Der Revisionsbericht geht erst an den Vorstand der Treuhandgesellschaft. Dagegen haben wir nichts einzuwenden. Aber wir fragen uns: Hat dieser Vorstand das Recht, den Revisionsbericht des Revisionsorganes abzuändern oder ist er verpflichtet, ihn in der Fassung des Revisionsorganes weiterzuleiten? Das ist mit von entscheidender Bedeutung. Die Revision muß unter eigener Verantwortung handeln, der Revisor ist ausgestattet mit gewissen Machtbefugnissen und es müßte sein Revisionsbericht als ein unantastbares Schriftstück gelten, ohne daß der Vorstand erst die Möglichkeit hat, daran vielleicht Änderungen vorzunehmen und ihn dann mit den ihm gut erscheinenden Änderungen an die einzelnen Institute weiterzuleiten. Sie werden ja selbst aus der Praxis erkennen lernen, daß es nicht möglich ist, auf diese Art tatsächlich das zu erreichen, was Sie beabsichtigen, daß dazu andere, schärfere und strengere Bestimmungen notwendig sind.
Über die Strafbestimmungen will ich mich nicht auslassen. Es ist richtig, Sie haben eine Reihe von Strafbestimmungen; ob sie genugend sind oder nicht, das wird sich erst aus der Praxis erweisen; wir möchten aber heute schon sagen, daß Sie die Strafbestimmungen nicht gegen die Organe der Anstalten anwenden sollen und dürfen, die vielleicht in einzelnen Fällen unter dem Zwang ihrer Vorgesetzten die Bestimmungen des Gesetzes überschreiten müssen. Sie sollen auch dafür sorgen, daß nicht unter allen Umständen die Organe haftbar gemacht werden, sondern daß man auch Rücksicht nimmt darauf, unter welchen Umständen, ob sie unter moralischen oder physischen Zwang gehandelt haben, müßte solche Organe schon von der Straffälligkeit ausnehmen und die Straffälligkeit derjenigen erweitern, die zu solchen unmoralischen Geschäften zwingen. Das sind Umstände, die uns dazu bewegen müssen, Ihnen zu sagen, daß wir diese Vorlagen nicht für genügend halten, um den Zweck zu erfüllen, den Sie von ihnen erwarten. (Souhlas na levici.)
6. Øeè posl. Marka (viz str. 1919 tìsnopisecké zprávy):
Hohes Haus! Es liegt dem Hause eine Reihe von Gesetzesvorlagen vor, welche von besonderer Bedeutung sind für die Wirtschaft im allgemeinen und auch für bestimmte Gruppen von Instituten im besonderen, die Geldgeschäfte besorgen. Es ist zunächst zu bedauern, daß mit Rücksicht auf letzteren Umstand es wiederum unterlassen wurde, Fachorganisationen solcher Institute anzuhören, eventuell ihre Meinung entge enzunehmen, um bei der Revidierung der Vorlagen auf diese Meinungen wieder zurückommen und solche eventuell berücksichtigen zu können. Es muß dies gesagt werden, weil im Interesse aller Beteiligten, der Staatsverwaltung sowohl wie auch der in Betracht kommenden Institute und Interessen, ja sogar zur Entlastung der Staatsverwaltung als Aufsichtsbehörde dieser Institute es besser gewesen wäre, die Erfahrungen der fachlichen Organisationen anzuhören, bezw. ihre Stellungnahme zur Vorlage kennen zu lernen.
