Úterý 27. února 1923

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 192. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 27. února 1923.

1. Øeè posl. V. Marka (viz str. 2244 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Seit Kriegsbeendigung traten mancherlei Erscheinungen im wirtschaftlichen Leben zu Tage, die allmählich zu dem heutigen Zustande, zu jener Krise führten, deren Folgen die breitesten Volksschichten heute so schwer zu empfinden haben. Diese Krise muß ebenso wie viele andere Erscheinungen der Nachkriegszeit zunächst als eine Folge der Friedensverträge angesehen werden, durch welche Verträge ein hochentwickeltes Wirtschaftsgebiet in eine Anzahl kleinerer Wirtschaftsgebiete zerrissen wurde mit ganz willkürlich und nicht nach wirtschaaftlichen Gesichtspunkten festgelegten Grenzen, wodurch ganz unglaubliche Verkehrsschwierigkeiten geschaffen wurden. Das weitere Bestreben der neugebildeten Staaten, möglichste Selbständigkeit zu erreichen, führte zu einer übertrieben strengen Sperre der Grenzen und einem ohne jede wirtschaftliche Vorbedingung und nur von politischen Rücksichten geleitetem Anlehnen an den Westen, wobei noch die verkehrte Wirtschaftspolitik dort Schranken errichtete, wo die Offenhaltung der Grenzen im eigenen Interesse angezeigt gewesen wäre.

In gleich übertriebener Weise wurde von den maßgebenden Stellen der Finanzwirtschaft auf einen möglichst hohen Börsenkurs der èechoslovakischen Krone hingearbeitet, sodaß die Erzeugnisse unserer Industrie und der Landwirtschaft gegenüber den valutaschwachen Nachbarund Konkurrenzstaaten im Auslandsverkehr völlig ausgeschaltet wurden. Wohl war dieser hohe Börsenkurs günstiger für den Einkauf von Rohstoffen, aber diese Höherwertigkeit der èechischen Krone im Ausland wurde durch deren geringen Inlandswert, deren geringe Kaufkraft im eigenen Lande, vollständig aufgehoben. So ist der Export allmählich unmöglich und die Industrie, die einst 75 % der gesamten österreichischen Industrie betrug und die fast ausschließlich Exportindustrie war, fast zum völligen Stillstand gebracht worden. Ganze Industriezweige ruhen vollständig, hunderte und hunderte von Unternehmungen arbeiten eingeschränkt, das heißt nur an einzelnen Tagen der Woche und zahlreiche Unternehmungen übersiedelten zur Gänze oder teilweise in die Nachbarstaaten. Bald zählte man so hunderttausende von Arbeitslosen, denen sich von Woche zu Woche immer neue zugesellen. Not und Elend ist in die weitesten Kreise der Bevölkerung getragen und eine Änderung zum Besseren ist für absehbare Zeiten nicht zu erhoffen.

