Ètvrtek 12. února 1925
Pøíloha k tìsnopisecké zprávì
o 323. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 12. února 1925.
1. Øeè posl. Poha (viz str. 1159 tìsnopisecké zprávy):
Hohes Haus! Die Regierungserklärung kann nicht befriedigen. Sie kann nicht befriedigen in der Aufzählung der Ursachen der gegenwärtigen Teuerung. Sie kann noch weniger befriedigen in den angekündigten Gegenmaßnahmen und sie trifft auch in der Aifzählung der Wirkungen der Teuerung nicht zu. Über die Ursachen der Teuerung hat der erste Redner unseres Klubs in seiner gestrigen Rede ausführlich gesprochen. Es ist daher nicht notwendig, besonderes hinzuzufügen, sondern dabei nur auf die großen Widersprüche zu verweisen, die sich in dieser Beziehung in der Regierungserklärung befinden.
Kollege Rychtera, der vor mir gesprochen, hat gemeint, die Teuerung und die jetzigen ungesunden volkswirtschaftlichen Erscheinungen in dem Staate seien eine Folge des sozialistischen Einflusses in der Koalition, seien eine Folge des sozialistischen Regimes. Ich glaube - und das richte ich an seine Adresse - es ist gerade umgekehrt richtig. Die Erscheinungen, die wir vor uns haben, haben zur Ursache den mangelnden sozialistischen Einfluß in der Pìtka und in der Regierung, sie sind ausgesprochene Merkmale der kapitalistischen Wirtschaft unter dem Deckmantel des freien Handels. (Souhlas na levici.) Die Regierung hat, und das ist wohl das Bedauerlichste, keinen Versorgungsplan, keinen Anbauplan. Nachdem sie dem Phantom des freien Handels bis zur letzten Konsequenz gefolgt ist, darf sie eigentlich keinen haben, und nach meiner Auffassung kann die Regierung daher zum Teil die Ursache für die Zustände, die eingetreten sind, nicht anderswo suchen als hier. Es ist auch falsch, wenn die Ursache der Teuerung auf geringere Ernteerträge von Brotfrucht zurückgeführt wird. Unsere Ernte, wenn ihr Ausmaß auch nur schätzungsweise bekannt ist, mag gegen die des Vorjahres etwas geringer sein, aber fest gehalten muß werden, daß auch die zurückgebliebene Ernte das Ausmaß der Durchschnittsernten der Jahre 1917 bis 1922 übersteigt. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. inž. Botto.) Auch der Hinweis darauf, daß das Steigen der Weltmarktpreise in Brotfrucht auf die geringere Welternte zurückzuführen ist, ist nicht stichhältig, denn die Welternte ist nach den letzten Schätzungen mindestens so groß als die in den letzten 5 Jahren vor 1923, und es werden die Ursachen der Steigerung wohl in der weltwirtschaftlichen privatkapitalistischen Spekulation liegen, wie dies als erster unser Klubredner aufgezeigt hat. Ist die Ernte der Èechoslovakischen Republik, und das ist zuerst festzustellen, etwa zurückgegangen, weil wir weniger angebaut haben? Nein. Weil die Anbaufläche für Brotfrucht um 120.000 ha geringer geworden ist. Die Regierung bewilligt den Agrariern übermäßig hohe Rübenpreise und wundert sich nun, wenn sich die Konsequenz zeigt, daß der Bauer nur das anbaut, wobei er doppelt und dreifach verdient, ohne Rücksicht darauf, wie die Ernährung der Bevölkerung dabei abschneidet.
