Støeda 25. øíjna 1922

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 160. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve støedu dne 25. øíjna 1922.

1. Øeè posl. Køepka (viz str. 57 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Als ich vor mehr als Jahresfrist aus Anlaß der Eröffnung der großen Ausstellung der grünen Woche in Leitmeritz an die Versammlung Tausender meine Worte richtete, da hatte ich die Hoffnung, daß die Zustände in diesem Lande und die schwere Lage unseres deutschen Volkes in der kommenden Zeit eine Besserung erfahren würde. Um denMachthabern in diesem Staate und dem èechischen Volke vor Augen zu führen, welche Kraft in unserem Volke liegt, welchen Wert es in diesem Lande hat, welch unschätzbaren Besitz es repräsentiert, habe ich darauf hingewiesen, daß wir durch eine Schaustellung unserer Leistungen vor dem ganzen Lande und vor dem ganzen Auslande sichtbar beweisen wollen, daß es nicht länger angehen wird, dieses deutsche Volk noch länger in der bisherigen unwürdigen Weise zu bedrücken und zu enteechten. Ich habe damals unter dem Schlagworte der Arbeit, die ja alles vereint und befruchten kann, an Ihre Einsicht und Vernunft appelliert.

Ein Jahr ist vergangen und vor einigen Tagen stand ich in Leitmeritz wieder an dieser Stellee. Die zweite Aufnachung der grünen Woche hatte gezeigt, daß die Leistungsfähigkeit unseres Volkes noch in erhöhtem Maße zu Tage getreten war. Nicht nur das Landvolk, sondern auch unsere Industrie, der deutsche Gewerbestand, insbesondere das Handwerk und die Künstler hatten sich zusammengefunden und abermals zeigte die Kultur, die Arbeit, die ntelligenz, der Besitz unseres deutschen Volkes in diesem Lande die hohe Blüte, die Produktion einen glänzenden Erfolg. Ich stand abermals an dieser Stelle, um die Ausstellung zu eröffnen und ich mußte mir die Frage stellen: Kannst du nach einem Jahre und an dieser Stelle die Worte wiederholen, die du hoffnungsvoll vor einem Jahr hier ausgesprochen hast?" Ich habe wohl erwogen und mir alles überlegt und ich mußte zu der Erkenntnis kommen: "Nein, das kannst du nicht mehr". Die Verhältnisse sind in diesem Jahre immer schlechter geworden für unser Volk. Auf allen Gebieten ist die Entrechtung und Vergewaltigung vorwärts geschritten. Wir haben gesehen, mit welcher Rücksichtslosigkeit hier in diesem Hause eine Lebensfrage unseres Volkes, und das ist die Kriegsanleihe, behandelt worden ist. Wir haben die Bemühungen gesehen, welche diejenigen, die heute an der Macht stehen, aufgewendet haben, um die damalige Regierung dahin zu bringen, wenigstens diesen schweren Block, dieses schwere Hindernis, von dem Wege der Kommen, der heutigen Regierung, wegzuwälzen. Wir alle erinnern uns noch des Abschlusses dieses Kampfes in jener Nachtsitzung, die bis in die Morgenstunden dauerte, wir alle wissen es, Sie und wir, daß sich damals schon zeigte, daß die èechische Mehrheit allein, die immer grundsätzlich die Deutschen ausschaltet, schon auf schwachen Füßen stand und daß sie eine sichere Mehrheit nicht mehr in der Hand hat. Die Vergewaltigungen an den Sprachgrenzen auf dem Gebiete der Schule sind ein so bitteres Moment, daß es mir schwer fällt, hier in diesem Staate, wo Kulturvölker leben, öffentlich aussprechen zu müssen, die Drangsalierung und Entrechtung auf dem Gebiete der Schule, dort, wo die Menschen zur Bildung und Kultur geführt werden sollen, hat in einer Weise überhand genommen, daß ich mir in mei nem Wahlgebiet schon keinen Rat mehr weiß und so ist es an der ganzen Sprach grenze in der intensivsten Weise der Fall. Wie geht es in den Ämtern? Was ist geschehen mit den Beamten? Warum haben Sie durch die Verstaatlichung der Bahnen nicht das sachliche, sondern das nationnal chauvinistische Moment in den Vorder grund gestellt. Die Notlage ist groß, die Klagen nehmen kein Ende. Überall sehen wir die Zurückdrängung des deutschenVolkes auf allen Gebieten. Dazu kam noch und kommtnoch ein Umstand, unser großesVolk in diesem verhältnismäßig kleinem Staate vollends herabzudrücken und zur Ohnmacht zu verurteilen. Das ist die Politik, welche jetzt von uns, indem sie die Kriegs anleihe nicht mit einem Worte erwähnt hat, eine Abgabe fordert, die für tausende und abermalstausende Familien die Konfiskation ihrer Existenz bedeutet, die wir nie und nimmermehr auf uns nehmen können, die wir nicht mehr zahlen und leisten können, ohne ganze Berufsklassen, ohne einen ganzen großen Stand wieder in die Verschuldung zu bringen. Das ist eine Aktion, welche, wenn sie die Regierung zur Durchführung bringt, nichts anderes bedeutet, als die Wiederverschuldung des Bauernstandes. Derjenige, der diese Politik zur Durchführung bringt, legt die Axt an die Grundlage des Staates selbst. Wir werden und müssen dagegen kämpfen bis zum letzten Blutstropfen und der Parlamentarische Verband hat bereits beschlossen, diesbezüliche Anträge in Bezug auf die Kriegsanleihe und Vermögensabgabe im hohen Hause einzubringen und zu vertreten. Sobald sie hier erscheinen, wird Zeit und Gelegenheit sein, auf sie näher zurückzukommen.

