Ètvrtek 22. listopadu 1923

Das bedeutendste Parlamentsrecht, die Votierung des Staatsvoranschlages, darf niemals seiner Bedeutung entkleidet werden. Das muß den Protest aller jener hervorrufen, die unbedingte Anhänger des Gedankens des parlamentarischen Systems sind, und am allerwenigsten darf diese Entwürdigung des Parlamentarismus von jenen besorgt werden, die gerade ihm ihre Stellung und Macht verdanken. Es ist deshalb unter solchen Umständen nicht verwunderlich, daß selbst die sachkundigste Kritik des Staatsvoranschlages immer nebensächlicher und unbeachteter wird und die Aussprache, wenn sie überhaupt für den Gang der Geschehnisse Wert behält, nur zur allgemeinen politischen Debatte wird. Der Herr Berichterstatter wird sich in seinem Schlußworte auch, keine zu große Mühe nehmen, all die vielen Zahlen zu erklären und das ganze Labyrinth des Voranschlages zu entwirren. Trotzdem möchte ich hervorheben, daß die heurige Berichterstattung zum Voranschlage einen Fortschritt bedeutet. Denn es werden schon die Schäden der Volkswirtschaft, allerdings sehr vorsichtig, angedeutet, die durch die ordentliche Staatswirtschaft beseitigt werden sollen, und der Voranschlag selbst wird auch vom Herrn Berichterstatter schon etwas weniger rosig beurteilt. Trotzdem bleiben die großen Fragezeichen für uns auf der Ausgaben-, wie der Einnahmenseite des Staatsvoranschlages.

Da ist vor allem die große Frage: Was wird das finanzielle Los der Staatsangestellten sein, da sich in diesem Voranschlage die Kürzungen größtenteils auf ihre Kosten vollziehen und sie um mehr als eine Milliarde Opfer dieses sogenannten Ersparungsbudgets sind? Eine weitere Frage ist, warum sind in diesem Voranschlag die Staatsbeiträge für die Länder gestrichen worden, welche alle in ihren Verwaltungskommissionen eine Mehrheit ausweisen, die der Mehrheit dieses Hauses entspricht, und die nach bestem Wissen und Gewissen und, wie wir hoffen wollen, etwas weniger politisch die Erfordernisse zusammengestellt haben und deshalb auch für die Bedeckung verantwortlich sind.

Ein weiteres großes Fragezeichen ist das Kapitel der Staatsschulden in diesem Voranschlage. Es ist verwunderlich, wie auf einmal das Erfordernis der Staatsschuld im heurigen Jahr auf 1·986 Milliarden zurückgegangen sein kann gegenüber dem letztjährigen Erfordernisse von 2·790 Milliarden, wenn wir bedenken, daß alljählich ein neues Defizit im ordentlichen wie im außerordentlichen Budget hinzugekommen ist, im letzten Jahre erst wieder ein Betrag von über 4 Milliarden. Demnach sollte man meinen, daß die Verzinsung und Rückzahlung dieser neuhinzugekommenen Staatschuld einen immer größeren Posten für den Zinsen- und Amortisationsdienst der Staatsschuld erfordert. Nichtsdestoweniger - und das ist an der Post "staatliche Außenschuld" besonders interessant - ist die Ziffer der Verzinsungs- und Rückzahlungsnotwendigkeiten von 414 Millionen auf 44 Millionen zurückgegangen. Es erweckt die Vermutung, die auch schon wiederholt öffentlich geäußert wurde, daß geheime Reserven angesammelt sind und daß dieser 90 %ige Abstrich nicht allein die Folge dessen ist, daß angeblich die Außenschuld dieses Staates auf das allgemeine Reparationskonto übernommen wurde. Es ist nicht nur auffallend, daß geheime Reserven angesammelt wurden, sondern vor allem, daß darüber auch kein Aufschluß gegeben wird, wie diese Reserven zustandegekommen sind. Etwa durch Aufkauf von Devisen unter geschickter Wahrnehmung von Spekulationsgelegenheiten und Interessen? Dann ist es doppelt verwunderlich, daß fast genau zur Zeit, als dieser Staatsvoranschlag zur Beratung vor das Haus kam, auch im Verfassungsund im Budgetausschuß eine Regierungsverordnung über den Währungsschutz eingebracht wurde, welche ausdrücklich es als ein schweres Vergehen sta tuiert, wenn ausländische Zahlungsmittel auf Kosten der heimischen Währung ge- oder verkauft werden. Die Maßnahmen zum Währungsschutz, die als springender Punkt ins Auge gefaßt werden müssen, laufen nach dem Regierungsentwurf ausdrücklich darauf hinaus: Wer ohne wirtschaftliches Bedürfnis oder über dessen Ausmaß fremde Zahlungsmittel oder Edelmetalle für einheimische Zahlungsmittel kauft oder letztere für fremde Zanhlungsmittel oder Edelmetalle verkauft, ist eines Vergehens schuldig und wird mit strengem Arrest von 6 Monaten bis 2 Jahren bestraft. § 6 desselben Entwurfes sagt, daß die Störung des natürlichen Umlaufes der gesetzlichen Zahlungsmittel verboten ist. Wie ist es also möglich, daß in einer Zeit, wo derartige Projekte erstellt werden, noch gleichzeitig Reserven angehäuft werden durch Devisenankäufe, welche der Ratio dieses Gesetzentwurfes sicherlich widersprechen?

