Ètvrtek 11. záøí 1924

Die Behandlung dieser Vorlage hätte uns einen Prüfstein Ihrer aufrichtigen Gesinnung geben sollen. In Ihrem Regierungsprogramm nimmt der Satz von der Erhöhung der Produktion mit Recht einen äußerst breiten Raum ein. Sie verleugnen jedoch Ihr Regierungsprogramm, wenn Sie durch diese Vorlage Tausende von Existenzen mit einem Federstrich vernichten, denn ein großer Teil dessen, was das Volk zeichnete, sind keine Ersparnis, sondern zum großen Teile Betriebskapital, das durch Ihre Vorlage nicht nur nicht frei wird - trotzdem es wünschenswert wäre - sondern weiter gebunden und damit direkt vernichtet wird.

Nicht immer dachten Sie so und es wäre vielleicht auch für mich verlockend, es wäre interessant, auch noch andere Namen zu nennen, als heute schon genannt wurden. Aber ich will den gesellschaftlichen Anstand wahren und will jene, die heute vielleicht auf diesen Stühlen sitzen, nicht in Verlegenheit bringen, damit sie nicht ihre eigene èechische Volksfehme verfolgt. Die kleinen Sünden des alten Österreich haben Sie in dieser Vorlage und auch nach anderen Richtungen hin ziemlich vervielfacht. Ich spreche nicht nur - und das dürfte unsere Gegenseite am meisten interessieren - im Namen meiner deutschen Wähler und Parteigenossen, sondern - und ein Lokalblatt der Gegenseite war es, das diesen Umstand zuerst an das Tageslicht brachte - ich spreche auch für 42 Wähler èechischer Zunge, die unserer Haltung in der Kriegsanleihefrage wegen die Liste unserer Partei seiner zeit gewählt haben. Mit Neid blickt man selbst nach Jugoslavien, nach einem so rückständigen Balkanstaate, wo sich eine liberalere Auffassung in der Kriegsanleihefrage durchgerungen hat. Und täglich mehren sich die objektiven Stimmen in Ihren Reihen, welche der Volleinlösung der Kriegsanleihe das Wort reden und nur ein einziger Umstand, nämlich die bloße Furcht, als rakušák, als Österreicher zu gelten, hielt viele davon ab, aufrichtig und frei ihrer Überzeugung Ausdruck zu geben. Es lastet auf diesem Lande der Fluch, daß hier seit Jahrhunderten alles mit dem Gradmesser des Gefühls, des Temperamentes und niemals mit dem Gradmesser kühl wägender Vernunft gemessen wird. Die Wiedergeburt unseres Wirtschaftslebens wird auf diese Art und Weise nicht erreicht. Es ist ein schlimmer Fehlweg, den Sie in dieser Sache gehen, ein Irrweg, auf den Sie vielleicht das Temperament und die schwächliche Rücksichtnahme auf die demagogische Straße gedrängt hat. Glauben Sie aber ja nicht, daß es Gnade ist, auf die wir warten. Dazu sind wir doch zu stolz. Dazu sind wir ein zu nackensteifes Volk. Es ist kein Geschenk, was wir von Ihnen wollen. Es ist unser blankes Eigentum und auch das Eigentum des èechischen, slovakischen und magyarischen Zeichners, für das wir Deutsche heute eintreten. Wenn Sie dieses ehrliche Eigentum uns vorenthalten, andererseits selbst aber mit Amnestien Steuern rückwirkend ausschreiben, so spricht daraus kein gerechtes menschliches Empfinden und nicht der Geist jenes Amos Komenius, den Sie bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit zitieren, sondern der Geist des nackten und unverhüllten Egoismus. Wie jener originelle Graf vor schier hundert Jahren im alten Ständehaus drüben dem Kaiser den entwerteten Groschen in die Höhe reckte und ihm diese Entwertung zum Vorwurf machte, so laden auch Sie in der heutigen Stunde den großen geschichtlichen Vorwurf eines Millionen-Volkes auf sich und Sie erweitern die Kluft, die Sie mit einer gesunden Vorlage wenigstens hätten verengen können.

Aber eines können wir Ihnen sagen, eines ist gewiß: Draußen in unserem deutschen Volke ist in dieser ernsten Stunde jeder Parteihaß, jeder Hader, alles Trennende verstummt. Wir sind in dieser Richtung einig auf der ganzen Linie. Schauen Sie sich den gesamten linken Block ohne Unterschied der Partei an. Und wir werden in dieser Frage einig bleiben, bis Sie das Unrecht, das an uns verübt wird, völlig gesühnt haben. Wir stehen in dieser Frage nicht auf den Zinnen der Partei, wir stehen höher, die Devise, die uns heute in unseren Empfindungen, Handlungen und Worten leitet, ist in drei Worten geprägt: "Volk in Not!"

