Úterý 11. prosince 1923

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 240. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 11. prosince 1923.

1. Øeè posl. Roschera (viz str. 1278 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Regierung hat im Monat Oktober eine Statistik veröffentlicht, die den eigentlichen Stand der Arbeitslosen anzeigen soll. Es werden in dieser Statistik genannt: 56.900 ganz arbeitslose Arbeiter, die direkt durch den Staat unterstützt werden und die insgesamt für 51.300 Familienangehörige zu sorgen haben; es wird weiters in dieser Statistik festgestellt, daß durch Vermittlung der Unternehmer 35.200 teilweise Beschäftigungslose mit 21.000 Familienangeh örigen durch den Betrieb unterstützt werden. Wenn wir diese Zahlen, die das Ministerium für soziale Fürsorge statistisch festgestellt hat, betrachten, so müßte man eigentlich glauben, daß wir über die schwerste Zeit der Wirtschaftskrise hinweg sind, wenn diese Zahlen und diese Statistik der Regierung tatsächlich das wirkliche Bild des Standes unserer Arbeitslosen aufzeigen würden. Dies ist aber nicht der Fall. Diese Statistik, die von der Regierung herausgegeben wird, erfaßt nur alle jene Arbeiter, die tatsächlich unterstützt werden und scheidet alle jene Arbeiter aus, die wohl noch arbeitlos sind, aber durch den Staat keine Unterstützung erhalten. Deshalb entspricht diese Statistik der Regierung über den Stand der Arbeitslosigkeit nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Diese Statistik bietet kein klares Bild, diese Statistik täuscht nach außen und führt die Allgemeinheit irre über das wirkliche Elend und die wirkliche Not der Arbeitslosen im Allgemeinen.

Es ist sehr schwer, in der ganzen Republik jeden Arbeitslosen bis auf den letzten Mann zu erfassen. Aber wir haben in einigen Bezirken, nicht in den größten Industriebezirken, sondern in mittleren Industriebezirken, den Versuch gemacht festzustellen, wieviel Arbeitslose die Arbeitslosenunterstützung erhalten, und wieviel Arbeitslose keine Unterstützung durch den Staat bekommen. Wir haben z. B. im Monat November in Mähr. Schönberg eine solche Statistik aufgenommen. Diese Statistik ergibt nun folgendes Bild: Bei den Textilarbeitern haben wir festgestellt 370 Unterstützte und 323 Nichtunterstützte; Bei den Glasarbeitern 41 Unterstützte und 70 Nichtunterstützte; Papierarbeiter 138 Unterstützte, 201 Nichtunterstützte; Metallarbeiter 212 Unterstützte, nicht unterstützt 320; Ziegelarbe iter 49 Unterstützte, nicht unterstützt 22; Sägearbeiter 87 unterstützt, nicht unterstützt 166; Zündholzarbeiter 6 unterstützt, nicht unterstützt 31; Raffineriearbeiter 10 unterstützt, nicht unterstützt 41, Bauarbeiter 6 unterstützt, nicht unterstützt 39, kaufmännisches Personal 37 unterstützt, nicht unterstützt 30, andere Berufe unterstützt 203, nicht unterstützt 563. Das ergibt, daß wir im Bezirke Mähr. Schönberg 2.955 gänzlich Arbeitslose haben, von denen tatsächlich nur 1149 die Unterstützung erhalten. Es sind also annähernd fast zwei Drittel der Arbeitslosen, die keine Unterstützung seitens des Staates erhalten.

Dieses Bild, das wir hier in Mähr. Schönberg sehen, können wir fast überall, in allen Industriebezirken feststellen, daß mindestens zwei Drittel der arbeitslosen Arbeiterschaft von der Unterstützung im allgemeinen ausgeschlossen sind. Wenn wir darauf verweisen und verlangen, daß allen Arbeitslosen das Recht auf Unterstützung zustehe, soweit sie unverschuldet arbeitslos geworden sind und soweit ihr Lebensunterhalt durch den Verlust des Arbeitsplatzes gefährdet ist, wird uns immer bei den Regierungsstellen erklärt, daß wir uns in den deutschen Bezirken gar nicht zu beklagen, daß wir keine Ursache zu Beschwerden haben, da in den deutschen Bezirken viel mehr an Arbeitslosenunterstützung als in den èechischen Bezirken gezahlt werde, da in den deutschen Bezirken die Beamten viel liberaler vorgehen, als die Beamten in èechischen Bezirken, und daß eben wegen dieses liberalen Vorgehens, wegen der guten Auslegung des Gesetzes der Stand der Arbeitslosen noch ein so großer ist. Wie steht aber eigentlich die Sache? Ist es wirklich wahr, daß die deutschen Bezirke und die Arbeiterschaft in den deutschen Bezirken mehr an Arbeitslosenunterstützung beziehen oder bezogen haben?