Und wenn das Geld so häufig geworden ist in den verschiedenen Kassen des Staates, so fragen sich die Staatsbürger: Warum wird das Geld nicht lieber freigegeben, damit in der herrschenden Wirtschaftskrise und Not die Geldknappheit einmal eine Ende findet? Überdies ist in diesem Punkte eine Nachricht von Relevanz, die sich gerade mit der Staatsschuld befaßt und im Sommer dieses Jahres durch alle Zeitungen ging. Da hieß es, die Èechoslovakei habe für das von der österreichisch-ungarischen Monarchie übernommene Eigentum, wie Eisenb ahhnen, Post, Telegraph, verschiedene Straßengattungen, ehemalige staatliche Domänen, Wälder, Bergwerke und Grundstücke, die der ehemaligen Dynastie gehörten, Zahlung an den Entschädigungsausschuß zu leisten. Diese Beträge sind keineswegs gering und werden lange Zeit den Staatshaushalt belasten, umsomehr, als noch die sogenannte Befreiungssteuer und die Entschädigung an die Entente für den Rücktransport der èechischen Legionäre in die Heimat hinzukommt. Weiter hat die Republik die Pflicht, die umfangreichen Gebiete aufzukaufen, die sie von Österreich, und zwar Weitra, von Deutschland, nämlich Hultschin, und von Ungarn, die Slovakei, erhalten hat.

Dagegen erhält sie vom Entschädigungsausschuß eine Entschädigung für die während des Krieges in diesem Gebiete verursachten Schäden. Doch wird diese Entschädigung sehr gering sein, weil nach dem Friedensvertrag der èechoslovakische Staat rst am 28. Oktober 1918 entstanden ist und daher beinahe gar keine Schäden erlitten hat. Meine Damen und Herren! Es ist unerfindlich, wie eine halbwegs vorsichtige Budgetierung es gestatten kann, daß man alle diese Posten einfach übersieht und die Staatsschuld abschreibt.

Das Kapitel "Bodenreform" hat ebenfalls bei der Beurteilung des Budgets unsere schwersten Bedenken hervorgerufen. Die Durchführung der Bodenreform hat im letzten Jahr angeblich an Einnahmen für den Staat in der Gesamtbilanz 54 Millionen gezeitigt, im heurigen Jahr sind bei Gegenüberstellung der Passiven und Aktiven nurmehr 31 Millionen Staatseinnahmen vorgesehen. Und dies, wie wohl nach den Mitteilungen, welche in der Presse erschienen sind und im Budgetausschuß bekanntgegeben wurden, gerade für das kommende Jahr 1924 die schwersten Maßnahmen hinsichtlich der Bodenreform geplant sind und nicht weniger als 170.000 ha. vom Bodenamt für Zwecke der Bodenaufteilung übernommen werden sollen. Da ist es ganz unverständlich, daß bei diesen Riesensummen, um die es sich handelt, der Staat nur mit einer Einnahme von 31 Millionen bei der Bodenreform rechnet, umsomehr als einerseits die Personalausgaben bei Durchführung der Bodenreform gar nicht in Betracht kommen, andererseits aber wieder nach einem allgemein bekannten Grundsatz und, wie ebenfalls jüngst mitgeteilt wurde, eine 2%ige Provision für die Vermittlung dieses Überganges des Eigentums an das staatliche Bodenamt zufällt und von den 170.000 ha, wenn sie auch nur zu einem Durchschnittspreis von 2000 K per ha gerechnet werden, eine Provision in der Gesamtheit von 7 Millionen resultieren muß. Diese Post suchen wir vergeblich im Budget, keine Mitteilung ist enthalten, wie die Bodenreform finanziell durchgeführt wird, mit welchem Ertrag für die Gesamtheit und den Staatshaushalt zu rechnen ist, kein Wort über jene besagten Nebengebühren, die wir wom politischen Standpunkt auf das allerschärfste verurteilen müssen.

