Pondìlí 26. èervna 1922

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 156. schùzi poslanecké sbìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pondìlí dne 26. èervna 1922 veèer.

1. Øeè posl. dr. Holitschera (viz str. 1442 tìsnopisecké zprávy):

Meine verehrten Damen und Herren! Der Kapitalismus hat seine Polypenarme auch nach dem Heilwesen ausgestreckt. Während in früheren Zeiten der Arzt, nachdem der ärztliche Beruf aus dem Priesterstande hervorgeg ngen ist, unter den Menschen eine hervorragende Stellung eingenommen hatte, sogar durch Jahrhunderte von einem gewissen mystischen Nimbus umgeben war, ist er im letzten Jahrhundert unter dem Druck des Kapitalismus zu einem Gewerbetreibenden herabgesunken. Der Arzt war genötigt, seine Ware um Geld zu verkaufen, ebenso wie irgend ein anderer Gewerbetreibender. Der schwere Konkurrenzkampf, in dem er stand, hat ihn gezwungen, zu den Mitteln zu greifen, die im Konkurrenzkampf der kapitalistischen Wirtschaftsordnung unvermeidlich sind. Erst in den letzten Jahrzehnten begann es wieder besser zu werden. Besonders hat dazu beigetragen zunächst einmal die Einführung der Sozialversicherung, dann aber hat in diesem Sinne auch die Entwicklung der Wissenschaft gewirkt, die nunmehr gezeigt hat, daß das wichtigste Gebiet des Heilwesens nicht das Heilen ist, sondern die Vorbeugung und die Fürsorge. Man ist dahinter gekommen, daß es für die Gesellschaft und für den Einzelnen vorteilhafter ist, Krankheiten zu verhindern, anstatt zu warten, bis die Menschen krank sind, und sie dann erst zu heilen. Dadurch ist in die ärztliche Tätigkeit ein gewisser Widerspruch mit sich selber gekommen. Ich erinnere an das treffende, wenn auch bissige Epigramm: Die Krankheit ist ein Kapital, wer wollte es vermindern? Es liegt darin etwas Wahres. Die Ärzte sollten auf der einen Seite davon leben, daß die Menschen krank sind, auf der anderen Seite müssen sie Fürsorge und Vorbeugung treiben und dadurch natürlich die Menge dessen, wovon sie leben, vermindern. Daraus haben sich ziemlich schwere Konflikte ergeben. Jetzt nimmt die Fürsorge und Vorbeugung bereits einen so großen Teil der ärztlichen Tätigkeit ein, daß die Unmöglichkeit der gewerbsmäßigen Ausübung des Berufes immer deutlicher wird, und daraus entstehen die Sozialisierungsbestrebungen des ärztlichen Berufes, die jetzt allgemein und immer mehr in den Vordergrund treten.

Die Gesellschaft hat ein Interesse daran, daß möglichst wenig Menschen erkranken und sterben und daß sie, wenn sie schon erkranken, möglichst rasch wieder gesund werden. Und sie muß alles tun, um das herbeizuführen. Das ist aber nur dadurch möglich, daß sie selbst die Einrichtungen schafft, die dazu notwendig sind. Es ist nicht möglich, hier auf all die Einzelheiten einzugehen, die für die Sozialisierungsbestrebungen schon entwi ckelt worden sind. Im Mittelpunkt des Systems müssen stehen die von der Gesellschaft und ihren Organen, Staat und Gemeinden, beigestellten Ärzte, Geburtshelferinnen, Pflege- und Fürsorgepersonen einerseits und die Heil- und Fürsorgeanstalten andererseits.