Die Produktion vieler moderner Juristen - wir sehen dies besonders in diesem Staate - ist reich an Novellen und hier wird die neue Novellierung früher kommen müs sen als Sie glauben. Allerdings, der Not gehorchend und nicht dem eigenen Triebe werden Sie an eine neue Novellierung schreiten. Aber die Riegel- und die Drohparagraphen, die in dieser Gesetzesvorlage verstaut sind, werden verpuffen. Die eiserne wirtschaftliche Notwendigkeit wird die neuerliche Novellierung dieses Gesetzes erzwingen, wie sie die Novellierung vieler anderer Gesetze in diesem Staate bereits erzwungen hat.

Das innerste Motiv für diese Novelle ist, daß Sie als Vorspann für Staatsanleihe dienen soll. Der doppelte Zweck, der mit dieser Vorlage beabsichtigt wird, wird nicht erreicht werden, denn zwei Herren kann man nicht zugleich in diesem Falle dienen. Uns bringt das Gesetz den Zusammenbruch tausender Existenzen. Ihnen wird es nie und nimmer den erhofften Goldstrom der neuen Anleihe ausgiebig bringen. Wir werden beide als Geschädigte hervorgehen. Nur bei einer Gesetzesvorlage, wo die Vernunft zu Pathe steht, - und hier ist dies nicht der Fall - kann das Glück eines Volkes gezimmert werden. "Wie sich Vernunft und Glück verketten, Das fällt den Toren niemals ein. Wenn Sie den Stein der Weisen hätten. Der Weise mangelte dem Stein." Und es war eine Torheit, die Sache als ein Politikum aufzuzäumen und infolge dieser Torheit werden auch Sie als Geschädigte am Kampfplatz bleiben. Auf der Strecke liegt mit dieser Vorlage nicht allein das deutsche Volk. Wer den Gründen dieser Vorlage nachgeht, muß sehen, daß auch Sie, auch die Èechoslovakische Republik dadurch geschlagen wird. Mit dem heutigen Tage wurde dem deutschen Volke der Staatsgedanke und der Glaube an Recht und Gerechtigkeit aufs Neue zertrümmert. Ihr Unglück ist in dieser Sache auch die Entente, die die Lösung des Kriegsanleiheproblems verschleiert hat. Aus Vernunftsgründen wäre es besser gewesen, wenn Sie eine Vorlage geschaffen hätten, durch die Sie das Zutrauen Ihres deutschen und anderssprachigen Staatsbürger voll und ganz erworben hätten. Sie haben den Zeitpunkt versäumt. Leid und Not, Elend und Qual hat der Krieg in die Hütten und Häuser unseres Volkes gebracht. Noch sind die Wunden nicht verharscht. Neues Leid und neue Qual bringt dieses Gestz. Soll dies vielleicht die Milderung der Kriegschäden sein, von denen auch Ihre Regierungserklärungen in so epischer Breite sprechen?

Ich wiederhole es, es ist ein dauernder Fluch in diesem Lande, daß jene wenigen Männer, welche Vernunft und billige Rücksichtnahme predigen, in den Hintergrund gedrängt werden und dem Scherbengericht der urteilslosen Menge verfallen.

Aus all den gesagten Gründen, aus all diesen Erwägungen heraus müssen wir nach unserem Gewissen die Gesetzesvorlage entschieden ablehnen, die für uns zum finanziellen Zusammenbruch, für Sie aber unweigerlich auch zum Nachteil werden muß und insbesondere das Mißtrauen des ganzen Auslandes im Gefolge haben wird. Unsere Endstellung ist gegeben. Wir werden auch weiter beharrlich und unermüdlich unser Recht fordern und dafür kämpfen, heute und in der Zukunft. (Potlesk na levici.)

