Pøíloha k tìsnopisecké zprávì
o 183. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pondìlí dne 18. prosince 1922.
1. Øeè posl. dr. Kafky (viz str. 1796 tìsnopisecké zprávy):
Meine Damen und Herren! Zu den in Beratung stehenden Vorlagen, nämlich zu der Vorlage betreffend die Genehmigung bezw. Kenntnisnahme der Genfer Protokolle und betreffend das Ermächtigungsgesetz an die Regierung über die Teilnahme an den Krediten für Österreich wäre eine Reihe von Bemerkungen zu machen, sowohl was die formale Behandlung dieser Angelegenheit durch die Regierung betrifft, als auch was die Einzelheiten der in Rede stehenden Gesetze und Vorlagen anbelangt. Ich verzichte darauf, formale Erwägungen anzustellen, trotzdem sie ganz interessant wären und es insbesondere interessant wäre, festzustellen, auf welcher Rechtsbasis es beruht, daß das Protokoll III. zur Kenntnisnahme der Nationalversammlung vorgelegt wird. Ich verzichte auch, auf das Detail der Vorlagen einzugehen, und zwar erstens einmal, weil ich über die Einzelheiten der Genfer Protokolle manches bereits im auswärtigen Ausschusse gesagt und auch in manchen Punkten, wie ich zugestehen will, Aufklärungen seitens des Vertreters der Regierung erhalten habe, insbesondere aber deshalb, weil es mir in diesem Zusammenhange vor allem darauf ankommt, unseren grundsätzlichen Standpunkt herauszuarbeiten und die Stellungnahme unserer Partei gegenüber den beiden zur Beratung stehenden Vorlagen zu begründen.
Bevor ich das tue, fühle ich die Verpflichtung in mir, an die Spitze meiner Ausführungen die selbstverständliche Erklärung zu stellen, daß wir jede Vorlage, welche eine Hilfsaktion für das verelendete Österreiich bedeutet, mit der innigsten Sympathie und mit jenem selbstverständlichen Gemeinschaftsgefühl begleiten, das wir allen Teilen des deutschen Volkes entgegenbringen, wohin immer sie durch das Schicksal und durch den Unrechttsfrieden verschlagen worden sind. (Souhlas na levici.)
Diese selbstverrständliche Sympathie darf uns natürlich nicht hindern, in eine genaue Prüfung der Hilfsaktion nach ihrer inhaltlichen und grundsätzlichen Seite einzugehen, wobei wir keineswegs beabsichtigen, von dieser Stelle aus irgendwie Kritik zu üben an dem Verhalten der österreichischen Regierung, welche ja die Mitunterfertigerin der Genfer Protokolle ist. Wir tun das vor allen Dingen deshalb nicht, weil wir nicht den Wunsch haben, von dieser Stelle gegenüber der Regierung eines deutschen Staates Kritik zu üben, weil diese Kritik, wenn sie irgendwie erschöpfend sein sollte, sich keineswegs auf diese Regierung beschränken könnte, sondern in Zusammenhang gebracht werden müßte mit einer genauen kritischen Stellungnahme zu den früheren österreichischen Regierungen. Vor allen Dingen tun wir es aber deshallb nicht, weil wir uns sagen müssen, daß die österreichische Regierung, als sie ihre Unterschrift unter die Genfer Protokolle setzte, gewiß unter einem psychischen Zwang gehandelt hat und weil sie von sich sagen kann: coactus tamen volui.
Wir glauben also, daß wir vor allen Dingen an dieser Stelle die Aufgabe haben, eine Kritik an dem Vorgehen der èechoslovakischen Regierung zu üben und daß wir unter diesem Gesichtspunkt vor allem zu diesen beiden Vorlagen Stellung zu nehmen verpflichtet sind, wenn und soweit es richtig ist, daß die èechoslovakische Regierung über Wunsch der österreichischen Regierung sich bereit erklärt hat, an einer Sanierungsaktion für Österreich mitzuwirken. Wenn sie in dieser Hinsicht irgend mit besonderer Entschiedenheit oder Initiative vorgegangen ist oder vorgegangen sein sollte, können wir dieses Vorgehen der èechoslovakischen Regierung billigen. Wir sind aber weit davon entfernt, nicht mit aller Entschiedenheit der Auffassung entgegentreten zu müssen, daß dieses Vorgehen der Èechoslovakischen Regierung zu werten ist als ein Akt des besonderen Entgegenkommens oder irgend einer eingeschränkten oder gar reinen Liberalität. Denn wir sind der Ansicht - und wenn wir dieser Ansicht nicht von allem Anfang gewesen wären, sind wir es in erhöhtem Maße geworden aufgrund des Referates des Herrn Vertreters des Budgetausschusses - wir sind der Ansicht, daß in erster Linie die egoistischen Interessen der Èechoslovakei diese zu der Sanierungsaktion veranlaßt haben und zweitens sind wir der Ansicht, daß zumindest nach unserer Auffassung eine moralische Verpflichtung im höchsten Maße vorlag, dieser Sanierungsaktion beizutreten.