Aber nicht allein die erwähnten politischen Ereignisse und wirtschaftlichen Anschauungen haben diese Wirtschaftskrise hervorgerufen, sondern auch innerwirtschaftliche Maßnahmen, die zwar die finanzielle Konsolidierung des Staates im Auge hatten, dabei aber Industrie-, Handels- und Gewerbeinteressen nicht nur nicht mit in Rechnung zogen, sondern dem Verderben entgegenführten. Schon die zur möglichst völligen Erfassung des gesamten Volksvermögens und zum Zweck eines möglichst hohen Ertrages der Vermögensabgabe erlassenen Sperrmaßn ahmen für die Bank- und Spareinlagen, die allzu rasch und ohne Einverständnis mit den übrigen Nachfolgestaaten vorzeitig vorgenommene Valutatrennung, brachte ungeheuren Mangel an flüssigen Barmitteln und fügten unglaublich hohe Schäden den eigenen Staatsbürgern zu. Milliardenbeträge sind den èechoslovakischen Staatsbürgern aus ihren Unternehmungen heute noch entzogen aus der Zeit der Banknotenabstempelung, ebenso durch die Nichtübernahme der Wiener Postsparkassaguthaben und der Einlagen bei den deutschösterreichischen Banken, Kreditinstituten, Sparkassen und der privaten Forderungen in den Nachfolgestaaten. Die Einführung eines Clearings für diese Forderungen ist an so unklare Bestimmungen gebunden, daß heute kein Mensch weiß, welchen Wert sein im Ausland erliegendes Barvermögen, das vielleicht einst seinen ganzen Besitzstand repräsentierte, besitzt. Nicht eine einzige Krone wird ihm für seine hunderttausende alte Kronen betragenden Auslandsguthaben geliehen oder kreditiert. Milliardenbeträge ruhen in der Kriegsanleihe, die doch zumeist unter dem Druck der Behörden und unter dem Einfluß der Banken gezeichnet werden mußte, während heute diese Behörden und Banken in dem Bestreben einig sind, die Kriegsanleihe möglichst wertlos zu machen. Milliardenbeträge erliegen in den Vorkriegsrenten, deren Verzinsung seit 2 Monaten verfügt, aber bis heute noch immer nicht realisiert wird. Einfuhr- und Ausfuhrabgaben wurden eingeführt und wenngleich letztere heute vielleicht schon fast zur Gänze aufgehoben wurden, so sind die Einfuhrzölle heute noch immer einer Goldparität unterworfen, die dem Kronenkurs von 19·15, oder 19·16 gegenüber dem Schweizer Franken entspricht, nicht aber dem heutigen Kurse. Eine Kohlenverbrauchsabgabe wurde eingeführt, ebenso die Umsatz- und Luxussteuer. Die Kohlensteuer belastet hauptsächlich jene Artikel, welche sehr niedrige Verkaufspreise haben, in einer Weise, die den Wettbewerb auf dem Weltmarkt zur Gänze ausschließt. Dies gilt besonders für die chemische Industrie und jene Industrien, die große Mengen elektrischen Stromes für ihren Fabrikationsprozeß verbrauchen. Auch die übrigen Steuern wurden in einem Maße erhöht, daß sie kaum mehr erschwingbar sind. Die Kriegsanleihe und die Vorkriegsrentenangelegenheit brachten unsere Spareinlageninstitute, unsere Bezirke und Gemeinden in eine trostlose finanzielle Lage; insbesondere letztere, die durch die Ernährungsschwierigkeiten im Krieg unglaubliches an Geldopfern leisten mußten, sind heute gezwungen, ungeheure Prozentsätze an Gemeindeumlagen und früher nie geahnte neue Gemeindeabgaben einzuführen, wodurch Industrie, Handel und Gewerbe und auch die keine direkten Steuern zahlenden Volksschichten finanziell schwer betroffen werden. Die Vermögensabgabe befindet sich im Zuge der Vorschreibung. Diese jeden Besitz so schwer treffende Abgabe wird heute bemessen nach den Vorschriften, die den Verhältnissen längst nicht mehr entsprechen: das Vermögen, das am Stichtage einbekannt wurde, ist längst nicht mehr vorhanden, und wenn dies der Fall ist, so ist der Wert desselben lange nicht mehr jener, wie er zur Zeit der Erlassung des Gesetzes war, und entspricht dermalen nicht den damaligen Wertermittlungsgrundsätzen. Die Vorschreibungen der direkten Steuern, insbesondere der Erwerbssteuer und Einkommensteuer, sowie der Kriegssteuer, waren jahrelang ins Stocken geraten. Durch Nachtragsbemessungen für mehrere Jahre wurden einzelnen Unternehmungen und Betrieben Unsummen von Steuern auf einmal und ganz unvermutet vorgeschrieben. Keine der betroffenen Unternehmungen konnte mit solchen Nachtragssteuerbemessungen rechnen und kalkulieren. Die bemessenen Steuern und die Vermögensabgabe werden zudem, wo es eben angeht, auch noch auf dem Realbesitz des Steuerträgers grundbücherlic sichergestellt. Alle diese Steuern genießen mit wenigen Ausnahmen einen grundbücherlichen Vorrang vor allen anderen Forderungen, die auf dem Realbesitz etwa noch aushaften, auch dann, wenn diese Privatforderungen zeitlich vor der Ärarialforderung einverleibt worden sind. Diese Staatsforderungen sind oft so hoch, daß sie den gesamten Schätzwert des Reales erreichen. Was diesfalls für Gefahr für die Privatforderung besteht, ist ja jedem leicht verständlich. Kreditinstitute, städtische Sparkassen, die statutarisch nur pupillarsichere Hypothekardarlehen geben können, können um ihre gesamten grundbücherlich sichergestellten Forderungen kommen. Lastenfreiem Realbesitz dagegen kann durch die Steuereinverleibung die Möglichkeit einer Hypothekenaufnahme vollständig genommen werden. Die Verzugszinsen für Steuern und Abgaben, mit 10 % gesetzlich normiert, zwingen gar oft den Steuerträger zur Kreditaufnahme für Steuerzahlungen, welchen Kredit er weitmehr für die Erhaltung seines Betriebes benötigt hätte. Post- und Eisenbahntarife sind derart enorm, wie sie in ganz Mitteleuropa nicht höher angetroffen werden können.