Auf der Einnahmeseite ist auch ein großes Fragezeichen zu setzen nach den Steueranforderungen, welche in diesem Voranschlag konskribiert sind. Die Hoffnung der wirtschaftlichen Körperschaften auf Herstellung des Gleichgewichtes im Staatsvoranschlag pro 1924 hat sich nämlich wiederum nicht erfüllt, Beweis, daß dieser Voranschlag ein Defizit in der Höhe von 603 Millionen aufweist. Die Beseitigung dieses Abganges aber wäre umso begründeter gewesen, als die Wirkungen der seit dem Jahre 1923 eingetretenen Wirtschaftskrise immer deutlicher in Erscheinung treten und für den Staat selbst in einem Entfall an Steuereingängen fühlbar werden. Auch der Finanzminister mußte in seinem Exposé zugeben, daß die für 1923 präliminierten Steuereingänge nicht erreicht wurden. Alle Volkswirtschaftler sind sich darüber einig, daß es nicht angeht, auf die Dauer derartige Steuersummen der Wirtschaft zu entziehen. Trotzdem aber sind im Staatsvoranschlag für das Jahr 1924 wiederum derartige Beträge an Steuereingängen präliminiert, daß die begründete Besorgnis entsteht, daß sie nur unter der größten Verschärfung des Steuerdruckes und auch dann nur zum Teil hereingebracht werden können. Es ist damit bewiesen, daß man schließlich doch nur aus der Not eine Tugend machte und den Staatshaushalt herabdrosseltem ca 20 %, nur aus dem Grunde, weil man auf der Einnahmenseite nicht mehr jene Ziffern ausweisen konnte, welche noch im Vorjahre möglich gewesen sind.

