Pátek 30. listopadu 1923

Die Arbeitsvermittlung versagt. Kein Unternehmer kümmert sich um die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen. Obwohl es im Gesetz vom 12. August 1923 im § 5 heißt: "Sämtliche Dienstgeber sind verpflichtet, freigewordene Stellen dem Arbeitsvermittlungsamte zu melden". Neuaufnahmen werden nach Protektion und nicht nach der Bedürftigkeit der Arbeiter vorgenommen. Es fehlt jede Übersicht. Im zuständigen Ausschuß wurde bereits einmal über einen Gesetzentwurf zur Errichtung und Ausbau von Arbeitsvermittlungsämtern beraten. Für das Jahr 1924 sind zu diesem Zwecke 439.000 Kè präliminiert, davon sollen aber noch 150.000 Kè für Repräsentationsausgaben, für den Kongreß des internationalen Arbeitsamtes, welcher 1924 in Prag stattfinden soll, bestritten werden. Für diese Repräsentationsausgaben wird es langen, die Arbeitsvermittlungsämter werden wahrscheinlich keinen Ausbau erfahren. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.)

Wundern Sie sich, wenn unter solchen Verhältnissen tausende Menschen moralisch verkommen, wenn durch die mangelhafte Fürsorge ein Teil dem Verbrechen in die Arme getrieben wird? Wir verlangen deshalb den Ausbau der Arbeitsvermittlung, Zuerkennung der Unterstützung für alle unverschuldeterweise Arbeitslosen, auch für die Saisonarbeiter, in der Höhe der derzeit bestehenden Sätze, Zurückziehung der einschränkenden Bestimmungen der Verordnungen und Weisungen, da infolge der neuen Preissteigerungen derzeit an einen Abbau nicht gedacht werden kann. Wir verlangen weiters, daß die Frist zum Bezug der Arbeitslosenunterstützung allgemein bis 1 1/2 Jahre ausgedehnt und bei der Zuerkennung liberal vorgegangen wird. Wir haben entsprechende Anträge zur Abhilfe der Übelstände gestellt, wir haben auch Anträge gestellt, welche die Mittel zur Beseitigung der Übelstände liefern. Wenn Sie unsere Anträge annehmen, dass werden Sie an richtiger Stelle sparen, dann werden Sie Fürsorge leisten und weniger Strafhäuser, Polizei und Gendarmerie brauchen, dafür aber Tausende Menschen vor dem Untergange bewahren. (Potlesk na levici.)

3. Øeè posl. Kaufmanna (viz str. 1123 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Die Ernährungsfrage, über die ich heute im Auftrage meines Klubs hier sprechen soll, war nicht nur während der letzten Kriegsjahre, sondern ist wohl auch in der Nachkriegszeit eine ununterbrochene Quelle schwerer Sorgen der breiten arbeitenden Schichten. Es wäre wohl die wichtigste Aufgabe der früheren Regierungen dieses Staates und auch der jetzigen gewesen, all ihr Können und alle ihre Kräfte daran zu setzen, die Ernährung der breiten Massen der Bürger dieses Staates zu regeln und zu ordnen, sodaß diese schwerste der Sorgen von den Schultern der arbeitenden Schichten dieses Staates genommen worden wäre. Es war dies aber nicht der Fall. Die früheren, wie auch die jetzige Regierung scheinen andere Sorgen zu haben. Sie wenden zumindest nicht jene Energie auf, um den Ernährungsschwierigkeiten zu begegnen, die heute noch bestehen; obwohl Geschäfte, Magazine und Lager mit jenen Waren, die die konsumierende Bevölkerung braucht, gefüllt sind, leidet trotz alledem unsere Arbeiterschaft schwere Not, weil ihr Einkommen, ihr Lohn in keinem Verhältnis oder richtiger gesagt in einem schweren Mißverhältnis zu den Preisen dieser Waren steht. Es hat wohl in der ersten Nachkriegszeit den Anschein gehabt, als ob wir über die schwere Übergangsperiode von der Kriegs- zur Friedenswirtschaft leicht hinwegkommen würden. Es hat wider Erwarten eine gute Konjunktur eingesetzt. Die Arbeiter konnten die damals rapid sich steigernde Teuerung, gestützt auf ihre guten gewerkschaftlichen Organisationen, durch Lohnbewegungen, durch Erzielung von Lohnerhöhungen immer wieder, zumindest zum größten Teil, ausgleichen. Die ganze Konjunktur war aber nur von kurzer Dauer. Die wahnsinnige, rein auf das Prestige eingestelle Währungspolitik, die jede Ausfuhr jeden Warenverkehr mit dem Ausland hemmende Zollpolitik, die warenverteuerende Tarifpolitik haben dazu geführt, daß die allgemeine Weltwirtschaftskrise in diesem Staate ganz besonders verschärft wurde. In dem Auge blicke, wo nun der Produktionsstillstand eintrat, in dem Augenblick, wo die Betriebe eingeschränkt, die Arbeiter entlassen wurden, wo die Arbeiter ihre wichtigste Waffe im Betriebe, die gewerkschaftliche Organisation, stumpf werden sahen und wo sie sie nicht anwenden konnten, weil die Unternehmer lieber heute als morgen die Betriebe sperrten, konnten wir sehr bald beobachten, daß es das Bestreben der Unternehmer war, die Konkurrenzfähigkeit auf Kosten der Arbeiter durch Herabsetzung der Löhne, durch Lohnabbau zu schaffen, daß das Mißverhältnis zwischen Lohn und Warenpreis immer größer wurde und daß die Unternehmer systematisch daran gehen abzubauen, die Arbeiter zwingen, ununterbrochen Abwehrkämpfe zu führen. In die Defensive gedrängt, können wir wohl seit dem Frühjahr 1921 ununterbrochene Kämpfe der Arbeiter gegen den Lohnabbau beobachten, beginnend mit dem Metallarbeiterstreik im Frühjahr 1921 und vorläufig abschließend mit dem großen Ringen der Bergarbeiter vor wenigen Wochen.