Wenn wir uns nun die Frage stellen, wie kommt es denn, daß hier gar kein Zustand möglich ist, der dem deutschen Volke sein Recht gäbe, die beiden Kulturvölker zu einer gemeinsamen Arbeit und zu einem gemeinsamen Emporblühen bringen könnte, wenn wir diese Frage stellen, so kommen wir immer und immer wieder auf die Wurzel des Übels zurück, die nicht von gestern ist, sondern von langer Zeit her und wir sehen dieselbe Richtung und dieselben Personen am Weeke. Meine Herren, es hat in diesem Lande eine Zeit gegeben, da der nationale Streit im Abflauen begriffen war, da die eiternde Wunde am Körper dieses Landes im Vernarben begriffen war. Es war das jene Zeit, als der alte Kaiser Franz Josef den deutsch-böhmischen Ausgleich als eine Staatsnotwendigkeit hingestellt hatte, als der Führer des èechischen Volkes Dr. Rieger mit uns die Ausgleichsbestimmungen festgelegt hatte. Ein Teil derselben wurde im böhmischen Landtage durchgesetzt, es war die Zweiteilung des Landeskulturrates und des Landesschulrates und es wird niemand von Ihnen sagen können, daß diese Körperschaften nicht er olgreich gewirkt haben. Da war es die chauvinistische Richtung, die damals im èechischen Volke entstand und welche uns zeigte, wie man ein solches Friedenswerk stört und wie man die Parlamentsverhandlungen unmöglich macht. Ich stand damals als junger Mann auf der Tribüne des böhmischen Landtages und als Proredner für den Ausgleich.

Und was haben wir erlebt? Der Oberst landmarschall wurde durch den Angriff der èechischen Chauvinisten vom Präsidium vertrieben, Tintenfässer flogen, Akten wurden zerrissen und der Böhmische Landtag wurde gesprengt. In diese Schule sind wir gegangen und diese Lehren haben Sie uns gegeben. Und heute stehen wir im neuen Staate, im neuen Parla mente, heute stehen die Frag en des deutsch-böhmischen Ausgleiches wieder im Vordergrunde, heute zieht eine neue Regierung in dieses Haus. Sie entwickelt bogenlang ein großes Programm und sie darf von dem deutschen Millionevolke in diesem Lande in seiner Stellung mit keinem Worte reden. (Výkøiky na levici.) Diese neue Regierung, deren Chef schon vor Jahr und Tag den Auftrag zur Bildung derselben in der Hand hatte, ist nach schweren Mühen geboren. Es hat großer Konzessionen der einzelnen Parteien an politischer Überzeugungstreue bedurft, um sie möglich zu machen. Die große sozialdemokratische Partei, die größte in der Regierung, hat ihr großes Volksprogramm als sozialdemokratische Partei längst aufgegeben. (Sehr richtig!) Erst in den allerletzten Tagen hat der Führer der nationalistischen Partei das in einer öffentlichen Rede konstatiert. Opfer an politischer Überzeugungstreue sind der Kitt, der diese Regierung zusammenhält. Aber es ist noch ein anderes Moment, es ist der gemeinsame Haß gegen die Deutschen, (So ist es!) der sie immer wieder zusammenschweißt, und der sie es ängstlich vermeiden läßt, unserem Volke in diesem Staate endlich jenes Recht zu geben, welches ihm vor Gott und der Welt zukommt. (Výkøiky posl. dr. Kafky.)