Bezüglich der Erklärung selbst, auch wenn sie voll befriedigen sollte, müssen wir vorerst die Frage prüfen: "Welchen Wert haben Regierungserklärungen in solchen Fällen?" Schon einmal hat die Regierung nicht nur von dieser Stelle aus eine Erklärung abgegeben, sondern an die Bevölkerung direkt einen Aufruf erlassen - es war am 9. September 1922 - auch anläßlich einer Teuerungsdebatte. Hören wir, was die Regierung in diesem Aufruf versprach: Für die Arbeitslosigkeit größere Beträge bereitbestellen, die Kündigungsfristen für die Dauer der Industriekrise bei Massenentlassungen aus der Arbeit durch ein Gesetz zu regeln - wo ist das Gesetz? - durch ein Gesetz die administrative Bestrafung des Wuchers einzuführen und durch gesetzliche Vorschrift Abmachungen über die Aufrechzerhaltung von hohen Preisen, sowie jedwede Vereitelung des Verbilligungsprozesses zu verhindern. Wo ist das Gesetz und seine Durchführung in der Praxis? Die Regierung versprach ferner, die Preisvereinbarungen der Gewerbegenossenschaften einer Revision zu unterziehen; die Zollkoeffizienten würden, wo es die gegenwärtige wirtschaftliche Lage dringend gebietet, abgeändert werden, Ermäßigungen der Eisenbahntarife würden durchgeführt, die Posttarife allmählich herabgesetzt werden. (Hört! Hört!) Nun, wir haben gerade am 1. Jänner eine ziemlich hohe Steigerung der Telephontarife bekommen, eine Herabsetzung gab es seit der Zeit nicht. Wir haben auch Frachttarifermäßigungen bekommen - wir wollen nicht ungerecht sein - ja, aber im Interesse der agrarischen Ausfuhrprodukte und einzig und allein für eine begrenzte Zeit für den Kartoffeltransport. Alle Erklärungen der Regierung in dem Aufruf sind auf dem Papier geblieben. Und - verzeihen Sie - daher ist es kein Wunder, wenn man Regierungserklärungen, die so wenig von öffentlichen Proklamationen einhalten, nicht ernst nimmt. Und scheinbar, dafür zeugt auch die Debatte in Hause hier, wird auch die Behandlung der Frage nicht sehr ernst genommen. Die Weltmarktpreise sind gestiegen: wir wollen durchaus in einem Punkte mit der Regierungserklärung übereinstimmen, daß die Regierung des èechoslovakischen Staates nicht in der Lage ist, die Weltmarktpreise entscheidend zu beeinflussen, sowie man feststellen muß, daß wir in Europa überhaupt sehr wenig Einfluß haben auf die Börse für Brotfrucht in Chicago und New York. Darum handelt es sich aber auch gar nicht. Es kann nicht alles, was hier geschieht, oder - besser gesagt - verabsäumt wird, it den Weltmarktpreisen entschuldigt werden. Die Regierung erklärt, daß sie oder ein ihr befreundetes Konsortium Einkäufe vorgenommen hat. Die Regierung erklärt weiter, daß sie die Vorräte durch zwangsweise Anmeldung, sicherstellen werde, und sie verspricht, daß sie alles tun werde, um die Verbilligung dieses wichtigsten Nachrungsmittels in die Wege zu leiten, mindestens aber weitere Steigerungen zu verhindern. Das heißt zumindest Stabilisierung der gegenwärtigen Preise; und schon die Vorsicht in der Regierungserklärung fällt auf. Die zwangsweise Anmeldung der Vorräte soll bei Müllern und Händlern durchgeführt werden und nur die Mehlvorräte betreffen. Ich möchte die Frage aufwerfen, warum nur das Mehl und nicht auch das Getreide, warum nicht bei den Lagerhäusern und den Erzeugern? Denn eines ist klar, daß wir in den verflossenen 5 Monaten soviel Brotfrucht eingeführt haben wie noch nie in einer Periode seit Bestand des Staates. In den letzten 5 Monaten wurden, auf Mehl umgerechnet, 633.000 q Brotgetreide durchschmittlich monatlich eingeführt, gegen einen Monatsdurchs chnitt von 187.000 q, 1923/1924, und wenn man die Ziffern der Regierungserklärung als vollständig den Tatsachen entsprechend annimmt, wenn man also sagt, daß die Ernte an Roggen 1.8 Million q und in Weizen um 500.000 q geringer war, so entsteht die Frage - da wir in den letzten 5 Monaten gegenüber dem Vorjahre durchschnittlich die dreifache Menge an Brotfrucht ein geführt haben - daß die heimische Ernte entweder nicht auf den Markt gekommen ist, oder die eingeführten Vorräte irgendwo noch vorhanden sein müssen. (Posl. Hackenberg: Die agrarischen Organisationen haben ja aufgefordert, nichts zu verkaufen!) Ja, die agrarischen Organisationen und das Blatt des Herrn Ministet rpräsidenten haben ja vor eineinhalb Jahren die Landwirte aufgefordert, da die gute Ernte eine Gefahr für die Preise sei, das Getreide an das Vieh zu verfüttern, um zu verhindern, daß ein Preisdruck entstehe. (Posl. Hackenberg: Auch die deutschen Agrarier haben es so gemacht!) Sicher, aber ich will die Frage gar nicht untersuchen, jedenfalls müssen die Vorräte irgendwo vorhanden sein. Es ist nun für die Regierung die wichtigste Frage, um die künftige Preisbildung überblicken zu können, wo die Vorräte sind, was sie damit eventuell anfangen, welche Eingriffe sie vornehmen kann, um eine Preissenkung herbeizuführen oder eine weitere Preissteigerung zu verhindern.