Der Lohnabbau hat seit Mai vorigen Jahres gegen rund 30% betrogen, das Einkommen ist aber bedeutend mehr abgebaut worden, erstens weil die Unternehmer sich bei der Restringierung der Gestehungskosten hauptsächlich auf die Akkordlöhne warfen, deren Abbau zu kontrollieren für die Arbeiter schwierig ist. Noch mehr aber wird das Einkommen der Arbeiter dadurch verringert, daß die Wirtschaftskrise zur Produktionseinschränkung und zur Einle ung von Feierschichten zwingt und dadurch das wirkliche Einkommen des Arbeiters wohl durchschnittlich auf ein Drittel des vor dem Mai 1922 bestehenden verringert wurde, die Preise jedoch nur um ca 40% bis zum August dieses Jahres abgebaut wurden. Seit August sehen wir wiederum eine bedeutende Steigerung der Preise bei fast allen Waren. Der Herr Ernährungsminister hat zwar in seinem Exposé am 7. November im Ernährungsausschuß behauptet, daß die Preissteigerung nur ca. 2·5% für die Bedürfnisse der Arbeiterschaft und ca. 5% bei den Bedürfnissen der bessersituierten Menschen betrage. Wir glauben das nicht; die Preissteigerung ist eine öhere und auch die Berufung des Ernährungsministers auf die Indexziffern kann uns nicht überzeugen. Wir wissen ja, daß diese Indexziffern und auch die Richtpreise, die vom Ministerium herausgegeben werden, sehr schön sind, doch das eine Unangenehme haben, daß sie gewöhnlich mit den wirklichen Tatsachen nicht übereinstimmen. Daß dem so ist, sehen wir am besten bei der bekannten Statistik unseres Ministeriums für soziale Fürsorge, nach der es überhaupt fast keine Arbeitslosen mehr in diesem Staate gibt, während in Wirklichkeit diese Ziffern der Statistik nur dadurch erzielt werden, daß man ganz einfach Arbeitslose aus dem Unterstützungsbezug streicht. Ebenso wie bei der Arbeitslosenstatistik ist es auch bei der Ernährungsstatistik; die Indexziffern stimmen mit den wirklichen Verhältnissen nicht überein.

