Meine Damen und Herren! Mit einer
verdächtigen Hast und Eile vollzieht sich hier ein Ereignis von
weittragendster Bedeutung für unsere deutsche Bevölkerung in den
Sudetenländern. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.)
Zum Raub an der Schule gesellt sich auch der beabsichtigte
Raub . . .
Místopøedseda dr. Hruban (zvoní):
Prosím pana poslance, aby neužíval takovýchto výrazù! (Hluk.
- Rùzné výkøiky.)
Posl. inž. Jung (pokraèuje): Es hat im alten Österreich in den letzten Jahren vor dem Zusammenbruch 3 Eisenbahnverstaatlichungen gegeben: die der Ferdinands-Nordbahn, der Nordwestbahn und der Staatseisenbahngesellschaft. Es werden sich noch manche Herren in diesem Hause daran erinnern können, daß der Durchführung dieser Verstaatlichung monatelange Erörterungen und Verhandlungen vorangegangen sind mit allen Beteiligten. (Výkøiky.) Und wie ist es hier? Hier macht man das alles in einer solchen Eile ab, daß der Vorwurf eines Überrumpelungsversuches nur zu gerechtfertigt ist und man bekommt in der Debatte bei einer derartig wichtigen Angelegenheit ganze 30 Minuten Redezeit. (Výkøiky: Das ist ein Skandal, ein nerhörter Skandal! - Posl. Pelikán: Je toho až dost!) Sie sollten ganz ruhig sein, Herr Kollege. Sie haben sich schon einmal mit mir beschäftigt. Ich könnte mich vielleicht auch einmal mit Ihnen beschäftigen. Wo sind diejenigen, die früher im alten Österreich immer nach der Demokratie gerufen haben? Ich frage, wo sind sie und wie benehmen sie sich heute? Bei dieser Gelegenheit muß auch vor allen Dingen einmal an die Vorgänge erinnert werden, die sich in diesem Hause im Dezember 1920 abspielten, als die Übernahme der Kaschau-Oderberger-Bahn in den staatlichen Betrieb auf der Tagesordnung stand. Auch damals war es ein Überrumpelungsversuch allererster Güte. Was sollen wir aber erst zu dem Vorgang sagen, der angesichts der Verstaatlichung der Aussig-Teplitzer-Eisenbahn gehandhabt wird? Dienstag spät nachts warf man plötzlich die Vorlage ins Haus und . . . . . (Hluk. - Posl. Roudnický: To je správnì podle koncese! - Rùzné výkøiky na levici.) Sie sollten die Anzahl der èechischen Hetzpfaffen, die hier in diesem Hause vertreten sind, nicht auch noch vermehren! Und zu einem derartigen Vorgange bieten auch die èechischen Sozialdemokraten - das muß einmal festgestellt werden - die Hand. Ja, einer der ihren gibt sich zum Berichterstatter her bei diesem Versuche, wieder einen Teil unseres deutschen Volkes, und zwar arbeitende Menschen abzuwürgen. (Výkøiky.) Wir kommen um die Tatsache nicht herum, wenn wir uns an die Vorgänge vom Dezember 1920 erinnern, daß hier ein ganz gemeiner Wort- und Vertrauensbruch vorliegt. (Souhlas na levici.)
Im Jahre 1920, als die Vorlage auf Übernahme der Privatbahnen in den staatlichen Betrieb zur Verhandlung stand, und als es damals zu den stürmischesten Auftritten in diesem Hause gekommen ist, wurde ausdrücklich erklärt, daß die damalige Vorlage nur die Kaschau-Oderberger Bahn betreffe. Das stimmt ja nun allerdings. Aber die èechischen Parteien verpflichteten sich damals durch Abgabe einer feierlichen Erklärung, vor einer etwaigen Anwendung des Gesetzes auf die Aussig-Teplitzer und Bustìhrader Bahn mit den deutschen Parteien in "ernste", Verhandlungen einzutreten. (Souhlas na levici.) Ich frage, wo diese ernsten Verhandlungen geblieben sind? Und es muß festgestellt werden . . . . . . . . . (Rùzné výkøiky na levici.)