Es muß in erster Linie festgestellt werden, daß die deutsche Industrie in den Randgebieten des Staates zusammengedrängt ist, daß die Industriearbeiter heute nicht mehr, wie es früher der Fall war, zu einem großen Teile nach Deutschland hinübergehen können, sondern gezwungen sind, im Lande zu bleiben, und dort, wo sie den Arbeitsplatz hatten, schwer eine Arbeitsmöglichkeit finden. Es ist auch keine Möglichkeit vorhanden, daß diese Arbeiter in den landwirtschaftlichen Betrieben arbeiten können. Auf der anderen Seite sehen wir, daß man die Möglichkeit zur Hebung der Industrie, die Möglichkeit des Exportes unserer Industrieerzeugnisse soweit gedrosselt hat, daß der Export stark eingeschränkt wurde. Man hat die ganze Zeit hindurch - das soll auch hier offen festgestellt werden - in diesem Staate eine Wirtschaftspolitik gemacht, die sich nicht auf eine gleichmäßige Behandlung der Industrie und ihrer Arbeiter erstreckte (Souhlas na levici), man hat in diesem Staate versucht, eine Wirtschaftspolitik zu machen, durch die man die einen mehr bevorzugte und die andern mehr vernachlässigte. Das hat dazu geführt, daß ein großer Teil der Arbeiter in den deutschen Gebieten arbeitslos geblieben ist. Wir sehen dasselbe, wenn es sich um staatliche Lieferungen handelt. Wir brauchen nur den Bericht des Budgetausschusses durchzugehen. Dort finden wir, daß èechische Firmen bei den Lieferungen, besonders für die Eisenbahnen, viel besser versorgt werden, als deutsche Firmen und deutsche Arbeiter.

Wenn Sie immer sagen, daß unsere Zahl der Arbeitslosen so groß ist, soll hier auch einmal offen festgestellt werden, daß wir in dieser ganzen Zeit nicht die Möglichkeit hatten, die deutschen Arbeiter so unterzubringen, wie es den Èechen möglich war.

Ich habe hier einen offiziellen Bericht, der aus der Kanzlei der èechischen Legionäre stammt, die beim Ministerium für Nationalverteidigung besteht; in diesem Bericht wird festgestellt, daß man bis jetzt 33.693 Legionäre im Staatsdienst untergebracht hat, daß man des weiteren 4.058 Legionäre in privaten Unternehmungen untergebracht hat, daß man 6.100 Legionäre im aktiven Stand der Armee erhalten konnte, und ich weiß nicht, wo weiters noch die Möglichkeit bestanden hat, eine ganze Anzahl dieser Leute unterzubringen. Wenn wir das anführen, tun wir es nicht etwa deshalb, weil wir den Legionären den Arbeitsplatz nicht gönnen. Wir führen es nur deshalb an, um die Argumentation zu widerlegen, daß die Arbeitslosenziffer im deutschen Gebiete größer ist, weil dort das Gesetz liberaler geh andhabt wird. In Wirklichkeit ist es so, daß wir im deutschen Gebiete die Arbeitslosen nicht unterbringen konnten. Im Gegenteil, dort wo ein Platz war, wurde sehr häufig ein èechischer Legionär oder sonst wer auf denselben gestellt. Das sind nicht weniger als 43.851 Leute, die im Staats- und Privatdienst sowie beim Militär untergebracht worden sind, und vielleicht gibt es noch einige Zehntausend, die gar nicht festgestellt worden sind, die aber ebenfalls ein Unterkommen finden konnten. Das ist der beste Beweis. Hätten wir gleichfalls die Möglichkeit, 50.000 oder 100.000 Leute von unseren Arbeitslosen unterzubringen, so wäre auch die Ziffer der Arbeitslosen im deutschen Gebiete bedeutend kleiner. Es ist deshalb unrichtig und irreführend, wenn behauptet wird, daß in den deutschen Gebieten mehr für die Arbeitslosen getan worden ist, als im èechischen Gebiete.

