Úterý 23. èervna 1925
Pøíloha k tìsnopisecké zprávì
o 348. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 23. èervna 1925 odpol.
Øeè posl. Grünznera (viz str. 305 tìsnopisecké zprávy):
Hohes Haus! Wir sind leider genötigt, die erste Gelegenheit wieder zu benützen, um unseren Protest gegen die Vorgangsweise der Regierungskoalition vorzubringen, die lediglich nur, um die Zeit auszufüllen, nichtigere Vorlagen im Hause zur Verhandlungen stellt, als jene Maßnahmen es sind, die in jüngster Zeit hinter den Kulissen getroffen wurden: nach den Zöllen die Zuckersteuer, außer dieser Zuckersteuer die Umsatzsteuererhöhung auf eingeführte Mahlprodukte. Dabei versteht es die Regierungskoalition, den Volksmassen plausibel zu machen, daß eine Erhöhung des Zuckerpreises durch die Einführung der Zuckersteuer nicht eintreten werde. Wiederum fällt das Odium auf die Staatsangestellten, indem die Regierung und die Mehrheitsparteien diese Maßnahme damit zu begründen suchen, die Remunerationen, die bereits zu Beginn dieses Jahres fällig waren, endlich zur Auszahlung bringen zu können. Wiederholt hat die Regierung den Staatsangestellten das Versprechen gegeben, daß die Remunerationen für das Jahr 1925 mit 1. April zur Auszahlung gelangen. Bis heute ist das nicht geschehen. In den ersten Tagen der Frühjahrstagung des Hauses wurde uns ein Gesetz über die Neueinführung von Gebühren bei Amtshandlungen und die Erhöhung anderer Gebühren unterbreitet. Auch dieses Gesetz hat die Regierung mit der Notwendigkeit der Bedekkung der Auslagen für die Staatsbeamten- und Staatsangestelltenremunerationen begründet. Bis heute ist allerdings eine Durchführungsverordnung zu diesem Gesetze nicht erschienen, so daß man in den Ämtern eigentlich nicht weiß, wie diese Gebühren zu berechnen sind, und überdies mangelt es der Regierung noch immer an den notwendingen Geldmitteln, um diese Remunerationen auszahlen zu können.
Dazu mußte nun wieder der Zucker herhalten. Während am Weltmarkte der Zuckerpreis 2·70 Kè beträgt, beträgt er im Inland 4·40 Kè. Die Regierung erklärt, die 70 Heller vom kg Zucker, die notwendig seien, um die 217 Millionen Kronen für die Bedeckung der auszuzahlenden Remunerationen der Staatsbeamten aufzubringen, tragen die Zuckerproduzenten, die Konsumenten werden darunter nicht zu leiden haben. Es ist ganz sonderbar und - so muß man hinzufügen - bedauerlich, daß sich die Volksmassen so apathisch gegenüber einem so aufgelegten Schwindel verhalten. Die Zuckerproduzenten haben im vergangenem Jahre Riesenprofite eingesackt, ihr Übergewinn betrug 90 Heller per kg Zucker. Sie gewinnen heute noch 20 Heller, trotzdem sie nun 70 Heller abgeben. Wer wundert sich da, wenn die Vertreter der Zuckerindustriellen erklärten, daß sie keine Ursache haben, sich über die Politik der Regierung zu beklagen, wenn sie im vergangenem Jahre so glänzend abgeschnitten haben.
Aber es ist noch ein anderes Moment dabei zu beachten. Offenbar verfolgt die Regierungskoalition den Zweck, die Volksmassen mit derartigen Belastungen gegenüber den Staatsbediensteten zu erbittern, damit sie sich die Staatsbediensteten in Zukunft besser vom Leibe halten könne. Wir protestieren ganz entschieden gegen einen derartigen Vorgang und verlangen, daß die Regierung endlich hier im Hause Rede stehe über die von ihr in jüngster Zeit getroffenen, in das Wirtschaftsleben und in das Leben des einzelnen Menschen so tief einschneidenden Maßnahmen.
