Úterý 23. záøí 1924

Der Gesetzentwurf betreffend den allgemeinen Fond sieht vor, daß die erste Unterstützung nach Ablauf von 5 Jahren gewährt werden kann. Zur Verwaltung dieses zweiten Fonds wird ein zwölfgliedriges Kuratorium berufen, das abermals nicht aus den Reihen der Beitragleistenden gewählt, sondern von der Regierung ernannt wird. Die Rechte dieses Kuratoriums sind so weitgehend, daß von einem Geschäftsgeheimnisse nicht mehr gesprochen werden kann. Denn wenn auch die Bestimmung vorgesehen ist, daß ein Kuratoriumsmitglied bei Ausübung seiner Funktion über die Verhältnisse der Fondzugehörigen strenges Stillschweigen zu bewahren hat und bei Verletzung dieser Verpflichtung als Kuratoriumsmitglied abberufen werden kann, so ist damit gar keine Gewähr geboten, daß dieses Mitglied seine erworbenen Kenntnisse später nicht nutzbringend im Interesse eines anderen Unternehmens verwertet.

Um der Öffentlichkeit zu beweisen, welche gewiegten und ernsten Fachmänner an der Ausarbeitung dieser Vorlagen beteiligt waren und wie leichtfertig bei der Beratung vorgegangen wurde, will ich nur eine Feststellung machen. Beim Spezialfond ist vorgesehen, daß das Verhältnis zwischen Kuratorium und Landesbank durch einen Vertrag geregelt wird, der der Genehmigung des Finanzministeriums unterliegt. Als bei den Beratungen des Gesetzentwurfes betreffend den allgemeinen Fond von deutscher Seite im Budgetausschuß bei Besprechung des § 9 der Antrag gestellt wurde, den zwischen Kuratorium und Landesbank abzuschließenden Vertrag an die Genehmigung der Regierung zu binden, hat sich der Vertreter des Finanzministeriums gegen diesen Antrag ausgesprochen und zwar mit dem Hinweise, daß dadurch die Autonomie des Fondes beeinträchtigt werden könnte! Ich glaube, diese Feststellung allein spricht Bände, denn bei den Bestimmungen des Spezialfonds ist das Gegenteil vorgesehen. Der Hinweis auf die bedrohte Autonomie ist geradezu als Hohn zu bezeichnen, denn die Mitglieder des Kuratoriums werden von der Regierung ernannt und können die Mitglieder über Vorschlag einzelner Minister wieder abberufen werden. Hier also von einer Selbstverwaltung zu sprechen, ist geradezu lächerlich und wird nur dadurch noch übertroffen, daß das im Falle von Streitigkeiten zwischen dem Kuratorium und sanierungsbedürfttigen Instituten und Unternehmungen vorgesehene Schiedsgericht nicht, wie man annehmen müßte, auch Vertreter der beitragsleistenden Institute und Unternehmungen aufweist, sondern daß die Mitglieder des Schiedsgerichtes ebenfalls zur Gänze - es handelt sich um 5 Mitglieder - von der Regierung ernannt werden.

Die für uns Deutsche furchtsbarste Bestimmung dieses Gesetzesantrages ist im § 19 enthalten, welcher dem Kuratorium tief in das Wirtschaftsleben einschneidende Rechte verleiht, und zwar ist hier u. a. vorgesehen, daß die Aushilfegewährung durch den Fond auch an die Bedingungen geknüpft werden kann, daß eine Fusion mit einem Institute, welches vom Kuratorium bestimmt wird, zu erfolgen hat. Diese Bestimmung beinhaltet nichts anderes, als daß deutsche sanierungsbedürftige Unternehmungen, die durch widrige wirtschaftliche Verhältnisse in Not geraten sind, sich mit einem vom Kuratorium bezeichneten èechischen Institute zu fusionieren haben. Diese Bestimmung ist so ungeheuerlich, daß ihresgleichen in der Gesetzgebung der Welt noch nicht vorgekommen ist. Hier muß mit aller Schärfe und mit allem Nachdrucke die Forderung erhoben werden, daß diese Bestimmung in der Richtung abgeändert werde, daß dem zu sanierenden Institute in diesem Falle das Vorschlagsrecht zukommt.

