Ich erkläre also zum Schlusse, daß unser Klub auf Grund dieser Verhältnisse nicht in der Lage ist, seinem grundsätzlichen Standpunkte gemäß für die Verstaatlichung der Buschtìhrader Eisenbahn stimmen zu können. (Potlesk na levici.)
3. Øeè posl. inž. Junga (viz str. 448 tìsnopisecké zprávy):
Meine Damen und Herren! Wie noch immer gegen das Ende einer Tagung, so ist auch diesmal knapp vor Torschluß wiederum eine wichtige Vorlage in das Haus geworfen worden und wird hier in der nun einmal üblichen Form durchgepeitscht. 20 Minuten Redezeit war die erste Bestimmung. Daß sie dann verlängert wurde, daß diese Bestimmung liberaler gehandhabt wird, haben wir eigentlich bloß dem Entgegenkommen des Vorsitzenden zu danken. Es ist bezeichnend für die Verhältnisse hier im Hause, daß man auch zu den wichtigsten Vorlagen, wenn irgendeinmal nach langer Zeit eine Debatte stattfindet, sie in einigen Minuten abgeführt haben will. Es mag heute vielleicht dazu auch der Umstand mit beitragen, daß es einen Teil der Kollegen nach einer anderen Stätte drängt und daß sie mehr Sehnsucht darnach haben, an den Empfangsfestlichkeiten teizunehmen, die anläßlich des Besuches eines republikanischen Generalissimus hier in Prag stattfinden.
Es handelt sich um die Verstaatlichung der Buschtìhrader Eisenbahn. Da die gute Hälfte dieser Bahn deutsches Gebiet durchläuft und auch mit deutschen Bediensteten besetzt ist, ist auch der Hauptzweck dieser Vorlage entschieden in einem neuerlichen Vorstoß gegen den deutschen Besitzstand zu suchen. Denn jede Verstaatlichung bedeutet angesichts des hierzulande herrschenden Systems nun einmal naturnotwendigerweise eine Verèechung. Aus diesen Erwägungen heraus ist es zu begreifen, wenn meine Partei gegenüber der Veraustaatlichungsvorlage einen grundsätzlich ablehnenden Standpunkt einnimmt. Von dieser Haltung können wir unter gar keinen Umständen abgehen. Wir könnten dies auch dann nicht tun, wenn man uns hundertmal versicherte, daß es sich nur um eine ausgesprochen wirtschaftliche Maßnahme handelt, und wir können auch dann nicht davon abgehen, wenn, wie Kollege Grünzner eingangs seiner Ausführungen behauptet hat, ein Unterschied besteht zwischen der Verstaatlichung der Buschtìhrader Bahn und den vorhergegangenen zwei Verstaatlichungen, insoferne als es sich damals um eine ausgesprochen politische Maßnahme gehandelt hat, während jetzt die Beweggründe rein wirtschaftliche sein sollen. Man hat u. a. darauf hingewiesen, daß selbst die Bediensteten förmlich nach der Verstaatlichung rufen. Von befreundeter Seite ist im Hinblick auf die Behauptung èechicher Kreise, sie seien jederzeit gesonnen, die Vorlage zurückzuziehen, heute die Probe aufs Exempel vorgeschlagen worden. Davon wollen aber die èechischen Parteien ernstlich nichts wissen, denn sie haben das allergrößte Interesse daran, die Vorlage so rasch als möglich, zu erledigen, weil ja sonst die Session überhaupt ohne Erfolg endete, weil dies der einzige Erfolg ist, den die Parteien der Koalition nach Hause br ingen und mit dem sie wenigstens einigermaßen ihr Agitationsbedürfnis befriedigen können; ein neuerlicher Angriff auf deutschen Besitzstand. Und so werden wir auch den Grund, weshalb die Vorlage gerade jetzt eingebracht worden ist, in den Verhältnissen innerhalb der èechischen Regierungskoalition zu suchen haben. Darauf weist schon der Umstand hin, daß es noch knapp vor der heutigen Sitzung zu einer kleinen Palastrevolution gekommen ist, welche erst im letzten Augenblick beigelegt wurde, sodaß es während der Sitzung noch fraglich war, ob die Vorlage überhaupt erledigt werden kann. Nun, die Einigung ist gelungen, und zwar wieder einmal, wie so oft vorher dadurch gelungen, daß man sich auf Kosten des deutschen Prügelknaben verständigt hat.