Zunächst nur einige Worte über die letzteren. Die Fürsorge- und Aufklärungsarbeit steht noch im Beginn und soll sich erst entwickeln, ihre Organisation ist noch nicht vollendet, die richtige Arbeitsgemeinschaft zwischen privater und öffentlicher Tätigkeit muß noch geschaffen werden. Nun ein Wort über die Heilanstalten. Sie sind heute vollständig ungenügend, ja geradezu fürchterlich. Ich möchte da einen Blick auf die Informationsreise werfen, die die Gesundheitsausschüsse der beiden Häuser in den letzten Wochen unternommen haben. Diese Fahrten haben uns einen Einblick in die zum großen Teil geradezu trostlosen und völlig unzureichenden Verhältnisse verschafft, die bei unseren Krankenanstalten herrschen. Ich kann mich hier nicht in Einzelheiten einlassen, nur sei in dem Zusammenhang erwähnt, daß für die Kinder, für die Tuberkulose- und Geschlechtskranken in vielen Krankenhäusern nicht mit jener Sorgfalt gesorgt wird, die ihnen zugewendet werden müßte. Mit allem Nachdruck und mit wahrer Erschütterung muß ich von dieser Stelle aus auf die wahrhaft entsetzlichen und zum Himmel schreienden Verhältnisse hinweisen, die hier im Prager Allgemeinen Krankenhaus herrschen; daß so etwas in einem Kulturstaate möglich ist, möchte man nicht für möglich halten. Die Überfüllung, die dort herrscht, die dazu zwingt, die Säle voll zu stopfen, Kranke auf Fußböden zu legen, oder in Warteräumen unterzubringen, die durch die Verhältnisse förmlich erzwungene Unreinlichkeit, die ganz unzureichende vorsintflutliche Küche, die erbärmliche, tiefstes Mitgefühl hervorrufende Unterbringung der Pflegeschwestern und Wärterinnen, der Mangel an Badeeinrichtungen, an Teeküchen, der Mangel an Bett- und Leibwäsche, die klägliche Versorgung der Ärzte und der klinischen Institute, der Aufenthalt Schwindsüchtiger mit offener Tuberkulose mitten unter anderen Kranken, all das ist ungeheuerlich, doppelt ungeheuerlich, weil ohne Übertreibung gesagt werden muß, daß diesen furchtbaren Verhältnissen jährlich Hunderte von Menschenleben zum Opfer fallen, die gerettet werden könnten, wenn sie in einem modernen hygienischen Krankenhaus behandelt werden würden. Diese Verhältnisse müssen bald und rasch aufhören, da gibt es kein Zögern und Aufschieben, kein Wenn und kein Aber. Hier handelt es sich um Leben und Gesundheit tausender Menschen, aber nebenbei auch um die Ausbildung der Ärzte beider Nationen, also um die Zukunft unserer Volksgesundheit. Da muß selbst der Machtspruch eines Finanzministers und des Dr. Rašín fallen.

Ein neuer Krankenhausbau kostet eine Viertelmilliarde. Wenn wir sie nicht haben, dann müssen wir sie uns ausborgen. Vom Pfundkredit, den wir bekommen, sollen bedeutende Teile zu Investitionen verwendet werden. Sind unter diesen Investitionen nur strategische Bahnen in der Slovakei verstanden? Es wäre wohl menschlich, ja, mehr als das, es wäre ein Gebot vorausblickender Politik, wenn man einen Teil des Geldes dazu verwendete, ein modernen Ansprüchen der Volksgesundheit wirklich entsprechendes Krankenhaus hier zu bauen.

Ich will mich nun dem anderen Teile der Frage zuwenden. Daß für die Ausübung der ärztlichen Arbeit und Fürsorgetätigkeit vorgesorgt werden muß, kommt im Gesetze vom 15. April 1920 zum Ausdruck, dessen Ergänzung die Vorlage bildet, mit der wir uns heute zu beschäftigen haben. Es wird in dieser Vorlage der durchaus richtige Grundsatz anerkannt, daß die Ärzte eine vorbeugende und Fürsorgetätigkeit leisten müssen und daß der Arzt dafür aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden muß, weil das auf anderem Wege gar nicht geht. Daß der Patient dafür zahlt, daß ihn der Arzt gesund macht, läßt sich organisieren. Aber für die vorbeugende Fürsorgetätigkeit gibt es keinen anderen Weg, als daß der Arzt aus öffentlichen Mitteln, von der Gesellschaft und deren Organen, also vom Staate, der Gemeinde usw. entlohnt werde. Was bisher vom Staate und im alten Österreich von den Ländern auf diesem Gebiete geleistet wurde, ist ein lächerliches Zerrbild. Als man im Jahre 1888 in Böhmen und später in Mähren - in Schlesien gibt es heute noch kein Gesetz und daß in der Slovakei nichts geschehen ist, versteht sich von selbst - daran ging, die Distriktsarztstellen zu schaffen, war das, was damals geleistet wurde, fast nichts. Man hat die Distriktsärzte elend und kläglich bezahlt, nur damit sich an diesen Orten überhaupt Ärzte niederlassen; daß sie für die öffentliche Gesundheit irgend etwas leisten, hat man eigentlich nicht verlangt, und es war auch unmöglich; denn für ein Honorar von 800 Kronen - heute noch bekommen sie höchstens 1400 Kronen - kann man nichts verlangen. Wenn diese Ärzte die Totenschau ordentlich gemacht haben, haben sie schon damit genug geleistet, um das zu verdienen, was sie bekommen haben.

