habe seine paar Stunden im Tag und dann sei er frei. Was hat so ein schlichter Mensch, der oder jener versteckte oder offene Gegner wder kulturellen Entwicklung überhaupt für ein Interesse an der Schule! Ist es ihm nicht lieber, wenn er immer darauf hinweisen kann, daß der Lehrer ein Nichtstuer, ein Schmarotzer sei? Bedauerlich ist es aber, wenn der Herr Minister selbst zu dieser mechanistischen Auffassung von der Schule und ihrer Bedeutung gelangt. Dagegen müssen wir uns verwahren.

3512 Klassen sind also gesperrt worden. Es sind schon wiederholt Zahlen genannt worden, und auch mein Parteigenosse Hillebrand hat einzelne Zahlen für die Länder genannt, ich will das nicht wiederholen. Ich möchte nur einiges hinzufügen. Es ist sehr bezeichnend, daß hier gesagt wird, auch das èechische Schulwesen sei gedrosselt worden. Wir bedauern das, um es nochmals zu sagen, und stellen ausdrücklich fest, daß wir jederzeit und immer für die kulturelle Entwicklung aller Völker im alten Österreich, wie auch in diesem Staate eingetreten sind. Wir brauchen uns nach dieser Richtung hin nicht zu verteidigen. Auffällig ist aber, wie der Minister verschweigt, wie das èechische Schulwesen einen Ausgleich erfahren hat zu seinem Vorteil, indem man an Stelle aufgelassener Schulen eben 1150 Minoritätsschulen in Böhmen errichtet hat, die von ungefähr 28.000 Kindern besucht werden. Das macht für eine Minoritätsschule eine Durchschnittsziffer von etwa 25 aus. Wenn gleiches Recht für alle in diesem Staate gilt, wenn tatsächlich von Demokratie gesprochen werden soll, dann dürfen wir mit Rücksicht auf den Zustand des èechischen Schulwesens für uns das gleiche Recht und Richtmaß verlangen. Wir dürfen nicht zu Bürgern zweiten oder dritten Grades degradiert werden, das wäre eine Verletzung der von Ihnen feierlich beschworenen und feierlich angenommenen Verfassungsurkunde, in der Sie ausdrücklich versprochen haben, daß Sie für das Wohl aller eintreten werden.

Und nun eine Frage: Wie wird der Abbau der Schule durchgeführt und wie wirkt der Abbau? Die Vorbildung der Kinder muß natürlich ungeheuer leiden. Die Volksschule bereitet in vielen Fällen für die Mittelschule vor. Eine derartige Vorbereitung aber ist glattweg unmöglich, denn aus zwei- oder einklassigen Volksschulen können die Kinder doch nicht derart vorbereitet in die Mittelschule eintreten, wie aus einer vier- oder fünfklassigen. Oder aber verbirgt sich auch hier der nationalistisch-chauvinistische Pferdefuß? Wollen Sie, daß das deutsche Mittelschulwesen leide gegenüber den èechischen Mittelschulen? Und die Bürgerschule, die man mit Stolz die Mittelschule der Arbeiter, der Armen genannt hat, sie wird zur Armeleutschule degradiert. Es ist durchhaus nicht richtig, daß das Niveau der Schulbildung durch die Drosselungen nicht gelitten habe oder daß durch die Drosselungen das Streben nach Vervollkommnung des Schulwesens gar keinen Schaden gelitten habe. Diese Behauptungen zu erweisen wäre ungeheuer schwierig, leichter ist es schon, das Gegenteil darzutun. Und noch etwas. Der Herr Minister hat darauf hingewiesen, daß die Restriktion des Schulwesens, der Abbau der Schulen um 3512 Klassen - es ist das eine ungeheuer erschreckende Zahl - nichts anderes darstelle als "die Anpassung an die pädagogischen Interessen". Der Herr Minister scheint selbst zu fühlen, auf welch schwachen Füßen diese seine Behauptung steht, daher verlangt er, daß man bei Aufteilung der Schulsprengel oder Distrikte so vorgehe, daß die Errichtung von höher organisierten Schulen möglich ist.