Wo ist der Eisenbahnminister? Er traut sich halt nicht her. Es ist ihm angenehmer, draußen zu bleiben. - Es muß festgestellt werden, daß diese Vereinbarungen hauptsächlich unter tätiger Mithilfe des jetzigen Eisenbahnministers Msgr. Šrámek erfolgt sind. Der damalige Eisenbahnminister Dr. Burger bekräftigte in der Obmännerkonferenz des Senates vom 21. Dezember 1920 diese Vereinbarungen ausdrücklich. Überdies ist hier im Hause nach Entfernung der Mitglieder des deutschen parlamentarischen Verbandes im Gefolge der unerhörten Auftritte, die sich hier abspielten, ein Resolutionsantrag der deutschen Sozialdemokraten angenommen worden des Inhalts, daß die Regierung aufgefordert wird, vor Übernahme der Aussig-Teplitzer und der Bustìhrader Eisenbahn mit den deutschen Parteien zur Erzielung einer Vereinbarung Verhandlungen zu pflegen. Auch das ist nicht geschehen. Ganz im Gegenteil: mitten in einer Nachtsitzung hat man die Vorlage ins Haus geworfen und hat sie in der in dieser modernsten aller Demokratien nun schon einmal üblichen Form nach allen Regeln der Kunst durchgepeitscht. Denn gleich nach der Haussitzung ist noch in den frühesten Morgenstunden der Verkehrsausschuß zusammengetreten, um die Referate aufzuteilen. Und um 9 Uhr vormittags hat er bereits seine zweite Sitzung abgehalten. Selbstverständlich beeilte sich die èechische Öffentlichkeit, vor allem die èechische Presse und eine feile, deutsch geschriebene Regierungspresse (Výkøiky.) wie die "Prager Presse" und andere Blätter, zu versichern, daß hier kein Wortbruch vorliege. Es ist einer und es ist keiner, wie man es nun eben nimmt. Keiner, und das hat auch der Eisenbahnminister im Ausschuß erklärt, eben insofern, als es sich hier nicht um eine Übernahme im Sinne des im Dezember 1920 beschlossenen Gesetzes handelt, sondern eben um eine vollständige Verstaatlichung, um den Ankauf einer Privatbahn. Für diesen Fall soll aber nach Ansicht dieser Kavaliere die Vereinbarung nicht mehr gelten. Es ist das eine jener ihrer Irreführungen, auf die wir plumpe Deutsche all zu oft hineinfallen. Es ist das einer jener Täuschungsversuche, wie ihn schon einmal ein Präsident eines großen Staatswesens, wie ihn Wilson an unseremVolke begangen hat. Erinnern wir uns doch einmal an das Jahre 1918! Wie wurde doch damals dieser Wilson in weiten Kreisen unseres Volkes als förmlicher Heiland gefeiert? Wenn wirheutehinausgehen, so werden wir feststellen können, daß die weitesten Kreise unseres Volkes ihn als größten Gaukler der Weltgeschichte betrachten! (Hluk. - Místopøedseda dr. Hruban zvoní.) Wir können uns nach den Vorgängen im Verkehrsausschuß und im Budgetausschuß und nach den ganzen Vorgängen, die sich seit Dezember 1920 hier abgespielt haben, ein Bild von der Auffassung von Treue und einem gegebenen Worte bei den Èechen machen und wir können zur sprichwörtlichen punischen Treue nun die èechische Treue dazusetzen. Zu all dem gesellen sich nun noch die Vorgänge, die sich vorgestern im Verkehrsausschusse abgespielt haben. Ich meine, das èechische Parlament hat doch sozusagen eine Geschäftsordnung, eine Geschäftsordnung, deren Hüter doch innerhalb der èechischen Parteien zu finden sein müßten? Und wie wird diese Geschäftsordnung gehandhabt! Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses kennt sie entweder gar nicht, oder will sie absichtlich nicht kennen. Er hat sich während der Sitzung einigemale über ihre Bestimmungen kurzerhand hinweggesetzt. So hat er beispielsweise jene Bestimmung der Geschäftsordnung gar nicht weiter beachtet, die vorschreibt, daß in dem Augenblick, als die Haussitzung beginnt, die Ausschußsitzung abgebrochen werden soll, sondern der Herr Kollege Beèka hat einfach Diener hereinholen und die Klingel abstellen lassen. Als der Präsident des Hauses auf unsereBeschwerde ihn darauf aufmerksam machte, daß das nicht zulässig sei, hat er erklärt, hier sei er der Herr und hier habe er zu befehlen. Dieser famose Ausschußvorsitzende