Ètvrtek 11. záøí 1924

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 284. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 11. záøí 1924.

1. Øeè posl. Hackenberga (viz str. 1325 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Der Verlauf der Debatte über das gegenwärtig in Beratung stehende Gesetz sowohl im Plenum dieses Hauses, als auch im Ausschuß zeigt uns so recht die tristen Verhältnisse, in welchen wir uns gegenwärtig in diesem Parlament befinden. Stundenlang wird bereits über diese Vorlage im Plenum dieses Hauses gesprochen und Sie haben bisher lediglich nur Redner der Oppositionsparteien gehört. Kein Redner einer Mehrheitspartei hat sich an der Debatte über diese so wichtige Vorlage beteiligt und man überläßt es ganz den oppositionellen Parteien, zu der Vorlage Stellung zu nehmen. Ich werde ja noch später Gelegenheit haben, darauf zu verweisen, daß es sich nicht um eine Vorlage handelt, die nur bestimmte Parteien dieses Hauses interessiert oder welche nur für die Opposition von Interesse ist, sondern daß dieselbe allgemeines Interesse hat. Und so wie nun die Debatte im Hause selbst ist, so war es auch anläßlich der Behandlung des Gegenstandes im Budgetausschusse. Es hat der Berichterstatter gesprochen, und wie ich anerkenne, ziemlich eingehend, er hat nicht nur die einzelnen Bestimmungen der Vorlage begründet, sondern er hat sich auch im Schlußworte mit den eingebrachten Anträgen beschäftigt, wobei er sogar zugeben mußte, daß viele der eingebrachten Anträge vollkommen gerechtfertigt seien und daß sich über manche derselben unter anderen Verhältnissen und anderen Umständen reden ließe, daß sie aber unannehmbar seien, weil an der Vorlage nichts geändert werden könne. Diese Ereignisse im Ausschusse und die Debatte, wie sie jetzt abgeführt wird, eigen uns nun, wie unhaltbar die Zustände in diesem Parlament geworden sind. Es wird im Parlament nicht mehr verhandelt, nicht mehr beraten, sondern das Parlament wird als ein notwendiges Übel angesehen. Die Vorlagen werden in der Pìtka, vielleicht auch in den Beratungen der Parteien, die der Koalition angehören, vorher durchgesprochen, man legt sich fest, und es hat dann für die Parteien der Mehrheit keinen Zweck mehr, wenn sie im Hause selbst oder im Ausschusse, an den Verhandlungen der Vorlagen teilnehmen.

Und nun gestatten Sie mir, daß ich zum Gegenstand selbst übergehe. Es wurde gestern von einem Redner erklärt, daß die Arbeiterklasse ein geringes Interesse an dieser Vorlage habe, weil es sich um Kriegsgewinner und um Leute handle, die ihrer Kriegsbegeisterung durch Zeichnung der Kriegsanleihe Ausdruck gegeben haben, und andererseits um Leute, die vermögend seien. Weil man dieser Meinung Ausdruck gegeben wurde, ist es wohl notwendig, auszuführen, weshalb wir Vertreter der deutschen sozialdemokratischen Arbeiterpartei an dieser Vorlage Interesse nehmen und dafür eintreten, daß entsprechende Verbesserungen an ihr vorgenommen werden. Wenn es möglich wäre festzustellen, wer aus Kriegsbegeisterung, den Krieg hinauszuziehen, Kriegsanleihe gezeichnet hat, und wer unter den Kriegsanleihezeichnern als Kriegsgewinner zu betrachten ist, wären wir selbstverständlich dafür, daß für diese Leute nichts unternommen werde. Aber wir haben leider keine Möglichkeit, das festzustellen, ja nicht einmal, wieviel große und wieviel kleine Kriegs anleihezeichner vorhanden sind. Wir haben vom Vertreter des Finanzministeriums anläßlich der Beratung der Kriegsanleihevorlage im Budgetausschuß Aufklärung verlangt, ob es möglich wäre, dem Ausschuß Beratungsgrundlagen in Form eines Verzeichnisses zu geben, aus welchem zu ersehen wäre, welcher Personenkreis durch die einzelnen Bestimmungen der Vorlage getroffen wird. Es wurde uns wiederholt von Seiten der Vertreter der Regierung im Budgetausschuß in den Zwischenbemerkungen erklärt, daß es nicht möglich sei, einen solchen Nachweis zu erbringen. Und nun müssen wir uns ein bischen besehen, wer es denn ist, der Kriegsanleihe gezeichnet hat und wie es in vielen Fällen zur Zeichnung von Kriegsanleihe gekommen ist.

