Úterý 20. èervna 1922

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 148. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 20. èervna 1922.

1. Øeè posl. inž. Junga (viz str. 1026 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Als die Friedensmacher den heutigen Staat Österreich schufen und ihn zur sogenannten Selbständigkeit, d. h. zum Verzicht auf die Vereinigung mit dem Deutschen Reiche, zwangen, versprachen sie, ihm durch Gewährung von Anleihen auf die Beine zu helfen. Ich will vorderhand die Frage unerörtert lassen, ob Anleihen an und für sich der richtige Weg zum Aufbau eines zerrütteten Staatswesens sind. Meine Partei huldigt hier grundsätzlich anderen Anschauungen. Vorerst möchte ich jedoch nur feststellen, daß man sich mit der Einlösung des Versprechens reichlich Zeit gelassen hat. Beim Ausrauben und Ausplündern Österreichs, da waren alle Staaten der Großen und Kleinen Entente sofort dabei, mit der Hilfe aber lassen sie sich reichlich Zeit.

Pøedseda (zvoní): Volám pana poslance pro tento výrok k poøádku. (Nepokoj.)

Posl. inž. Jung (pokraèuje): Gegen Tatsachen läßt sich mit Ordnungsrufen schwer ankämpfen. Ein Hilferuf nach dem anderen aus Wien verhallte ungehört. Jetzt endlich scheint der rasende Sturz der Wiener Krone die Herzen erweichen zu wollen oder besser gesagt - nach meinem Empfinden wenigstens - scheint man den Augenblick jetzt für gekommen zu erachten, die wirtschaftliche Versklavung Österreichs restlos zu vollenden, nachdem man es vorher schon politisch in seine Fänge gebracht hat. Ich zweifle nicht daran, daß die Gewährung des 500-Millionen-Kredits, die uns heute beschäftigt, sehr bald in der èechischen Öffentlichkeit und auch in einer gewissen deutsch geschriebenen Presse als eine Wohltat hingestellt werden wird, wenngleich der erste Berichterstatter schon darauf hingewiesen hat, daß mit Krediten allein Österreich nicht zu helfen sei, sondern, daß es die glänzenden Verwaltungsmaßnahmen des èechischen Staates nachahmen müsse. Bleiben wir jedoch bei dem Worte und prüfen wir einmal diese Wohltat. - Nach dem Wortlaut des Übereinkommens, das in der Regierungsvorlage, die uns beschäftigt, enthalten ist, erhält Österreich von den 500 Millionen èechischer Kronen zuerst überhaupt nur einen Vorschuß von 100 Millionen, davon 56 Millionen in bar, die restlichen 44 darf es von den Frachtgebühren, die zugunsten des èechischen Staates einlaufen, zurückbehalten. Von dem Rest von 400 Millionen werden aber über 169 Millionen Eisenbahnschulden abgezogen. Und nun die anderen Bedingungen: Die Tilgung hat binnen 20 Jahren zu erfolgen. Nach Ablauf dieses Zeitraumes aber ist bei der durchaus nicht geringen Verzinsung an und für sich die Endsumme des tatsächlich bloß 331 Millionen Kronen betragenden Kredites um ein Mehrfaches höher als die 500 Millionen, die als angeblicher Kredit ausgeworfen werden. Ziehen wir noch die Bestimmungen der Art. 3 und 5 in Betracht, so ist das Bild dieser Wohltat dann vollendet. Im Art. 3 wird die Verpfändung von Staatsbesitz und Staatseinnahmen, wie u. a. der durch die Gesetze vom 19. Juli 1902 und vom 20. Dezember 1919 eingeführten Verkehrssteuern, im Art. 5 die Einräumung einer erstrangigen Hypothek von 27 Millionen èechischen Kronen auf das Gebäude der ehemaligen böhmischen Hofkanzlei sowie die Verpfändung einer Reihe von Aktien von Lokalbahnen und einer Zuckerfabrik vorgesehen. Das Endergebnis dieser Hilfe und dieser Wohltat ist also tatsächlich die wirtschaftliche Versklavung Österreichs. Die politischen und kulturellen Folgen sind nicht minder trostlos. Man kann den 500 Millionenkredit unmöglich außer Zusammenhang mit dem politischen Abkommen von Lana betrachten, das Österreich tatsächlich unter die Botmäßigkeit der Èechei bringt. Endlich steht es außer Zweifel . . . . .

Pøedseda (zvoní): Prosím pana poslance, aby neužíval tohoto výrazu.