Wenn man in die Besprechung der Gesetzesvorlage, insbesondere aber jener, die uns im Druck Nr. 4811 vorliegt, näher eingehen will, so fragt man sich unwillkürlich zuerst nach jenen Gründen, welche die Staatsverwaltung veranlaßt haben könnten, diese Vorlage dem Hause zu unterbreiten. Gehen wir dieser Frage nach, so ist festzustellen, daß die Ursachen zu einem derartigen Gesetzentwurf wohl vor allem in der Absicht liegen, Schädigungen der Einleger bei den Geldinstituten zu vermeiden, welche, sagen wir, durch unkaufmännisches Gebaren, durch unzureichende Überwachung und Eintritt anderer Ereignisse veranlaßt werden können. Die bisherigen Gesetze sehen zwar die Beaufsichtigung und Revision der Geldinstitute, aller zur öffentlichen Rechnungslegung verpflichteten Institute vor, aber keineswegs in solcher Art und Weise, daß absolute Sicherheit geboten wäre und für die Einleger jede Schädigung ausgeschlossen werden könnte. Die vorliegenden Gesetze sehen nun eine Regelung der Beaufsichtigung und Revision solcher Institute dadurch vor, daß dieselben Mitglieder einer zu errichtenden Revisions- und Treuhandgesellschaft werden sollen. Es sei hiezu bemerkt, daß wenn die Staatsverwaltung in der Errichtung einer eigenen Revisionsgenossenschaft eine ausreichende Sicherheit für die Geschäftsgebarung schaffen und finden will, es vielleicht zumindest überflüssig ist, noch einen eigenen allgemeinen Fond zur Sicherung dieser Institute zu errichten. Ich will jene Gründe und Anlässe feststellen, welche die Institute, die sich mit der Entgegennahme von Geldeinlagen befassen, in finanzielle Schwierigkeiten bringen können und erwägen, welche Institute am leichtesten dieser Gefahr ausgesetzt sind, bezw. ausgesetzt werden können. In Notlage können die Geldinstitute geraten durch unkaufmännische Gebarung, durch wirtschaftliche Krisen, durch fraudulose Manipulationen. Anlässe der ersten und letzten Art könnnen aber leicht durch eine zweckentsprechende Überwachung verhindert und auch vielleicht gänzlich unmöglich gemacht werden. Ereignisse der zweiten Art, das sind wirtschaftliche Krisen, sind meist weder vorauszusehen, noch aber aufzuhalten, insbesondere aber dann nicht, wenn sie sich aus politischen Ereignissen auslösen. Wenn wir weiter fragen, bei welcher Art von Ereignissen ein allgemeiner Garantiefond tatsächlich Hilfe bringen könnte, so müssen wir anworten, daß noch unzweifelhaft nur die einzeln auftretenden Vorfälle der ersten und der dritten Art finanziell regulierbar sind. Wenn aber die Schaffung einer eigenen Revisionsanstalt Sicherheit bieten kann, daß derartige vereinzelte Ereignisse vermieden werden können, wozu dann noch einen Garantiefond schaffen? Wirtschaftliche Krisen aber würden naturgemäß bei ihrer großen und alles umfassenden Auswirkung nicht nur das Geldinstitut, das geschützt werden soll, sondern auch jenes Institut, das Schutz bieten soll, treffen und ihm daher die Möglichkeit nehmen, den ihm zukommenden Zweck zu erfüllen. Wozu etwas schaffen, das seinen Zweck niemals zu erfüllen vermag? (Pøedsednictví se ujal pøedseda Tomášek.)
Zur Gesetzesvorlage selbst: Der allgemeine Fond ist als Versicherungsfond für wirtschaftliche Krisen, gegebenenfalls auch für vereinzelten Kreditinstituten etwa zustoßende besondere Unglücksfälle gedacht. Der Fond soll aus Beiträgen geschaffen werden, welche die Institute jährlich zu leisten haben u. zw. nach der Höhe der bei den beitragspflichtigen Instituten an seine Einleger ausgezahlten oder gutgeschriebenen Zinsen. Diese Beiträge werden mit 1 1/2% solcher Zinsen bemessen. Die Geldeinlagen auf Einlagsbücher und die Einlagen auf laufende Rechnung betrugen Ende 1922 bei den Sparkassen der Republik 8.261 Millionen Kronen. Der Stand der Einlagen bei den Banken ist statistisch nicht ermittelbar gewesen, dürfte aber annähernd etwas mehr als das doppelte betragen, somit wäre mit einem Gesamteinlagestand von etwa 25 bis 30 Milliarden Kronen zu rechnen. Diesem Einlagenstand entsprechend betragen die Jahreszinsen, gleichgiltig ob sie ausbezahlt oder gutgeschrieben werden, bei einem durchschnittlichen Zinsfuß von 4 1/2% etwa 14 Milliarden Kronen, die Beiträge für den Versicherungsfond daher jährlich ungefähr 