Wenn ich von der moralischen Pflicht zur Hilfeleistung ausgehe, muß ich darauf hinweisen, daß diese moralische Pflicht begründet ist in der großen moralischen Mitverantwortung, welche die èechoslovakische Regierung gerade an dem Niedergang und an dem katastrophalen Zusammenbruch Österreischs zu tragen hat. Die èechoslovakische Regierung hat in erster Linie an dem Frieden von St. Germain mitgewirkt, welcher ein Österreich geschaffen hat, das nicht nur nach unserer Auffassung, sondern auch nach der Auffassung vieler anderer objektiver und maßgebender Beurteiler ein lebensunfähiges staatliches Gebilde darstellt, sie hat dazu beigetragen, daß die natürliche Lösung des österreichischen Problems auf dem Boden der Selbstbestimmung unter den Tisch gefallen ist, und mit allen Mitteln, die überhaupt zur Verfügung standen, verhindert wurde. Sie hat nicht nur daran mitgewirkt, was in St. Germain geschehen ist, sondern hat in erhöhtem Maße dazu beigetragen, daß gegen die sogenannte Anschlußpolitik ein unbesiegbarer Widerstand sich geltend machte, trotzdem daß nicht nur das ganze Konzept der Lösung des österreichischen Problems von allem Anfang an anfechtbar war unter dem moralischen Gesichtspunkt, daß man versprochen hatte, das Recht der Selbstbestimmung zu wahren, und daß man dieses dann nicht wahren ließ, sondern auch das urei genste Interesse des èechoslovakischen Republik eigentlich dazu hätte führen müssen, die Lösung des österreichischen Problems in dem Anschluß Österreichs an Deutschland zu suchen. Ich bin auch überzeugt, daß die èechoslovakische Republik, wenn sie vom ersten Augenblick an in der Lage gewesen wäre und die Absicht gehabt hätte, eine unabhängige èechoslovakische Politik zu treiben, der Anschlußfrage and ers gegenüber gestanden wäre als es dann tatsächlich eingetreten ist, nämlich daß sie sich gezwungen sah oder sich freiwillig dazu herbei ließ, die französiche Politik mitzumachen. Wir müssen uns ganz klar darüber sein, daß nicht vom Standpunkt der Idee des Selbstbestimmungsrechtes, nicht vom Standpunkt irgend eines deutschen Interesses, sondern vom Standpunkt des staatlichen Interesses der èechoslovakischen Republik es gewiß richtiger ist, ein Deutschland mit Einschluß Österreichs zu sehen als irgend einen kleinen mitteleuropäischen Staat neben sich und damit - von Ihrem Standpunkt zumindest - die ewige Gefahr, einer Donaukonföderation vor sich zu haben. Aber das ist geschehen und die Mitverantwortung für diese verfehlte Politik trifft in erster Linie auch die Èechoslovakei.