Es sind nicht nur Leute, die aus Begeisterung für den Krieg oder weil sie durch den Krieg gewonnen haben und sonst wie am Kriege interessiert waren, Kriegsanleihe gezeichnet haben, sondern es sind unter den Kriegsanleihezeichnern eine Unmasse von Leuten, welche nicht freiwillig Beiträge zeichneten, sondern welche durch verschiedene Umstände dazu gezwungen wurden. Wieviele Soldaten gab es, die sich draußen am Kriegsschauplatz durch lange Zeit befanden und keinen Urlaub bekommen konnten und denen man dann erklärte, daß sie nur unter einer Bedingung zu ihren Angehörigen nachhause entlassen werden könnten: Wenn sie es ermöglichen würden, daß Kriegsananleihe gezeichnet wird, wenn sie selbst oder ihre Angehörigen Kriegsanleihe zeichneten. Es waren dies die sogenannten Kriegsanleiheurlaube, die der Mannschaft gewährt wurden und die für viele die Veranlassung bildeten, Kriegsanleihe zu zeichnen, über ihre Macht, über ihre Mittel hinaus. Ich verweise auch auf die Arbeiter, welche in den Kriegsleistungsbetrieben beschäftigt waren und die bei der günstigeren Konjuktur, welche während des Krieges in den Kriegsleistungsbetrieben bestand, etwas höhere Verdienste zu erzielen vermochten als die Arbeiter mancher anderen Betriebe. Welchen Druck hat man auf die Arbeiter und Angestellten dieser Betriebe ausgeübt, sie zu zwingen, daß die Kriegsanleihe zeichneten! Sie wußten, was ihnen drohte, wenn sie nicht nach jeder Richtung hin sich gefügig zeigten. So mancher zeichnete Kriegsanleihe, um nicht einrückend gemacht zu werden, um nicht auf den Kriegsschauplatz hinausgeschickt zu werden, obwohl er der ärgste Gegner des Krieges, der Rüstungen und der Fortführung des Krieges war. Derselbe Druck, den man gegenüber Einzelpersonen angewendet, wurde auch auf Körperschaften ausgeübt. Glauben Sie denn, daß die Leute, die in den Sozialversicherungsinstituten sassen, die Arbeiter, die die Krankenkassen verwalteten, kriegsbegeistert waren, daß sie aus Begeisterung oder aus freien Stücken Kriegsanleihe zeichneten? Welcher unerhörte Druck wurde auf alle diese Funktionäre geübt, daß sie das ihnen anvertraute Vermögen in Kriegsanleihe ansetzten! Die gewissenhaftesten Beamten, welche mit der Vormundschaft, bzw. Obervormundschaft betraut waren, wurden veranlaßt, die Gelder der Waisen anzugreifen und in Kriegsanleihe anzulegen. Gemeinden, Gemeindesparkassen und andere Institutionen wurden gezwungen, u. zw. von den Aufsichtsorganen, von den Kommissären, welche die Regierung in den Verwaltungskörperschaften dieser Institutionen sitzen hatte, Kriegsanleihe zu zeichnen. Aber es war ja nicht nur den Zwang, mit dem man zu rechnen hatte, sondern auch die Beeinflussung, natürlich unter Anwendung aller Mittel, auch des Mittels der Drohung. Dieser Beeinflussung haben sich Funktionäre in den kleinen Institutionen schuldig gemacht, und auch Funktionäre in den höchsten Stellen, u. zw. nicht nur bei den Behörden und bei den Ämtern, sondern Funktionäre von Körperschaften und Institutionen, welche nicht unter dem Zwang der Verhältnisse gehandelt haben. Man erinnert sich ja an die einzelnen Personen, die während der Kriegszeit besonders dafür eingetreten sind, daß Kriegsanleihe gezeichnet werde. Ich war damals in Brünn und weiß mich noch sehr wohl zu erinnern, daß der Herr, welcher hier in diesem Parlament als Präsident der Regierung gesessen ist, der frühere Ministerpräsident Èerný, der damals während des Krieges bei der mährischen Statthalterei tätig war, seinen ganzen Einfluß geltend gemacht hat, nur herbeizuführen, daß möglichst viel Kriegaanleihe gezeichnet werde. Und so war es nicht nur bei Statthaltereien und Bezirkshauptmannschaften, so ging es auch bis herunter zu den Gemeinden. Wieviel Vorsteher auch in den kleinsten Dorfgemeinden, welche vom Militärdienst als unentbehrlich enthoben waren, übten Zwang aus gegenüber den Insassen der Gemeinden und wendeten alle ihre Überredungskunst an, um zu veranlassen, daß in der Gemeinde möglichst viel an Kriegsanleihe gezeichnet werde, um ja nicht herbeizuführen, daß die Enthebung wieder aufgehoben werde. Glauben Sie denn, daß das nur Deuts che gewesen sind? Nein, denn wenn wir uns die Leute ein bischen ansehen, die Propaganda gemacht haben für die Zeichnung der Kriegsanleihe, so finden wir sie natürlich in allen Nationalitäten. Ich habe an einem Beispiel schon gezeichnet, daß es nicht nur deutsche Beamte waren, sondern auch einflußreiche èechische Beamte, die unter dem Zwang der Verhältnisse einen Zwang ausgeübt haben auf alle untergeordneten Stellen. Ich habe früher schon gesagt, daß auch Politiker sich dazu hergegeben haben, für die Zeichnung der Kriegsanleihe mit aller Entschiedenheit einzutreten. Wenn heute der Versuch unternommen wird, in den Zeitungen und auch in Reden es so darzustellen, als ob es sich bei der Kriegsanleihe um eine nationale Frage oder um ein Geschenk an die Deutschen, um ein Entgegenkommen gegenüber den Deutschen handelte, so ist es schon notwendig, ein bischen hervorzuheben, daß es nicht nur Deutsche gewesen sind, welche zur Zeichnung von Kriegsanleihe aufforderten, welche mit verantwortlich sind dafür, daß so viel arme Teufel sich verlocken ließen, Kriegsanleihe zu zeichnen, und zwar oft über ihre Verhältnisse. Wenn wir das, was uns als Andenken die Aussprüche von Politikern aus der Kriegszeit geblieben ist, durchsehen, so finden wir, daß die überschwänglichsten Anpreisungen der Kriegsanleihe als gutes Anlagepapier, als gute Kapitalsanlage nicht nur von Deutschen erfolgt sind, sondern daß auch durch Èechen aufgefordert wurde zur Zeichnung von Kriegsanleihe, u. zw. nicht nur von Bankdirektoren und Banken als daran interessierten Instituten, sondern auch von unabhängigen Persönlichkeiten. Aus einer Zusammenstellung der Aufforderungen zur Zeichnung von Kriegsanleihe nur einige, sie bieten wohl Beweis genug dafür, daß auch von èechischer Seite zur Zeichnung von Kriegsanleihe aufgefordert wurde, und daß interessiert sind an einer entsprec enden Lösung des Kriegsanleihegesetzes auch jene èechische Kreise, die durch solche Aufrufe sich zur Zeichnung verlocken ließen und daß zur Lösung des Kriegsanleiheproblems auch alle Personen verpflichtet sind, die damals, in hervorragenden Stellungen stehend, ihren Einfluß dazu ausgenützt haben, die Bevölkerung zur Zeichnung von Kriegsanleihe zu veranlassen.