18 Millionen Kronen. Der Staat selbst leistet zur Schaffung dieses Fondes keinerlei Beiträge. Die Verwaltung dieses Fondes soll die Zemská banka in Prag besorgen und werden die Rechte und Pflichten der verwaltenden Bank durch einen besonderen Vertrag geregelt, welcher zwischen den Kuratoriumsmitgliedern und der Landesbank noch zu errichten sein wird. Es ist wohl kaum anzunehmen, daß der gesamte Verwaltungsdienst dieses Sicherungsfondes von der Landesbank unentgeltlich besorgt werden wird. Es dürfte daher ein Teil der Beiträge auf die Verwaltungskosten verwendet werden und dieser Kostenbeitrag ist wohl kaum mit weniger als 10% der Beiträge zu veranschlagen. Die Netto-Jahreserträge der erwähnten 1 1/2% igen Beiträge werden daher rund 16 Millionen Kè betragen. Der allgemeine Garantiefond ist durch die jährlichen Beiträge insolange zu dotieren, bis derselbe eine solche Höhe erreicht hat, daß das Ziel seines Zweckes gesichert erscheint. Weder der Gesetzeswortlaut noch der Motivenbericht setzt dieses Ziel zeitlich oder ziffernmäßig fest. Wenn nun in Erwägung gezogen wird, daß in den Zeiten einer Krise einzelne Unterstützungen schon die Höhe von mehreren 100 Millionen Kronen erfordern können, so könnte als ausreichender Fond nur ein solcher angesehen werden, der bei einem Gesamteinlagenstand von 25 bis 30 Milliarden wenigstens 2 1/2% bis 3 Milliarden beträgt. Um nun diesen Stand des Garantiefondes zu erreichen, ist bei einer Beitragsleistung von jährlich 16 Millionen Kronen - dabei jedwede Inanspruchnahme des Fondes innerhalb dieser Zeit ausgeschlosen, - zuzüglich der Zinseszinsen ein Zeitraum von mehreren Jahrrehnten erforderlich. Auch der Verfasser des Gesetzes dürfte sich schon dessen bewußt gewesen sein, denn er weist in der Begründung darauf hin, daß es sich im allgemeinen weniger um die Finanzierung überlasteter Institute als um die Beistellung von Barmitteln an aktive Unternehmungen handeln wird, die augenblicklich in Schwierigkeiten geraten sind. Auch bei sonst gut fundierten Instituten kann die sonst unbegründete Furcht des Publikums und die damit verbundenen außerordentlichen Geldabhebungen zum Ruin des Unternehmens führen. Fühlt sich nun das Publikum durch einen Versicherungsfond gedeckt, so werden auch in den Kris nzeiten überstürzte Abhebungen unterbleiben. So richtig diese Voraussetzung erscheint, so muß doch wieder bedacht werden, daß auch das Publikum Zweifel hegen kann, ob der Garantiefond ausreichend ist oder nicht, und dieser Zweifel wird wohl selbst dann nicht beseitig gwerden können, wenn der Versicherungsfond tatsächlich allen Anforderungen genügen würde. Die Erreichung eines allen Anforderungen genügenden Versicherungsfonds setzt bei der verhältnismäßig geringen jährlichen Beitragsleistung unbedingt voraus, daß diese Leistungen durch eine lange Reihe von Jahren uneingeschränkt erfolgen können. Wenn nun dies vorausgesetzt wird, so ist damit ja schon für eine lange Reihe von Jahren die Inauspruchnahme des Fonds und damit die Erreichung des Zweckes des Gesetzes ausgeschaltet. Die Gesetzesvorlage unterscheidet drei Gruppen von Instituten, die, näher betrachtet, auch bezüglich der Einlagensicherheit fast in gleicher Weise so zu gruppieren wären. Insbesondere die Institute der ersten Gruppe bieten bei der Art der Verwendung ihrer Barmittel und der bestehenden Haftung der Gemeinden und Bezirke jederzeit vollkommene Sicherheit für ihre Einlagen. Selbst die Institute der zweiten Gruppe, deren Hauptgeschäft in der Erteilung von Krediten an ihre Mitglieder liegt, haben bisher erfahrungsgemäß äußerst selten derartige Verluste erlitten, daß ihre Existenz oder die ihrer Einleger gefährdet worden wäre. Diese beiden Gruppen von Geldinstituten, die infolge ihrer statutenmäßigen Einschränkung auf pupillarsichere Geldgeschäfte vorsichtig in ihrer ganzen Geldgebarung vorzugehen gezwungen sind, sind die Grundpfeiler des heimischen Spar- und Kreditsystems. In sie setzt die Bevölkerung das größte Vertrauen, und dieses Vertrauen darf nicht dadurch ins Wanken gebracht werden, daß auch diese Institute zu den Schutzbedürftigen gezählt werden. Für diese Institute gab es bisher nur zwei Anlässe, die sie in Schwierigkeiten gebracht