Alles, was ich mir vorzubringen erlaubte, bedingt einen derart hohen Prozentsatz der Erzeugungskosten, wie wir ihn in anderen Wirtschaftsgebieten, in anderen Staaten, kaum sehen. Der Regierung und allen maßgebenden Stellen wurden wiederholt alle diese Ursachen der herrschenden Wirtschaftskrise vorgehalten; und was hat die Regierung zur Behebung derselben, zur Linderung der Not breiter Volksschichten und zur Belebung der Arbeitsmöglichkeit getan? Sie hat im September, also vor etwa 5 Monaten, einen Aufruf an die gesamte Bevölkerung erlassen, in welchem sie alle Erwerbsgruppen ermahnt, beizutragen zu einem Preisabbau für sämtliche Bedarfsartikel des täglichen Lebens. Sie warnte vor Wucher und versicherte bestrebt zu sein, Arbeitsgelegenheit zu schaffen für die Arbeitslosen durch Vornahme von Meliorationen, Durchführung von Wasser-, Brücken- und Straßenbauten, Aufführung von Gebäuden und Realisierung der gesamten im Staatsvoranschlage vorgesehenen Investitionen und Staatslieferungen. Sie verlängerte das Gesetz für die Unterstützung der Arbeitslosen und stellte in Aussicht, Industrieunternehmungen durch Verbilligung und Erleichterungen in Bankkredit, durch Herabsetzung der Kohlensteuer und durch Herabsetzung der Tarife im Post-, Telegraphen- und Eisenbahnwesen zu unterstützen. 5 Monate sind verstrichen, und was hat die Regierung von all dem wirklich geleistet und durchgeführt, was sie im September versprochen hat? Handel und Gewerbe suchte tatsächlich im Preisabbau das Mögliche zu leisten, die Regierung tat ein Gleiches im Druck auf den Lohnabbau der Unternehmungen und führte den Lohn- und Gehaltsabbau in der eigenen Verwaltung durch, mit dem Hinweis, daß nun auch der Preisabbau für alle Artikel des täglichen Bedarfes fortschreiten werde. Aber alle diese schönen Versprechungen der Schaffung von Arbeitsmöglichkeit, der Ermäßigung der Steuern und Tarife, der Einwirkung auf die Verbilligung der Bankkredite, blieben eben lediglich Versprechen. Das Arbeitslosenunterstützungsgesetz wurde verlängert, aber die Unterstützungen derart eingeschränkt, daß heute nicht die Hälfte der Arbeitslosen und auch diese kaum die Hälfte der Unterstützungsbeträge erhält. Die Wirtschaftskrise nimmt zu, trotz aller Gegenäußerungen der Staatsverwaltung, der Preisabbau ist zum Stillstand gebracht, ja es steigen sogar wieder die Preise der Lebensmittel und Bedarfsartikel ganz merklich.

