Wir sehen also, daß mit den beiden Gesetzentwürfen weder die berechtigten Forderungen der schwer um ihre Existenz ringenden Steuerträger, noch die berechtigten Forde rungen der Gläubiger der vormaligen Heeresverwaltung auch nur halbwegs befriedigwerden; wir müssen daher im Falle der Ablehnung der von mir gestellten Abänderungsanträge gegen diese beiden Vorlagen stimmen. (Souhlas a potlesk na levici.)
9. Øeè posl. dr. Gagatka (viz str. 1944 tìsnopisecké zprávy):
azbukou
10. Øeè posl. dr. Luschky (viz str. 1947 tìsnopisecké zprávy):
Geehrte Damen und Herren! Spät, aber doch! war der allgemeine Eindruck, als vor einiger Zeit die Nachricht aufkam, daß die Regierung endlich beabsichtige, eine Reihe finanzpolitischer Vorlagen dem Hause vorzulegen, in die Gesetzwerdung zu leiten, um dem Notstand des kleinen Mannes, dem Notstand der Kassen der Selbsthilfe endlich zu Hilfe zu kommen und eine Sanierung der Volkswirtschaft zu bewerkstelligen. So wie immer, ist der Wahn nur kurz. Schon das äußere Bild der Verhandlung dieser finanzpolitischen Vorlagen in diesem Hause beweist zur Genüge, wie alles nur einem kommandierten Mechanismus fröhnt und selbst das Parlament nur mehr dazu gebraucht wird, um das Allernotwendigste an äußerer Form zu erledigen. In Wirklichkeit ist aber die Maschinerie der Gesetzgebung längst von hier in das geheime Kämmerlein der "Pìtka" gewandert.
Wenn ich die Vorlage, zu der ich zu sprechen beabsichtige, nämlich jene betreffend den Spezialfond zur Milderung der durch die Nachkriegsverhältnisse verursachten Schä den, einer Kritik unterziehe, möchte ich vor allem dem Befremden Ausdruck geben, daß man in der Geschwindigkeit, mit der die Vorlagen hier erledigt werden sollen, differente Vorlagen zusammengetan hat und in einem die Verhandlung darüber abwickelt. Es wäre wert, daß dieser Entwurf über den Spezialfond ganz getrennt einer genauen und gründlichen Ausprache in diesem Hause unterzogen würde, weil Wirkung und Folgen dieses Gesetzes von weittragendster Bedeutung sein müssen und werden. Wenn die äußere Form schon enttäuscht, noch vielmehr der Inhalt. Die Enttäuschung darüber ist direkt vergleichbar mit der bei der Kriegsanleihe, wo auch das letzte Gesetz nach frohen Hoffnungen nur die bitterste Enttäuschung gebracht hat. Man hat den Eindruck, daß man bei der Vorlage nur eine Absicht verfolgt, nicht so sehr in der Wirtschaft die durch die Nachkriegsverhältnisse entstandenen Schäden zu beheben, nicht die Wirtschaft zu sanieren, was kaum geschieht, sondern vor allem, um wiedereinmal einen populären Deckman tel zum Anlaß zu nehmen, um die Freiheit der Wirtschaft zu beeinträchtigen, sie in den Dienst parteipolitischer tendenziöser Bevormundung zu stellen und auf diese Weise tiefer auch in bisher unerschlossene Kreise einzudringen zur Befriedigung einseitiger Machtgelüste. Das Gesetz durchzieht ein Polizeigeist, der imstande ist, die gute Idee, die ihm zugrunde liegt, zu erschlagen und zunichte zu machen. Ich erwähne da nur, daß die Gelegenheit wahrgenommen wird, nicht nur die unterstützten Anstalten, Kassen u. s. w., sondern überhaupt alle zwangsweise zu Mitgliedern dieses Fondes zu machen, sie einer Bevormundung zu ziehen, z. B. alle beitragspflichtigen Vorschußkassen und Kreditgenossenschaften von nun an zu verpflichten, alljährlich ihre Bilanz dem Kuratorium des Fondes und damit der Finanzverwaltung vorzulegen und damit auch unter Beischluß der Unterlagen Aufklärung zu geben, was mit dem Reingewinn des betreffenden Unternehmens geschehen wird. Das ist eine Beeinträchtigung der bisher geachteten Vereinsfreiheit für diese Vorschußkassen, eine Bevormundung, die jetzt einsetzt, damit nur ja dem Auge des Gesetzes sich nicht entzieht, was in den Kassen an wirtschaftlichen Erträgnissen vorhanden ist, und um so verläßlicher zur Besteuerung herangezogen werden kann.