haben. Das war die Währungstrennung und die Folgen der Kriegsanleiheübernahme. Die Nachwirkungen solcher Ereignisse können auch Versicherungsfonds nicht abhalten. Hiezu sind vielmehr Gesetzgebung und Verwaltung berufen, und wenn diese Gesetzgebung versagt, so ist der Versicherungsfond nicht berufen, die Spuren und Folgen einer einseitigen und kurzsichtigen Gesetzgebung zu verwischen. Im weiteren ist der Gesetzentwurf viel zu ungenau ausgearbeitet, sowohl in bezug auf die Verwaltung, als auch in bezug auf die Art der Unterstützung der hilfsbedürftigen Institute. Weit größeres Interesse und weit mehr Zustimmung als die vorliegenden Gesetzentwürfe hätte ein Gesetzentwurf in der Öffentlichkeit augenblicklich gefunden, und zwar jener, der endlich einmal das furchtbare Elend der Pensionisten beseitigt hätte, und ein zweiter Gesetzentwurf, der einen Wiedergutmachungsfond schaffen würde, welcher den erbarmungslos zu Bettlern gemachten Kriegsanleihebesitzern Rettung und Hilfe bringen würde. (Potlesk na levici.) Aus diesen Gründen wird meine Partei gegen diese Gesetzesvorlage stimmen. (Souhlas na levici.)
7. Øeè posl. Warmbrunna (viz str. 1937 tìsnopisecké zprávy):
Meine Damen und Herren! In einer Zeit, wo nach jahrelangem Lohndruck und konstanter Verschlechterung der Lebenshaltung der arbeitenden Schichten, ich möchte sagen, geradezu springflutartig eine unerhörte Teuerrungswelle einsetzt, vertreibt sich das Parlament damit die Zeit, eine ganze Kollektion von Finanzvorlagen zu erledigen, die ganz offenkundig in dem Sinne übereinstimmen, daß sie Millionengeschenke an die Besitzenden austeilen - das ist ihr wesentlicher Sinn - und eine Konzentration des Kapitals darstellen. Ich glaube, wenn man Absicht hineingelegt hätte, die durch politische Chikanen und durch das steigende Elend gequälten Arbeitermassen zu provozieren, raffinierter hätte die Auswahl der Gesetzentwürfe nicht vorgenommen werden können, als es durch diese Kollektion von Vorlagen geschehen ist. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.)
Die Krone gebührt aber in dieser Hinsicht einer Regierungsvorlage, die die Nummet 4814 trägt, worin die Regierung ermächtigt wird, die Forderungen aus Kriegslieferungen, entstanden während der Zeit des Krieges, also vom 28. Juli 1914 bis zum 28. Oktober 1918, zu honorieren. Also worum geht es hier? Worum geht es in einer Zeit der größten Not, der steigenden Teuerung, der politischen Chikanierung der arbeitenden Bevölkerung? Entschädigungen und Bezahlung der Kriegslieferanten! In einer Zeit der sogenannten Konsolidation der Verhältnisse, wo nebst allen Angriffen auf den Lebensstandard der Arbeitermassen Kleie unter das Brot gemischt werden soll, in einer Zeit, wo die Regierung daran denkt, die Angestellten abzubauen und ihre Bezüge zu beschneiden, weil sie das Geld nicht mehr aufbringen kann, in einer solchen Zeit mobilisiert man nahezu 700 Millionen - soviel wird die Vorlage kosten und es wird wahrscheinlich noch mehr werden - um nur diese eine Vorlage zu decken. Man entnimmt also 700 Millionen den öffentlichen Geldern, um die diversen Großlieferanten von Schrapnells, von Kanonen und anderem Kriegsmaterial zu befriedigen. Nach meinem Gefühl ist hier auf den Bänken des Hauses nicht gleich eine Vorlage wie diese gelegen, die in so herausfordernder Weise den Arbeitern zeigt, daß es die Regierung ganz offen mit den Reichen und Reichsten hält, daß sie eine Klassenregierung ist. Hier handelt es sich tatsächlich um die Entschädigung der Großfinanz, um die Entschädigung der Stützen des österreichischen Militarismus, um die Bezahlung der Kriegsdurchhalter und Kriegsgewinner größten Kalibers. Charakteristisch ist auch, daß die Vorlage für die Entschädigung nirgends eine Grenze nach oben enthält; während beispielsweise die Kriegsanleihevorlage dadurch, daß sie die Bestimmung enthält, daß die Anleihe 100.000 Kronen nicht überschreiten darf und daß die Entschädigung an einem Vermögensbesitz von nicht mehr als 25.000 Kè gebunden ist, doch etwas wie eine Staffelung erfährt, wird den Kriegslieferanten ohne jede Einschränkung betreffend den Vermögensstand und ohne jede Beschränkung der Summe bedingungslos alles ausbezahlt. Wenn der § 7, der