Úterý 16. záøí 1924

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 286. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 16. záøí 1924.

1. Øeè posl. dr. Keibla (viz str. 1466 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die heute in Verhandlung stehende Vorlage bedeutet einen Markstein in der sozialen Gesetzgebung dieses Staates. Meine Partei ist sich der Wichtigkeit der Sozialversicherung wohl bewußt und wünscht dringend, daß sie auch in diesem Staate ins Leben trete. Wenn ich als Gegenredner hier zu Worte komme, so soll das keineswegs bedeuten, daß wir Gegner des Rechtsinstitutes überhaupt sind, es soll vielmehr dadurch nur zum Ausdruck kommen, daß wir mit einer ganzen Reihe von Bestimmungen, wie sie in diesem Gesetzentwurf enthalten sind, uns nicht einverstanden erklären können und sie der schärfsten Kritik unterziehen müssen. Wenn es wahr ist, daß "gut Ding Weile haben muß" so müßte der vorliegende Gesetzentwurf ein Mustergesetzentwurf in sachlicher und formeller Beziehung sein. Leider ist dem nicht so. Er ist vielmehr ein richtiges Kind seiner Zeit, einer Zeit voll Unruhe und zersetzender Leidenschaft, in welcher die Gunst und der Haß der Parteien aller Einrichtungen der Staatsverwaltung und der Gesetzgebung sich bemächtigt haben, um sie zu ihrem Vorteil zu mißbrauchen. So haben auch hier die Politik der einzelnen Standesparteien und die nationale Unduldsamkeit einen Entwurf zusammengebracht, der, obgleich er einen Teil der sozialen Fürsorge und also der Nächstenliebe zum Gegenstande hat, in seinen Organisationsbestimmungen ganz darnach angetan ist, die einfachsten Rechte der Minderheitsvölker auf Gebrauch ihrer Sprache und Vertretung in den Verwaltungsstellen, besonders der obersten Verwaltungsstellen der künftigen Sozialversicherungsanstalten, vollständig und absichtlich unberücksichtigt zu lassen. Die vorgeschlagene Organisation ist ganz vom Geiste eines bürokratischen Zentralismus durchdrungen und wird die Sozialversicherungsanstalten zu reinen Verwaltungsstellen der èechischen Regierung stempeln, welche in erster Linie deren Wünsche und erst im zweiten Abstande die Interessen jener, für welche die neuen Anstalten eigentlich geschaffen werden sollen, vertreten werden. Aber auch die großen politischen Standesparteien haben mit Erfolg versucht, ihre Parteiwünsche in dem Entwurf verwirklicht zu sehen, und so trägt dieser Gesetzentwurf, welcher für eine noch neue, äußerst umfangreiche und spröde Materie des Verwaltungsrechtes umfassende Bestimmungen trifft, nur zu deutlich den Stempel des Kompromisses auf der Stirn, eines Kompromisses, in welchem Gutes und Schlechtes in seltsamer Mischung vereinigt sind. Wobei aber des Guten zu wenig und des Schlechten zu viel ist.

Der Gesetzentwurf bedeudet einen Versuch, die große Frage der Sozialversicherung wenigstens teilweise zu lösen, und ich will die Schwierigkeiten keineswegs verkennen, welche sich ihm entgegengestellt haben. Wie bei einem jeden Lösungsversuche, wird jetzt auch hier bald nach seiner Wirksamkeit sich herausstellen, daß Fehler und Widersprüche zu beseitigen sind, so daß nachträgliche Änderungen nicht ausbleiben werden. Aber da seine Wirksamkeit noch ziemlich lange auf sich warten lassen wird, und die verschiedenen Parteien sich mit dem bereits Erreichten selbst in der Zwischenzeit kaum zufrieden geben werden, so bin ich überzeugt, daß noch vor seiner Wirksamkeit Abänderungen in diesem oder jenem Sinne werden versucht werden und daß zu mindestens die allmächtige stets infallible Koalition sich noch öfter, als ihr vielleicht selbst lieb ist, mit dieser Frage wird beschäftigen müssen, ehe die Neuwahlen mit diesem Hause den ersehnten Kehraus machen werden.

Meine Partei hat nur einige Anänderungsanträge zu dem Entwurfe eingebracht, weil wir die Verhandlung weder verzögern, noch die geehrten Damen und Herren unnütze Freiübungen machen lassen wollen. Das meiste, was wir vorzubringen haben, ist von dem hochverehrten Herrn Kollegen Schälzky im engeren Ausschuß des sozialpolitischen Aussch usses bereits vorgebracht worden, wir überlassen ihm gerne die Ehre der Urheberschaft dieser seiner Anträge und werden für sie stimmen.