Nun das wäre nur einer der vielen Beweise für den Polizeigeist, der dieses an und für sich als gut mögliche Gesetz durchzieht. Wenn man aber die einzelnen Bestimmungen des Gesetzes selbst nach dem Zwecke des ganzen, als welcher hauptsächlich die Unterstützung und Sanierung der Beitragspflichtigen und die Notwendigkeit der Errichtung einer eigenen juristischen Person in Form eines Fondes hiezu angegeben wird, untersucht, um den Schäden, welche die Nachkriegszeit hervorgerufen hat, beizukommen, so kann man sich erst recht nicht des Eindruckes erwehren, daß die Vorteile dieses Gesetzentwurfes problematisch sind, die Nachteile aber, wenigstens, soweit unsere beitragspflichtigen Kassen in Betracht kommen, sicher sein werden. Den Beweis dafür bieten die formellen und materiellen Bestimmungen des Entwurfes. In formaler Beziehung ist hervorzuheben, daß zwar der § 1, wie gesagt, bestimmt, daß der Fond eine selbständige juristische Person sei, bei der Zusammensetzung des Kuratoriums aber schon zum Bewußtsein wird, daß tatsächlich die Selbständigkeit, die Autonomie dieser juristischen Person gar nicht in Betracht kommt, ebensowenig wenn es sich weiters um die Festsetzung der Aufgaben dieses Kuratoriums handelt, welche eigentlich seine Existenz erst rechtfertigen sollten.
Es ist bei der Zusammensetzung des Kuratoriums schon vorgesehen, daß der Vorsitzende, sein Stellvertreter und drei Mitglieder desselben von der Regierung ernannt werden u. zw. interessanterweise ausdrücklich hervorgehoben, "aus den Kreisen der Staatsbeamten und anderer nicht interessenbeteiligter Personen". Damit wird kundgetan, daß man beabsichtigt, von der Regierung abhängige Personen in dieses Kuratorium zu entsenden, daß beabsichtigt ist, unter den Staatsbeamten die Auslese für die Entsendung in das Kuratorium zu halten.
Wenn ich von der nationalpolitischen Seite dieses Ernennungsrechtes schon absehe, möchte ich hervorheben, daß es doch in erster Linie Sachverständige sein müßten, welche in das Kuratorium berufen werden müssen. Und wenn es nicht Sachverständige wären, so wäre es doch möglich, unter Berücksichtigung des Kontrollrechtes des Parlaments, das ja alljährlich 50 Millionen zu diesem Fond zuschießen soll, das Kuratorium wie auch andere Kommissionen durch Parlamentswahl zu besetzen. Ein Ernennungsrecht des Finanzministers, bezw. der Regierung, ist jedenfalls nicht berechtigt. Es verweist nur wieder auf die Absicht, daß die Regierung dieses Kuratorium wenigstens in seiner Mehrheit in seine Machtsphäre, in seine Hände bekommen will. (Posl. dr. Petersilka: Das ist doch Demokratie!) Wahrscheinlich. Die juristische Person des Fondes wird derart zum Sinekurenspender. Denn nicht das Kuratorium, nicht das einmal ernannte Mitglied entscheiden über die wesentlichsten Zuwendungen aus dem Fonde, sondern für eine Reihe von wichtigen Entscheidungen ist ausdrücklich im Gesetz wieder der Vorbehalt für das Finanzministerium bezw. für die Regierung oder ihre Vertreter gemacht. Es ist dies ein sehr bedauerlicher Zustand, daß man nicht einmal bei Regelung finanzpolitischer Fragen verabsäumen zu können glaubt, überall unmittelbar durch Ernennungen einzuwirken, und bei der Lösung der gestellten Aufgaben selbst die Interessentenkreise zu majorisieren. Die besonders heikle Bestimmung, welche der § 19 bringt, der besagt, daß für die Zuweisung von Unterstützungen bei Vorschuß kassen und Kreditgenossenschaften die Interessenzentrale entscheidet, die der Minister bestimmt, bedeutet auch gleichzeitig eine Benachteiligung dieser kleinen Sparer, dieser kleinen Organisationen der Selbsthilfe gegenüber den Aktiengesellschaften, für welche eine derartige Vorsorge nicht getroffen ist.