Die Preissteigerung geht weiter, trotzdem die Regierung bei wiederholten Anlässen und ganz besonders die Vertreter der Regierung bei gewissen Verhandlungen in der Streitfrage des Lohnabbaues erklärten, daß die Regierung alles vorkehren werde, daß der Lohnabbau wirklich dazu führt, daß auch die Preise abgebaut werden, daß also dem Lohnabbau ganz konsequent der Preisabbau folgt. Alle diese Erklärungen haben sich nicht bewahrheitet; im Gegenteil, wir haben bei dem letzten großen und gewiß entscheidungsvollen Kampf der Bergarbeiter beobachten müssen, daß wenige Tage nach Beendigung des Kampfes, wenige Tage, nachdem die Berg-arbeiter und diesmal auch die Regierung Opfer gebracht hatten, letztere, indem sie einen Teil der Kohlensteuer preisgab, die Kleinhändler ganz einfach die Kohle um Kè 2·- bis Kè 2·50 in Prag teurer verkaufen mit der Begründung, daß die Regiekosten zu hoch gewesen waren und sie nun die volle Regie in Anrechnung bringen müssen. Der Herr Ernährungsminister hat am 26. Oktober einer von mir geführten Deputation, die in Ernährungsfragen bei ihm vorsprach, erklärt, daß die Regierung und besonders das Ernährungsministerium alle Maßnahmen vorgekehrt habe und vorkehre, der steigenden Tendenz der Lebensmittelpreise Einhalt zu tun, daß bereits Enquêten mit den Interessenten, den Händlern und den Lebens- mittelproduzenten stattgefunden haben und daß die Regierung scharfe und unerbittliche Strafen verhängen werde über diejenigen, die sich den Verfügungen des Ministeriums und der Regierung nicht fügen. Bei den Lebensmittelerzeugern hätte wohl der Kohlenpreisabbau sehr bald wirken müssen, wir sehen aber, daß die Preise nicht herabgegangen sind, im Gegenteil, die Preise steigen weiter. Bei den Textilien hat der Minister selbst erklärt, daß ein Abbau der Preise wohl beim Engroshändler zu verzeichnen sei, daß für gewisse Textilien, welche pro Meter Kè 7·- ab Fabrik bezahlt werden, aber beim Detailisten, wo der Konsument einkauft, Kè 24·- bezahlt werden müssen; und warum dies? Ob der private Gewinn die Ursache ist, das hat der Minister nicht feststellen und uns nicht sagen können. Für die Differenz von Kè 17·- zwischen Engrospreis ab Fabrik und dem Detailpreis muß es wohl eine Erklärung geben und die war der Herr Minister zu geben nicht imstande. Der Minister erklärte weiter im Ernährungsausschuß, daß die Weltmarktpreise für Getreide stabil sind: wir können aber konstatieren, daß diese stabilen Preise nicht eingehalten werden, daß an der Prager Börse Gerste in großen Mengen an das Ausland verkauft wird und dieses Geschäft so gut geht, daß der Gerstenpreis binnen 8 Tagen um 45%gestiegen ist. Auch der Herr Handelsminister erklärte damals der von mir geführten Deputation, daß auch das Handelsministerium Enquêten einberufen habe, um den Preisabbau zu fördern; vor allem gelte es, den Abbau der Kohlenpreise, der nach Beendigung des Bergarbeiterstreikes automatisch eintreten mußte, dahin auszunützen, daß er sich schon vom Urproduzenten angefangen in einem Abbau der Warenpreise auswirkte. Auch das ist bis heute nicht eingetreten, obwohl schon Wochen darüber vergangen sind. Die strengen Strafmaßnahmen der Regierung gegen jede weitere künstliche Steigerung der Preise, gegen die wucherischen Bestrebungen des Zwischenhandels, scheinen nicht durchgeführt worden zu sein, oder wenn das der Fall ist, müssen wir annehmen, daß die Verteuerer der Drohungen der Regierung, insbesondere der Maßnahmen der Herren Minister lachen. Auch der Referent des Ernährungsausschusses hat konstatiert, daß die wichtigste Aufgabe des Ernährungsministers, die Leitung der Verbilligungsaktion sei und hat weiter erklärt, daß das Ministerium im Voranschlag einen Betrag von 4 Millionen vorgesehen habe, um diese Verbilligungsaktion auch praktisch durchzuführen. Wir haben keine Ahnung, wie der Minister diese 4 Millionen verwenden will, und es wäre sehr interessant gewesen, wenn er sich dazu geäußert hätte, was er mit den 4 Millionen aufangen und wie er bei der Durchführung des Preisabbaues diese 4 Millionen zu verwenden gedenkt. Das Ernährungsministerium hat auch im Vorjahr eine großzügige Verbilligungsaktion eingeleitet; besonders für die Kinder der Arbeitslosen sollte vorgesorgt werden, und es wurden dafür 15 Millionen zur Verfügung gestellt. Wie sie verwendet wurden, was damit geschehen ist, darüber wäre wohl eine Aufklärung erwünscht und es wäre interessant zu hören, wie diese Mittel von dem Ministerium in Anwendung gebracht wurden;einen praktischen Erfolg haben wir wohl kaum bemerkt.