Was nun die größten unserer Bedenken gegen die Vorlage anbelangt, so sind sie im wesentlichen folgende:

Zunächst sei festgestellt, daß der Entwurf eine Menge von Stellen aufweist, welche den Verwaltungsbehörden, sei es nun der Regierung oder der Zentralsozialversicherungsanstalt, das Recht einräumen, wesentliche und grundlegende Bestimmungen des Gesetzes im Verordnungswege abzuändern. Wir halten dies für einen groben Unfug, welcher sich leider in der Gesetzgebung dieses Staates überall breit macht und der ganz energisch bekämpft werden muß. Wir werden gegen alle diese Stellen stimmen.

Ferner: In dem Entwurfe streiten zwei Grundsätze miteinander: Der Grundsatz der Einheitskasse und sein Gegenpol, der Grundsatz, daß verschiedenorganisierte Anstalten Träger der Sozialversicherung sein können. Theoretisch sind beide möglich. Die sozialistischen Parteien vertreten den Grundsatz der Einheitskassen und behaupten, daß nur diese imstande seien, die ihnen übertragene Aufgabe einwandfrei zu lösen, weil die Leistungen einer Krankenkasse oder einer Versicherungsanstalt desto größer sein können, bei gleichbleibenden Beträgen, je mehr Mitglieder sie umfaßt und je größer der Ausgleich zwischen den größeren Risken mit den kleineren ist, weil ferner die Verwaltung einer einzigen Einheitskasse weniger Kosten verursache als wenn eine Menge kleinerer, selbstständiger Kassen nebeneinander bestehen. Sie behaupten weiter, daß ihre Kassen, d. h. solche, die von Sozialisten geleitet werden, gut verwaltet würden, während dies bei den anderen Kassen keineswegs der Fall sei und verlangen daher, daß alle bereits bestehenden Krankenkassen sowie die Unfallversicherungsanstalten und die bestehenden Pensionsanstalten der Privatbeamten mit den Bezirkskrankenkassen zu Sozialversicherungsanstalten zusammengelegt werden, ja sie verwahren sich jetzt schon im voraus dagegen, daß, falls den Staatsbeamten ihr langgehegter Wunsch nach einer Krankenversicherung erfüllt werden sollte, dies vielleicht in Form einer eigenen Staatsbeamtenkrankenkasse geschehen sollte, sie verlangen vielmehr, daß auch die Staatsbeamten dann in die allgemeine Krankenversicherung einbezogen werden.

Hingegen verwahren sich die Vertreter des Handels- und Gewerbestandes, der Industrie, der Landwirtschaft, die Privatangestellten und insbesondere die Staatsbeamten ganz entschieden dagegen, daß ihre noch bestehenden Genossenschafts-, Gremial- und Hilfskassen, welche ohnedies durch das Gesetz vom 15. Mai 1919, Slg. 269, arg gedrosselt worden sind, nunmehr theoretisch zum größten Teile, praktisch aber fast vollständig verschwinden sollen. Sie weisen zunächst darauf hin, daß der bestehende Wettbewerb zwischen den genossenschaftlichen und den Bezirkskrankenkassen den Versicherten nur Vorteile gebracht hat, daß die Genossenschaftskrankenkassen bedeutend geringere Verwaltungsauslagen haben, da ihre Verwaltung häufig ehrenamtlich erfolgt. Auch die Finanzlage der noch in Tätigkeit gebliebenen Kassen sei eine äußerst günstige, wie aus einigen Beispielen zu ersehen sei. So habe die Krankenkasse des Gremiums der Prager Kaufleute im Jahre 1905 4704 Mitglieder gehabt, im Jahre 1914 5152, im Jahre 1918 3867, und im Jahre 1921 bereits 14.129. Aus dieser Aufstellung gehe hervor, daß, trotzdem auf Grund des Gesetzes vom Jahre 1919 die Mitglieder aus der Kasse austreten und der Bezirkskasse beitreten konnten, sie dies nicht nur nicht getan, sondern im Gegenteil durch ihre Zufriedenheit mit der Tätigkeit der Kasse bewirkt haben, daß neue Mitglieder massenhaft beitraten. Das Ordnungsmäßige der Geschäftsgebahrung kann auch aus dem Anwachsen des Reservefonds ersehen werden. Im Jahre 1905 betrug er 283.000 K, im Jahre 1918 373.000 K, im Jahre 1921 3,465.000 Kè. Auch ansonsten komme die Kasse ihren Mitgliedern weitmehr entgegen, als das Gesetz vorscheibt, indem sie tatsächlich ein Interesse daran hat, die ihr übertragene Aufgabe zu erfüllen, nämlich zur Hebung des Gesundheitszustandes ihrer Mitglieder beizutragen. Zu diesem Behufe errichtete sie eine Heilanstalt in Karlsbad und mietete eine Villa im Bad Podìbrad, wo ihre erkrankten Mitglieder unentgeltlich behandelt werden. Die schwerkranken und erwerbsunfähigen Mitglieder genießen in den angeführten Anstalten noch besondere Begünstigungen. Die Kasse gewährt die Behandlung mittels Vibroinhalationen, Elektrisation, Tuberkulin und Quecksilberinjektionen, sowie Höhensonne-Radiumbehandlung. Einzelne Krankheiten, innere, geistige, Nasen-, Ohren-, Hals-, Zahn-Krankheiten, Frauenleiden und andere mehr werden von Fachärzten behandelt, deren 18 tätig sind. Die laufende Agenda wird von 50 Distriktärzten besorgt. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.)