Trotzdem ist gerade bei einer der wichtigsten Steuergattungen, der allgemeinen Erwerbssteuer, ein noch größeres Ertragserfordernis, ein um 39 Millionen erhöhter Betrag eingesetzt und sind selbst bei der Einkommensteuer, der allgemeinsten Steuer, die bei dem allgemein vermindertten Volkseinkommen sicher starke Abstriche erfordert hätte, nur 13 Millionen gekürzt worden. Auf all diese Fragen über Einnahmen und Ausgaben im Staatsvoranchlag wird wohl die genügende Aufklärung nicht so bald gegeben werden, weil sie vielleicht auf manche Verhältn isse ein schärferes Licht werfen könnte, deren Klarstellung der herrschenden Regierung und ihrem System unangenehm wäre. Deshalb hat auch der Herr Generalberichterstatter in seinem Bericht zum Staatsvoranschlag hauptsächlich hervorgehoben, welche bedeutenden politischen Aktiva gegenüber dem Vorjahr aufzuweisen sind, und er hat statt einer wirtschaftlichen mehr eine politische Bilanz des Staatsvoranschlages gegeben. Er hat es getan, um den ungünstigen Eindruck des Defizits von 603 Millionen zu verscheuchen, bzw. darüber hinwegzukommen, und vor allem jenen noch viel unangenehmeren Eindruck zu vermeiden, den man erhält, wenn man noch die im Investitionsbudget vorgesehenen Ausgaben hinzurechnet, woraus sich als gesamtes präliminiertes Staatsdefizit des Jahres 1924 nach dem Voranschlage der Betrag von 2832 Millionen ergibt. Dann ist es natürlich auf das politische Gebiet überzugehen, um die peinliche Auseindersetzung über das Wirtschaftliche und Finanzielle des Staatsvoranschlages zu überbrücken. Nicht so leicht ist es aber, den Beweis zu erbringen, daß die bedeutenden politischen Aktiven, die angeblich vorhanden sein sollen, auch tatsächlich vorhanden sind. Hiezu führt der Herr Berichterstatter vor allem auf, daß die Rechtssicherheit in diesem Staate so zugenommen hat. Meine Damen und Herren, zur Rechtssicherheit ist es ein Selbstverständliches, daß alle Rechte, insbesondere die öffentlichen Rechte sichergestellt sind und daß alle Staatsbürger den gleichen Anteil an den gleichen Rechten haben. Ich verweise aber auf das Wahlrecht, welches in vielen Gegenden schon für die ständigen Wählerlisten vollkommen geschändet wurde und bei den Gemeindewahlen nur in ganz kläglicher Form zum Ausdruck gekommen ist. Ich verweise da insbesondere auf das Hultschiner Land, wo die Gemeindewahlen das unglaublichste an. Vereitelung der Wahlfreiheit und Beeinträchtigung des Wahlrechtes zutage gefördert haben. Ich verweise weiter darauf, daß ein Wahlrecht auch in den Gebieten von Ostschlesien, von Weitra und Feldsberg und in Karpathorußland für die Nationalversammlungswahlen nicht existiert. Ich vorweise darauf, daß das Wahlrecht in die Gauvertretungen in den historischen Ländern überhaupt ad acta gelegt zu sein scheint. Da kann man nicht von Rechtssicherheit sprechen, wenn das erste und vorzügliche Recht des Staatsbürgers, das Wahlrecht mit allen Mitteln der Kunst immer wieder gekürzt und zunichte gemacht wird. In einer weiteren Sache ist festzustellen, daß ein Recht nicht als Aktivum in der politischen Bilanz vielerorts und hauptsächlich bei den mehr als 3·2 Millionen unseres deutschen Volkes gebucht werden kann. Es ist dies die vollkommene Nichtbeachtung des Elternrechtes im Schulwesen. Dieses Elternrecht soll und will nicht recht eingesehen und zuerkannt werden. Ich muß wieder auf das Hultschiner Gebiet zurückkommen. Nirgends ist es so zu einer Farce entwürdigt und das Recht auf Schulbildung im Sinne der elterlichen Erziehung so ausgeschaltet worden als gerade im Hultschinerland, wo trotz der Forderungen, die seit dem Tage der Inkorporierung an alle kompetenten Faktoren bekannt gegeben wurden, noch nicht eine einzige Schule für die Kinder deutscher Staatsbürger des dortigen Gebietes errichtet worden ist, wo alle Ansuchen um eine Minoritätsschule, die sich streng an den Friedensvertrag halten, ebensowenig wie alle Forderungen nach Privatschulen, welche na ch dem allgemeinen Schulgesetz sonst überall erlaubt und Staatsbürgern zugänglich sind, bisher eine Beachtung gefunden haben. Auch den Privatunterricht will man dort schon nicht mehr zulassen, wiewohl es sich verhältnismäßig um eine geringe Anzahl von Kindern handelt, weil man die Politik in die Schule trägt und diese nicht als kulturelles Eigentum des Volkes, sondern als Politikum zur Niederhaltung des Volkes betrachtet. Bisher war die private Unterrichtstätigkeit sowieso schon äußerst eingeschränkt, nur verdienstvolle Aufwendungen, wie sie der deutsche Kulturverband gemacht hat, haben den Anfang der deutschen Schulbildung für die deutschen Schulkinder geschaffen. Auch dieses letzte und kleinste Recht soll nunmehr ganz ausgetilgt werden. Gerade jetzt ist wieder ein allgemeines Rennen und Fahnden nach jenen Eltern im Gange, welche die Kinder dem deutschen Schulunterricht übergeben wollen, und zwar derart, daß diese mit Strafen, ja mit wiederholt gesteigerten Strafen belegt werden und Erhebungen geführt werden, welche sich als Erhebungen hinsichtlich der Zugehörigkeit und Zulässigkeit des Kindes für den deutschen Privatunterricht ungefähr überall auf folgendem Niveau halten. Am 14. November 1923 wurde in der Gemeinde Krawan des Hultschiner Ländchens sämtlichen Eltern, welche ihren Kindern deutschen Privatunterricht erteilen lassen, eine Vorladung in die Gemeindekanzlei zugestellt. Daselbst wurden sie durch den èechischen Bezirksschulinspektor Novák einem peinlichen Verhör unterzogen. Dieser stellte den Parteien - ich habe auch die Namen der Eltern, um die es sich hier gehandelt hat - folgende Fragen: 1. Besuchen Sie am Sonntag die deutsche oder èechische Messe? 2. Wie beten Sie den Rosenkranz? 3. In welcher Sprache beichten Sie? 4. Kennen Sie das Gebet vor der Beichte auch mährisch? 5. Haben Sie zuhause deutsche oder mährische Gebetbücher? 6. Ich bin Altertumsammler. Könnten Sie mir nicht ein Gebetbuch von ihrer Großmutter verschaffen? 7. Wie sprechen Sie mit den Kindern zuhause? 8. Wie sprechen Ihre Kinder auf der Straße? 9. Wie sprechen Sie zu Hause mit Ihrem Mann? 10. Wie spricht Ihr Mann in der Arbeit? 11. Wie haben Sie in der Schule gesprochen? 12. Wie sprechen Ihre Kinder mit den Großeltern? Das ist das Verhör, um festzustellen, ob die Eltern das Recht haben, als Deutsche ihren Kindern deutschen Privatunterricht erteilen zu lassen! Das, meine verehrten Damen und Herren, spricht Bände. Und ein weiterer Komentar ist wohl überflüssig.