Der Ernährungsausschuß hat im Juni 1922 ein sehr umfangreiches Preisabbauprogramm aufgestellt. Bis heute ist nichts durchgeführt. In der ganzen Tätigkeit bei der Durchführung dieser Aktion ist wohl ein System und ein ernsthafter Wille seitens des Ministeriums nicht zu beobachten. Die Zuckerbarone spotten jeder Verfügung des Ministeriums, sie kümmern sich um all das nicht, was das Ministerium wünscht oder was es vorschreibt. Im Gegenteil, Sie können sehen, daß der Minister so wie im alten Österreich gegen diese Kategorie von Lebensmittelwucherern machtlos ist. Im Frühjahre wurde ein Aufschlag von K 30·- pro 100 Kilogramm, mit 1. November 10·- Kronen, mit 1. Dezember wieder K 10·- neben sonstigen kleinen Bonifikationen für die Zuckerbarone gewährt. Zusammen gerechnet ergaben sie eine Verteuerung des Zuckers um zirka K 40·- pro 100 Kilogramm, also nicht eine Verbilligung dieses wichtigen Nahrungsmittels, sondern eine ganz respektable Verteuerung. Wir können wohl konstatieren, daß gerade beim Zucker mit Rücksicht auf die größere Rübenanbaufläche und die daraus sich ergebende Vermehrung des Rohproduktes für diesen Artikel wohl eine Verbilligungsaktion hätte Erfolg haben müssen.

Auch an den Baumwollpreisen dürfen wir nicht achtlos vorübergehen. Wohl erklärte auch der Minister, daß man bei der Importware nur einen geringen oder fast gar keinen Einfluß auf die Preisgestaltung habe. Wir sind aber der Meinung, daß durch entsprechende Regelung der Ein- und Ausfuhr wohl ein gewisser Einfluß ausgeübt werden könnte und daß unser Ministerium durch internationale Vereinbarung von Regierung zu Regierung, von Staat zu Staat, auch bei diesem Artikel bis zu einem gewissen Teil den Wucher, bezw. den Zwischenhandel größtenteils unterdrücken und ausschalten könnte. Gerade bei der Baumwolle haben wir ein ganz besonderes Interesse, die Preisbildung zu beinflussen, darauf einzuwirken, daß die Preise niedriger gestellt werden. Die Baumwolle ist ein Hauptprodukt für eine große Industrie des Staates, und ich glaube, daß mindestens 150.000 Arbeiter im deutschen Sprachgebiete allein in dieser Industrie beschäftigt sind.

150.000 Arbeiter deutscher Zunge sind also allein schon an der Frage interessiert, daß der Preis des Rohproduktes so erstellt wird, daß die Industrie arbeiten und Waren ins Ausland exportieren kann. Gerade aus diesem Grunde müßte die Regierung alles daran setzen, auf die Preisgestaltung im Sinne einer Herabsetzung Einfluß zu nehmen.

Salz ist, seitdem es Monopolartikel ist, teurer, nicht billiger geworden. In seinem Exposé hat der Herr Minister weiter erklärt, er habe keinen Einfluß auf die Importware. Ich glaube, wenn der gute Wille und die Bestrebungen unserer Regierung vorhanden wären, mit dem Ausland in freundschaftliche Handelsbeziehungen zu kommen - was wir schon Jahre 1920 bei unserem Einzug in dieses Haus gefordert haben, was vorher bei Enqueten, die, seitens der Gewerkschaftsorganisation veranlaßt, im Arbeitsministerium, Handelsministerium, Ernährungs- und Finanzministerium stattfanden, beraten besprochen und vorgeschlagen wurde - so hätte das wohl ganz bestimmt das freundschaftliche Verhältnis herbeigeführt, das entsprechende, uns günstige Handelsverträge zur Folge gehabt hätte. Fleisch übersteigt derzeit die Weltparität, sagte der Herr Minister, wir haben zu wenig Eigenproduktion, wir können infolgedessen keine ünstige Preisgestaltung herbeiführen. Nun müssen wir dann den Herrn Minister fragen, ob es ihm bekannt ist, daß ungeheuere Mengen von Vieh und Fleisch über die Grenze gehen. Bei Kartoffeln ist ebenfalls eine bedeutende Erhöhung des Preises zu verzeichnen; der Herr Minister begründete die Preissteigerung mit der zugeringen Ernte und vergißt wohl dafür zu sorgen... (Posl. Dietl: Gestattet aber die Ausfuhr!) Ja, er gestattet die Ausfuhr und gibt außerdem ein großes Kontingent für die Spirituserzeugung frei ohne vorher die Ernährung durch ein entsprechendes Quantum von Speisekartoffeln sicherzustellen. Ich brauche wohl über die Begünstigung der Spiritusgenossenschaften nicht zu sprechen. Der Skandal erfüllt in den letzten Tagen ununterbrochen alle Zeitungen und wir können wohl konstatieren, daß die Regierung in ganz eigentümlicher Weise dazu Stellung nimmt, bzw. nicht Stellung nimmt; es hat fast den Anschein, als ob die Regierung bei dieser ganzen Affäre ziemlich stark engagiert wäre.