Was verlangen wir nun von der Regierung, um die Wirtschaftskrise einzudämmen, um Arbeitsmöglichkeit zu schaffen und um die Arbeitslosen bis zur Verdienstmöglichkeit zu schützen und ihnen und ihren Familien eine Existenz zu ermöglichen? Das Verlangen zu stellen, die erste politische Ursache der Wirtschaftskrise, die Friedensverträge, zu beseitigen oder deren Revision zu begehren, ist wohl hier zwecklos. Wir mussen uns daner mit den übrigen zahl eichen anderen Grundübeln und deren Beseitigung befassen. Die Regierung wäre zunächst aufzufordern, ihre Handelspolitik nach den wirtschaftlichen und geographis chen Vorbedingungen, unter denen unsere Industrie geschaffen wurde und die den Lebensnerv derselben bilden, zu ändern, bzw. einzustellen. Die èechoslovakische Krone soll im Börsenverkehr einen angemessenen stabilen, von verhängnisvollen Schwankungen freien Kurs erhalten. Die gesperrten Spareinlagen und zurückgehaltenen Banknoten sollen endlich zur Gänze freigegeben werden; die Übernahme der Guthaben bei der Wiener Postsparkassa und der alten Kronenforderungen, welcher Art immer, soll zum vollen Kurs unverzüglich in Angriff genommen werden. (Posl. Schubert: Insbesondere die Konti W!) Natürlich auch diese! Die Kriegsanleihe muß voll und ganz ebenso wie die Vorkriegsrente mit all den uneingelösten Kupons übernommen, nicht unter 4% konvertiert und die Zinsenzahlung sofort in Angriff genommen werden. Die Ausfuhrabgaben, sofern dieselben noch bestünden, sind aufzuheben und für die Einfuhrzölle dem heutigen Kronenkurs entsprechend neue Koeffizienten zu schaffen. (Sehr richtig!) Die Kohlensteuer, die Eisenbahn-, Post- und Telephontarife sind entsprechend herabzusetzen, die Gemeindefinanzen durch Einführung einer einheitlichen Gemeindesteuer und Überlassung einzelner Staatssteuern zur Gänze zu konsolidieren. Ebenso ist das Gesetz über die Vermögens- und Wertzuwachssteuer einer den gegenwärtig tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Revision zu unterziehen, das gesamte Steuerwesen ist zeitgemäß umzugestalten und statt der vielerlei einen ungeheuren Zeit- und Personalaufwand erfordernden Steuergattungen, eine einzige progressive Steuer einzuführen, die privilegierte grundbücherliche Bevorzugung der Staatssteuern ist einzuschränken, so daß die Hälfte des Schätzwertes einer Realität, also die erste Hypothek, durch Steuerrückstände und Steuersicherstellung nicht beeinträchtigt werden kann. Der gesamte Staatshaushalt ist durch größtmöglichste Sparsamkeit, und zwar wohl weniger in sachlicher als in persönlicher Hinsicht und insbesondere in den militärischen Anforderungen auf ein äußerstes Mindestmaß erabzudrücken. Insbesondere muß bei den Steuerbemessungen bedacht werden, daß es eine Grenze gibt, in der Erhaltung der Grundlagen der Wirtschaft und in weiterer Folge des Volkes und des Staates. Das Arbeitslosenunterstützungsgesetz muß den Arbeitslosen ohne Unterschied des Berufes, ohne zeitliche Einschränkung, eine Unterstützung sichern, damit unverschuldet verdienstlos gewordene Staatsbürger für sich und ihre Familienangehörigen in bescheidenen Verhältnissen unbeschadet ihrer Gesundheit ihre Existenz finden können.

Es ist mir leider heute nicht möglich gewesen, den Ausführungen der Herren Minister in einer solchen Weise zu folgen, mit meinen Ausführungen darauf zurückkommen zu können, ich will aber hoffen, daß mancherlei von jenen Forderungen, die ich mir vorzubringen erlaubt habe, Rechnung getragen erscheint, denn sonst wäre anzunehmen, daß maßgebende Stellen für die Sicherung der Volkswirtschaft und Existenzbedingungen der arbeitenden Kreise kein Verständnis hätten, und das wäre wirklich höchst bedauerlich. (Souhlas na levici.)