weiß ferner nicht einmal, daß er über einen gestellten Antrag auf Schluß der Debatte abzustimmen hat, sondern er hat, nachdem der Antrag auf Schluß der Debatte gestellt war, kurzerhand festgestellt, jetzt ist Schluß der Debatte, und jetzt wählt euch die Redner dafür und dagegen. Dieser famose Ausschußvorsitzende hat ferner, obzwar keine Redezeit festgesetzt war, wie jetzt beispielsweise hier, trotz allem die Redner von deutscher Seite fortwährend aufgefordert, zu schließen und zur Sache zu sprechen, obwohl wir wirklich streng zur Sache gesprochen haben. (Smích na pravici.) Wenn Sie darüber lachen, wenn Sie glauben, daß Maßregelungen von Eisenbahnern bei einer derartigen Gelegenheit ni cht besprochen werden sollen, dann weiß ich überhaupt nicht, worüber wir sprechen sollen. Kurz und gut, er hat dann ganz einfach festgestellt, daß die Redezeit eben schon zu weit überschritten sei und ist daraufhin gegen mich mit dem Ausschluß vorgegangen. Er wird dafür jedenfalls den ersten kommenden Orden erhalten, ich weiß nicht, wie er heißen wird. (Posl. dr. Lodgman: Vom Weißen Löwen!) Sehr gut, also vom Weißen Löwen, und derselbe Vorsitzende hat sich dann nicht entblödet, auch noch die Parlamentswache in den Ausschuß kommen zu lassen. Kurz und gut, lauter Vorgänge, die wirklich aller Demokratie, selbst der èechischen Demokratie, Hohn sprechen müßten. Wir erinnern daran, daß viele von den Herren hier auch im alten österreichischen Reichsrat gesessen sind. Ja, haben Sie denn dort nie irgend etwas getrieben, was einer Obstruktion gleich sah? Hier regen sie sich gleich auf, wenn einer bloß die Redezeit überschreitet, wenn einer Sachen bespricht, die Ihnen nicht angenehm sind. Ja, was haben denn die Herren Kollegen im alten österreichischen Reichsrat getan? Sie haben mit Tintenfässern geworfen, haben Pultdeckel zerdroschen, mit Kindertrompeten und ähnlichen Musikinstrumenten sind sie ins Haus gegangen und haben sie dort nicht gerade sanft gehandhabt. Das alles muß hier einmal festgestellt werden, weil Sie gerade immer wieder auf die Würde dieses Ihres Hauses pochen und uns vorwerfen, daß wir sie nicht respektieren. Es ist von unserer Seite in beiden Ausschüssen der Versuch gemacht worden, Anträge zu dieser Vorlage durchzubringen, welche gewisse Befürchtungen beseitigen sollten, die wir hegen und mit Recht hegen müssen, nach all dem, was sich seit Bestand dieses Staates ereignet hat. Wir haben also gewisse Siccherungsanträge gestellt. Sie sind selbstverständlich alle abgelehnt worden. Es ist schließlich noch - damit die Herren ja keinen Vorwurf erheben können gestern den ganzen Tag hindurch der Versuch gemacht worden, im Wege von Verhandlungen irgend einen Vergleich herbeizuführen. Es war selbstverständlich auch hiebei nicht öglich, von den Herren auch nur das geringste Zugeständnis zu erhalten, das uns um die Zukunft der Bediensteten der Aussig-Teplitzer Bahn und nur um die dreht es sich, nicht um die Zukunft der Aktionäre - beruhigen konnte. Denn für die Zukunft der Aktionäre werden schon Herr Dr. Rašín und seinesgleichen sorgen. Wir wissen jetzt wenigstens alle, was wir von diesem Zwinguri der Demokratie zu halten haben. Es muß aber auch von hier aus unserer deutschen Bevölkerung mit wünschenswerter Klarheit verkündet werden, daß das Gewaltsystem, das mit der Bodenenteignung begann, mit den Schulsperrungen fortgesetzt wurde, nun gekrönt wird durch die Verdrängung vom Arbeitsplatz, durch den Raub unserer Arbeitsplätze. Wir Nationalsozialisten stehen grundsätzlich auf dem Boden der Verstaatlichung von Verkehrswegen. Klipp und klar aber muß ich hier sagen, daß wir in diesem Polizei- und Zwangsstaat uns gegen jede Verstaatlichung wehren. (Hluk. - Místopøedseda dr. Hruban zvoní.) Ich glaube, es kann über diese Bezeichnung keine Aufregung herrschen, denn kein Staat hat so viel Polizei und Gendarmerie für jeden Quark zur Verfügung, wie gerade dieser Staat. (Výkøiky posl. Knirsche a Kostky.)