Das ist aber nicht im Belieben irgendwelcher Schulbehörden gelegen, die Festsetzung der Schuldistrikte ist doch durch die Vorschriften des Gesetzes gegeben, in Böhmen durch das Landesgesetz vom Jahre 1873, hängt also nicht vom Belieben irgendwelcher Schul- und Ortsbehörden ab. Ein zweites Argument, das uns dartut, wie der Her Minister selbst diese Anpassung an die pädagogischen Interessen als recht schwaches Argument empfindet, ist der Appell an die Ortschulräte, "pädagogische Interessen" allen "anderen" voranzustellen. Man muß überlegen, daß bei den Drosselungen die Ortsschulräte überhaupt nicht gefragt worden sind, und wenn sie es versuchten, die pädagogischen Interessen bei den vorgesetzten Behörden zu wahren, dann haben sie oft verschlossene Türen und taube Ohren gefunden. Ein sehr bezeichnender Fall aus der jüngsten Vergangenheit: Vielleicht in derselben Stunde, da der Herr Minister über Auftrag der Koalition die Schuldrosselungen rechtfertigen mußte, ist vom Ministerium endgültig die Abweisung der Beschwerde des Ortsschulrates in Hruschau erflossen. 117 Kinder besuchen diese Bürgerschule in Hruschau, dabei haben sich heuer 47 zum Eintritt gemeldet. Die Berechtigung ist also nachgewiesen, denn selbst das rückständige kleine Schulgesetz hat ausdrücklich festgelegt, daß eine Bürgerschule bei 90 Kindern nicht geschlossen werden darf. Diese Schule wird aber geschlossen, u. zw. wegen mangelnder Legitimation. Wie kommt das? Den Protest gegen die Schuldrosselung haben nämlich nur die deutschen Mitglieder des dortigen Ortsschulrates eingebracht, die in der Minderheit sind, und dieser Minderheit verweigert man die Legitimation und weist die Beschwerde endgültig ab. So liegen die Dinge und sie sind ein Beweis dafür, daß die Praxis in diesem Staate anders ausschaut als die Theorie, mag sie in noch so schöne Worte gekleidet sein.

Und noch auf einen wichtigen Umstand möchte ich hinweisen, nämlich darauf, daß bei den Drosselungen die Bezirksschulräte nicht gefragt wurden. Es gibt Bezirksschulräte, die monatelang zu keiner Sitzung einberufen wurden, die man zur Mitarbeit nicht heranzieht. Man hat die ganze Vollzugsgewalt, die Henkersarbeit, möchte ich sagen, - es ist ein harter Ausdruck, aber es ist gerechtfertigt, - übertragen auf den Vorsitzenden des Bezirksschulausschusses und den Inspektor des betreffenden Bezirkes. Sie folgen den Weisungen und haben trotz der Bestimmungen des Schulerhaltungsgesetzes von 1873, wie sie im § 26 festgelegt sind, niemanden gefragt. Ja, es hat sich sogar ein neues System herausgebildet. Der Inspektor Dr. Beèváø in Teplitz-Schönau hat telephonisch die Sperrung von 5 Klassen am 5. September verfügt. Das ist ungemein praktisch. Es wäre vielleicht noch praktischer, in die Kanzleien der Bezirksschulinspektoren Radiosendestationen einzubauen. Die telephonische Sperrung wurde dann zurückgenommen. Sie statten die Vorsitzenden der Landesschulräte mit einer Machtvollkommenheit aus, wie sie in keinem anderen Staat einem Beamten zukommt. Und sie bürden dem Mann ein riesiges Joch von Verantwortung auf und glauben damit, sich selbst der Verantwortung vor der Geschichte und den Nationen zu entziehen. Das ist nicht richtig. Persönlich muß der Beammte zwar die Gesetze durchführen, vielleicht manchmal gegen seine bessere Einsicht, aber verantwortlich bleibt doch die Koalition, bleibt das System einer Scheindemokratie und letzten Endes die "Pìtka".