Die Entwicklung geht ihren Gang. Trotz dem rückständigen Widerspruche, den heute noch ein Teil der Ärzte erhebt, der die Forderungen der heutigen Zeit leider nicht begreift, schreitet, wie wir sehen, die Verbeamtung der Ärztestandes doch fort. Es ist eine Ironie des Schicksals, daß dieselben Ärzte, die sich heute mit aller Kraft dagegen wehren, daß sie als Beamte anerkannt werden, heute doch das Zustandekommen dieses Gesetzes mit Freude begrüßen, indem sie wenigstens zu Halbbeamten gemacht werden. Dieses Gesetz betrifft ja 1000 bis 2000 Ärzte dieses Staates. Daß es vorläufig nur Halbbeamte sind, das ist allerdings ein Nachteil, der wohl manche schlechte Folgen haben wird; denn der Arzt wird zur Hälfte Beamter, zur Hälfte noch immer darauf angewiesen sein, da man ja von 10.000 bis 20.000 Kronen heutzutage nicht leben kann, sich nebenbei durch Privatpraxis, durch Krankenkassapraxis, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, und das wird natürlich zu Konflikten führen, die nicht immer angenehm sein werden, die aber natürlich, wie ich einsehe, bis auf weiteres nicht zu vermeiden sind. Die größere Gefahr sehe ich aber darin, daß diese Verbeamtung vom heutigen kapitalistischen und bürokratischen Staat durchgeführt wird. Diese Verbeamtung wäre schön und gut in einem wirklich demokratischen Staat, in einem Staat, der darauf aufgebaut ist, daß der Beamte den Willen und nur den Willen der Bevölkerung zum Ausdruck bringt. Hier in diesem Gesetz vom 15. April 1920 und in der Ergänzung, die wir heute hier vor uns haben, wird natürlich ein anderer Weg betreten. Und der Widerspruch, den ich gegen das Gesetz erhebe, liegt auf diesem Gebiete. Schon das, daß das Gesetz am 15. April 1920 gemacht wurde, sagt alles. Ich erinnere Sie daran, daß dieser 15. April 1920 der letzte Tag des Wirkens der ersten Revolutionsnationalversammlung war. Ich erinnere Sie daran, daß an jenem Tage 27 Gesetze gemacht worden sind, die alle den Geist jener Zeit atmen. Ich erinnere nur an die Geschäftsordnung dieses Hauses, unter der wir seufzen und ächzen. Dieser Geist kommt auch in diesem Gesetze zum Ausdruck. Ich habe gewünscht, daß dieses Gesetz auf demokratischer Grundlage aufgebaut wird, daß die Bevölkerung dabei mitzureden hat, denn vergessen Sie nicht, meine Dam en und Herren, daß das gerade in der Frage, um die es sich hier handelt, in der Frage der Volksgesundheit, notwendig ist. Denn man kann für die Volksgesundheit nur dann richtig und ausgiebig arbeiten, wenn das Vertrauen der Bevölkerung mithilft, wenn die Bevölkerung selbst sich in den Dienst der Sache stellt und mitarbeitet. Man hat mir erwidert: ja, das geht vielleicht in den hochkultivierten Gegenden Böhmen, Mähren und Schlesien, aber nicht in der Slovakei und in Karpathorußland, weil dort die Bevölkerung nicht reif dazu ist. Ich sehe ja wohl ein, daß die Verhältnisse dort anders sind, ich glaube aber doch, es hätte sich trotz der Unifizierung die Möglichkeit bieten können, hier unserer Bevölkerung Gelegenheit zu geben, ebenfalls mitzusprechen. Es werden in diesem Gesetz Bezirksund Gemeinde-Gesundheitsräte vorgesehen; ich habe vorgeschlagen, daß diesen Gesundheitsräten ein großer Wirkungskreis eröffnet werde, daß sie herangezogen würden nicht nur zur Abgabe solcher Gutachten, wie man sie ihnen