Wir können die Gelegenheit auch nicht vorübergehen lassen ohne einige Worte über die Art und Weise zu sprechen, wie das Gesetz über die Sparmaßnahmen in der Staatsverwaltung durchgeführt wird. Die Regierung hat bei Beratung dieses Gesetzes sowohl im sozialpolitischen Ausschuß, als auch bei anderen Gelegenheiten erklärt, das Gesetz sei nur aus sachlichen Motiven entstanden und es werde nur nach sachlichen Gesichtspunkten durchgeführt werden. Der Herr Eisenbahnminister war selbst der Auffassung, daß bei der Durchführung des Gesetzes, um Ungerechtigkeiten oder eine einseitige Durchführung zu vermeiden, die bei den Eisenbahnen eingesetzten, auf demokratischer Grundlage gewählten Vertrauensmännerausschüsse mitzuwirken haben werden. Nun entstand aber in den Koalitionskreisen sehr bald ein Streit. Jede Partei, jede diesen Parteien angeschlossene Gewerkschaftsorganisation versuchte, ihren Anhängern und Mitgliedern plausibel zu machen, daß sie von diesem Abbau nicht betroffen werden, daß nur die anderen daran werden glauben müssen. Offenbar bedienten sie sich dieser Argumentation um ihr Schuldbewußtsein zu verdecken, daß sie an diesem Gesetze mitgewirkt und dafür gestimmt haben. Eine wie die andere der Regierungsparteien erklärte also, es dürfe von ihren Anhägern, von ihren Parteimitgliedern niemand abgebaut werden. Um nun eine Kontrolle darüber zu bekommen, einigten sich die Koalitionsparteien auf die Einsetzung von politischen Kommissionen. Das System, das seit Jahren in diesem Staate herrscht, das System der Pìtkas, wurde beim Personalabbau auch in die Verwaltungskörper übertragen. Es wurden die Vertrauensmännerausschüsse von der Mitwirkung ausgeschaltet und an ihre Stelle wurden politische Fünferkommissionen eingesetzt, die von den Koalitionsparteien ernannt worden sind. Wer da noch daran glaubt, daß das Gesetz nach sachlichen Gesichtspunkten durchgeführt werden soll, dem ist nicht zu helfen. Wir haben deshalb auch kein Vertrauen in die sachliche Durchführung des Gesetzes, und es haben es auch wiederholt die Preßorgane der Regierungsparteien bewiesen, die unausgesetzt - und da insbesondere die Presse der nationalsozialistischen Partei - versucht haben, die Regierung zu beeinflußen, daß nur die Angestellten der Minderheitsnationen, insbesondere die Deutschen und diejenigen, die die Dienstsprache nicht beherrschen, in erster Linie abgebaut werden sollen. Ja, es wurde sogar in "Èeské Slovo" geschrieben, daß die Deutschen ausreichen würden, um die ganze Quote des Personalabbaues zu decken. Es ist möglich, daß sie dazu gerade noch ausreichen würden. Dadurch wäre natürlich der letzte deutsche Staatsbedienstete aus dem Dienste entfernt.
Wir haben durch die "Loko-Press" nun endlich in Erfahrung gebracht, wie dieser Abbau ausschauen wird. Im Ministerratspräsidium werden durch freiwilligen Abgang 20, durch zwangsweisen Abbau 19, zusammen also 39 abgebaut; im Innenministerium 720 durch freiwilligen, 1110 durch zwangsweisen Abbau, zusammen also 1830; im Finanzministerium: freiwilliger Abgang 1550, zwangsweiser Abbau 1250, zusammen 2800; im Justizministerium: freiwilliger Abgang 100, zwangsweise Abbau 200, zus ammen 300; Landwirtschaftsministerium: freiwilliger Abgang 170, zwangsweiser Abbau 355, zusammen 525; Arbeitsministerium: freiwilliger 170, zwangsweiser Abgang 600, zus ammen 770; Fürsorgeministerium: freiwilliger Abgang 51, zwangsweiser Abbau 149, zusammen 200; Handelsministerium: freiwilliger Abgang 60, zwangsweiser Abbau 20, zusammen 80; Außenministerium: 50 durch freiwilligen Abgang, 100 durch zwangsweisen, 150 zusammen; Verteidigungsministerium: freiwilliger Abgang 600, zwangsweiser Abbau 1903, zusammen 2503; Schulministerium: freiwilliger Abgang 24, zwangsweiser Abbau 598, zusammen 622; Postministerium: 1600 durch freiwilligen, durch zwangsweisen Abgang 3000, zusammen 4600; Eisenbahnministerium: durch freiwilligen Abgang 2238, durch zwangsweisen Abbau 16.643 zusammen 18.881; Ernährungsministerium: freiwilliger Abgang 14, Zwangsabbau 14, zusammen 28; Unifikationsministerium: freiwilliger Abgang 1, zwangsweiser Abbau 5, zusammen 6; Gesundheitsministerium: 31 freiwillig, 235 zwangsweise, zusammen 266; Kanzlei des Präsidenten: freiwilliger 8, zwangsweise 15, zusammen 23; Bodenamt: freiwillig 33, zwangsweise 17, zusammen 50; Kontrollamt: freiwillig 5, zwangsweise 6, zusammen 11; Verwaltungsgericht: freiwillig 7, zwangsweise 0, zusammen 7; statistisches Staatsamt: freiwillig 10, zwangsweise 63, zusammen 73. Insgesamt werden also freiwillig aus dem Dienste scheiden - das sind jedenfalls die Ausgedienten oder jene, die nahe am Ende ihrer Dienstzeit angelangt sind - 7 262, zwangsweise werden ausscheiden 26.362, zusammen 33.624.