Eine für die Beurteilung der Kompetenz dieses Kuratoriums aber noch gewichtigere Bestimmung ist die des § 19 Abs. 3, das Vetorecht der Ministerialvertreter bei der Entscheidung der Unterstützungsansuchen dieser Vorschußkassen. Wenn dem Wunsche der Ministerialvertreter nicht Rechnung getragen wird, entscheidet da überhaupt nur der Finanzminister im Einvernehmen mit den zuständigen Ministerien. Ich frage: "Wo ist da die Autonomie, wo ist da das Kuratorium des Fondes"? Wie werden in der Praxis z. B. die Hultschiner Kassen aus diesem Fonde eine Sanierung vornehmen können, die übrigens schon seit Jahren sich um langfristige Zinsenlose oder niedrig verzinsliche Darlehen bemüht haben und zum Teile bisher nicht einmal einer Antwort gewürdigt worden sind?
Was wird der Zweck dieser Unterstützungen sein? Er wird zwei Fliegen mit einem Schlage treffen. Er wird zwar scheinbar die wirtschaftliche Not zu beseitigen oder abzuhelfen trachten, die Unterstützung wird aber im wesentlichen einen politischen Zweck haben. Gegen diese mißbräuchliche Anwendung der Gesetzesbestimmungen erheben wir aber schon jetzt den entschiedensten Protest. Ist aber die Kompetenz des Kuratoriums so eingeschränkt, so erachten wir überhaupt diese ganze Einrichtung des Kuratoriums als Farce, da wir wissen, was wir von diesem Fonde bei seiner Abhängigkeit von der Regierung für unsere Kassen zu erwarten haben.
Nebst dieser formalen ist auch in vielen Fällen aus dem Gesetzestext eine materielle Verschlechterung des status quo leicht herauszulesen. Vor allem sind für die Unterstützungsdarlehen Bestimmungen vorgesehen, welche Bedingungen an die Abgabe der Unterstützung knüpfen. In dem Moment, wo eine Unterstützung nicht allein aus wirtschaftlichen Gründen, nicht allein zur äußeren Besserstellung gegeben wird, sondern Bedingungen enthält, wird sie natürlich in ihrem Charakter gegen unsere Kassen zu einem Privilegium odiosum, wenn man überhaupt eine Kasse einer solchen Unterstützung teilhaftig macht. Die Bedingungen sehen z. B. vor, daß die Reorganisation des Institutes verlangt werden kann. Wer ist, verehrte Anwesende, so naiv in diesem Hause, um nicht zu verstehen, was mit dem Worte "Reorganisation" gemeint ist? Es ist weiter auch ausdrücklich eine dreigliedrige Aufsichtskommission vorgesehen, an deren Zustimmung Beschlüsse ber die Verwaltung des Institutes geknüpft sind und derart eine Hemmung für die freie Verwaltung des Institutes werden, da die Durchführung auch der gewöhnlichen Verwaltungsagenden ohne Zustimmung dieser Aufsichtskommission nicht erfolgen kann. Das gibt einen genügend deutlichen Hinweis, daß mit dem Spezialfond und mit den Unterstützungen aus demselben in der Praxis sicherlich ein gefährliches politischen Spiel getrieben werden wird. (Posl. dr. Kafka: Möglichkeit von Zwangsfusionierungen!) Jawohl, jeder Zwang und jede Ungerechtigkeit, die auf anderem Wege nicht begründet werden könnte.