Ein weiteres Recht, das absolut nicht als politisches Aktivum zu buchen ist, ist das Sprachenrecht der Minderheitsvölker in diesem Staate, welches nicht nur als Damoklesschwert fort über allen Staatsangestellten des deutschen Volkes schwebt, sondern das sich auch für den öffentlichen Dienst und insbesondere auch im Verkehr immer mehr als Hindernis - der demokratischen Freiheit und selbstverständlichen Entwicklung aufzeigt. Ich verweise bei dieser faktischen Mißachtung des Sprachenrechtes insbesondere auf das Eisenbahnwesen, wo wir in den Waggons der Staatseisenbahnen immer weniger deutsche Aufschriften vorfinden. Man kann nach Dänemark fahren - es hat dem Herrn Koll. Dr. Hnídek dort vielleicht gerade deshalb nicht sehr gut gefallen - und man findet in den Waggons nebst der dänischen und englischen Sprache auch die deutsche, damit die Reisenden auch die nötigen Aviso, die im Verkehr notwendig sind, verstehen können und als Zeichen, daß man den Reisenden des deutschen Volkes entgegenkommen will. Hier in der Èechoslovakei, wo über 3 Millionen deutsche Staatsbürger sind, hat man bei den Eingangsstationen, wie z. B. in Lundenburg, nur das traurige Schauspiel, daß man neben der èechischen Sprache für alle Aufschriften und Kundmachungen die französische findet und deutsche Aufschriften überhaupt nicht mehr als notwendig betrachtet werden, französische Aufschriften, die die wenigsten von denen, die als Inländer durchreisen und in die Èechoslovakei einreisen, verstehen, und welche vielleicht, als Aufputz für den Weltverkehr gelten sollen, es aber nicht für den Kleinverkehr sind, der sich hier abspielt. Das zeigt gleichzeitig deutlich, daß wir nicht einmal die sprachlichen Rechte haben, wie sie die französische Reisenden besitzen, und daß wir hier in diesem Staate als Staatsbürger kein Sprachenrecht haben. Dabei sind Franzosen auch bei der berüchtigten Volkszählung im Jahre 1921 als einheimische Staatsbürger nicht gezählt worden. Ebenso ist es mit den Bahnhofstafeln in den anderen, schon im Innern des Staates gelegenen Bahnhöfen, wo wir alle Mühe haben, auch nur eine nach dem Sprachengesetz vollberechtigte deutsche Bahnhofstafel oder sonst irgendeine Kundmachung in deutscher Sprache zu erringen. Ebenso ist das Ausrufen der Züge in den meisten und größten Bahnhöfen in deutscher Sprache meist unerlaubt. Ich war erst letzthin Zeuge eines Vorfalles, daß zwei Deutsche in einem Schnellzug eingestiegen sind, wiewohl sie den Personenzug benützen wollten, infolge dieses Versehens die Notbremse zogen und 60 Kronen zahlen mußten, nur deswegen, weil die Züge im Bahnhof Schönbrunn, einem Eisenbahnknotenpunkte, nur in èechischer Sprache ausgerufen werden. Ebenso ist es in Èechisch-Teschen, welches viel mehr ein Sprachenkreuzungspunkt zwischen Polen und Deutschen als eine èechische Stadt ist. Nichts destoweniger hört man ganze Litaneien - das einzige Gebet, das noch offiziell geduldet wird - von Namen der Stationen, wohin die Züge führen, aber niemals in deutscher Sprache. Sie erscheint für den Eisenbahnverkehr geradezu verfehmt. Wie das Sprachenrecht behandelt wird, wirft auch ein Licht auf die allgemeine Behandlung der Minoritäten in diesem Staate, und ich glaube nicht, daß das als Aktivposten in der politischen Bilanz aufgeführt werden kann.

Eine weitere besonders hervorgehobene Aktivpost sei nach Ansicht des Herrn Berichterstatters die Autorität der Ämter. Ich bin der Meinung, daß eine wirkliche Autorität der Ämter im Interese nicht nur dieser Ämter, sondern der ganzen Bevölkerung gelegen ist. Ich bin aber nicht der Meinung, daß diese Autorität tatsächlich so besteht, daß sie als wirklicher politischer Erfolg verdienstvoller Instruktionen angesehen werden kann, denn die Ämter werden politisiert und in dem Moment, wo die Politik in die Ämter einreißt, sinkt bei jenen, die nicht so bevorzugt sind, als Vertreter und Mitglieder der Staatsnation in die Ämter zu kommen, das Vertrauen zu diesen.