von der Übernahme der Forderungen spricht, sagt, daß über die Forderung des Gläubigers, die er binnen sechs Monaten vom Beginn der Wirksamkeit dieses Gesetzes einzubringen hat, das Finanzministerium entscheidet, so wissen wir, daß das Finanzministerium wir kennen das Ministerium aus der Praxis, wir wissen, in welchen Händen es sich befindet - daß dieses Ministerium selbstverständlich den großen Gläubigern nicht wehe tun wird, namentlich jenen nicht, die ihre Forderung irgendeiner Bank des Živnokonzerns übertragen haben; daß ist selbstverständlich. Das Finanzministerium entscheidet hier - und das ist das ganz Merkwürdige - selbstherrlich über die Giltigkeit der Forderung, die ihrerseits durch keinen Paragraphen irgendwie genauer formuliert wird. Es heißt nur im § 8, daß die genaueren Bestimmungen wieder der Durchführungsverordnung überlassen bleiben. Das ist ein wichtiges Wort. Es wird also das Wichtigste und Wesentlichste des Gesetzes wieder nicht im Gesetze gesagt, sondern in der Durchführungsverordnung. Dazu kommt noch, daß die Rechtsverhältnisse - und das ist wohl das Allerschönste - zwischen dem Kriegslieferanten und dem Staate nach diesem Gesetze nicht bürgerliche Rechtsangelegenheiten sind und daß alle Streitfälle, die sich ergeben könnten, vom Rechtswege ausgeschlossen sind. Würde es sich in diesem Gesetz nicht um eine so heikle und ich möchte sagen gefährliche Materie handeln, man müßte schon aus rein gesetzestechnischen Gründen schärfsten Protest gegenüber dieser Art der Gesetzmacherei erheben. Wenn man aber bedenkt, daß es hier um die Entscheidung über Millionenforderungen aus den merkwürdigsten Kriegslieferungen gehen wird - ich betone noch einmal, aus den merkwürdigsten Kriegslieferungen - daß diese Entscheidung von ein paar Beamten, de facto aber schließlich nur von einem allein getroffen wird, dazu unter Ausschluß einer allfälligen gerichtlichen Entscheidung, so wundere ich mich wirklich über die Tapferkeit der sozialdemokratischen Kollegen in der Koalition, die bei dieser Vorlage standgehalten haben und nicht davongelaufen sind. Interessant ist schließlich auch die Lektüre des Motivenberichtes, der sich weiter gar keine Mühe nimmt, der Öffentlichkeit auch nur mit einem Wort irgend eine moralische Begründung oder Stützung der moralischen Berichtigung der Vorlage zu geben, während sonst beispielsweise jede Vorlage des Ministeriums für soziale Fürsorge, wenn es sich um einen Bettel, um ein paar Kreuzer für die arbeitende Bevölkerung oder um die Invalidenfürsorge handelt, mit einer langatmigen Begründung über die Berechtigung und über die Notwendigkeit der Vorlage versehen ist. Es werden hier die Kriegslieferanten des alten Österreich, also eigentlich Lieferanten eines feindlichen Staates, mit einer Selbstverständlichkeit entlohnt, die wirklich vielsagend ist. Es zeigt sich durch diese Vorlage, daß eben die Mentalität der Regierung und des ganzen Regierungsapparates sowie des Parlamentes nur einer Klasse gehört und nur jenen ihre Fürsorge sich zuwendet, die aus der Not und dem Elendbruder immer nur verdient haben, jener Klasse, für die das Schlachten und Sterben der anderen immer nur die Quelle der unerhörtesten Profite war. Diese Mentalität hat natürlich ein von der Masse der Arbeiter gegenteiliges Rechtsbewußtsein. Wer fragt die Hunderttausende von Kriegsinvaliden, wie groß ihre Forderungen an die Gesellschaft und an die Regierung sind? Wer fragt die Tausende von Frauen und Kindern, die den Ernährer, bezw. Vater ausliefern mußten, wie hoch sich ihre Entschädigung beziffert? Wie lächerlich ist dagegen der Einwand, daß den Kriegslieferanten auch empfindliche Abstriche ihrer Forderungen gemacht werden oder daß vielleicht die Millionen direkt oder indirekt den Arbeitnehmern wieder zugute kommen. Die ganze Welt weiß ja, daß diese Abstriche bei den Kriegsverdienern schon längst bei der Kalkulation wettgemacht wurden und daß bei der Konjunktur der Verhältnisse, wo die offenste Anarchie in der Preisbildung herrschte und wo diese Lieferanten selbst die Preisdiktatur unumschränkt in der Hand hielten, diese sogenannten Abstriche, die man ihnen jetzt macht, schon in vielfacher Form in ihrer Tasche sich bebefinden.