Eine weitere große Verschlechterung gegenüber der ursprüngliche Annahme, daß es sich um eine freigebige Einrichtung dieses Spezialfondes handeln wird, bringt auch die Definition dessen, was Verluste sind. Als anspruchsberechtigte Verluste werden anerkannt: Das Sinken der Warenpreise, des Wertes der Investitionen, dubiose Forderungen. Andere Verluste nur dann, wenn es ein wichtiges öffentliches Interesse er eischt. Es ist richtig, daß ein Teil dieser Kassen dadurch in Schwierigkeit gekommen ist und notleidend wurde, weil die Warenpreise gesunken sind, es ist richtig, daß der Wert der Investition sehr gesunken ist, eine Verschlechterung der Bilanz einen Notstand in einzelnen Instituten hervorgerufen hat, es ist auch richtig, daß dubiose Forderungen sehr zahlreich geworden sind, in einer Zeit, wo schließlich auch bei der Kriegsanleihe das Vorbild, der Staat, nicht immer zahlt, was er schuldig ist. Aber "dubiose Forderungen" ist jedenfalls der richtigste und weitmaschigste Begriff, der in diesem Gesetz wahrscheinlich auch mit Absicht gewählt wurde. Denn es wurde darüber keine nähere Definition gegeben. Wahrschei lich soll es der Geschäftsordnung vorbehalten werden, welche für das Kuratorium erst zwei Monate nach der Gesetzwerdung verpflichtend wird und heute nicht einmal in den Ansätzen fertig ist. Die Textierung "dubiose Forderungen" läßt ganz außer acht, daß sie hauptsächlich dadurch entstanden sind, daß Währungsverluste, namentlich in jenen Gebieten, welche durch die sogenannten Friedensverträge nicht mehr Staatsgebiet oder umgekehrt als Gebietszuwachs zu diesem Staat gekommen sind, stattfanden. Ich erinnere da in erster Linie an Hultschin und an Ostschlesien. Durch die Teilung Ostschlesiens, die entgegen den Bestimmungen des Friedensvertrages nicht auf Grund eines Plebiszites, sondern durch einen Machtspruch der Botschafterkonferenz erfolgte, ist eine für das Gebiet ganz Schlesiens in wirtschaftlicher Beziehung verhehrende Folge entstanden. Große Kassen für das ganze Gebiet des ehemaligen Kronlandes Schlesien sind jetzt zerrissen; die dem polnischen Staat angegliederten Gebietsteile sind natürlich der polnischen Währung unterworfen, die einen katastrophalen Verfall erlebt hat; manche sind auch heute noch nicht in die Lage versetzt, die Forderungen der Kassen, welche in Troppau konzentriert sind, erfüllen zu können. Aber diese Währungsverluste werden unter den dubiosen Forderungen gänzlich ignoriert; wie bei der Kriegs anleihe das tatsächliche Verhältnis am Geldmarkt nicht berücksichtigt und dabei eine Vogel-Strauß-Politik gegen die Verarmung der weitesten Kreise der Bevölkerung getrieben wurde, so auch hier, vielleicht oder wahrscheinlich deshalb, weil es sich um Deutsche handelt, die da in erster Linie getroffen werden. Denn gerade in dem Gebiet von Schlesien sind es bekanntermaßen die deutschen Kassen und der Verband der landwirtschaftlichen Genossenschaften, welche in erster Linie durch diese Verhältnisse am schwersten zu Schaden gekommen sind, ohne daß die Regierung eingegriffen und Hilfe gebracht hätte. Eine Parallele hiezu ist die Schlesische Bodenkreditanstalt, welche aber doch inzwischen vielfach Entgegenkommen bei der Regierung gefunden hat und deshalb ganz anders dasteht, als der Verband dieser landwirtschaftlichen Genossenschaften, welcher unverschuldet am schwersten um seine Existenz ringen muß, der notwendigen Sanierung nicht unterzogen wird, um vielleicht einen politischen Kuhhandel abzuschließen, bevor eine entscheidende Hilfe auch nur in Aussicht gestellt wird.
Ich habe mit Rücksicht auf die vielfachen Schäden und Mängel, welche die Vorlage im jetzigen Text nach unserer Überzeugung aufweist, Abänderungsanträge gestellt, ebenso einen Resolutionsantrag, welcher gerade die letztbesprochene Einbeziehung der Währungsverluste unter die dubiosen Forderungen behandelt. Es ist ja bekannt und es hat es der Herr Berichterstatter, glaube ich, in seinem Bericht bereits ausgeführt, daß keine Geneigtheit besteht, Abänderungsanträge zu diesem Gesetzentwurf anzunehmen. Ich möchte aber doch pflichtgemäß nicht unterlassen, vom Standpunkte des Rechtes und der Gerechtigkeit diese Anträge zu stellen, auf deren Aufrechthaltung zu beharren, auch wenn sie den üblichen Weg der Ablehnung gehen. Wir finden im besonderen, daß, wie eingangs schon erwähnt, Bevormundung durch Verpflichtung zur Vorlage der Bilanzen für die beitragspflichtigen Institute, auch solche, welche keine Unterstützungen beziehen, eine äußerste Härte und in die Vereinsfreiheit der Vorschußkassen u. Kreditgenossenschaften schwer eingreifend ist, und beantragen deshalb im § 11, Abs. 1, anstelle