Die Regierung sagt, sie werde Händler und Müller zur Anmeldung zwingen. Damit ist nichts getan. Die Regierung muß - und das ist der erste große ungenügende Teil der Regierungserklärung - wenn sie in der Sache etwas macht, auch zum Produzenten gehen. Ein natürlicher und volkswirtschaftlich gesunder Zustand wäre, soweit der heimatliche Boden dazu imstande ist, jene Mengen von Brotfrucht bei uns zu erzeugen, die für den Bedarf der Bevölkerung ausreichen, um die unproduktive Einfuhr dieses Gutes, das immer eine Passiassivpost der Handelsbilanz bilden muß, auf das geringste Maß herabzusetzen. Bei uns hat man es den Profitinteressen der Agrarier zuliebe gerade umgekehrt gemacht. Man hat die Brotfrucht vernachlässigt zug unsten einer anderen Frucht, weil diese rentabler ist und einem Teil der Produzenten einen größeren Gewinn bringt. (Výkøik na levici: Durch die Bodenreform wurden gute Betriebe zerstört!) Auch das spielt ein Rolle. Die Regierung - und da möchten wir den größten Zweifel in ihre Erklärung setzen - hat unserer Auffassung nach nicht den Willen - ich will nicht sagen guten Willen - sie hat aber schon gar nicht die Kraft, das Problem in seinen Gänze zu erfassen. Ich möchte ein Beispiel anführen: Die kolossalen Vorräte, die vorhanden sein müssen, könnten sich in absehbarer Zeit, wenn die Regierung diese Kraft hätte, sehr zum Nutzen der Gesamtbevölkerung verwenden lassen. Wie? Das werden Sie sofort verstehen: Sagen wir, am Weltmarkte tritt eine Senkung der Preise ein. Es ist keine ausgemachte Sache, daß die Preissenkung des Weltmarktes eine Preissenkung im Inlande zur Folge haben wird. Im Gegenteil. Vielleicht nimmt man die hohen Einkäufe, die man gegenwärtig getätigt hat, die teilweise auch terminiert sind, zum Anlaß, zu sagen, man habe teuer eingekauft, könne also nicht auf den neuen Weltmarktpreis herabgehen. Hier kämen die jedenfalls vorhandenen Vorräte zugunsten einer Preissenkung zustatten. Dies ist ein Mangel der Regierungserklärung. Und dann der noch größere Mangel der Regierungserklärung über das Bewilligungsverfahren, das der Landwirtschaftsminister handhabt. Sie werden mir vielleicht einwenden, daß dieses Bewilligungsverfahren ja doch gar nichts geschadet hat, denn trotz des Bewilligungsverfahrens sind in den letzten 5 Monaten große Mengen eingeführt worden. Das ist aber nur scheinbar so; denn die Einfuhr der letzten 5 Monate hat der Preispolitik der heimischen Agrarier bei dem ständigen Steigen der Weltmarktpreise nicht geschadet; und ich weiß nicht, ob nicht der Herr Landwirtschaftsminister, wenn das Sinken der Weltmarktpreise beginnt, dem Bewilligungsverfahren einen größeren Wert beilegen wird und ob dann die Einfuhr ungehindert vor sich gehen kann, um so eventuell die Herabsetzung der Weltmarktpreise auch bei uns fühlbar zu machen. Und darum ist es sehr zu bedauern, daß die Regierung über das Bewilligungsverfahren kein klares Wort gesprochen hat. Es heißt nur in der Erklärung, daß Maßnahmen zum sukzessiven Abbau des Bewilligungsverfahrens vorbereitet werden. Und die lendenlahme Erklärung der Regierung in der Frage der Agrarzölle, ist die etwa geeignet, dahinzuwirken, daß der Wucher und die Steigerung der Preise aufhört? All das ist nicht der Fall. Wir wissen schon, daß in allen diesen Belangen die Sozialisten in der Koalition sehr schwach sind, und wir wissen auch - es wäre nur nötig, daß es die Regierung unter Umständen auch selbst zugibt -, daß die Agrarier die Koalition und noch mehr auf das Spiel setzen, wenn ihre augenblicklichen materiellen Interessen gefährdet sind.
