Hohes Haus! Namens des Klubs der
deutschen sozialdemokratischen Abgeordneten gebe ich die folgende
Erklärung ab: Die Arbeitsmethode, welche am Schlusse einer jeden
Sessionsperiode in diesem Hause Platz greift, hat bei der Behandlung
der Regierungsvorlage zum Entschädigungsgesetze- geradezu groteske
Formen angenommen. Der Gesetzentwurf, der eine überaus komplizierte
Materie behandelt, wurde am gestrigen und heutigen Tage in atemloser
Geschwindigkeit gleichzeitig von drei Ausschüssen verhandelt.
Im Rechtsund Verfassungsausschusse kam trotz der überaus oberflächlichen
Behandlung hervor, daß der Gesetzentwurf nicht nur in technischer
Beziehung überaus mangelhaft ist, sondern daß in denselben auch
Bestimmungen aufgenommen wurden, deren Sinn und Zweck keinem einzigen
Mitgliede des Ausschusses klar war und auch vom Referenten des
Bodenamtes nicht aufgeklärt werden konnte. Trotzdem wurden auch
diese Bestimmungen von der Majorität einfach akzeptiert. An einer
derartigen Methode der Gesetzmacherei, welche an Leichtfertigkeit
wohl einzig dasteht, können und werden die deutschen Sozialdemokraten
sich nicht beteiligen, und daher an der Beratung des vorliegenden
Gesetzentwurfes aktiv nicht teilnehmen. (Potlesk na levici.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich kann mich den Ausführungen meines Vorredners vollinhaltlich anschließen. Ich muß auch namens meines Klubs schärfsten Einspruch gegen die parlamentarische Behandlung einer Vorlage erheben, welche so tief in die Volkswirtschaft einschneidet und auch sonst auf alle Belange des öffentlichen Lebens wirkt. Wenn ich dennoch bei dieser Gelegenheit einige Worte verliere, so möchte ich vor allem feststellen, daß es hoch an der Zeit wäre, die Bodenreform in ganz andere Bahnen zu lenken, in Bahnen, die tatsächlich die Bodenreform zu einem Werk gestalten würden, welches in die Zukunft wirkt, und das dauernden Segen hervorbringt. Die Bodenreform ist in diesem Staate zu einem Werkzeug geworden, nicht nur um die Vormachtstellung einer Nation über die andere auszunützen, sondern um auch einen Großteil der Bevölkerung in sozialer Beziehung zu schädigen, insbesondere das große Heer der Angestellten förmlich zu enterben. Die gegenwärtige Gesetzesnovelle ist nur eine Teilregelung des Entschädigungsgesetzes und ist derart mangelhaft, daß man sich mit derselben eigentlich ernstlich gar nicht befassen kann. Denn kein Volksvertreter, der nur halbwegs Verantwortung in sich fühlt, kann seine Stimme dafür abgeben.
Im Zusammenhange damit möchte von dieser Stelle aus wohl noch einmal gefragt werden, was es eigentlich für ein Bewandtnis mit dem staatlichen Bodenamte hat. Präsident Masaryk hat in seiner Neujahrsbotschaft erklärt, daß das staatliche Bodenamt der parlamentarischen Kontrolle unterworfen werden und die Volksvertretung den gebührenden Einfluß erhalten soll. Seitdem ist fast ein halbes Jahr vergangen, aber nichts wurde in dieser Angelegenheit veranlaßt. Das Bodenamt ist nach wie vor verantwortungslos, das Parlament hat nicht den geringsten Einfluß, das Bodenamt führt seine Arbeiten weiter durch, u. zw. sehr zum Schaden des großen Werkes der Bodenreform.
Aber auch das Parlament erfüllt nicht seine Pflichten. In der nächsten Zeit schon geht das Mandat des Verwaltungsausschusses des Bodenamtes zu Ende, und es wundert mich, daß das Präsidium des Abgeordnetenhauses noch gar nichts veranlaßt hat, um die Neuwahl des Verwaltungsausschusses vorzunehmen, jenes Verwaltungsausschusses, der noch vom seinerzeitigen Revolutionskonvent eingesetzt worden ist und eigentlich mit dem Tage der Wahl der Volksvertretung das Recht verloren hat, als parlamentarische Körperschaft weiter zu existieren. Ich hoffe, daß sich das Präsidium des Hauses dieser Aufgabe bewußt wird und an die Neuwahl desVerwaltungs ausschusses des Bodenamtes schreitet.