Die Krankenkasse der gewerblichen Hilfsarbeiter bei der Genossenschaft der Schlosser in Prag zeigt folgendes Bild: Im Jahre 1917 hatte die Kasse 548 Mitglieder bei einem Reservefond von 32.000 K, im Jahre 1920 2292 Mitglieder mit 93.400 Kè Reservefond. Wie auch diese Kasse die Aufwendungen für Heilkosten erhöht, ist am besten aus dem perzentuellen Verhältnis der einzelnen Ausgabsposten in den Jahren 1919 und 1920 zu ersehen. An Krankenunterstützung wurden ausgegeben im Jahre 1919 45·6%, 1920 34·3%, an Ausgaben für Ärzte und Krankheitskontrolle 17·8, resp. 20·5%, Medikamente 9·7, resp. 16·1%, Krankenhäuser 3·7, resp. 7·7%, Verwaltungskosten 20·2%, resp. 19%, Bestattungsbeitrag 3, resp. 2·4%. Hieraus ist ersichtlich, daß die Ausgaben für Krankenunterstützungen sich in einem Jahr um 11·3% ermäßigten und die Verwaltung um 1·2%, wo hingegen die Kosten der ärztlichen Behandlung um 2·7, die der Medikamente um 6·4% und jene für die Krankenhausbehandlung um 4 % höher waren. Die Kasse steckt sich eben das Ziel, lieber größere Beträge für die gründliche Behandlung der Mitglieder zu opfern und ihnen so wieder eine Erwerbsmöglichkeit zu bieten, als durch eine unvollständige Heilung ihre Unproduktivität zu verlängern.

Auch die Kassen in den Provinzstädten weisen einen ähnlich segensreichen Erfolg ihrer Tätigkeit auf. So können sich die in Pilsen bestehenden Krankenkassen folgender Erfolge rühmen:

Die Kranknkekasse des Handelsgremiums in Pilsen hatte im Jahre 1905 248 Mitglieder, 1914 1070 Mitglieder, 1918 704 Mitglieder und 1921 1287 Mitglieder, zu Beginn des Jahres 1922 hatte die Kasse 1405 Mitglieder, am 31. August 1746, davon 578 Männer und 447 Frauen. Die Kasse nahm ihre Tätigkeit am 17. Juni 1905 mit einer Kassebarschaft von 1·65 Kronen auf, sodaß sie sich von der Živnostenská banka 800 K ausleihen mußte. Der gegenwärtige finanzielle Erfolg ist aus folgenden Daten ersichtlich: Im Jahre 1905 betrug der Reservefond 5.700 Kronen, 1914 37.000 Kronen, 1918 54.000 Kronen und 1921 268.000 Kronen. Im Jahre 1922 weist die Kasse zum 31. August einen Betrag von 381.900 Kronen aus. Die Kassa ist schuldenfrei. Die Agenda besorgt ein Beamter mit einer Hilfskraft. Für die 1476 Mitglieder sind außer einem Spezialarzt 2 Äzte tärig, während die Bezirkskrankenkasse für 32.000 Mitglieder bloß 8 Ärzte beschäftigt. Die Behandlung erfolgte in der Ordination des Arztes und in der Wohnung des Kranken, während die Bezirkskrankenkasse ihren Ordinationsraum hat und 10 bis 15 Versicherte auf einmal vor den Arzt treten. Die Kasse gestattet die Behandlung durch Spezialärzte ohne Gesuch und Verzögerungen, weiters gewährt sie Gebisse und deren Bestandteile ohne Rücksicht auf die Dauer der Mitgliedschaft bei der Kasse.