2. Øeè posl. Jos. Fischera (viz str. 2247 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Vor mir haben von dieser Stelle aus drei Minister zur Wirtschaftslage gesprochen, Maßnahmen und Vorkehrungen verheißen, die alle dieses Elend beseitigen sollen. Sie haben von dieser Stelle grundsätzliche Verfügungen versprochen, die geradezu die zweite Auflage des Landes herbeiführen sollen, wo Milch und Honig fließt. Wir Deutschen halten von allen diesen Versprechungen gar nichts, weil das, was vor einem halben Jahr von hier aus versprochen wurde, ebenfalls nicht gehalten wurde. Das wirtschaftliche Elend und die Verarmung der Bevölkerung geht unaufhaltsam weiter. Man berücksichtigt nicht, daß das wirtschaftliche Leben eines jener großen Elementargebiete ist, die in der Geschichte der Staaten immer die wichtigste Rolle spielen, man vergißt, daß das wirtschaftliche Leben der wichtigste Bestandteil des Volkslebens überhaupt ist. Wenn nun die Menschen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse sich in verschiedener Richtung betätigen, das heißt, wenn der Zweck ihrer Tätigkeit auf Erwerb und auf Verwendung ihrer Produkte gerichtet ist, so erscheint es doch klar, daß die Regierung dieser Erwerbstätigkeit ihre besondere Fürsorge zuwenden sollte. Auch auf diesem Gebiete hat die Regierung bisher ihre Pflicht nicht erfüllt, weil es ihr nur darum zu tun ist, in Ausführung ihrer chauvinistischen Absichten die Èechisierung der deutschen Gebiete und der deutschen Bevölkerung mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln durchzuführen. Da Sie nun sehen, daß es Ihnen unmöglich wird, das deutsche Volk durch die unerhörten Schandtaten auf dem Gebiete des Schulwesens durch Schließung unserer deutschen Schulen, durch Drangsalierung der deutschen Beamtenschaft, Enteignung der Eisenbahnen, Enteignung der Wälder, kurz durch alle möglichen Mittel zu èechisieren, so griffen Sie nach der wirtschaftlichen Seite. Ihnen ist es darum zu tun, auf der einen Seite die èechische Wirtschaft zu schützen, auf der anderen Seite die Deutschen so zu schädigen, daß sie mürbe werden. Ich habe leider nicht die nötige Zeit zur Verfügung, um hier über die Aufgaben und die Verantwortung der politischen Ökonomie zu sprechen, beziehungsweise auf die soziale Frage besonders einzugehen. Als Vertreter einer Partei, die ihr Hauptinteresse auf die Erhaltung und Beschützung des deutschen Bauernstandes gerichtet hat, will ich zum wirtschaftlichen Elend sprechen, das unsere Kreise bereits erfaßt hat und uns in die Zustände der 70er und 80er Jahre zurückführt. (Souhlas na levici.)

Man kann ruhig behaupten, daß die Krisis unserer Landwirtschaften, insbesonders der mittleren und kleineren, größer ist als die Krisis der industriellen Kreise. Wir haben es ein, zwei Jahre ausgehalten, passiv zu arbeiten. Nun müssen wir zu ganz radikalen Abwehrmaßnahmen greifen, und es zeigt sich, daß bereits heute manche unserer Kreise zur extensiven Wirtschaft übergegangen sind, weil ihre Wirtschaft vollständig unrentabel geworden ist und wir heute nur Hörige im Dienste anderer geworden sind. Wenn wir in früheren Jahren durch äußerste Sparsamkeit für die Erhaltung und Ergänzung der Wirtschaft einige Papierfetzen erspart haben, kommt nun der Staat her, der durch sein brutales Gesetz über die Vermögensabgabe uns diese zur Seite gelegten Spargelder wegnimmt, die wir zur Wiederherstellung der Wirtschaft, Anschaffung von Dungmitteln für unsere verarmten Felder verwenden wollten. Da diese Gelder bei einem großen Teile der Landwirte nicht mehr zu finden sind, sind sie gezwungen, Geld aufzunehmen. Aber bei der Rarität das Geldes und der Unsicherheit ist das dem Landwirte nicht möglich, und wir werden nach und nach zu Exekutionen unserer Landwirtschaften kommen. Bereits heute zeigt sich, daß der Exekutor den Weg ins Dorf zu finden weiß.

Nicht bloß, daß die Dürre und die Nässe in den letzten zwei Jahren elementar auf die Landwirtschaft eingewirkt hat, war es noch die Regierung, die durch den unvermittelten Preisabbau ganz auf Kosten der bäuerlichen Berufskreise derart eingewirkt hat, daß man von einer ruinöseren Maßnahme für die Landwirtschaft gar nicht mehr sprechen kann. Man staunt, wenn man hört, daß der jugoslavische Minister für Landwirtschaft betonte, daß vor allem für die Landwirtschaft eingetreten werden müsse, wenn die Sicherheit des Staates in Zukunft gewährleistet sein solle. Und bei uns? Ich weise nur auf den Kunstdüngerfonds hin, der nichts anderes bezweckte, als uns die Gelder herauszulocken und damit andere für ihr Bravsein zu belohnen. Durch diese Maßnahme wurden wir ausgebeutet. Wenn einzelne Gemeinden bei Dürre und Nässe die gesetzlich ihnen zustehenden Anzeigen gemacht haben, um wenigstens eine Steuerabschreibung zu erwirken, so wurde - ich weiß das aus meinem heimatlichen Wahlbezirk - auf dieses Ansuchen gar nicht eingegangen. So hat die Gemeinde Frohnau bei der Steuerbehörde in Falkenau, so haben Gemeinden des Neudecker Bezirkes anläßlich eines elementaren Wolkenbruches um Steuerabschreibung ersucht, die nicht erledigt wurden. Es ist weder die Kommission herausgekommen, noch ist man überhaupt auf die Anzeige eingegangen. Im Gegenteil, man hat z. B. die Gemeinde Dotterwies noch mehr geschädigt. So nützen auch alle gesetzlichen Bestimmungen nichts, und selbst bei solchen Elementarschäden, wie es die Dürre und die Nässe in den letzten zwei Jahren waren, werden die gesetzlichen Vorschriften in verkehrter Weise gehandhabt.