Bezeichnend für den Geist dieser Vorlage sind auch die Bestimmungen § 20: Obzwar die Geldinstitute gesetzlich verpflichtet sind, Beiträge, und zwar 1 1/2% der gesamten Zinsen ihrer Geldeinlagen an den Fonds abzuführen, so steht ihnen gerichtlich kein Anspruch auf Aushilfe zu, sondern im Falle einer vermeintlichen Zurücksetzung haben sie nur das Recht, an das bereits vorher geschilderte famose Schiedsgericht zu appellieren. Dieses beschließt außerdem in nichtöffentlicher Sitzung, seine Entscheidung ist endgültig und für beide Teile verbindlich. Das heißt mit anderen Worten: die Regierung kann mit den von ihr, bzw. dem Finanzministerium ernannten Mitgliedern des Kuratoriums, bzw. des Schiedsgerichtes machen, was sie will, da ein Anspruch gerichtlich nicht geltend gemacht werden kann. Auf die Verwaltung des Fondes hat also das beitragleistende Institut keinen Einfluß, doch wagt man es in einem solchen Falle von einer Autonomie oder Selbstverwaltung dieses Fondes zu sprechen!

Wie überall in diesem Staate, so wird auch auf diesem Gebiete die Macht des èechischen Zentralismus erweitert, und ich glaube, das Parlament kann sich in Zukunft seine Arbeiten dahingehend erleichtern, daß alle überflüssigen Gesetzesparagraphen weggelassen werden und immer nur ein einziger Paragraph aufgenommen wird, welcher lautet: "Die Regierung, bzw. das Finanzministerium wird ermächtigt zu tun, was es will." Diese Feststellung mag vielleicht manchem als Scherz anmuten, mir ist aber damit bitter Ernst. Denn wer die letzten tief in das Wirtschaftsleben einschneidenden Vorlagen wirklich studiert hat, wird mir Recht geben müssen, daß letzten Endes der entscheidende Einfluß immer wieder den einzelnen Ressortschefs im Finanzministerium überantwortet ist. Ob diese Zentralisierung der gesamten Macht in den Händen weniger Bürokraten der Wirtschaft zum Vorteil gereichen wird, möchte ich füglich bezweifeln. Aber ich bin mir bewußt, daß es sich den Gesetzgebern in erster Linie darum handelt, die deutsche Wirtschaft zu entwurzeln, ihre bisherigen finanziellen Verbindungen zu lösen und sie voll und ganz vom Wohlwollen der èechischen Geldanstalten abhängig zu machen. Es ist der Öffentlichkeit ja nur zu bekannt, welchen Einfluß schon heute der Živnokonzern nicht nur auf unsere Wirtschaft, sondern auf die ges amte Staatspolitik ausübt. Dieser Einfluß wird durch vorliegende Gesetzesanträge nur verstärkt, und aus all diesen Gründen müssen wir gegen diese Vorlage stimmen. (Souhlas na levici.)

3. Øeè posl. Krause (viz str. 1909 tìsnopisecké zprávy):

Verehrte Herren und Damen! Der erste der vorliegenden Gesetzentwürfe enthält die Bestimmung, daß direkte Steuern und auch Zuschläge bis Ende des Jahres 1923 entsprechend herabgesetzt, bezw. ganz abgeschrieben werden können, allerdings unter der Voraussetzung, daß durch die Zahlung die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens oder eines Haushaltes ernstlich gefährdet werden könnte. Mit diesem Gesetz steht das Gesetz wegen Übernahme der österreichischen Heeresforderungen in Verbindung. Aber auch dieses Gesetz enthält wie jenes über die Einlösung der Kriegsanleihe die Einschränkung, daß die Heeresforderungen bloß jener übernommen werden, die bis zum 28. Oktober 1918 bereits èechoslovakische Staatsangehörige waren. Bei der Einlösung der Kriegsanleihe finden wir eine ungefähr gleiche, und zwar ziemlich einschneidende Einschränkung in der Einlösung, indem es dort heißt, Personen, die vor dem 1. Jänner 1924 im Ausland gelebt haben, an der Einlösung der Kriegsanleihe nicht beteiligt sind.