Die Èechoslovakei hat es sich aber geleistet, auch noch eine besondere Verantwortung für die Verelendung Österreichs dadurch auf sich zu nehmen, daß sie in den ersten Jahren nach Ende des Krieges eine Politik der Feindseligkeit und der Gehässigkeit gegenüber Österreich betrieben hat, eine Politik, die in erhöhtem Maße dazu beigetragen hat, daß jetzt jene katastrophalen Folgen eingetreten sind, welche zu einem verzweifelten Schritt geführt haben. Wir haben an dieser Stelle wiederholt auf diese Politik des Ressentiments gegenüber Österreich hingewiesen, wir waren in der Lage, Daten hiefür anzuführen. Wir brauchen uns nur daran zu erinnern, mit welcher zögernden Attitude sich die Èechoslovakei anfangs sogar gegenüber den gewiß bescheidenen Schritten von Portorose verhalten hat; wir brauchen übrigens, um alle Einzelnheiten zu vermeiden, nur an eines zu erinnern, was allen Herren, die hier im Hause sitzen, gegenwärtig sein wird, nämlich an die von zvnischem Haß gegen Österreich triefende Rede des derzeitigen Finanzministers Dr. Rašín, die er im Frühjahr dieses Jahres gehalten hat. Er war, als er die Rede hielt, einfacher Abgeordneter. Als aber in den ersten Jahren die Politik gegen Österreich gemacht wurde, war er Finanzminister und beherrschender Minister des Kabinetts, um das es sich gehandelt hat. Wenn er nun seine Politik gegenüber Österreich und damit die Politik des Kabinetts gegenüber Österreich geführt hat, wie es der Stimmung seiner Rede entspricht, dann glaube ich, sind wir jedes weiteren Beweises dafür enthoben, daß das eine Politik der Feind seligkeit und des, sagen wir wohlwollend, des mangelnden Entgegenkommens gewesen sein muß. Das ist die moralische Verantwortlichkeit, und aus ihr entsprang und entspringt die moralische Verpflichtung zur Hilfeleistung.
Darüber hinaus aber besteht eine Verpflichtung aufgrund der eigenen Interessen der Èechoslovakei. Ich will gar nicht davon sprechen, unter welchen finanziellen Bedingungen diese Kredite gewährt werden, ich will gar nicht davon sprechen, ob und inwieweit diese Kredite dazu verwendet werden, Rückzahlungen zu leisten für Zahlungen, die man unter ganz anderen valutarischen Bedingungen gegeben hat, all das soll außer Betracht bleiben. Aber das eine muß festgehalten werden, daß es der Èechoslovakei denn doch nicht gleichgiltig sein kann, ob neben ihr, in ihrer engsten Nachbarschaft, ein Staat finanziell zusammenbricht und daß es ihr vor allenn Dingen nicht gleichgiltig sein kann, wenn als notwendige Folge dieses finanziellen und wirtschaftlichen Zusammenbruches in der nächsten Nachbarschaft und mitten in Mitteleuropa sich notwendig ein Herd des Umsturzes, der Unruhe und der Revolution erhebt. Aus diesen Gründen ist zu erklären, daß sich die Èechoslovakei zu einer Hilfeleistung entschlossen hat und es ist ja auch, ich möchte sagen mit jener Aufrichtigkeit überhaupt, die die Herren von der nationaldemokratischen Partei auszeichnet, von Seiten des Herrn Referenten Špaèek ganz klar hervorgehoben worden, wovor man sich fürchtet und weshalb man sich zu diesen Krediten entschlossen hat. Also, ich bitte, bleiben wir bei den Tatsachen: Keine besondere Liberalität, kein besonderes Entgegenkommen, sondern Schutz der eigenen Interessen war es, was zwangsläufig zu dieser Aktion geführt hat.
Wenn ich nun ganz kurz sagen soll, wie wir diesen Anträgen gegenüber stehen, möchte ich vor allen Dingen noch einmal feststellen: Wir erwarten von der ganzen Kreditaktion eine wirkliche Sanierung der Verhältnisse für Österreich auch für eine ganz kurze Zeit nicht. Wir sind der Ansicht, daß diese pessimistische Anschauung durch die ganze Struktur Österreichs begründet ist, wir sind der Ansicht, daß diese unsere Anschauung, die wir seit jeher gegenüber aller Kredithilfe vertreten, nicht besser begründet werden kann als durch das Gutachten der Finanzsachverständigen, das der Vorlage über die Genfer Protokolle beigedruckt ist und das zwar von der Möglichkeit einer Besserung spricht, aber sich sofort beeilt hinzuzufügen, diese Möglichkeit einer Besserung sei die allergünstigste Voraussetzung. So beurteilen also die Finanzsachverständigen, die gewiß mit dem Wunsche geschrieben haben, daß der Kredit zustande kommt, so beurteilen die Finanzsachverständigen im Bewußtsein ihrer Verantwortlichkeit die Bedeutung und den Wert der Kreditvorlagen.