Es ist also nicht so, wie der Stellvertreter des Herrn Ministerpräsidenten sagt, daß seitens der Republik alles vorgekehrt wird. Wir haben, glaube ich, die Tatsache vor uns, daß die gegenwärtigen Preise auf längere Zeit bestehen bleiben, zumindest soweit die Brotfrucht in Betracht kommt. Alle Anzeichen sprechen dafür. Die Regierung hat nicht die Kraft, eine richtige Versorgungspolitik zu machen. Die Segnungen des Freihandels - darüber werden der Bevölkerung die Augen geöffnet - führen zu solchen Preissteigerungen und preistreiberischen Manipulationen und der kurze Sinn der langen Erklärung heißt: Stabilisierung der gegenwärtigen Preise - Konsolidierung nennt sie das mit einem anderen Worte - und Stabilisierung der Währung. Das sind unsere zwei Probleme. (Pøedsednictví ujal se pøedseda Tomášek.)
Ich habe nun die besondere Aufgabe, zu der ich auch von meinem Klub bestimmt wurde, zu untersuchen, was die Teuerung und ihre Stabilisierung für Wirkungen auf die Bevölkerung auslöst. Ich bin deshalb dazu gezwungen, weil einzelne Redner, besonders bürgerlich-kapitalistische Redner der Koalitionsparteien und auch die Regierungserklärung selbst, ein ganz falsches Bild darüber geben. Die Regierungserklärung kann die Teuerung nicht ganz wegleugnen, aber sie bringt eine Menge von Indexziffern aus Wien, Berlin, Amsterdam und London, sie bringt die Reallöhne, also den Kaufwert der Geldlöhne, und sagt: Bei uns ist es zumindest nicht schlechter als anderswo. Das wäre ein schwacher Trost, wenn es wahr wäre. Es ist aber ein noch schwächerer Trost, da es nicht den Tatsachen entspricht. Die Preissteigerung, die wir seit Mai zu verzeichnen haben, beträgt objektiv 75 Punkte bei einem Index von gegenwärtig 940; d. h. wir standen im Mai auf 865 und jetzt auf 940. Diese Steigerung, auf die Lebenshaltung des Arbeiters und Fixbesoldeten angewendet, gibt für die Beurteilung noch kein treffendes Bild. Näher kommt man, wenn man die Steigerung der Lebensmittel allein für sich betrachtet, wo die Steigerung 18% beträgt, und noch näher kommt man der Frage, wenn man die Steigerung der Brotfrucht seit dem Monate Mai des Jahres 1924 bis Ende Jänner 1925 in Vergleich zieht. Das Mehl ist seit dieser Zeit von 3·15 auf 4·15 Kè, also nahezu um 32%, und das Brot um 30% gestiegen. Jene Nahrungsmittel, die vorzugsweise von den arbeitenden Volksschichten und den kleinen Angestellten verwendet werden, sind seit dieser Zeit um 30% gestiegen. Und gestiegen nach dreimal abgebauten Löhnen, gestiegen bei Löhnen, die damals schon, vor ihrer Herabsetzung, die Lebenshaltung der unteren Volksschichten schwer gestaltet haben. Und hier finde ich die gewisse Schweigsamkeit der Regierungserklärung leicht erklärlich: War es doch die Regierung, die den großen Lohnabbau unter dem Motto "Konsolidierung des Staates und Stabilisierung der Währung" eingeleitet hat. Nicht etwa nur eingeleitet hat, indem sie mit ihrem Dezembergesetz allen Privatunternehmungen und Kapitalisten vorangegangen ist und ihnen das Signal zum Lohnabbau gegeben hat. Nein, nicht das allein, sondern die Regierung hat seit dieser Zeit ununterbrochen bei jeder größeren Lohnbewegung von Beruf zu Beruf ihre Haltung konsequent durchgeführt, d. h. die Unternehmer bei den Bestrebungen, die Löhne herabzusetzen, unterstüzt. Die löbliche Regierung hat ein eigenes Rezept dazu gehabt. Ich weiß nicht, wer es erfunden hat, es ist noch strittig, ob es die Regierung den Unternehmern nachsagt oder ob es die Unternehmer von der Regierung übernommen haben: Im Jahre 1922 hat sich so eine Idee gebildet, die ihren Ursprung in agrarischen Kreisen haben dürfte.