Nun könnte der zweite vorliegende Gesetzentwurf wegen der alten österreichischen Heeresforderungen gewiß als günstig bezeichnet werden, wenn der Gesetzentwurf nicht ebenfalls ganz bedeutende Einschränkungen enthalten würde, so u. a. die Frage des Zinsfußes mit 3%, des weiteren, daß diese österreichischen Forderungen bloß mit dem halben Wert, nämlich mit 50%, übernommen werden. Wenn Sie den jetzigen Geldmarkt und die Verhältnisse auf demselben betrachten, so muß jeder - er braucht nicht industrie- oder gewerbefreundlich zu sein - zu der Überzeugung kommen, daß ein Zinsfuß von 3%, wo die Banken 10% und 15% verlangen, eigentlich etwas Unhaltbares und Unannehmbares ist. Die Lage des Gewerbes und der Industrie ist heute die denkbar ungünstigste. Die Verluste an Waren durch den Preissturz, die unendliche Steuerlast seit Jahren haben die Industrie und das Gewerbe so weit gebracht, daß sie an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt sind. Die Steuerbemessung selbst ist nicht zu veranworten. Manche Steuerreferate leisten sich da ganz Ungewöhnliches. Die Steuerbemessung ist vollständig willkürlich aufgebaut, sie wird gewöhnlich festgelegt nach dem Urteil von unverläßlichen Personen, die die Steuerbehörde, wie sie sie braucht, zur Auskunfterteilung heranzieht, und es ist durch alle diese Verhältnisse soweit gekommen, daß diese selbständigen Berufe vollständig der Betriebsmittel beraubt worden sind. Aber nun kommt noch etwas weiteres hinzu. Manche Steuerreferate haben es sich zur Richtschnur gemacht, auf unbelasteten Besitz selbst dort, wo jede Gefahr ausgeschlossen erscheint, daß der betreffende Steuerträger vielleicht flüchtig würde und den Staat um die vorgeschriebene Steuer bringen könnte, gegen das Gesetz seine Steuerschuld zu verbüchern, während das Gesetz ausdrücklich die Bestimmung enthält, daß derartige Verbücherungen - es ist dies besonders in Deutsch-Gabel und in Haida vorgekommen - bloß dann von dem betreffenden Bezirksgerichte vorzunehmen sind, wenn die ernste Gefahr besteht, daß der Staat um die bemessene Steuer kommen könnte.

Man sollte vor allem der Industrie durch günstige Handelsverträge helfen - und täuschen wir uns darüber nicht, in dem Augenblick, wo durch günstige Handelsverträge die Industrie in der Lage ist, ihre Erzeugnisse ins Ausland zu verkaufen, wird der Inlandsmarkt für die gewerblichen Erzeugnisse frei und dadurch wird durch günstige Handelsverträge gleichzeitig Gewerbe und Industrie unterstützt. Aber die deutsche Industrie soll niedergerungen werden und davon zeugt besonders der § 6 des Gesetzentwurfes über die Forderungen an die Heeresverwaltung. Dieser Paragraph enthält die ganz eigenartige Bestimmung, der Staat "kann" diese ausgegebenen Schuldscheine für die Heeresforderungen für die Steuerleistung verwenden. Nur der Staat, nicht der betreffende Steuerträger kann dies tun. Dieser kann nicht mit dem Schuldschein zum Steueramt gehen und sagen, er werde mit diesem Schuldschein seine Steuern bezahlen, sondern bloß der Staat hat die Berechtigung, daß er bei dem oder jenem Steuerträger die Schuldverschreibung an Zahlungs Statt annimmt. Wir finden also auch bei diesem wirtschaftlichen Gesetze die ganz eigens ausgedrückte Ermächtigung an die jeweiligen Organe der Regierung. Dieses Wort "kann" wird sicher in der Regel dazu ausgenützt werden, die betreffende gesetzliche Bestimmung nicht für, sondern gegen die Deutschen ausnützen. Abg. Ing. Kallina hat infolgedessen den Antrag gestellt, der auch wirtschaftlich und rechtlich vollständig begründet erscheint, daß es den Steuerträgern freigestellt wird, diese Schuldscheine zur Steuerzahlung verwenden zu können. Und wenn ich sage, berechtigt, so ist das einfach zu erklären: hat die Finanzverwaltung denn nicht die ganzen alten Steuerrückstände und die Nachtragsbemessungen von 1914 bis 1918 für ihre Kassen in Anspruch genommen? Der Berichterstatter des Budgetausschusses, ich glaube es war Abg. Dr. Srdínko, hat vor ungefähr zwei Jahren in diesem Ausschuß mitgeteilt, daß diese Steuerrückstände, die für diese Jahre nachträglich eingehoben wurden, eine Einnahme von 18.000 Millionen Kronen gebracht haben.