hier zumutet. Wir wissen schon, was aus solchen Körperschaften wird. Sie kümmern sich bald nicht mehr darum, andere kümmern sich auch nicht um die Gutachten, die sie abgeben. Ich hätte ihnen entscheidende Mittätigkeit zuerkannt haben wollen. Leider ist das nicht geschehen. Ich habe vor allem verlangt, daß ihnen die Möglichkeit gegeben wird, bei Besetzung der Distrikts- und Gemeindearztstellen mitzusprechen, wenigstens so mitzusprechen, daß man ihnen gestattet, einen Ternavorschlag zu erstatten, an den das Ministerium ja nicht unbedingt gebunden sein soll, der aber dem Ministerium eine Handhabe dazu bietet, welche Ärzte die Bevölkerung wünscht. Man hat mir gesagt: "Ja, das verlangen Sie wiederum nur aus nationalen Gründen!" Meine Damen und Herren, ich gebe zu, daß ich es auch aus nationalen Gründen tue. Es ist auch meine Pflicht, die deutschen Ärzte davor zu schützen . . (Posl. Taub: Die deutsche Bevölkerung zu schützen!) Gerade wollte ich es sagen - und auch die deutsche Bevölkerung davor zu schützen, daß das Gebiet, wo Deutsche wohnen, mit èechischen Ärzten überschwemmt wird. Man hat mir hier natürlich erwidert, diese Absicht bestehe nicht und ich bin auch überzeugt, daß der Gesundheitsminister Dr. Vrbenský diese Absicht nicht hat. Aber die Minister wechseln und vom Herrn Minister abgesehen wir haben uns leider in sehr vielen Fällen davon überzeugen müssen, daß auch im Gesundheitsministerium ein böser Geist umgeht, der mich immerhin mißtrauisch macht. Ich verweise nur auf den Entwurf des neuen Ärztekammergesetzes, in dem die bisher bestehende Einrichtung der Sektionierung aufgehoben wird und eine unbedingt èechische Mehrheit geschaffen wird, so daß die deutschen Ärzte nichts mehr mitzureden haben werden. Ich weise auf die Verleihung der Staatsbürgerschaft an Ärzte hin. Wie oft haben ich inden letzten Monaten undJahren damit zu tun gehabt, daß deutschen Ärzten, die in der Èechoslovakei wohnen, die Erwerbung der èechoslovakischen Staatsbürgerschaft verweigert wurde, wodurch diese Leute geradezu dem Jammer und Elend preisgegeben worden sind, ohne Angabe von Gründen; man hat es wenigstens nicht der Mühe wert gefunden, uns diese Gründe mitzuteilen. Ich verweise darauf, daß trotz Urgenz kein deutscher Beamter im Ministerium sitzt, ich verweise darauf, daß man die Ablegung eines Teiles der Physikatsprüfung in èechischer Sprache verlangt, ich verweise darauf, daß neuerdings wiederum deutsche Zahnärzte gezwungen werden, an einem èechischen Institut zu studieren usw. Kurzum, wir haben gute Gründe, mißtrauisch zu sein, und ich hätte gerne gesehen, wenn in diesem Gesetze eine Sicherung geboten wäre. Denn Versprechungen können uns natürlich nicht genügen. Ich habe weiters darauf Bedacht genommen, daß in der Zukunft die Sozialversicherung eine große Rolle spielen wird, daß die Distriktsärzte auch für die Sozialversicherung, für die Krankenkassen werden arbeiten müssen, und auch darum wäre es sehr notwendig, daß den Krankenkassen dieMöglichkeit gegeben wird, bei der Anstellung der Ärzte mitzusprechen, damit ihnen nicht irgend ein Arzt hingesetzt wird, den sie nicht haben wollen, den sie nicht kennen. Man hat hier eine Reihe von Gründen angeführt, aus denen das nicht mögli ch ist. Gründe allerdings, die ich nicht als stichhältig anerkennen kann.

