Pátek 17. listopadu 1922

Aber gerade in letzterer Hinsicht hat Professor Masaryk in letzter Zeit eine unglückliche Erklärung abgegeben. Er äußerte sich einem Journalisten gegen über, daß die Minderheiten nicht mit Un wahrheiten ins Ausland gehen sollen. Es ist angesichts dessen, daß eine ehrenwerte Vereinigung von Ausländern, die Völker bundliga, die Berechtigung unserer Klagen anerkannt hat, denn doch etwas gewagt zu behaupten, daß unsere Klagen Unwahr heiten sind. Allerdings dient zur Entschuldigung, daß Prof. Masaryk den gefärbten Berichten seiner Minister und Referenten blind getraut haben muß. Ich denke aber, daß auch ihm das Prinzip "Audiatur et altera pars" bekannt sein dürfte und bin der Meinung, daß dieses Prinzip auch bei Staatsoberhäuptern Be achtung finden müsse. Den beschuldigten Minderheiten steht kein anderes Mittel, um ihn zu überzeugen, zur Verfügung, als daß ich ihn höflich einlade, die rosig gefärbte èechische Brille, die ihm seine Minister ser vieren, einmal abzulegen, zu uns herabzu steigen, und er wird sich - wir nehmen, wenn es ihm beliebt, auch die Prüfung durch ein kontradiktorisches Verfahren an - aus unserem Beweismaterial überzeu gen, wie Unrecht es von ihm war, uns, ohne uns anzuhören, der Unwahrheit zu beschuldigen.

Es wird uns sogar übelgenommen, daß wir mit unseren Beschwerden überhaupt ins Ausland gehen. Ja, was sollen wir denn tun? Im Inlande können wir trotz über menschlicher Anstrengungen nicht zu un serem Rechte kommen. Wir werden be schimpft, ausgelacht, verhöhnt und aus gespielt. Aber leben müssen wir und wol len wir. Es wäre uns nicht zu verargen, wenn wir, auch ohne ein Recht hiezu zu haben, irgendwo im Auslande durch Aufklärung Schutz suchen würden. Es ist aber unser gutes Recht, das Ausland für unsere Beschwerden zu intere ssieren. Der von der Republik mit den westlichen Staaten in St. Germain en Laye geschlossene Vertrag stellt unsere Minderheitsrechte unter den Schutz des Völkerbundes. Angesichts dessen, daß wir der Wohltaten des Verfas sungsgesetzes trotz ungezählten Versuchen nicht teilhaftig werden können, sind wir gezwungen, uns an den Vertrag von St. Germain krampfhaft zu klammern. Nicht die Verfassungsurkunde, sondern der genannte Vertrag ist unser eigentli ches Verfassungsgesetz. Dieser ist die Charta magna plebis miserae contribuentis gentium minorum. Insolange es unseren Beherrschern nicht belieben wird, unseren Rechten vollen Respekt zu verschaffen, werden wir genötigt sein, mit unseren Klagen ins Ausland zu gehen, wenn wir unser nationales Dasein nicht preisgeben wollen.

Sogar der gewesene französische Minister des Äußeren und Geschichtsschreiber von Rang Hanotaux empfahl in Genf den neu geschaffenen Staaten, ihre Minderheiten schonend zu behandeln, denn nur dadurch könne man sie assimilieren. Der ehrenwerte Geschichtsforscher täuscht sich. Ob wir brutal oder schonend be handelt werden, wir werden immer unsere Rechte fordern, weil sich der Staat in einem internationalen Vertrage auf diese Rechte verpflichtet hat. Was immer auch mit dem Einzelnen geschehen möge, hoch über dem Einzelschicksal steht die Frage der Zukunft unserer Völker.

Man nimmt uns den gesetzlichen Weg in das Ausland übel. Was würde man aber sagen, wenn wir das Beispiel der kleinen èechischen Minderheit in Deutschöster reich nachahmen würden? Diese èechische Minderheit hat ihre nationalen Forderun gen mittels eines Memorandums im Wege einer zahlreichen Deputation dem diplo matischen Vertreter der èechoslovakischen Republik in Wien überreicht und ihn auf gefordert, die Erfüllung der gestellten Forderungen bei der Regierung der Èechoslovakischen Republik mit Nachdruck zu vertreten. Die demokratischen Prinzipien würden es erfordern, daß auch den deut schen, den ungarischen und den sonstigen Minderheiten dasselbe Recht zuerkannt werde. Oder gilt auch in demokratischen Republiken noch das Sprichwort vom Jupiter und dem Ochsen? Wir würden bei einem ähnlichen Versuche bestimmt Verfolgungen und Beschimpfungen ärgster Sorte ernten. Überhaupt gilt es hier allem Anscheine nach als Zeichen politischer Reife, die Minderheiten bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten zu beschimpfen und zu verunglimpfen, von oberster Stelle bis zum Hausmeister herunter. Bald schimpft man die Deutschen Kolonisten und Imigranten, bald die Ungarn Asiaten und Barbaren und ihre Kultur eine minderwertige. Wie hoch die weltumfassende deutsche Kultur steht, das zu entscheiden sind die jetzigen Beherrscher der Deutschen in Böhmen wahrhaft nicht befugt. Denn zu solchem Versuche fehlt ihnen die Kraft, und den Ungarn kann jenes Lob, welches man ihrer Kultur zuletzt im englischen Parlamente unter dem lauten Beifall des ganzen Unterhauses gezollt hat, als volle Genugtuung dienen.

