Ètvrtek 28. èervna 1923

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 217. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 28. èervna 1923 odpol.

1. Øeè posl. Uhla (viz str. 546 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Art der Behandlung der Fürsorge für die Kriegsbeschädigten war in diesem Hause wiederholt der Gegenstand der schärfsten und wohl auch der berechtigtesten Kritik. Die bedauernswerten Opfer sind in Tausenden von Fällen der bittersten Not und dem größten Elend preisgegeben. Die bisherige Fürsorge für die Kriegsbeschädigten genügt eben nicht, sie ist nach allen Richtungen hin unzulänglich. Es ist nicht allein zu kritisieren und zu verurteilen, daß viele Anspruchsberechtigte durch zu kurze Anmeldungsfristen um ihren Anspruch gekommen sind, nicht das allein ist zu kritisieren und zu verurteilen, sondern auch die Tatsache, daß sehr viele berechtigte Anspruchswerber, die sich um ihre Ansprüche kümmern, monate-, ja sogar jahrelang nicht in den Bezug der Renten kommen, ihre Ansuchen monateund jahrelang keine Erledigung finden. Die Folgen eines solchen Verhaltens und eines solchen Arbeitens unserer Ämter sind fürchterlich. Die von der Nachlässigkeit unserer Ämter Betroffenen müssen hungern, darben, sie verkommen und sind zum guten Teil auf die öffentliche Mildtätigkeit angewiesen. Eine solche Behandlung haben sich die Kriegsopfer, die alles hingegeben haben, ihr Leben, ihre Gesundheit, ihre gesunden Knochen, wirklich nicht verdient. Man sollten annehmen, daß gerade ihnen gegenüber die größtmögliche Rücksichtnahme angewendet werden sollte, man sollte sich ihnen gegenüber der größtmöglichen Rücksichtnahme befleißigen.

Der vorliegende Gesetzentwurf entspricht uns wieder nicht, denn die im Gesetz vorgesehene Anmeldungsfrist ist wieder viel zu kurz. Wir beantragen daher, u. zw. mit Rücksicht darauf, daß das heurige Jahr schon wieder zur Hälfte abgelaufen ist und daß die in Aussicht genommene Frist mit Ende dieses Jahres endet, die Frist bis zum 30. Juni 1924 zu verlängern. Am 20. Feber 1920 wurden die Bezüge der Kriegsopfer festgesetzt, im Jänner 1922 wurden sie neu geregelt und ergänzt. Das Gesetz und die Novelle sind jedoch bis heute nicht restlos durchgeführt. Wir müssen schon fragen: Was nützen die Gesetze, wenn sie nicht durchgeführt werden, wenn die verantwortlichen Faktoren nicht dafür sorgen, daß eine restlose Durchführung der Gesetze ermöglicht wird? Es ist verständlich und begreiflich, wenn die Kriegsopfer selbst zu öffentlichen Aufzügen schreiten müssen, wenn sie um ihre vorenthaltenen Rechte demonstrieren müssen.

Mit Gesetz vom 15. April 1919 wurden eigene Ämter zur Durchführung der Fürsorge für Invalide und Kriegsbeschädigte geschaffen. Die Tätigkeit dieser Fürsorgeämter fordert zur allerschärfsten Kritik heraus. Es wurden ohne Unterlaß bei den verschiedensten Anlässen die Mängel und Unterlassungen dieser Ämter gerügt, wir müssen aber sagen, bis heute scheinbar ohne jeden Erfolg, und es ist bis heute auch eine Besserung nicht zu bemerken.

Eine besonders große Schlamperei muß im Invalidenamt in Prag herrschen. Die Ansuchen liegen dort jahrelang unerledigt. Etwaige Urgenzen, die eine Erledigung erreichen wollen, sind vollständig zwecklos. Rentennachzahlungen werden überhaupt nicht durchgeführt. Im Amt in Prag herrschen Zustände, die tatsächlich zum Himm el schreien. Die Tätigkeit der Landes-Invalidenämter fordert im allgemeinen zur Kritik heraus. Die Entscheidungen, die dort gefällt werden, sind nicht einwandfrei, sie sind schleuderhaft und in den meisten Fällen nicht rechtlich begründet. Ein Beweis dafür ist wohl der, daß jede dritte angefochtene Entscheidung dieser Ämter aufgehoben wird. Die Resolution des sozialpolitischen Ausschusses vom 16. Dezember 1921, die in einer Aufforderung an die Regierung gipfelt, die in staatlichen Diensten stehenden Kriegsbeschädigten bei der Restringierung des Beamtenstandes nicht zu eutlassen oder in andere Ressorts zu versetzen, wurde nicht eingehalten. Bei der Behandlung der Novelle vom Jahre 1922 haben die Regierungsvertreter versprochen, einen neuen Entwurf einzubringen. Wir warten bis heute auf diesen Entwurf und es ist auch in diesem Fall wieder nur beim Versprechen geblieben. Ein moderner, zweckmäßiger Entwurf ist dringend notwendig.