6. Øeè posl. Böhra (viz str. 1346 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Wir stehen am Schluße der Debatte über die Novelle zum Kriegsanleihegesetz vom Jahre 1920. In ganz kurzer Zeit wird die Abstimmung erfolgen. Vergegenwärtigen wir uns, daß Tausende und Tausende dieses Augenblicks harren. Es ist eine Schicksalsstunde nicht nur für unsere deutschen Volksgenossen, sondern für Tausende und Tausende jeder Nationalität, jedes Standes in diesem Staate. Meine Herren, die Vorlage, wie sie in den Budgetauschuß wanderte und aus ihm zurückkam, bedeutet keine Lösung des Kriegsanleiheproblems. Für viele, viele Schichten bedeutet sie etwa, was diese Tausende an den Spruch Dantes denken läßt, den er als Aufschrift über eine Stelle setzt:

Lasciate ogni speranza! Ich stelle für die Kriegsanleihebehandlung den Rechtsgrundsatz voraus, daß eine gerechte Umwandlung nur zum Nominalwert geschehen kann. Ideell würde selbst dann dem vollen Recht nicht entsprochen sein, denn was Sie und die Tausende und Tausende außerhalb dieses Hauses in der Kriegsperiode zeichneten, das waren Goldkronen, während wir heute von dieser Valuta weit abgerückt sind. Also selbst bei der Volleinlösung zum Nominalwert würde der Gerechtigkeit noch immer nicht Genüge getan sein.

Meine verehrten Damen und Herren, zu der Vorlage, die uns beschäftigt, müssen selbstverständlich, um sie irgendwie dem Rechtsempfinden zu nähern, weitgehende Abänderunganträge gestellt werden, und unter Betonung der vorerwähnten Rechtsgrundlage möchte ich alle Abänderungsanträge, auch weitestgehende, nur als Eventualanträge gedeutet wissen; wenn wir zu unseren Anträgen noch sogenannte Eventualanträge stellen, so kommt dieser Begriff Eventualantrag eigentlich nicht ganz zu seinem Recht. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß ohne wesentliche Verbesserungen diese Novelle überhaupt nicht als die letzte Novelle zum Kriegsanleihegesetz vom Jahre 1920 angesehen werden könnte. Die jetzige Vorlage befriedigt bei weitem nicht einmal die allerkleinsten, wirtschaftlich schwachen Volksteile, sie übergeht und schaltet beinahe völlig aus den gesamten Mittelstand, von den großen Kriegsanleihezeichnern ganz zu schweigen. Es wäre ein Unrecht, die kleinen, mittleren und anderen Kriegsanleihebesitzer aus allen Rechts- und Billigkeitsrücksichten auszuschalten, welche die Achtung vor dem Privateigentum und die Pflicht eines Nachfolgestaates vorschreibt. Schon darum sind die Abänderungsanträge vollständig begründet.