der ersten Worte "beitragspflichtige Institute" die Worte zu setzen: "Die mit dem Fonds unterstützten Institute". Nur diese sollen dieser Verpfichtung unterworfen sein. Wir stellen den Antrag zu § 19, daß der dritte Absatz gestrichen werde, welcher das Vetorecht der Regierung für die Beschlußfasung über die Unterstützungsansuchen vorsieht. Wir beantragen weiters zu § 21, daß in der Zeile 2 und 3 anstelle des Wortes "Bedingungen" das Wort "Sicherungen" gesetzt werde, um darzutun, daß nicht ein Gesetz geschaffen werden, soll, um auf diesem Wege neue, mit der Finanzlage des Institutes nicht zusammenhängende Erschwerungen und Beschränkungen zu schaffen, sondern daß es sich höchstens darum handeln kann, daß die gebotenen Unterstützungen derart gesichert werden, daß eine leichtfertige Verwaltung des Unternehmens nicht die Rückzahlung dieser Unterstützungen erschweren oder unmöglich machen kann. Wir sind im wesentlichen aber der Überzeugung, daß ausschlaggebend fürdie Bewertung der ganzen Vorlage der Begriff "Verlust" ist und was darunter verstanden wird. Demnach legen wir unser ganzes Gewicht auf einen Resolutionsantrag, den ich im Auftrag meines Klubs eingebracht habe und der lautet: "Die Regierung wird aufgefordert vorzusorgen, daß in der Geschäftsordnung unter dubiosen Forderungen im Sinne des § 13 dieses Gesetzes auch jene Verluste aufgenommen werden, welche durch Veränderungen des Staatsgebietes infolge der Friedensverträge für die inländischen Gläubiger entstanden sind." Man wird einwenden, daß das keine Angelegenheit der innerstaatlichen Regelung ist, sondern daß das bereits ein Gebiet streift, welches der Reparationskommission unterstellt ist und das in den Komplex der Reparationsfragen gehört, denen nicht durch eine interne Regelung vorgegriffen werden kann. Meine Herren, wenn dieser Standpunkt eingewendet wird, so ist das nur eine Ausrede. Wenn nur sonst die internationalen Verpflichtungen so ungeheuer strikte eingehalten würden, wenn nur der Minderheitenschutzvertrag vom 10. September 1919 so streng eingehalten würde, daß wir tatsächlich die dort zugesicherte und international festgelegte Gleichberechtigung in diesem Staate hätten bereits erlangen können. (Souhlas na levici.) Wenn wir unsere Schulen bekommen hätten und die Freiheit, auch Privatschulen, religiöse und soziale Anstalten zu errichten, nicht nur aus eigener Kraft, sondern auch mit Unterstützung des Staates, welcher über ein Milliardenbudget alljährlich verfügt! Diese Einwendung ist auch desw egen hinfällig, weil jeder weiß, daß gerade das Kapitel der interalliierten Schulden und der Reparation seit einer großen Reihe von Jahren das unfruchtbarste in der Weltpolitik ist, daß gerade auf diesem Gebiete noch gar nichts wirklich konkretes bestimmt worden ist, daß selbst der berühmte Dawesplan von London nur den Anfang der Reparationsverpflichtungen für Deutschland bedeutet und daß die ganze Frage der Reparationen und der interallierten Schulden ad calendas graecas vertagt erscheint. Inzwischen werden nicht nur die einzelnen kleinen Leute, die geschützt werden sollen, sondern auch die Kassen längst zugrunde gegangen sein, bis man in der Frage der Währungsverluste in der Reparationskommission die richtige Lösung gefunden haben dürfte.
In dieser Überzeugung halten wir diese Resolution aufrecht und sind dabei der rechtlichen Meinung, daß auch selbst in dem Falle, daß es der Reparationskommission zukommen würde, über diese Frage zu entscheiden, der Staat und insbesondere die parlamentarische Vertretung dieses Staates das Recht haben, durch eine solche Entschließung einen Anstoß zu geben, damit im diplomatischen Wege die Lösung dieser Frage vom Reparationsstandpunkt aus beschleunigt werde. Wozu wären wir da, wenn wir nicht erst die Verpflichtung hätten, das Wohl der Staatsbürger und ihrer Einrichtungen zu fördern und zu schützen? Demnach bleiben wir bei diesem Resolutionsantrag und erhoffen, daß der Einsicht, daß damit kein Übergriff geschieht, sondern nur dem Nutzen der eigenen Volkswirtschaft gedient wird, Rechnung getragen wird. Jedenfalls ist die Stellungnahme zu dieser Resolution, entscheidend für unsere Stellungnahme zur ganzen Vorlage. Findet die Regierung, bzw. die Mehrheit dieses Hauses es nicht für gut, diese Resolution anzunehmen, welche erst der ganzen Vorlage einen Inhalt geben kann, weil die Währungsverluste entscheidend wurden für die Notlage der Kassen, dann erkennen wir, daß es Ihnen nicht ernst ist mit dieser Vorlage, dann haben wir von diesem Gesetz nichts zu erwarten und niemand wird uns zumuten können, daß wir dann für eine solche Vorlage stimmen. (Souhlas na levici.)