Unerwartet kommt uns die Verstaatlichung der Buschtìhrader Bahn nicht. Wenn auch die Vorlage erst am Freitag ins Haus schneite, kann man in diesem Falle ruhig behaupten, daß man die Bahn ordentlich sturmreif gemacht hatte. Der Runderlaß Nr. 1176 der Generaldirektion vom 29. Jänner 1. J., worin den Bediensteten angekündigt wurde, daß ihnen für Feber nur die Hälfte ihrer Bezüge ausgezahlt würde und in dem weiter angedeutet wurde, daß derartige einschränkende Maßnahmen vermutlich auch in Hinkunft Platz greifen müßten, kündigte bereits das kommende Ereignis deutlich an. Immerhin muß man feststellen, daß die Staatsverwaltung diesmal ausnahmsweise etwas auf ihren Ruf gegeben hat. Sie wollte nicht nur von den Aktionären, sondern auch von den Bediensteten um die Übernahme förmlich ersucht werden. Dies ist denn auch bei den Aktionären ganz, bei den Bediensteten wenigstens teilweise gelungen, nachdem man beide zuerst ordentlich mürbe gemacht hat. So kann denn auch der Motivenbericht zur Vorlage stolz verkünden, daß die Staatsverwaltung gewissermaßen ein gutes Werk getan hat, als sie sich zur Übernahme eines angesichts der gegenwärtigen Lage der Industrie erheblich passiven Unternehmens entschloß, um den normalen Betrieb auf der Strecke aufrecht zu erhalten, weiters um eine Gefährdung des Prioritäten-Dotationendienstes zu vermeiden und um endlich die Existenz der Angestellten nicht bedrohen zu lassen. Der Motivenbericht vergißt uns nur zu sagen, daß die Zuspitzung der Wirtschaftskrise zur förmlichen Wirtschaftskatastrophe das natürliche Ergebnis der Regierungspolitik ist und daß man bei der Buschtìhrader Bahn durch die enge Verbindung mit der Živnobank den Bock zum Gärtner gemacht hat. Živnobank und Staatsverwaltung haben hier einander bewußt bei dem Sturmreifmachen der Feste in die Hände gearbeitet. Infolgedessen muß ich hier der Behauptung des Kollegen Grünzner, der meinte, es wäre ein Unterschied zwischen der Verstaatlichung und Übernahme der Kaschau-Oderb erger Bahn, der Aussig-Teplitzer Bahn und dieser Verstaatlichungsvorlage, widersprechen, insoferne als ich behaupte, daß kein derartiger Unterschied besteht, daß auch hier wiederum wesentlich politische Gründe mitspielen, u. zw. die Übernahme eines der letzten Reste deutschen Besitzstandes. Ich muß mich hier auch gegen die Ansicht einiger Optimisten im èechisch en Lager kehren, die da meinen, daß die Živnostenská banka bei dieser Verstaatlichung schließlich würde Haare lassen müssen. Man kann die Vorlage nachprüfen, soviel man will, man wird nirgends eine Stelle finden, die uns ankündigen würde, daß die Živnostenská banka in ihren Ansprüchen auf die 23 Millionen, die sie auf laufende Rechnung vorgestreckt hat, irgendwie geschädigt werden könnte. Wäre dies der Fall, so würden sich übrigens nicht die "Národní Listy" gar so sehr für die Verstaatlichung der Buschtìhrader Eisenbahn einsetzen. Wir finden in diesem Blatte erst wieder unter dem 11. Mai in Nr. 128 einen kleinen Aufsatz unter dem Titel "Die deutschen Beamten und die Verstaatlichung der Buschtìhrader Eisenbahn", worin es heißt, daß in deutschen Beamtenkreisen große eunr higung herrscht, weil seit einiger Zeit das Gerücht verbreitet ist, die Verstaatlichung der Buschtìhrader Eisenbahn würde noch im Laufe dieser Session durchgepeitscht werden, so wie dies vor einiger Zeit über die Köpfe der Beamtenschaft der Aussig-Teplitzer Eisenbahn geschehen ist. Schließlich heißt es in den "Národní Listy": "Darnach betrachten sich die deutschen Beamten der Buschtìhrader Eisenbahn als höchste entscheidende Instanz darüber, ob die Buschtìhrader Eisenbahn verstaatlicht werden soll oder nicht. Zum Glück ist dies aber nicht der Fall, wie die Germanisierungsbestrebungen dieser Herren es wünschen, und die Sache wird ihren Weggehen ohne Rücksicht darauf, ob die Verstaatlichung ihnen recht ist oder nicht." Hier spricht sich also das Blatt jener Kreise, welche sich um die Živnobank gruppieren, ganz unverblümt und sehr scharf für die Verstaatlichung aus. Dies würde gewiß nicht der Fall sein, wenn sie irgend eine Schädigung ihres Bankunternehmens dabei befürchten müßten.