Meine Herren! All das mußte ich erwägen. Es blieb mir nichts anderes übrig als mich als ehrlicher Mann zu entschließen und zu sagen: Nun bleibt auch uns nichts mehr übrig zur Gewinnung unserer Rechte, zum Beharren auf unserer nationalen Ehre als Volk, zur Rettung unserer politischen Freiheit, als wie der Kampf! (Souhlas na levici.) Sehen Sie, meine Herren, weil Sie es dahin gebracht haben, so stehen wir heute vor einem Problem, dessen Lösung Sie glauben in der Hand zu haben, das Ihnen aber nicht gelingen wird. Denn, meine Herren, wenn Sie heute diesen Staat vor aller Welt und vor ihren Koalitionsmächten als einen nationalen Staat hinstellen, wenn Sie wie der Vogel Strauß in Ihrer Regierungserklärung den Kopf vor dem Dasein eines Kulturvolkes von über 3 Millionen in den Sand stecken, so ist damit nicht bewiesen, daß das ein Volksstaat, ein Nationalstaat ist, sondern, daß es ein Völkerstaat ist und wenn Sie von uns Deutschen und von unseren Rechten nicht reden, dann müssen wir vor aller Welt vom deutschen Volke reden, um seine Rechte zu verteidigen und za wahren. (Souhlas na levici.)

Meine Herren! Es wurde mir gestern ein Zeitungsblatt überbracht, in welchem ein hervorragender Führer der nationalistischen Richtung in diesem Lande sich mit den Deutschen beschäftigt und erklärt, daß die Deutschen froh sein sollten, daß sie hier leben können, und daß er dem deutschen Volke zumutet Gott auf den Knieen dafür zu danken. Ich möchte aus diesem Anlasse aussprechen: Es ist nicht klug im Hause des Gehenkten von einem Strick zu reden. (Souhlas na levici.) Wer um sein Leben bangend, selbst das Knie gebeugt hat, (So ist es!) dem steht es nicht an, dem Millionenvolke der Deutschen die Kniebeuge zu empfehlen. Das deutsche Volk werden Sie nie und nimmer mehr auf die Knie zwingen! Ich habe in einer Mitternachtsstunde, wo in Prag der Aufruhr tobte - der Anlaß draußen war traurig genug, der Niederbruch der Denkmäler des edelsten Volksfreundes, der auch das èechische Volk aus der Leibeigenschaft emporgehoben hat zu einer Zeit wo jene, die ein Interesse an der Leibeigenschaft hatten, die Adeligen und Hofschranzen sich heftig dagegen gewehrt haben, der Niederbruch der Denkmäler eines Mannes, der bei diesem Anlasse den Widersachern der Aufhebung der Leibeigenschaft gesagt hat: "Nicht nur das Interesse des Staates, sondern auch Vernunft und Menschenliebe sprechen für diese Änderung" - aus Anlaß des Niederbruchs seiner Denkmäler entstand im Verlauf dieser Hetze in Prag der Aufruhr und ich war in jener Mitternachtsstunde beim Ministerpräsidenten oben und wir berieten, was von beiden Seiten aus zu geschehen habe, um Blutvergießen zu vermeiden. Damals hat es sich gezeigt, wer Prag beherrscht hat. Die nationalchauvinistische Richtung und ihr Führer beherrscht nicht nur Prag, beherrscht nicht nur die Intelligenz, das Kapital, die Journalistik und die Bürokratie hier, sie beherrscht auch den Prager Pöbel. Sie beherrscht ihn dadurch, daß sie ein Schlagwort hinausgegeben hat, welches schlimmer ist als das kommunistische Programm, das Schlagwort: "To je naše!" Sagen Sie den Massen einmal, das ist alles euer und halten Sie sie dann auf, wenn Aufruhr und Empörung kommen! Allerdings haben Sie sich das letztemal, als Sie zu Tausenden gegen das Parlament anstürmten, die Sache sicher so zurecht gelegt: das ist alles "naše", besonders die Deutschen, ihre Sicherheit und ihr Eigentum; wir können das tun, es wird gebilligt, denn: Brutus hat,s gesagt, und Brutus ist ein ehrenwerter Mann. Meine Herren! Das sind die Folgen der Politik des nationalen Hasses und mit diesen Mitteln wollen Sie ein Millionenkulturvolk auf die Knie zwingen? Sie werden das Gegenteil damit erreichen und nie und nimmermehr wird das deutsche Volk auf seine Entrechtung freiwillig eingehen.