Das Leben der Mimderheiten ist also eine ununterbrochene und unendliche Kette von Drangsal, erlittenen Rechtsbrüchen, Vexationen, Unruhe und Bedrohung. Aber man fordert von ihnen als Gegenleistung Loyalität. Der Minister des Äuß eren hat sich unlängst darin gefallen, daß er sich in Genf beim Völkerbunde die Loyalität der Minderheiten ausbedungen hat. Ein diplomatischer Glückspilz ist dieser kleine Beneš mit seinen großen Plänen. Es ist ihm also wieder gelungen, eine entscheidende Schlacht gegen die wehrlosen Minderheitten, die er so innig in seinen Memoires an die Friedenskonferenz in seine Armeschloß und sie seiner ewigen Liebe versicherte, zu gewinnen. Er ist uns aber bisher die Definition des Begriffes der Loyalität schuldig geblieben.

Was soll eigentlich der beschränkte Untertan unter Loyalität verstehen? Soll es Pflichterfüllung in Bezug auf Einhaltung der Gesetze, Steuerzahlung und Militärdienstleistung sein? Wenn dem so ist, dann kann, glaube ich, gegen die Minderheiten dieses Staates keine Klage erhoben werden; denn in der Richtung der Pflichterfüllung dem Staate gegenüber in allen ihren Abzweigungen sind alle Minderheiten loyal bis zur Bewußtlosigkeit. Sie halten die Gesetze, zahlen die Steuern und stellen gute Soldaten. Wenn man daher den Minderheitenloyalität vorwirft, dann verleum det man sie bewußt. Die Loyalität des Herzens in der Form der Liebe und Freund schaft ist natürlich eine andere Sache, die sich nicht forcieren, aber auch nicht staat lich maßregeln läßt. Der Begriff der Staatsloyalität muß also auf die gesetzli che Erfüllung der Pflichten beschränkt bleiben. Wenn im Bezug auf die Staatsloyalität unsere Beherrscher mit uns dennoch nicht ganz zufrieden sein sollten, dann fordern wir. Loyalitätsschulen für die Minderheiten. Wir wollen die Loyalität sehr gut erlernen; deshalb müssen in diesen Loyalitätsschulen nur èechische Lehrkräfte wirken, denn wie man versichert, haben die Èechen die Prüfung aus Loyalität im alten Staate Österreich mit Auszeichung bestanden und wir wollen ihnen nicht nachstehen. Wir legen den Begriff der Loyalität dahin aus, daß Loyalität nicht Unterwürfigkeit bedeutet. Wir sind keine Hundenaturen, um die Hand zu lecken, die uns schlägt. Wir sind weder physisch, noch geistig, noch kulturell minderwertiger, als die gegenwärtig herrschende Nation; wir werden also nie aufhören, unsere Gleichberechtigung zu fordern.

Man hat hierzulande nicht nur Firmentafeln und Denkmäler, sondern auch altbewährte Staatsgrundgesetze gestür mt und umgestoßen. Jahrhunderte lang galten als heiliger Staatsgrundsatz: Justicia regnorum fundamentum. Man hat ihn umgestoßen und zum alten Eisen geworfen und im Vordergrunde steht der neue demokratische Grundsatz aufgebaut auf den Tränen und Leiden der Minderheiten: Injusticia rei publicae fundamentum. Und nunmehr stellt sich die große Frage auf: Warum werden die Minderheiten unterdrückt, warum rechtlos gemacht, und warum müssen sie soviel leiden? Weil man sich in den Kopf gesetzt hat, hier aus sechs Nationen einen einheitlichen èechischen Nationalstaat zu machen. Wir sagen es offen, gestützt auf sich oft wiederholende geschichtliche Erscheinungen und Erfahrungen, daß die Bildung eines Nationalstaates hierzulande im zwanzigsten Jahrhundert, bei der hochentwickelten Kultur von grundverschieden gearteten Minderheiten, mit den Mitteln der Gewalt ein Phantom ist und ein solches bleiben wird. Wie schön es in imperialistisch gestimmten Ohren auch klingen mag, mit dem sic volo, sic jubeo werden die Èechen auf die Dauer kein Glück haben. Entwirrung und Lösung ist nur auf der Grundlage zu erreichen: Den Staat in einen Nationalitätenstaat umzubilden.