Wenn wir uns die 15 Paragraphen der Vorlage ansehen, so ist im großen und ganzen eigentlich bloß über einen von ihnen, über den § 13, etwas mehr zu sagen. Die übrigen sind ja inhaltlich genau so aufgebaut, wie seinerzeit bei der Vorlage über die Verstaatlichung der Aussig-Teplitzer Eisenbahn und lassen sich mit dem Hinweis darauf erledigen, daß in den ganzen 15 Paragraphen der wichtigste Punkt fehlt, der einige Beruhigung über die Zukunft der deutschen Bediensteten gewähren könnte, nämlich eine Bestimmung darüber, daß Versetzungen aus dem Bereiche den bisherigen Strecken er Buschtìhrader Eisenbahn grundsätzlich nicht durchgeführt werden. Gerade diese Sicherung, die man schon seinerzeit bei der Kaschau-Oderberger Bahn und dann bei der Aussig-Teplitzer Eisenbahn verlangt hat und die einigen Wert hätte, ist nicht vorhanden und damit ist eben ganz klar ausgesprochen, daß dasselbe System, das bei den Staatsbahnen herrscht und das sich bereits bei der Kaschau-Oderberrger austobt und auch bei der Aussig-Teplitzer Bahn gleich nach der Verstaatlichung eingerissen ist, auch bei der Buschtìhrader Eisenbahn sofort nach ihrer Verstaatlichung eingeführt werden wird. Es werden also bald auch diese Bediensteten allen Drangsalierungen der Staatseisenbahner ausgesetzt sein, als da sind: Versetzungen, Entlassungen, soweit es sich nicht um definitive Kräfte handelt, vorzeitige Pensionierungen, sei es unter dem Titel der Unkenntnis der èechischen Sprache, sei es aus Anlaß ihrer politischen Betätigung, sei es aus irgendwelchen Gründen, weil z. B. irgend ein Výbor-Mann es eben wünscht.
Kollege Kallina hat bereits darauf hingewiesen, daß aus dem Bereiche der Olmützer Direktion, u. zw. aus dem Teilbereiche Ostschlesien, nämlich vonder schlesischen Strecke der ehemaligen Kaschau-Oderberger Bahn, allein seit ihrer Übernahme in den staatlichen Betrieb 111 Versetzungen stattgefunden haben und daß diese Versetzungen heute soggar so weit gehen, daß sie sich nicht mehr allein auf Deutsche erstrecken, sondern auch schon aus Slonsaken und selbst auf einen Teil der Èechen, nämlich auf jene, welche nicht genügend verläßlich in dem Sinne erscheinen, daß sie Angeberdienste übernehmen, welche sich also nach Ansicht der heute herrschenden Parteien nicht genügend radikal betätigen. Auf dieses Bedrückungssystem ist hier im Hause und außerhalb desselben, in Versammlungen und in der Presse oft und oft hingewiesen worden und ich kann es mir ersparen, heute nochmals ausführlich darüber zu sprechen. Aber einige bezeichnende Fälle will ich doch herausgreifen, die in den Kreis der heutigen Erörterungen passen und beweisen, daß das ganze System im Laufe der Zeit keineswegs sich abgeschwächt hat, daß es vielmehr und gerade unter der Regierung Švehlas an Schärfe ganz bedeutend zugenommen hat.