Was ist weiter noch geschehen? Mit der Vermögensabgabe, die von uns verlangt wird und nie und nimmermehr in dieser Weise geleistet werden kann, stehen wir vor einem allgemeinen wirtschaftlichen Niederbruch. Handel und Wandel liegen darnieder, die Produktion geht zurück, die Preise unserer Produkte sind dadurch gesunken, daß man Deutschland vollends bettelarm gemacht und ruiniert hat. In der Freude darüber verkennt man und vergißt man, daß das auch bei uns den wirtschaftlichen Bankerott im Gefolge hat. Blicken Sie hin auf unser Weltprodukt - Hopfen; es trägt nicht mehr die Kosten, blicken Sie hin auf unseren herrlichen Obstbau, Sie finden keinen Menschen, der das Obst einerntet, es ist dem Verderben preisgegeben, weil der Wert des Produktes so tief gesunken ist, daß es nicht einmal die Gestehungskosten einbringt. Das haben Sie erreicht und trotzdem fordert man nun von unserem Volke die Vermögensabgabe in einer Höhe, die seiner wirtschaftlichen Kraft nicht mehr entspricht, ja die weit darüber hinausgeht. Das Schwergewicht der wirtschaftlichen Fragen sollte imstande sein, die Herren dazu zu bringen, daß Sie endlich umkehren, denn Umkehr ist hier geboten. Dieser Staat ist angewiesen auf die Arbeit und Mitwirkung aller seiner Völker, dann wird er sein. Und wenn die Millionenvölker, wir sind ja nicht allein die Deutschen, Sie haben zwei Millionen Slovaken hier, und der Beweis ist erbracht, daß das slovakische Volk in toto zufrieden ist, wenn die nicht mitarbeiten, wird er nicht sein. Bitte erinnern Sie sich des Einzuges dieser Regierung am gestrigen Tage! Haben Ihnen die Deutschen mit einem einzigen Wort Widerstand geleistet oder die Würde dieses inzuges, die Würde des Parlamentes gestört? Nein, in vor nehmer Ruhe haben wir unsere Blicke auf dieses Schauspiel gelenkt und was haben wir gesehen? Hier, die Herren Èechoslo vaken unter sich und Ihr Volk und Ihr Gefolge haben gezeigt, daß schon am ersten Tage der Inauguration dieser Regierung nicht alles stimmt, daß viel faul ist im Staate Dänemark. Ich bitte: Dieser Staat wird nicht bestehen, wenn die Millionen völker, die durchwegs Kulturvölker sind, nicht mitwirken und nicht zur Mitwirkung herangezogen werden. Sie werden Mühe haben vor dem Auslande den Beweis weiter zu führen, den Sie bis jetzt ver sucht, aber nicht erbracht haben, daß hier Ruhe und Frieden herrscht. Ich komme heute weder mit Gewalt, noch mit Waffen. Aber meine Herren, denken Sie an eins: Unter diesen Umständen wird und kann das deutsche Volk Ihnen keine Steuerkrone, keinen Blutstropfen Rekrutensteuer bewilligen. Sie werden das, wenn es kommen wird, wieder so leicht nehmen wie bisher. Wir stimmen ab und das ist beschlossen. Diesmal aber steht die Sache anders. Von einer Zahlung der Vermögensabgabe wird keine Rede sein. Meine Herren, versuchen Sie nur die Gewalt und warten Sie ab. Sie werden Mühe haben vor Europa hier die Gewalt zu gebrauchen, über die Sie glauben verfügen zu können. Diesmal wird es bei unseren Worten hier im Par lament nicht bleiben. Unser ganzes Volk, organisiert bis ins letzte Dorf, wird sie in die Tat umsetzen. Als alter Politiker und Parlamentarier weiß ich sehr wohl, was eine solche Verweigerung bedeutet. Ich weiß sehr wohl, welches Mittel Sie besitzen und welche Macht Ihnen zu Gebote steht. Aber denken Sie an eines: Sie haben uns, das deutsche Volk in diesem Weltkrieg nicht besiegt und Sie haben uns nicht erobert. Wir sind mit demselben Recht hier in diesem Lande wie Sie selbst. Und wie viele Millionen sind wir? Sie sind 7 Millionen, wir über drei Millionen. Und ich stelle an Sie die Frage: Haben Sie denn nicht erwogen, daß diesem 3 Millionenvolk von den Ministersitzen hier angefangen bis zu den anderen Stellen jener Anteil gebührt, welcher nach dem Schlüssel der Bevölke rung, welcher nach der Leistung ihm zu kommt. Wir haben bis heute in den Leistungen für den Staat nicht um ein Jota gegen Sie zurückgestanden. Haben Sie noch nicht erwogen, daß uns das zu Recht gebührt, fühlen Sie denn nicht, daß die Ausübung dieser Macht von 7 gegen 3 Millionen eine Usurpation ist? Sie haben eingewendet: "Ihr müßt erst loyal sein." Mit dem Völkerrecht hat die Loyalität nicht das Geringste zu tun. (Potlesk na levici.) Ob loyal oder nicht loyal, Recht muß Recht bleiben, und wir haben unser Recht zu fordern. Wenn Sie von Loyalität anfangen, haben Sie uns je in Ihrer politischen Geschichte ein Beispiel gegeben wie man loyal sein soll? (Potlesk na levici.) und ich bitte auch hier kann ich die Frage stellen und ich kann sie beantworten. Wir haben ein solches lehrreiches Beispiel in diesem Sinne von Ihnen nicht erlebt. (Výkøiky posl. dr. Hnídka a dr. Kafky.)