Eine ganz eigene Bestimmung enthält aber das Gesetz über die Heeresforderungen auch dadurch, daß es dort heißt: Anmeldungen der Heeresforderungen sind innerhalb von 6 Monaten vorzunehmen. Nun sind jedoch diese Anmeldungen schon vor einem Jahre oder zwei Jahren erfolgt, so daß eine neuerliche Anmeldung gar nicht notwendig wäre. Die Tendenz liegt aber klar zu Tage. Der Staat will sich der Zahlung der Zinsen so lange wie möglich entziehen. Selbst diese drei Prozent, die ausgeworfen sind, sollen erst nach Jahr und Tag gezahlt werden, nur nicht gleich.

Eine weitere ganz eigenartige Bestimmung enthält dieser Entwurf in seinem letzten Paragraph, wo es heißt: Die Rechtsverhältnisse zwischen Gläubiger und Staat gehören nicht zu den Zivilrechtssachen, d. h. mit anderen Worten, sie können niemals Gegenstand einer gerichtlichen Klage bilden. Meine Verehrten, wir sehen aus allen diesen Bestimmungen, daß es hier kein Wehren, kein Verteidigen der Rechte des Betroffenen gibt, und auf der anderen Seite steht lediglich die Ermächtigung der Regierung, wonach sie etwas tun kann oder nicht.

Wenn ich über den dritten Gesetzentwurf, über jenen von der Schaffung eines Spezialfondes für die durch die Nachkriegsverhältnisse entstandenen Verluste kurz sprechen will, so möchte ich bloß die Zusammensetzung des Kuratoriums erwähnen. Die Reg erung kann von den 17 Mitgliedern des Kuratoriums 5 ernennen, und zwar den Vorsitzenden, seinen Stellvertreter und außerdem 3 weitere Mitglieder. Je drei von übrigbleibenden 12 werden von Aktiengesellschaften, die in den Rahmen des Gesetzes fallen, von Vorschußkassen, von Sparkassen und von Erwerbsund Wirtschaftsgenossenschaften durch den Finanzminister ernannt. Es wird infolgedessen das eine eintreten, daß das Kuratorium, welches zur Verwaltung des ganzen Fondes bestimmt sein wird, aus lauter èechischen Staatsbürgern bestehen wird, und wenn doch schließlich und endlich ein Deutscher ernannt werden muß, wird er nicht jene Bedeutung haben, wie es dem Verhältnis der deutschen Wirtschaftsmacht eigentlich entsprechen würde. Es zieht sich sonach auch durch diese drei Gesetzentwürfe das System der Vergewaltigung des deutchen Volkes, wie ein roter Faden, ein System der Vergewaltigung durch die Verwaltung und die ganze Gesetzgebung.

Wenn ich zum Schlusse komme, so muß ich auch darauf hinweisen, um unsere Stellung kurz zu begründen, daß die deutschen Staatsangestellten und Beamten aus den nichtigsten Gründen aus ihren Stellungen entlassen werden durch Versetzungen in Gebiete, wo ihnen jede Lebensmöglichkeit genommen wird, wo ihnen das Leben unerträglich gemacht wird. Auf den Staatsbahnen, besonders in Deutschböhmen, wächst die Unsicherheit von Tag zu Tag. Bloß lautes Geschrei in der èechischen Staatssprache kündet uns in den Bahnhöfen an, in welchem Staate wir uns befinden. Erst in den jüngsten Tagen ist es vorgekommen, daß ein deutscher Kondukteur - das Protokoll wurde im Reichenberger Bahnamt aufgenommen - von einem mitfahrendem Èechen ernstlich bedroht worden ist, daß ihm gedroht wurde, der betreffende Reisende werde alles veranlassen, daß dieser deutsche Kondukteur niemals, in diesem reindeutschen Gebiete die deutsche Sprache gebrauchen werde, sondern er habe mit seinen Fahrgästen ausschließlich in èechischer Sprache zu verkehren. Es wird natürlich nicht anders gehen, der Herr Eisenbahnminister wird seinen Parteifreund in dieser Angelegenheit jedenfalls zur Rechenschaft ziehen müssen. Es wird nichts anderes übrig bleiben, er wird das tun müssen, um dem Rechte Geltung zu verschaffen. Die Sicherheit oder die Unsicherheit auf den Bahnen erhellt auch daraus, daß vor wenigen Tagen in Rumburg, als der Zug gegen Warnsdorf wegfahren wollte, die Tür zum Bahnhof geschlossen war. Der èechische Portier hatte es nicht notwendig, den Fahrgästen die Tür zu öffnen; als der Zug schon weg war, hat er sich endlich bequemt, die Türe aufzumachen, aber die Fahrgäste konnten an diesem Tage nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren. In anderen Stationen, wo èechische Beamte sind, in Deutsch-Gabel beispielsweise, war es vor acht Tagen der Fall, daß die Reisenden vergeblich auf das Öffnen der Kasse warteten, um die Fahrkarten zu lösen, und sie mußten dann wegfahren, ohne Fahrkarten gelöst zu haben, weil die betreffende èechische Beamtin noch nicht ausgeschlafen hatte.