Aber es ist notwendig, einige Ziffern anzuführen. Ich will hier feststellen, was dem Spirituskartell vom Staate aus Steuergeldern geschenkt wurde: Im Jahre 1918 war der Spirituspreis mit 200 Kronen festgesetzt, der Staat zahlte dafür 350 Kronen oder in Summa ca. 18 Millionen in einem Jahre. Im Jahre 1921 war der Preis 400, der Staat zahlte dafür 1100 Kronen, obwohl die staatliche Revision festgestellt hat, daß 840 Kronen bereits ein genügend hoher Preis sei. Im Jahre 1921 hat der Staat dem Spirituskartell 11,800.000, im Jahre 1922 10 Millionen und im Jahre 1923 12 Millionen, zusammen 33 Millionen geschenkt. Ob das mit dem Worte "Unterstützung" richtig bezeichnet ist oder ob das Wort "Korruption" richtiger ist, überlasse ich dem Hohen Hause zu beurteilen.

Ebenso ist es mit den anderen wichtigen Produkten, wie Weizen - und Roggenmehl, Kartoffel u. s. w. Es wäre interessant, auf die Details einzugehen und ziffernmäßig nachzuweisen, wie die Preise seit 2 Monaten ununterbrochen anziehen und wie wenig das Argument des Herrn Ministers, daß ein Preisabbau in den letzten zwei Jahren erfolgreich durchgeführt wurde, richtig ist. Die Preise sind in die Höhe gegangen. Auch hier könnte man ein ganzes Kapitel über die gemachten Beobachtungen zusammenstellen.

Alles, was ich andeutungsweise angeführt habe, die Preissteigerung aller dieser wichtigsten Nahrungsmittel, faßt der Minister unter dem Titel "Preisabbau" zusammen. Wir sind hier anderer Meinung, wir müssen vom Herrn Minister wohl fordern, daß er alles, was er in der letzten Zeit in allen möglichen Korporationen, vor allen Vertretern der Arbeiter immer wieder erklärt hat, endlich in die Tat umsetze, wir fordern von dieser Stelle die Öffnung der Grenzen, die Erleichterung der Einfuhr aller Lebensmittel, deren wir bedürfen, die zu einem günstigen Preis erstellt werden müssen, die Herabsetzung der Zölle, der Eisenbahntarife, die Überwachung der Preisbildung vom Urprodukte bis zur Fertigware, Ausfuhrverbot für Getreide, bis der Preis und der Bedarf festgestellt ist, schärfste Bekämpfung des Wuchers und der Spekulation und endlich Schaffung von Konsumentenkammer. Nur wenn die Regierung diese Forderungen erfüllt, die bloß ein Bruchteil dessen sind, was die Bevölkerung und die Konsumenten dieses Staates fordern müssen, um entsprechend erträgliche Ernährungsverhältnisse herbeizuführen, wird der Herr Minister seine Aufgabe erfüllt haben. Wir zweifeln vorläufig daran, wir sind nicht mit Vertrauen zur Regierung bei Behandlung dieser Frage erfüllt und werden aus diesem Grunde gegen den Voranschlag stimmen. (Souhlas na levici.)

4. Øeè posl. dr. Holitschera (viz str. 1129 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Es erscheint mir als ziemlich charakteristisch und bezeichnend, daß in dieser langen, langen Budgetdebatte, die sich nun durch 14 Tage hinspinnt und in der über alles mögliche gesprochen wurde, der Arzt ganz zum Schluß zu Worte kommt, bezeichnend für die Rolle und Stellung, die das Gesundheitswesen in diesem Staate immer noch einnimmt, bezeichnend für das geringe Interesse, das dem Gesundheitswesen entgegengebracht wird. In der Theorie gibt es ja jederman zu, daß die Gesundheit des Volkes die Grundlage des Staates ist und daß alles getan werden muß, um für die Gesundheit des Volkes zu sorgen. In der Praxis aber ist es ganz anders. Von den Auslagen, die der Staatsvoranschlag für das nächste Jahr ausweist, sind für die Erhaltung der Gesundheit und die Bekämpfung der Krankheiten ungefähr 3-4 Prozent bestimmt. Ein Dreißigstel aller Auslagen des Staates gehört dazu, um diese unzweifelhaft wichtigste Aufgabe des Staates zu erfüllen. Es ist begreiflich, daß unter diesen Umständen das Ministerium nicht viel leisten kann. Und nun wird von diesen geringen Ausgaben noch beinahe der vierte Teil gestrichen; um 23 % sollen die Ausgaben des Staates für das Gesundheitsministerium im Jahre 1924 geringer sein, trotzdem die Aufgaben, die diesem Ministerium gestellt werden, nicht kleiner geworden sind, je im Gegenteil von Jahr zu Jahr wachsen. Was sollen wir dazu sagen, wenn selbst die Auslagen des Gesundheitsministeriums für Karpathorußland um 22·2% geringer werden sollen, wo wir doch wissen, daß die gesundheitlichen Verhältnisse in Karpathorußland unendlich traurige und elende sind, daß das ganze Jahr dort Flecktyphus, Ruhr und alle möglichen ansteckenden Krankheiten herrschen. Obzwar man uns gesagt hat, daß die Èechoslovakei in Karpathorußland als Kulturtragerin auftreten und nachholen will, was Magyarien in diesem Lande versäumt hat, trotzdem will man ein Viertel dieser ohnehin so gering bemessenen Mittel für das Gesundheitsministerium in Karpathorußland streichen.