Wir wünschen, daß die beschämenden Zustände, die auf dem Gebiete der Fürsorge für die Kriegsbeschädigten und nvaliden eingerissen sind, aus der Welt geschafft werden. Sorgen Sie besser für die unschuldigen Opfer des Weltkrieges und des menschenmordenden Militarismus! Lassen Sie die Rufe der Kriegsopfer nicht ungehört verhallen! (Potlesk na levici.)

2. Øeè posl. Hackenberga (viz str. 555 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Wieder haben wir es mit einer befristeten Vorlage zu tun, welche dieses Haus schon öfters beschäftigt hat, und der Herr Berichterstatter über diese Vorlage hat zur Begründung derselben erklärt, daß die Befristung deshalb erneuert werden muß, weil aus technischen Gründen und wegen technischer Schwierigkeiten die Sozialversicherungsvorlage, die wiederholt angekündigt wurde, bisher nicht fertiggestellt worden ist. Heute ist uns nun endlich die Sozialversicherungs-Vorlage unterbreitet worden, und es ist wohl notwendig, den Moment zu benützen, auch einige Worte über diese Vorlage zu sagen. Es ist selbstverständlich nicht möglich, sich ins Meritorische der Vorlage einzulassen, weil sie erstens sehr umfangreich ist und zweitens weil im letzten Moment an der Vorlage, die den Fachkörperschaften zur Äußerung vor einigen Wochen übermittelt wurde, weitgehende Änderungen vorgenommen wurden, deren eingehende Überprüfung noch nicht möglich ist. Allein wir können nicht umhin, schon jetzt festzustellen, daß die Sozialversicherungsvorlage, wie sie uns unterbreitet wurde, unseren Wünschen und Forderungen, die wir wiederholt zum Ausdrucke gebracht haben, nicht entspricht und daß die Änderungen, welche im letzten Moment an der Vorlage von der Regierung oder von der Koalition vorgenommen worden sind, keine Verbesserungen dieser Gesetzesvorlage bedeuten, sondern eine bedeutende Verschlechterung, wie wir uns in der kurzen Zeit zu überzeugen Gelegenheit hatten. Obwohl wir nun also alle Ursache haben, Kritik an den einzelnen Bestimmungen der Vorlage zu üben, sind wir natürlich daran interessiert, daß diese Vorlage so rasch als möglich in der gesetzgebenden Körperschaft beraten, behandelt und beschlossen werde. Seit Jahrzehnten wartet die Masse der Arbeiterschaft auf die Durchführung der Alters- und Invaliditätsversicherung und der Witwenversorgung und es wäre Pflicht der gesetzgebenden Körperschaften, diese Vorlage endlich in die Tat umzusetzen. Wir müssen aber befürchten, daß nicht jenes Tempo eingeschlagen wird, welches hiezu notwendig wäre, weil wir sehen, daß die Vorlage durch ein Junktim mit der Frage der Selbständigen-Versicherung verbunden wird. Wir Sozialdemokraten haben immer der Forderung Ausdruck gegeben, daß in die Altersversorgung neben den Arbeitern auch die selbständig Erwerbenden einbezogen werden. Aber es ist selbstverständlich, daß wir nicht wollen, daß durch die Lösung der Selbständigen-Versicherung eine neuerliche Verzögerung der Durchführung der Arbeiterversicherung eintrete. Nun wurde unlängst ein Komitee zusammenberufen, welches sich mit der Frage der Selbständigenversicherung zu beschäftigen hatte. Aus diesem Komitee wurde eine Kommission gewählt und es wurde beschlossen, daß die erste Sitzung der Kommission, welche lediglich über die Grundzüge der zu schaffenden Selbständigen-Versicherung zu beraten hat, im September stattfinden soll. Dann erst soll der Ausschuß über die Grundzüge beraten und dann erst ein Subkomitee eingesetzt werden zur Ausarbeitung der Vorlage. Wenn Sie glauben, daß die Sozialversicherung in dem Tempo beraten werden soll, mit dem man bei der Selbständigen-Versicherung beginnt, die verquickt wird mit der Sozialversicherung, dann täuschen Sie sich, daß die Arbeiterschaft das ruhig hinnehmen wird. Und aus diesem Grunde können wir nicht umhin, wenn wir uns auch heute in eine sachliche Besprechung der Sozialversicherungsvorlage nicht einlassen können, schon jetzt davor zu warnen, daß die Frage der Sozialversicherung verschleppt, hinausgezogen und nicht so erledigt wird, wie es die arbeitende Bevölkerung erwartet. (Pøedsednietví pøevzal místopøedseda Buøíval.)