Ich will aber auch noch auf einige Momente hinweisen, welche jede Majorität, wie immer sie gestaltet wäre, sich zu Gemüte führen müßte, daß nämlich mit der späten Einlösung der Kriegsanleihe nur dem mindesten Rechtsempfinden Genüge getan und daß das Opfer, das man als so groß schildert, finanziell verhältnismäßig geringer wäre, wenn die Kriegsanleihen gleich vor drei oder vier Jahren vollkommen eingelöst worden wären. Denn ich erinnere daran, daß der Nachfolgestaat, die Èechoslovakische Republik, aus dem alten Österreich-Ungarn allein an rückständigen Steuern bis zum Jahre 1918, wenn die Ziffern, die uns vorliegen, richtig sind, gegen 15 bis 17 Milliarden eingehoben hat. Nun hat aber die gesamte Kriegsanleihe nur ca. 8-9 Milliarden in dem Gebiete des alten Österreich-Ungarn, das jetzt der èechoslovakische Staat umschließt, ausgemacht. Daraus kann man schon ermessen, daß das finanzielle Opfer an sich gering war. Sehen wir aber von solchen Rückständen, wie sie der èechoslovakische Staat als Rechtsnachfolger eingehoben hat, ab und bleiben wir bei der trokkenen Tatsache, daß es auf diesem Gebiet ca. 8 Milliarden Kriegsanleihe gab. Daß dieser Betrag jetzt schon infolge der Zeichnung der vierten Staatsanleihe u. s. w. schon bedeutend geringer ist, will ich übergehen. Denn auch nach dem mit etwas schwankenden Ziffern auftretenden Motivenbericht, wie dies ein Vorredner schon hervorhob, dürfte der gesamte Kriegsanleihebestand nur 4 Milliarden oder etwas darüber betragen. Nehmen wir 8 Milliarden und das Jahr 1919 an, so hätte die volle Einlösung der Kriegsanleihe einen Kupondienst, einen jährlichen Zinsendienst von etwa 320 Millionen erheischt. Was waren diese 320 Millionen gegenüber den Riesenziffern von 18 und 20 Milliarden in den alljährlichen Staatsbudgets? Nehmen wir diesen Betrag von 320 Millionen als jährliche finanzielle Belastung - denn niemand verlangt, daß er heute sofort zur Gänze Bargeld in die Hand bekommt für die damals geleistete Zeichnung, wann bekommt man das Kapital nur, wenn es sich um verlosbare Papiere handelt, in so und so viel Jahren. Wenn wir die Wirksamkeit der Anerkennung der Kriegsanleihe vom Jahre 1918 her und die Leistung des Kupondienstes in der öffentlichen Ausgestaltung sehen würden, so fänden wir als Tatsache vor, daß viele direkte und indirekte Steuern, dem Staate in Menge zugeflossen wären, Handel und Wandel hätten geblüht, Vermögensabgabe wäre eingetreten, weil wirkliche Realwerte dawaren. Es wäre ferner in tausenden und abertausenden Fällen die Arbeitslosigkeit und somit die Summe für Arbeitslosen-Unterstützung vermindert worden, das Wohnungselend wäre vielleicht verscheucht, kulturelle Fragen wären gelöst und weiter hätten wir wahrscheinlich auch für unsere Industrie in den Tagen, wo eine andere Valuta schlimmer stand, Investitionen machen können, Maschinen, technische Behelfe, Rohstoffe schaffen können, woran wir in den Jahren zehren könnten, wo vielleicht die Auswirkung des Dawesplanes für unsere Industrie ganz bedeutend einschneidende Folgen zeitigen kann. Ich will aber kein schlimmer Prophet sein, ich will nicht mit der Zukunft rechnen. Ich rechne nur mit der Gegenwart, die wir überschauen konnten und mit den zunächst zurückliegenden Jahren. Was bleibt da von den ganzen Kosten, die ich im größten Ausmaße mit 320 Millionen angenommen hatte, übrig? Heute, wo wir das Experiment mit der vierten Staatsanleihe- Zuzeichnung hinter uns haben, verringert sich der Kupondienst auch in der ideellen Auffassung auf ca. 120 Millionen jährlich. Das wäre die höchste Grenze. Diese so verminderten Staatsopfer hätten sich um ein weiteres verringert, weil das Vertrauen zu jeder inneren Staatsanleihe gestiegen wäre. Das Vertrauen hat gefehlt, und darum sind sämtliche innern Staatsanleihen nur verhältnismäßig niedrig bedacht worden, und der Staat hätte sich die 9 und 10%, die er an das Ausland für geliehene Summen zahlen muß, erspart, also Millionen und Abermillionen. Und das geweckte Vertrauen ist nicht bloß ein imponderabiles, das ist wie von sehr gewichtiger Stelle gesagt wurde, etwas, das sehr ins Gewicht fällt.

Neben diesen Momenten finanzieller Natur können wir noch ganz andere Momente einer kleineren Erwägung unterziehen. Wir brauchen da z. B. nicht einen hohen Offizier zu fragen, der schlichte einfache Menschenverstand hat es jedem von uns nahegelegt, daß ohne Kriegsanleihe während des harten traurigen Krieges die Beschäftigung der Industrie nicht hätte getätigt werden können, daß wir die Unterstützung der Frauen und Kinder der Krieger daheim nicht hätten leisten können; und die Beschäftigung der Industrie kam allen Schichten des Staates zugute; und die Strategen sagen: ohne Kriegsanleihe hätten wir die Karpathenfront nicht gehalten und die nächste Stellung wäre das Riesengebirge und Lausitzergebirge, oder das Mittelgebirge gewesen und der Kampfplatz - nicht wir allein standen im Kriege, auch andere hatten mitzureden und auf ihrer Hut zu sein, - wäre an der Iser und Moldau gewesen und welche Stadt könnte sich versichern, daß sie nicht das Schicksal von Görz, Pøemyšl, oder anderer Städte zu tragen gehabt hätte? Es sind das eine reine menschliche Erwägung.