Als ich vor zwei Jahren über den Friedensvertrag von Trianon, indem ich ihn einen Fetzen Papier genannt habe, gesprochen habe, war ich das Objekt eines präsidiellen Ordnungsrufes gewesen. Aber Gitt ist gerecht! Ich habe selbst nicht geahnt, daß ich in so kurzer Zeit volle Genugtuung von dem Allmächtigen erhalten werde. Wir werden demnächst das göttliche Schauspiel erleben, daß einer dieser Friedensverträge, von denen seinerzeit Beneš gesagt hat, daß sie alle bestehen müssen, in Lausanne feierlich zu Grabe getragen wird. Ich sage offen, daß auch die übrigen trotz der diplomatischen Kunststücke des bekannten Duos Beneš-Ninèiè ebenfalls früher oder später an vorzeitiger Altersschwäche enden werden. Der Gedanke an die Unentbehrlichkeit des Èecho slovakentums zum Zwecke der Niederhaltung von Deutschen und Ungarn ist im Verblassen. Diejenigen, die die berüchtig ten Friedensverträge schufen, mußten am Leibe ihrer eigenen Völker verspüren, daß sie viel Wertvolleres zerstört, als geschaffen haben. Schon erkennt man die Konturen der Wandlung und daß die westlichen großen Staaten mit Freude die Weltgeschichte zurückschrauben möchten, Sie sind schon bei der Erkenntnis angelangt, daß niemand, weder der Einzelne, noch ganze Völker gegen die harten Gesetze des Lebens ungestraft sündigen können. Erfaßt man hier beizeiten die geschichtliche Bedeutung des entscheiden den Augenblicks, wird dieser Staat als Nationalitätenstaat wohl bestehen können, sonst müßte sich auch sein Schicksal er füllen an mangelnder Voraussicht seiner Lenker. (Potlesk na levici.)

3. Øeè posl. dr. Spiny (viz str. 601 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Als deutscher Abgeordneter in diesem Hause eine politische Rede zu halten, zählt nachgerade nicht mehr zu den Annehmlichkeiten dieses Erdenlebens, schon abgesehen davon, daß uns Rednern von der Opposition eine so wirksame Konkurrenz gemacht wird, wie mein unmittelbarer Vorredner sowohl durch den ehrwürdigen Umfang seiner Rede als auch durch einzelne Teile derselben bewiesen hat, eine Rede, die unsereiner, vom Bund der Landwirte, ganz gut auch auf einer Kreistagung unserer Partei hätte halten können, sicher unter dem Beifall unserer Zuhörerschaft. Oder zum Beispiel, um Ernsteres anzuführen, die gestrige Rede des verehrten Herrn Kollegen Nìmec, die an die Grundlagen der Koalition gegriffen hat, (Posl. dr. Kafka: Grundlagen gibt es gar nicht!), sagen wir also an den hypothetischen nationalen Grundlagen, wie es nur einer der ernste sten Redner der Opposition hätte tun können. Aber bleiben wir ernst. Wir deutschen Redner, mögen wir welcher Partei immer angehören, unser Instrument hier in diesem Hause hat nur eine Saite und eine Melodie: die Ankla ge. Auf jenem breiten Gebiete, wo die Staatsgewalt und das Schicksal des Einzelvolkes, sowie das Schicksal des Einzelbürgers zusammentreffen, da gibt es für uns Deutsche auch nicht das winzigste Plätzchen, das von einem erwärmenden Sonnenstrahl beschienen wäre. Die Anklagen, die Entrüstung, die aus den Reden der Vertreter aller deutschen Parteien und Parteischattierungen heraustönen, sind keine Pose, keine billige Demagogie, das ist kein Querulantentum, das ist etwas Elementares, etwas Organisches, verdichtet aus all dem Unzähligen, das seit den Umsturztagen des Jahres 1918 in diesem Staate über uns Deutsche hereingebrochen ist, verdichtet, wie die Lichstrahlen im Brennpunkt einer Linse, aus dem Herzschlag von 3 1/2 Millionen Deutschen in diesem Staat.

Man hat uns von èechischer Seite gesagt, die deutsche Frage in diesem Staate sei keine Frage der verstandesmäßigen Erfassung mehr, sondern ist eine psychische Frage - gemeint hat man natürlich eine psychopathische Frage. Wir hätten, meint man, die Haltung und Orientierung verloren, wir könnten uns nicht dareinfinden, daß wir unsere seinerzeitigen Vorrechte verloren hätten u. s. w. Meine Herren, das ist falsch. Wir haben unser Schicksal kennen gelernt, das nicht leicht war, wir hoffen auf kein Wunder, weil wir niemanden sehen, der ein Wunder vollbringen könnte, wir sehen die klaren Tatsachen dieses Staates und die Kräfteverhältnisse in der internationalen Politik mit kühlen und realen Augen an. Das sind schmerzliche Erkenntnisse, aber wir sind zu ihnen vorgedrungen und wir haben durch 2 1/2 Jahre Gelegenheit gehabt, Geduld zu üben, und wir haben unsere Erfahrungen mit der èechischen Gegenseite gesammelt. Und diese Erfahrungen sind sehr schlechte. Es war alles fruchtlos, denn auch von der Gegenseite tönte uns ewig nur eine Melodie entgegen: das starre "Nein". Und bei diesem Nein, bei dieser Weigerung handelte es sich um etwas, was uns Deutschen besonders nahe geht, nämlich um die Verweigerung des guten Willens. Ich meine, meine Herren von der Gegenseite, Sie müssen einsehen, was dieses psychische Moment für uns bedeutet.