Diese unsere Stellungnahme hat ihre guten Gründe deshalb, weil jede Verstaatlichung angesichts des in diesem Staate herrschenden Systems von vornherein eine Verèechung darstellt. (Výkøiky posl. dr. Kafky.) Der Herr Berichterstatter hat im Ausschuß gesagt - ob auch hier, weiß ich nicht - mit heuchlerischem Augenaufschlag hat er erklärt, daß nur wirtschaftliche Momente für diese Verstaatlichung ausschlaggebend seien. Ich will deshalb nicht mit den Herren erst lange polemisieren, sondern ich führe einen Kronzeugen aus Ihrem eigenen Volke an, und zwar jemanden, den Sie bei einer sehr wichtigen Gelegenheit, bei der Entscheidung der oberschlesischen Frage zu Ungunsten des Deutschen Reiches, sehr gut zu benutzen wußten, Dr. Hodáè, der in Ihren Kreisen ja als Volkswirtschaftler erster Güte gilt. Was sagte der nun jüngst? Es war einen Tag vor dem Zusammentreten des Verkehrsausschusses. Da hat in einer Sitzung der Spitzenorganisation der beiden Industriellenverbände eben auch Herr Dr. Hodáè das Wort ergriffen, hat von dem Defizit der Staatsbetriebe gesprochen und dabei erklärt, bei diesen Erwägungen müsse man eine sehr große Aufmerksamkeit den Staatsbetrieben zuwenden; und was für die einzelnen Staatsunternehmungen gilt - er führte einige als Beispiele an - gelte in erhöhtem Maße von dem gesamten Komplex der Staatseisenbahnen. Und einige Stunden darauf wagt man es, uns mit der Behauptung zu kommen, es handle sich hier um nichts anderes, als um eine wirtschaftliche Maßnahme! Ich meine, wenn man diese Behauptung auf ihre Richtigkeit prüfen wollte, dann braucht man sich beispielsweise nur die §§ 11 und 12 der Vorlage anzusehen.
Was uns aber in allererster Reihe interessiert, ist der § 5, der von den Bahnbediensteten handelt. Außer wirtschaftlichen sollen übrigens auch strategische Rücksichten für diese Verstaatlichung maßgebend sein. Ich bezweifle das gar nicht. Sicher spielen auch strategische Rücksichten mit, wenn sie auch vorderhand noch nichts mit Kanonen und Gewehren zu tun haben, sondern sich auf die Eroberung von Arbeitsplätzen richten, die bisher den Deutschen gehörten und künftig von Èechen eingenommen werden sollen. Es sind eben strategische Rücksichten in dem ungeheuerlichen Kampf, der sich hier in diesem Staate abspielt und bei dem es um nichts anderes geht, als um die Entwurzelung des zweitgrößten Volkes. Zu der Verstaatlichung der Grenzwälder, zu der Bedrückung der deutschen Industrie, zu der Übernahme der Kaschau-Oderberger Bahn in den staatlichen Betrieb, gesellt sich die Verstaatlichung der Aussig-Teplitzer Bahn, zu welcher sich binnen kürzester Frist auch die Verstaatlichung der Buštìhrader Bahn gesellen wird. (Výkøiky.)
Man wollte, um unsere Bedenken zu zerstreuen, hauptsächlich wohl aber aus dem Grunde, um uns in eine Falle zu locken, uns mit dem Vorschlag kommen, diese Vorlage an die Vorlage über die Einlösung der Kriegsanleihen zu binden. Nach dem, was uns über diese Vorlage inzwischen bekannt geworden ist - sie ist ja soeben im Hause aufgelegt worden - haben wir aber keinen Anlaß, irgendwelche Bedenken zu hegen, als ob wir die Kriegsanleihe gefährden könnten. Es ist bloß ein Schwindel, der da wieder einmal versucht worden ist. Die Èechen haben uns bisher noch immer jedes gegebene Wort gebrochen, das muß einmal mit aller Deutlichkeit festgestellt werden, und wir sind daher nicht mehr in der Lage, irgendwelchen Zusicherungen, auch wenn sie schriftlich gegeben sind, und auch wenn sie irgend ein Ministerwort deckt, zu glauben.
Nun, wie gesagt, hegen wir besondere Befürchtungen wegen des § 5 der Vorlage. Es heißt in ihm: "Auf die staatliche Eisenbahnverwaltung übergehen mit der Übernahme des Unternehmens alle durch Dienstverträge begründeten Rechte und Verpflichtungen der Gesellschaft, die mit den im Eisenbahnunternehmen beschäftigten Angestellten abgeschlossen worden sind." Nun, das heißt kurz und gut, daß selbstverständlich mit dem age der Verstaatlichung die Bediensteten auch bereits der Staatseisenbahnverwaltung mit Haut und Haaren ausgeliefert sind, und was die dann mit Ihnen machen wird, werden wir noch an einigen Beispielen uns vor Augen führen können.