Es ist notwendig, daß noch auf eine Angelegenheit hingewiesen wird, welche be sonders die deutsche Öffentlichkeit be schäftigt, das ist die Frage der Wälderver staatlichung. Ich möchte da insbesondere den Herrn Minister für Landwirtschaft fragen, ob es wahr ist, daß er sich anläß lich eines Kongresses in Iglau geäußert haben soll, daß die Frage der Wälderver staatlichung, insbesondere der Grenz wälder, bereits vom Ministerrat genehmigt worden sei und daß infolgedessen diese Wälderverstaatlichung, insbesondere die Verstaatlichung der Grenzwälder, schon in nächster Zeit bevorsteht. Ich habe in dieser Angelegenheit eine dringliche Interpellation an den Ministerpräsidenten als Vorsitzenden des Ministerrates gerichtet. Diese dringliche Interpellation ist bis heute noch nicht in diesem Hause behandelt worden, es ist nicht über die Dringlichkeit abge stimmt worden, noch hat es der Ministerpräsident für notwendig gefunden, auf diese Interpellation zu antworten. Ich möchte hier feststellen, daß gerade dies eine Angelegenheit ist, die die deutsche Bevölkerung tief berührt und daß von der Lösung dieser Frage die Stellung des deutschen Volkes zu diesem Staate überhaupt abhängig ist. Ich will mich bei dieser Gelegenheit mit Rücksicht auf die beschränkte Redezeit nicht weiter auf diesen Gegenstand einlassen. Aber notwendig ist die Klärung, denn die Aufregung über eine derartige Maßnahme, die einer Entnationalisierung der deutschen Gebiete gleichkommt und die auch sonst die Interessen des deutschen Volkes hintansetzt, ist sehr groß und sie würde das deutsche Volk auf keinen Fall ruhig hinnehmen.
Wenn durch die vorliegende Gesetzesvorlage eine Vereinfachung, eine Beschleunigung der Übernahme des beschlagnahmten Bodens erzielt und weiters die bisherigen Erfahrungen der Durchführung der Bodenreform benützt werden sollen, wenn ferner die Hindernisse beseitigt werden sollen, welche sich einer raschen Abschätzung des beschlagnahmten Bodens entgegenstellen, und wenn schließlich hier noch die Frage der Sicherstellung der Angestellten, sei es durch Bodenzuteilung, durch Vermittlung einer anderen angemessenen Beschäftigung, durch Entschädigung in Geld oder durch die Alters- und Invaliditätsversorgung geregelt werden soll, so kann ich sagen, daß diese Sicherstellung in keiner Weise die Angestellten befriedigen wird und ich kann mich in dieser Hinsicht den Ausführungen des unmittelbaren Vorredners anschließen. Sie werden ja in den nächsten Tagen aus Kundgebungen der berufenen Organisationen der Angestelten hören, daß das, was hier in dieser Gesetzesvorlage geboten wurde, keineswegs hinreicht, um die Sorge um ihre Zukunft zu beseitigen. Die Fonde, die zu diesem Zwecke geschaffen worden sind oder geschaffen werden sollen, sind in keiner Weise zureichend. Wichtig scheint mir wenigstens die Frage zu sein, daß es notwendig ist, den Angestellten ein gesetzliches Recht auf jede Art dieser Sicherstellungen einzuräumen, daß man es nicht dem Bodenamte, bzw. einer Kommission des Bodenamtes überlassen darf, über derart wichtige Fragen allein zu entscheiden.