Die Kasse bewilligt Mitgliedern, die sich berechtigterweise außerhalb des Sprengels der Kasse befinden, im Krankenheitsfalle auf Rechnung der Kasse einen Arzt und Medikamente, ferner bewilligt sie die Behandlung im Sanatorium und zahlt für die Behandlung die Hälfte der Kosten an die Pensionsanstalt 3 Monate hindurch. Medikamente bewilligt die Krankenkasse ohne Vorbehalt, u. zw. nach Ermessen des Arztes. Die Familienmitglieder genießen dieselben ärztlichen und Apothekenbegünstigungen wie die Mitglieder und auch für sie zahlt die Kasse die Behandlungskosten im Krankenhaus. Die Ärzte honori ert die Kasse für jede Ordination separat, damit der Arzt den Kranken ordungsgemäß behandle. Durch dieses Vorgehen gewinnen sowohl Krankenkasse wie auch das Mitglied. Die Kassenärzte sowie die Spezialärzte streikten während des Streikes nicht und behandelten und berieten wie sonst, was bei der Bezirkskrankenkasse nicht der Fall war.

Auch in Nord-, Nordwest- und Ostböhmen sind die Verhältnisse der genossenschaftlichen Kassen sehr günstig wie aus folgenden Beispielen zu ersehen ist: Die Krankenkasse des Gremius der Exporteure in Gablonz hatte im Jahre 1914 1626 Mitglieder, im Jahre 1918 1528, im Jahre 1919 2633 und im Jahre 1921 3193 Mitglieder; der Reservefond betrug im Jahre 1919 189.137 Kronen und stieg im Jahre 1921 auf 552.399·69 Kronen. Wie ersichtlich, erhöhte die Krankenkasse im Jahre 1921 ihren Reservefond um 321.292·89 Kronen, obwohl sie bloß einen Beitrag von 5 1/2 % des Taglohnes einhob und trotzdem sie wesentlich mehr leistete, als das Gesetz vorschreibt.

Die Krankenkasse des Handelsgremiums in Reichenberg befindet sich ebenfalls in derselben Lage, da die Mitgliederzahl von 1548 im Jahre 1914 auf 2801 im Jahre 1921 steigen konnte und das Vermögen sich von 181.871·85 im Jahre 1919 auf 500.846·65 im Jahre 1921 erhöht hat.

Die Krankenkasse der vereinigten Gewerbe in Aussig weist ebenfalls ungeheuere Vorteile für die Versicherten gegenüber der dortigen Bezirkskrankenkasse auf, welche Vorteile durch die rationelle Wirtschaftsgebahrung ermöglicht werden.

Die Prosperität der Krankenkasse des Handelsgremiums in Karlsbad kann ebenfalls als Beispiel für eine Musteranstalt herangezogen werden. Auch da ist der Reservefond im Betrage von 48.771·28 Kè im Jahre 1920 in einem Jahre auf 290.911·92 Kè gestiegen.

Eine interessante Erscheinung ist die Krankenkasse der gewerblichen Arbeiter der vereinigten Genossenschaften in Dobruška; wiewohl die Kasse im Ganzen die kleinste der bisher bestehenden ist, beweisen folgende Daten, wie rationell sie das ihr anvertraute Vermögen verwendet: der Reservefond, der im Jahre 1920 Kè 15.819·41 betrug, erhöhte sich im Jahre 1921 auf Kè 34.292·04, somit um mehr als die Hälfte. Von den Ausgaben per Kè 71.195·41 bilden die Krankenunterstützungen bloß 18.183 Kè, somit 26·9%, die Ausgaben für Medikamente dagegen Kè 9.037·77, somit 12·69%, die Behandlungskosten im Krankenhaus Kè 8.117·47, somit 11·40%, die Ausgaben für Ärzte und Kontrolle 7.494 Kè, somit 10·52%. Die Kasse zahlt daher lieber teuerere und bessere Medikamente und sorgt für die gründlichere Behandlung und völlige Heilung der Kranken, als daß sie unproduktive Krankengelder an Simulanten zahlen würde.

Dasselbe was für die böhmischen Kassen gilt, gilt auch für die mährischen und schlesischen Kassen. Mir liegen die Daten vor, aber ich will die geehrten Damen und Herren mit der Aufzählung der Daten nicht länger aufhalten, ich will nur feststellen, daß selbst die kleinsten Kassen dieser Bezirke gut funktionieren und daß man nicht sagen kann, daß Kassen, deren Mitgliederanzahl unter eine bestimmte Zahl, z. B. unter Tausend kommt, aus dem Grunde allein nicht unproduktiv sein müßte oder schlecht wirtschaften würde.