Der Kredit ist aber, meine Damen und Herren, kein auf rein finanziellen Gesichtspunkten aufgebauter Kredit, sondern ist an eine Reihe von Bedingungen geknüpft, welche ich als politische Bedingungen im eminentesten Sinne des Wortes bezeichnen möchte. Vor allem findet sich hier im ersten Protokoll eine neue Bindung Österreichs an den Friedensvertrag von St. Germain, und zwar in dem ominösen Art. 88 des Friedensvertrages, eine Bindung, die gegenüber den Garantiemächten ausdrücklich noch einmal hervorgehoben wird und die auch eine inhaltliche Erweiterung der Verpflichtungen, die in St. Germain übernommen worden sind, darstellt. Da wir grundsätzliche Gegner jener Politik sind, die es Deutschösterreich verbietet, sich durch Anschluß an ein größeres Wirtschaftsgebiet die notwendigen Voraussetzungen für seinen Bestand und seine Lebensfähigkeit zu sichern und selbstverständlich als Anhänger des Selbstbestimmungsrechtes einer solchen Bindung, die dagegen wirkt, nicht zustimmen können, so ist das der eine Punkt, gegen den wir die schwersten Bedenken erheben müssen. Der zweite Punkt, gegen den wir die schwersten Bedenken erheben müssen, ist jene Gestaltung der Kontrolle, welche durch die österreichische Regierung zugestanden, bzw. von den garantierenden Mächten verlangt worden ist. Es liegt in diesen Bestimmungen des Genfer Übereinkommens ein so weitgehender Eingriff in die innerpolitische Unabhängigkeit des österreichischen Staates, daß sogar für eine gewisse Zeit die Ausschaltung des Parlaments von der Mitwirkung an so wichtigen und entscheidenden Maßnahmen durchgesetzt erscheint. Ich kann nur sagen, daß ein demokratischer Staat nach meinem Dafürhalten eine solche Bindung nicht entgegennehmen kann, wenn er irgendwie den Gedanken des Parlamentarismus, den Gedanken der Demokratie zu vertreten weiter bereit ist, wenn er wirklich das ist, was wiederholt hier von der Regierungsbank als das Wesen des Èechoslovakischen Staates bezeichnet worden ist. Ich weiß nicht, wozu diese Ermächtigung an die Regierung Österreichs und an die wechselnden Regierungen Österreichs verwendet werden kann. Es kann hiedurch zu den reaktionärsten Maßnahmen die Handhabe geboten werden; aber auf jeden Fall müssen wir uns von allem Anfang an an den Grundsatz halten, daß wir jeden derartigen Eingriff in die parlamentarische und demokratische Gestaltung eines Staates auf das entschiedenste ablehnen müssen. Wir verstehen es allerdings, daß die Èechoslovakische Republik in diesem Falle nicht sehr heikel ist, denn sie scheut ja auch nicht davor zurück, ihr eigenes Parlament auszuschalten und der Regierung eine Ermächtigung nach der anderen zu überlassen, damit sie ohne Mitwirkung des Parlamentes die wichtigsten Verfügungen treffen kann.
Ich bitte, von allem Anfang an zwei Einwände ablehnen zu dürfen. Der eine Einwand, der gemacht werden kann und sicher gemacht werden wird, ist der, daß wir gewissermaßen der Ansicht sind, die Èechoslovakei soll ein Geschenk geben und auf jede Kontrolle, auf jede Garantie für dieses Geschenk verzichten. Mein Damen und Herren! Vertreten Sie nicht die Anschauung, daß Sie von èechischer Seite allein ein Interesse daran haben, wie die Gelder des Staates hier verwaltet werden, denn diese Gelder des Staates fließen zum großen Teil aus deutschen Steuern und wir haben ein großes Interesse daran, wie mit diesen Steuergeldern verfahren wird, denn wir wollen nicht, daß infolge irgend welcher unnützer und wertloser Ausgaben dann vielleicht eine Begründung gefunden wird für jenes skandalöse Verbrechen, das Sie in der letzten Woche begangen haben, ein Verbrechen, das mit jedem Tag, wo die Krone am internationalen Markte fällt, wo die Gefahr, daß wir statt eines Preisabbaues eine Preishinaufsetzung bekommen, schän licher wird. Wir wollen nicht, daß etwas derartiges geschieht. Wir sind selbstverständlich der Ansicht, daß, wenn irgend jemandem Geld geborgt, oder wenn vielleicht für irgend eine Anleihe auf Kosten dieses Staates gebürgt wird, daß dieser Staat sich auch die nötigen Sicherheiten verschafft. Diese Sicherheiten hat die Èechoslovakische Republik und haben alle garantierenden Mächte zweifellos in den Pfändern erhalten, die in überreichem Maße durch die österreichische Republik, wenigstens nach der Berechnung der Sachverständigen, durch das Tabakmonopol und die Zölle gegeben worden sind. (Posl. dr. Lodgman: Auch andere!) Ich habe nur die wichtigsten hervorgehoben. Die Ausrede, daß man doch niemandem etwas schenken muß, daß man dafür auch Sorge tragen muß, daß man mit seinen Forderungen gesichert ist, diese Ausrede gilt gegenüber unserer Argumentation nicht.