Wir kommen zurück auf die grundsätzliche Frage: Der Arzt wird durch dieses Gesetz Beamter, wenigstens Teilbeamter. Es ist ja keine Frage, daß die Entwicklung in dieser Richtung fortschreiten wird; ganz bestimmt wird mit der Zeit die ärztliche Versorgung der Bevölkerung durch die Gesellschaft vollständig in die Hand genommen werden, der Arzt wird aufhören, ein Gewerbetreibender zu sein, der seine Arbeit ebenso verkauft, wie irgend ein anderer, weil gerade der ärztliche Beruf ein solcher ist, der eine solche Einstellung am wenigsten verträgt. Der Arzt muß über den Konkurrenzkampf gestellt werden. Nur dann wird er seine ganze Kraft und Tätigkeit wirklich in den Dienst der Volksgesundheit stellen können, nur dann wird er vorbeugende und Fürsorgetätigkeit entwickeln können.

Es wird darauf hingewiesen, daß die bisherige Einrichtung sich nicht bewährt hat. Das gebe ich zu. Aber sie hat sich nur deshalb nicht bewährt, weil erstens man den Selbstverwaltungskörpern keine Mittel zur Verfügung gestellt hat, für die Volksgesundheit zu sorgen, und weil zweitens die Ärzte auch in dieser Beziehung eine ungenügende Ausbildung erhalten haben. Es ist notwendig, daß die Ausbildung der Ärzte in diesem Sinne erweitert wird, daß sie in sozialer Fürsorge, in Sozialmedizin und Sozialhygiene eine Ausbildung erlangen, und es wird auch im Gesundheitsministerium daran gearbeitet. Ich selbst habe diesem Bestreben dadurch Ausdruck gegeben, daß unser Klub einen Resolutionsantrag eingebracht hat, durch den die Regierung aufgefordert wird, sozialärztliche Akademien zu errichten, in denen die Ärzte Ausbildung erhalten in sozial-hygienischer und in sozial-medizinischer Hinsicht usw. und daß sie dann auch an diesen Akademien die Prüfung in diesen Gegenständen ablegen, damit wir die Sicherheit haben, daß die Ärzte, die draußen sind, auch auf sozialem Gebiete die notwendige Tätigkeit entfalten können.

Meine Damen und Herren! Wir werden, nachdem wir in diesem Gesetz einen Fortschritt erblicken, für das esetz stimmen, trotz der schweren Bedenken, die wir dagegen haben. Ich glaube, es wird sich im Laufe der nächsten Zeit herausstellen, daß der Weg, den ich weise, gangbar ist und daß es nicht nur wünschenswert, sondern notwendig sein wird, der Bevölkerung ein Mitbestimmungsrecht zu gewähren, daß es nicht gut ist, wenn man alles zentralisiert und bürokratisiert, wenn man das ganze Gesundheitswesen nur auf das Amt einstellt, sondern daß man es in dem Sinne erweitern muß, daß die Bevölkerung auch mitzureden hat. Wenn, wie wir hoffen dürfen, eine Verbesserung und eine Erweiterung des Gesetzes in diesem Sinne durchgeführt wird, so wird durch das Gesetz ein Fortschritt auf dem Gebiete des Gesundheitswesens geschaffen werden. (Potlesk na levici.)

2. Øeè posl. Windirsche (viz str. 1451 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Diese und die beiden nächsten Vorlagen bezwecken jenen Teil der öffentlichen Angestellten zufriedenzustellen, dem die Ausübung des öffentlichen Sicherheitsdienstes übertragen ist. Der Umstand, daß die Regierung in erster Linie an die Erfüllung der Gehaltsforderungen der öffentlichen Sicherheitsorgane schreitet, gibt gewiß zum Nachdenken Anlaß. Nach meinem Dafürhalten ist dafür wohl maßgebend der Wunsch, zuverlässige Organe zu besitzen, die unter allen Umständen, wenn es die Notwendigkeit erheischt, für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung eintreten. Als Vertreter einer bäuerlichen Partei brauche ich nicht erst zu erklären, daß uns an geordneten ruhigen Verhältnissen viel gelegen ist. Ich muß jedoch weiter ausdrücklich betonen, daß wir auch treue Söhne unseres deutschen Volkes sind, das mit Unrecht immer wieder herausgefordert worden ist und auch noch weiter herausgefordert wird. Auch das Landvolk hat Blut in seinen Adern und empfindet die demütigende Zurücksetzung der Deutschen im Staate schmerzlich. Ich brauche nur an die Gesetzesvorlagen zu erinnern, die während der letzten Tage den Anlaß zur lebhaftesten Erregung der deutschen Abgeordneten gegeben haben und deren Auswirkung keinen anderen Zweck hat, als die Interessen der Deutschen zu schädigen. Diese Erregung überträgt sich mit Recht auf die Bevölkerung der deutschen Gebiete des Staates. Und wenn es so weitergeht, wird der Moment kommen, wo der jetzt schon durch die vielen bedrückenden Ereignisse überspannte Bogen brechen wird. Die Regierung und die ihr ergebenen Koalitionsparteien wissen, daß sie gegen die Deutschen unrecht handeln und sie fürchten, daß schließlich einmal schlimme Ereignisse kommen können. Um für solche Fälle gewappnet zu sein, deswegen bemüht man sich auch um die Befriedigung der Dienstbezüge der öffentlichen Sicherheitsorgane.