Am 7. Mai 1916 anläßlich der Zeichnung der IV. Kriegsanleihe ist in den "Národní Listy" ein Artikel erschienen, gefertigt vom Herrn Rùžièka, damaligem Oberdirektor der Živnostenská banka, und aus diesem Artikel, der sehr umfangreich gewesen ist und einen Aufruf zur Zeichnung der Kriegsanleihe darstellte, will ich nur einen Satz herausheben: "Durch die Zeichnung der IV. österreichischen Kriegsanleihe kann sich jeder die Möglichkeit verschaffen, daß er seite Renten von eingelegten Ersparnissen um mehr als die Hälfte erhöht und auf diese Weise eine willkommene Korrektur gegenüber der Steigerung aller Lebensbedürfnisse sich sichert. Ich halte es für meine Pflicht, auf diesen Umstand mit allem Nachdruck hinzuweisen, besonders jene Schichten der kleinen Kapitalisten, welche auf den Zinsenertrag ihres Vermögens angewiesen sind." Also besonders auf die kleinen Rentner, auf die kleinen Kapitalisten, die ihre Ersparnisse irgendwo angelegt haben, hat es der Oberdirektor der Živnobank Rùžièka damals abgesehen gehabt. Er hat in dem Artikel weiter gesagt: "Das Geld für die uns auferlegten Kriegsausgaben bleibt im Vaterland, befruchtet die Produktivität aller Produktionszweige. Aus allen angeführten Momenten ist ersichtlich, daß die Kriegsanleihe die sicherste Kapitalsanlage ist, die auch mit allen Vorteilen ausgestattet ist, welche aus ihr das populärste Papier machen."