So ereignen sich schon Fälle, die früher doch nicht an der Tagesor nung waren, daß man kurzerhand auch jene Eisenbahner versetzt, welche in irgendeiner Gemeindevertretung, im Gemeinderat oder im Stadtrat eine Rolle spielen, daß man ihnen überhaupt nicht die Möglichkeit gewährt, ihr Amt und ihre Obliegenheiten zu übergeben, sondern daß sie binnen kürzester Frist ihren ienstplatz wechseln müssen. Angesichts de artiger Umstände und angesichts der Tatsache, daß aus einem Teilbereich einer einzigen Direktion weit über 100 Versetzungen in einer ver hältnismäßig kurzen Zeit stattgefunden haben, wagt man noch förmlich zu erklären, daß Massen ver setzungen nicht stattfinden und auch gar nicht stattfinden können, weil die Wohnungsfrage nicht gelöst sei. Es macht der Staatseisenbahnver waltung gar nichts aus, daß sie die Versetzten in die unangenehmste Lage bringt, daß sie ihre Familien zurücklassen müssen, weil im Dienstort keine Wohnung zu haben ist, keine Schulen sich dort befinden u. dgl. m. Es liegt der Verwaltung nicht das geringste daran, im Gegenteil, sie ist ganz einverstanden damit, daß alle Leute, welche unbequem sind oder für unbequem gehalten werden, wie Vertrauensmänner der Gewerkschaften und politischen Parteien, kurzerhand versetzt oder aber, soweit sie nicht Festangestellte sind, sogar entlassen werden. Es haben sich z. B. in letzter Zeit Fälle ereignet, daß Eisenbahner und andere Staatsangestellte bloß aus dem Grunde, weil sie an politischen Versammlungen teilgenommen haben, ohne daß sie sie leiteten, sondern einfach als Zuhörer, weil irgend jemand angab, daß sie dort waren oder daß sie Beifall geklatscht hätten, gemaßregelt wurden. Ich erwähne das deshalb, weil ich auf eine Anfrage über einen solchen Fall die Antwort bekommen habe, daß das Eisenbahnministerium ein derartiges Vorgehen grundsätzlich mißbilligt und daß selbstverständlich jeder seine vollen Staatsbürgerrechte hat und sicn politisch und kulturell ausleben kann. Das war anläßlich eines Vorfalles, der sich in Oderberg abgespielt hat. Ich habe nun vor einiger Zeit wieder in Oderberg eine Versammlung abgehalten. Es sind dort, wie ich in meiner Anfrage behauptet habe, in der ersten Versammlung etwa 40 èechische Eisenbahnbedienstete gewesen, welche offenkundig Spitzeldienste verrichteten. Das wurdegeleugnet, und da muß ich feststellen, daß bei der neuerlichen Versammlung 60 Eisenbahner èechischer Volkszugehörigkeit erschienen waren und dort ganz offen erklärten, sie seien gekommen, um nachzusehen, ob deutsche Eisenbahner zur Stelle seien. (Výkøiky na levici.)
Das hat natürlich, weil doch die Deutschen von dieser Absicht unterrichtet waren, dazu geführt, daß kein einziger deutscher Eisenbahner es wagte, an dieser Versammlung teilzunehmen. Das sind denn doch Dinge, gegen die einmal ganz ernstlich von oberster Stelle aus eingechritten werden sollte, denn es geht nicht an, sich immer und immer wieder auf untergeordnete Organe auszureden.
Ich kann mir auch nicht versagen, auf jene Bedrückungen hinzuweisen, denen die deutschen Bediensteten im Zusammenhang mit der Forderung nach Kenntnis der Dienstsprache ausgesetzt sind. Es ist grundsätzlich festzustellen, daß die Durchführungsverordnung zum Sprachengesetz noch nicht erlassen ist, trotzdem seit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes mehr als 3 Jahre verflossen sind: Wir haben übrigens heute aus dem Munde des Kollegen Kallina vernommen, daß das Eisenbahn ministerium sich in der Angele genheit der Stattonsbezeichnungen und Aufschriften auf den Bahnhöfen sog ar darauf gestützt hat, daß diese Durchführungsverordnung noch nicht erlassen ist. Dasselbe Eisenbahnministerium steht aber andererseits wieder auf dem Standpunkt, daß esinn Angelegenheit der Dienstsprache auch ohne Durchführungsverordnung zum Sprachengesetz ermächtigt sei, Erlässe hinauszugeben. In dieser Hinsicht ist der Sprachenerlaß Z. 1742 von Bedeutung. Ich will die gute Absicht, dadurch den sprachlichen Wirrwarr in der Eisenbahnverwaltung einigermaßen zu beseitigen, nicht bestreiten, stelle mich jedoch ausdrücklich auf den Standpunkt, der in der Senatsinterpellation Fahrner-Spiegel festgelegt worden ist und in der gesagt wird, daß derartige Erlässe vollständig unzulässig sind, weil sie geradewegs die