Es ist traurig, daß zu diesem Preisabbau, der so unvermittelt einsetzte, auch noch die eigentliche wirtschaftliche Not dazu kam, so daß wir durch die Futternot gezwungen waren, die Viehbestände zu verringern. Obwohl der Ertrag der Wirtschaft beeinträchtigt war, so kam noch dazu, daß dieser Preisabbau, für den sich besonders die Bezirkshauptleute und die Gendarmerie geradezu gewalttätig einsetzten, auf keinem anderen Produktionsgebiete zu finden ist. Im Frühjahre 1922 haben wir Saatgut mit 3·60 K gekauft und mußten nach der Ernte die Frucht mit 1·20 K verkaufen. Für die Saatkartoffeln mußten wir 2 Kronen bezahlen, bekamen aber für sie nur 10 Heller. Das Vieh, das seinerzeit um 3-4000 Kronen erworben wurde, mußte infolge der Futternot mit 600 und 700 Kronen abgegeben werden, so daß man sagen kann, daß auf jeden Hektar Grund ein durchschnittlicher Schadenbetrag von 1000 Kronen entfällt, so daß kleinere Landwirte schon heuer einen Abgang von 10-12.000 Kronen zu verzeichnen haben. Dieser wächst natürlich mit der Größe des Besitzes. Zu diesem ruinösen Preisabbau kam noch ferner, daß bei der Vermögensabgabe keine Rücksicht darauf genommen wurde, daß seit der Konskribierung im Jahre 1919 der Wert bedeutend zurückgegangen ist. Im Gegenteil: Unsere Einbekenntnisse wurden in ganz unverständlicher Weise so gewaltig erhöht, daß man sich heute darüber freuen könnte, wenn jemand käme, um uns die Wirtschaft zu diesem Preise abzunehmen. Es gibt keinen Vermögenszuwachs, man muß direkt von einer bedeutenden Vermögensverringerung sprechen. Man sollte an den maßgebenden Stellen daran gehen, die Zuwachsabgabe unbedingt zu beseitigen, weil sie eine der ungerechtesten und unerhörtesten Abgaben ist, die es überhaupt gibt. Wir wurden überdies weiter dadurch sehr geschädigt, daß durch die Einfuhr der Produktenpreis ganz gewaltig herabgedrückt wurde. So haben wir nach den Angaben des statistischen Amtes im Jahre 1922 4,340.000 Meterzentner Getreide und Mehl eingeführt, also gegenüber 1921 eine Mehreinfuhr von 798.000 Meterzentnern. Außerdem harren noch Millionen von Meterzentnern in Amerika der Verwendung zum Drücken der Preise. Nun sind alle anderen Bedarfsartikel nicht im mindesten zurückgegangen, alles was der Bauer braucht, muß er genau so teuer bezahlen, wie in früheren Tagen. Weder die Bekleidung, noch Beheizung, noch Beleuchtung sind für ihn billiger geworden. Er muß genau so viel Auslagen dafür verrechnen wie früher und trotzdem sieht er täglich seine Einnahmen ganz gewaltig schwinden. Und den gleichen gewaltigen Rückgang in den Einnahmen wie im Getreidebau erleben wir auch auf dem Gebiete der Viehproduktion. Das statistische Staatsamt weist in Schlacht- und Zugvieh eine Einfuhr von 360.875 Stück aus, denen eine Ausfuhr von nur 11.391 Stück gegenüber steht, so daß sich ein Einfuhrüberschuß von 349.484 Stück ergibt. Mit diesem Einfuhrüberschuß ist der Bedarf der Bevölkerung auf 2 Jahre hinaus gedeckt, oder es läßt sich mutmaßen, daß diese gewaltige Einfuhr zur Anschaffung von Reserven, zur Herstellung von Konserven verwendet wurde, damit dieser Staat vielleicht doch bei Gelegenheit von Sanktionen gegenüber dem jetzt verarmten Deutschland eingreifen kann. Auch sonst sehen wir ganz gewaltige Einfuhrüberschüsse.