Ich frage nur: Wo sind überall im ganzen Gebiete der Èechoslovakei noch deutsche Beamte in maßgebenden und verantwortlichen Stellungen? Wo sind in einem Lande, wie z. B. Schlesien, das sicher den höchsten Prozentsatz deutscher Staatsbürger in seinem Gebiete hat, bis auf das Landesgericht in Troppau, in den Landesstellen II. Instanz noch deutsche Beamte in maßgebenden und verantwortlichen Stellungen? Überall, auch wenn diese sich noch so konform nach den Vorschriften benehmen, wenn sie sich noch so hingebungsvoll, wie es eben nur einem echten Beamten eigen ist, ihren Dienstobliegenheiten unterwerfen, überall gilt nur der politische Grundsatz, sie werden solange geduldet, als nicht ein Ersatz gefunden ist, und dann werden auch die besten Beamten früher oder später rücksichtslos entfernt. Weitere Umstände, welche die Autorität der Ämter erschüttern, sind die, daß man es sich hier angewöhnt hat, die Parteien im Ämterverkehr immer mit Phrasen und leeren Versprechungen, die niemals erfüllt werden, abzuspeisen, sodaß man nicht mehr den Eindruck hat, daß der Beamte, wenn er eine Zusicherung gibt, sie halten will, oder, wenn er sie halten will, daß er sie halten kann, weil soviele Entscheidungen auf dem Gebiete der Amtsverwaltung und des Amtsverkehrs von ganz anderen Kräften abhängig sind, als die Staatsverwaltung offiziell, nach außen hin zugibt. Gerade dieser geheimnisvolle politische Geist und der Polizeigeist sind es, welche die Autorität der Ämter erschüttern, und es kann wohl nicht davon gesprochen werden, daß dort die Autorität der Ämter im Hinblicke auf das Mißtrauens jener Bevölkerung, die als minderwertige in diesem Staate nur geduldet wird, zugenommen hat.

Es ist übrigens interessant, daß, während alle Personalausgaben zurückgegangen sind, einzelne Posten gerade eine Erhöhung der Personalausgaben aufweisen, und zwar, jene für Gendarmerie und Polizei, jene zur Vermehrung des Beamtenpersonals in den verschiedenen Druckereiabteilungen der Zentralstellen, sowie endlich beim statistischen Zentralamt. Da will ich nun einen Moment verweilen. Wir sehen absolut nicht ein, warum man die Personalausgaben des statistischen Zentralamtes - und das geschicht nur infolge der Einstellung neuen Personals - erhöht, die gerade jetzt vorgenommen wurde, wo das statistische Zentralamt bei den Gemeindewahlen total versagt hat. Gerade bei den Gemeindewahlen, wie schon früher bei der Volkszählung, hätte das statistische Zentralamt die Gelegenheit gehabt, in kürzester und rigorosester Weise eine Klärung der wirklichen Verhältnisse zu erstellen und hätte sich damit ein Verdienst nicht nur um den Staat, sondern auch um die gesamte Bevölkerung dieses Staates und um die Regelung der Verhältnisse in diesem Staate erworben. Die vorläufige Errechnung des Gemeindewahlergebnisses, die angestellt wurde und die heute schon wieder verleugnet wird, ist jedenfalls ein Beweis, daß, wenn seinerzeit der gute Wille zur statistischen Aufklärung da war, politische Mächte die Richtigstellung des Gemeindewahlergebnisses verhindert haben.

Und eine weitere Aktivpost, über die ich noch kurz sprechen will, ist angeblich die Bodenreform. Daß die Bodenreform als politisches Aktivum bewertet wird, ist eine interessante Feststellung. Eine Bodenreform ist doch in erster Linie nicht eine politische, sondern eine wirtschaftliche und soziale Angelegenheit, die weiters nicht nur das öffentliche, sondern auch das Privatrecht sehr wesentlich betrifft. Es ist ganz falsch, wenn man der Ansicht ist, daß es eine große nationale Tat ist, - wie der Ausdruck lautete, der im Budgetausschuß gefallen ist, - wenn man die Rechtsunsicherheit hinsichtlich des Privateigentums immer weiter ausbaut und ein Bodenmonopol schafft, das tatsächlich die schärfste Diktatur vorstellt, die sich der Kontrolle des Parlaments und des Obersten Kontrollamtes immer offenkundiger entzieht. Das ist keine Reform, die dem Wort "Bodenreform" Ehre macht, das ist ein Mißbrauch des Bodens und des rechtmäßigen Privateigentums, keine Reform zum Nutzen der Gesamtheit, auch nicht zum Nutzen der einzelnen bei den Großgrundbesitzen beschäftigten Beamten und Arbeiter, nur ein Mißbrauch zu rein politischen Zwecken oder zur Bereicherung einiger Weniger, die wohl einen sehr guten Profit damit machen. Die Verhältnisse des Bodenamtes sind schon wiederholt Gegenstand einer vernichtenden Kritik im Parlament und in der Presse geworden. Es ist auffallend, daß trotzdem noch nicht ernstlich daran gegangen wird, den Verwaltungsausschuß zu erneuern, obwohl da eine gesetzliche Vorschrift der Revolutionsnationalversammlung die nötige Bindung für die Regierung abgeben sollte. Man geht noch weiter und hat angeblich sogar durch Ministerialerlässe die Kritik am Bodenamt verboten. (Výkøiky.) Das ist jedenfalls alles in allem genommen nicht ein Glanzpunkt, auf den die Demokratie stolz sein kann, sondern gerade im Gegenteil ein Schandfleck, den zu beseitigen alle guten Kräfte dieses Staates im Interesse der Gesamtheit bestrebt sein sollten.