Sie haben auch darauf hingewiesen, daß wir Deutsche das noch nicht formuliert und verlangt haben. Meine Herren, auch das ist in diesem und in jedem Rechtsstaat die Pflicht der Majorität, das zu erwägen und mit uns zu beraten wäre Ihre Pflicht gewesen. Heute sind die Verhältnisse so weit gekommen, daß diese Frage ungeheuer erschwert ist, denn der Führer der nationalistischen èechischen Richtung, dessen Geist heute in der Regierung domi niert, hat erst vor wenigen Stunden er klärt: "Schon sind die èechischen Sozial demokraten abgerückt von ihrem soziali stischen Programm und ich hoffe, daß der Tag nicht mehr fern ist, wo die ganze Politik dieses Staates vom èechischen nationalen Standpunkt aus gemacht werden wird." Meine Herren, was das für uns bedeutet und bedeuten muß, ist klar. Was das für Konsequenzen haben muß, ist selbstverständlich. Aus der Logik dieser Tatsachen geht eines hervor, was dem deutschen Volk übrig blieb in dieser schweren und traurigen Lage, in der es sich befindet: Es ist, wie ich schon vorhin sagte, der Kampf um sein Recht, um sein Leben, um seine Nation. Soweit ist es gekkommen. Und die Verantwortung dafür tragen nicht wir. Sie sind es, die mit dieser Politik die falsche Devise hinausgaben, und die viele im Ausland, die nicht informiert sind, vielleicht heute noch glauben, daß dieser Staat hier ein Nationalstaat und kein Völkerstaat ist.