11. Øeè posl. Patzela (viz str. 1954 tìsnopisecké zprávy):
Geehrte Herren Kollegen! Unter den verschiedenen Vorlagen, die die Folgen der Kriegs- und Nachkriegszeit heilen sollen, befindet sich auch das Gesetz, mit welchem die Regierung ermächtigt wird, die aus Lieferungen während der Kriegszeit entstandenen Forderungen zu übernehmen. Die Ansprüche, um die es sich hier handelt, gründen sich auf tatsächliche Lieferungen und Arbeitsleistungen, die bisher unbezahlt geblieben sind, obwohl die Èechoslovakische Republik in den Besitz des größten Teiles des gelieferten Materiales gelangt ist. Ich erwähne nur nebenbei, daß in dem Gesetze und in seinem Motivenbericht nirgends gesagt wurde, daß die Èechoslovakische Republik schon vorher mit einem Teile der Gläubiger einen separaten Ausgleich getroffen hat, indem bei den Verhandlungen mit der militärischen Liquidierungskommission in Wien, die in Anwesenheit des èechoslovakischen Generalkonsulates gepflogen wurden, ein ansehnlicher Teil der Gläubiger, u. zw. die größeren, unter einem gewissen Zwang veranlaßt wurden, auf die Hälfte ihrer Forderungen zu verzichten, um 50% liquid erklärt zu erhalten. Das betrifft hauptsächlich jene Forderungen, die sogenannten Stornolieferungen, bei denen die Ablieferung an die alte österreichische, ungarische und österreich-ungarische Armeeverwaltung nicht mehr zustande gekommen war.
Mit diesen Dingen werde ich mich noch in einigen weiteren Sätzen beschäftigen. Die Èechoslovakische Republik erklärte, daß sie damit einem langjährigen Wunsche der Gläubiger nach endlicher Bezahlung ihrer seit 5 Jahren unverzinst aushaftenden Forderungen Rechnung tragend entgegenkommen wolle, daß sie damit einer wirtschaftlichen Notwendigkeit ersten Ranges Rechnung tragen wolle. Wie stehen nun die Dinge, nüchtern betrachtet, in Wirklichkeit? Bezeichnenderweise will die èechoslovakische Regierung ihr Vorgehen gegenüber den Gläubigern damit begründen, daß sie ähnlich wie bei der Kriegsanleihevorlage zu einer Übernahme gar nicht verpflichtet sei. Im Motivenbericht zur Vorlage wird erklärt, daß nach dem letzten Absatz des Artikels 205 des Friedensvertrages von St. Germain und nach Art. 188 des Friedensvertrages von Trianon diese Forderungen Schulden der gegenwärtigen österreichischen und ungarischen Regierung seien, daß aber von beiden verpflichteten Regierungen diese Forderungen bisher nicht bezahlt wurden. Ich meine, die Erfahrungen seit 6 Jahren und die Erfahrungen, welche die èechoslovakische Außenpolitik machen mußte, seitdem Poincaré nicht mehr am Ruder ist und ein paar andere Leute, die doch über die Weltgeschehnisse anders denken, in die Radspeichen der Geschicke Europas eingreifen, könnten sie darüber belehrt haben, daß in den Friedensverträgen viel geschrieben steht, an dessen Verwirklichung die nicht mehr glauben, die die Friedensverträge unterschrieben haben und mit deren Fiktionen sich auch die ertreter der Nachfolgestaaten nicht mehr befassen sollten. Denn ich meine, auf die Bezahlung dieser Heeresforderungen durch Österreich und Ungarn dürfte die Èechoslovakische Republik recht lange warten müssen. Sie dürften, meine Herren, damit, wie man im Volksmund zu sagen pflegt, solange warten, daß Sie darüber alte Juden werden könnten.