Bestimmung des Sprachengesetzes, daß eine Durchführungsverordnung erlassen werden muß, auf den Kopf stellen. Davon abgesehen ist dieser Erlaß auch nicht genügend klar, um alle Willkürlichkeiten der Direktionen einen Riegel vorzuschieben. Es ist ganz unglaublich, was insbesonders heute auf dem Gebiete der Sprachenfrage auch von jenen Bediensteten verlangt wird, die die allereinfachsten Dienste zu verrichten haben. Die Herren Èechen berufen sich immer wieder darauf, daß sie im alten Österreich so furchtbar bedrückt waren und daß man von ihnen u. a. auch die vollständige Kenntnis der Dienstsprache verlangt hat. Ich kann aus meiner eigenen Erfahrung sagen, daß dem nicht so ist. Ich habe im Bereiche einer Direktion gedient, die bei den Èechen als ausgesprochen germanisierende Direktion verschrieen war; natürlich auch eine ungeheure Aufbauschung der wirklichen Tatsachen. Ich könnte demgegenüber auf die Pilsner, Prager und Stegdirektion unter Burger verweisen. Und in dieser angeblich germanisierenden Direktion ist selbst nach dem scharfen Sprachenerlaß des damaligen Eisenbahnministers Forster die deutsche Dienstsprache folgendermaßen gehandhabt worden, wie ich Ihnen an zwei Fällen, die etwa kein Witz, sondern Tatsachen sind, nachweisen kann: Im Lokomotivreparatursbuch eines Heizhauses der Strecke Iglau-Nimburg stand eines Tages das Wort "Blostevos". Als der Maschinenmeister kopfschüttelnd den Lokomotivführer fragte, was das bedeuten solle, sagte dieser: "Hab ich vergessen zu schreiben: wos bloste." Ein zweiter Fall von der anderen Seite der Strecke, Iglau-Znaim: Ich komme auf einer Dienstfahrt nachts in eine Station - es war knapp nach dem Umsturz. Ein Lastzug steht in der Station und verschiebt. Der diensttuende Beamte gibt durch das Telephon dem Weichenwärter den Auftrag: "A pak šíbujete ten hytlák na ten šturzgleis." Ich frage, ob das die èechische Dienstsprache ist; er sagte darauf: "Ja." Auf die Frage, wie früher die deutsche Dienstsprache war, antwortete er: "Genau so!" Sie mögen daraus entnehmen, was es eigentlich mit der ewigen Behauptung von Bedrückungen auf dem Gebiete der Sprachenfrage für eine Bewandnis hat. Heute verlangt man aber von jedem Magazinsarbeiter, Stationsdiener und Stationsarbeiter, nicht etwa daß er sich notdürftig ausdrückt, nicht die paar Brocken, die er braucht, sondern man verlangt von ihm eine vollständige Kenntnis der Dienstsprache in Wort und womöglich auch in Schrift. Das es unmöglich ist, derartige Anforderungen zu stellen, schon aus dem Grunde, weil die Leute nicht einmal immer deutschen Schriftsprache mächtig sind, sondern Mundart sprechen und handhaben und daher natürlich das Èechische umso schwerer erlernen können, als jemand anderer, geht den Herrschaften, die am Ruder sind, nicht ein. (Posl. dr. Lodgman: Weil der èechischen Sprache viele technische Ausdrücke fehlen!) Darüber kann ich auch etwas erzählen. Das Wort "Rauchrohr" z. B. war knapp nach dem Umsturz noch nicht ins Èechische übertragen worden. Es fand sich nicht im Wörterbuch. Ich hatte damals einen Dolmetsch zur Verfügung, um die Dienstpost bewältigen zu können; er hat mir das Wort Rauchrohr als "kouøící roury" übersetzt. Das Betriebsinspektorat Nimburg hat in seinen Antworten alles èechisch geschrieben, nur dieses Wort nicht, sondern das Wort Rauchrohr in Anführungszeichen.
Sie mögen daraus ersehen, daß die Anforderungen weit über das gehen, was vernünftigerweise gefordert werden kann. So ist es auch mit dem erwähnten Erlaß des Eisenbah nministeriums über die Dienstsprache. Im Punkt 2b wird festgesetzt, daß derjenige, der mindestens 25 wirkliche Dienstjahre hat und an einer Stelle beschäftigt ist, wo die Unkenntnis der Dienstsprache in keiner Weise den Dienst und die gleichmäßige Verteilung der Arbeit stören könnte, von dem Nachweis der Kenntnis der Dienstsprache befreit werden kann. Vernünftigerweise müßte man statt des Dienstalters ein nicht zu hoch gegriffenes Lebensalter festsetzen, denn 25 Dienstjahre sind schließlich keine richtige Grenze: der eine hat sie mit 45 der andere mit 50 Jahren oder noch später erreicht. Man wird nun nicht behaupten können, daß jemand mit 45 oder 50 Jahren in der Lage wäre, die èechische Sprache vollständig zu erlernen; kaum mit 40 Jahren wird dies noch möglich sein.