Und nun, meine Damen und Herren, gestatten Sie, daß ich mich mit der Vorlage beschäftige, die jetzt auf der Tagesordnung steht, nämlich mit der Verlängerung des Gesetzes vom 22. Dezember 1920. Wir sind selbstverständlich nicht gegen die Verläng erung der einzelnen Bestimmungen des Gesetzes vom Jahre 1920; wir sind dafür, weil die Verlängerung notwendig ist, solange nicht eine andere Fassung des Krankenversicherungsgesetzes beschlossen wurde. Wenn ich mich in die Rednerliste "contra" eingezeichnet habe, so deshalb, weil wir die Vorlage in dem Wortlaut, wie sie uns unterbreitet wurde, nicht annehmen können. Es ist unter allen Umständen not wendig, daß an dem Gesetz, welches verlängert werden soll, jetzt in diesem Moment eine Abänderung vorgenommen wird. Wenn es sich darum handeln würde, eine Reform des Krankenversicherungsgesetzes durch eine Änderung des bisherigen Zustandes der Krankenversicherung durchzuführen, würden wir davon Abstand nehmen und der Herr Berichterstatter könnte mit Recht sagen, es zahle sich nicht aus, das Gesetz vom Jahre 1920 zu ändern, weil die Sozialversicherungsvorlage in der nächsten Zeit beraten und bei Beratung dieser Vorlage auch eine Lösung der Frage der Krankenversicherung durchgeführt werden soll, wobei dann diese Verbesserung des Gesetzes herbeigeführt werden kann. Nun ist aber die Sache die, daß es sich nicht um eine Verbesserung handelt, sondern daß es sich lediglich darum handelt, einen Zustand, wie er bisher in der Krankenversicherung bestanden hat, weiter aufrecht zu erhalten, bis die Frage definitiv durch die Sozialversicherung gelöst werden wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im vorigen Monate zwei Erkenntnisse erlassen, durch die eine Verschlechterung des bisherigen Rechtszustandes Platz gegriffen hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat über eine Beschwerde der Firma Klinger in Neustadt an der Tafelfichte und über eine Beschwerde der Bezirkskrankenkassa in Teplitz-Schönau ein Erkenntnis gefällt, durch welches eine bedeutende Schädigung der Interessen einer großen Anzahl von Arbeitern eintreten wird. Wir können zu diesem Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes nicht stillschweigen. Dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht zu reparieren durch neuerliche Beschwerden oder durch einen neuerlichen Rechtszug, sondern nur, wenn eine Klarstellung auf gesetzgeberischem Wege vorgenommen wird. Es handelt sich um folgendes: Nach dem alten Krankenversicherungsgesetz vom Jahre 1888 waren die Arbeiter nach dem ortsüblichen Taglohn, der jeweils von der politischen Behörde festzusetzen war, zu versichern. Die Arbeiter haben 60 % des ortsüblichen Taglohns als Krankengeld bekommen. Die Arbeiter waren mit Recht damit unzufrieden, sie wollten eine möglichste Anpassung des Krankengeldes an ihren tatsächlichen Verdienst, und es war eine alte Forderung der Arbeiterschaft, daß nicht der ortsübliche, willkürlich angesetzte Tagesverdienst als Grundlage der Versicherung genommen werde, sondern der wirkliche Tagesverdienst. Das durchzusetzen vermochten wir nicht. Aber im Jahre 1917 im alten Österreich und in der Kriegszeit wurde ein Gesetz beschlossen, durch welches eine Versicherung in 11 Lohnklassen herbeigeführt wurde. Ich will bemerken, daß diese 11 Lohnklassen noch immer einen großen Spielraum zuließen, so daß die Versicherung noch nicht entsprechend war. Im Jahre 1920, nach dem Umsturz, wurde nun dieses Gesetz, welches wir heute verlängern sollen, beschlossen und dem § 7 dieses Gesetzes wurde eine andere Fassung gegeben, als dem § 7 des 1917 er Gesetzes. Zu den 11 Lohnklassen des Gesetzes vom Jahre 1917 wurden noch zwei weitere Lohnklassen hinzugefügt, die Zahl der Klassen als auf 13 erhöht, damit das Krankengeld der Arbeiter dem Lohn angepaßt werde und die Spannung zwischen Mindest- und Höchstlohn nicht so groß sei, wie es bei den 11 Lohnklassen der Fall war. Außerden wurde bestimmt, daß noch zwei Sonderklassen eingeführt werden, damit die Anpassung an den Lohn besser werde, als bei den Zwangsklassen möglich ist. Es waren also Verbesserungen des Gesetzes beabsichtigt, die auch im Hause beschlossen wurden.