Eine Vorlage wie diese, die so offenkundig dem Rechtsempfinden der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung widerspricht und die so aufdringlich die klassenhafte Tendenz der derzeitigen Gesetzesmacher zeigt, lehnen wir nicht nur ab, sondern wir bekämpfen sie, weil sie in der Zeit der größten Depression und himmelschreiendsten Not die arbeitenden Massen geradezu beleidigt. Wir werden auch gegen die, sowie gegen die zweite Vorlage stimmen. (Potlesk komunistických poslancù.)
8. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 1942 tìsnopisecké zprávy):
Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzantrag beschäftigt sich endlich mit der Übernahme von aus Kriegslieferungen entstandenen Forderungen. Die endliche Begleichung dieser Forderungen durch den Nachfolgestaat, der nicht nur die gesamten Aktiven des alten Österreich-Ungarn, soweit sie sich auf die ihm zugefallenen Gebiete beziehen, übernommen hat, sondern zum größten Teile den Gegenwert der Forderungen in natura abgeliefert erhielt, ist nur ein Gebot der Gerechtigkeit. Zu bedauern sind nur die Gläubiger, die seit sechs Jahren vergeblich auf ihr Geld warten mußten und nunmehr statt Erfüllung ihrer gerechten Ansprüche sich mit einem Bettel zufriedengeben müssen. Der Regierungsentwurf macht die Anerkennung der Forderungen nicht nur von der Erfüllung einer Reihe von Bedingungen, die aus den geänderten staatsrechtlichen Verhältnissen hervorgehen, abhängig, sondern er läßt auch die eingetretene Geldentwertung vollständig unberücksichtigt und setzt außerdem fest, daß als Entgelt 3%ige Schuldverschreibungen, u. zw. für je 100 K Forderung Schuldscheine im Nominalwerte von 50 Èechokronen gegeben werden. Begründet wird dieses Vorgehen mit dem Hinweise, daß es sich um Forderungen von 3.000 Gläubigern im Gesamtbetrage von 700 Millionen Kronen handelt und daß auf Grund des St. Germainer Friedensvertrages, Abs. 205 und des Friedensvertrages von Trianon, Abs. 188 eigentlich die österreichische und ungarische Regierung zur Bezahlung verpflichtet wäre. Da aber beide Regierungen bisher die Bezahlung abgelehnt haben, sagt der Bericht weiters, sieht sich die Regierung aus volkswirtschaftlichen Gründen veranlaßt, diese Forderungen in Form einer bestimmten Zession an den Staat zu übernehmen.
Hiezu muß ich feststellen, daß die Bedingungen jeder Geschäfsmoral, aber auch der oben genannten volkswirtschaftlichen Begründung widersprechen, wenn der Staat als der teilweise Nutznießer dieser Kriegslieferungen, aber auch als der Nutznießer der auf Grund dieser ausständigen Forderungen erfolgten Steuervorschreibungen, bei deren Bemessung in den meisten Fällen die vollen Beträge zur Grundlage genommen wurden, heute nur die Hälfte dieser Forderungen und außerdem nicht in barem, sondern in Form von 3%igen Schuldverschreibungen honorieren will. Man muß aber auch weiters bedenken, daß bei der Liquidstellung der Forderungen für diese Lieferungen, die von der vormaligen Heeresverwaltung nicht mehr übernommen wurden, schon sowieso auf Grund getroffener Vereinbarungen nur die Hälfte des Betrages angesetzt wurde. Der heutige Wert der angebotenen Entschädigung kann also mit durchschnittlich 10% der Forderungen eingeschätzt werden. Schon aus diesen Feststellungen geht hervor, daß es sich nicht um eine wirkliche Befriedigung dieser berechtigten Forderungen handelt, sondern nur um eine schöne Geste.