Man sagte ich: Der Weizenpreis beträgt das Siebenfache des Friedenspreises, dem Weizenpreis muß nun alles angepaßt werden; dem Weizenpreis muß der Eisenpreis angepaßt werden, also der siebenfache Eisenpreis, ebenso der Kohlenpreis, also der siebenfache Kohlenpreis, und es müssen ihm die Löhne angepaßt werden, also ungefähr das Siebenfache der Friedenslöhne. Dann ist die Konsolidierung in der Republik fertig und die Stabilisierung der Währung dauernd garantiert und gesichert. Ich könnte mit Details dienen, ich könnte der Regierung nachweisen, daß sie direkt den Lohnabbau in privaten Betrieben mit dieser Begründung gefordert hat, und könnte audrücklich darauf hinweisen, daß sie förmlich mit den Unternehmungen verbündet war, als es darum ging, die Löhne der Arbeiterschaft herabzusetzen, daß ein vollständiges Programm zwischen der Regierung einerseits und den Unternehmerorganisationen andererseits bestand. Alles die ominöse "7"! Siebenfach muß alles werden, weil die Weizenpreise siebenfach sind. Die Eisenpreise sind nie auf das Siebenfache herabgegangen, die Kohlenpreise auf das Siebenfache herabzusetzen war ebenfalls nie möglich, obzwar die Lohnkosten im Bergbau, hören Sie, meine Herren, seit dem Jahre 1921 um 55% gesunken sind. Nur eines ist der Regierung nahezu gelungen, nämlich die Löhne auf das Siebenfache herabzudrücken. Wir haben heute bei der Lohnbildung einen Durchschnittsindex vom 7 1/2fachen der Friedenslöhne. Schon gar nicht ist es aber der Regierung gelungen, auf Grund ihrer angeordneten Verbilligungsaktionen, die die Lohnherabsetzungen einleiten sollten, ein Sinken der Preise herbeizuführen. Auf dem Fuße gefolgt ist diesen Aktionen vielmehr eine Zun ahme der Preise für die wichtigen Bedarfsartikel, und die Frage, um die sich die Regierung jetzt vollständig herumdrückt, steht so: Unter Deiner Patronanz, Regierung, sind die Löhne auf das Siebenfache herabgesetzt worden und unter Deiner Patronanz, Regierung, ist der Weizenpreis auf das mehr als Dreizehnfache gestiegen; und das Problem ist jetzt kein anderes als die Beantwortung der Frage, ob man mit 7 1/2fachen Löhnen einen dreizehnfachen Weizenpreis bezahlen kann oder nicht? Alles übrige ist leeres Gerede, das daneben gehen muß. Das ist die Tatsache, die vor uns steht.
Jetzt haben wir zu erwägen: Sind die Maßnahmen der Regierung derartige, daß wir hoffen können und dürfen, daß in rascher Zeit eine Senkung der Weizenpreise auf das Siebenfache herbeigeführt, die Lebenshaltung der Angestellten und Arbeiter auf den siebenfachen Preis eingestellt wird? Wenn Euere Maßnahmen und Euere Anordnungen über die Konsolidierung richtig sind und wenn Ihr konsequent dahinter steht, dann sorgt dafür, daß mit 15. Februar oder längstens 1. März der siebenfache Weizenpreis vorhanden ist, und Ihr braucht keine Polizeiattacken gegen Arbeitslose und gegen die Teuerung demonstrierende Menschen reiten zu lassen. Ich bin allerdings, und auch unser Klub ist der Auffassung, daß die Regierung das nicht kann, ich bin überzeugt, sie kann es nicht, auch wenn sie wollte, uns den siebenfachen Weizenpreis zurückzugeben. Wir halten beim dreizehnfachen Preis und wir werden sicher für eine gewisse Zeit mit diesem dreizenfachen Weizenpreis und seinen Konsequenzen uns abfinden müssen. Aber dann folgt die andere Konsequenz, und da klage ich die Regierung hier von dieser Stelle an: Wenn sie nicht den siebenfachen Weizenpreis herstellen kann, darf sie auch nicht die Unternehmer ermuntern, den Arbeitern keine Lohnerhöhungen zu gewähren, und darf nicht einen Ausgleich unter ihnen verhindern. Sie werden sagen: hat die Regierung denn das getan? Jawohl, die Regierung hat das getan, indem sie den Unternehmern einer bestimmten Gruppe anläßlich einer Lohnbewegung erklärt hat: Die Preise der Waren dürfen nicht steigen, die Löhne dürfen nicht steigen, das würde unsere Währungspolitik in Gefahr bringen. Aber ich will, sagte Ministerpräsident Švehla, daß die Unternehmer sich mit den Arbeitern friedlich ausgleichen, ich will keinen Konflikt. Und der Wunsch des Ministerpräsidenten den Unternehmern gegenüber ist so erledigt worden, daß man um Weihnachten herum von Beruf zu Beruf einmalige Teuerungsaushilfen in der durchschnittlichen Höhe eines Wochenlohnes und teilweise noch weniger gegeben hat, in der Hoffnung und Zuversicht, die Preispolitik werde sich ändern. Und die Teuerung geht weiter, die Bewegung seit Neujahr ist noch immer eine fortgesetzt steigende, so daß niemand weiß, wann die Welle nach aufwärts zum Stillstand kommen soll. Angesichts dieses Zustandes sollen wir uns mit diesen Zugeständnissen mit diesen Versprechungen, mit diesen - verzeihen Sie den Ausdruck - nichts sagenden Erklärungen und Versprechungen der Regierung zufrieden geben? Ich glaube, daß das der Würde des Parlaments und dem Ernste der Situation, vor der wir stehen, nicht angepaßt ist. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.)