Zu allem Überflusse soll noch eine staatliche Sicherheitswache eingerichtet werden, die das ohnedies schon starke Heer der staatlichen Sicherheitsangestellten noch beträchtli ch weiter vermehren wird. So erhält der Staat, welcher sich stets als eine Hochburg des demokratischen Gedankens in Mitteleuropa bezeichnet hat, immer mehr das Gesicht und das Wesen eines ausgesprochenen Polizeistaates, in welchem ein Klüngel chauvinistisch, reaktionär und despotisch gesinnter Menschen, die übrigen ebenso unter der Botmäßigkeit zu halten versucht, wie das früher in absolutistisch regierten Monarchien der Fall war.

Wäre es im Sinne wahrhafter demokratischer Ideen nicht angezeigter, nationale Befriedigung unter den Deutschen im Staate zu erzeugen und durch eine kluge soziale Politik weiter dafür zu sorgen, daß sozialen Erschütterungen vorgebeugt wird? Wäre das nicht im Interesse des ganzen Staates gelegen, wenn der zunehmenden Vergiftung des öffentlichen Lebens endlich Einhalt geboten würde? Damit wäre gleichbedeutend eine Einschränkung jener unproduktiven Ausgaben, die der staatliche Sicherheitsdienst absorbiert.

Meine Ausführungen werden freilich ebenso taube Ohren finden, wie das gegenüber deutschen Klagen und Forderungen hier immer der Fall gewesen ist. Ich kann aber nur betonen, daß unser Volk durch Ihr Vorgehen in einen Zustand zunehmender Radikalisierung hineingetrieben wird und daß der Moment kommen wird, wo der aufgespeicherte Zorn zur Entladung kommen muß. Halten Sie daher rechtzeitig Umkehr auf ihrem falschen Wege. Wir haben immer geglaubt, daß, wenn daran gegangen wird, die Gehaltsbezüge der staatlichen Angestellten zu verbessern, zumindest das große Unrecht wieder gutgemacht wird, das der Beamtenschaft mit Hochschulbildung durch die Gleichstellung der Gehaltsbezüge aller Beamtenkategorien zugefügt wurde. Die Regierung hat außer Acht gelassen, die Bezüge der Richter, der politischen Beamten und der übrigen Akademiker im Staatsdienste zu heben.

Sie werden es für merkwürdig finden, daß ein Vertreter einer Landpartei auch in diesem Falle für eine gerechte Regelung der Dienstbezüge eintritt. Ich fühle mich hiezu jedoch verpflichtet, weil ich die Empfindung habe, daß Beamte mit höherer Vorbildung und größerer Verantwortung auch besser bezahlt sein müssen. Die Nivelisierung der Gehaltsbezüge hat zu einer Flucht tüchtiger Beamten aus dem Staatsdienste geführt, wovon wieder nur die Allgemeinheit den größten Schaden hat. Der vor einigen Tagen ermordete deutsche Minister für auswärtige Angelegenheiten Dr. Rathenau hat schon vor längerer Zeit folgenden Satz niedergeschrieben: "Hast Du einen Menschen ungeeignet für einen Posten gefunden, so setze ihn eher mit vollem Gehalt zur Ruhe, als daß Du ihn in seiner Stellung behältst, denn er wird nicht nur Dir und sich selbst, sondern ungezählten anderen schaden."

Diese Worte lassen sich auch voll auf die Verhältnisse des Staatsdienstes anwenden. Auch hier müssen tüchtige Elemente gehalten und durch entsprechende Gehaltsbezüge befriedigt werden. Daraus zieht dann die ganze Öffentlichkeit Vorteil. Voraussetzung ist freilich, daß die Beamtenschaft völlig objektiv über allem Parteiund allem nationalen Getriebe steht.

Wenn heute die Verbesserung der Dienstbezüge der Gendarmerie in Verhandlung steht, will ich die Gelegenheit nicht vorübergehen lassen, auf die Notwendigkeit zu verweisen, daß die Tätigkeit der Gendarmerie nur auf das für sie vorgesehene Gebiet beschränkt bleibt. Viele Fälle wurden uns jedoch zur Kenntnis gebracht, die Übergriffe erkennen lassen. So wurden Landwirte und deren Frauen gelegentlich von Erhebungen in Preistreibersachen von Gendarmen als Wucherer beschimpft.

Die Kollegen Zierhut und Kaiser haben wegen solcher Übergriffe auch Interpellationen an den Minister des Innern gerichtet, die freilich bis heute unbeantwortet geblieben sind.