Wir sehen weiters, daß wir gegenwärtig nur einen Export in diesem Staate in voller Blüte haben, das ist der Export unserer Maschinen. Es ist schon einmal von einem Minister vor längerer Zeit ausgesprochen worden, daß wir uns darauf einstellen müssen, daß unsere Industrie kleiner werde und es haben tatsächlich verschiedene Kreise in diesem Staate, Parteien und Männer daran gearbeitet und alles getan, um diese Verkleinerung herbeizuführen, um den Export unserer Industrie zu drosseln. Ich will nur aus dem Reichenberger Industriebezirke mitteilen, daß dort in diesem Jahre nicht weniger als 45 Firmen um die Bewilligung angesucht haben, einen größeren oder geringeren Teil der Maschinen aus der Èechoslovakei in andere Staaten auszuführen und dort Industrieunternehmungen aufzumachen. Und was Sie hier im Reichenberger Bezirk sehen, diese Wahrnehmung können Sie in allen Industriegebieten machen, die heute nur einen Export haben, der voll in Blüte steht, nämlich den Export von Maschinen; andererseits aber bleiben die Arbeiter hier und können keine Beschäftigung finden. Wir haben versucht, die Regierungsstellen darauf aufmerksam zu machen, was zu geschehen hat, um diesen zurückbleibenden Menschen, für die ein Arbeitsplatz nicht mehr vorhanden ist, eine Beschäftigung zu schaffen. Überall haben wir tauben Ohren gepredigt. Nirgends ist irgend etwas für diese Arbeitslosen geschehen, nichts ist unternommen worden, um ihnen den Arbeitsplatz zu sichern. Es wäre wichtig, daß die Vertreter des Handelsministeriums und die Vertreter des Ministeriums für soziale Fürsorge in die Betriebe hinausgehen und sich anschauen, wie die Betriebe arbeiten. Solche Betriebe liegen mitunter wie Friedhöfe da, es gibt Betriebe, in denen hie und da eine Maschine läuft, während die meisten stillstehen; wir haben Betriebe, wo vieleicht mit 80, 90 oder 150 Arbeitern gearbeitet wird, während dort einst tausend Arbeiter eingestellt waren. Der Beschäftigungsgrad ist allerdings etwas besser geworden, aber wir haben noch immer weniger Arbeiter in unserer Industrie beschäftigt, als vor der Krise, und es wäre eine der größten und wichtigsten Fragen und Probleme für alle, die es mit der Arbeiterschaft ernst meinen in diesem Staate, Mittel und Wege zu suchen, wie man diesen Arbeitern ein lohnendes Arbeitseinkommen schaffen könnte, die ihren Arbeitsplatz unverschuldet verloren haben. Und da sehen wir, ohne daß die Regierung und die Behörden sich darum sorgen, auf der ganzen Linie heute den Zustand, daß sich die Unternehmer um gar kein Gesetz kümmern und unausgesetzt ohne Bewilligung mit wenigen Arbeitern, die sie beschäftigen Überstunden machen, während hunderte Arbeiter draußen arbeitslos warten und Beschäftigung haben wollen. Die Unternehmer nützen den Zustand aus, machen Überstunden, und die Bestrafungen, die sie zu erwarten haben, sind gering. Anzeigen, die wir erstattet haben, laufen 4, 5 und 6 Wochen, bevor sie eine Erledigung finden, und wenn der Unternehmer dann mit 200 Kronen bestraft wird, hat er inzwischen mehr an Krankengeld erspart, als die Strafe ausmacht. So sehen wir im Ascher Gebiet, daß fast alle Betriebe ohne Bewilligung Überstunden machen, ohne daß sich die Behörde darum kümmert, wir sehen sogar, daß Arbeiter in dem einen Betrieb 8 Stunden arbeiten und dann in den nächsten Betrieb gehen, um bei einer anderen Firma eine zweite Schicht zu acht Stunden zu machen. Die Behörden sagen: Warum machen das die Arbeiter? Die Not, die gebrochene Widerstandskraft der Arbeiterschaft ist es, die sie mitunter dazu zwingt, daß sie nicht Widerstand leisten, wie es zur Abwehr notwendig wäre. Die Ascher Arbeiter sagen: Wenn man die Überstunden einstellt, sind wir im Stande, einige hundert Arbeitslose unterzubringen. Aber keine Behörde kümmert sich darum, man läßt die Sache gehen, in keiner Beziehung wird etwas unternommen.

Die Unternehmer sind weiters verpflichtet, ihre freien Arbeitsplätze anzumelden. Aber auch das geschieht nicht. Sie melden sie nicht an, sie nehmen auf, wer ihnen paßt, eventuell den, der billiger arbeitet, als der andere, der nur von seiner Hände Arbeit lebt. Es kommt vor, daß Arbeitslose, die nichts besitzen und bloß von der Arbeitslosenunterstützung leben, außerhalb der Betriebe bleiben, nicht eingestellt werden, während andere, die es nicht notwendig hätten, die auch sonst imstande wären, ihr Leben zu fristen, eingestellt werden. Wenn man die Arbeitslosenunterstützungen abbauen will, dann wäre es wichtig dafür zu sorgen, daß die Bedürftigsten, die nichts haben, als die Arbeitslosenunterstützung, in allererster Linie eingestellt werden müßen. Zusammenfassend verlangen wir heute in allererster Linie, das dafür vorgesorgt werde, das Überstundenwesen einzuschränken und einzustellen, daß die Durchbrechung des Achtstundentages unterbunden werde, daß die Regierung eingreife, daß die Gewerbeinspektoren und die politischen Behörden und draußen die Sicherheitsorgane beauftragt werden, den Arbeitern mitzuhelfen an der Beseitigung dieser Zustände, damit ein größerer Teil der Arbeiter eine Beschäftigung finden kann.

Nun, meine hochverehrten Damen und Herren, will ich auf einige Beschwerden eingehen; ich könnte hunderte von Beschwerden vorbringen, die uns von den arbeitslosen Arbeitern draußen zugehen, die sich bedrückt fühlen, weil man ihnen wenig oder gar kein Entgegenkommen zeigt. So wird uns z. B. aus den politischen Bezirk Sternberg gemeldet: Wenn ein Arbeiter 70 Kronen in der Woche verdient und noch so viele Familienangehörige vorhanden sind, die arbeitstätig waren, aber arbeitslos geworden sind, so erhält niemand eine Unterstützung; die politische Beh örde steht auf dem Standpunkt, daß selbst wenn 10 Familienmitglieder in Betracht kommen, 70 Kronen für die Woche ausreichen, um den Lebensunterhalt dieser Arbeiterfamilie zu sichern. Ein kleines Häuschen genügt, obwohl ausdrücklich in der Durchführungsverordnung das Gegenteil festgelegt ist, um den Arbeiter die Unterstützung zu entziehen. Aus dem politischen Bezirk Braunau wird uns folgender Fall gemeldet: Die Arbeiterin Marta Ansorge aus Ruppersdorf mußte wegen der Krankheit ihres Kindes zu Hause bleiben, sie wurde in den Betrieb nicht mehr eingestellt; ihr Mann arbeitet zwei bis drei Tage in der Woche, die andere Woche feiert er, also ein Kurzarbeiter im schlimmsten Sinn des Wortes; die Frau hat um Unterstützung angesucht. Statt dieser Frau zumindest die volle Unterstützung zu geben, hat man ihr 2 Kè täglich bewilligt, obwohl noch zwei kleine Kinder in der Familie zu versorgen sind.