Ich möchte hier auch von der Überfüllung der Bahnzüge sprechen, die deutsches Gebiet durchfahren. Heute früh hatten wir Gelegenheit zu beobachten, daß auf der Strecke Deutsch-Gabel-Leipa, wo täglich Hunderte von Arbeitern fahren, um an ihren Beschäftigungsort in die Staatsbahnwerkstätten in Leipa zu gelangen, der Zug ungeheuer überfüllt war, sodaß die Fahrgäste die Plattformen aufsuchen mußten, wo das Stehen nach den Eisenbahnvorschriften eigentlich verboten ist. Die Beschwerden haben die Eisenbahnverwaltung noch nicht veranlaßt, diesen unwürdigen Zuständen ein Ende zu bereiten.

Noch ein weiterer Fall. Als ich vor kurzem von Prag in meine Heimat fuhr, frug mich allen Ernstes - es war schon nachts -, ein Kondukteur: "Sagen Sie mir, Herr Abgeordneter, auf welcher Seite, links oder rechts, liegt die Station Haida?" Nun müssen Sie diese nordböhmichen Eisenbahnverhältnisse kennen; Sie müssen beispielsweise die Stationen Teichstadt und Tannenberg kennen, wo drei bis vier Züge neben einander stehen, und wenn der Kondukteur in seiner Unkenntnis der Lage der Stationen auf der unrichtigen Seite die Türe öffnet, sind die Fahrgäste einfach, wenn sie nicht selbst die Kenntnis haben, wo sie aussteigen sollen, der größten Gefahr ausgesetzt. Steigen Sie auf der entgegengesetzten Seite aus, so laufen sie dann direkt in den nebenstehenden Zug hinein. Nun, die Verhältnisse werden in diesem Sinne weitergehen.

Die Zeitungen berichten über die stetig zunehmenden Eisenbahnunglücksfälle viel zu wenig. Ich möchte da erinnern an das erste Unglück, als in der Station Griesdorf 7 Waggons sich von einem Lastzug loslösten und die steil abfallende Strecke herunterliefen. Es war bloß der Geistesgegenwart des Bahnwächters in Schönbach zuzuschreiben, welcher rechtzeitig die Wagen zur Entgleisung brachte - sonst wären sie die steilste Strecke auf der Aussig-Teplitzer Eisenbahn nach Ringelshain heruntergerollt, - daß ein unabsehbares Unglück vermieden werden konnte. So ist es auch geschehen in Deutsch-Gabel, als der Stationsvorstand, ein Èeche natürlich, einfach den Zug nach Ringelshain weiterließ, trotzdem er, wenn er nur halbwegs über die Dienstvorschriften unterrichtet gewesen wäre, hätte wissen müssen, daß sich zur selben Zeit ein Gegenzug gegen Deutsch-Gabel bewegte. Wieder war es ein deutscher Angestellter, der rechtzeitig das Zugspersonal aufmerksam machte und dadurch verhindern konnte, daß dort ein großes Eisenbahnunglück entstanden wäre. So ist es weiter gewesen in Georgenthal und so haben wir es in Böhmisch-Leipa erlebt, und überall dort, wo solche Unglücksfälle vorgekommen sind, sind sie zum allergrößtem Teile darauf zurückzuführen, daß die betreffenden Eisenbahner dieses Gelände nicht kennen und durch diese Nichtkenntnis können unleugbar große Gefahren in den kommenden Nebeltagen im November entstehen. Wenn sich der Herr Eisenbahnminister lediglich um seine Partei, nicht aber um sein Ressort, welches ihm anvertraut ist, kümmert, so ist es eine Sache für sich. Wir werden ihn aber dann zur Verantwortung ziehen, wenn durch seine Nachlässigkeit ein so großes Unglück über Hunerte von Menschen hereinbrechen sollte.

Wir sehen, und damit komme ich zum Schlusse, darin ein System der Vergewaltigung der Deutschen auf alen Linien. Wir stehen zu diesem Staat, den wir nicht wollten und in den wir nur mit Gewalt hineingekommen sind, in Opposition. Wir lehnen diesen Staat ab, weil wir zu diesem Staate niemals Vertrauen haben können. (Souhlas a potlesk na levici.)