Ist es ferner etwa überflüssig zu fragen, daß durch die Nichteinlösung der Kriegsanleihe der Sparsinn unendlich gelitten hat, daß alles Vertrauen gefallen ist? Meine sehr Geehrten, auf eines möchte ich noch bei dem bloßen Punkte Gerechtigkeit das Augenmerk der Herren, die in den Reihen der Majorität entscheidend eingreifen können, lenken: auf die Mündelgelder, auf diese pupillarsicheren Gelder; da kommen nicht nur unsere deutschen Mündelkassen bei den Bezirksgerichten in Betracht, son dern auch èechische und alle anderen in der Slovakei, weiter der Umstand, daß Millionen èechischer Mündelgelder deutschen Bezirksgerichten geborgt worden sind. Und an der ganzen Kalamität, die da herauskommt, ist die Nichteinlösung der Kriegsanleihe schuld, und wenn der Staat jemals verantwortlich ist für die volle Einlösung, so ist er es für die Mündel, weil er der Oberprokurator, der Obervormund ist und alles bezüglich der Mündelgelder im Namen des Staates getätigt wurde.

Ich will Sie nicht mit Ziffern ermüden, ich will mich der trockenen Ziffernsprache möglichst enthalten. Nur ganz kurz will ich noch auf einiges Meritorische in dieser Vorlage hinweisen. Ist denn heute eine Vermögensgrenze von 25.000 Kronen etwas, wovon man sagen könnte, ich bin nicht arm, ich gehöre schon in die Reihe der höher Situierten, in die high life des Wirtschaftslebens? Bei weitem nicht. Ein Häuschen im Dorfe ist mit 25.000 Kronen eingeschätzt. Ist nun in der Umgebung keine Fabrik, kein Marktflecken, so wird der Inhaber dieses Häuschens bei all seinen 25.000 Kronen Besitz vielleicht zur Auswanderung genötigt sein, denn die nackten Wände werfen ein so geringes Einkommen ab, daß von einem Existenzminimum nicht gesprochen werden kann. Ich appelliere nicht an unsere deutschen Parteien hier, die auf der Seite der Ärmsten, sagen wir der Arbeiterschaft allein stehen, oder sich in ihrer Weise klassenmäßig stellen wollen, ich appelliere an jene Parteien von der Majorität, die Sie mehr die untersten Klassen, die Proletarier, vertreten wollen. Sie, meine Herren, von der èechischen sozialdemokratischen und nationalsozialistischen Seite, Sie sagen heute ein jeder, daß das jährliche Existenzminimum für eine Familie 12.000 bis 14.000 Kronen bei der heutigen Teuerung und der mindesten Kaufkraft des Geldes betragen muß. Wenn nun aber das ganze Einkommen nur in einem Renteneinkommen besteht, das aus der Kriegsanleihe fließt, so müßte man vom rein proletarischen Standpunkt Kriegsanleihe sogar von 400.000 Kronen von jeder Zuzahlungsfrist ausnehmen, denn bei 3 1/2% ergibt sich nur diese Jahresrente des sogenannten Existenzminimums. Die Abänderungsanträge aller Oppositionsparteien haben, weil wir bei der Stimmung und bei der Atmosphöre, die wir um uns gewahren, Größeres nicht durchsetzen zu können glaubten, nicht einmal diese Beträge eingesetzt, wir haben niedrigere Beträge vorgeschlagen. Umsomehr müssen wir somit auf die Menschlichkeit, auf den Staatssinn, auf den Gerechtigkeitssinn bezüglich der Annahme der Anträge rechnen, die wir als Minimalforderungen im Namen des Rechtes gestellt haben. Ich frage Sie, wer ist denn der Beglückte, der bei diesen 25.000 Kronen Vermögen und parallel bei 100.000 Kronen Kriegsanleihe, wenn überhaupt volle Einlösung mit 3%igen Titres erfolgt, wer ist denn der Beglückte, der 100.000 Kronen Kriegsanleihe hätte, und kein weiteres Vermögen, aber bei 40% Anrechnung in das Vermögen, wie es in der Vorlage heißt, der Mann fällt ja da klipp und klar durch und ist ein ausgemachter Bettler. So verstehe wenigstens ich jenen Paragraphen, der für diese armen Leute eine völlige Nullifizierung bedeutet. Tausende und Abertausende, die nur mit dem Existenzminimum zu rechnen hätten, wären ausgeschaltet, wenn diese Vorlage nicht jene Änderungen erfährt, die wir beantragt haben.