Oder Herr Dr. Karl Mattuš, Oberdirektor der Landesbank des Königreiches Böhmen, hat in einem Artikel vom 7. Mai 1916, auch in den "Národní Listy", erklärt: "Die Kriegsanleihen sind zwar wichtig für die glatte Finanzierung des Krieges, vor allem aber muß man ihre Bedeutung darin erblicken, daß sie eine wichtige Vorbereitung für die gewaltigen Aufgaben der Nachkriegszeit sind. Wer zur Erhöhung des gezeichneten Gesamtbetrages beiträgt, trägt auch bei zur leichteren Ausgleichung der schwierigen finanziellen Fragen nach dem Kriege und hilft den Weg zu geordneten Verhältnissen ebnen. Darin ist also die Bedeutung des Erfolges der Zeichnung der Kriegsanleihe zu ersehen." Er hat an jene appeliert, welche nicht entsprechend genug begeistert waren vom Krieg, an jene, die schon mit der Nachkriegszeit rechneten, und deren Pflicht festgelegt, für die Kriegsanleihe einzutreten.

Es hat z. B. weiters der Herr Ministerpräsident der jetzigen Regierung, der nicht als Bankmann interessiert war, sich für die Zeichnung der Kriegsanleihe einzusetzen, der damals im alten Österreich nur hervorragender Politiker war und Führer der èechischen Politik gewesen ist, in einem Artikel vom 9. Mai 1916 geschrieben: "Die Kriegsanleihe soll aber gezeichnet werden gleichzeitig aus dem Grunde, weil durch die Zeichnung der Kriegsanleihe jeder Einleger ein Papier von wirklich innerem Wert und unbedingter Sicherheit erhält." Ich will absehen von der Begründung der Notwendigkeit der Zeichnung aus anderen Gründen; denn gerade Herr Švehla hat auch von dem Pflichtgefühl gegenüber dem Staat und der Notwendigkeit, daß gerade die Landbevölkerung zur Zeichnung der Kriegsanleihe verpflichtet werde, gesprochen und hat u. a. auch gesagt: "So wenden wir uns also noch im letzten Augenblick an alle, welche bisher die Kriegsanleihe nicht gezeichnet haben, daß sie dies sofort tun und daß sie zu ihrem Enderfolge beitragen, der zumindest ebenso glänzend sein muß", und so weiter. Er hat durch diesen seinen Satz, den ich vorhin zitierte, bestätigt, daß es sich um eine sichere Anlage von wirklich innerem Werte handelt und der Bevölkerung empfohlen zu zeichnen.

Oder ein anderer Herr. Er ist unter den Agrariern, aus deren Partei der Ministerpräsident hervorgegangen ist, und auch heute noch einflußreicher Politiker, der Herr Kollege Prokùpek, Vorsitzender der èechischen Sektion des Landeskulturrates, der am 12. Mai 1916 geschrieben hat: "An der gerade jetzt aufgelegten Anleihe zeigt sich eine lebhafte Beteiligung in den weitesten Kreisen unserer ackerbautreibenden Bevölkerung und wir sind überzeugt, daß die Obligationen der IV. österreichischen Kriegsanleihe infolge der Vorteile, die sie bietet, die allgemeine Art der Anlage der Ersparnisse unseres Landes werden. Denn das, was wir dem Staate borgen, borgen wir eigentlich uns selbst." Es hat der frühere Minister Dr. Foøt u. a. am 29. Mai 1917 gesagt: "Man kann... (Posl. dr. Kafka: Wollen Sie Prospekte der Živnobanka?) Ich habe schon vorher Äußerungen von dem Oberdirektor der Živnobanka zitiert, aber es handelt sich weniger um die Banken, als um äußerungen einzelner Persönlichkeiten. "Man kann also", schrieb Dr. Foøt, "die feste Überzeugung hegen, daß die Beteiligung der Èechen an der sechsten Kriegsanleihe eine wahrhaft prächtige sein wird." Der Herr Finanzminister des èechoslovakischen Staates Sontág, der sich auf einen etwas besseren Posten, als er hier bekleidet hatte, zurückgezogen hat, hat gleichfalls damals in seiner Funktion bei der Kriegsgetreideverkehrsanstalt sich sehr lebhaft für die Zeichnung der Kriegsanleihe interessiert und er hat nicht nur zugeredet, sondern er hat auch alle Mittel der Drohung und Beinflussung angewendet, um herbeizuführen, daß die Leute, welche mit der Kriegsgetreideverkehrsanstalt irgendwie geschäftlich verknüpft waren, Kriegsanleihe zeichneten. Er hat Verzeichnisse und Fragebogen hinausgeschickt, und da stand geschrieben: "Die Angaben der eingelangten Fragebogen werden der kaiserlich-königlichen mährichen Statthalterei in Brünn und der Kriegsgetreideverkehrsanstalt in Wien vorgelegt werden." Das ist also ein indirekter Druck, um herbeizuführen, daß Kriegsanleihe gezeichnet werde. Er hat dann in einem Zirkular gesagt: "Die hohe Rentabilität der Kriegsanleihe in Verbindung mit dem Umstande, daß unsere Finanzverwaltung fest entschlossen ist, den Zinsendienst unter allen Umständen zu sichern, gewährleistet dem Zeichner der Kriegsanleihe ein gewinnbringendes Geschäft."