Und nun war sowohl im Gesetze vom Jahre 1888, als auch im Gesetze vom Jahre 1917 und in der Regierungsvorlage, die wir im Jahre 1920 hier gehabt haben, die Bestimmung enthalten, daß maßgebend ist der Taglohn oder der Wochenlohn, mit einem Worte also der Zeitlohn. Im Gesetze vom Jahre 1917 und auch in der Regierungsvorlage des Gesetzes vom Jahre 1920 war ausdrücklich bestimmt, daß für die Einreihung in die Lohnklassen der Tagesverdienst maßgebend ist und daß der Wochenverdienst durch 6 zu dividieren sei, um den Tagesverdienst festzustellen, auf Grund dessen die Einreihung in die Lohnklassen zu erfolgen habe. Es war nach dem Gesetze die Praxis so, daß die Einreihung in die Lohnklassen auf Grund des tatsächlichen Tagesverdienstes zu erfolgen hatte und daß dort, wo Wochenverdienst ist, derselbe durch 6, und wo Monatsverdienst war, derselbe durch 25 geteilt wurde, um den Tagesverdienst festzustellen. Das war klar und unzweideutig schon in der Tabelle des Gesetzes vom Jahre 1917 enthalten. Und wenn die Regierungsvorlage Druck 721 vom Jahre 1920 diese Tabelle ausgelassen hat und an deren Stelle den Schlußsatz wählte, es sei der Wochenverdienst durch 6, der Monatsverdienst durch 30, wie es damals genommen wurde, zu teilen, um den Tagesverdienst, der für die Einreihung in die Lohnklassen maßgebend ist, festzustellen, so wollte die Regierung durch diesen Schlußabsatz die Tabelle vermeiden, nichts weiter. Sie wollte aber nichts verschlechtern. Nun kam diese Regierungsvorlage, durch die das bisherige Verhältnis nicht verschlechtert werden sollte, in den sozialpolitischen Ausschuß. Und im sozialpolitischen Ausschuß wurde eine Änderung dieses Schlußabsatzes des § 7 vorgenommen, nicht vielleicht beantragt durch einen Industriellenvertreter, um eine Änderung der Einreihung in die Lohnklassen herbeizuführen, sondern im Gegenteil beantragt von sozialistischer Seite, u. zw. dahingehend, daß für die Beitragsbemessung der Wochenverdienst als Siebenfaches des Tagesverdienstes und der Monatsverdienst als Dreißigfaches des Tagesverdienstes zu berücksichtigen sei. Es ist notwendig, daß man diesen Schlußsatz in Wortlaut wiedergibt: "Für die Bemessung des Beitrages wird der Wochenverdienst mit dem siebenfachen, der Monatsverdienst mit dem dreißigfachen Betrage des Tagesverdienstes angenommen." Ich erkläre, daß es ein Fehler war, daß man diesen Schlußsatz an Stelle des in der Regierungsvorlage enthaltenen Satzes, der sich mit der Einreihung in Lohnklassen beschäftigt, genommen hat. Dieser Schlußsatz hätte entweder zu dem Satz, der schon in der Regierungsvorlage enthalten war, als Zusatz aufgenommen werden sollen, oder er hätte noch besser in den § 25 des Gesetzes hineingenommen werden sollen. Die Antragsteller hatten die Absicht, durch diesen Antrag und durch diesen Schlußsatz lediglich herbeizuführen, daß gesetzlich festgestellt werde, daß die Beiträge für Kalendertage einzuheben sind und keineswegs für Arbeitstage, nichts anderes. Und nun hat der Verwaltungsgerichtshof in vollständiger Verkennung der Tatsachen und ohne Berücksichtigung des Werdeganges, ohne