Die Entwicklung wird vialleicht soweit gehen, daß wir im Unterrichtsgegenstand der Bürgerkunde noch den Satz einer neuen Sittenlehre werden lehren müssen: Daß wir alles für wahr zu halten haben, was uns die heilige Koalition und die "Pìtka" zu glauben vorschreiben. Also glauben wir auch, daß durch die Drosselungen das Niveau der Volksschule nicht Schaden genommen hat und daß die Demokratie gewahrt worden sei. Man gestatte uns aber, daß wir uns gegen diese Drosselungen, gegen diese fortgesetzten Quälereien auflehnen. Es wäe geradezu unmenschlich und wir würden zu stumpfsinigen Heloten herabsinken, wollten wir nicht protestieren und wollten wir uns nicht verwahren gegen die fortgesetzte Tyrannei, die absolut mit Demokratie nichts zu tun hat. Der Minister hat ausdrücklich erwähnt, daß man noch schonungsvoll vorgegangen sei. Denn hätte man nach der vollen Strenge des Gesetzes, nach seinen Buchstaben gehandelt, dann dürften in Böhmen nur noch 4871 deutsche Klassen und in Mähren nur noch 1407 Klassen bestehen, so aber bestüden noch 6025 in Böhmen und 1834 in Mähren. Als ob das eine Entschuldigung wäre! Man nimmt die höchste Ziffer und führt ein ganz einfaches Rechenbeispiel durch: man dividiert die Zahl der Kinder durch 80 und hat dann dieses Ergebnis, und scheut sich nicht, daraus noch zu folgern, wie hoch wir eigentlich dastehen, und wie unser Schulwesen sich dem Kulturleben angepaßt habe, daß das Niveau der Schule nicht gelitten habe. Beim Abbau der Schule hat man selbstverständlich sich einen Pfifferling um die Bestimmung des Gesetzes geschert. Ich wiederhole nochmals, daß § 7, Abs. 2, schwer verletzt worden ist, der bestimmt, daß durch die Zus ammenlegung oder Schließung von Klassen in der neuen Klasse nicht mehr als 60 Kinder sein dürfen. Man hat sich um die Entscheidungen des Obersten Verwaltungsgerichtshofes nicht gekümmert, die mehrfach erflossen sind, daß für Parallelklassen dieselben Bestimmungen gelten, wie für definitive Klassen. Ich will auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom Juni d. J., unter Zahl 11.555 erflossen, aufmerksam machen, wonach es nichtzulässig ist, daß Parallelklasen für eine bestimmte Frist errichtet werden. Entscheidend ist die Dauer des Bedarfes. Man hat das ganze Raffinement der Juristen und die Kniffe eines Juristengehirns angestrengt, um in das kleine Schulgesetz jene Bestimmmmungen hineinzubringen, die die Drosselung überhaupt erst ermöglichen, daß man die Kinder nicht zählt, selbst wenn sie in der betreffenden Gemeinde wohnen, weil sie dort nicht heimatberechtigt sind, daß man Ausländer nicht zählt, daß man vorschulpflichtige Kinder nicht zählt. Es ist vorgekommen, daß man Kinder, die am 5. oder 6. September 6 Jahre alt werden, einfach als nichtschulpflichtig ansieht und ich will nur einige wenige Beispiele anführen. In Groß-Schönau hat man die Knaben- und Mädchenbürgerschule zusammengezogen, obwohl jede Schule mehr als 90 Kinder hatte, die Bestimmungen des kleinen Schulgesetzes also erfüllt sind. Man hat in Prödlitz bei Aussig ein vierte Klasse aufgelöst; dadurch sind in der dritten Klasse 73 Kinder, von denen nur 70 anerkannt wurden. Trotzdem aber geht diese Zahl von 70 Kindern über das Verlangen des § 7, Abs. 2, hinaus. Besonders kraß sind Beispiel und Gegenbeisoiel in Nieder-Einsiedel, wo 8 deutsche Klassen von 361 Kindern besucht werden, während 6 Klassen der èechischen Minderheitsschule eine Zahl von 90 Kindern aufweisen. Oder man hat z. B. in Sichelsdorf im Bezirk Landskron zwei Kinder nicht gezählt, obwohl sie schon jahrelang in der be treffenden Gemeinde wohnen und die dortige Schule besuchen. Das sind Dinge, die dem Geiste des Gesetzes - und ein letzter Rest von Geist ist sogar im kleinen Schulgesetz vorhanden - hohnsprechen und ins Gesicht schlagen.