Statt dem Sicherheitsdienste in objektiver Weise zu entsprechen, nützen manche Gendarmen ihre Stellung auch in nationalchauvinistischem Sinne aus. Ich brauche hiebei nur auf die Tätigkeit eines Gendarmeriewachtmeisters im Bezirke Krumau zu verweisen, der aus nationalem Haßgefühl einen deutschen Landwirt grundlos bis vor das Kreisgericht in Budweis brachte. Dort hatten die èechischen Richter jedoch eine objektivere Auffasssung und fällten nach erfolgter peinlicher Untersuchung ein freisprechendes Urteil. Das spricht wohl Bände.

Auch die Zahl der Übergriffe von Gendarmen bei deutschen Versammlungen ist schon zu Legion geworden und eine sich täglich wiederholende Erscheinung.

Es wird darum auch hier wieder die Forderung an die berufenen amtlichen Stellen gerichtet, dahin zu wirken, daß sich die Tätigkeit der Gendarmerie auf das ihr zugewiesene Gebiet allein beschränkt, das ist die Erhaltung von Sicherheit, von Ruhe und Ordnung. (Souhlas na levici.)

3. Øeè posl. Patzela (viz str. 1482 tìsnopisecké zprávy).

Auch diese scheinbar so geringfügige Gesetzesvorlage ist ein Beweis der Gesetzesflickerei in dieser Republik. Es werden auf ein ungenügendes Werk Flicken auf Flecken und Flecken auf Flicken gesetzt, sodaß dann ein Flickwerk herauskommt, in dem sich niemand mehr auskennt, und gewöhnlich am allerwenigsten diejenigen öffentlichen Angestellten, die berufen sind, das Gesetz durchzuführen. Und wenn man schon einmal, angelockt durch die vielen berühmten Rufe zur "Spolupráce", zur Mitarbeit, als Mitglied der Opposition die Möglichkeit ergreifen will, sachlich mitzuarbeiten, wird diese Gelegenheit natürlich wie immer dankend abgelehnt, worauf sich die Herren dann riesig entrüsten und wundern, wenn wir hie und da andere Mittel zu ergreifen gezwungen sind, um die Stimme der Opposition in diesem mehr oder minder hohen Hause zur Geltung zu bringen.