Aber es gibt einzelne Kapitel, in denen noch mehr gespart werden soll. Um 36 % werden die Auslagen für die Jugendfürsorge des Ministeriums herabgemindert und um eben so viel die Ausgaben des Ministeriums für soziale Fürsorge für denselben Zweck. Die wichtigste Aufgabe ist nicht, Krankheiten zu bekämpfen, die wichtigste Aufgabe ist die Gesundheit zu erhalten, und die Jugendfürsorge, wie sie das Ministerium betreiben soll, besteht darin, die Jugend zu kräftigen, ihre Muskeln zu stärken, sie widerstandsfähig zu machen für den schweren Kampf ums Dasein, den die Jugend und besonders die proletarische Jugend auszuhalten haben wird. Wir wissen, welchen schweren Kampf wir zu führen haben, um die elenden paar 100 Kronen zur Unterstützung unserer Turn- und Sportvereine zu erhalten, wir wissen, wie wir jeden Heller gewaltsam herausziehen müssen. Wir wissen auch, daß nicht die Referenten des Gesundheitsministeriums die Schuld daran tragen, sondern das Finanzministerium, das ihnen diese Bezüge drosselt und wir sehen voraus, daß der Kampf, den wir um diese Unterstützungen zu führen haben werden, in Zukunft doppelt und dreifach so hart sein wird. Das Gesundheitsministerium kann wenig leisten, weil es so wenig Mittel zur Verfügung hat, wir müssen aber feststellen, daß auch abgesehen von der ungenügenden Dotation das Gesundheitsministerium versagt hat.