Wie bei der sogenannten endgültigen Lösung der Kriegsanleihefrage bemüht man sich auch hier, diese vollständig unbefriedigende Lösung als Gnadenakt hinzustellen, und doch handelt es sich hier wieder um die Konfiskation von 100 Millionen deutschen Volksvermögens, handelt es sich auch hier wieder um einen schweren Schlag gegen die deutsche Wirtschaft, die sich zum Unterschied von der èechischen Wirtschaft seit der Staatsgründung nicht nur keiner Förderung, sondern nur einer steten Zurücksetzung durch die Regierung zu erfreuen hat. Besonders hart werden die Kleingewerbetreibenden getroffen, denen es seit Jahren an Betriebskapital mangelt und die nun ihre letzte Hoffnung auf die gerechte Erfüllung ihrer Forderungen schwinden sehen.
Um sich der vollen Tragweite dieser "wohlwollenden" Lösung bewußt zu werden, muß man sich vor Augen halten, daß die Gläubiger auch auf die bisherige Verzinsung verzichten müssen, anderseits aber mindestens ein Drittel der tatsächlichen Entschädigung an Steuern, Vermögens- und Vermögenszuwachsabgabe wieder an den Staat zurückersetzen müssen. Nun kommt noch die Kautschukbestimmung des § 6 hinzu, die den Staat ermächtigt, im Falle von Steuerschulden diese Schuldscheine an Zahlungsstatt zurückzubehalten und die Verrechnung auf Grund von im Verordnungswege zu erlassenden näheren Bestimmungen vorzunehmen. Das bedeutet nichts ande res, als daß der Kurswert nach freiem Ermessen der Behörden festgestellt wird. Hier muß schon verlangt werden, daß, wenn schon die Honorierung nur 10% der Forderung beträgt, denn doch bei der Verwendung der Schuldverschreibungen für Abzahlung restlicher Steuern ein bestimmter Verrechnungskurs festgesetzt werde. Ich habe daher beantragt, daß bei Verrechnung für rückständige Steuern diese Schuldverschreibungen zum Nennwerte zu übernehmen sind. Da im vorliegenden Gesetzeantrage außerdem vergessen wurde, den Anfangstermin für die Verzinsung festzusetzen, habe ich beantragt, als solchen den 1. Jänner 1920 anzunehmen. Weiters will ich noch auf die ungeheuerliche Bestimmung des § 8 verweisen, die beinhaltet, daß Streitigkeiten, die aus den Rechtsverhältnissen zwichen den Gläubigern und dem Staate auf Grund dieses Gesetzes erwachsen, nicht zu den Zivilrechtssachen gehören und daher der Rechtsweg nicht betreten werden kann. Diese Bestimmung als Ergänzung des § 7, welcher besagt, daß die Übernahme und die Höhe der Entschädigung der Entscheidung des Finanzministeriums unterliegt, läßt im Zusammenhange mit dem Ausschußberichte erkennen, daß außerdem den Gläubigern die Möglichkeit genommen werden soll, bei einer allenfalls später erzielten höheren Honorierung der auf Grund dieses Gesetzes an den Staat übergegangenen Forderungen durch die österreichische, bezw. ungarische Regierung weitere Ersatzansprüche zu stellen.
Meine Damen und Herren! Ich glaube, diese Ausführungen allein genügen, um Ihnen vollständig den Beweis zu erbringen, daß der Gesetzentwurf den gestellten Erwartungen durchaus nicht entspricht, und wir können aus diesem Grunde uns mit diesem Gesetzantrag in keiner Beziehung einverstanden erklären. Ich will auch noch einen weiteren Gesetzesantrag besprechen, um mich nicht neuerlich zum Worte melden zu müssen, u. zw. will ich die Vorlage, betreffend die Herabsetzung der Steuervorschreibungen, die seit Jahren von Handel, Gewerbe und Industrie gefordert wird, mit Rücksicht auf die eingetretenen wirtschaftlichen Veränderungen der Nachkriegszeit einer Besprechung unterziehen. Soweit es sich in diesem Gesetzesantrage um die Tendenz handelt, die mit Rücksicht auf die derzeitige Wirtschaftskrise viel zu hoch angesetzten Steuersätze herabzumindern, kann man diesen Bestrebungen nur zustimmen. Die Art und Weise aber, wie der Regierungsentwurf diese allgemein als gerecht geltende Forderung zu erfüllen gedenkt, muß unseren schärfsten Widerspruch hervorrufen. Denn schon die Bezeichnung "außerordentliche Nachlässe" widerspricht dem Geiste dieser Forderung, denn es handelt sich hier durchaus nicht um Abschreibung von Steuerbeträgen, die bei einzelnen Unternehmungen infolge eingetretener Verhältnisse notwendig erscheinen, sondern um eine Allgemeinerscheinung, die unser gesamtes Wirtschaftsleben erfaßt hat. Die geforderten Nachlässe müßten in der Erkenntnis gewährt werden, daß es sich um Vorschreibungen, die auf Grund von Konjunkturgewinnen, die wohl zahlenmäßig ausgewiesen werden konnten, handelt, die aber einerseits zum größeren Teile schon investiert, andererseits aber durch die Steigerung der Èecho-Krone im Jahre 1922 entwertet wurden und somit heute nicht mehr als gerechte Basis für Steuervorschreibungen erkannt werden können.