Bezeichenderweise hält auch der Motivenbericht zu diesem Gesetze an der Fiktion fest, die sich zwar vielleicht formell, nicht aber moralisch und sachlich halten und rechtfertigen läßt. Der Motivenbericht stellt sich zur Begründung des Verhaltens der Regierung auf den Standpunkt, daß die Zeit und der Grund des Entstehens dieser Forderungen bedeutende Ähnlichkeit mit der Kriegsanleihe besitzt, womit offenbar gesagt sein soll, daß die Èechoslovakischen Republik zur Anerkennung und auch nur teilweisen Bezahlung dieser Forderungen eigentlich nicht verpflichtet sei, daß sie gewissermaßen mit der Übernahme ihren Staatsbürgern eine große wirtschaftliche Begünstigung erweise. Wir meinen, daß auch dieser Standpunkt trotz aller unsinnigen Paragraphe der Friedensverträge nicht haltbar ist, und die Èechoslovakische Republik würde ihre Staatsmoral, ihren Staatskredit im Auslande keineswegs sichern, wenn sie diese Forderungen wirklich im Ernste ablehnen wollte, während sie - was nun einmal nicht aus der Welt geschafft werden kann - die alten österreichischen Kasernen und Magazine, die reichen Magazine mit Uniformen und Lebensmitteln, zur Zeit des Umsturzes wohlweislich übernommen hat. Die Höhe der Forderungen, um die es sich handelt, wird vom Motivenbericht auf 700 Milionen "geschätzt", wie er sagt. Wir meinen, hier hätte die Regierung wirklich nun einmal nicht mehr mit einer annähernden Schätzungsziffer aufwarten sollen, sie müßte heute in der Lage sein, ganz genaue Angaben zu machen, wie ich überhaupt sagen muß, daß auch der Motivenbericht zu diesem Gesetz im Gegensatz zu den alten österreichischen Motivenberichten, - Sie verzeihen sehr schlampig und sehr unsachlich ausgearbeitet ist. Man sagt: "Die Forderungen werden auf 700 Millionen geschätzt." Die Forderungen mußten allgemein angemeldet werden und die èechoslovakische Regierung hat in Wien mit Ungarn und Österreich verhandelt und hat zwar nicht die Berechtigung der Forderungen, aber die Höhe der auf sie entfallenden Quote anerkannt, sie müßte heute imstande sein, uns mit genauen Ziffern zu sagen, wie hoch die Summe der angemeldeten Forderungen ist. (Posl. Knirsch: Es ist halt alles hier unsicher!) Es ist die ganze Art des Parlamentarismus, die da herrscht, die die Beamten, die sehr wohl imstande wären, besseres zu leisten, dazu verleitet, eine schlampige Arbeit zu leisten, die eigentlich das Parlament degradiert und herabwürdigt. Aber die parlamentarischen Regierungsverhältnisse in diesem Staate sind schuld, daß das Parlament und auch die Herren von der Regierungsmehrheit mit den Motivenberichten zu den Gesetzentwürfen derart bagatellisiert werden.
Nun über die 700 Millionen ein paar Worte. Es ist heute vom dem Redner der kommunistischen Partei gegen alle diejenigen, die sich dieser Frage annehmen, so indirekt der Vorwurf erhoben worden, dass sie sich eigentlich um die Interessen von ein paar Großlieferanten kümmern. Wie stehen die Dinge in Wirklichkeit? Wir kennen einige Ziffern und wissen, daß von den 700 Millionen Kronen etwa 250 Millionen die Škodawerke betreffen. Das scheint auch die alleinige Ursache, daß man sich um die Sache ein bischen energischer kümmert. Für die Škodawerke, die ja von den Schäden nach diesem Gesetze genau so betroffen werden wie die anderen, hat man in den letzten Jahren mehrfach Entschädigungsmöglichkeiten gefunden, bei den Bestell ngen anläßlich der militärischen Bewegungen beim Bolschewikeneinfall in der Slovakei und bei den großen militärischen Lieferungen und Bestellungen anläßlich des letzten Karlsputsches in Westungarn. Die Škodawerke wird man wohl hinreichend entschädigt haben. Dann sagt man uns, daß eine ansehnliche Post dieser Forderungen auf die Prager Eisenindustrie-Gesellschaft entfällt. Auch für die Prager Eisenindustrie-Gesellschaft mich einzusetzen und zu erwärmen habe ich nicht die mindeste Ursache. Wir wissen, daß weiter ansehnliche Posten auf Textilbetriebe entfallen, und zwar auf