Der Herr Minister Støíbrný hat das Ausland zitiert und hat, wie ich schon vorhin darauf verwiesen habe, erklärt, daß es da und dort nicht besser geht als bei uns. Er hat bei bestimmten Ländern Halt gemacht. Ich weiß schon warum, nämlich weil ihm die Argumentation und Beweisführung bezüglich dieser Länder sehr wenig paßt. Ich werde daher die Ausführungen des Herren Ministers durch ein Beispiel ergänzen. Ein New-Yorker Arbeiter verdient im Durchschnitt 6 Dollars am Tage, das ist unbestritten. Er kauft mit diesem Taglohn von 6 Dollars 63 kg Weizen. Ein Arbeiter bei uns in der Èechoslovakischen Republik verdient im Durchschnitt täglich 30 Kronen. (Výkøiky: Weniger!) Ich bin überzeugt, daß manche behaupten werden, daß dieser Lohn zu hoch gegriffen ist. Aber nehmen wir 30 Kronen an! Mit diesen 30 Kronen kauft sich der èechoslovakische Arbeiter 10 kg Weizen. Also um den Ertrag eines Arbeitstages drüben 63 und hier 10 kg, d. h. daß bei uns die Lebenshaltung der Arbeiterschaft sechsmal schlechter als drüben ist. Diesen Vergleich zu führen, hätte die Regier ng nicht versäumen dürfen, wenn sie objektiv sein wollte, sondern hätte aufzeigen müssen, wie die Dinge wirklich stehen.
Die Konsolidierung hat zweierlei Wirkungen: durch Lohn- und Gehaltsabbau einerseits, durch fortdauernde Teuerung andererseits ist bis auf nahezu drei Viertel des Vorkriegsstandards die Lebenshaltung der Lohnempfänger in diesem Staate zurückgegangen. Wenn Sie schon so viel auf das alte Österreich schimpfen - niemand wird es verteidigen - aber warum versuchen Sie den Lebensstandard der Menschen in diesem Staate noch um ein Viertel des Lebensstandards des alten Österreich herabzudrücken, so wie Sie ihn tatsächlich herabgedrückt haben? Vermehrte Not, vermehrtes Elend der breiten Schichten des Volkes ist die eine Seite der Konsolidierung, die andere Seite sind die zunehmenden ungeheueren Gewinne einer ganz großen Schichte. Und, meine Herren, nicht nur die Schieber und die Herren an der Börse, die mühelos Gewinne erzielen, gehören dazu, sondern weite und breite Schichten des sogenannten Mittelstandes, vor allem der bäuerlichen Kreise.
Es ist ja ein Teil unseres Programmes, alle Maßnahmen zu unterstützen, die der Landwirtschaft dienen, die der Erhöhung der Produktion förderlich sind. Aber die Landwirtschaft von heute, die sich an der Spekulation durch ihre Organisationen und Lagerhäuser beteiligt - ich werfe es ihr nicht vor - diese Landwirtschaft hat kein Recht, unter Umständen den Schutz des Staates zu verlangen, wenn die Spekulation fehlschlägt, ebensowenig wie die Börsenjobber und Schieber, die gewinnen und mitunter auch einmal verspielen können. Das sei besonders als Antwort auf die Forderung des Herrn Kollegen Rychtera gesagt, der hier schon damit aufmarschiert ist, daß er die Unterstützung des Staates für die landwirtschaftliche Erzeugung und den Schutz durch den Staat beansprucht. Auch wir wollen die landwirtschaftliche Erzeugung schützen, auch wir wollen die landwirtschaftliche Produktion erhöhen. Aber sie muß in erster Linie dem Verbrauch dienen und nicht der Spekulation und nicht Bereicherungsplänen einer ganzen Schicht der Bevölkerung. Das ist die Wirkung der Konsolidierung und Sie, meine Herren, haben die Pflicht, sich allen Ernstes die Frage vorzulegen, ob diese Art von Konsolidierungs- und Stabilisierungspolitik die arbeitende Bevölkerung noch länger auszuhalten in der Lage ist. Ich behaupte, daß nein, und ich glaube, Sie werden sich sehr bald überzeugen können, daß auch der heftige Ton, den der stellvertretende Herr Ministerpräsident in dem Schlußeffekt seiner Rede eingeschlagen hat, nicht geeignet ist, das Problem zu lösen und jene Beruhigung zu schaffen, die er vielleicht wünschen mag.