Posl. inž. Jung (pokraèuje): Ich verstehe nicht recht, was der Herr Präsident von mir will. Endlich steht es außer Zweifel, daß kulturelle Erpressungen aller Art zu Gunsten des Wiener Èechentums Hand in Hand laufen und das in einem Augenblick, da wir eben mitten in einer Schuldebatte stehen und uns mit neuerlichen Schulsperrungen in diesem Staate zu befassen haben. Betrachten wir also alle diese Dinge im Zusammenhang, so ist uns klar, daß es sich hier keineswegs um die Einlösung einer Ehrenpflicht handelt, daß es sich auch um keine Wohltat handelt, sondern daß der einzige Zweck des 500-Millionen-Kredits darin zu suchen ist, Österreich den èechisch-französichen Plänen vollends gefügig zu machen. (So ist es!) Darauf deutet schon der Umstand hin, daß man nach dem Rezept: "Und folgst Du nicht willig, so brauch' ich Gewalt" auch noch ein zweites Eisen im Feuer hat. Es hat ja erst vergangene Woche mein Parteikollege Knirsch hier in diesem Hause auf den èechisch-französischen Geheimvertrag hingewiesen, und wenngleich die Existenz dieses Vertrages abgeleugnet wurde, so beweist das gar nichts gegen sein tatsächliches Vorhandensein, denn schließlich und endlich gehört das Leugnen mit zum Handwerk der Diplomatie. Alle diese Erwägungen zwingen uns, die Frage der Annahme oder Ablehnung der Vorlage sehr eingehend zu prüfen. Dabei kann man freilich an der Stimmung in Österreich nicht ganz vorübergehen. Österreich gleicht heute einem Ertrinkenden, der eben nach dem ersten besten vermeintlichen Hilfsmittel greift, um sich über Wasser zu halten. Trotzdem ist mein Klub der Regierungsvorlage gegenüber zu einem ablehnenden Standpunkt gelangt. Schließlich läßt sich mit Krediten, und wären sie auch größer und wären sie, was das wesentlichste ist, vor allem früher gegeben worden, das Problem Österreich nicht lösen. Ganz im Gegenteil, Kredite welcher Art auch immer, werden nur die restlose wirtschaftliche und politische Versklavung dieses unseres Volksstammammes in den Donau- und Alpenländern zur Folge haben und schließlich und endlich seine kulturelle Verlotterung herbeiführen müssen. Unter anderem soll auch dieses arme Österreich sich nun selbst helfen. So soll es sich durch eine Notenbank und so soll es sich weiter durch den Abbau der zu großen Anzahl von Beamten über Wasser halten. Darauf weisen ja wohl die Worte des ersten Herrn Berichterstatters hin, wenn er davon sprach, daß die Verwaltungsmaßnahmen dort grundlegend geändert werden müßten. Überflüssig zu sagen, daß das nichts mehr nützen kann. Notwendig aber ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, woher denn der Beamtenüberschuß in Österreich kommt. Es haben doch seinerzeit alle Nachfolgestaaten des alten Österreich tausende von Beamten, die sie nicht behalten wollten, diesem armen verkrüppelten Staatswesen Deutschösterreich aufgehalst. (Sehr richtig!) Wir haben als Folgeerscheinung der damaligen Vorgänge ja heute noch eine ganze Unzahl von Pensionisten, über deren Erhaltung sich die einzelnen Staaten streiten. Allein in diesem Staate leben noch hunderte von Pensionisten, die nicht wissen, woher sie einmal ihre Ruhegenüsse beziehen werden, und die heute betteln gehen müssen, trotzdem sie jahrzehntelang und oft die ganze Dienstzeit in diesem Staate, d. h. in den Sudetenländern, zugebracht haben.

Das einzige, was Österreich tatsächlich helfen könnte, wäre der Anschluß an das Deutsche Reich. (So ist es!) Im Jahre 1918 wurde dieser Schritt in der Hoffnung auf den Einfluß und auf die Versprechungen Wilsons nicht unternommen. Heute stehen ihm die Friedensdiktate im Wege, bis bessere Einsicht oder Zwang der eisernen Not dieses Hindernis einst beseitigt.

Ich kann es mir bei dieser Gelegenheit nicht versagen, grundsätzlich von unserem Standpunkt aus die Frage der Staatskredite überhaupt zu beleuchten. Wir Nationalsozialisten haben über die heute übliche Finanzgebarung der Staaten, öffentlicher und privatrechtlicher Körperschaften unsere eigene Meinung, die von der anderer Parteien etwas abweicht.