4. Øeè posl. dr. Kafky (viz str. 1911 tìsnopisecké zprávy):

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Monaten ist uns durch die Presse mitgeteilt worden, daß uns eine eigene Septembertagung beschieden sein wird, zu dem Zwecke, um eine Reihe bedeutsamer finanzpolitischer Vorlagen parlamentarisch zu erledigen. Die Bedeutung der Vorlagen, die uns tatsächlich in diesen Septemberwochen im Hause vorgelegt worden sind, will ich gewiß in keiner Weise unterschätzen. Jedenfalls steht die Bedeutung dieser Vorlagen im umgekehrten Verhältnis zu dem Interesse, welches sie bei den Volksvertretern erwecken. Was dagegen die Charakterisierung dieser Vorlagen als finanzpolitische Gesetze anlangt, muß ich einige Bedenken äußern. Es gibt zwei Gruppen von finanzpolitischen Gesetzen: die einen, die diesen Namen deshalb in Anspruch nehmen, weil sie sich irgendwie mit den Staatsfinanzen befassen, und die anderen Gesetze, welche man deshalb als finanzpolitische Vorlagen bezeichnen darf, weil sie tatsächlich den Wunsch haben, Finanzpolitik zu beinhalten, d. h. den Wunsch haben und auch dazu imstande sind, die Finanzpolitik des Staates zu fördern, eine gesunde staatsfinanzielle Situation herbeizuführen und zu erhalten. Unter diesem Gesichtspunkt können wir diesen Vorlagen, die uns zugekommen sind, das Epitheton "finanzpolitisch" wenigstens nach meinem Erachten nicht zuerkennen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. inž. Botto.)

Vor allen Dingen, bevor ich mich dem zuwende, was tatsächlich geboten wird, möchte ich das hervorheben, was in diesen Vorlagen unbedingt fehlt. Ich glaube, es fehlt unbedingt jene Vorlage, die endlich einmal die Regelung der Besoldungsverhältnisse der Staatsbeamten und Staatsangestellten überhaupt gebracht hätte, vor allem aber die Wiedergutmachung, die Behebung des unerhörten Unrechtes, welches den Pensionisten dieses Staates angetan wird. Man kann ja sagen, daß das Ausgabengesetze sind, und daß gerade an Ausgabengesetzen in unserem Staate kein Mangel ist. Trotzdem glaube ich, daß diese Vorlage eine der bedeutsamsten finanzpolitischen Vorlagen gewesen wäre. Denn wir müssen uns klar darüber sein, daß ohne eine entsprechende Regelung dieser Besoldungsverhältnisse eine gesunde staatliche Administrative nicht zu erzielen ist, daß aber eine gesunde staatliche Administrative die unbedingte Voraussetzung für eine gute staatliche Finanzpolitik ist.