Eine zweite Argumentation sagt, daß wir doch nicht österreichischer sein sollen als Österreich oder wie der Herr Minister des Äußeren zu sagen beliebte, daß wir nicht päpstlicher sein sollen als der Papst. Dem gegenüber können wir nur sagen, daß wir nicht im mindesten den Wunsch haben, österreichischer zu sein als Österreich, aber wir haben die Pflicht als Mitglieder des èechoslovakischen Parlamentes zu verlangen, daß die èechoslovakische Republik, die èechoslovakische Regierung, im Sinne der Demokratie und nicht unter Verletzung der Grundprinzipien eines parlamentarischen Staates vorgeht. Und deshalb sagen wir, daß die einzig richtige Haltung, welche in dieser ganzen Aktion von den fremden Staaten eingehalten worden ist, die der Schweiz war. Ich glaube, daß wir der Schweiz nie den Vorwurf machen können, daß sie österreichischer sein will als Österreich. Sie weiß wohl und hat es in Jahrhunderten schon bewiesen, daß es für sie nur eine Devise der Politik gibt, nämlich schweizerische Politik zu machen, und trotzdem hat der Bundesrat beschlossen, in zwar bescheidenem Maße, wie es der Finanzkraft des Landes entspricht, zu dem Hilfswerk für Österreich beizutragen, aber gleichzeitig erklärt, daß es seiner Neutralitäts- und Friedenspolitik widerspreche, eine Verpflichtung Österreichs entgegenzuneh men, sich nicht irgend einem Staate anzuschließen, und über seine Souveränität so frei zu verfügen, wie es jeder Staat berechtigt ist, und hat ferner ausdrücklich erklärt, daß er es unbedingt ablehnen müsse, an einer derartigen Kontrolle teilzunehmen, wie sie durch den Vertrag von Genf festgelegt erscheint. Wir glauben, daß die èechoslovakische Republik èechoslovakische Politik hätte treiben können und hätte treiben müssen, indem sie dieses Vorbild der Schweiz befolgt hätte. Sie befolgt leider in vielen anderen Punkten das Vorbild der Schweiz nicht. Vielleicht wäre es in diesem Punkte möglich gewesen, einem unanfechtbar richtigen Beispiel, das die Schweiz gegeben hat, zu folgen. Wir zweifeln nicht daran, daß, wenn die Èechoslovakei in gleicher Weise orgegangen wäre, wie die Schweiz, auch andere garantierende Mächte dieselbe Art der. Haltung eingenommen hätten.
Das, meine Damen und Herren, ist in aller Kürze der Standpunkt, den wir gegen diese beiden Vorlagen einnehmen, und es ergibt sich daraus Folgendes für unser Verhalten: Wir können unter keinen Umständ en dem Genfer Protokoll zustimmen und werden die Vorlage über die Genfer Protokolle ablehnen. Wir werden zu der - Kreditvorlage einen Resolutionsantrag einbringen, in dem wir die Reegierung auffordern, das, was sie bisher verfehlt hat, soweit es noch möglich ist, gutzumachen, indem sie einerzeits auf die politische Bindung des Protokolls, anderseits auf ihren Sitz in der Kontrollkommission verzichtet, welcher ihr nach den Genfer Protokoll II gebührt. Sollte jedoch dieser Resolutionsantrag abgelehnt werden, so werden wir für die Kreditvorlage stimmen. Wir tun dies in der klaren Weiterverfolgung jener Haltung und Politik, welche wir bereits gegenüber dem früheren Kreditübereinkommen eingenommen haben. Wir tun dies unter realpolitischer Berücksichtigung der gegenwärtigen Verhältnisse, indem wir jedenfalls, so weit es an uns liegt, alles vermeiden wollen, das irgendwie im Sinne einer Ablehnung selbst einer Scheinhilfe, die Österreich geboten werden kann, gedeutet werden könnte und weii wir unsererseits auf keinen Fall dazu beitragen wollen, die ohnehin gefährdete wirtscl&aftliche und politische Situation Deutschösterreichs durch Mitwirkung an der Ablehnung der Kreditaktion zu erschweren. Wir können nur hoffen, daß sich entgegen allen unseren Befürchtuni gen jene Erwartungen erfüllen, die die österreichische Regierung und mit ihr ein großer Teil des èechoslovakischen Volkes an die Sanierungsaktion von Genf knüpft. (Souhlas na levici.)