Darum verlangen wir vom Herrn Minister, daß er bei Überprüfung von Beschwerden strengste Objektivität walten läßt, daß er Beschwerden so rasch als möglich erledigt und daß er sich erinnert an das Wort Tusars, der seinerzeit einer Deputation, die wegen Schulauflass ungen bei ihm war, gesagt und versichert hat, daß er nicht will, daß das Schulwesen herunterorganisiert wird, daß er nicht will, daß besonders einklassige Schulen gedrosselt oder aufgehoben werden. Ich darf als Zeugen dieses Gespräches und als Zeugen dieser Auffassung den Leiter des Ministeriums Tusar, Herrn Habrman anführen, der damals als erster Unterrichtsminister dieser Unterredung zugezogen worden ist. Die Vergewaltigung des deutschen Schulwesens und des Schulwesens überhaupt schreit zum Himmel und erregt höchste Empörung. Sie ist sittlich durchaus nicht berechtigt, wir lehnen uns dagegen auf.

Ich will zum Schlusse kommen und zus ammenfassend sagen, daß unser Kampf, wie das ja schon mein Parteigenosse Hillebrand gesagt hat, der Erhaltung der Schule überhaupt gilt, daß unser Kampf auch der Wiederherstellung des Rechtes und der kulturellen Autonomie gilt. Diese Forderung, die wir erheben und immer wieder erheben werden, sie ist Ihnen nicht neu, Sie dürfen nur an die feierlichen Bekundungen denken, als Sie noch im alten Staate den Umsturz vorbereitet haben. Am 6. Jänner 1918 ist in einer feierlichen Deklaration, der geschichtlich berühmt gewordenen Dreikönigstagsdeklaration, ausgesprochen worden, daß die Vertreter des èechischen Volkes kämpfen werden um das Selbstbestimmungsrecht, daß sie kämpfen werden gegen die brutale Gewalt, daß sie kämpfen werden gegen die Unterdrückung der Nationen, und sie erhoben am 13. April 1918 feierlich die Schwurhand und gelobten, nicht ruhen und rasten zu wollen, bis Sie alle diese Forderungen durchgesetzt haben, bis Sie den Sieg der Wahrheit über die Lüge erreicht haben, den Sieg der Gerechtigkeit über die Willkür, den Sieg der Demokratie über die Autokratie, und alle diese feierlichen Versicherungen, die Sie mehrfach und wiederholt gegeben haben, sie haben den Niederschlag schließlich gefunden im Verfassungsgesetze. Im Verfassungsgesetze ist ausdrücklich ausgesprochen: Das èechoslovakische Volk steht immer auf dem Boden des Selbstbestimmungs rechtes, es will Ordnung, Ruhe und Zufriedenheit aller. Und wenn Sie das, was Sie damals gelobt haben, durchführen, werden Sie uns geben, wofür wir eintreten, denn es muß für uns billig sein, was Ihnen recht ist. Geben Sie uns die kulturelle Autonomie! (Souhlas a potlesk na levici.)


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