Was ist nun tatsächlich geboten worden? Ich will, meine Damen und Herren, von dem Moratoriumsgesetz nicht mehr sprechen, das ja hier seine parlamentarische Erledigung bereits gefunden hat. Ich will auch nicht vielleicht diesen Anlaß benützen, um einen Epilog zum Kriegsanleihegesetz zu halten, das ja auch unter die finanzpolitischen Vorlagen gehört. Zu einem Epilog für dieses Kriegsanleihegesetz ist von meinem Standpunkt aus umso weniger Veranlassung, als wir die durch dieses Gesetz herbeigeführte Lösung auch nicht im mindesten als endgültige Lösung betrachten können. Und wenn Sie, meine Herren von der Mehrheit und von der Regierung, der Ansicht sind, daß Sie unseren Wünschen und Forderungen nach einer wirklich endgültigen Lösung dieses Problems dadurch vorbeugen werden, daß Sie in den Kopf dieses Gesetzes das Wort "endgültig" aufnehmen, so kommen Sie mir bei diesem naiven Vorgehen ein wenig wie derjenige vor, der im dunklen Wald plötzlich zu schreien anfängt, weil er Angst bekommt. Dadurch, daß Sie selbst diese Vorlage als endgültig bezeichnen, werden Sie in keiner Weise eine Bindung für die künftige Gesetzgebung herbeiführen. Es wird von den politischen Machtverhältnissen abhängen, ob diese Vorlage eine provisorische oder eine dauernde Lösung der Kriegsanleihefrage mit sich bringt, und jedenfalls können Sie überzeugt sein, daß wir versuchen werden, die politischen Machtverhältnisse so zu gestalten, daß das Wort "endgültig", das Sie vorläufig beruhigt hat, in keiner Weise eine Beunruhigung für unsere Bevölkerung bedeutet. Ich will also, wenn auch Anlaß zu manchen Bemerkungen wäre, nicht weiter von dieser Kriegsanleihevorlage sprechen. Nur eines: Diese Kriegsanleihevorlage, deren Kopf dadurch interessant ist, daß er das Wort "endgültig" enthält, würde eigentlich einen ganz anderen Titel verdienen. Man könnte sie nennen eine Vorlage zu Entrechtung des Kriegsanleihebesitzers, mann könnte sie nennen Vorlage zur dauernden Schädigung des staatlichen Kredits, aber ein Titel muß ihr - und das möchte ich doch hervorheben - in allererster Linie zuerkannt werden, und das ist der eines Gesetzes zur Bestrafung der staatstreuen Zeichner der vierten Staatsanleihe. Denn wenn Sie - von einem gewissen Vermögen angefangen - die Situation derjenigen betrachten, welche die Weisung befolgt haben, nicht zu zeichnen, und die Situation der anderen, welche der Weisung des Finanzministeriums gefolgt sind und die vierte Staatsanleihe gezeichnet haben, so werden Sie bei einer Berechnung, die jeder von Ihnen für sich selbst anstellen kann und die Sie mir vorläufig nicht glauben müssen, finden, daß jener, welcher die vierte Staatsanleihe nicht gezeichnet hat, besser daran ist als der andere, der sie gezeichnet hat - mit Rücksicht auf die geniale Heranziehung der Kriegsanleihe zur Bemessung der Vermögensabgabe mit 30%.

Meine Damen und Herren! Es ist mir nicht möglich, mich nur an die Vorlagen zu halten, die momentan zur Diskussion stehen. Denn alle diese finanzpolitischen Vorlagen bilden eigentlich ein zusammenhängendes Ganzes, und es liegt eine gewisse Willkürlichkeit darin, daß man drei Gesetze von den drei anderen getrennt und hier zum Gegenstand einer Spezialdebatte gemacht hat. Ich will daher mit ganz kurzen Worten auch von dem sogenannten Steuererleichterungsgesetz sprechen, dessen Tendenz wir gewiß begrüßen, und mit dem wir uns umsomehr befreunden wollen, als gewisse Bestimmungen dieses Gesetzes mit manchen Anregungen übereinstimmen, die von unserer Seite gemacht worden sind, zum letztenmal in einer Anfrage, die wir, leider ohne daß sie bisher einer Antwort gewürdigt worden ist, im Laufe des Juli an den Herrn Finanzminister gerichtet haben. Was uns an diesem Gesetz und an allen anderen Gesetzen außerordentlich unangenehm auffällt, ist, daß die Tatbestände als Voraussetzungen der gesetzlichen Wirkungen derart unpräzis gefaßt sind, daß die mögliche Willkür der Ermessensentscheidungen der Behörden außerordentliche Gefahren bietet. Der Begriff der relativen Steueruneinbringlichkeit, den die Finanzpolitik allmählich herausgearbeitet hat, wird in dem Gesetze über die Steuererleichterungen in einer Weise umschrieben, daß damit alles angefangen werden kann, aber auch gar nichts. Es hängt nun einzig und allein von dem Ermessen des Finanzministeriums ab, wie es diesen Kautschuk kneten will. Dazu kommt noch, daß die Entscheidung allein in die Hände des Finanzministeriums gelegt ist, und daß die Steuerkommissionen, welche doch intentionsgemäß nach den gesetzlichen Grundlagen unserer Steuergesetzgebung zur Mitwirkung berufen sind, gerade in diesem wesentlichen Punkte von jeder Mitwirkung ausgeschaltet sind.