Unsere Lage ist heute völlig klar. Es hätte nach all den Erlebnissen auch der letzten zwei Jahre gar nicht mehr jener Krönung, um es so zu nennen, bedurft, als welche man die Niederstimmung bezeichnen kann, die am letzten Dienstag der Ausgleichsantrag Czech von den herrschenden und daher verantvortlichen Parteien der Mehrheit gefunden hat. Der Antrag Czech, dem mit Anwendung von recht fragwürdigen Finessen und von bedenklichen Haarspaltereien dasselbe Schicksal bereitet wurde, wie jener initiativen dringlichen Interpellation unseres deutschen parlamentarischen Verbandes vom 27. Oktober 1920, in welchem wir unsere Grundforderungen niedergelegt haben und auf die wir bis heute auch nicht ein Sterbenswörtchen Antwort bekommen ha ben. (Posl. Patzel: Trotz der Geschäftsordnung!) Jawohl, trotz der Geschäftsord nung. Am Dienstag haben die großen èe chischen Parteien etwas getan, was von Ihnen, wenn es ihnen im alten Österreich passiert wäre, als direkt gegen die Vernunft gehend bezeichnet worden wäre. Aber es hat Dienstag etwas gegeben, was die ganze Welt von der Gerechtigkeit unse rer Forderung im 117er Ausschuß und von unserem guten Willen, zu einem gerechten Ausgleich zu kommen, überzeugen muß und das ist das Bild der èechischen so zialdemokratischen Partei, wie sie nach der Abstimmung mit gesenkten Häuptern da saß, wie sie den Gefühlsausbruch ihrer deutschen Genossen, die schneidenden Vorwürfe Hillebrands, wortlos über sich ergehen lassen mußte. Ein wirklich trau riges Bild einer Partei mit einer guten und großen Vergangenheit, die aber seit dem Umsturz Schritt für Schritt ihre funda mentalen Grundsätze zugunsten des Über nationalismus der bürgerlichen èechischen Parteien aufgegeben hat, eines Übernatio nalismus, der nach einem berühmten Worte gleichbedeutend ist mit "kocourkovství". Um welchen Preis wurden diese Grundsätze aufgegeben? Um den Preis der Macht! Es macht einen sehr peinlichen Eindruck, daß diese Macht durch Unterstützung der èe chischen sozialdemokratischen Partei aus geübt wird im Sinne einer Unterdrückung der eigenen Klassengenossen auf der anderen Seite, die ebenfalls eine große Partei darstellen. Herr Dr. Meissner hat in seiner Rede zur Regierungserklärung zu unserer großen Überraschung gar nicht mehr den Mut aufgebracht, an die nationale Frage dieses Staates auch nur zu rühren, und er hat nicht als internationa ler Sozialdemokrat gewissermaßen pflicht gemäß das ergänzt, was der bürgerliche Ministerpräsident unter dem Druck der èechischen chauvinistischen Parteien un terlassen hat und was der Präsident dieses Staates in seiner Neujahrsrede als die wichtigste, ja als die einzige Frage dieses Staates bezeichnet hat; zu sprechen von den Minderheitsvölkern, den Weg zu fin den zu den Grundproblemen des Staates und zu ihrer Lösung, die brennend ist. Am 15. Dezember 1918 hatte das "Právo Lidu" einen Artikel über Selbstbestimmungsrecht und " Nationalismus", einen Artikel, der damals sehr weit vermerkt wurde und große Hoffnungen für den Völkerfrieden in diesem Staate ausgelöst hat. Ich frage, meine Herren, könnte dieser Artikel auch heute die Redaktion des "Právo Lidu" passieren? Und sind denn die Finger einer Hand heute nicht zu viel, um diejenigen zu zählen, die auf den Bänken dieser großen Partei immer noch den deutschèechischen Ausgleich als das bewerten, was er in Wirklichkeit ist, als die Lebens- und Schicksalsfrage diesse Staates? "Wir sind ausgeglichen mit den Deutschen", das ist das Facit, das ist die Quintessenz der Abstimmung von Dienstag und es muß auch èechischer Seite jeden ernst denkenden Politiker - ich meine, es gibt auch solche, allerdings nur im Gespräch unter vier Augen mit uns - mit Schmerz erfüllen, daß in diesem Hause bei den großen èechischen Parteien, die jetzt herrschen, der Geist Kramáøs gesiegt hat über den Geist desjenigen, der als sein Lebensziel die Verwirklichung der Demokratie in diesem Staate bezeichnet hat. Dieser große Gedanke fällt jetzt einer inhaltslosen nationalistischen Phrase zum Opfer, etwas anderes ist die Behauptung "Wir sind ausgeglichen" ja nicht. Diese Behauptung ist borniert, sie ist unreal und sie ist einer ernsten politischen Auffassung unwürdig. Das Grundproblem dieses Staates, der deutschèechische Ausgleich, den die Koalitionsparteien in einer Verblendung sondergleichen mißachten und den sie Dienstag mißhandelt haben, ist vom Augenblick der Gründung dieses Staates dagewesen und er wird dasein bis an das Ende dieses Staates, er wird gebieterisch zu jeder Zeit nach seiner Lösung rufen und er wird immer als Gespenst in diesem Hause herumgehen. Das alte Österreich ist zugrunde gegangen an seiner nichtgelösten nationalen Frage, vor allem an der nichtgelösten deutschèechischen Frage. Das alte Österreich ist auch hier wie immer zu spät gekommen und in diesem Neuösterreich hier an der Moldau scheinen diese Verspätungen auch schon fahrplanmäßig zu sein. Wenn mit dieser Frage nur wirklich das frevle Spiel getrieben wird, daß die èechischen Parteien und Machtfaktoren im falschen Machtbewußtsein sich über sie hinwegsetzen, so mag ihnen ja durch die Gewalt der rohen Abstimmungszahlen, durch die tausend Fesseln unserer Geschäftsordnung diese Sabotage der Verständigung und Versöhnung gelingen. Entscheidend aber für dieses große Problem ist nicht der Eigensinn von Einzelnen, nicht die Macht von Parteiführern, sondern das Bedürfnis der Völker. Nie und nimmer werden auf dem bisherigen Weg die wahren Aufgaben dieses Staates, die durch seine Bevölkerungsverhältnisse, durch seine geographische Lage, durch seine mitteleuropäische Sendung gegeben sind, gelöst werden und so der Staat lebensfähig erhalten bleiben. Der seit dem Umsturz gegen uns Deutsche und gegen die anderen Minderheitsvölker - und da ist es doch merkwürdig, daß von den 6 Völkern dieses Staates alle 5 Minderheitsvölker gegen das herrschende Volk stehen herrschende aktive Geist der Unduldsamkeit, der Herrschsucht, der krasse nationale Egoismus, ist auf dem Wege das Kostbarste zu ruinieren, was ein Staat bei seinen Bürgern haben kann und haben muß und ohne das er nicht leben kann: Das ist nämlich, daß es über das, was einen Staat zusammenhält, über das Gefühl der territorialen und wirtschaftlichen Zusammengehörigkeit hinaus noch Imponderabilien gibt, die in den Herzen der Völker wohnen, so wie ein alter frommer Kinderglaube; daß diese Imponderabilien nicht verletzt werden dürfen, weil mit ihrer Verletzung alles verloren geht. In unserem deutschen Volke verdichtet sich der Glaube mit jedem Tag, daß heute überhaupt niemand mehr auf èechischer Seite zu einem gerechten Ausgleich bereit ist. Die gewalttätigen und so unendlich törichten Unterdrückungen im Sprachenrecht, in der Verwaltung, in der Beamtenfrage, in der Frage des Autonomierechtes unserer Gemeinden und Bezirke, die offene und geheime Unterdrückung der Meinungsäußerung, die tausend Nadelstiche des Alltags, die Degradierung der Bodenreform von einer sozialen und agrarpolitischen Maßnahme zu einem Werkzeug pursten Nationalismus, dieser furchtbare, grandiose Entwurzelungsprozeß unseres Siedlungsgebietes, der wie eine ungeheuer komplizierte, aber riesig präzis arbeitende Maschinerie fungiert, das unverhüllte und gar nicht mehr abgeleugnete Bestreben der parallel laufenden Innen- und Außenpolitik und der Finanz- und Wirtschafspolitik dieses Staates, das die deutsche Geltung in Mitteleuropa aus dem Sattel heben soll ja ich frage: Was für Gefühle muß denn das in den Herzen unserer breiten deutschen Massen hervorrufen, für welche der Staat und das Regime selbstverständlich identische Begriffe sind? Und ich frage: Was an Staatssinn kann bei der Fortsetzung dieses Regimes übrigbleiben? Man spricht uns so viel und meist in gönnerhaftem Ton von der Notwendigkeit unserer Loyalität, ein Begriff, den Kol. Kafka bereits gestern einer sehr kritischen Analyse unterzogen hat, ein Schlagwort, das bekannltich auch in Genf und in der Agitation hierzulande eine große Rolle gespielt hat. Meine Herren von der Gegenseite, ich frage, was wollen Sie eigentlich? Ich möchte Sie bei der Erörterung dieser Frage auf das Tatsächliche zurückführen Wenn Sie von Loyalität reden, vergessen Sie nich die Loyalität der realen Tatsachen, nämlich die Loyalität der von unserem Volk in diesem Staat geleisteten Arbeit, der gezahlten Steuern, der gestellten Rekruten, lauter Tatsachen, die unser Volk mit dem ihm einmal angeborenen Sinn zur Staatlichkeit und Ordnung, von dem es sich nur schwer trennt und der der Ausfluß des Begriffs deutscher Treue ist, bisher gesetzt hat. Wenn Sie mehr verlangen und vielleicht auch das Gefühl der Loyalität verlangen, muß ich doch darauf verweisen, daß es mit dieser Loyalität eine eigene Sache ist. Es ist damit wie mit dem vierten Gebot, es ist, was die Juristen einen contractus bilateralis nennen, der beiden Teilen eine Verpflichtung auferlegt: "Du sollst Vater und Mutter ehren" - ja, das gilt nicht nur für die Kinder, das gilt in erhöhtem Maß auch für die Eltern, die danach sein müssen, daß sie die Kinder ehren können. Das ist ja die Grundidee von Anzengrubers "Viertem Gebot". Wenn Sie Loyalität von uns fordern, dann machen Sie es unserem schwergeprüften Volk möglich, sie zu leisten oder fordern Sie sie nicht. Ich meine, das èechische Volk, genauer gesagt, die èechischen Parteien, die müßten vor allem erst sich selbst auf den Boden des Staates stellen. Sie stehen ja gar nicht auf dem Boden des Staates, Sie stehen auf dem Boden der Parteien und bei dem riesig entwickelten und überpolitisierten èechischen Parteileben erstaunen wir Deutschen oft - verzeihen Sie das Wort - wie schnuppe Ihnen die Rüchsicht auf den Staat dabei ist. Wenn wir unseren Staat hätten, wir würden eine ganz andere Staatlichkeit beweisen.