Meine Herren! Die Politik, die die nationalen Chauvinisten verfolgen, welche mit dem Schlagwort und unter der Devise "to je nase", das ist unser Staat, vorgehen, die sind wie der Mathematiker an der Schultafel, der eine mathematische Aufgabe zu beweisen hat (Výkøiky posl. dr. Hnídka), nämlich, daß dieser Staat ein Nationalstaat sei.

Fahren Sie nur fort mit dieser Politik und Sie werden die Folgen sehen. Das Volk wird aufstehen und die Millionenvölker in diesem Staate werden miteinander um ihr Dasein und um ihre Existenz kämpfen. Und dann kann der Herr Rechenmeister Dr. Kramáø den Strich unter seine politische Rechnung ziehen. Er wird bewiesen haben - vor dem In- und Auslande und vor der ganzen Welt - daß es kein Nationalstaat, sondern ein Völkerstaat ist, in welchem die Völker im Bürgerkrieg gegeneinander aufstehen. Er kann dann unter seine Rechnung, unter die Rechnung eines großen politischen Lebens als Endziel schreiben: Diesen Beweis habe ich erbracht - quod erat demonstrandum. (Potlesk na levici.)

2. Øeè posl. dr. Czecha (viz str. 76 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Unter ganz merkwürdigen Umständen ist die alte Regierung von uns gegangen. Mit einem Herzstich bei lebendigem Leibe wurde sie in die Versenkung befördert; niemand wußte, warum sie gekommen ist und niemand weiß heute noch, warum sie eigentlich gehen mußte. Es ist keine der großen Regierungsmaximen zufalle gekommen, im Gegenteil, die alte Koalitiion lebt; es ist keine der führenden Staatsideen ins Wanken gekommen, im Gegenteil, der Nationalstaat lebt; das herrschende politische System ist nicht zusammengebrochen, im Gegenteil, wir haben es gestern gehört, der Staat ist gottlob konsolidiert. Es haben auch keinerlei Wahlgänge eine neue Regierungskonstellation notwendig gemacht, im Gegenteil, es wird grundsätzlich nicht gewählt; es ist auch kein Hieb in offener parlamentarischer Schlacht gefallen, im Gegenteil, seit Monatenhat es kein Parlament gegeben. Nein, nichts von alledem! Ganz ruhig und still, allerdings nach langem und schwerem Leiden - man verzeihe mir die Partezetteldiktion - ist die alte Regierung den Weg alles Vergänglichen gegangen. In anderen, in konstitutionellen Staaten wird bei Regierungskrisen das Parlament versammelt, wird den gewählten Vertretern Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Bei uns wird das Parlament nicht nur nicht einberufen, sondern im Gegenteil, es wird sogar ferngehalten und direkt vor vollzogene Tatsachen gestellt. In anderen, in demokratischen Staaten vollzieht sich der Regierungswechsel unter der direkten Einwirkung der Abgeordneten, des Parlamentes, unter der direkten Mitwirkung des Präsidenten der Republik. Bei uns wurde diese Funktion von fünf Oligarchen versehen, welche die Minister wie ihre Angestellten behandeln, ihnen ganz nach Belieben den Dienst aufkündigen, die Kündigung dann prolongieren, das nächstemal wieder zurücknehmen, schließlich aber doch in Vollzug setzen, welche einzelne Minister, zeitweilig auch einen ganzen Ministerrat wegschicken, neue Minister bestellen, zeitweilig sich selbst in den Sattel erheben. Auf diesem Weg ist das Ministerium Beneš gekommen, auf demselben Weg wurde es jetzt verabschiedet. Der liebe Herrgott hat gegeben, der liebe Herrgott hat wieder genommen. Wenn irgend etwas die Verhältnisse in unserem Staate zu charakterisieren, den Scheinkonstitutionalismus unseres Staates kraß zu enthüllen vermag, so ist es dieser Vorgang, der jedem demokratischen Empfinden zuwiderläuft.