Ich spreche als Arzt. Wir Ärzte hatten eine große Freude, als wir erfuhren, daß in der neuen Republik ein Gesundheitsministerium eingerichtet werden soll, nach dem wir uns im alten Österreich solange und vergeblich gesehnt haben. Nun haben wir ein Gesundheitsministerium und es leistet so gut wie nichts. Fünf Jahre besteht jetzt der Staat, fünf Jahre besteht das Gesundheitsministerium, und wenn wir uns die legislative Tätigkeit ansehen, die das Ministerium in diesen fünf Jahren entwickelt hat, sind wir damit außerordentlich schnell fertig - (Výkøik: Vielleicht kommen wir noch zum Gesundbeten.) vielleicht kommen wir noch dazu - so schnell, daß ich in der kurzen Spanne Zeit, die mir zur Verfügung steht, alle diese Vorlagen aufzählen kann. Wir haben hier ein Gesetz vom 15. Juli 1919, beinhaltend die Berechtigung zur Ausübung der ärztlichen Praxis. Daß die Volksgesundheit oder auch die Entwicklung des Ärztestandes durch dieses Gesetz gefördert worden ist, kann kein Mensch behaupten. Dieses Gesetz wurde damals gemacht, um den deutschen Ärzten in dieser Republik die Ausübung der Praxis zu erschweren, sie womöglich aus dem Staate hinauszudrängen. Mit diesem Gesetz brauchen wir uns, wenigstens wenn wir die positiven Taten des Gesundheitsministeriums registrieren wollen, nicht zu befassen. Dann bekamen wir am 9. April 1920, also beinahe ein Jahr später, die vorläufige Regelung der Rechtsverhältnisse der Heil- und Humanitätsanstalten. Eine Regelung dieser Rechtsverhältnisse war außerordentlich notwendig, aber sie ist trotz dieses Gesetzes nicht weniger notwendig geworden; man hat ihm ja auch bescheiden den Titel "Vorläufige Regelung " gegeben. Und schon daraus ersehen Sie, daß das, was man da gemacht hat, nichts bleibendes sein kann, sondern daß man irgend ein Provisorium geschaffen hat, womöglich ein gutes, altes österreichisches Provisorium, von dem wir wissen, daß es niemals mehr ein Ende nimmt. In diesem chaotischen Zustande der Krankenhäuser und Humanitätsanstalten befinden wir uns heute noch. Dann kam die große Tat, das Gesetz vom 15. April 1920, ergänzt durch das Gesetz vom 13. Juli 1922 und vollständig verpfuscht durch das Gesetz vom 21. Dezember 1922, die Verstaatlichung der Sanitätspolizei, die Verstaatlichung der Distriktsärzte. Sie erinnern sich, meine Damen und Herren, der 15. April 1920 war der letzte Tag der Revolutionsnationalversammlung; in wenigen Tagen wurden damals Dutzende von Gesetzen durchgepeitscht, alle jene Gesetze, von denen man annahm, daß sie in der gewählten Nationalversammlung nicht mehr angenommen werden würden, und dazu gehört auch diese Verstaatlichung der Distriktsärzte, welche ursprünglich nur den Zweck hatte, den Wirkungskreis des Staates möglichst weit zu erstrecken, den autonomen Behörden, Bezirken und Städten jeden Einfluß auf die Anstellung der Distriktsärzte zu nehmen. Das hat man durchgeführt: in einer Reihe von Paragraphen, die sehr schön sind, wollte man für die Volksgesundheitsorgen, was man aber natürlich bis heute nicht durchgeführt hat. Man hat die Ärzte schließlich verstaatlicht, bei dieser Verstaatlichung jedoch das Verbrechen begangen, für die Volksgesundheit nichts zu leisten, die Ärzte zu Vertragsbeamten zu machen, ihnen fast nichts zu bezahlen, aber einen großen Haufen von Pflichten aufzuhalsen, von denen man im vorhinein weiß, daß sie nicht erfüllt werden. Wir protestieren gegen das Attentat auf die Volksgesundheit, wir protestieren dagegen, daß heute noch die Verhältnisse so gelassen werden, wie sie waren, wir protestieren, daß dieses Gesetz auf so unvollständige und schlechte Weise durchgeführt wurde. Die Ärzte sind unzufrieden mit dem Gesetz. Sie müssen unzufrieden sein mit den unzureichenden Bezügen, die sie bekommen, und weil man sie schlecht bezahlt, werden sie auch schlechte Arbeit leisten. Die Ärzte sind Menschen wie alle anderen. Wenig Geld, wenig Arbeit, so ist es einmal auf der ganzen Welt und hier in diesem Hause ist niemand, der es anders macht. Die Ärzte, èechische sowohl wie deutsche, haben sich mit der Bitte um Hilfe an mich gewandt, weil in diesem Hause leider kein èechischer Arzt ist, der sich ihrer annimmt, weil sie wissen - ich muß es wohl sagen - daß ich im Hause der einzige Arzt bin, der sich der Interessen seiner Berufsgenossen annimmt, bisher vergebens, nicht durch den bösen Willen des Gesundheitsministeriums, wie wir zugeben müssen, sondern nur deshalb, weil man die Mittel zur Durchführung dieses Gesetzes auf so unerhörte Weise gedrosselt hat, daß von einer wirklichen Verbesserung der Volksgesundheit durch dieses Gesetz nicht im mindesten die Rede sein kann.

Dann, meine verehrten Damen und Herren, kam das Gesetz vom 11. Juli 1922 zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. Wenn ich von dem Gesetze, das meinen eigenen Namen trägt, absehe, dem Alkoholverbot für Jugendliche, das man diesem Ministerium auch nur abgepreßt hat - anstandshalber konnte man nicht anders als zustimmen, ist es eigentlich das einzige wirklich eine Volkskrankheit bekämpfende Gesetz, das wir haben. Aber wie hat man es gemacht? Man hat ein Gesetz gemacht, das von Fachmännern ausgearbeitet wurde und hat dieses Gesetz vom 11. Juli 1922 hinausgegeben. Sie erinnern sich noch alle - ich darf wohl sagen des Skandals, der sich it der Durchführungsverordnung abgespielt hat, daß es mehr als fünf Viertel Jahre gedauert hat, bis die Durchführungsverordnung zu diesem Gesetze herausgekommen ist. Was war die Wirkung? Die Folge davon war, daß draußen niemand gewußt hat, was er machen soll. Die Ärzte nicht und die Behörden nicht, die Polizei ist doch immer so dumm, wie möglich, sie hat das dümmste Gegenteil verkehrt worden. Man hat aus den Bordellen, die unter Überwachung standen, Bars mit Damenbedienung gemacht, diese Bars sind nichts anderes als Bordelle. Die Bordelle sind also geblieben, nur daß sie nicht mehr unter Überwachung stehen. Anstatt eines Gesetzes zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten ist daraus ein Gesetz zur Förderung der Geschlechtskrankheiten geworden, nicht weil das Gesetz schlecht ist, sondern weil Sie in diesem Staate aus den besten Gesetzen schließlich die schlechtesten zu machen verstehen, worin man es hier besonders weit gebracht hat.