Meine Herren! Erst wenn Sie selbst auf diesem Boden stehen werden, dann dürfen Sie auch von den Minderheitsvölkern verlangen, daß sie sich auf diesen Boden stellen. Es gibt Grenzen, wo nach jedem bestehenden Recht die Loyalität Pflicht zu sein aufhört, und wo das Recht der Selbst erhaltung jede andere Rücksicht in den Hintergrund drängt. Es mögen die heute herrschenden èechischen Parteien sich hüten, die Ding so weit zu treiben, daß es auf diesen Augenblick ankommt. Es war auch nicht ganz klug nach den Erfahrungen, die Sie ja selbst im alten Staat mit dem Begriff Loyalität gemacht haben, in die Strafgesetzbestimmungen des neuen Staates Loyalitätsparagraphen aufzunehmen. Es gibt eine äußere Loyalität und eine innere Loylität. Und ich habe keinen glänzenderen Beweis für diese Distinktion gesehen, als wenn ich in den Tagebüchern von Kaizl blättere, dieses hervorragenden èechischen Politikers, der diesen Staat wirksamer vorbereitet hat als die größten chauvinistischen Schreier; der genoß ja bekanntlich das besondere Vertrauen des alten Kaisers. In seinen Tagebuchblättern macht er aus seinem Herzen keine Mörder grube, da sagt er uns die Wahrheit über sein Herz und da sehen wir einen Dualismus an Loyalität, eine Loyalität mit doppeltem Boden uns entgegentreten, bezüglich deren es gefährlich für die Gegenseite wäre, hierin unser Lehrmeister zu sein. Ich möchte nur eines raten, bevor man die Fragestellung nach der staatsbürgerlichen Loyalität zum äußersten treibt: Möge man sich doch auf der Gegenseite einer etwas weiseren Mäßigung im Verhalten uns gegenüber befleißigen, dann wird man diese Fragestellung gar nicht notwendig haben.