Wenn man diese ganze Gesetzesvorlage
in dieser Hinsicht überprüft, muß man unbedingt zur Anschauung
kommen, daß sie für einen ernsten und sich seiner Verantwortung
bewußten Volksvertreter vollständig unannehmbar ist. (Souhlas
na levici.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetz vom 22. Dezember des Jahres 1920 ist ein sogenannter Kunstdüngerfond gegründet worden. Dieser Kustdüngerfond hatte den Zweck, die landwirtschaftliche Erzeugung, die durch die vielen Kriegsjahre gelitten hat, wieder auf die Höhe zubringen. Wir haben damals schon bei der Behandlung des Gesetzes unseren Befürchtungen Ausdruck gegeben, daß wir dieses Gesetz nicht für den richtigen Weg ansehen, der zu dem angestrebten Ziele führen wird. Das Gesetz selbst ist gegen unsere Stimmen Gesetz geworden und beinhaltet verschiedene Ungerechtig keiten. Ich darf nur hinweisen auf die Doppelbesteuerung der Hopfengärten, die einmal für den Hopfen und andererseits als Gärten besteuert werden, weiters auf die Heranziehung von Gärten und Wäldern, obwohl diese beiden Kulturen eigentlich von dem verbilligten Kunstdünger nichts bekommen haben. Heute kann auch festgestellt werden, daß die Hoffnungen, die in dieses Gesetz gesetzt worden sind, nicht erfüllt worden sind und daß die Hoffnungen getäuscht wurden. Als Ergebnis kann wohl festgestellt werden, daß große Mißstimmung, zum Teil auch Entrüstung in der Bevölkerung, insbesondere in landwirt schaftlichen Kreisen hervorgerufen wurde. Wir haben ja heute aus dem Munde des Regierungsvertreters, speziell des Vertreters des Finanzministeriums gehört, daß insbesondere in der Slovakei und Karpathorußland diese Steuer direkt zu offenem Aufruhr geführt hat, wo mittels Gendarmerie und Militärassistenz diese Kunst düngerabgabe eingetrieben werden mußte. Es wäre zweifellos viel besser gewesen, wenn man die Hunderte Millionen von Kronen nicht der Land- und Forstwirtschaft auf diesem Wege entzogen und einer Zentrale zugeführt hätte, sondern wenn man daran gegangen wäre, die Zwangswirtschaft mit Getreide, mit landwirtschaftlichen Produkten überhaupt aufzugeben und der Landwirtschaft die Kunstdünger beschaffung zu überlassen. Die Regierung hätte durch eine gute Handelspolitik die landwirtschaftliche Erzeugung viel mehr unterstützten können dadurch, daß sie die Einfuhr von Kunstdünger oder von Roh stoffen zur Herstellung von Kunstdünger hätte erleichtern können. Und tatsächlich ist ja der Kunstdüngerfond noch vor Ablauf seiner Wirksamkeit schon mit der Regierungsverordnung vom 9. September 1921 aufgehoben worden, beziehungsweise der Handel mit Kunstdünger freigegeben worden, so daß mit diesem Zeitpunkt die Wirksamkeit des Kunstdüngerfondes er loschen ist und die Agenden des liquidie renden Kunstdüngerfondes an das Mini sterium der Landwirtschaft übergegangen sind. Obwohl durch diese Liquidation und durch Freigabe des Kunstdüngers die Rechte des Kunstdüngerfondes aufgehoben worden sind, wurde dennoch an den Pflich ten gegenüber dem Kunstdüngerfond fest gehalten, das heißt, die Beitrage zu diesem Kunstdüngerfond wurden durch diese Re gierungsverordnung nicht aufgehoben. Dadurch ist ein Rechtszustand geschaffen worden, welcher in sich einen inneren Widersppruch enthält, daß nämlich einerseits der Fond aufgehoben worden ist und an dererseits dennoch diesem Fond noch das Recht verbleiben soll, daß die Beiträge, welche im § 10 des Kunstdüngergesetzes bestimmt worden sind, nämlich die Beiträge von den Eigentümern von Wald, Weingärten und Gärten nicht nur für das Jahr 1921, so dern auch für das Jahr 1922, bestehend in dem zweifachen Katastralrein ertrag dieser Grundstücke für jedes dieser Jahre entrichtet werden sollen. Diese Beiträge sind, wie erwähnt, hoch und belasten besonders den kleinen Waldbesitzer sehr stark, der vielfach überhaupt keinen Nutzen aus seinem Wald beziehen kann, weil dieser Wald Jungwald ist, oder weil es neue Pflanzungen sind, Waldblößen oder Hutweiden, die im Kataster noch als Wald eingetragen sind, die inzwischen schon kultiviert worden sind, als Äcker oder Wiesenland benützt werden und im Kataster dennoch als Wald eingetragen sind. Es muß hier auch festgestellt werden, daß dieser Kunstdüngerfond die Landwirtschaft nicht mit dem besten Kunstdünger versehen hat. Es wurde sehr viel minderwertiger Kunstdünger, insbesondere Thomasmehl, zugeteilt, und was eigentlich noch bedauerlicher ist, viele Landwirte, die um diesen sogenannten verbilligten Kunstdünger angesucht haben, haben trotz Bezahlung keinen bekommen. Es ist daher aus allen diesen Gründen notwendig, daß die Ungerechtigkeiten, die insbesondere im § 10 des Kunstdüngergesetzes enthaltén sind, soweit wenigstens der Kleinwaldbesitz in Betracht kommt, gutgemacht werden und diesem Unrecht soll eben du rch den vorliegenden Gesetzentwurf abgeholfen werden. Ich möchte erwähnen, daß auch ich in dieser Angelegenheit am 20. Juni einen Gesetzesantrag eingebracht habe, der im großen und ganzen mit vorliegendem Gesetzenwurf übereinstimmt. Was nun den Gesetzentwurf selbst anbelangt, so halte ich es für notwendig, darauf hinzuweisen, daß das angenommene Ausmaß von 20 Hektar Wald viel zu gering bemessen ist. Wenn Sie die Verhältnisse insbesondere in den Gebirgsgegenden in hohen Lagen berücksichtigen, so uß jeder Eingeweihte sagen, daß das Ausmaß von 20 ha noch lange nicht einmal bäuerlicher Wald oder bäuerliche Wirtschaft ist, sondern daß das ein rein kleinbäuerlicher Wirtschaftsbetrieb ist, und es ist doch klar, daß wir sämtliche kleinen und mittleren bäuerlichen Betriebe in dieser Hinsicht entlasten wollen. Ich habe mir daher bereits im Landwirtschaftsausschuß den Antrag erlaubt, daß diese Grenze von 20 auf 30 ha hinaufgesetzt werde. Nachdem dieser Antrag im Landwirtschaftsausschuß abgelehnt worden ist, so habe ich diesen Antrag auch jetzt wiederum eingebracht. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.)