Wir haben dann ein weiteres Problem, das Problem der Steuern. Es wurde schon von einzelnen Rednern hervorgehoben, daß unsere gesamte Wirtschaft zu sehr belastet ist. 1.260 Kè pro Kopf in der Èechoslovakei, 1000 Kè in Frankreich, 820 Kè in Italien, 770 Kè in der Schweiz, 430 Kè in Österreich, das sind die Steuerlasten per Kopf und Jahr in diesen Staaten. Wir haben die Umsatzsteuer und es freut mich sehr, aus dem Munde des Vertreters einer Koalitionspartei heute gehört zu haben, daß er die Beseitigung der Umsatzsteuer fordert. Es freut mich sehr, aus dem Munde desselben Abgeordneten auch die Forderung nach Beseitigung der Kohlensteuer gehört zu haben. Der Herr stellvertretende Ministerpräsident sagte, wir hätten die Kohlensteuer sehr herabgesetzt. Ich will hier nicht davon sprechen, ob dies freiwillig geschehen ist. Tatsächlich haben 120.000 Bergarbeiter sieben Wochen streiken müssen, ehe es dazu kam, und dann sind wir noch immer der einzige Staat auf der Welt, der gegenwärtig überhaupt noch eine Abgabe auf Kohle einhebt, ein Umstand, der jetzt zum Niedergang unserer Industrie nicht wenig beiträgt. Der Herr Ministerpräsident erklärte auch, daß die Frachttarife um nahezu eine Milliarde herabgesetzt wurden. Er meint, daß die Wirkungen auf die Verbilligung der Preise durch die Herabsetzung der Kohlenpreise und Frachten nicht eingetroffen sind. Es ist richtig: die Kohlenpreise sind ab 1923 ganz wesentlich herabgesetzt worden, der allgemeine Konsum hat aber von dieser Preisherabsetzung nichts erfahren und nichts gespürt, sondern lediglich einzelne Industrien - das sei zugegeben - bekamen dadurch etwas leichtere und gebesserte Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Frachten wurden herabgesetzt, das ist auch richtig. Die Tarife wurden nach der Verstaatlichung durchgerechnet, aber nicht etwa gleich nach der Verstaatlichung, sondern erst 14 Monate später, nachdem der Wirtschaft schwere Wunden geschlagen waren. Aber eines hat der Herr Minister vergessen zu sagen, daß wir die teuersten Tarife in Europa haben, und er hat vergessen zu sagen, was er zu tun gedenkt, um dieses Mißverhältnis aus der Welt zu schaffen. Hundert Kilometer für 10 Tonnen kosten in der Èechoslovakischen Republik 480 Kronen, in Deutschland 380 Kronen - das sind die gegenwärtigen Tarife - in Österreich 335 Kronen, in Jugoslavien 183 Kronen, in Polen 157 Kronen, in Ungarn 209 Kronen, in Italien 201 Kronen, in Belgien 184 Kronen, in Frankreich 234 Kronen.