Ich rede jetzt nicht weiter vom Lombard. Das ist so ein Kapitel, das schon eine ganze Reihe von Vorrednern erschöpfend behandelt hat. Ich erinnere nur daran, daß die Banken, wie allgemein bekannt ist, sogar weit entgegenkommender bezüglich des Lombards waren als die Vorlage, die in den Budgetausschluß wanderte. Und wenn, wie ein Prager Blatt von der anderen Seite betonte, die Zeichner von 100.000 Kronen Kriegsanleihe schon der Gruppe der zu bestrafenden Spekulanten angehören, so ist mir das, wenn man bedenkt, wie die Kriegsanleihe im Lombardwege vom Nominalwerte bei der ersten Kriegsanleihe bis zu einem Superlativ gesteigert wurde, unbegreiflich. Denken Sie doch an all die Staatsbeamten, die gedrängt und moralisch gepreßt wurden, Kriegsanleihe zu zeichnen, die ihre Pensionen, ihr Witwenund Heiratsgut in Kriegsanleihe anlegten, denken Sie doch, all diese Leute sollen verwegene Börsenspekulanten gewesen sein! Das geht doch sicher über Ihre Fassungskraft wenn Sie sich die rauhe Wirklichkeit besehen. Ich möchte an jene Liste von aus Melancholie und Verzweiflung begangenen Morden und Selbstmorden, ich möchte an all die blindgeweinten Augen erinnern, die die Nichteinlösung der Kriegsanleihe verursacht hat. Wer die Verantwortung dafür trägt, wer es ändern, wer es verhüten konnte, den mag sein Gewissen, wenn er abends einschläft, aufrütteln und ihm sagen, das hättest Du verhüten können. Ein Menschenleben ist mehr als Millionen Geld, denn auch mit Millionen kann man ein erloschenes Menschenleben nicht wieder wachrufen. (Posl. dr. Luschka: Hat sich das der Referent auch gedacht?) Ich hoffe, er ist sich dessen ganz bewußt, ich weiß aber, daß jede der 5 Parteien auf der anderen Seite auf einander Rücksicht nimmt und daß die Summe daraus ein Kompromiß ist, welches eben nicht selten von dem Boden des Rechtes abwich.

Ich meine ferner, daß auch weiter die Bestimmung bei 75% Ersatzanleihe und 75% Nachzeichnungsanleihe kein verlockender Umstand ist, denn bei dem heutigen Kurse ergibt sich aus der Zusammenzählung dieser beiden Beträge weniger als der Zuzeichnungsbetrag ist, an der Börse kann ich ja für ein geringeres Geld ein solches Papier erhalten, als wenn ich ganz und gar den Zuzeichnungsbetrag bar leiste, abgesehen davon, daß man Zuzeichnungsbeträge, wenn man überhaupt kreditfähig ist, im allgemeinen nichtmit 5 und 5 1/2% geborgt bekommt, sondern wenn man zur Bank geht, 11 bis 14% zu zahlen hätte.

Alle diese Momente glaubte ich anführen zu müssen. Ich will nicht darauf eingehen, was 100.000 Kronen Kriegsanleihe und 75% Zuzahlung praktisch ergeben bei der jetzt 5 1/2% und in der Folge 5%igen Verzins ung der für die Zuzeichnung erhältlichen Ersatzpapiere, noch cirka mindestens 4000 Kronen Vermögensabgabe auflaufen, kommt da überhaupt ein verlockender finanzieller Effekt heraus?

Sie werden mir sagen, rechnerisch ist jeder Anreiz verloren, wenn eben nicht jenen Anträgen irgendwie entsprochen würde, die wir gestellt haben. Darum, meine Geehrten, meine ich, daß unter Berücksichtigung der Verminderung der Höhe der Kriegsanleihe, die bereits eingetreten ist, daß in Ansehung der Steuereintreibungen aus den Vorkriegsjahren, daß ferner bei den Momenten, die sich hinsichtlich Wohnungsfürsorge, Arbeiterfürsorge, hinsichtlich direkter und indirekter Steuern etc. ergeben, eine Begründung gegeben ist für die Annahme unserer wahrlich nicht zuweit gehenden, sondern in dem Rahmen des finanziell möglichen sich bewegenden Anträge. Wenn diese unsere Anträge nicht angenommen würden, wenn sie nicht Berücksichtigung finden sollten, dann werden Tausende und Tausende nicht aus Not, Unrecht und Verzweiflung gerettet. Und sie haben doch ein Recht, einen Anspruch darauf, gerettet zu werden, obwohl alle diese Anträge, die wir zur Verbesserung der Vorlage gestellt haben, bei weitem noch nicht dem vollen Rechte entsprechen. Darum wünsche ich, daß unsere Anträge die nötige Berücksichtigung finden und daß dem Rechte eine Bahn geschaffen werde, damit in der Stunde, auf die Tausende und Abertausende warten, diesen Erwartungen entsprochen werde. (Potlesk na levici.)


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