Ich bitte: Wir verrhandeln eine ganz geringfügige Novelle zu einem Gesetz aus dem Vorjahr über die Ruhegenüsse der ehemaligen Angestellten des Großgrundbesitzes, allgemein, nicht bloß der deutschen, nein auch der èechischen und slovakischen Angestellten. Wir haben aus dem Munde des Herrn Vorredners gehört, wie in der Slovakei die Dinge unter den Arbeitern aufgefaßt werden. Sie fühlen die Unzulänglichkeit dieses Gesetzes und wir haben auch von den Èechen ähnliche Stimmen gehört. Die Regierung aber, statt die Gelegenheit zur gründlichen Novellisierung zu ergreifen, kommt mit der Auslegung eines ziemlich unbedeutenden Nebenparagraphen. Wir haben die Gelegenheit ergriffen, dem Referenten des sozialpolitischen Ausschusses eine ausgearbeitete Novelle vorzulegen, mit der Bitte, sie zu unterstützen, und haben die Novelle auch in èechischer Übersetzung vorgelegt, aber der hohe "Vìtsina-Ausschuß" hatte bereits beschlossen, die Regierungsvorlage zur Grundlage der Verhandlung zu nehmen, und weil nun der Vorschlag, der die Möglichkeit einer sachlichen Diskussion über das ganze Gesetz geboten hätte, die Möglichkeit, den Abänderungsbedürfnissen gegenüber dem ganzen Gesetze vom Vorjahre näher zu treten, weil der Vorschlag eben von einem Mitglied der Opposition ausging, wurde am nächsten Tag das Elaborat dankend zurückgegeben mit dem Beifügen: Ja, es ist schon beschlossen worden, die Regierungsvorlage als Grundlage der Erörterung zu nehmen. Dagegen hat man sich dann begnügt mit einer Reihe von Resolutionen des sozialpolitischen Ausschusses, wodurch uns die Mitarbeit ni cht gerade annehmlich gemacht sondern verekelt wurde. Man nimmt zum Beispiel eine Resolution an, die die Regierung auffordert, über die Bezahlung und Sicherstellung der Unterhaltsgebühren der Großgrundbesitz An estellten Sorge zu tragen. Unser Vorschlag, der aus den Kreisen der èechischen und deutschen Beamten und Arbeiter hervorgeht, bot der Regierung diese Möglichkeit auf gesetztechnischem Wege. Diese Möglichkeit wurde aber freundlichst abgelehnt. Es heißt da, die Regierung solle für diejenigen, die nach § 2 des alten Gesetzes ausgeschlossen sind, sorgen. Wir boten diese Möglichkeit in Form eines Zusatzes zu dem im Verhandlung befindlichen Gesetze und wir bieten die Möglichkeit auch jetzt wieder. Es handelt sich da nämlich zu einem starken Teil um den löblichen oder unlöblichen Vater Staat. Es handelt sich zu einem starken Teil darum, daß die Èechoslovakei bei der Bodenbeschlagnahme oder beim Zufallen von Grundbesitz auf Grund der Friedensverträge Boden übernimmt, daß sie aber, wie sie es in vielen ähnlichen Fällen macht, zwar die Rechte übernimmt, von Pflichten aber nichts wissen will. Wir geben nun den Herren die Möglichkeit, durch die Annahme eines Abänderungsantrages - ich teile nicht den Optimismus des Herrn Vorredners bezüglich der sozialen Einsicht der Herren von der Vìtšina - wir geben aber den Herren die Möglichkeit, durch Annahme des Abänderungsantrages selbst für das zu sorgen, wozu unsere Resolution die Regierung auffordert. Wir fordern darin die Regierung auf, Vorsorge zu treffen auch für jene ehemaligen Angestellten des Großgrundbesitzes, die infolge der Übernahmme des Bodens durch die Bodenreform von der Wohltat des Gesetzes ausgeschlossen sind. Wir bieten Ihnen die Möglichkeit, dafür zu sorgen, da der Staat in alle Rechte des neu erworbenen Besitzes eintritt, daß auch ein Anteil am Ruhegenuß dieser alten Beamten und Arbeiter am Besitze haftet und daß derjenige, der einen Teil des Besitzes übernimmt, auch einen Teil der Ruhegenüsse übernehmen muß. Das ist unserer Meinung nach ein gerechtfertigter Standpunkt. Im alten Gesetz, ja sogar in der Vorlage, die der Herr Berichterstatter heute vertrat, heißt es ausdrücklich: Alle anderen müssen auch für die Versorgungsgenüsse auf dem Grund und Boden haften, den der Staat bei der Bodenreform übernommen hat - auch dann, wenn man vielleicht 90 % des Bodens weggenommen hat. Nur die Èechoslovakische Republik, der Staat, der den Vorteil hat, der die vielen Tausende Beamten davon ernährt, die Herren Kuèera und ähnliche Herren, der will keine Haftung, der will gar nichts übernehmen. Wir wollen nun den Herren durch Ablehnung unserer Anträge die Möglichkeit geben, ihre soziale Gesinnung möglichst vor aller Welt zu betätigen, Ihnen Gelegenheit geben, vor aller Welt zu zeigen, wie Sie Ihre soziale Pflicht auffassen. Wenn Sie aber die Form, in der wir Ihnen zum § 11 eine klare Textierung vorschlagen, nicht wählen, dann ersuchen wir Sie, wenigstens, gerecht zu sein und jene Bestimmung im § 12 dieser Vorlage zu streichen, nach der den Staat keine Haftung trifft. Hiedurch haben die Herren die beste Gelegenheit, selbst für das zu sorgen, was sie in ihrer Resolution aussprechen, worin sie die Regierung des Staates auffordern, für diejenigen Vorsorge zu treffen, für die Vorsorge zu treffen Sie aber dem Staate verwehren, indem sie diese Bestimmung hineinnehmen.

Man muß diese Dinge festnageln, um zu zeigen, wie liederlich, schlampig und ungewissenhaft leider hier die gesetzgeberische Arbeit geleistet wird. Bitte, es ist ja nicht zu spät. Die Herren von der Mehrheit haben noch immer die Möglichkeit, sich das zu überlegen, aus einer Resolution eine gesetzliche Bestimmung zu machen, um zu zeigen, daß sie sich nicht bloß mit dem billigen Ruhm begnügen wollen, die Regierung zu etwas aufzufordern, sondern selbst freudig berührt sind, wenn sie in das Gesetz Bestimmungen hineinnehmen können, wenn sie ein klares Gesetz schaffen, das jenen, die der Wohltat teilhaft werden sollen, nicht etwas verspricht, sondern ihnen wirklich Lebensmöglichkeit und Lebensraum gibt. (Potlesk na levici.)

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