Die Prosperität der Kassen wird am besten durch die steigende Mitgliederanzahl bewiesen. Deshalb beweist auch das mächtige Anwachsen der Mitgliederanzahl, daß die von ihnen gewährten Begünstigungen die Leistungen der Bezirkskrankenkasse bei weiten übersteigen. Die Arbeitnehmer und Arbeitgeber dieser Kassen haben sich auch zusammengeschlossen und eine Resolution gefaßt, welche ich ihnen wenigstens auszugsweise zur Verlesung bringen will, weil sie genug des Intreessenten enthält. Die Resolution lautet wie folgt:

Im Augenblick, wo die Nationalversammlung an die Durchberatung des Gesetzes über die Sozialversicherung schreiten soll, erachten es die gefertigten Korporationen als notwendig, neuerlich in dringender Weise auf die weitreichende Bedeutung der genossenschaflichen Organisation und damit auch auf die Notwendigkeit der Erhaltung der genossenschaftlichen Krankenkassen im vollen Umfange aufmerksam zu machen. Sowohl die Genossenschaften handwerksmäßiger Gewerbe als auch die der Handelsgewerbe sind seit jeher bei uns wie auch im Auslande allgemein als unentbehrliche Fachzentren anerkannt, die für die allseitige Ausbildung ihrer Mitgliedschaft, die Aufrechterhaltung geordneter sozialer Verhältnisse und die Existenzbedingungen der betreffenden Kategorie sorgen. Die glänzenden Ergebnisse unserer genossenschaftlichen Organisation beweisen am besten, eine wie wertvolle und bedeutungsvolle Komponente sie für die gesunde Entwicklung unseres Wirtschaftslebens sind.

Gerade die Gewerbe- und Handelsgenossenschaften waren es, die längst vor dem Jahre 1888 in sehr wirksamer Weise für ihre erkrankten Angehörigen sorgten, so daß auch im neuen Krankenversicherungsgesetz für Arbeiter eine besondere Kategorie der genossenschaftlichen Krankenkassen geschaffen wurde. Diese Institutionen erwiesen während ihrer mehr als 30jährigen Tätigkeit ihre volle Lebensfähigkeit und viele von ihnen entwickelten sich zu Anstalten, die ihre Aufgaben auf dem Gebiete der Humanität mit besonderem Verständnis erfüllen, wie dies die von ihnen ausgestaltete musterhafte und fast einzigartige Krankenfürsorge beweist. Außerdem finden die Angehörigen der Genossenschaft im Erkrankungsfalle bei diesen ihren ständischen Kassen ein kollegiales Verständnis und die wünschenswerte individuelle Beurteilung, so daß sie mit Recht diesen Institutionen zuneigen, da sie in ihnen einen unentbehrlichen Bestandteil ihres genossenschaftlichen Lebens erblicken, der ihren ständischen und menschlichen Interessen und Bedürfnissen besonders gut entspricht. Nicht nur die Motive der fachlichen Zusammengehörigkeit, sondern auch die auf dem Gebiete der sozialen Fürsorge erzielten großen Erfolge müssen daher dazu aneifern, daß die genossenschaftlichen Krankenkassen auch weiterhin erhalten bleiben und ihnen auch die Möglichkeit ihrer weiteren Entwicklung und Entfaltung gesichert werde, wie dies die Verhältnisse tatsächlich erfordern werden.

Die Umsicht, mit der bei der Wirtschaftsgebahrung der genossenschaftlichen Kassen vorgegangen wurde, beweist auch der Umstand, daß nach den bisher gepflogenen Erhebungen nur sehr wenige genossenschaftliche Krankenkassen bei ihrer Aufhebung passiv waren, sondern die weitaus meisten der Bezirkskrankenkasse einen ziemlich großen Reservefond übergaben. Daß diese Fonds nicht die kleinsten waren, beweist am besten das Protokoll, das über die Übergabe der genossenschaftlichen Krankenkasse in Lhenis an die Bezirkskrankenkasse in Netolic abgefaßt wurde. Diese genossenschaftliche Kasse kann wohl als die kleinste angesehen werden, da im Jahre 1918 der Monatsdurchschnitt der Gehilfen 5 und der der Lehrlinge 3 betrug. Dennoch betrug das übergebene Vermögen bei der Gehilfensektion 1125·37 Kè und bei der Lehrlingssektion 660·77 Kè. Überdies wurden jedoch Genossenschaftskrankenkassen ohne jede Rücksicht auf ihre ordnungsmäßige Verwaltung aufgelöst, was zur Folge hatte, daß in vielen Kammerbezirken keine einzige bestehen blieb. Am besten ist diese Periode der Krankenversicherung durch nachstehende Tabelle dokumentiert: Das Verhältnis der aufgelösten und bestehenden Genossenschafts- und Gremialkrankenkassen in den einzelnen Kammerbezirken betrug: Im Handelskammerbezirk Brünn blieben von den ursprünglich 51 Kassen nur 15 bestehen, in Budweis von 6 keine, in Eger von 13 9, in Reichenberg von 22 9, in Olmütz von 64 11, in Troppau von 34 keine, in Pilsen von 12 2, in Prag von 21 16, in Königgrätz von 9 7.