Vor ein paar Tagen ist uns der Rechnungsabschluß für das Jahr 1919 auf die Bänke gelegt worden. Der freut uns natürlich. Aber wissen Sie, was für ein Rechnungsabschluß uns die größte Herzensfreude wäre? Wenn Sie uns so einen Nationalrechnungsabschluß präsentieren könnten, der auch unsere Unterschrift trägt und der uns beide befriedigt. Freilich, an den trauen Sie sich nicht heran, wie die Ablehnung des 117er Ausschusses beweist.

Wie das Staatsregime bisher alles versäumt hat, um diese eiterende Beule am Staate, die nationalen Kämpfe zu mildern, wie bisher alle Regierungen und Parteien mitschuldig waren oder wurden an der ungehemmten Ausbreitung dieses psychischen Kontagiums, dieses Übernationalismus, so haben sich in dieser Hinsicht die sozialistischen Parteien schuldiger gemacht als die bürgerlichen, so hat auf der anderen Seite das Staatsregime bisher auch versagt in der Lösung des sozialen Problemes, der Hebung der Produktion, der wirksamen Bekämpfung der Wirtschaftskrise. Aber um gerecht zu bleiben, es konnte gar nicht anders, es mußte in dieser Frage versagen, weil keinerlei aufbauende Arbeit bei uns möglich ist, solange der Grundirrtum, der Grundfehler in der Konstruktion dieses Staates bestehen bleibt, nämlich das Phantom eines Nationalstaates und damit die Nötigung der èechischen Parteien, politische Inzucht zu treiben; und Inzucht ist bekanntlich immer steril und bedeutet Degenerierung. Übernationalismus auf der einen Seite, Einstellung der wichtigsten wirtschaftlichen Fragen auf nationale Gesichtspunkte und Übersozialismus auf der anderen Seite, die legen diesen Staat lahm. Und der Ausspruch des sehr klugen Sozialdemokraten, der in Berlin die Vertretung dieser Republik führt und der heute auch hier anwesend war, besteht zurecht: "Wir haben politisch gewonnen, aber wirtschaftlich verloren."