Aus diesen kurzen Auszügen, die natürlich durch viele andere Äußerungen noch ergänzt werden könnten, ersehen Sie, daß sich an dem Zwang, an der Beinflussung, Aufwand an Überredungskunst, um die Zeichnung der Kriegsanleihe unter der Bevölkerung zu fördern, nicht nur Patrioten von der einen Seite beteiligt haben, sondern auch Patrioten, damals k. k. Patrioten, von der anderen Seite und daß, beinflußt durch diese Agitation, natürlich nicht nur die Deutschen, sondern auch zahlreiche Èechen aus den allerärmsten Schichten der Bevölkerung sich zur Zeichnung der Kriegsanleihe verleiten ließen. Sie hofften sich eine bessere Anlage für ihre oft geringfügigen Ersparnisse zu schaffen. Wenn es hieß, daß die Waisengelder in Kriegsanleihe angelegt werden, warum sollte der einzelne kleine Sparer, der erhoffte, sich durch die Zeichnung der Kriegsanleihe eine höhere Verzinsung und ein besseres Auskommen im Alter zu sichern, davor zurückschrecken, seine kleinen Ersparnisse in Kriegsanleihe umzuwandeln? Es ist mir in meiner Tätigkeit während des Krieges oft vorgekommen, daß Frauen von Eingerückten, denen nach langer Zeit und nach vieler Mühe im Rekurswege durch die Landesunterhalhalts kommissionen Nachzahlungen an Unterhaltsbeiträgen zugestanden wurden und die deshalb etwas größere Beträge ausgezahlt bekamen, entweder im Steueramt oder aber durch den Gemeindevorsteher des betreffenden Ortes nahegelegt wurde, diese in Kriegsanleihe anzulegen. So sind denn auch viele Frauen, die im Hinterlande oft in Not und Elend lebten, durch öffentliche Funktionäre beeinflußt worden, diese paar Heller noch in Kriegsanleihe umzuwandeln. Oder welche Propaganda wurde von allen Funktionären entfaltet, um herbeizuführen, daß die, welche auf den Kriegsschauplatz hinausgingen, oder deren Angehörige Kriegsanleiheversicherungen eingingen! Wie oft hat einer, der hinaus gegangen ist, einen Kriegsanleihe ersicherungsvertrag abgeschlossen, um so wenigstens, wenn ihm draußen etwas passierte, für seine Angehörigen vorzusorgen. Nur zu oft hat es sich ereignet, daß der Familienerhalter nicht mehr zurückkam und seine Witwe heute im Besitz der Kriegsanleihe ist.

Sie ersehen aus den Beispielen, welche ich anführte, daß es nicht richtig ist, daß ein Vertreter der Arbeiterklasse an der Kriegsanleihefrage kein Interesse haben könne. Weil es nicht nun möglich ist, zu unterscheiden zwischen den Kriegsanleihezeichnern, welche freiwillig gezeichnet haben, welche durch den Krieg Gewinne erzielten, welche aus Begeisterung zeichneten und jenen, die durch Zwang veranlaßt wurden zu zeichnen, haben wir verlangt, daß die volle Einlösung der Kriegsanleihe vorgenommen werde. Natürlich fällt auch uns nicht ein, herbeiführen zu wollen, daß die Kriegsgewinner oder die vom Kriege begeisterten Personen vom Staate noch entschädigt werden und noch Gewinn ziehen, sondern wir haben auch zum Ausdruck gebracht, daß man jenen, die die Mittel haben und aus dem Kriege Gewinn gezogen haben, ihn in der Form von Steuern wieder abnehmen möge.

Nun haben wir eine Vorlage vor uns, welche eine Folge des Gesetzes vom Jahre 1920 ist und von welcher wir sagen können, daß sie nach mancher Richtung schlechter ist, als die Vorlage, welche von der Regierung Beneš 1922 dem Hause unterbreitet wurde. Wir haben versucht, im Budgetsausschuß eine Besserung und Änd ung der Vorlage herbeizuführen. Wie ich vorher schon feststellte, wurden im Budgetausschuß alle unsere Abänderungsanträge abgelehnt, ohne daß ein Redner der Mehrheit zur Vorlage oder zu den gestellten Abänderungsanträgen Stellung nahm. Der Herr Berichterstatter hat wohl sein Verbeugung gemacht und erklärt, es sei dieser oder jener Antrag gut, es wäre sogar unter anderen Umständen anzunehmen, es könne nur jetzt kein Antrag angenommen werden, weil an den Grundprinzipien dieses Gesetzes eine Änderung nicht möglich sei. Er durfte nicht zustimmen, daß auch nur ein Antrag, welcher von den Oppositionsparteien im Ausschuß eingebracht wurde, angenommen werde. Wir kommen nun natürlich mit den Anträgen, welche wir im Ausschuß vergebens durchsetzen versuchten, vor das Haus.