Welche Auswüchse das heutige System zeitigt, will ich an einem ganz besonderen Fall der Olmützer Staatsbahndirektion zeigen. Die verlangt sogar von längst Verstorbenen den Nachweis der Kenntnis der Dienstsprache. So z. B. im Falle des Bahnmeisters Huber in der Station Mähr. Ostrau. Der war schon vor dem Umsturz zum Beamten im Status III ernannt worden, und als es im Jahre 1921 zur Trennung in den Status IIIa) und IIIb) kam, im Status IIIa) durchgerechnet worden. Im November 1921 verunglückte er im Dien te tödlich. Er war schon 3/4 Jahre tot und begraben, da hat man ihn noch endgültig in den Status IIIa) ernannt, und 3 Monate darnach, also ein Jahr nach seinem Begräbnis, hat man ihn erstens wegen angeblicher Unkennt is der Dienstsprache und zweitens aus dem Umstande, daß er nicht die vorg schriebene Schulbildung hatte, obzwar er in die Übergangsbestimmungfiel, aus dem Status IIIa) in den Status IIIb) zurückversetzt, und hält die Witwe nun an, die zu viel bezogenen Bezüge zurückzuerstatten. Ich meine, das ist ein so unerhörter Fall, daß es höchste Zeit wäre, seitens des Eisenbahnministeriums den Direktionen Aufträge hinauszugeben, daß derartige Sachen ni cht statthaft sind. Das widerspricht nicht nur der ernunft, sondern ist auch ein Hohn auf jede Spur von Menschlichkeit.
Der Herr Eisenbahnminister hat gelegentlich der Behandlung der Vorlage in den Ausschüssen und früher schon gelegentlich einer Aussprache, die zwei meiner Klubkollegen mit ihm hatten, die Zusicherung gegeben, daß die Frist zur Erlernung der èechischen Sprache bei der Buschtìhrader Bahn sowie auch bei der Aussig-Teplitzer Bahn um ein Jahr verlängert würde. Meine Partei hat aus diesem Grunde davon abgesehen, in dieser Angelegenheit noch Anträge, seien es auch nur Resolutionsanträge, einzubringen. Denn wir sind uns darüber klar, daß selbst bei guten Willen die Gültigkeit einer Ministerzusage begrenzt ist; zumindest in dem Augenblick, in dem der Betreffende nicht mehr Minister ist, erlischt die Gültigkeit der Zusage. Wir sind uns auch über den Wert von Resolutionsanträgen klar; das hat man am deutlichsten seinerzeit gesehen, als hier die Vorlage über die Übernahme der Kaschau-Oderberger Bahn in den staatlichen Betrieb verhandelt wurde, und eine Resolution angenommen wurde, sogar einstimmig. Aber als es dann zum Gesetz über die Verstaatlichung der Aussig-Teplitzer Eisenbahn kam, wollte kein Mensch etwas von der Gültigkeit dieser Resolution wissen. Auf Grund derartiger Erfahrungen überlegt man es sich, ob man hier im Hause überhaupt noch Anträge einbringen soll, weil sie schließlich, selbst wenn sie angenommen würden, doch nicht beachtet werden und daher keinen Zweck haben.
Besprechen will ich nur kurz noch den § 13, der festsetzt, daß die Verwaltung der Strecken der Buschtìhrader Eisenbahn einer neueun Staatsbahndirektion mit dem Wirkungskreis der bisherigen Direktionen unterstellt werden soll. Wie es nun einmal in diesem Hause üblich ist, wird der Regierung wieder eine Vollmacht gegeben, denn sie ist ermächtigt, den Sitz dieser Direktion zu bestimmen und auch den Direktionsbereich kurzerhand festzusetzen. Auf diese Weise ist es vielleicht sogar möglich, eine Direktion ins deutsche Gebiet zu bekommen. Wird diese Absicht verwirklicht, so dürfen wir uns darüber nicht täuschen, daß dann - da heute die Direktion der Buschtìhrader Eisenbahn viel èehisches Personal beschäftigt - der Verèechung geradezu Tür und Tor geöffnet ist. Infolgedessen versprechen wir uns für unser deutsches Gebiet davon keineswegs einen Erfolg, so dern geradezu einen Nachteil.
Wenn wir also den Gesamteindruck dieser Vorlage betrachten, so haben wir sie gleich zu werten dem Gesetz über die Bodenreform und Wälderverstaatlichung, wir haben sie im Zusammenhang mit der übernahme der Kaschau-Oderberger Bahn in den staatlichen Betrieb und mit der Verstaatlichung der Aussig-Teplitzer Bahn zu betrachten. Schon im Dezember 1920 war sich meine Partei darüber klar, und hat es auch bei verschiedenen Gelegenheiten ausgesprochen, daß mit der damaligen Vorlage über die Kaschauer-Oderberger Bahn sich auch das Schicksal der Aussig-Teplitzer und der Buschtìhrader Bahn entscheiden würde. Aus diesem Grunde sind wir damals für die rücksichtsloseste Bekämpfung der Vorlage in diesem Hause eingetreten und hätten wir auch den Wunsch gehegt, daß die Bediensteten der Aussig-Teplitzer und der Buschtìhrader Bahn schon damals die Gefahr klar erkannt hätten.