Dabei will ich noch bemerken,
daß diese schablonenhafte Festsetzung des Ausmaßes ungerecht ist,
denn ein ha Wald in der Niederung ist jedenfalls ganz anders zu
werten als ein ha Waldbesitz auf steinigem Gebirgsboden. Es wäre
daher viel gerechter gewesen, wenn als Maßstab der Befreiung von
der Kunstdüngersteuer der Katastralreinertrag angenommen worden
wäre und es hätten durch die Annahme des Katastralreinertrages,
sagen wir des Betrags von 300 Kè, zweifellos die Ungerechtigkeiten,
die in der schablonenhaften Festsetzung des Hektarflächenausmaßes
enthalten sind, einigermaßen ausgeglichen werden können. Notwendig
ist es ferner, daß eine Bestimmung ins Gesetz aufgenommen wird,
wonach jene Waldbesitzer, welche aus ihrem Walde im Jahre 1922
keine Einnahme bezogen haben, ebenfalls von der Kunstdüngerabgabe
für 1922 befreit werden. Es handelt sich in diesem Falle
auch nur um kleine Waldbesitzer, denn große Waldbesitze haben
naturgemäß jedes Jahr Einnahmen, weil sie auf Grund eines Wirtschaftsplanes
genutzt und auch im Jahre 1922 einen Ertrag abgeworfen haben.
Notwendig ist ferner mit Rücksicht auf die großen Schäden, die
unseren Wäldern durch die Nonne und insbesondere auch durch Waldbrände
verursacht worden sind, daß dem ebenfalls Rechnung getragen wird,
u. zw. indem ein Zusatz zu § 2 angenommen wird. Ich habe
mir erlaubt, ebenfalls diesbezüglich Anträge zu stellen. Was den
§ 2 anbelangt, so ist es notwendig darauf hinzuweisen,
daß die Vorlage einer Rechnungsgebarung seitens des Kunst düngerfonds
nach durchgeführter Liquidation zwecklos ist. Das Parlament muß
vor Beendigung der Liquidation des Kunst düngerfonds in die Lage
versetzt werden, die Tätigkeit des Kunstdüngerfonds zu überprüfen
und allenfalls Vorkommnisse und Unzukömmlichkeiten noch vor Been
digung der Liquidation richtigzustellen. Auch in dieser Beziehung
habe ich einen Antrag gestellt. Was die Überschüsse des Fonds
betrifft, so halte ich es für notwendig, daß die gesetzgebende
Versammlung auch in dieser Beziehung im Gesetze vorsorgt, d. h.
Bestimmungen trifft, in wel cher Weise allfällige Überschüsse
des Kunstdüngerfonds Verwendung finden sollen. Es ist da naheliegend,
daß die Überschüsse in erster Linie Verwendung finden sollen zur
Unterstützung jener kleinen Waldbesitzer, deren Wälder durch die
Nonne verwüstet worden sind. Falls diese Anträge nicht angenommen
werden sollten, so habe ich mir weiter erlaubt, Resolutionsanträge
zu stellen, bezüglich der Ermächtigung des Kunstdüngerfondes,
Gesuche um Befreiung der Waldbesitzer, welche keine Einnahmen
aus ihrem Wald im Jahre 1922 hatten, beziehungsweise welche durch
die Nonne oder sonstige Natur ereignisse schwer geschädigt worden
sind, in günstigem Sinne zu erledigen, sowie auch bezüglich der
Verwendung all fälliger Überschüsse. Ich bitte, mit Rücksicht
auf die Berechtigung, alle diese gestellten Abänderungs-, Zusatz-,
bzw. Resolutionsanträge anzunehmen. (Souhlas a potlesk na levici.)