Wir haben heute eine Verelendung der Lebensführung in diesem Staate nicht nur in den unteren Schichten, sondern mehr noch in den mittleren und insbesondere in den sogennanten gebildeten Schichten, die in krassem Gegensatz steht zu den unleugbar starken wirtschaftlichen Ressourcen dieses Staates und im Gegensatz zu dem Bilde vom wirtschaftlichen Paradies, das nach dem Umsturze uns in so hellen Farben gemalt wurde. Wir haben ein Anwachsen der Arbeitslosenzahl in einem Ausmaße, wie uns das ja kürzlich Herr Kollege Kaufmann dargestellt hat, daß die amtlichen Zahlen weit dahinter zurückbleiben. Das ist die traurige Rückseite der Medaille, auf deren Vorderseite gänzlich trügerisch das Bild vom angeblichen Nationalstaate steht. Unsere Industrie liegt totkrank darnieder. Langsam kommt jetzt das Gewerbe daran und die Landwirtschaft ist in einer Krise, die für diese Grundlage des Staates und seine Wirtschaft einen Ruin bedeutet. Die furchtbare Industriekrise, die wir durchmachen, ist keine Überproduktionskrise, wie sie Rašín auffaßt, wie sie periodisch in den Jahren vor dem Kriege auftraten und sich fast automatisch nach einiger Zeit wieder sanierten, heute haben wir es mit einer Unterkonsumkrise, mit einer Kaufkrise zu tun, die chronisch ist, die unsere Industrie dauernd lahm legt, die einen großen Teil unserer Industrie zur Abwanderung nach Südslavien, Polen, Österreich, Ungarn zwingt und uns die Arbeiter dieser Industrie zurückläßt. Und der Herr Handelsminister hat natürlich ein sehr einfaches Rezept: sie sollen umlernen! Nun, diesem Herrn Handelsminister, der ja auch mit seinen Statistiken des Außenhandels bekanntlich immer erst ein paar Monate hinter der Weltentwicklung nachhinkt, während sie in Staaten mit geordneter Wirtschaft, wie z. B. in England, pünktlich am ersten des nächsten Monates vorliegen, diesem Herrn Handelsminister möchte ich einen anderen verflossenen Handelsminister gegenüberstellen. Das war der Herr Handelsminister Heidler, der über alle diese Dinge, über die Èechoslovakei als Glied im mitteleuropäischen Wirtschaftskomplex und über die berühmte wirtschaftliche Westorientierung ganz anders gedacht hat. Heute ist der Hauptzweck der an den Namen Doktor Rašín geknüpften Finanz- und Handelspolitik und der parallel damit wirkenden äußeren Politik die Ausschaltung der deutschen Konkurrenz aus der mitteleuropäischen Wirtschaft und die Eroberung wenigstens eines Teiles der deutschen Absatzgebiete. Aber auf der anderen Seite - und darum kümmern sich die Herren nicht - die Schaffung eines Trümmerfeldes, eines Scherbenberges, auf dem auch Generationen noch keine Früchte ziehen werden.

Diese Situation ist blitzartig durch ein sehr unvorsichtiges Wort beleuchtet worden, durch das Wort, daß ein Handel mit Deutschland, der zwei Fünftel des gesamten Handels der Èechoslovakei umfaßt, für diese viel zu groß ist. Daraus folgt logisch, daß diese zwei Fünftel verkleinert werden müssen, und das geschieht. Diesem Worte stellt sich würdig ein zweites desselben Autors an die Seite, die bekannten Franzensbader Ausführungen über die Kriegsanleihe im heurigen Sommer, ein Wort, durch das der Herr Minister Dr. Beneš den Anspruch auf unser Vertrauen verloren hat.

Uns Deutsche trifft die verfehlte Wirtschaftspolitik und die beabsichtigte wirtschaftliche Entwurzelung ins Mark. Wir dürfen uns darüber nicht täuschen. Mehr wie alles andere, Schulen, Sprachenrecht usw. - mag uns all das noch so schmerzlich treffen - trifft uns dieses Wirtschaftliche. Denn all das andere ist zu reparieren, wenn der richtige Moment kommt, aber mit unserer Wirtschaft steht und fällt auch unsere nationale Geltung in diesem Staate.

Über die mangelnde Vorsorge des Regimes für unsere Landwirtschaft ist sehr viel zu sagen. Die Zwangswirtschaft, der Wucher mit dem Kunstdünger, die fehlende Initiative in Exportrtfragen, das sind nur einige Schlagworte. Unser Hopfen, unsere Gerste, unser Obst, unser Wein haben keine Käufer mehr im Inland und keine mehr im Auslande, und dieser Zustand nach dem vernichtenden Schlage der Kriegsanleihe, nach einer Preisderoute der landwirtschaftlichen Produkte sondergleichen, angesichts der Vermögensabgabe, angesichts einer auf Jahre hoher Konjunktur zugeschnittenen Steue last, bei Löhnen und bei Preisen der Industrieprodukte, die in gar keinem Verhältnis mehr stehen.