Es handelt sich bei diesen Anträgen oft anscheinend nur um Kleinigkeiten. So finden Sie z. B., daß § 3 der Vorlage die Einlösung abhängig macht vom Wohnsitz des Betreffenden, er muß seinen Wohnsitz seit 1. Jänner 1924 im Inland haben. Schon das ist eine Härte. Viel ärger wird es, wenn man sieht, daß eine Ausnahme gemacht wird bei Staatsbeamten, aber nur zugunsten aktiver Staatsbeamter. Wieviele èechoslovakische Staatsbürger sind es nicht, welche infolge der Familienverhältnisse und anderer Umstände ihre Pension im Auslande genießen, sogar mit Genehmigung der Regierung des Staates. Aber es sollen teilhaftig werden der Wohltaten des Gesetzes, soweit man von solchen sprechen kann, nur die aktiven Staatsbediensteten, aber nicht die Nichtaktiven. Wir haben verlangt, daß das Wörtchen "aktiv" gestrichen werde und daß das Gesetz ausgedehnt werde auf alle Staatsbeamten, die im Ausland seßhaft sind. Auch das wurde abgelehnt. Wir haben natürlich auch verlangt, daß die Vermögensgrenze, bis zu welcher ohne Zeichnung von Staatsanleihe die Einlösung der Kriegsanleihe nach dieser Vorlage zu erfolgen hat, erhöht werde. Die Vermögensgrenze beträgt 25.000 Kronen. Gestern hat der Redner der kommunistischen Partei, der Abgeordnete Bubník, im Hause erklärt, daß derjenige, der derzeit ein Vermögen von 25.000 Kronen habe und während des Krieges 100.000 Kronen Kriegsanleihe gezeichnet hat, kein armer Mann sei und daß es nicht notwendig sei, für ihn irgendwie zu sorgen. Kollege Bubník hatte das Gesetz nicht gründlich behandelt, als er diese Behauptung aufstellte; denn es ist nicht maßgebend der Besitz des Kriegsanleihezeichners von heute, sondern der Besitz zu der Zeit, als die Vermögensabgabe aufgenommen wurde. Was bedeutete es damals 25.000 K zu besitzen? Viele Kleinhäusler und Kleinbauern haben bei der Vermögensveranlagung ein Vermögen von 25.000 K ausgewiesen und waren damals und sind heute noch arme Teufel. Auch haben sich natürlich die Vermögens- und Besitzerverhältnisse seit der Zeit der Vermögensaufnahme für die Vermögensabgabe bedeutend geändert, und es ist daher auch eine unsinnige Bestimmung der Vorlage, daß das Vermögen von damals und nicht das von heute maßgebend sein soll. Viele, die damals arme Teufel waren, sind seither reich geworden, und wir sehen nicht ein, warum diese der Wohltat des Gesetzes teilhaftig werden sollen, und umgekehrt sollen jene, die damals etwas besessen haben und heute nichts besitzen, von den Wohltaten des Gesetzes ausgeschaltet werden, weil sie damals etwas besessen haben. Der Abg. Bubník hat es gestern so dargestellt, als ob es sich um Personen handeln würde, die heute ein Vermögen von 25.000 Kronen haben und damals so reich waren, 100.000 Kronen Kriegsanleihe zeichnen zu können. Ja, hat er denn nicht beachtet, daß es nicht 25.000 K und 100.000 K Kriegsanleihe heißt, sondern daß die Vermögensgrenze 25.000 K ist und daß die 100.000 K Kriegsanleihe doch eigentlich nur in Betracht kommen bei Verschuldeten; denn in dem Moment, wo die 100.000 K Kriegsanleihe nicht lombardiert sind, haben sie doch nach der jetzigen Vorlage mit 40% bewertet zu werden, stellen also ein vermögensabgabepflichtiges Vermögen von 40.000 Kè dar und das überschreitet den Vermögensstand von 25.000 K. Dieser Mann fällt daher nicht mehr unter den Schutz des Gesetzes. Nur wenn er einen Schuldenstand hat, so daß sein Vermögen nicht mehr als 25.000 K beträgt, gewährt ihm die Vorlage die Umwandlung der Papiere. Schon daraus ersehen Sie, daß es notwendig ist, die Vermögensgrenze zu erhöhen und daß es sich in dieser Vorlage auch bei der Grenze von 25.000 K keineswegs um begüterte, reiche Personen handelt, wie von kommunistischer Seite behauptet wurde. Eben aus diesem Grunde haben wir die Pflicht und auch Ursache, für Verbesserungen an dieser Vorlage einzutreten, eben deshalb können wir uns nicht auf den sehr leichten Standpunkt der kommunistischen Vertreter zurückziehen und sagen: Die Kriegsanleihe geht uns nichts an und deswegen stimmen wir dagegen. Wir müssen vielmehr den Versuch unternehmen zu verbessern, was möglich ist, und wenn es nicht gelingt, diese Vorlage in entsprechendem Ausmaß zu verbessern, ist es selbstverständlich, daß wir gezwungen sind, gegen diese Vorlage nicht nur Stellung zu nehmen, sondern auch gegen sie zu stimmen, aber nicht aus den Gründen, die von kommunistischer Seite angeführt werden, weil wir etwa daran nicht interessiert sind und weil es sich nicht um unsere Leute handelt, weil wir desinteressiert seien an dieser Vorlage, da es sich um Kriegsanhänger, um kriegsbegeisterte Menschen handle, sondern wir müssen dagegen stimnen, weil die Vorlage nicht das bringt, was notwendig ist, weil sie das unverschuldete Elend der Menge der kleinen Kriegsanleihebesitzer nicht zu lindern vermag.