Reichelt Emil war 5 Vierteljahre an Knochentuberkulose erkrankt und wurde während der Dauer seiner Krankheit entlassen. Nach seiner Genesung suchte er um Arbeit an, konnte aber keine finden. Der Arzt sagte ihm: Sie müssen kräftig essen, wenn Sie wieder voll arbeitsfähig sein wollen. Als er um Unterstützung ansuchte, hat man ihm zwei Kronen täglich an Unterstützung zuerkannt.

In Politz und Weckelsdorf hat bis jetzt eine Auszahlungsstelle für Arbeitslose bestanden. Wer den politischen Bezirk Braunau und die Entfernungen dort kennt, wird wissen, was das heißt, wenn man die Unterstützungsstellen aus den Bezirksstädten zum Hauptsteueramt verlegt, wird wissen, daß das gleichbedeutend ist mit dem Entzug der Arbeitslosenunterstützung, denn der Arbeiter braucht 2 1/2 Stunden Bahnfahrt, um nach Braunau zu kommen, und er müßte den ganzen Lohn verfahren, um überhaupt die Unterstützung beheben zu können.

Aus dem politischen Bezirk Hohenelbe wird weiters gemeldet: In Huttendorf wohnt die Arbeiterin Ludmilla Adolf mit ihrer alten Mutter in Miete. Die Mutter bezieht nach ihrem verstorbenen Ehegatten, welcher Gemeindetotengräber war, eine monatliche Pension von 70 Kè. Die Mutter ist arbeitsunfähig, die Tochter großjährig. Sie ist die einzige Stütze der Mutter. Die Tochter wurde mit der Unterstützung abgewiesen, da die Mutter ein Einkommen von 70 Kè monatlich hat.

Der Vertreter der Bezirkshauptmannschaft in Hohenelbe hat einem unserer Vertrauensmänner erklärt, daß es der politischen Behörde freisteht, die Höhe der Unterstützung zu bestimmen, und es ist auch tatsächlich in Hohenelbe so, daß in Fällen, wo 10 Kronen gezahlt werden sollen, die politische Behörde nur 8 Kronen zahlt, weil sie glaubt, die Auszahlung und die Höhe der Unterstützung nach ihrem Ermessen vornehmen zu können. Aus dem politischen Bezirk Trautenau wird uns ebenfalls mitgeteilt, daß man dort das Arbeitslosen- Unterstützungsgesetz in einer Weise handhabt, daß tatsächlich bald überhaupt kein Arbeiter mehr eine Arbeitslosenunterstützung bekommen kann. Aus dem politischen Bezirk Asch wird uns geschrieben: Im Ascher Bezirk bekommen Frauen, auch wenn sie beschäftigt waren und arbeitslos werden, unbekümmert um die Höhe des Verdienstes ihres Mannes keine Unterstützung, im Höchstfalle 2 Kronen täglich.

Es werden uns einige krasse Fälle aus Asch berichtet. Eine 73 jährige erwerbsunfähige Mutter lebt mit ihrem 47jährigen ledigen Sohn und der 25jährigen ledigen Tochter im gemeinsamen Haushalte. Die Tochter geht auf Arbeit und bekommt 60 Kronen wöchentlich. Der Sohn bekommt nicht die 10 Kronen, sondern nur 5 Kronen täglich ausgezahlt. Ein anderer Fall: Zwei ältere Geschwister leben in gemeinsamem Haushalte: die jüngere verdient 50 Kronen wöchentlich, die ältere ist arbeitslos und hat ein Kind, - der Vater ist beim Militär. Sie erhält nicht 10 Kronen, sondern nur 5 Kronen und für das Kind bekommt sie keine Unterstützung. Frieda Schorf aus Asch, eine Waise, war in Bayern beschäftigt und nachdem sie dort arbeitslos wurde und keine Angehörigen in Bayern hat, mußte sie nach Asch zu ihrer verheirateten Schwester übersiedeln. Ihr Ansuchen um Zuerkennung der Unterstützung wurde mit dem Bescheide abgelehnt, daß ihr Schwager, welcher Arbeit hat - er ist Kutscher, hat weder Besitz noch Vermögen und selbst eine Familie zu ernähren - auch diese Arbeitslose miternähren kann. Berta Peter in Asch ist Kriegerswitwe, sie hat ein Kind und ist arbeitslos. Ihren Schwiegereltern, bei denen sie wohnt, muß sie die Miete bezahlen. Sie hat weder Besitz, noch Vermögen. Ihr Schwieg vater ist Hausmeister gegen einen Wochenlohn von 140 Kè. Diese Kriegerswitwe wurde mit ihrem Anspruch mit der Begründung abgewiesen, daß durch den Verdienst ihres Schwiegervaters, der selbst für eine Familie zu sorgen hat, ihr Lebensunterhalt nicht gefährdet ist.