Ich freue mich, daß der Herr Minister für Landwirtschaft eine Ausnahme von der betrübenden Tatsache macht, wie wir während dieser Debatte hier immer konstatieren konnten, daß die Ministerbank sich durch eine gähnende Leere auszeichnete, ich freue mich, daß er hier ist, weil ich an ihn, von dem wir letzthin tiefgreifende Ausführungen über die Disparität zwischen Landwirtschaft und Industrie gehört haben und der, wie wir wissen, ein Anhänger des Gedankens der agrarischen Demokratie, die ja auch die Grundlage unserer Partei bildet, ein Anhänger des Gedankens der Umwandlung der Agrarrente in Agrararbeit ist, weil ich an ihn mir eine Frage zu stellen erlauben möchte, nämlich, aus welchen verborgenen Gründen die seinerzeitige Ernährungsfrage, die Frage der seinerzeitigen Getreidelieferungen, die Frage der Lohnkämpfe im Rübengebiet, die Frage unserer landwirtschaftlichen Krankenkassen und die Frage des Zollschutzes für unsere landwirtschaftlichen Produkte stets bei den Beratungen der "pìtka" in den Hintergrund geraten sind. Und wenn ich schon Fragen stelle, so will ich noch eine zweite stellen, durch die ich den Finger auf eine Wunde lege, die bei uns Deutschen sehr brennt. Der moderne Agrarismus ist beherrscht von dem hohen und unverletzlichen Gesetze, dem Gesetze des Bodens. Ich frage: Ist es notwendig, daß gerade von jener großen Partei aus, die ihr ganz modernes Programm auf das unverletzliche Gesetz des Bodens aufgebaut hat, der Anstoß zur Wälderverstaatlichung und zur militärischen Begründung dieser Maßnahme kommen mußte, nachdem doch die höchsten und maßgebendsten Stellen dieses Staates sich gegen diese neue und unnötige Aufreizung der deutschen Bevölkerung ausgesprochen haben? Ich bitte um Antwort.

Meine Herren! Fassen wir zusammen: Wir Deutschen sind weder national noch wirtschaftlich noch politisch in diesem Staate befriedigt. Wir geben dem dadurch Ausdruck, daß wir selbstverständlich gegen den Staatsvoranschlag stimmen. Es ist ein sehr gefährliches Experiment, das in diesem Staate seit seinem Beginn unternommen wird; die Èechoslovakische Republik, ein junger, wirtschaftsstarker Staat, kann ein solches gefährliches Experiment eine Zeitlang aushalten, er kann es aber nicht auf die Dauer ertragen. Denn das Ergebnis hängt, wie schon vorhin erwähnt, nicht von einzelnen Meinungen, nicht von den herrschenden Parteien und Regierungen ab, auch nicht von augenblicklich noch so heftig oder brutal ausgenützter Gewalt ab, über das Endergebnis entscheiden letzten Endes die Völker und ihr Wille, die Völker, die da stehen und auch in Zukunft stehen werden, während die Staaten vergehen und gegen den Willen der Völker, wie gerade auch die jüngste èechische Geschichte uns am besten zeigt, staatliche Machinationen auf die Dauer ohnmächtig sind. Auch unser Volk steht in fester Entschlossenheit da, seinen Platz zu bewahren, und unser deutsches Landvolk, dieser natürliche Schützer unserer Sprachgrenze ist fester entschlossen als je, sein Gebiet, das durch den Arbeitss chweiß deutscher Generationen uns Deutschen Jahrhunderte geheiligt ist, zu verteidigen mit aller Kraft und mit allen Mitteln. Unser guter Wille zum Frieden ist durch zwei Jahre lang, ich muß sagen mit einer Selbstentäußerung bewiesen worden, die bis an die Grenze des Möglichen ging. Heute sind wir an dieser Grenze. Unser Erfüllenwollen kann nicht hinausgehen über das Erfüllenkönnen, das uns durch die Pflicht unserem Volke gegenüber vor geschrieben wird. Ich frage ganz ernst, ich spreche keine Drohung aus: Will die Majorität dieses Hauses tatsächlich den Kampf mit uns, dann muß sie ihn haben.

Mir geht durch die Seele das Wort, das Bismarck gesprochen hat am 1. April 1895, als die Rektoren aller deutschen Universitäten ihm im Sachsenwalde huldigten, als er von den drei Kriegen sprach, die er not gedrungen habe führen müssen, von dem dänischen Kriege, der die Vorbereitung, die Einleitung war, von dem österreichischen, der notwendig war zu einer Scheidung, zur Herbeiführung eines Gottesurteiles über einen tausendjährigen Streit zwischen den verschiedenen untereinander kämpfenden Deutschen, und von dem französischen Kriege, der notwendig, wie er sagte, ausbrechen mußte, sobald der österreichische Krieg ohne die Einmischung Frankreichs geführt war. Und dann gab er seiner tiefen Befriedigung Ausdruck, daß es ihm durch 25 Jahre gelungen sei, den Frieden zu erhalten, und er schloß mit den Worten: "Man ist natürlich dankbar für den Frieden, aber einen Krieg zu führen, - alle Zeit sind wir Deutschen ad utrumque paratus, zu beiden bereit, den Frieden zu erhalten, wenn es sein kann, und zu fechten, wenn es sein muß! (Souhlas a potlesk na levici.)

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