Diese Bedenken sind nicht nur gerecchtfertigt wegen der Vorgänge, die sich bei der Verhandlung der Vorlage im Verkehrs- und Budgetausschuß abgespielt haben, sondern auch wegen der Erfahrungen, die wir mit dem ganzen System bisher gemacht haben. Vor allem einmal will ich dafür als Beispiel ganz kurz die Verhältnisse anführen, wie sie sich bei der Kaschau-Oderberger Bahn nach der Übernahme in den staatlichen Betrieb entwickelten. Ich habe erst vor kurzem wieder ein Schreiben erhalten, das uns einen Einblick in die geradezu trostlosen Verhältnisse gewährt. Die Betroffenen ersuchen, daß diese Dinge irgendwo vorgebracht werden und ich meine, es ist wohl hier der geeignetste Ort dazu, um im Zusammenhang mit der Verstaatlichungsvorlage auch alle Beschwerden, die wir gegen das Staatseis nbahnsystem und gegen den Kurs, der dort herrscht, haben, vorzubringen. Der neue Betriebsleiter, ein gewisser Ingenieur Reynek, schreibt mein Gewährsmann, früher bei der Wiener Generalinspektion, entblödet sich nicht, sich so zu gebärden, als wäre er nicht der Leiter, sondern ein Spitzel. Er zwingt das ihm untergeordnete Personal, im Verkehr mit den Reisenden nur èechisch zu sprechen; er hat einen Schaffner, der mit den Reisenden deutsch sprach, deshalb zur Rede gestellt und ihm aufgetragen, nur in der Staatssprache Auskünfte zu geben; (Výkøik: Was ist das für eine Sprache?) erstens ist der Ausdruck Staatssprache gar nicht klar, und zweitens scheint die Sache nach Auffassung des Herrn so zu liegen, daß die Reisenden der Bahn wegen da sind und nicht umgekehrt. Weiters hat dieser selbe Betriebsleiter den mündlichen und schriftlichen Verkehr in allen Amtsräumen in einer anderen als der Staatssprache unter Androhung von Strafen strengstens verboten. Es dürfen also nicht einmal mehr die Bediensteten untereinander privat in einer anderen als der sogenannten Staatssprache reden. Im Ganzen wurden binnen 3 Monaten bis zum Mai 18 Personen auf Staatsbahnstrecken versetzt, obzwar ausdrücklich einer Abordnung aus dem Ostrau-Karwiner Revier im Eisenbahnministerium erklärt wurde, daß die Kaschau-Oderberger Bahn keine Staatsbahn, sondern eine Privatbahn ist. Man versetzt also Leute von einer Privatbahn seelenruhig in den Bereich irgend einer x-beliebigen Staatsbahndirektion. Außerdem sind jetzt durch eine Normierungskommission 64 Bedienstete für überzählig befunden worden, selbstverständlich keine Èechen. Die werden natürlich bei nächster Gelegenheit auch weg müssen.
Ferner sind außer dem Leiter und dessen Stellvertreter 8 èechische Beamte allein zur Betriebsleitung versetzt worden, alle in leitender Eigenschaft natürlich. Die Versetzungen werden aus den allernichtigsten Gründen vollzogen, auf telegraphischem oder telephonischem Wege, ja mündlich. Der Betreffende hat oft innerhalb 24 Stunden abzugehen. So wird dort gewirtschaftet. Und welche sind die Ursachen für die Versetzungen? Hier ist ein Fall angeführt, der geradezu ungeheuerlich ist. Eine Kassierin war z. B. einem Vorgesetzten nicht zu Willen. Dafür wird sie schlecht qualifiziert und in eine für sie ungünstigere Station versetzt. Herr Dr. Kutáè fährt in Gesellschaft voon èechischen Beamten und Damen in der Nacht von Karwin nach Teschen im Dienstwagen eines Güterzuges, was selbstverständlich allen anderen Bediensteten streng verboten ist. Weiters werden für die geringsten Vergehen die allerhärtesten Strafen verhängt. Aber um eines kümmert man si ch nicht bei der Staatsbahndirektion Olmütz, der die Strecke untersteht, und bei der noch bestehenden Betriebsleitung Teschen, nämlich um die Wohnungsfrage der Bediensteten. Es wohnen nämlich noch einige Hunderte von Eisenbahnerfamilien im polnischen Teile Ostschlesiens. Jeden Augenblick stehen sie daher vor der Gefahr, ausgewiesen zu werden. Um die sich zu kümmern, fällt natürlich den Eisenbahnbehörden nicht ein.