Der Motivenbericht spricht es an einer Stelle auch aus, das ist die einzige Stelle, in welcher er offen die Gründe für die Verstaatlichung darlegt - daß die Verstaatlichung der Aussig-Teplitzer Bahn notwendiger Weise auch die Verstaatlichung der Buschtìhrader Bahn nach sich ziehen mußte, aus dem einfachen Grunde, weil sonst das Netz der èechoslovakischen Bahnen topographisch und organisch nicht geeint hätte werden können. Hier sehen wir also im Motivenbericht das festgelegt, was wir schon früher bei der Behandlung der Vorlage über die Kaschau-Oderberger Bahn behauptet haben. Es bleibt uns rückblickend freilich heute nur übrig festzustellen, daß es höchst bedauerlich war, daß im Dezember 1920 deutsche Parteien in diesem Hause, wie auch deutsche Kreise außerhalb desselben, von pazifistischen Gedanken angekränkelt, sich über die ungeheure Gefahr nicht klar waren, und nicht mit uns diese Vorlage rücksichtslos bis zum äußersten bekämpften. (Sehr richtig!) Wir haben dann noch, um unserer Pflicht zu genügen, ein zweites Mal versucht, die deutsche parlamentarische Vertretung und Öffentlichkeit aufzurütteln und aufzurufen, und zwar gelegentlich der Verstaatlichung der Aussig-Teplitzer Bahn. Die Erfahrungen, die wir damals machten, halten uns heute davon ab, neuerlich zu jenen Mitteln zu greifen, die unserer Meinung nach einzig und allein imstande waren, eine derartige gefahrdrohende Vorlage in diesem Hause nicht zur Annahme zu bringen. Ich betone nochmals: Selbst wenn ein etwaiger Wunsch der Bediensteten vorläge, es möge die Verstaatlichung der Buschtìhrader Bahn deshalb durchgeführt werden, weil sie um ihre Zukunft bangen, kann uns das nicht daran hindern, auch heute wieder zu verkünden, daß die Wahrung und Erhaltung des deutschen Besitzstandes, des deutschen Arbeitsplatzes, das oberste Gebot jeder deutschen politischen Partei, jeder deutschen Organisation sein muß. Die Erhaltung seines, schon ungeheuer geschmälerten Besitztandes auf wirtschaftlichem, kulturellem und damit auch auf politischem Gebiet müßte die Hauptaufgabe unseres sudetendeutschen Stammes sein. (Sehr gut!) Dafür müßte er alle Vorsorgen treffen und auch alle Krä te einsetzen. Möge unser Volk sich alles bisher Geschehene endlich zur Warnung dienen lassen, damit es nicht einmal am eigenen Leibe erfährt, daß es auch bloß ein Teil ist von 20 Mil. Deutschen, die nach Clémenceau zuvielsind auf der Welt. Der festliche Jubel, mit welchem ein ertreter dieses Frankreich Clémenceaus und Poincarés heute in den Mauern dieser Stadt empfangen wird, sei unseren Volksgenossen ein Warnungszeichen, daß es um alls geht und daß auch die Vorlage, die unsheute hierbeschä tigt nur eine der letzten Etappen ist auf dem Wege zur völligen Enteignung und Verknechtung unseres Volkes in diesem Staate. Aus diesen Erwägungen heraus wird mein Klub gegen die Vorlage stimmen. Von der Einbringung von Abänderungsanträgen sehen wir aus den schon mitgeteilten Gründen ab. (Potlesk na levici.)