So haben wir z. B. den Antrag gestellt - um nur zu zeigen, welche Anträge im Budgetausschuß abgelehnt wurden und wahrscheinlich auch heute hier abgelehnt werden - daß dem Einkommen und Vermögen des Haushaltungsvorstandes ein gewißer Betrag für jedes Mitglied des Haushaltes zuzuzählen ist, daß also die Vermögens- und Einkommensgrenze bei den einzelnen Kriegsanleihebesitzern erhöht werde. Selbstverständlich konnten uns auch die Fristen, die in der Vorlage vorgesehen sind, nicht entsprechen und wir mußten daher auch für eine Verlängerung der Fristen eintreten. Aber auch das wurde von der Mehrheit abgelehnt. Das allerärgste aber an dieser Vorlage ist, daß das Papier, welches man den Kriegsanleihebesitzern geben will, kein verlosbares Papier ist, sondern ein Papier, welches als ewige Schuldurkunde in den Händen der Besitzer bleibt und eine sogenannte ewige Verzinsung bedeutet. Sie können mit dem Papier nichts anfangen (Výkøiky nìmeckých soc. demokratù), nichts entsprechendes anfangen. Sie können das Papier in der Zeit der ärgsten Not nicht veräußern, und aus dem Grunde müssen wir selbstverständlich dafür eintreten, daß das nicht verlosbare Papier in ein verlosbares Papier umgewandelt werde. Das Zinsfuß wurde begrenzt mit 3%. Ich habe schon gesagt, daß diese Vorlage schlechter ist als jene der Regierung Beneš. Im Jahre 1922 hat die Regierung Beneš in ihrer Vorlage den Zinsfuß von 3 1/2% zugestanden. Es handelt sich aber nicht nur um die Höhe der Zinsen, sondern auch um den Zeitpunkt, von welchem an die Zinsen bezahlt werden sollen, und da enthält die Vorlage die Bestimmung, daß die Zinsen erst ab 1. Jänner 1925 laufen, wo in der Vorlage Beneš der 1. Jänner 1921 bestimmt war. Es ist selbstverständlich, daß auch das eine schwere Schädigung der Kriegsanleihebesitzer bedeutet und daß der Versuch unternommen werden müsste, auch hierin eine Verbesserung dieser Vorlage herbeizuführen.

Wenn Sie nun nicht noch im letzten Moment eine bessere Einsicht zeigen, als es im Budgetausschuß der Fall war, und nicht noch zur Überzeugung kommen, daß es doch im Interesse der Bevölkerung und besonders der notleidenden Schichten der Bevölkerung notwendig wäre, eine entsprechende Besserung der Vorlage vorzunehmen, dann ist es selbstverständlich, daß wir gezwungen sind, gegen dieselbe zu stimmen. (Souhlas na levici.)

2. Øeè posl. Stenzla (viz str. 1329 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Als Vertreter der deutschen Gewerbepartei erachte ich es auch als meine Pflicht, zur Vorlage über die Einlösung der Kriegsanleihe einige Worte zu sprechen. Vier Jahre hat es gedauert, ehe die èechoslovakische Regierung sich herbeigelassen hat ein neuerliches Gesetz über die Regelung der so hoch wichtigen Kriegsanleihefrage vorzulegen. Wir haben aber gesehen, daß man diese Gesetzesvorlage eigentlich nicht, wie es auf parlamentarischem Boden notwendig wäre und gepflegt werden sollte, vor ihrer Einbringung auch den Vertretermn der Opposition zur Begutachtung vorgelet hatte, sondern, daß man ganz einfach eine Überrumpelung begangen hat. Man warf sie ruhig ins Haus ohne die berufendsten Vertreter der Kriegs anleihebesitzer zu fragen, oder zu Rate zu ziehen. Wir sehen wieder ganz deutlich, daß gerade dieses Parlament kein so richtiges Volksparlament ist, wie es sein sollte, sondern daß gerade nur einzelne Personen in Form der "Pìtka", der sogenannte Fünfer-Ausschuß, diktiert und was dort beschlossen wird, hier in diesem Hause ohne Änderungen, und mögen sie noch so guter Natur für die Volkswirtschaft sein, auch angenommen werden muß.