Nun, wenn die Dinge so bei einer Bahn liegen, die nach der Aussage des Eisenbahnministeriums noch keine Staatsbahn ist, sondern eine Privatbahn, müssen wir uns fragen: wie sieht es dann erst bei den Staatsbahnen aus? Ich glaube, diese Frage interessiert uns in dem Augenblick, wo daran gegangen wird, eine Privatbahn zu verstaatlichen, im allerhöchsten Maße. Ich mö chte darauf hinweisen, daß so und so oft wegen Maßregelungen und wegen des ganzen Bedrückungssystems im Eisenbahnministerium und bei den einzelnen Direktionen vorgesprochen wurde, alles leider ohne den geringsten Erfolg; daß weiters so und so viele Interpellationen und Anfragen hier eingebracht wurden, aber daß diese Interpellationen und Anfragen oft nicht einmal beantwortet werden. Daher muß endlich einmal von dieser Stelle aus dieses ganze System eingehend beleuchtet werden und daher können wir es uns von dieser Stelle aus nicht versagen, alle diese Dinge vorzubringen. Vor ganz kurzer Zeit erst habe ich eine Anzahl von Anfragen neu einbringen müssen, weil sie, trotzdem ich sie vor Monaten, ja, eine sogar vor 5/4 Jahren, eingebracht habe, nicht beantwortet worden sind. Der Herr Eisenbahnminister ist hier und ich erwarte von ihm, daß er sich mit dieser Angelegenheit ein wenig beschäftigt. Die eine Anfrage wurde am 11. Feber 1921 an den Eisenbahnminister wegen grundloser Entlassung des Eisenbahners Ernst Körner in Wiesa-Oberleutensdorf gerichtet und war am 26. Mai d. J. noch nicht beantwortet; auch heute ist sie noch nicht beantwortet, aber damals habe ich sie urgiert. Eine zweite Anfrage vom 13. Dezember 1921 an das Eisenbahnministerium wegen ungerechtfertigter Maßregelung des Stationsvorstandes von Sebusein war am 26. Mai 1. J. ebenfalls noch nicht beantwortet und ist es trotz Urgenz auch heute noch nicht. Das Gleiche gilt von einer dritten Anfrage wegen Nichtübernahme des Bahngehilfen Hockauf in der Werkstätte Pilsen, die am 25. Jänner 1922 eingebracht worden ist, ebenso von einer vierten Anfrage wegen Entlassung einer weiblichen Kanzleikraft vom 13. Dezember 1921, und endlich einer fünften wegen Entlassung weiblicher Bediensteter der Station Aussig, eingebracht am 11. Jänner 1922. Nun, meine Herren Patentdemokraten, die Sie ja die Bestimmung der Geschäftsordnung festgesetzt haben, daß jede Anfrage und Interpellation binnen 2 Monaten beantwortet sein muß, geben Sie mir Antwort auf die Frage, warum die Anfragen von unserer Seite nicht beantwortet werden!
In neuester Zeit beginnen wieder die grundlosen Versetzungen stark um sich zu greifen. Aus den allernichtigsten Gründen, ja oft ohne Angabe von Gründen werden Leute aus dem deutschen Gebiet ins èechische versetzt. Das alles geschieht natürlich aus dem einen nie genannten Grund, damit man ihre Wohnungen in den deutschen Städten frei bekommt und in diese Wohnungen dann ihre èechischen Nachfolger hineinbringt, damit also unser deutsches Sprachgebiet planmäßig durchsetzt wird. So geschieht es allerorts, ob man nun nach Deutschböhmen, Schlesien oder Mähren blickt.