Ehe ich mich der neuen Regierung zuwende, die, wie Sie wissen, einer wahren Zangengeburt ihr Leben verdankt, gestatte ich mir, mich von der alten Regierung zu verabschieden, In seinem Exposé vom 19. Oktober des Vorjahres, auf das sich die neue Regierung gestern berufen hat, erklärte Ministerpräsident Dr. Beneš als eine seiner ersten Aufgaben die finanzielle und wirtschaftliche Konsolidierung des Staates. Fragen wir uns nun, wie weit die Regierung Beneš ihre Aufgabe gelöst hat. Der Herr Ministerpräsident Švehla hat diese Frage gestern beantwortet. Er hat gemeint, wir könnten mit Befriedigung unseren wirtschaftlichen Stand mit dem der anderen Staaten vergleichen. Und Herr Dr. Rašín hat hinzugefügt: Die Konsolidierung unseres Staates und unserer Verhältnisse macht sehr gute Fortschritte. Nach der Meinung der neuen Regierung, des Herrn Ministerpräsidenten und des Herrn Ministers Rašín hat also die abtretende Regierung in Bezug auf die wirtschaftliche und finanzielle Konsolidierung des Staates die von ihr übernommenen Aufgaben in vollem Maße erfüllt. Diese Feststellung der Regierung enthebt uns jedoch nicht der Verpflichtung, die erhältnisse im Staate einer eigenen Nachprüfung zu unterziehen. Das Bild, das sich unseren Augen erschließt, ist völlig anders, ist ein äußerst düsteres. Wenn ich dies ausspreche, wird sogleich auf èechischer Seite behauptet werden, wie es in letzter Zeit in der èechischen Presse wiederholt geschehen ist, daß wir in diesem Staate alles schwarz in schwarz malen, daß wir bei der Darstellung der Verhältnisse im Staate tüchtig auftragen, daß unsere Kritik von schwerster Gehässigkeit gegen den Staat diktiert ist. Darum will ich vorerst nur die nackten Tatsachen sprechen lassen und vor allem einer vom Standpunkt des èechischen Staates durchaus unbefangenen Stelle das Wort geben. Unter den Drucksorten, die gestern an die Abgeordneten verteilt worden sind, befindet sich unter anderem die Denkschrift der Zentralstelle der Handelsund Gewerbek ammern zur Wirtschaftskrise. Sie gibt uns ein geradezu erschütterndes Bild der Zerrüttung unserer Volkswirtschaft. Ich werde einiges daraus zitieren: Die Egerer Handelskammer meldet aus allen Betrieben einen starken Produktionsrückgang, eine außerordentlich bedeutende Restringierung des Arbeiterstandes und auf der ganzen Linie Kurzschichten. Die Erhebungen über die Beschäftigung in einer Reihe von namentlich angeführten Betrieben ergaben, daß in diesen Betriebenanfangs Jänner noch 8297 Arbeiter beschäftigt waren und daß im August - die Verhältnisse haben sich seither außer ordentlich verschlimmert - nur noch 4283 Arbeiter beschäftigt waren. Die Ascher Textilindustrie wies anfangs Jänner eine Arbeitslosigkeit von 300 bis 500 Arbeitern auf, im August waren es schon 2400 Arbeiter und inzwischen hat sich, wie gemeldet wird, die Zahl verdoppelt. Das Handschuhmachergewerbe im Egerer Handelskammerbezirk meldet im August eine Arbeitslosigkeit von 600 bis 800 Arbeitern und dazu noch die dreifache Zahl von arbeitslosen Heimarbeitern. In der Porzellanindustrie, in welcher im Jänner 15.000 Arbeiter beschäftigt waren, sind im August 1500 arbeitslos gemeldet, die anderen sind nur 3 bis 4 Tage beschäftigt. Die Poldihüttte in Komotau beschäftigte am 1. Jänner 1920 966 Arbeiter, im Jänner 1922 407, am 30. August 1922 280, wovon schon damals zwei Drittel nur 48 Stunden, der Rest 40 und 32 Stunden wöchentlich arbeiteten. Seither haben sich auch hier die Verhältnisse ganz wesentlich verschärft. Die Mannesmannwerke arbeiteten im August 4 Tage in zwei Schichten, in den Hilfsbetrieben wird nur an drei Tagen in zwei oder einer Schicht gearbeitet. Im August waren schon 700 Arbeiter und 45 Angestellte entlassen, seither hat sich die Situation wesentlich verschärft. Im Bereiche der Königgrätzer Handelskammer haben die Textilbetriebe nahezu vollständig die Arbeit eingestellt und in den anderen Industrien wird nur 3 bis 4 Tage gearbeitet. Noch anfangs September betrug in einer gewissen Zahl von Betrieben dieses Kammerbezirkes die Zahl der Arbeitslosen 10.314 Arbeiter. Innerhalb eines einzigen Monates sind noch weitere 6000 hinzugekommen. Die Heimindustrie ist nur mit einem Viertel der Arbeiter beschäftigt. Die Metallindustrie befindet sich infolge Stornos aller Bestellungen völlig im Niedergang, ebenso die Erzeugung von landwirtschaftlichen Maschinen und ebenso auch die Bauindustrie. Die Gablonzer Glasindustrie ist vom Weltmarkt völlig verdrängt. Was das zu bedeuten hat, ergibt sich daraus, daß sie eine typische Exportindustrie ist. Aus dem Brünner Handelskammersprengel wird geradezu eine Dezimierung des Arbeiterstandes gemeldet: dort arbeiten durchschnittlich nur 20 bis 50% des früheren Arbeiterstandes.