2. Øeè posl. Knirsche (viz str. 1800 tìsnopisecké zprávy):
Verehrte Damen und Herren! In voller Übereinstimmung mit der Haltung und den Beweggründen unserer deutschösterreichischen Parteigenossen lehnen wir sowohl die Kredite als auch die Genfer Protokolle ab; die Kredite deshalb, weil sie, wie schon die nahe Zukunft lehren wird, die von den Kreditnehmern beabsichtigten Wirkungen auf das deutschösterreichische Wirtschaftsleben nicht herbeiführen werden. Ohne Beseitigung der durch die Friedensdiktate aufgerichteten Hindernisse, die den Völkern den Weg zur freien Entwicklung verlegen und der Wirtschaft alle Kanäle verstopfen, die in Absatzgebiete und zu den Rohstoffquellen führen, ist keine wirtschaftliche Aufrichtung Europas, geschweige denn irgend eines Kleinstaates möglich. Deutschösterreich wird durch die Kreditoperationen immer tiefer in die Schuldknechtschaft des internationalen Bankkapitals gestürzt. Aller Arbeitsfleiß, alles Können und alle Tüchtigkeit unserer dortigen Stammesbrüder werden solcher Art dem gierigen Zinsgeier dauernd tributpflichtig gemacht, das Volk muß in Elend verkommen und in Armut roboten, während die Bankmagnaten und das ganze internationale Schieber- und Wuchergesindel ihre Orgien feiern. Die Genfer Protokolle bekämpfen wir, weil sie ganz im Geiste der Friedensdiktate gehalten sind. Sie sind ein klarer Beweis dafür, wohin der Kurs geht. Wir haben immer darauf hingewiesen, daß hinter der ganzen Einkreisungspolitik gegen Deutschland und hinter der Kriegspolitik der Entente das internationale Händlertum und Bankkapital stand, dem das sozial gerichtete Deutschland den Weg zur Weltherrschaft verlegte. Deutschland war vor dem Kriege auf dem Wege zum sozialen Volksstaat, dessen Geist nicht an seinen Grenzen halt gemacht hätte. Dieser Entwicklung mußte in den Arm gefallen werden. Das Ziel ist nun erreicht. Heute fühlen die 300 Geldkönige, von denen Rathenau sagt, daß sie in Wirklichkeit die Welt regieren, sich schon so mächtig, daß sie mit offenen Karten zu spielen beginnen und ihren Bundesgenossen zum Aufstieg, der Demokratie, dem Selbstbestimmungsrecht, dem höheren Allmenschentum usw. den Fußtritt geben. Ein besonders betontes Kriegsziel der Entente und, wie Masaryk in seinem jüngst erschienenen Buche mitteilt, auch der Èechen, war die Einführung von Staatsverfassungen nach demokratischen Grundsätzen, also die Selbstregierung durch das Volk. Sowohl das deutsche Reich wie auch Deutschösterreich haben heute Staatsverfassungen, die diesem Grundsatz in idealster Weise gerecht werden. Und nun ist eine der Bindungen, an welche die Kredite durch die Genfer Protokolle geknüpft werden, die Ausschaltung der parlamentarischen Kontrolle der Finanzverwaltung des Landes und die Einsetzung eines Diktators von Gnaden der Börsenjobber mit unumschränkter Gewalt (Posl. Simm: Der früher Neger bewacht hat!) Sehr richtig! Dieser hat für die Hereinbringung der Zinsen und Zinzeszinsen Sorge zu tragen, und da er an den Geldsack der von arbeitslosem Einkommen Lebenden nicht rühren kann, wird er die Riemen aus der Haut der arbeitenden Massen schneiden. Die angekündigten Maßnahmen, als Beamtenabbau und verlängerte Arbeitszeit bei verkürzten Löhnen, lassen darüber keinen Zweifel aufkommen. Diese Maßnahmen zeigen, daß es sich bei dieser Kreditoperation wirklich nur um einen Vorstoß der sozialen Reaktion handelt. Der Gehalts- und Lohnabbau bei der verarmten nicht mehr kaufkräftigen Masse der Bevölkerung muß in entgegengesetzter Richtung von wirtschaftlichem Aufbau führen. Der Absatz der heimischen Produktion wird noch mehr stocken, das Wohnungselend noch mehr vergrößert und der Staatshaushalt noch passiver werden und zwar deshalb, weil die Steuerquellen immer mehr durch eine solche Politik versiegen müssen.