Einen besonders bemerkenswerten
Fall kann ich mir nicht ersparen, hier vorzutragen. Er betrifft
den Stationsvorstand von Römerstadt. Er bekommt von der Olmützer
Direktion ein Schreiben folgenden Inhalts: "Aus Dienstesrücksichten
ist Ihre Versetzung von Römerstadt nötig. Wir machen Sie deshalb
auf den ausgeschriebenen Posten eines Vorstandes in Erbersdorf-Milkendorf
aufmerksam mit dem Bemerken, daß Sie um diesen Posten anzusuchen
haben, widrigenfalls Sie später auf einen anderen für Sie noch
unangenehmeren Posten versetzt werden." Unterzeichnet vom
Personalreferenten der Staatsbahndirektion Olmütz, dem bekannten
Dr. Øebík. So schauen wir also aus! Weiters kann ich eine ganze
Anzahl von Maßregelungen anführen, aus denen ich natürlich nur
einige Beispiele herausgreife, denn es dreht sich um Hunderte
von Fällen und man müßte stundenlang nur darüber reden, wollte
man sie alle vorbringen. Ich will also hier nur zwei Fälle anführen,
die sich in jüngster Zeit ereignet haben. Oberrevident Hugo Appelt,
ein langjähriger Beamter des Bahnbetriebsamtes in Schreckenstein,
hatte dort den Posten eines Wagenbeamten inne. Diesen Posten hat
er zur größten Zufriedenheit versehen. Plötzlich wurde dieser
Posten im Amtsblatt der Direktion Königgrätz ausgeschrieben, ohne
daß sein Inhaber den geringsten Anstand gehabt hätte und überhaupt
davon verständigt worden wäre. Der Genannte beherrscht übrigens
die Dienstsprache, zumindest in einem für die Station Schreckenstein
ausreichendem Maße. Es dreht sich also hier um eine ausgesprochene
Vergewaltigung eines deutschen Eisenbahners. Der zweite Fall betrifft
den Offizial Karl Beck, der jahrelang den Posten eines Wagenbeamten
in Brüx versah und diesen Dienst in mühevoller Arbeit dort erst
organisiert hat. Auch sein Posten wurde, nachdem der Mohr seine
Schuldigkeit getan hatte, plötzlich ausgeschrieben. Nun steht
eines fest. Beck bleibt in Brüx, er wird den Posten tatsächlich
weitter versehen; aber wirklich ernannt wird auf seinen Posten
ein anderer, ein èechischer Beamter, der von Beck erst eingelernt
werden muß. So also sehen wir aus. In der letzten Zeit mehren
sich die vorzeitigen Pensionierungen. Ich erinnere daran, daß
es bei den alten österreichischen Staatsbahnen überhaupt nicht
möglich war, jemanden ohne Disziplinaruntersuchung noch vor Ablauf
seiner Dienstzeit in den Ruhestand zu versetzen, und wenn seine
Dienstzeit abgelaufen war, so hat der Betreffende anstandshalber
ein Jahr Krankenurlaub bekommen. Was macht man jetzt? Allerdings
hat man sich da gründlich entösterreichert. Beamte mit 25- bis
30jähriger Dienstzeit werden plötzlich in einem Zeitraum von 10
bis 14 Tagen in den Ruhestand versetzt. Man beachtet oft nicht
inmal die selbst bei Dienstboten übliche 14tägige Kündigungsfrist,
sondern jagt die Leute in 5, 6 oder 10 Tagen einfach in den Ruhestand.
Ich kann endlich nicht umhin, auch bei dieser Gelegenheit einer
ganzen Anzahl von Kameraden zu gedenken, der allerärmsten ihres
Berufes. Es sind die Opfer des Umsturzes. Ich habe hier eine Liste,
die 48 Bedienstete umfaßt, welche alle in die Sudetenländer zuständig
sind und welche bis heute noch nicht wissen, welcher der Nachfolgestaaten
sie endlich übernehmen und wer ihnen ihre Ruhegenüße auszahlen
wird. (Pøedsednictví ujal se pøedseda Tomášek.) Was haben
sich die Betreffenden zu Schulden kommen lassen? Man hatte sie
vor dem Zustandekommen des sogenannten Eidgesetzes vom Feber 1919
ihres Dienstes enthoben und auf Urlaub geschickt. Unterdessen
wurde das Gesetz angenommen, welches bestimmt, daß bis spätestens
30. April 1919 das Gelöbnis auf den èechischen Staat abgelegt
sein müsse. Die Leute waren, wie gesagt, nicht im Dienste, und
hatten davon gar keine Kenntnis. Man hat sich auch gar keine Mühe
genommen, sie etwa von dem Zustandekommen dieses Gesetzes und
seiner Bestimmungen zu verständigen. Und dann hat man einfach
die Folgerungen daraus gezogen und läßt diese Leute, es sind zumeist
Menschen zwischen 60 und 70 Jahren, seelenruhig betteln gehen.
(Hört! Hört!) Ich werde, damit man nicht am Ende sagt,
daß ich da irgendetwas herumplaudere, und damit diese Sache einmal
im Protokoll einer Sitzung festgehalten ist, hier alle diese Fälle
aufzählen. (Výkøiky.) Das wird die Herren vielleicht interessieren.