In der keramischen Branche arbeiten überhaupt nur 50 %. Die Aufnahme in 67 Betrieben hat das Resultat zutage gefördert, daß von den in jenen Bezirken beschäftigten 18.000 Arbeitern Ende August nur 5000 Arbeiter in Beschäftigung standen, daß 20 Fabriken mit 6000 Arbeitern nur an 5 Tagen, 12 Fabriken mit 4000 Arbeitern an 4 Tagen und 5 Fabriken mit 800 Arbeitern nur 3 Tage arbeiten. Von den drei Chamottefabriken in Blansko arbeiten zwei überhaupt nicht, eine mit einem auf 20 % reduzierten Arbeiterstand. In Zwittau haben von 12 Fabriksbetrieben 5 sch on im Juli die Arbeit eingestellt, weitere sind inzwischen gefolgt. In Brünn waren im Jahre 1921 durchschnittlich 2200 Arbeiter in der Bekleidungsbranche beschäftigt, im Jänner dieses Jahres 870. Inzwischen hat sich ihre Zahl weiter erheblich reduziert. In Jägerndorf waren im August 6 Fabriken gänzlich gesperrt, drei haben nur 3 Tage gearbeitet, die anderen noch kürzer.

Dabei bringt fast jeder Tag neue Meldungen über Abwanderungen unserer Industrie nach dem Auslande. So verlegte die Firma Budig & Smolka aus Zwittau ihren Betrieb nach Polen; die Firma Riedl in Tannwald und Preßler in Tannwald haben Objekte in Deutschland gekauft und arbeiten dort; die Wollfabrik Mautner in Rosenberg und die Spinnerei Haltenberger in Neudorf gehen nach Ungarn, die Vereinigten Textilwerke A. G. in Preßburg nach Csepell in Ungarn, die Leinweberei Wein in Kesmarck, eine Fabrik mit 240 Webstühlen, nach Budafok, die Klinger,sche Sackfabrik nach Buda Kalacz, die Wollgarnfabrik Hellmann nach Angyaföld, eine Zwirnfabrik in Preßburg mit 9000 Spindeln, ferner eine ganze Reihe von Fabriken in Sillein, Èadca, Rapel, Opatov in der Slovakei haben ihre Arbeiter entlassen und überführen ihre Maschineneinrichtungen nach Ungarn. Und so geht es in bunter Reihe fort. Und auch darüber werden Sie in den letzten Tagen gelesen haben, daß die Harrachschen Glaswerke den Betrieb vollkommen eingestellt haben und daß die Arbeiter über die Grenze gegangen sind, bestqualifizierte Arbeiter, um in Deutschland Stellung zu suchen, wohin mit der Zeit wahrscheinlich ein großer Teil der Glasindustrie übersiedeln wird. Diese Daten über die Arbeitslosigkeit sind zum allergrößten Teil der Denkschrift der Handelskammerzentrale entnommen, die Daten über Betriebssperrungen dem "Èeské Slovo" und der "Tribuna".


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