Es ist daher selbstverständliche Pflicht der Regierung, will sie nicht bewußt auf den Ruin Hunderttausender Steuerträger hinarbeiten, die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen, diese auf unhaltbaren Grundlagen fußenden Steuervorschreibungen auf ein halbwegs erträgliches Maß herabzusetzen. Zweckmäßig hätte diese Herabsetzung allgemein zu erfolgen und außerdem wäre zu prüfen, ob nicht in besonderen Fällen noch eine weitere außerordentliche Abschreibung zu erfolgen hat, die in außerordentlichen Verhältnissen begründet ist, von denen eine Reihe von Unternehmungen, beziehungsweise Gewerbebetrieben besonders betroffen wurde. Im Motivenbericht zu diesem Gesetzesantrag wird ausgeführt, daß die Steuerbemessungsbehörden infolge Anwachsens der Agenden seit der Staatsgründung erst verspätet zur Herausgabe der Steuervorschreibungen gekommen sind. Nun wird meines Erachtens die Arbeitsüberbürdung der Beamtenschaft ins Ungemessene gesteigert werden, wollte man jeden einzelnen Steuerfall speziell auf Grund neuerlicher und umständlicher Erhebungen behandeln. Schon aus dieser Erwägung heraus wäre eine allgemeine Ermäßigung mehr am Platze und könnten nebenher die besonderen Fälle, in denen einzelne Steuerträger eine weitere Herabsetzung über das allgemeine Maß fordern, noch gesondert behandelt werden. Besonders zu bemängeln ist aber auch die Ausschaltung der Steuerkommissionen von der Mitwirkung bei der Beurteilung des Ausmaßes der notwendigen Steuernachlässe. Die Bestimmung, daß die Entscheidung allein vom Ermessen des Beamten abhängig gemacht wird, muß unbedingt abgelehnt werden, da ja erfahrungsgemäß auch die tüchtigsten und objektivsten Beamten außer stande sind, sich ein abschließendes Urteil über die wirtschaftlichen Verhältnisse zu bilden. Besonders erschwert wird diese Entscheidung auch durch die Bestimmung des § 1, die die Gewährung der Steuerabschreibung von der Bedingung abhängig macht, daß bei Aufrechterhaltung der Vorschreibung eine ernste Gefährdung des Wirtschaftsbetriebes und der Lebenshaltung eintreten würde. Ich glaube, diese Feststellungen allein genügen, um zu beweisen, daß der einzelne Beamte ohne Mitwirkung der berufenen Vertreter der Steuerzahler außerstande ist, in allen Fällen ein gerechtes Urteil zu fällen. Nun dürfen wir aber auch nicht vergessen, daß bei dem hier herrschenden System die Befürchtung berechtigt ist, daß die deutschen Steuerträger bei der unklaren Fassung der Bedingungen von den Vorteilen des Gesetzes größtenteils ausgeschlossen werden. Diese Befürchtung ist umso begründeter, als in dem Gesetzentwurf vorgesehen ist, daß die vom Minister mit dieser Entscheidung betraute Behörde endgültig entscheidet und daß jede Berufung ausgeschlossen ist, d. h. daß ein Rechtsanspruch nicht gewährleistet wird. Die Steuer träger im deutschen Gebiete werden daher sehr auf der Hut sein müssen und alle Vorkehrungen zu treffen haben, damit ihre berechtigten Forderungen entsprechend berücksichtigt werden.