Die Wirtschafsgebahrung der genossenschaftlichen Krankenkassen tritt jedoch besonders hervor, wenn wir ihre Ausgabsposten mit denjenigen der Bezirkskrankenkassen vergleichen und feststellen, in welchem Maße eine jede von ihnen für die Behandlung, die Krankenunterstützung und die Verwaltungskosten sorgte. Von den Bezirkskrankenkassen nehmen wir die größten, soweit ihre Daten zu beschaffen waren, von den genossenschaftlichen solche verschiedenen Charakters.

Zugrunde gelegt sind die Rechnungsberichte vom Jahre 1921. Die Bezirkskrankenkassen Smichow, Budweis, Proßnitz und Kuttenberg haben an Krankengeldern in Prozenten ausgegeben: 64·84, 52·22, 55·56, 61·72, für Ärzte und Kontrolle 11·89, 16·53, 14·52, 12·82, für Medikamente und Heilmittel 4·27, 9·25, 8·89, 6·15, für Krankenhausbehandlung und Transport 4·45, 5·72, 8·66, 7·16, für Begräbnisgeld 2·14, 1·89, 2·00, 1·60. Für Verwaltungskosten hat die Bezirkskrankenkasse Smichow ausgegeben 12·40, Budweis 12·39, Proßnitz 10·27 und Kuttenberg 10·55. Dem gegenüber haben die genossenschaftlichen Krankenkassen in Eipel, Eger, Karlsbad und Tøebichovic an Krankengeldern ausgegeben 39·40, 25·91, 40·70, 40·16, an Ärzten und Kontrolle 15·15, 43·65, 26·16, 18·90, an Medikamenten und Heilmitteln 29·90, 12·23, 9·03, 20· 63, an Krankenhausbehandlung und Transport 5·45, 1·49, 9·13, 6·76, an Begräbnisgeld 0·96, 0·39, 0·94, 2·75, und an Verwaltungskosten 13·34, 11·88, 14·05, 10·77. Aus dem Angeführten geht hervor, daß bei den Bezirkskrankenkassen der Aufwand für Krankengelder mehr als die Hälfte sämtlicher Auslagen, mindestens 53·22% und höchstens 84·84% ausmacht, wogegen die Ausgabepost für Medikamente und Heilmittel durchschnittlich (der Durchschnitt ist bei 4 der angeführten Kassen errechnet) 7·29% beträgt und bei der Bezirkskrankenkasse in Smichow sogar auf 4·27 sinkt. Aus diesem Verhältnis geht klar hervor, daß die Bezirkskrankenkassen, die so ungeheure Beträge für Krankengelder und andererseits so horrend geringfügige Summen für Medikamente und Heilmittel verwenden, entweder nicht auf die ordnungsmäßige und schnelle Heilung ihrer Mitglieder achten, indem sie ihnen die für ihre Wiederherstellung notwendigen Medikamente nicht gewähren und ihre Tätigkeit lieber auf die überflüssig lange Vergütung des Krankengeldes beschränken oder, daß sie nicht kranke Mitglieder (Simulanten) unterstützen. Eine solche Wirksamkeit scheint jedoch weder Ziel, noch Zweck der Krankenversicherung zu sein. Es gilt gewiß als erster Grundsatz der Krankenversicherung, daß die tatsächlich hilfsbedürftigen Mitglieder das erforderliche Medikament, und dieses in der vollen Dosis erhalten, um so bald wie möglich wieder hergestellt zu sein, andererseits, daß nicht auf Kosten der ordentlichen Mitglieder simulierende Faulenzer unterstützt werden.