Meine hochverehrten Damen und Herren! Ich möchte bei dieser Gelegenheit darauf verweisen, daß dies neuerdings ein Beweis ist, daß dieses Parlament nicht den Traditionen entspricht, die es eigentlich haben sollte, sondern daß einzig und allein ein Diktat platzgreift. Ich bin aber überzeugt, daß gerade unser heute so hart bedrängter deutscher Gewerbe- und Kaufmannsstand sich mit diesen Vorgehen nicht einverstanden erklären wird und daß er überall wo es notwendig ist gegen dieses Vorgehen sein Wort erhebenwird. Gerade diese Vorlage ist eine der wichtigsten Vorlagen für die erwerbenden, arbeitenden und schaffenden Stände und speziell des heute mit Steuern so stark belasteten Gewerbestandes. Gerade diese Stände werden durch dieses Gesetz am meisten betroffen, beziehungsweise durch die Annahme in dieser Form in eine sehr schlechte wirtschaftliche Lage versetzt. Besonders diesen Ständen, die speziell bei § 4 der Vorlage mit den 25.000 Kronen Vermögen in Betracht kommen, hält man eine vernünftige und ehrliche Einlösung der Kriegsanleihe vor. Ich möchte hier darauf verweisen, daß gerade heute dem Gewerbestande nur hohe Steuervorschreibungen und Pflichten auferlegt werden und daß man ihm die vitalsten Rechte vollkommen vorenthält. Es ist gewiß der hohen Regierung dieses Staates nicht unbekannt, daß heute im erwerbenden und schaffenden Mittelstande eine sehr schlechte wirtschaftliche Lage herrscht; wenn es die Herren nicht glauben wollten, wenn Sie es vielleicht beim grünen Tisch nicht verspüren, würde ich ihnen anraten, hinauszugehen und sich das Elend gerade dieser kleinsten Steuerträger anzusehen. Existenzen werden durch den Steuerdruck vernichtet, und durch diese Vorlage raubt man ihnen noch überdies die Hoffnung, daß endlich einmal die Kriegsanleihe, die sie zwangsweise zeichnen mußten, in ihrem Berufe oder Geschäfte Verwertung finden könnte. Ich weiß aber auch, und es ist allen Herren des Parlamentes nicht unbekannt, daß in vielen, vielen Fällen, wo durch die Kriegsanleihezeichnung Not und Elend herrschte, sich ganze Familien das Leben genommen haben; und gerade in meiner Heimatstadt haben sich innerhalb acht Tagen ein Mann und seine Frau das Leben nehmen müssen, weil sie nicht dem Mitleid der Bevölkerung anheim fallen wollten. Es war, wie uns allen bekannt ist und auch von allen Rednern betont wurde, eine zwangsweise Zeichnung, und ich verweise darauf, daß gerade in diesem Staate in einer schon vergangenen Regierung ein Finanzminister gesessen ist, der in seiner früheren Tätigkeit im österreichischen Staate nichts unversucht gelassen hat, die Leute, die mit ihm in Verbindung gestanden sind, zu zwingen, Kriegsanleihe zu zeichnen. Ich brauche nicht darauf zu verweisen, daß unsere Soldaten, mögen es Deutsche oder Èechen gewesen sein, zwangsweise Kriegsanleihe zeichneten, um nur einen Urlaub zu erhalten. Glauben Sie, daß Sie durch diese Vorlage, falls Sie in unveränderter Form zur Annahme kommen sollte, das Vertrauen der Staatsbürger zu dieser Regierung und zu diesem Staate heben werden? Ich sage nein. Sie werden sie neuerdings abstoßen, Sie werden sie neuerdings zurücksetzen und nicht zu Ihrem Vorteil, sondern bloß zu Ihrem Nachteil. Sie müssen aber auch darauf Rücksicht nehmen, daß die Kriegsanleihefrage nicht nur eine Frage des deutschen Volkes ist, sondern, wie ich voll und ganz überzeugt bin, auch in èechischen Kreisen in vielen Fällen eine große Rolle spielt und nach einer gerechten Lösung verlangt.


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