Eine von ernstem Willen geleitete Sanierungsaktion müßte vor allem auf Hebung der heimischen Produktion und der Kaufkraft der breiten Massen bedacht sein. Die Kreditgeber haben kein so ches Interesse daran, denn sie wollen durch Sicherung eines verstärkten Einflusses Deutschösterreich in noch höherem Maße zum Absatzgebiet ihrer Produkte machen, ihre Absicht ist also nicht Aufbau, sondern ausgesprochener Raubbau. Die soziale Reaktion ist, wie wir sehen, in vollem Vormarsche, entsprechend dem Machtbewußtsein der zur Herrschaft gelangten Bankkapitalisten. Die Börsen drücken heute der Politik in ganz Europa ihren Stempel auf, und sozialistische Parteien sind das gefügige Werkzeug dieser Reaktion, von der einzig und allein Freiheit und Fortschritt bedroht sind. Wir werden es, wie schon so oft, auch heute wieder in diesem Hause erleben, daß die èechischen Sozialdemokraten und die èechischen Nationalsozialisten Arm in Arm mit Herrn Rašín, dem typischen Vertreter dieser kapitalistischen Reaktion, für das vorliegende Gesetz stimmen werden, das die parlamentarische Kontrolle ausschaltet und sie durch die Diktatur des Finanzkapitals ersetzt. Die Sozialisten gehören heute zum Gefolge des Diktators Zimmermann bei seinem Einzug in Wien. Ihre Politik wird dazu führen, daß auch hier der Rašín sche Geist immer beherrschender wird, bis eines Tages auch für die Èechei ein Zimmermann kommt und der Volksvertretung zeigt, wo er für sie das Loch gelassen hat.
Wir lehnen die vorliegende Gesetzesvorlage aber auch ab, um dem Herrn Außenminister Dr. Beneš unser schärfstes Mißtrauen für seine Außenpolitik zum Ausdruck zu bringen. Herr Dr. Beneš ist nach unserer Überzeugung ein Unglück nicht nur für Europa, sondern auch für sein Volk. Heute mag es ihn noch feiern. Aber die Zeit wird kommen, wo ihn das eigene Volk steinigt. Das èechische Volk hielt 1918 sein Schicksal in der Hand. Wären seine Staatsmänner den Ideen treu geblieben, die sie im Kriege als Grundlage einer neuen europäischen Ordnung verkündeten, dann hätte das èechische Volk ein starker aufbauender kulturfördernder Faktor in Mitteleuropa werden können. In einem Verbande nationaler Staaten, dessen Grenzen nach den Grundsätzen des Selbstbestimmungsrechtes zu ziehen gewesen wären, hätte das èechische Volk als Gleicher unter Gleichen unbeeinflußt seine nationalkulturelle Entwicklung nehnen und mit starker Kraft an dem wirtschaftlichen Wiederaufbau und an der sozialen Neugestaltung Europas teilnehmen können. Mit dem Verrat der im Krieg lebendig gewesenen Ideen setzten die èechischen Staatsmänner auch die Zukunft ihres Volkes aufs Spiel. Europa, dem die Friedensdiktate doch den dauernden Frieden sichern sollten, befindet sich heute von Hamburg bis Konstantinopel und Rom, von Moskau bis Paris, in einem Fieber kriegerischer und revolutionärer Vorbereitungen. Wenn die Sturmflut eines Tages hereinbricht, werden als erste jene Staatsgebilde hinweggespült werden, die sich nicht auf den einheitlichen Willen ihrer Gesamtbevölkerung stützen können und innerlich zersetzt sind.