zu berücksichtigen, wie das Gesetz bisher seit 30 Jahren praktiziert wurde, welche Umstände zur Änderung des Schlußabsatzes des § 7 geführt haben und welche Absichten vorlagen, entschieden, daß der Tagesverdienst eines vollbeschäftigten Arbeiters mit 6 zu multiplizieren und dann durch 7 zu dividieren sei, und das sei der Tagesverdienst, der zur Grundlage für die Einreihung in die Lohnklassen zu dienen hat. Daß dadurch tausende und abertausende von Arbeiterfamilien auf das Schwerste geschädigt wurden, darum haben sich die Herren nicht gekümmert. Wenn man über ein Gesetz unklar ist, muß man den Motiven nachforschen, die eine solche Fassung herbeigeführt haben. Es wäre notwendig gewesen, daß die Herren des Verwaltungsgerichtshofes das Gesetz vom Jahre 1917 zur Hand genommen und gefragt hätten, wie es früher war, ob die Absicht bestand, den früheren Zustand zu ändern, eine solche Schädigung herbeizuführen oder nicht. Leider hat im Jahre 1920 der sozialpolitische Ausschuß über die Beratung der Vorlage keinen Bericht herausgegeben. Es war das genau so, wie heute auch wieder. Im letzten Moment, bei dem großen Aufwaschtage, wurde eine solche wichtige Sache erledigt und es kam der Herr Berichterstatter Dr. Winter mit der Mitteilung, daß der Ausschuß mit seinen Beratungen nicht fertig gewordenund es nicht möglich sei, einen Bericht gedruckt vorzulegen; es müsse daher na ch der Geschäftsordnung ein mündlicher Bericht erstattet werden. Und bei diesem mündlichen Bericht hebt der Berichterstatter alle Verbesserungen, welche an dem Gesetz herbeigeführt wurden, hervor, ohne ein Wort zu dieser Abänderung des Schlußabsatzes des § 7 zu sagen. Wäre eine solche Verschlechterung des bisherigen Zustandes, eine solche Verschlechterung des Gesetzes beabsichtigt worden, so hätte der Berichterstatter nicht unterlassen und nicht unterlassen können, zu begründen, weswegen diese Verschlechterung herbeigeführt wurde. Aber niemand wollte diese Verschlechterung, sondern man wollte nur die Beitragseinhebung durch diesen Schlußabsatz regeln, und deshalb ging der Berichterstatter darüber hinweg. Nun hat der Verwaltungsgerichtshof in einem Falle entschieden, der natürlich auch für alle anderen Fälle gilt, und die Herren Industriellen kommen und verlangen die Ummeldung der Arbeiter in die niedrigeren Lohnklassen. Den Herren Industriellen ist einzig und allein darangelegen zu ersparen. Siehaben seit Jahrzehnten den Kampf gegen die Krankenversicherung geführt, sie haben den Kampf gegen die Beiträge geführt, sie wollten, daß die Beiträge nicht für Kalendertage eingehoben werden. Nachdem sie auf diesem Gebiete unterlegen sind, haben sie es dadurch versucht, daß sie nun sagen, der Schlußabsatz des § 7 beziehe sich nicht auf die Beitragseinhebung, sondern auf die Einreihung in die Lohnklassen, weil er, dieser Schlußabsatz, eben im § 7 und nicht im § 25 enthalten ist. Es ist also, weil diese Bestimmung eine solche Auslegung möglich gemacht hat, notwendig, daß die gesetzgebende Körperschaft hier korrigierend eingreift, um den bisherigen Zustand wieder herzustellen.