solche, die auf die Regelung der Frage längst warten, wenn sie nicht ihre Betriebe sperren und Hunderte und Tausende Arbeiter brotlos machen sollen. Wir wissen aber auch, daß ja noch Tausende von mittleren und kleinen Gewerbetreibenden, von kleinen und mittleren Industriellen, auf die Regelung der Frage warten. Gerade aus diesem Grunde befremdet es uns, dass wir hier keine Statistik über diese Forderungen erhalten haben. Wir wissen, dass besondere Gesetze und die Staatsvoranschläge der letzten Jahre der Regierung die Möglichkeit gegeben haben, kleinen Gewerbetreibenden Vorschüsse auf später festzusetzende Entschädigungen zu geben, daß auch da und dort mit kleinen Gewerbetreibenden bereits feste Abkommen getroffen wurden. Soviel ich mich erinnere, war in dem Voranschlag für 1924 zu diesem Zwecke eine Summe von 10 Millionen eingestellt. Man sagt uns von kundiger Seite, der Betrag sei nicht erschöpft worden, es seien etwa 5 Millionen oder etwas mehr für diesen Zweck gebraucht worden. Daraus klingt so hervor, als wenn sich die Kleingewerbetreibenden nicht genügend gekümmert oder darum gemeldet hätten, daß ihnen aus der Staatskasse die Bezahlung der anerkannten Lieferungen an die vormalige Heeresverwaltung gegeben werde. Meine Erfahrungen aus den deutschen Gebieten der Republik klingen anders. Wir wissen und ich habe, wohin ich in die Versammlungen komme, immer Beispiele gehört, welch ungeheuere Schwierigkeiten man den Menschen mit der Anerkennung der Forderung macht, und daß die Bezahlung nicht so leicht erfolgt. Was ich bei der Aufstellung der 700 Millionen unter allen Umständen vermisse, ist eine klare Statistik. Es handelt sich nicht um eine Statistik mit Namen, aber es müßte angegeben sein, wieviel etwa auf die kleinen Leute mit Forderungen sagen wir bis zu 5000 oder 10.000 Kronen entfällt, wieviel auf die größeren Unternehmungen und wieviel auf jene Unternehmungen entfällt, deren Forderungen in die Millionen gehen, damit wir beurteilen könnten, wofür das Geld, das wir hier bewilligen, ausgegeben wird, damit wir beurteilen können, ob es Unternehmungen trifft, die auch einen gerechten Anspruch auf unser soziales Gefühl haben oder ob es vielleicht Unternehmungen trifft, die während des Krieges trotz aller Kriegsanleihezeichnungen so viel verdient haben, daß eine billige Berücksichtigung ihrer Wünsche heute schließlich und endlich, wenn die Not der Staatsfinanzen es erheischt, unterbleiben könnte. Diese Aufstellung haben wir - und in dieser Richtung bezeichne ich den Motivenbericht als mangelhaft und fehlerhaft - nicht erhalten. Der Herr Berichterstatter hat heute ein paar beiläufige Ziffern gegeben, die aber die offizielle Statistik eines Motivenberichtes nicht ersetzen können. Die meisten Gläubiger und vor allem die Gläubiger der mittleren und kleinen Kreise hatten jahrelang mit der Barbezahlung ihrer Forderungen gerechnet. Sie hatten ja auch sonst noch dabei Verluste gehabt, denn wir dürfen dabei den Valutaunterschied nicht vergessen. Wir dürfen nicht vergessen, daß die österreichische Krone in den Jahren 1917 und 1918 doch imm erhin einen höheren Kaufwert hatte, als heute die èechische Krone trotz ihrer Steigerung in den letzten Jahren. Wenn nun die Èechoslovakische Republik ihren Gläubigern weder Bargeld noch ein Staatspapier im Verhältnis von Krone-Krone anbietet, sondern 50% der Forderungen in einem nicht so hochwertigen èechoslovakischen Staatspapier, so erscheint das an und für sich sachlich als eine harte Ungerechtigkeit, umsomehr als die Republik mit der Sache noch ein Geschäft machen will, indem sie die übernommenen Forderungen bei der Reparationskommission zur Berechnung der Zahlungen der Èechoslovakischen Republik für die aus der Hinterlassenschaft des alten Österreichs übernommen Staatsgüter geltend machen will, in das Gesetz aber eine Bestimmung für diesen Fall nicht aufnimmt und auch nach der heutigen Erklärung des Herrn Berichterstatters nicht aufnehmen will.