Sie sehen also, meine Herren, daß es da Problems gibt, die der Wirtschaft hinderlich sind und die indirekt die Teuerung begünstigen und Arbeitslosigkeit zur Folge haben. Wir haben in verschiedenen Berufen schwere Krisen, Wirtschaftskrisen. So wird zum Beispiel im Bergbau in keinem Betriebe jetzt voll gearbeitet. Der Lohnausfall, der durch Feierschichten hervorgerufen wird, beträgt mindestens wöchentlich 80 Kronen im Durchschnitt pro Arbeiter. Dazu kommt die Teuerung und, damit das Maß voll ist, just in dieser Zeit gehen die Steuerbehörden daran, für 5 Jahre rückständige Personaleinkommensteuern von den Leuten zu fordern und Lohnpfändungen anzudrohen. 4000 und 5000 Kronen rückständiger Steuern fordern die Steuerämter in dieser Zeit der Teuerung ein und schaffen ein Übermaß von Beunruhigung. Alle unsere Bemühungen, auf diesem Gebiete Erleichterungen zu schaffen, sind ergebnislos geblieben und wir müssen sagen: wenn man auf Grund der besseren Währung die Vermögensabgabe novelliert, wenn man den besitzenden Klassen dadurch Milliardenzahlungen nachgelassen hat, so entsteht die Frage für die Finanzverwaltung des Staates, ob die Steuern, die aus Nachlässigkeit der Steuerverwaltung 5 Jahre nicht eingehoben wurden, jetzt bei der entwerteten Kaufkraft bezahlt werden können, ob die Steuern für die Zeit hoher Löhne und schlechten Geldes, bei niedrigen Löhnen und teueren Preisen überhaupt bezahlt werden können. Woher ein Staat das moralische Recht nimmt, überhaupt mit solchen Forderungen zu kommen, und noch dazu in dieser Zeit der verschärften Teuerung, möchten wir gerne wissen! Der Erlaß, den wir durchsetzen konnten, den uns der Herr Finanzminister in dieser Frage als äußerstes Maß bewilligt hat, gewährt die Möglichkeit von Ratenzahlungen. Damit ist aber nichts getan. Es muß konsequent ein Schnitt zwischen diesen Versäumnissen der Steuerverwaltung gemacht werden. Man darf diese Steuern nicht den unschuldigen Arbeitern auflasten und besonders nicht jetzt.
Ich hätte - leider ist der Stellvertreter des Herrn Ministerpräsidenten nicht anwesend gerne eine Frage an ihn gerichtet, eine Frage, die den Schluß seiner Rede betrifft. Er hat seine Rede mit folgenden Worten geschlossen: "Ich bitte Sie, bei Ihrer Kritik das Wohl der gesamten Bevölkerung und des ganzen Staates vor Augen zu haben, denn nur eine solche Kritik kann für uns maßgebend sein." Und er fügte hinzu: "Wir können uns nicht um jene kümmern, die bisher kein richtiges Verhältnis zum Staate gefunden haben". (Hört! Hört!) Ich hätte den Herrn stellvertretenden Ministerpräsidenten gerne gefragt, was er darunter versteht, wenn er von jenen spricht, die kein richtiges Verhältnis zum Staate gefunden haben, wer das eigentlich beurteilt und nach welcher Schablone das gemessen wird. Es ist sehr leicht möglich, daß der Herr stellvertretende Ministerpräsident gemeint hat, daß das richigte Verhältnis zum Staate darin besteht, ob man der Pìtka angehört oder nicht. Wenn das so gemeint ist, dann müßte es als eine starke Überhebung schärfstens zurückgewiesen werden. Wir nehmen für uns in Anspruch, mehr Pflichtbewußtsein gegenüber der gesamten Bevölkerung in diesem Staate zu besitzen und wenn es sein muß, gegenüber dem Staate selbst. Dies ist eine anmaßende Redensart angesichts des Versagens der Regierung in diesem ganzen Kapitel und angesichts ihres unmittelbaren Verschuldens an dem Lohnabbau und an den gegewärtigen unerfreulichen volkswirtschaftlichen Zuständen; dies gibt der Regierung weiß Gott kein Recht, eine solche Sprache zu führen, und in anderen Parlamenten der Welt würden wahrscheinlich alle Abgeordneten ohne Unterschied der Partei gegen eine derartige Anmaßung Einspruch erheben.
Die Wirtschaftspolitik dieses Staates - das glaube ich, ist mir gelungen, in kurzen Umrissen aufzuzeigen - ist schädlich. Sie ist schädlich gegen den Staat und seine Völker, insbesondere aber ist sie gegen die Arbeiter und die Angestellten gerichtet. Unter dem Schlagwort von der Konsolidierung und der Stabilisierung der Währung wird die Lebenshaltung der Angestellten und Arbeiter schwer bedroht und in ihrer Auswirkung hindern diese Verhältnisse eine Besserung und Gesundung unserer Volkswirtschaft.
Diese Politik ist daher trotz schöner Reden, denen bisher die Taten nicht gefolgt sind, in Ietzter Konsequenz volksfeindlich. Daß sie daher auch arbeiterfeindlich ist, versteht sich von selbst. Wir werden nicht aufhören, sie als solche zu bekämpfen und darum werden wir auch gegen die Erklärung der Regierung stimmen. (Souhlas a potlesk na levici.)
2. Øeè posl. Sedorjaka (viz str. 1209 tìsnopisecké zprávy):
azbukou