Es kommt aber noch ärger! Der Verwaltungsgerichtshof hat sich vor einigen Tage abermals mit derselben Frage anläßlich einer Beschwerde der Bezirkskrankenkasse in Teplitz beschäftigt. Es hat sich dabei um die Einreihung von Kurzarbeitern gehandelt, von Arbeitern, die infolge der Krise auszusetzen gezwungen sind. Und da hat der Verwaltungsgerichtshof erkannt, daß auch für sie die frühere Entscheidung zu gelten habe und ihr Verdienst mit der Zahl der wirklichen Arbeitstage multipliziert, und durch 7 zu dividieren sei. Wenn also ein Arbeiter zwei Tage in der Woche beschäftigt ist, wird dieser Verdienst als Wochenverdienst angenommen, durch 7 dividiert und auf Grund dieses so ermittelten Tagesverdienstes die Einreihung in die Lohnklasse vorgenommen. Wenn der Arbeiter anstatt entsprechend seinem Tagesverdienste ein Krankengeld von 20 K täglich zu bekommen, im Falle einer Krankheit ein Krankengeld von nur 4 K bekommt, hat er sich nicht nur bei den Herren des Verwaltungsgerichtshofes zu bedanken, die dem Gesetze eine solche Auslegung gegeben haben, sondern er hat, wenn Sie unserem Antrage nicht zustimmen, daß der Zustand, wie er bisher bestanden hat, wieder hergestellt werde, sich auch bei Ihnen, bei den Herren der Majorität dieses Hauses zu bedanken und Sie dafür verantwortlich zu machen.