(Nepokoj.) Ich möchte eingangs feststellen, daß bei diesem
ganzen Bedrückungssystem anscheinend eine ziemliche Systemlosigkeit
herrscht, denn man findet in der Liste Bedienstete, die eine Unterstützung
von Prag beziehen, während andere wieder eine von Wien und die
dritten endlich überhaupt gar nichts bekommen. Eins ist aber festzuhalten:
Es ist bisher noch nicht festgelegt worden, daß sie ihre ordnungsgemäßen
Ruhegenüsse zu beziehen und von welcher Seite sie sie zu beziehen
haben. Obzwar schon vor längerer Zeit zu Rom die Konferenz der
Nachfolgestaaten getagt hat, die sich auch mit dieser Frage beschäftigte
- man hat uns das wenigstens von Deutschösterreich aus versichert
- so hat man es hier noch nicht einmal der Mühe wert gefunden,
sich mit den Dingen zu beschäftigen, die dort besprochen wurden.
Man läßt diese Leute einfach seelenruhig zugrunde gehen, und das
zu einer Zeit, da an der Spitze des Eisenbahnministeriums ein
Herr steht, den schon sein Beruf veranlassen sollte, menschlich
vorzugehen. (So ist es! Výkøiky. Nepokoj. - Pøedseda
zvoní.) Gelegentlich einer Vorsprache von Bediensteten der
Kaschau-Oderberger Bahn hat er uns nämlich gesagt, er werde selbstverständlich
mit der allergrößten Menschlichkeit vorgehen und alle die Dinge
prüfen. Wie das dann aussieht, wissen wir aus der Praxis. Ich
beginne mit meiner Liste. Ing. Richard Beck, Baukommissär der
Bahnerhaltungssektion Göding - es ist immer der letzte Dienstort,
den ich anführe - bezieht überhaupt nichts. Josef Brandl, Oberkondukteur
in Grusbach-Schönau, erhält Beihilfe aus Prag. Franz Chwojka,
Weichensteller in Wolframitzkirchen, erhält nichts. Moritz Dietholm,
Oberkondukteur in Grusbach-Schönau, erhält Unterstützung aus Prag.
Josef Felber, Ob rkondukteur in Znaim, erhält mangels anderer
Bezüge von Österreich Beihilfe. Josef Gast, Kondukteur in Grusbach-Schönau,
erhält Beihilfe aus Prag. Eduard Gebauer, Oberkondukteur in Znaim,
erhält mangels anderer Bezüge von Österreich Beihilfe. Franz Gepperth,
Kondukteur in Grusbach-Schönau, erhält Beihilfe aus Prag. Karl
Henritsch, Kondukteur in Znaim, erhält mangels anderer Bezüge
von Österreich Beihilfe. Johann Hödl, Bahnwärter der Bahnerhaltungssektion
Lundenburg, erhält wegen Not Beihilfe von Österreich. Daß die
natürlich seine Not nicht zu lindern vermag, ist angesichts der
Währungsverhältnisse ganz klar. Anton Horak, Oberheizer in Znaim,
erhält Beihilfe von Österreich. Ing. Anton Hübner, Masch.-Adjunkt
in Reichenberg (Pilsen), erhält nichts. Ferdinand Hübner, Revident
in Nikolsburg, erhält nichts. Die Witwe nach dem unterdessen verstorbenen
Anton Kattus, Oberrevidenten in Znaim, bezieht Beihilfe in der
Höhe der Ruhegenüsse für Altpensionisten. Josef Kratochwil, Stationsdiener
in Possitz-Joslavitz, erhält nichts. Josef Krespach, Oberkondukteur
in Znaim, erhält mangels anderer Bezüge Beihilfe von Österreich.
Anton Krejèi, Weichensteller in Wolframitzkirchen, erhält nichts.
Albert Kretschmer, Inspektor in Wiesa-Oberleutensdorf-Brüx, erhielt
wegen seiner Notlage eine zeitweilige Beihilfe von Österreich.
Wie man Krets chmer behandelt hat, ist noch zur Genüge bekannt.
Johann Ludwig, Lokomotivführer in Iglau, erhält wegen großer Not
von Österreich ganz unzulängliche Beihilfe. Ich habe letzthin
wegen des Johann Ludwig eine eigene Anfrage eingebracht, die noch
nicht beantwortet ist und aus der ich nur ganz kurz die Sachlage
schildern will, weil der Betreffende an derselben Dienststelle
diente, an der ich meine Dienstzeit bis zum Umsturz zubrachte,
und ich ihn sehr genau kenne. Der Betreffende hat 45 Jahre . .
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