Wenn man den Dingen auf den Grund geht, so sind Phrasen vor allem für das Bodenamt überhaupt nicht ernst zu nehmen, und man sollte die Phraseologie umsomehr unterlassen, weil sie im Laufe der Jahre immer mehr diskreditiert worden ist. Es ist die höchste Zeit, daß an die Stelle der Phraseologie sachkundige Nüchternheit tritt. Eine Bodenreform, die ein Kampf ist zur Verminderung der Zahl und der Qualität der Bodenerzeugnisse, eine Verteuerungsquelle für die gesamte Lebenshaltung, eine Bodenreform, die nicht einen Besitzausgleich nach sachlicher Eignung im Interesse der Gesamtbevölkerung schafft, ist eine Bodenreform, die nicht über Phrasen hinausgeht, die keinen wirklichen, sachlich gerechtfertigten Inhalt hat. Wohltuend war es, wenn auch der Herr Berichterstatter für das Budget in seinem Bericht einmal zum Teil von diesen Phrasen abstand und einen Notschrei nach der Kultur des Herzens ausstieß. Es war wohltuend im Gegensatz zu seinen Ausführungen im vergangenen Jahre, wo er in seinem Schlußwort dem Abgeordnetenhaus eine stundenlange Vorlesung über Loyalität gehalten und damit das Parlament mit einem Hörsaal verwechselt hat. Er hat damit ein Verdammungsurteil sprechen wollen, wie es hier als Vorwurf gegen die Minderheitsvertreter üblich geworden ist, ohne aber gleichzeitig die Loyalität der Mehrheitsvertreter gegen die Minderheitsvertreter beweisen zu wollen oder auch nur zu können. Loyalität bedingt nach unserer Überzeugung Gegenseitigkeit und wir überlassen den Mehrheitsvertretern hiebei den Vortritt. Solche Freundschaft zu uns zu verwirklichen, wäre ein guter Anfang und müßte sich im Parlament, in der Gesetzgebung, in der Staatsverwaltung und überall in der Beurteilung der öffentlichen Angelegenheiten zeigen. Auf der Grundlage der Erfüllung unserer gerechten Forderungen nach völlig koordinierter Stellung in diesem Staate, und in der Achtung vor unseren natürlichen Rechten, welche zum Teil sogar auch in der Verfassung des Revolutionskonvents wiedergegeben, aber nach der Wirklichkeit leider nur vorgespiegelt sind, ließe sich wohl sehr leicht der richtige Weg finden.

Wir Vertreter des deutschen Volkes kämpfen für die Rechte unseres Volkes. Wir wollen nüchtern auf dem Wege der Wirklichkeit zum Wiederaufbau unseres Volkes beitragen, aber niemals, um damit die mit den Mitteln der Gewalt erzwungene Rechtlosigkeit zu einer freiwilligen zu machen. In der Gemeinschaft der Arbeit könnten wir uns finden. Dann aber, meine Herren, muß für die Mehrheit dieses Hauses überall der Grundsatz ausgegeben werden, daß das Schlagvort der Nachkriegszeit: "Gewalt geht vor Recht" verschwinde und an allen Ämtern und auch vor dem Hause der Nationalversammlung die deutliche Aufschrift stehe: "Die Gewalt gegenüber den Minderheitsvölkern dieses Staates ist gestorben! Das glei che Recht und die gleiche Freiheit für alle Staatsbürger ist geboren". (Potlesk na levici.)

6. Øeè posl. Heegera (viz str. 428 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! (Výkøiky posl. dr. Jurigy.)

Místopøedseda dr. inž. Botto (zvoní): Prosím, pane poslanèe dr. Jurigo, neráète vyrušova.

Posl. Heeger (pokraèuje): Hohes Haus! (Opìtné výkøiky posl. dr. Jurigy.)

Místopøedseda dr. inž. Botto (zvoní): Prosím pána posl. dr. Jurigu, aby nevyrušoval reèníka.