So ist der Sachverhalt und deshalb ersuche ich Sie, und ist es Ihre Pflicht, im Interesse der kranken Arbeiter für den von uns gestellten Abänderungsantrag zu stimmen, der dah in geht, daß für die Einreihung in die Lohnklassen maßgebend sein soll der wirkliche Tageslohn und daß der Wochenverdienst durch 6 zu dividieren sei, der Monatsverdienst durch 25, damit die Arbeiter das Krankengeld in der Höhe bekommen, auf das sie auf Grund gesetzlicher Bestimmungen bisher zu rechnen hatten. Eine Schädigung der Arbeiter, und zwar der allerärmsten der Arbeiter, die durch die Krise arg in Mitleidenschaft gezogen wurden und deren Elend noch vergrößert wird durch die Krankheit, wäre die Folge dessen, wenn Sie unseren Antrag ablehnen würden. (Potlesk a souhlas na levici.)

3. Øeè posl. Schuberta (viz str. 558 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Verlängerung der Wirksamkeit des Krankenkassengesetzes, die heute abermals auf der Tagesordnung steht, fordert von vornherein zur Kritik heraus. Es wäre besser, die gesetzgeberische Maschine stillestehen zu lassen, als Gesetze zu beschließen und diese dann nur in einseitiger, nicht gerechter Weise, oder in einzelnen Punkten gar nicht durchführen zu lassen. Nicht allein die deutsche Bauernschaft, auch die tschechische Bauernschaft harrt bereits jahrelang der allgemeinen Einführung der landwirtschaftlichen Krankenkassen. Das Gesetz gewährleistet ja unter gewissen Voraussetzungen klipp und klar deren Bildung. Hinter den Kulissen wird jedoch durch dem klaren Recht ins Antlitz schlagende Abmachungen und Winkelzüge dem Gesetze ein Bein gestellt und selbst der Verwaltungsgerichtsh of schaut mit verschränkten Armen zu und läßt die in dieser Sache anhängigen Rekurse in aller Gemütsruhe stille liegen. Das Parlament beschließt, und die Verwalt ungsbehörden erhalten den Auftrag, die Durchführung des beschlossenen Gesetzes zu sabotieren. Das heißt man dann einen Rechtsstandpunkt. Der Parteiegoismus siegt in diesem Falle über den Staat und über die Ordnung, die Leidtragenden sind die landwirtschaftlichen Kreise, die die Regierung durch dieses ihr Vorgehen schwer verletzt und schwer schädigt, da sie ihnen die im Gesetze gewährleistete Krankenkassenautonomie geflissentlich vorenthält. Wir staunen nur über die beispiellose Geduld der èechischen Bauernschaft, die sich auf die Dauer eine solche Behandlung gefallen läßt. Aus der Summe der gesammelten Erfahrungen, die wir bezüglich der landwirtschaftlichen Krankenkassen, die in eigener Regie arbeiten, gesammelt haben, wissen wir, daß sich diese Kassen in musterhafter, vorbildlicher Weise entwickelt haben. (Posl. Hackenberg: Andere denken anders darüber!) Nicht etwa, meine Herren, um auf diesen Zwischenruf zu antworten, anderen politischen Parteien zum Trotz, nein, meine erren, gewiß nicht, das wäre ein kleinlicher, spießbürgerlicher Standpunkt, sondern nur aus dem Grunde, um unserer schwerbedrängten Landwirtschaft zur Seite zu stehen und ihr zu helfen, stehen wir unverrückbar auf diesem Standpunkt, auf dieser Forderung. (Posl. Hackenberg: Bei den Wahlen wird es schon ein bischen anders ausschauen!) Uns ist nicht bange davor. Lassen Sie nur die Zeit reif werden, warten Sie auf die Tat. Wenn wir bei der gesetzlich gewährleisteten Bildung landwirtschaftlicher Krankenkassen schon jetzt derart behandelt werden, um wieviel mehr wird man die Landwirtschaft beim bevorstehenden Sozialversicherungsgesetz zu benachteiligen wissen! Und wir sind es ja nicht allein. Neben uns sind es ja auch die Gewerbetreibenden, die Handelsbeflissenen, die gleichfalls ihre Krankenkassen in eigenem Wirkungskreis behandelt wissen wollen, und wir st hen nicht an, auch ihre Bestrebungen gut zu heißen und werktätig und voll zu unterstützen. Wir wünschen diese gesunde Scheidung auf allen Linien und dies auch vornehmlich darum, um den politischen Hader aus diesen humanitären Zwecken dienenden Körperschaften zu bannen und freie Bahn zu schaffen zu gedeihlicher, werktätiger, ruhiger und sachlicher Arbeit. Von dieser ernsten Absicht sind wir beseelt und wir werden dieselbe nie außer Acht lassen. Politische Gründe liegen unseren Anschauungen nicht zugrunde. Die Nichtbewilligung der Gründung landwirtschaftlicher Krankenkassen hat, das wissen wir, einen tieferen Grund, als es scheint. Ihre Bewilligung würde augenscheinlich die Auflösung der Koalition bedeuten. Um sich in den Regierungssätteln zu erhalten, wird Unrecht auf Unrecht gehäuft und die amtierenden Behörden müssen, vielleicht ihrer besseren Überzeugung zum Trotz, alle neuen Gesuche, die einlaufen, unerledigt lassen. (Hört! Hört!) Ja, es verlautet sogar, daß ein neues Schachergeschäft schon puncto Einheitskassen und Vermögensabgabe abgeschlossen sein soll, wodurch die Bildung landwirtschaftlicher Krankenkassen endgültig begraben wäre. Traurig wäre es, meine Herren, wenn dies wahr sein sollte. Die Stellung der Regierungsmänner zum Gesetze und zur Nichtdurchführung desselben und zu anderen nebenlaufenden Ränken und Machinationen möchte ich, meine Herren, mit dem polnischen Sprichwort glossieren: "Nie honorowo, ale zdrowo!" So ist denn die Landwirtschaft dazu verurteilt, um das kleinste ihrer Rechte zu kämpfen und bis zur obersten Rechtsstelle zu gehen, um nicht zu kurz zu kommen. Der Prügelknabe ist, wenn auch andere anderes behaupten, auf der ganzen Linie der geduldige, arbeitsame Bauer, der auch den Sonntag oft genug in sein Arbeitspensum einbezieht, der notgedrungen, durch die Gewalt der Elemente genötigt, auch den Sonntag, oft gegen den eigenen Willen, zum Arbeitstag machen muß.