Wenn ich mir einige allgemeine Bemerkungen gestatten darf, so darf ich wohl vor allem dem Bedauern Ausdruck geben, daß man - offenbar von dem Wunsche geleitet, auch diese Gesetze sehr rasch zu verabschieden - unterlassen hat, diese Gesetzentwürfe neben der Prüfung durch den Budgetausschuß auch der Prüfung durch den verfassungsrechtlichen Ausschuß zu unterziehen. Diese Gesetze, im Ganzen und im Einzelnen betrachtet, bieten gewiß auch vom formal-juristischen Standpunkt außerordentliche Schwierigkeiten und es wäre unbedingt notwendig gewesen, auch eine formal-juristische Prüfung eintreten zu lassen. Das bedeutet keineswegs eine Unterschätzung der juristischen Fähigkeiten der Mitglieder des Budgetausschusses. Aber es ist etwas ganz anderes, ob ein Budgetausschuß oder ein Rechtsausschuß ein Gesetz zu prüfen hat. Der Budgetausschuß wird seine Aufgabe in erster Linie darin erblicken, das Gesetz vom Standpunkt der Staatsfinanzen und der volkswirtschaftlichen Wirkungen aus zu prüfen, während es notwendig gewesen wäre, auch unter juristischen Gesichtspunkten alle diese Gesetze einer sehr genauen Begutachtung zu unterziehen. Es wäre manches unterblieben, was jetzt vom legistischen Standpunkt aus meines Erachtens unleugbar einen Mangel dieser Gesetzgebung bedeutet.

Das Gesetz über die Einlagsbücher enthält z. B. eine Reihe von strafrechtlichen Tatbeständen, deren Abgrenzung keineswegs glücklich ist und deren Zusammenhalt mit anderen, allgemeinen strafrechtlichen Tatbeständen zu mancherlei Bedenken Anlaß gibt. Ich möchte in diesem Zus ammenhang darauf aufmerksam machen, daß wir hier in diesem Gesetze Vergehenstatbestände vor uns haben, bei denen weder dolus notwendig ist noch culpa. Ich weiß nicht, ob das intendiert war, aber jedenfalls ist es nach dem gesetzlichen Wortlaute so, und darin liegt eine gewisse Anomalie. Wir haben weiters eine Reihe von Tatbeständen, durch die verschiedenen Gesetze zerstreut, bei denen die Verschwiegenheitspflichtverletzung das maßgebende Moment bildet, und wir sehen nun, daß die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht auf der einen Seite nur dann bestraft wird, wenn dadurch ein Schaden für ein Institut entsteht - ein Tatbestandsmoment, welches sich einer strikten Beweisführung meist entzieht - während in anderen Fällen dieses Moment vollkommen fehlt; wir sehen, daß die Strafe in dem einen Falle eine Gefängnis und Geldstrafe ist und daß in anderen sehr wichtigen Fällen nicht anders gestraft wird, als durch Abberufung des Kuratoriumsmitgliedes. Wenn wir uns übrigens diese Bestimmungen über die Verschwiegenheitspflicht näher anschauen, erfahren wir, daß die Mitglieder des Aufsichtsrates und des Vorstandes eines Geldinstitutes zur Verschwiegenheit schlechthin verpflichtet sind, nicht, wie wir annehmen wollten, nur dritten Personen gegenüber; nein, wenn man das Gesetz so nimmt, wie es jetzt lautet, kommt man zu dem gewiß nicht beabsichtigten Resultat, das gewiß vermieden worden wäre, wenn eine juristische Prüfung eingesetzt hätte, daß das Vorstandsmitglied seine Verschwiegenheitspflicht verletzt und strafbar wird, auch wenn es einem Mitglied des Aufsichtsrates etwas mitteilt, und der Aufsichtsrat seine Verschwiegenheitspflicht verletzt, wenn er einem Mitgliede des Vorstandes etwas mitteilt. Etwas Groteskeres kann man sich nicht denken.

Wir haben dann das sogenannte Depotgesetz, mit dessen Tendenzen wir grundsätzlich vollkommen übereinstimmen. Aber auch hier wieder: Die Wissenschaft zerbricht sich seit langem den Kopf über die Abgrenzung zwischen Depositum regulare und irregulare, zwischen Kumulativ- und Summendepot u. s. w. Und nun kommt ein Gesetz, das mit diesen Begriffen zu hantieren hätte. Aber der Budgetausschuß - ich wiederhole nochmal, daß ich keinen Vorwurf erheben will, es war nicht seine Aufgabe - hat aber von diesem Kopfzerbrechen nicht die mindeste Notiz genommen. Wir bekommen so Depotbegriffe, die mit den Resultaten, welche die Rechtswissenschaft gewonnen hat, sich überhaupt nicht mehr in Einklang bringen lassen und die praktisch zu ganz unmöglichen Resultaten führen. Wir kommen in einer Bestimmung zu einem Depotbegriff, der mit dem Depot überhaupt nicht mehr das mindeste gemeinsam hat.


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