Nebenbei will ich das Gesetz vom 21. Dezember 1921 über die 8%igen Gesundheitszuschläge zu den Steuern erwähnen. Das hat mit Volksgesundheit nichts zu tun, es ist eigentlich ein Gesetz, das das Finanzministerium angeht. Es mußte gewisse Mittel zur Verfügung stellen, um unsere Heilanstalten nicht vollständig zugrunde gehen zu lassen und da hat es eben die 8%igen Zuschläge eingeführt.

Ich bin schon so ziemlich fertig mit der Aufzählung der Leistungen des Gesundheitsministeriums. Man hat noch ein paar Beiräte geschaffen, Beiräte zur Bekämpfung der Tuberkulose, der Geschlechtskrankheiten, des Alkoholismus, zur Förderung der körperlichen Erziehung. Über die Wirkung der Beiräte ist mir nicht viel bekannt. Ich will nur sagen, daß der Beirat zur Bekämpfungg des Alkoholismus, der für mich besonderes Interesse hat, durch eine Regierungsverordnung bestellt, aber niemals in die Tat umgesetzt wurde. Es gibt keinen solchen Beirat; ich habe wiederholt urgiert, daß er einberufen wird, daß wenigstens seine Mitglieder ernannt werden; bis heute ist aber nichts geschehen und das scheint mir auch wieder charakteristisch zu sein, wie in diesem Staate mit solchen wichtigen, für die Volksgesundheit ausschlaggebenden Dingen umgesprungen wird.

Aber eine ganze große Reihe von anderen Gesetzen, die notwendig gewesen wären, erwarten wir bis heute vergeblich. Ich weise hin auf die Ordnung unseres Hebammenwesens. Das ist ein Kapitel, das zum Himmel schreit. In dem Gesetz vom 15. April 1920, das ich schon erwähnt habe, betreffend die Ordnung des Sanitätswesens in diesem Staate heißt es im § 2, daß der Staat die erforderlichen Ärzte und das notwendige Sanitätspersonal beizustellen hat; und zu diesem Sanitätspersonal gehören auch die Geburtshelferinnen. Man hat natürlich bei solchen Gesetzen im letzten Paragraph immer gesagt, daß dieses Gesetz in Kraft tritt, wenn durch ein neues Gesetz die Mittel zur Verfügung gestellt werden. Bis heute ist dies nicht geschehen, die Geburtshelferinnenfrage ist ungelöst. Jeder Mensch weiß, daß die Ausbildung unseres Hebammenwesens ungenügend ist und daß sie reformiert werden sollte. Man berät seit Jahren ein neues Gesetz. Ein Entwurf war schon fertig, aber zunächst konnten sich die Herren im Sanitätsministerium darüber nicht einigen, und als sie sich endlich geeinigt hat en, konnte sich wieder die Pìtka nicht einigen. Dann ist das Gesetz zurückgestellt worden und liegt heute noch unerledigt. Aber nicht allein, daß das Gesetz nicht in Kraft gesetzt wird, hat man auch die Hebammenkurse einfach eingehen lassen. Seit Jahren ist in der Èechoslovakei kein Hebammenkurs gelesen worden, weder ein èechischer noch ein deutscher. Heute schon herrscht Not an Hebammen und Geburtshelferinnen. Es gibt Städte, in denen die Leute nicht mehr wissen, wo sie sich hinwenden sollen und am flachen Lande ist es noch schlechter. Wir haben das schon unzähligemale im Gesundheitsministerium vorgebracht, man hat uns immer vertrö stet: "Es wird schon werden." Jetzt heißt es wieder, daß nächstes Jahr wieder Kurse gelesen werden sollen. Das Gesetz könne man nicht durchführen, es würde zuviele Millionen kosten, man werde sich wieder mit Kursen begnügen müssen. Daß diese Kurse auch wirklich gelesen werden, glaube ich noch nicht, ich mache die kompetenten Faktoren dafür verantwortlich, wenn den armen Frauen am Lande, die ihre schwere Stunde durchzumachen haben, die Unterstützung versagt wird, ich mache Sie dafür verantwortlich, wenn Unglücksfälle vorkommen, die vorkommen müssen, wenn nicht sachverständige Hilfe bei der Hand ist.


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