Posl. Heeger (pokraèuje): Hohes Haus! Die Demokratisierung der Gesetzgebung ohne gleichzeitige Demokratisierung der Verwaltung ist natürlich ein Stückwerk. Man hätte annehmen müssen, daß innerhalb des fünfjährigen Bestandes dieses Staates auch eine Reform in der Demokratisierung der Verwaltung erfolgt wäre. Viele hofften wenigstens, daß an Stelle der bürokratischen Staatsverwaltung doch wenigstens ein Stück Selbstverwaltung durch die Bevölkerung treten dürfte. Aber wir konnten die Beobachtung machen, daß die Herren von den Mehrheitsparteien sehr viel von Demokratie sprechen, allerdings von einer eigenartigen, von einer èechoslovakischen Demokratie, die nur den einen Nachteil hat, daß sie auf halbem Wege stehen geblieben ist, und die, soweit es sich um eine Reform der inneren Staatsverwaltung gehandelt hat, vollständig verloren ging. Man hat also auf diesem Gebiete bis heute verdammt wenig geleistet.

Zwei Dinge sind es, die in den Vordergrund der Verwaltung gestellt werden. Vor allem die Demokratie, die fehlt, und das zweite Problem, die Entösterreicherung in diesem Staate selbst. Man hat auf diesem Gebiete versucht, wenigstens sichtbare Veränderungen herbeizuführen, und zum Teil ist es ja auch gelungen, nur mit dem Unterschiede, daß man an Stelle der schwarzgelben Bezirkshauptmannschaften heute rot-weise hat, daß weiter die alten Statthaltereien verschwunden sind, aber die Landesregierungen bestehen mit ausgewechselten Präsidenten, kurz man hat ein neues Aushängeschild gefunden, aber unter diesem Schild ist die alte Firma verborgen. (Pøedseda Tomášek ujal se pøedsednictví.) Das, was wichtig gewesen wäre, eine Erleichterung und eine Vereinfachung des schwerfälligen Verwaltungsapparates, vor allem eine Erweiterung der Autonomie der Selbstverwaltungskörper, das alles ist bis heute unerledigt geblieben. Im Gegenteil, wir haben eine ganze Reihe von Einschränkungen, besonders auf dem Gebiete der Gemeindeautonomie, zu verzeichnen. Das Ministerium des Innern, dessen Aufgabe es gewesen wäre, hier zu reformieren, hat bis heute nach dieser Richtung hin soviel wie gar nichts unternommen. Man hat sich damit begnügt, die Verwaltung wenigstens äußerlich zu entösterreichern, indem man alles An stößige, was an das alte Österreich erinnerte, wegschaffte, man hat sich damit begnügt und es als die Hauptaufgabe bezeichnet, in einzelnen Städten anzuordnen, daß die Straßenbenennungen verschwinden müssen, wenn sie den Namen eines Mitgliedes des kaiserlichen Hauses trugen, man hat ferner darauf geachtet, daß alle Kaiserdenkmäler und ähnliche Dinge entfernet werden, man hat aber, weil man republikanisch ist, auch darauf geachtet, daß in den einzelnen Städten an öffentlichen Gebäuden bei allen Geburtstagen von Monarchen und bei sonstigen monarchistischen Anlässen Flaggenschmuck angelegt werden muß. Bei diesem Widersprucht kann mitunter ein Mißgeschick passieren, wie es z. B. zwei Staatsämtern in der Èechoslovakei passiert ist. Die Stadt Jägerndorf hat auf ihrem Hauptplatz ein Kaiser Franz Joseph-Denkmal stehen gehabt. Schon im Jahre 1920 war die Stadtgemeinde bestrebt, dieses Denkmal abzutragen, zu verkaufen und aus dem Erlös ein anderes Denkmal, den Industrieverhältnissen angepaßt, zu errichten. Kaum hatte das Staatsdenkmalamt von dieser Absicht Kenntnis erhalten, so hat es mit Erlaß vom 20. November 1921 der Stadtgemeinde mitgeteilt, daß dieses Denkmal als Kunstdenkmal erklärt wird, daß es nicht abgetragen werden darf, sondern daß es der Nachwelt erhalten bleiben muß. Das war eine Entscheidung des Staatsdenkmalamtes vom 20. November 1921. Die politische Bezirksverwaltung aber hat mit Entscheidung vom 12. Juni 1923 die sofortige Abtragung jenes Denkmals verlangt, das vom Staatsdenkmalamt als Kunstdenkmal bezeichnet worden war. Heute ist die Sache so, daß dieses als Kunstwerk gewertete Denkmal, das der Nachwelt erhalten werden sollte, in einem versteckten Winkel einer Scheune verborgen liegt.


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