Der Vieh produzierende Landwirt muß doch mit einer preisschützenden Orientierung, er muß mit einer Stabilisierung der Viehpreise rechnen können, sonst ist es ihm bei der Kalkulation nicht möglich, eine Rentabilität des Betriebes zu sichern. Mit der eingeführten Riesenmenge von Fleisch und Lebendvieh hat man nicht bloß unsere teueren Viehbestände entwertet, man hat auch unsere gesunden Viehbestände verseucht. Das war der große Nachteil, den die Landwirtschaft davon gehabt hat, die Landwirtschaft, von der die anderen sagen, daß alles immer und immer ihr zugute komme: sie wurde hier am meisten geschädigt. Zur Sicherung unserer Landwirtschaft müssen wir daher vor allem eine ganz andere Zollpolitik fordern. Es kann uns nicht gleichgültig sein, ob man für uns Schutzzoll oder Freizoll einführt, wenn die anderen Klassen Schutzzoll genießen. Wir wollen auf diesem Gebiete volle Gerechtigkeit. Die Regierung sollte der Gesundung der Wirtschaft, insbesondere der Urproduktion, das größte Augenmerk zuwenden. Bisher aber ist das durchaus nicht geschehen.

Wir haben bereits eine ganz gewaltige Vermögensabgabe geleistet, u. zw. in Form von Kriegsanleihe, zu der wir gezw ungen wurden. Wir begreifen es ja, daß die èechi schen Kreise an dieser Frage nicht das Interesse haben, welches die Deutschen haben, denn ihre Spareinlagen sind nur mit 4·9 % interessiert, während die deutschen Spareinleger mit 44·6 % daran beteiligt sind. Wenn nun nicht einmal die Verzinsung in der nächsten Zeit geregelt wird, so bedeutet das einen furchtbaren finanziellen Schlag für unsere Kriegsanleihebesitzer, die damals bona fide von ihrem ehrlich erworbenen Geld gezeichnet haben. Nicht nur das, man hat uns damals noch verlockt, Lombardierungen vorzunehmen, die die Einzelnen und besonders die Gemeinden in ein furchtbares Elend hineingebracht haben. (Místopøedseda Buøíval pøevzal pøedsednictví.) Ich habe heute nicht gehört, daß irgend eine Stelle davon gesprochen hätte, daß man freiwillig der Kriegsanleiheeinlösung näher treten will, die für die deutsche Bevölkerung, namentlich für die Landbevölkerung, von ungeheuerer Wichtigkeit ist. Wir müssen weiters entschieden verlangen, daß man einer Reform der Steuern nähertrete, denn die heutige Überlastung mit Steuern ist dem Landwirt unerträglich geworden. Ganz einseitig werden wir als Steuerobjekt benützt und alle unsere Vorsprachen, selbst Demonstrationen, wenn wir zu ihnen greifen, scheinen bisher nichts genützt zu haben und wenn wir an die Herren Minister Anfragen stellen, so werden sie nicht beantwortet. Wir wollen noch nicht zum letzten Mittel greifen! Wenn mit uns vielleicht doch der innere Zorn durchgehen sollte, so könnte das unter Umständen den Herren Ministern sehr unangenehm werden. Auf jeden Fall möchte ich von dieser Stelle nochmals betonen, daß es notwendig ist, auf unsere Anfragen endlich einmal Antwort zu geben. Die Übersteuerung ist heute derart, daß man mit dem vierzehnfachen Steuersatz gegenüber früher rechnen muß. Mit 20 % ist daran der Staat beteiligt, der also direkt mit eine Ursache der Verteuerung der Lebensführung geworden ist. Eine Reform, die eine Entlastung herbeiführen würde, wäre dringendst notwendig. Dann wird selbstverständlich auch eine Verbilligung der Lebensmittel eintreten können. Solange wir aber unter der furchtbaren Vermögensabgabe, unter dieser nichteingelösten Kriegsanleihe zu leiden haben, an den unerträglichen Steuerverhältnissen, an einer vollständig unrentabel gewordenen Landwirtschaft, der man in keiner Weise entgegenkommt, solange ist von einer Besserung der volkswirtschaftlichen Lage nicht zu sprechen. Die Zustände geben uns ein trauriges Bild und die Verhältnisse scheinen eine ruhige und ungestörte Entwicklung nicht zulassen zu wollen, so daß unser Fortleben und unsere Wohlfahrt und die Gesittung gestört werden. Auch der Ausblick in die Zukunft gibt uns zu ebenso besorgniserregenden Empfindungen Anlaß, die Zukunft wird unter Umständen noch trauriger werden als die Gegenwart. Es ist keine Schwarzseherei, wenn man noch schlimmere Tage prophezeit und die Katastrophe herannahen sieht, die dann vielleicht nicht bloß das Wirtschaftsleben tangieren, sondern auch in das Staatsleben erschütternd einwirken wird.