Schon heute sehen wir, daß das Sozialversicherungsgesetz in eine Form gebracht werden soll, die die Interessen von Landwirtschaft, Gewerbe und Handel nicht entsprechend berücksichtigt. Vom Standpunkt der Landwirtschaft wünschen wir, daß unsere landwirtschaftlichen Krankenkassen den Unterbau für die Sozialversicherung der Landwirtschaft bilden sollen. Deshalb betreiben wir auch so eifrigst und nachhaltigst ihre Gründung. Es wird von uns nicht gebilligt, daß alles über einen Kamm geschoren wird, und wir lehnen daher ein einheitliches Bezirksversicherungsinstitut, wie es in der Gesetzesvorlage der Sozialversicherung festgelegt ist, jederzeit ab. Auch nach dieser Richtung hin soll unsere wirtschaftliche Freiheit und Selbstverwaltung uns gewahrt bleiben. Jedem das seine, das ist der Grundsatz, an dem wir zähe festhalten. Im Prinzip halten auch andere Kreise am Weiterbestande der ständischen genossenschaftlichen Krankenkassen fest. Hervorragende Körperschaften, wie die Landeskulturrräte, die Handels- und Gewerbekammern, die Landesgewerberäte vertreten den gleichen Standpunkt. Es ist daher nicht angängig, daß die Herren der Koalition diesen Stand unkt igno ieren und im einheitlichen Bette der Sozialversicherung die ständischen Krankenkassen begraben wollen. Sie handeln damit gegen einen großen Prozentsatz ihrer eigenen Wähler. Hüten Sie sich, meine Herren, vor einem solchen gefährlichen Experiment, das geeignet ist, das Wirtschaftsleben auf das er teste zu gefähr den. Die berechtigte Unzufriedenheit aller würde gewiß nicht ausbleiben und das Werk, das Sie schaffen wollen, würde ernstlich gefährdet sein. Es geht nicht an, 60 genossens chaftliche, 18 Unternehmungs-, 25 eingetragene, 20 landwirtschaftliche, 7 Vereins- und 73 freiwillige Meisterkrankenkassen und andere Krankenkassen kurzerhand auflösen zu lassen. (Posl. Hackenberg: Die Meisterkrankenkassen werden ja nicht davon betroffen!) Nun, meine Herren, wir trauen nicht, weil wir nicht wissen können, was noch kommen kann. Gebrannte Kinder fürchten das Feuer. Wenn behauptet wird, daß zur Durchführug der Sozialversicherung die Errichtung der Einheitskasse die unbedingte Voraussetzung bildet, so muß diese Anschauung entschieden als unz treffend zurückgewiesen werden. Man braucht nur diesbezüglich auf die Altersund Invalidenversicherung im Deutschen Reiche hinzuweisen. Dort besteht bekanntlich die Sozialversicherung schon seit den 80er Jahren und Deutschland wird wegen seiner sozialen Einrichtungen in aller Welt als Muster hingestellt. Im Deutschen Reiche aber kennt man keine Einheitskasse. Im Gegenteil, dort gibt es mannigfaltige Arten von Kassen. Es widerstrebt überdies auch dem Grundgedanken der Sozialversicherung, daßdurch sie ein großer Teil der Versicherten seiner bisher innegehabten sozialen Rechte einfach beraubt wird. (Posl. Hackenberg: Soziale Rechte werden Ihnen nicht geraubt!) Meine Herren, die Anschauungen sind verschieden. Ich bin tolerant für andere Ansichten. Ich verlange auch Toleranz für meine Anschauung. Uns werden Sie nicht überzeugen, wir bleiben auf unserem Standpunkte stehen.

Unsere Leute griffen betreffend die landwirtschaftlichen Krankenkassen in vielen Fällen zur Selbsthilfe. Sie sagten sich: "Das Gesetz ist la uter und klar, also stellen wir die Regierung vor eine vollendete Tatsache, indem wir die landwirtschaftlichen Kassen gründen. Wenn die Regierenden gerecht sind, müssen sie trotz dieses Formfehlers mit der vollendeten Tatsache rechnen und diese Kassen bewilligen." Weit gefehlt! Mit einer vernünftigen Rücksichtnahme konnte man nicht rechnen. Es regnete nach allen Seiten unbegründete Strafen und ich ersuche den Herrn Minister, um einen konkreten Fall anzuziehen, die Strafen des Bezirkes Weseritz beispielsweise ganz besonders sich vortragen zu lassen. Auch das ist ein Leidensweg unserer Landwirtschaft. (Sehr richtig!) In unserer Zeit des wirtschaftlichen Niederganges sollte man bedächtiger und rücksichtvoller vorgehen. Solche ungerechtfertigte, undemokratische Experimente der Verwaltungsbehörden überschätzen die Geduld der ländlichen Bevölkerung, abgesehen davon, daß die Tragfähigkeit unserer Volkswirtschaft und vor allem die Tragfähigkeit der Landwirtschaft keine so hohe ist, daß sie außer den unerschwinglichen Steuern und Abgaben noch ungerechtfertigt hohe Strafen zahlen kann. Das Wort "maßhalten, weise sein", scheint in Ihrem politischen Sprachsschatz zu fehlen.


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