Wir haben bereits bei Behandlung des Gesetzes sowohl im Ausschuß, wie auch im Hause hier erklärt: Wenn man eine Verwaltungsreform für notwendig findet, wenn es wahr ist, daß ein überzähliger Personalstand vorhanden ist, dann muß man zuerst die Verwaltungsreform schaffen und dann sukzessive zum Abbau der Angestellten schreiten. Dadurch ließe es sich gewiß auch vermeiden, daß Menschen um ihre Existenz ebracht würden. Wenn das umgekehrt geschieht, und es geschieht leider bei uns so, dann müssen naturnotwendig Störungen in der Amtsführung und in der Ausführung des Verkehrs eintreten. Und es ist leider so, daß heute schon den Vorständen und den leitenden Personen draußen angst und bange wird, wie eigentlich der Dienst in Zukunft abgewickelt werden kann. Es ist bekannt, daß bereits im Vorjahre die Staatsediensteten, insbesondere aber die Eisenbahnbediensteten nicht einmal den ihnen laut Dienstpragmatik zustehenden Erholungsurlaub absolvieren konnten, weil der Personalstand nicht ausreichte. Und bei dieser Art des Personalabbaues, wie er bei uns durchgeführt wird, wäscht sich natürlich die Regierung die Hände in Unschuld, beruft sich auf die Koalitionsparteien, indem sie erklärt, daß eine "Beamtenpìtka" eingesetzt wurde, die eine Art Kuratel über sie ausübe, ihre Hände seien gebunden, sie sei machtlos, sie könne nichts dagegen machen. Es ist nur bedauerlich, daß in dieser "Beamtenpìtka" Vertreter von Eisenbahnerorganisationen sitzen, Angehörige der sozialistischen Parteien, die es zulassen, ja nicht nur zulassen, sondern noch dazu die Initiative ergriffen haben, daß beim Personalabbau die auf demokratischer Grundlage aufgebaute Institution der Vertrauensmänner ausgeschaltet und die ganze Abbauaktion von oben bis herunter zur letzten Dienststelle politisiert werde. Die èechischen politischen Parteien, und da wende ich mich wieder an die sozialistischen Parteien, merken gar nicht, wie sie mitwirken, nicht nur an der Schändung der Demokratie, sondern an der Beseitigung derselben. Es wurde auch in anderen Staaten ein Personalabbau durchgeführt; wie hat man es aber dort gemacht? In Österreich, wo der Zwangsabbau gerechtfertigter erschien als hierzulande, in Österreich, wo die Sozialdemokraten nicht nur organisatorisch, sondern auch in den Personalvertretungskörpern die Mehrheit besitzen, wurde den Christlichsozialen, welche auf Grund der Wahlen keine Vertretungen in diesen Körperschaften hatten, eine solche Vertretung zugestanden, damit der Personalabbau mit Vertrauen in allen Bedienstetenkreisen aufgenommen werden konnte. Hierzulande nimmt man solche Rücksichten nicht, da geht man kaltblütig über solche Moral- und Rechtsbegriffe hinweg und ist zufrieden, wenn man die Tagesgeschäfte der Koalition besorgen kann. Ich habe bereits kurz angedeutet, welche Folgen der Personalabbau zeitigen wird: Erstens...
Pøedseda (zvoní): Upozoròuji pana øeèníka, že jednáme o odst. 1 poøadu, totiž o zprávì výboru dopravního a rozpoètového k vládnímu návrhu zákona, podle kterého stát nabývá drah, zaruèených státem anebo zemí Èeskou, a žádám ho, aby mluvil k vìci. (Výkøiky na levici.)