In Graslitz wurden 200 bis 300 arbeitslose junge Leute aus der Arbeitslosenunterstützung ausgeschieden, mit der Begründung, daß in der Textilindustrie Beschäftigung sein soll. Sie gingen von Betrieb zu Betrieb, fanden aber keine Arbeit und es hat sich herausgestellt, daß das dortige Arbeitslosenamt über Betreiben der Textilindustriellen aus Graslitz den Entzug der Unterstützung vorgenommen hat, um den Lohnabbau durchzuführen und um Lohndrückereien zu betreiben.

Aus dem Bezirk Eger wird uns Folgendes mitgeteilt: Bei der politischen Bezirksverwaltung Eger hat eine große Anzahl von Arbeitern um Unterstützung angesucht. Sie waren bei der Firma Fuchs, Heinl und Mann in Schönbach durch ein halbes Jahr als Textilarbeiter beschäftigt. Sie wurden abgewiesen mit der Begründung, daß sie kein regelmäßige krankenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben. Weiters wird uns mitgeteilt, daß der 25jährige Arbeiter Johann Rustler, wohnhaft in Seichersreuth, mit seinem Ansuchen um Arbeitslosenunterstützung abgewiesen wurde, mit der Begründung, daß sein Vater landwirtschaftlicher Arbeiter ist und er ebenfalls in der Landwirtschaft Beschäftigung finden kann. Seit seinem 14. Lebensjahr ist der Genannte Textilarbeiter, hat noch niemals eine andere Arbeit verrichtet und hat vorübergehend seinen Arbeitsplatz in der Textilindustrie verloren. Weiters wird uns aus dem Neudecker Bezirk gemeldet, daß bei der Einstellung von Arbeitern in die Betriebe auf die Arbeitslosen keinerlei Rücksicht genommen wird, daß alle möglichen Leute eingestellt werden, die auch imstande wären, ohne die Fabriksarbeit leben zu können.

Ein erschreckendes Elendbild wird uns aus dem Erzgebirge gemeldet, wo Arbeitslose mitunter 6 bis 8 Wochen warten müssen, bevor ihnen die Unterstützug zuerkannt wird. Mitunter werden 2 bis 3 Gendarmerieerhebungen gepflogen, bevor sie in den Genuß der Unterstützung kommen. Ein besonders krasser Fall wird uns aus Bärringen gemeldet: In Bärringen besitzt ein Strickereiarbeiter ein altes baufälliges Häuschen. Sein Vater wohnt auch bei ihm. Um das Haus vor dem Einstürzen zu schützen, mußte eine Reparatur vorgenommen werden. Der Sohn, derr infolge seines geringen Verdienstes nicht imstande war, sich zu dieser Arbeit einen Maurer zu nehmen, mußte diese Arbeit selbst verrichten und sein arbeitsloser Vater hat ihm dabei geholfen. Das war ein Grund für die politische Bezirksverwaltung, für den Vater die Arbeitslosenunterstützung einzustellen, dem trotz aller Bemühungen die Unterstützung bis jetzt nicht zuerkannt wurde.

Auch die Strapazen bei der Behebung der Unterstützung sind im Erzgebirge furchtbar. Die Arbeiter müssen in den Wintermonaten, wo der Schnee mitunter bis an die Brust reicht, in zerrissenen Schuhen und zerschlissenen Kleidern wandern, um die Unterstützung zu beheben. Und es kommt auch häufig vor, daß ein solcher Arbeitsloser nur mit vieler Mühe dem Tode des Erfrierens entgeht, indem er noch rechtzeitig aufgefunden wird. So wird uns ein Fall aus der Ortschaft Kohling gemeldet, wo ein Arbeiter auf dem Heimwege im Schneesturm umgekommen ist. Nach Wochen wurde der Bedauernswerte aufgefunden und als man seine Taschen durchstöberte, fand man bis auf den letzten Heller seine abgeholte kärgliche Arbeitslosenunterstützung. Diese Darstellungen zeigen uns ein erschreckendes Elend und eine furchtbare Not und es ist notwendig, daß alles versucht werde, diesem Zustande ein Ende zu bereiten, damit die Arbeitslosen zu ihrem Rechte kommen, soweit sie unverschuldet ihre Arbeit verloren haben.

Ich könnte noch auf einige Zuschriften hinweisen, die ich von Beamten aus den Arbeitslosenämtern erhalten habe und die darauf verweisen, was im allgemeinen gemacht werden sollte, was reformiert werden sollte, wenn es besser werden soll bei der Handhabung des Gesetzes. Es besteht soviel Verwirrung, daß niemand weiß, wer eine Unterstützung zu bekommen hat und wer nicht. Ich will aber über diese Fälle nicht sprechen, sondern zum Schlusse kommen. Ich möchte nur noch darauf verweisen, daß wir hunderte von Fällen anführen könnten, die eine Schaustellung des erschütterndsten Elendes und der größten Not darstellen, daß es aber unmöglich ist, sie alle hier aufzuzählen. Was wir verlangen, ist, daß Ordnung in der Durchführung des Arbeitslosen-Gesetzes, in der Handhabung der Arbeitslosenunterstützung herrscht, und wir haben dies auch in einer Anzahl von Anträgen begründet. Wir müssen verlangen, daß das Gesetz klar und deutlich ausspricht, welche Arbeitslosen auf Arbeitslosenunterstützung Anspruch haben, sowie, daß alle unklaren Bestimmungen und Erlässe, die eine Beschneidung des Rechtes unverschuldet arbeitslos gewordener Arbeiter bewirken, aufgehoben werden. Wir verlangen in unseren Anträgen uneingeschränkten Schutz für die Arbeitslosen und eine liberale gewissenhafte Auslegung des Gesetzes. Wir verlangen weiters, daß den Gewerkschaften ein Mitbestimmungsrecht bei der Zuerkennung der Unterstützungen erteilt werde, daß nicht willkürlich von Seiten der politischen Behörden und der Gendarmerie eine Ablehnung erfolgt, sondern daß auch die Vertrauensleute der Arbeiter das Recht haben, mit zu bestimmen, mit zu untersuchen, mit zu erheben und mit zu entscheiden über die Zuerkennung der Unterstützungen. Es darf nicht vorkommen, daß die Kürzung oder Einstellung der Unterstützung schablonenhaft vorgenommen wird, sondern man muß in den um Unterstützung Ansuchenden immer Menschen sehen; man darf nicht vielleicht nur in den Akten herumsuchen, sondern muß, wie gesagt, die Menschen sehen, die die Unterstützung wünschen und sich vor Augen halten, daß der Entzug der Unterstützung die größten Gefahren, Not und Elend mit sich bringt.