Ich will von dieser Stelle nicht mehr auf jene tiefgehenden und zersetzenden Verhältnisse eingehen, die heute in den kleinen bäuerlichen Betrieben eingetreten sind. Die Verantwortung hiefür fällt auf jene zuck, die uns bisher nur als Ausbeutungsobjekt betrachtet haben, denen es nicht einfällt, Abhilfe zu schaffen. Auch auf unserer Seite gäbe es genug Kleinbauern und Häusler, die einer Arbeitslosenunterstützung bedürfen würden, weil sie keinerlei Erwerb haben und nicht wissen, wie sie ihre Familien erhalten können. Wenn die radikalen Kreise, die sich immer mehr vermehren, zum letzten Mittel greifen, nämlich zur extensiven Wirtschaft, wenn wir tatsächlich einmal dazu kommen, nur das zu erzeugen, was wir selbst brauchen, dann werden die Herren im Staate, die bisher achtungslos an der Landwirtschaft vorübergegangen sind, eine andere Meinung von ihr haben. Wir Deutschen haben ein Sprichwort dafür, das sich auch hier bewahrheiten wird: Alle Schuld rächt sich auf Erden. (Souhlas na levici.)

3. Øeè posl. Kostky (viz str. 2249 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Meine verehrten deutschen Parteigenossen! Ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, daß ich Sie nicht bemühen will, die Teilnahmslosigkeit des Hauses noch weiter zu vermehren. Ich werde meine Rede morgen in der "Bohemia" erscheinen lassen. Hier muß ich sie leider auch halten, damit wenigstens ein Teil dessen, was ich zu sagen habe, im Protokoll erscheint. Im übrigen ist es eine Schmach für ein Parlament, die Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise mit einer solchen Teilnahmslosigkeit im Hause und einer Vollbeschäftigung im Restaurationsbetrieb zu begleiten. (Posl. dr. Hnídek: Obrate se na své kolegy!) Es betrifft vor allem Sie, meine Herren auf der rechten Seite des Hauses. (Posl. Dubický: Kde jsou nìmeètí sociální demokraté?) Auf der deutschen Seite ist die Mehrheit anwesend. Es zeigt sich, daß die Ausführungen über die Wirtschaftskrise und auch, wie ich glaube, die Ausführungen der Herren Minister von der Majorität nicht ernst genommen werden.

Um nur einiges zu der Sache, die mir sehr wichtig erscheint, vorzubringen, möchte ich vorerst darauf verweisen, daß man ja in einem früheren Stadium überhaupt von einer Wirtschaftskrise in diesem Staate nichts wissen wollte. Auch die Herren Minister haben seinerzeit zum Teil erklärt, daß es sich nur um einen Konjunkturrückgang handle. Später haben sie die Sache so umgedeutet, daß es sich nicht um eine Absatzkrise, sondern nur um eine Preiskrise im Zusammenhang mit dem Aufbau unserer Valuta handle. Ich glaube, es sind wohl heute die meisten Kreise davon überzeugt, daß es sich hier augenblicklich nicht nur um eine Preis- oder Absatzkrise, nicht nur um eine Zahlungsoder Finanzkrise in diesem Staate handelt, sondern daß es sich in Wirklichkeit bei uns um eine Wirtschaftskatastrophe handelt. Bei vielen Industrien - es muß das leider gesagt wwerden - bedeutet die Krise den Anfang vom Ende.


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