Wie gegenüber diesen Anstalten die genossenschaftlichen Kassen wirtschaften, zeigen wiederum die obangeführten statistischen Daten. Der größte für Krankenunterstützung verwendete Prozentsatz bei der Krankenkasse des Handelsgremiums in Karlsbad beträgt 40·70 sämtlicher Ausgaben, der kleinste bei der Gremialkrankenkasse in Eger bloß 29·91%. Im Durchschnitt beträgt diese Ausgabepost 36·65%, somit um 22·08% weniger als bei den Bezirkskrankenkassen. Dagegen betragen die Ausgaben für Medikamente durchschnittlich 15·70 % und übersteigen so die Durchschnittspost der ersteren Anstalten um 8·41% und steigen bei der genossenschaftlichen Kasse in Eipel sogar auf 20·63%. (Durchschnitt der 4 angeführten Kassen.) Ein ähnliches Mißverhältnis herrscht auch bei der Ausgabepost für Ärzte. Während bei den Bezirkskrankenkassen diese Post im Durchschnitt 13·94% beträgt und bei der größten Kasse in Smíchov auf 11·89 % sinkt, ist der Durchschnitt bei den genossenschaftlichen Kassen 25·97% und erreicht bei der Gremialkrankenkasse in Eger sogar 43·65%, somit fast das doppelte Krankengeld dieser Kasse.

Hinsichtlich der Verwaltungsausgaben ist wohl zuzugeben, daß im Verhältnis zu den großen Bezirkskrankenkassen die Ausgaben bei den Gremial- und genossenschaftlichen Kassen scheinbar größer sind. Es beträgt nämlich der Durchschnitt bei den in der Tabelle angeführten Bezirkskrankenkassen 11·40 %, bei den anderen dagegen 13·58%. Allerdings muß auch hier betont werden, daß das statistische Verhältnis nicht ganz der Wahrheit entspricht, und daß die verschlechterte Lage der genossenschaftlichen Kassen unter anderem namentlich dadurch bewirkt wird, daß in der Rubrik "Ärzte" auch die Krankenkontrolle, somit eine rein verwaltungsmäßige Position inbegriffen ist. Vergleichen wir dann, welche Zahl von Revisoren die Bezirkskrankenkassen gegenüber den genossenschaftlichen Kassen halten, so müssen wir zur Anschauung gelangen, daß auch diese Post für die genossenschaftlichen Kassen nicht passiv ist. Doch auch bei Zugrundelegung des durch die vorstehenden statistischen Daten festgestellten Verhältnisses muß anerkannt werden, daß die Differenz von 2·08%, die vor allem bloß durch die geringeren Gesamtausgaben der genossenschaftlichen Kassen bewirkt wird, durch die übrigen angeführten Vorteile, namentlich die große Ersparnis an Krankengeldern, weit aufgewogen erscheint. Wie diese Post auch für den Punkt "Verwaltungsausgaben" entscheidend ist, geht klar aus folgender Darlegung hervor: Beträgt bei der Bezirkskrankenkasse bei einem Verwaltungsaufwand von 1,010.470·13 Kè diese Ausgabepost bloß 12·40% der Gesamtausgaben, so hat dies seinen Grund eben darin, daß die Ausgaben für Krankengelder 5,279.428·49 Kè betragen. Wenn sich daher im Verhältnis zu den genossenschaftlichen Kassen der angeführte Betrag von 64·83% auf 36·53 %, somit um 2,931.206·44 verringen würde, so würden die Verwaltungskosten nicht 12·40%, sondern 19·395 % der Gesamtausgaben ausmachen und daher um 1.745 den Maximalaufwand für Verwaltungskosten, welchen die Gremialkasse in Eipel aufweist, übersteigen.

Es folgen dann noch weitere Ausführungen, die ich nicht mehr vorlesen will und die schließlich in den Forderungen gipfeln:

1. Die bestehenden Genossenschafts- und Gremialkrankenkassen sind nicht aufzulösen, da dadurch solche Kassen entfallen würden, welche am besten prosperieren und an der Spitze einer ersprießlichen Entwicklung der Krankenversicherung stehen.

2. Es soll die Errichtung neuer Genossenschafts- und Gremialkrankenkassen dort gestattet werden, wo die Genossenschaft, das Gremium, der Bezirksgenossenschaftsverband oder ein Verband mehrerer Genossenschaften mindestens 300 Mitglieder aufweist.

Auf ganz dem gleichen Standpunkte stehen die anderen Hilfskassen und die Landwirtschaftskrankenkassen.