Was wir also verlangen, ist in unseren Anträgen begründet und wir möchten wünschen, daß die Regierung nicht nur die Revisoren bei den politischen Behörden zu den Arbeitslosenämtern schickt; wenn sie das aber schon tut, dann sollen doch auch die Revisoren zur Untersuchung der Not und des Elends herausgeschickt werden, und es würde dann leicht möglich sein, daß wir uns über dies oder jenes verständigen könnten, wenn festgestellt wird, wie groß das Elend und die Not im allgemeinen ist.

Das Ansehen eines modernen Staatswesens erfordert es, dafür Vorsorge zu treffen und die Mittel bereit zu stellen, um alle jene zu unterstützen, die unverschuldet arbeitslos geworden sind, aber nicht, wie es bis jetzt der Fall war, daß zwei Drittel aller jener, die unverschuldet arbeitslos wurden, ausgeschaltet werden und ihnen keine Unterstützung zuerkannt wird. Das ist nicht die Aufgabe eines modernen Staatswesens, das ist nicht die Aufgabe unserer staatlichen Aemter, sondern Aufgabe unserer staatlichen Aemter und der sozialen Fürsorge muß es sein, dafür zu sorgen, daß jeder, der seinen Arbeitsplatz unverschuldet verloren hat, seinen Lebensunterhalt findet, daß jeder seine Unterstützung erhält und daß aus Staatsmitteln diese Unterstützung ihm zuerkannt wird. (Souhlas a potlesk na levici.)

2. Øeè posl. Patzela (viz str. 1288 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Seit Zusammentritt dieses Hauses müssen wir uns alljährlich mehrmals mit der Arbeitslosenfrage befassen u. zw. weniger aus sachlichen Gründen als deswegen, weil der Einfluß gewisser Finanz- und Bankkreise über das Finanzministerium auf die Staatsverwaltung niemals eine langfristige Regelung dieser Frage zuläßt, sondern immer wieder Provisorien förmlich erzwingt. Man versucht hier in diesen Kreisen eine ähnliche Behandlung dieser Frage durchzusetzen, wie mit der Bezahlung der öffentlichen Angestellten, d. h., man will dadurch, daß man die Nationalversammlung zwingt, nicht auf einmal, für eine lange Frist, diese Angelegenheiten zu erledigen, sondern sich in bestimmten Zeiträumen regelmäßig damit zu befassen, in gewissen Kreisen der Bevölkerung, die nicht die nötige Einsicht in diese Dinge haben, Mißstimmung, Abneigung erwecken, einerseits gegen die Empfänger von Gehaltsbezügen aus öffentlichen Mitteln, andererseits gegen die Arbeitslosen, die niemals genug kriegen könnten. Das ist der Einfluss des Bank- und Börsenknkapitals, wie er sich unter einer scheinbar sozialistischen Mehrheit in der Regierung dieses Staates immer mehr ausprägt und der auch die sozialistischen Regierungsparteien dieses hohen Hauses, schuldbeladen, wie sie nun einmal sich gemacht haben, zu Gefangenen, zu Sklaven macht. (Sehr richtig!) Meine Bemerkungen gelten sowohl dem Gesetzentwurf, der die Verlängerung des Arbeitslosengesetzes vorsieht, als auch dem Entwurf, der die Bereitstellung weiterer Mittel anstrebt.

Es ist charakteristisch, daß der Voranschlag für 1922 zu den Zwecken der Arbeitslosenunterstützung 75 Millionen voraussah; - ein Nachtragskredit sprach weitere 100 Millionen an, und nach dem Berichte des Ministeriums selbst, war der Bedarf rund 220 Millionen. 1923 war der gleiche Betrag von 75 Millionen angesprochen worden, im Sommer mußte ein Nachtragskredit von 218 Millionen gewährt werden; und nun verlangt die Regierung neuerlich 140 Millionen. Wir kehren uns nicht gegen das Verlangen, weil wir die Not in den Elendsbezirken der deutschen Grenzgebiete kennen und sehen. Wir wenden uns nur dagegen, daß man die Mittel nicht auf einmal bereit stellt und durch diese ewigen Vorlagen gewissermaßen den Haß der stumpfen, in diese Dinge nicht eingeweihten Kleinbürger immer wieder gegen die elendesten, die ärmsten der Arbeiter schürt, die Arbeitslosen, die gerade in der Winterszeit der bittersten Not preissgegeben sind.