Posl. Grünzner (pokraèuje): Die Folge des Abbaues wird sein, eine Verschärfung der Dienstturnusse, bei deren Aufstellung schon heute das Gesetz über die achtstündige Arbeitszeit mißachtet und überschritten wird, eine erhöhte Ausbeutung des Personals, eine Verlängerung der Amtsstunden, womit am 1. März bereits der Anfang gemacht worden ist, eine Steigerung der Gefahren im Eisenbahnverkehr und selbstverständlich im Zusammenhang damit die Heraufbeschwörung von Katastrophen, die nicht ausbleiben können. (Výkøiky na levici.) Durch das Gesetz über die Sparmaßnahmen, wie auch durch das über die Kommerzialisierung der Betriebe verfolgt man die Tendenz, eine Art Amerikanisierung einzuführen. Mit dem § 6 des Abbaugesetzes sind bereits alle Rechte auf Ernennung, Stabilisierung, Überreihung und dergleichen aufgehoben worden. Außerdem hebt § 30 dieses Gesetzes alle in den Dienstordnungen und Pensionsfondsvorschriften niedergelegten und erworbenen Rechte auf. Die Absicht geht dahin, jedenfalls auf der einen Seite durch Personal- Abbau Ersparnisse zu erzielen und auf der andern Seite sich ein billiges Personal zu beschaffen.
Die Kategorie der ständigen Arbeiter schafft man ab, führt dafür die Kategorie der Nichtständigen ein, erklärt allen jenen Arbeitern, die bereits ständig waren und einen höheren Lohn bezogen, daß sie im Augenblick ihrer Kündigung schon wieder erklären können, als nichtständige Arbeiter einzutreten, wobei sie selbstverständlich alle Teuerungsbezüge verlieren und für einen Schandlohn rackern müssen. Auch da liegt die Absicht klar zutage: Man will einen Personalstand haben, mit dem man jederzeit herumwerfen kann, wie man will. Es geht gegen die pragmatikalischen Rechte, gegen die definitive Anstellung, man will Arbeitskräfte, die man heute aufnimmt und morgen auf die Straße setzen kann. Wir protestieren auf das schärfste gegen einen solchen Vorgang, gegen die Entziehung der Rechte der Staatsbediensteten, die sie sich in langjährigen Kämpfen errungen haben. Bei der Zusammensetzung des Verwaltungsausschusses zur Kommerzialisierung der Bahnen hat man es ebenso gemacht, wie bei der Einsetzung der Personalabbau-Kommissionen. Man hat keinen Vertreter der oppositionellen Parteien, ja nicht einmal Vertreter der Fachorganisationen in diesen Ausschuß hineingenommen. Es werden schon heute Stimmen laut, daß dieser Auschuß nicht jenes Resultat in der kaufmännischen Führung der Institutionen herbeiführen wird, das man der Welt weiß zu machen sucht. Wir haben auch zu diesem Beginnen und zu dieser Maßnahme keinerlei Vertrauen. Wir könnenes auch nicht unterlassen, die Regierung bei dieser Gelegenheit an ihre Pflicht zu erinnern, im Hause endlich ein Gesetz einzubringen, das auf der Grundlage der römischen und Wiener Vereinbarungen bezüglich der Übernahme der von keinem der Nachfolgestaaten noch übernommenen aktiven oder nichtaktiven Bediensteten beruht. Von pensionierten Bediensteten kann man nicht sprechen, weil die armen Teufel ja keine Pension, sondern nur Alimente beziehen, durch die ihnen das Recht auf Regiebegünstigungen und Teuerungszulagen benommen ist. Es scheint so, als ob die Regierungskoalition damit zuwarten wollte, bis diese Menschen gestorben sind, damit man ihnen die Pension überhaupt nicht mehr zu geben braucht. Das sind Dinge, über die man kaltblütig hinweggeht; aber wenn es gilt, die Bevölkerung durch Einführung neuer Steuern und Zölle zu schröpfen, da weiß man sofort Mittel und Wege, um derartige Pläne und Maßnahmen ins Werk zu setzen. Wie uns bekannt ist, ist ein solches Gesetz bereits in Ausarbeitung. Wir erwarten, daß die Regierung nun nicht mehr damit zögert, damit auch diese armen Teufel endlich von ihrem unsicherem Schicksale befreit werden. (Souhlas na levici.)