Der gegenwärtige Gesetzentwurf hat in dieser Beziehung manche Wandlengen durchgemacht. In seiner ursprünglichen Fassung ließ er nur die Unfallversicherungsanstalten, die Bruderladen, und die Pensionsanstalten der Privatangestellten weiterbestehen. Unter dem Drucke der èechischen Agrarier wurde dann der § 24 im Unterausschusse des sozialpolitischen Ausschusses abgeändert und ergänzt, so daß jetzt noch weitere bestehen können: 1. die landwirtschaftlichen Krankenkassen ohne Rücksicht auf die Zahl ihrer Mitglieder, 2. Betriebskrankenkassen, wenn sie bereits am 1. Jänner 1924 bestanden, 3. Genossenschaftskrankenkassen, wenn sie am 1. Jänner 1924 wenigstens 4000 Mitglieder hatten, 4. Gremialkrankenkassen, wenn sie an diesem Tage mindestens 2.000 Mitglieder besaßen, 5. Vereinskrankenversicherungsanstalten nach dem Vereinsgesetz vom 26. November 1852, wenn sie an diesem Tage wenigstens 4.000 Mitglieder, 6. die nach dem Gesetz vom 16. Juli 1892 errichteten registrierten Hilfskassen, wenn sie an diesem Tage wenigstens 4.000 Mitglieder hatten. Haben sie aber vor diesem Tage statutengemäß bloß Personen versichert, welche der Pensionsversicherung der Privatangestellten unterworfen sind, können sie bestehen bleiben, wenn sie am 1. Jänner 1924 wenigstens 2.000 Mitglieder hatten. Das Bemerkenswerte an diesen Bestimmungen ist, daß so überaus hohe Mitgliederzahlen für den Fortbestand der Genossenschafts-, Gremial-, Vereins- und Hilfskassen gefordert werden, während für die landwirtschaftlichen Kassen jeder beliebige Mitgliederstand als genügend erachtet wird, daß ferner der Stichtag nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit gesetzt ist und daß es ausgerechnet den Handelsgremien verboten ist, neue Gremialkassen zu errichten oder ihre Tätigkeit auf eine Gewerbegenossenschaft zu erweitern, während die landwirtschaftiichen Kassen jederzeit weiter errichtet werden können. Aber nicht genug an dem. In letzter Stunde sind noch Bestimmungen für den Fall aufgenommen worden, wann einer Gremial-, Genossenschafts- oder Hilfskasse das Lebenslicht auszublasen sei, wenn ihre Mitgliederzahl in der Folgezeit unter das zulässige Mindestmaß sinken sollte.

Gemäß § 73 löst die Zentralsozialversicherungsanstalt eine Genossenschafts-Krankenversicherungsanstalt auf, wenn die Genossenschaft eingegangen ist oder wenn die Zahl der Versicherten im Durchschnitt der letzten sechs Monate unter 500 gesunken ist. Einer Vereinskrankenversicherungsanstalt und registrierten Hilfskrankenversicherungsanstalt entzieht die Zentralanstalt das Recht, für den Krankheitsfall versicherungspflichtige Personen mit der Wirkung zu versichern, daß diese Personen bei der zuständigen Bezirks-, landwirtschaftlichen oder Genossenschafts- Krankenversicherungsanstalt nicht versichert sein müssen, falls die Anzahl ihrer versicherungspflichtigen Mitglieder im Durchschnitt der letzten sechs Monate unter 500 Mitglieder gesunken ist, oder falls die Versicherungsanstalt nicht einmal die niedrigsten, durch dieses Gesetz festgesetzten Leistungen zu gewähren vermag.

Ich stelle bei dieser Gelegenheit gleich fest, daß durch diese Bestimmungen der Entwurf selbst zugibt, daß Genossenschafts- und Hilfskassen mit zumindest 500 Mitgliedern bereits lebensfähig sind. Der Werdegang und der Zweck dieser Bestimmungen sind wohl jedem klar. Nicht die tatsächlichen Erfahrungen und das praktische Bedürfnis waren hier maßgebend, sondern die Stärke der politischen Parteien hat hier den Ausschlag gegeben. Die èechischen Agrarier als hervorragender Bestandteil der Regierungskoalition haben ihren Willen eben durchgesetzt, sich nicht weiter um die Gewerbe- und Handelstreibenden gekümmert und deren Krankenkassenanstalten den Sozialisten zum "Abkrageln" ausgeliefert. Ich will, bitte, kein Mißverständnis in dieser Richtung aufkommen lassen, als ob ich mich gegen die Errichtung besonderer landwirtschaftlicher Krankenkassen wendete, im Gegenteil, ich freue mich dieses Erfolges der landwirtschaftlichen Vertreter, aber ich sage: Entweder ist das Prinzip der Einheitskasse das richtige, dann ist es rücksichtslos und vollständig durchzuführen, oder es ist das Prinzip der Vielseitigkeit das richtige, dann ist auch das vollständig zum Ausdruck zu bringen.


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