Für 1924 hat der Voranschlag wieder nur 68 Millionen eingesetzt, trotzdem jedes Kind, ich glaube, der Portier im Finanzministerium und im Fürsorgeministerium, genau weiß, daß mit dem Betrag das Auslangen nicht gefunden werden kann, daß man neuerdings mit einer Vorlage kommen muß. Aber das ist ja der Zweck der Übung. Die Arbeitslosen müssen mehrmals im Jahr die Nationalversammlung beschäftigen, damit der Spießer draußen denkt: Es ist geradezu entsetzlich, was für diese Menschen, für diese Arbeitsscheuen, die nicht arbeiten wollen, gezahlt wird! Qualifizierte Arbeiter müssen auswandern, es müssen Industrien vertragen werden; die Regierung schickt höchstens irgend einen Experten hinaus; dieser glaubt, der Arbeitslosenfrage ist dadurch beizukommen, daß er wie im Gablonzer Bezirk erklärt: Dagegen gibt es ein gutes Mittel; Man verweigere doch den Leuten einfach die Pässe! (Posl. Simm: Dabei können sie krepieren!) Ganz richtig. Das Gesetz über die Arbeitslosenunterstützung selbst soll auf ein halbes Jahr verlängert werden, obwohl jeder Mensch weiß, daß sich innerhalb dieses halben Jahres die wirtschaftlichen Verhältnisse unmöglich so bessern können, daß diesem Zustand sofort ein Ende gemacht und das Gesetz über die Arbeitslosenversicherung nach dem Genter System in Kraft treten könnte. Ein anderes Argument ist oft zu hören: Die Arbeitslosenfürsorge in der Form der Arbeitslosenunterstützung ist unproduktiv. Das sagen die bürgerlichen Kreise in einem Staat, in dem jeder, so wie ich, den Staatsvoranschlag als wertvolles Handbuch zur Erkenntnis der Staatswirtschaft benützend, sehen kann, daß mehr als diese 200 Millionen, daß Milliarden für gar sehr unproduktive Zwecke hinausgeworfen werden, (Potlesk stoupencù.) das sagt man in einem Staate, in welchem ohne gründliche Untersuchung führende parlamentarische Parteien sich beschuldigen lassen müssen, daß Staatsgelder zu Hunderten von Millionen ausgegeben werden, um ganze politische Parteien zu vergiften und zu korrumpieren. Die Arbeitslosenfürsorge in der heutigen Form ist gewiß, das wissen auch wir, unproduktiv, die staatliche Arbeitslosenfürsorge in ihrer heutigen Form ist auch für uns nur ein Übergangsstadium aus den Kriegs- und Nachkriegsverhältnissen in geordnete Wirtschaftsverhältnisse, aber der Staat, der Gebiete unter historischen oder wirtschaftlichen Scheinrechtstiteln annektierte, der Staat, der uns die Arbeitsbedingungen vorschreibt, der hat auch die Pflicht dafür zu sorgen, daß die Opfer seiner Wirtschafts- und Außenpolitik nicht in den Straßengräben elend Hungers sterben und krepieren. (Souhlas stoupencù.) Die Arbeitslosenfürsorge ist nicht produktiv in dieser Form, aber zumindest prohibitiv. Wenn aber wie auch bei Verhandlung dieser Vorlage in den parlamentarischen Ausschüssen Angehörige der èechischen bürgerlichen Parteien wie z. B. der Agrarier an den paar Millionen herumnörgeln, so erinnern wir Sie daran, wie zu verschiedenen Zeiten der Geschichte Hungerkrawalle gewirkt haben, und ich frage, ob es nicht besser ist, dem Menschen, der trotz besten Willens nicht Arbeit und Brot finden kann, das zu geben, womit er wenigstens sein nacktes Dasein fristen kann oder ob man lieber Hungerkrawalle mittels des hochbezahlten èechischen Militarismus niederwerfen will. Und dabei müssen wir noch feststellen, daß die Handhabung des Gesetzes, das wie eine enorme Wohltat aussieht, für die angeblich davon begünstigten immer mehr zur harten Plage wird. Es wird in der Regel von bürgerlichen Parteien, auch solchen, nicht wahr Herr Kollege Dubický, die der Mehrheit angehören, darüber geklagt, daß das Gesetz über die Arbeitslosenunterstützung allzu liberal gehandhabt wird. Es wird auch darüber geklagt, daß es den Arbeitslosen in unseren deutschen Gegenden viel, viel besser geht als den èechischen Arbeitslosen in den reichen Agrargefilden Innerböhmens, wo allein schon die wohlgefüllten Garben der èechischen Agrarier genügender Schutz vor dem Hunger sein müßten! Aber ist es mit der Handhabung des Gesetzes wirklich so glänzend bestellt? Das geltende Gesetz gibt der Regierung die Ermächtigung, im Bedarfsfall die Arbeitslosenunterstützung über den gesetzlichen Anspruch von einem halben Jahr bis zu einem Jahr oder ein einhalb Jahren zu verlängern. Dann aber gehen die Prediger dieser Anschauung hinaus und sagen: Ein und ein halb Jahre brauchen diese Leute nichts zu machen, da sie solange die Staatsunterstützung erhalten! Wie sehen die Dinge in Wirklichkeit aus? Auf dem Papier haben wir das Gesetz und die