4. Øeè posl. Böllmanna (viz str. 453 tìsnopisecké zprávy):
Hohes Haus! Bei allen Gesetzesanträgen, die in diesem Hause zur Sprache kommen, drängt sich dem deutschen Volke immer ein Gedanke auf: Wo ist in diesem Gesetzesantrag die Spitze gegen das deutsche Volk? Hier bei diesem Gesetzesantrag hätte man wohl lange suchen müssen, um diese Spitze zu finden. Denn es ist gewiß ein Gesetzesantrag, der ja auch auf unserer Seite viele Sympathien ausgelöst hat. Denn die meisten von uns waren schon zu Österreichs Zeiten Anhänger der Verstaatlichung des Verkehrswesens, um ein einheitliches Verkehrswesen zu besitzen, welches der Bevölkerung dienen soll, welches dem Handel und Wandel dienend die Wohlfahrt sichern soll. Darum stehen wir gewiß diesem Gesetzesantrag nicht unsympathisch gegenüber. Aber trotzdem wurde uns klar, daß in dem Gesetzesantrag eine scharfe Spitze gegen das deutsche Volk enthalten ist. Seit jeher eiß man ja, daß in diesem Staate bei allen Sachen, die mit Geldaufwand verbunden sind, die wirklich leitende Staatsbank, die Živnostenská banka, die Hand mit im Spiele hat. Es mutet einen Volkswirtschaftler doch etwas eigen an, wenn er sieht, daß ein Unternehmen, das bis zu den Umsturztagen in deutscher Verwaltung gut geleitet war, nach dem Umsturztagen, wo den räsidenten des Verwaltungsrates die Živnostenská banka in der Person ihres Oberdirektors Dr. Preiss stellte, auf eineabschüssige Bahn gekommen ist. Ein vorzüglich geleitetes Verkehrsunternehmen wurde sachte auf der schiefen Bahn abwärts gebracht, bis es dort gelandet ist, daß aus der Mitte des Verwaltungsrates an die Regierung das Ansuchen gestellt wurde, das Unternehmen zu verstaatlichen. Getreu sind auf diesem Ansuchen unterschrieben die beiden maßgebenden Größen, die Herren Dr. Preiss und Herr Dr. Wolf-Zdekauer. Wir möchten aber fragen: wie ist denn seinerzeit nach dem Umsturz die Živnostenská banka so rasch in den Verwaltungsrat hineingekommen? Wie ar das denn damals, daß die Aktien abverkauft wurden und wer hat sich seiner Rechte begeben, daß er so machtlos dieser Bank gegenüberstand? Wir wissen, daß damals die Herren Feilchenfeld und andere solche Größen im Verwaltungsrate maßgebend waren. Die haben gewiß ihre Aktien abgestoßen.
Die Živnostenská banka hat sie auf einen Wink von oben hin angekauft. Das Unternehmen wurde dann so verwaltet, daß es dahin gekommen ist, wo es jetzt ist, fast bis zur Konkursanmeldung. Und nun fragen wir uns: Sollte denn die Živnobank, die als kaufmännisch gut geführte Bank dargestellt wird, einzig und allein bei diesem Unternehmen ihr kaufmännisches Talent nicht angewendet haben? Wir glauben es nicht. Wir wollen den Gerüchten nicht nachgehen, die da sagen, daß die Živnobank ihre Aktien an Schweizer und holländische Kreise abverkauft hat. Es mag etwas Wahres daran sein. Aber gewiß wird sie in irgend einer anderen Weise entschädigt worden sein und sie wird keine Haare gelassen haben. Sie wird ohne Schaden aus dieser Affaire herausgehen. Aber der Zweck ist doch ein ganz anderer. Der Regierung drehte es sich nicht darum, das Unternehmen an sich zu erwerben, sondern sie suchte mit dem Unternehmen ein großes Objekt, das deutsches Gebiet durchzieht, zu erwerben, und wenn wir es als Deutsche selbst nicht gewußt hätten, daß dem so sei, das Leiborgan des Herrn Ministers der Eisenbahnen Støíbrný schreibt ja selbst zur Übernahme, beziehungsweise zum Erwerbe der Buschtìhrader Eisenbahn in den Staatsbetrieb folgendes: "Binnen 2 Tagen wurde den Deutschen das ganze nordböhmische Gebiet aus der Hand gerissen. Das ist richtige Politik. So wirds gemacht." Hiebei müssen wir uns da ran erinnern, daß dieses Blatt, das Leibblatt des Herrn Eisenbahnministers, in der ersten Mainummer einen Artikel brachte, in dem derselbe Herr Eisenbahnminister sich darüber ausließ, daß die Koalitionsparteien eigentlich in einem krisenhaften Zustande sich befinden, der es gewiß dahin bringen wird, daß die Koalition vielleicht nur über den Sommer und höchstens bis zum Herbst leben dürfte. Wir sehen also, daß ein krisenhafter Zustand in der Koalitionspolitik herrscht und derselbe Herr Eisenbahnminister, der eben gefürchtet hatte, daß das Verhältnis seiner Partei, der nationalsozialistischen Partei, zu den Bürgerlichen ein getrübtes werden könnte, suchte eine Krafttat zu vollziehen, um das Ansehen nach Außenhin zu wahren, um zu zeigen, daß die Koalitionsparteien noch fähig sind, eine tatkräftige Politik zu machen.