Herr Dr. Beneš ist ein zu kluger und weltgereister Politiker, als daß er die europäische Lage und die Gefahren für sein Volk verkennen würde. Aber er ist kein freier Politiker, und das Gesetz des Handelns wird ihm, wenn er wirklich einmal einsichtige Anwandlungen hat, eben von anderen Mächten vorgeschrieben. Deutschösterreich, dem Deutschen Reiche und Ungarn gegenüber blieb seine Politik jedoch frei von solchen einsichtigen Anwandlungen. Diese Staaten niederzuhalten und auf deren Ohnmacht und Unglück sein Glück aufzubauen ist das ganze Um und Auf seiner mitteleuropäischen Politik, und die Vorlage, die heute ja Gesetz werden wird, dient dem gleichen Ziele, und Ihr verehrter Berichterstatter Špaèek hat ja darüber gar keinen Zweifel übrig gelassen und es mit dankenswerter Klarheit ausgesprochen, welchen Zwecken die Kredite dienen, die die Èechoslovakei Deutschösterreich vorstreckt. Seine Rede verdiente wirklich zur Aufklärung in tausenden und tausenden Exemplaren in der deutschösterreichischen Bevölkerung verbreitet zu werden (Sehr richtig!) und wir werden dafür Sorge tragen.
Es gab auch im deutschen Lager angesehene olitiker, die einmal anzunehmen geneigt waren, daß die ildung der Kleinen Entente der Absicht entspringt, sich der französischen Umarmung zu entwinden, um eine Politik anzubahnen, die ihre Spitze nicht gegen Berlin und Wien richtet, sondern der geographischen Lage, der nationalen Zusammensetzung und den wirtschaftlichen Notwendigkeiten auch der Èechei Rechnung trägt. Nein. Eine solche Konzeption lag dem Plane des Herrn Dr. Beneš wirklich nicht zugrunde. Seine politischen Konzeptionen entwirft die Prager Filiale des französischen Generalstabs im Einvernehmen mit Paris! Wie die innere Politik entgegen allen wirtschaftlichen Grundsätzen ganz nach den strategischen Gesichtspunkten dieses Generalstabes geleitet wird, so auch die äußere. Hier Entnationalisierung der Deutschen, Slovaken und Ungarn, Bodenenteignung und Waldverstaatlichung aus strategischen Gründen, dort Einkreisung und Absperrung, politische und wirtschaftliche Niederhaltung aus gleichen Beweggründen. Es ist eine Heuchelei ohnegleichen, wenn Dr. Beneš mit frommem Augenaufschlag darlegt, daß die vorliegenden Gesetzesvorlagen dem mitleidvollen Herzenswunsche entspringen, um dem armen Österreich zu helfen. Nein. Beneš berechnet heute schon den Tag, an dem Seipel und Zimmermann in Wien mit ihrem Latein zu Ende sein werden und die Generalstabskanzleien hier arbeiten schon an den Plänen der dann in Aussicht genommenen militärischen Operationen, zu denen die moralische und rechtliche Ermächtigung auch aus dem vorliegenden Gesetze abgeleitet werden soll.
Die Kredite sind keine Aufbaukredite, sondern sie verschärfen nur die politische Hochspannung in Europa, weil sie die Interessengegensätze in Wirklichkeit vermehren. Das muß mit allem Nachdruck und aller Klarheit als Warnung für jene Deutschen gesagt werden, die in deutscher Michelhaftigkeit in dieser Kreditgewährung ein Zeichen der Abkehr von der bisherigen wahnwitzigen Politik sehen und darauf Hoffnungen bauen. Auch wir sind der Meinung, daß wir zu Hoffnungen berechtigt sind, aber wir leiten diese Hoffnungen nicht von dieser Politik, sondern von den entgegengesetzt wirkenden immer stärker werdenden Kräften ab, das sind soziale, wirtschaftliche und nationale Kräfte. Die Umgruppierung des europäischen Schachbrettes vollzieht sich mit Naturnotwendiigkeit. Ich muß es der Beurteilung des Herrn Dr. Beneš überlassen, ob noch etwas für sein Volk zu retten ist, wenn er noch in zwölfter Stunde umkehrt. Bezüglich der Zukunft unseres Volkes sind wir voller Zuversicht und Glauben. (Souhlas a potlesk na levici.)
3. Øeè posl. dr. Holitschera (viz str. 1802 tìsnopisecké zprávy):