Vollmacht, aber im Ausschuß hat uns Herr Dr. Rosenkranc, Vertreter des Ministeriums für soziale Fürsorge, erklärt, daß sich gegen die Handhabung dieser Bestimmung sofort der Widerstand des Finanzministeriums geltend machte, der sich, wenn ich so sagen darf, in einem Kompromißgeneralerlaß entlud, worin festgelegt wurde, daß die Arbeitslosen über 6 bis 9 Monate nur 75 %, über 9 Monate nur 50 % der armseligen Ziffern erhalten, die im Gesetz als sein Anspruch begründet sind, die aber durch Drehung und Beugung des Gesetzes hier verkürzt werden, eine Gesetzauslegung, von der man sagen muß, daß offenbar Loyola dabei Gevatter gesessen ist, keineswegs aber jener Liberalismus und die Demokratie, die angeblich der Verwaltung dieses Staates zugrunde liegt. Und über ein Jahr hinaus wird, und möge der Fall noch so krass sein, mögen Hungerödem oder Hungertyphus grassieren, überhaupt eine Unterstützung nicht mehr gewährt! Dann kann man leicht eine Statistik über fallende Arbeitslosenziffern bringen, kann man leicht sagen, die Ziffer der Arbeitslosen sei ständig im Abnehmen, wenn man sozusagen der Nationalversammlung Scheuklappen anhängt, damit sie nicht sieht, daß in diesen Gegenden die Industriekrise sich zwar etwas gemildert hat, daß sie aber im großen und ganzen fortdauert, und daß man den Leuten, trotzdem sie beim besten Willen Arbeit nicht finden können, Unterstützung nicht mehr auszahlt. Diese Vogelstraußpolitik wäre allerdings einer wirklich demokratischen Republik unwürdig, würdig allerdings einer Staatsverwaltung, in der der Geist der Živnostenská banka das Wirtschaftsleben bereits durchdrungen hat und erfüllt. Sollen wir an eine liberale Handhabung dieses Gesetzes glauben, wenn wir sehen, wie man mit den Saisonarbeitern umspringt, wie man höchstqualifizierte Arbeiter als Saisonarbeiter anspricht und ihnen nach 6 Wochen die Unterstützung entzieht? Und was sollen wir sagen, wenn wir gesehen haben, wie in den Augenblicken der tiefsten Depression der deutschen Mark die arbeitslosen Arbeiter, unsere Sachsen- und Preußengänger zwar aufgrund des Gesetzes ihre Unterstützung erhielten, aber zwei Drittel des Lohnes, den sie in Deutschland vordem empfingen, berechnet aufgrund der Valutarelation, wie sie also einen Betrag erhielten, der in Kè gar nicht genannt werden kann, ohne daß selbst ein Großkapitalist vor Scham darüber erröten müßte?! Im Bezirk Gablonz will man mit Ende dieses Jahres das Arbeitslosenamt auflösen. Wahrscheinlich glaubt man damit die Arbeitslosenfrage für den Gablonzer Industriebezirk für immer restlos zu erledigen und aus der Welt zu schaffen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.) Wir hören zwar von unseren Arbeitervertretern und von unseren kleinen Unternehmern, daß weit über tausend Arbeiter vollständig arbeitslos sind, die noch unter dieser amtlichen Fürsorge stehen müßten. Wir hören zwar, daß vielleicht 4.500 Arbeiter im Wege der Refundierungen die Arbeitslosenunterstützungen beziehen, daß vielleicht 6000 Menschen im ganzen arbeitslos sind. Aber der Staat hebt das Arbeitslosenamt auf und damit ist für ihn die Arbeitslosenfrage in der Glasindustrie des Gablonzer Bezirkes ein für allemal erledigt. Wir haben auch noch ein Wort zu sprechen über die Kontrolle der Arbeitslosen. In den Tagen, da offenbar im Fürsorgeministerium der sozialistische Geist, der Geist der sozialen Fürsorge, noch nicht ganz in Fesseln geschlagen war, hat man den Arbeitslosen in den entlegenen Gebirgsgegenden die Möglichkeit gegeben, sich an gewissen exponierten Stellen sowohl um Arbeitvermittlung zu bewerben, als auch die sogenannte Kontrollmeldung bei Fortdauer der Arbeitslosigkeit zu erstatten. Diese exponierten Stellen waren Gemeindeämter usw. Diese so selbstverständlichen Maßnahmen werden aufgehoben. Aus dem Isergebirge müssen die Arbeitslosen, wenn sie nicht 6 bis 7 Stunden bis Gablonz oder Friedland oder im Böhmerwald 8 bis 9 Stunden nach Schüttenhofen oder Bergreichenstein zu Fuß laufen wollen, die Bahnfahrt bezahlen, die sie den ganzen Tag unterwegs läßt, und Geld auszugeben, das mehr beträgt als die Unterstützung für die ganze Woche, die der betreffende Arbeiter mit seiner Familie erhält, statt daß man das Bürgermeisteramt beauftragt oder irgendeinen Beamten, der ohnedies eine zu billigerer Fahrt berechtigende Staatslegitimation auf der Staatseisenbahn hat, zur Prüfung der Verhältnisse hinschickt. Das sind Dinge, die wohl einer Korrektur oder Remedur außerordentlich bedürftig sind.


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