Schon Talleyrand sagte einst: "Der Finanzmann trägt den Staat wie der Strick den Erhängten." Dieser Ausspruch hat heutzutage mehr denn je Gültigkeit. Ich habe schon eingangs darauf hingewiesen, daß wir nicht der Auffassung sind, daß Anleihen der richtige Weg zum Wiederaufbau sind, daß sie vielmehr zur Versklavung führen müssen. Ich will es an einigen Zahlen aus anderen Staaten erhärten. So weist der Reichshaushaltsplan des Deutschen Reiches für 1922 allein unter den Ausgaben für die Verzinsung der Staatsschuld den ungeheueren Betrag von rund 28 MilliardenMark auf, das sind 29 % des Hauptbestandes der Einnahmen, aus Zöllen, Steuern und Gebühren. 1918 hat diese Ausgabepost noch 6 Milliarden betragen, sie ist also in dieser kurzen Zeit ganz ungeheuerlich gestiegen. Aber auch die sogenannten Siegerstaaten sind nicht viel besser dran. So sind die Vereinigten Staaten von Nordamerika beispielsweise mit über 24 Milliarden Dollar an die Banken der Wallstreet verschuldet, das sind fast 8 Billionen heutiger Mark, die Staatsschuld Englands ohne Kolonien beträgt rund 11 Billionen heutiger Mark, die Frankreichs und Italiens stehen nicht viel zurück. Die Verschuldung aller Staaten an das Weltleihkapital ist eine Frage, deren Lösung auch die Macher und Verfechter der Friedensdiktate beschäftigen sollte, sonst werden die 300 nach Walter Rathenau tatsächlich binnen kürzester Frist die Welt beherrschen und auf dem Rücken frohnender Völker ihre Weltherrschaft aufrichten. In Österreich steht heute die Sache so, daß der Allgemeinheit buchstäblich nichts mehr gehört. Aus dieser verzweifelten Stimmung heraus ist es ja begreiflich, daß man dort nach jedem Strohhalm greift und daß man dort vielleicht in dem 500-Millionen-Kredit auch irgendeine Hilfe erwartet. Nun, wenn wir auch diese Stimmung vollauf begreifen, kann man es uns doch nicht verdenken, wenn wir uns an der Abwürgung eines deutschen Staatswesens nicht beteiligen wollen. Österreich betreibt nach unserer Auffassung mit diesen Krediten Selbstmord, freilich ist es unfreiwilliger Selbstmord, weil sein ganzes Schattendasein, seine vielgerühmte Selbständigkeit aufgebaut ist auf dem Versprechen der Kredithilfe. Aber selbst wenn der Selbstmord freiwillig wäre, würde unsere Überzeugung es uns nicht gestatten, die Hand dazu zu bieten. Aus diesem Grund wird mein Klub gegen diese Vorlage stimmen. (Souhlas na levici.)

2. Øeè posl. Tauba (viz str. 1034 tìsnopisecké zprávy):

Meine sehr geehrten Daamen und Herren! Der Vertrag, mit dem wir uns zu beschäftigen haben, ist am 8. Feber dieses Jahres zwischen der Regierung der èechoslovakischen Republik und jener von Österreich abgeschlossen worden. Heute, nach einem Zeitraum von mehr als 4 Monaten, kommen wir endlich dazu, diesen Vertrag in Verhandlung zu ziehen, bezw. die Kreditgewährung zu beschließen. Nach einer Bestimmung dieses Vertrages soll der Zinsendienst bereits am 1. Juli d. J. beginnen. Ich glaube wohl nicht fehlzugehen, wenn ich sage, daß bei uns bis zu diesem Termin an eine Verabschiedung der Vorlage durch die beiden Kammern der Nationalversammlung keineswegs zu denken ist, keineswegs auch daran zu denken ist, daß der Betrag, wie er hier in Aussicht genommen ist, bis zu diesem Punkt flüssig gemacht werden kann. Ich glaube, daß das schon eine Schwierigkeit ist und die Regierung schon deswegen allen Grund hätte, die Gesetzwerdung dieser Vorlage mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln zu betreiben. Wir haben aber im Verlaufe der Verhandlung dieser Vorlage das Gegenteil gesehen. Ich halte es für notwendig, dies entgegen den in den letzten Tagen auftauchenden Behauptungen, als ob die Regierung die Beratung der Vorlage betrieben hätte, ausdrücklich festzustellen. Es ist richtig, daß die Vorlage auf der Tagesordnung des Budgetausschusses war, aber ebenso richtig ist es, daß die Vorlage von der Tagesordnung abgesetzt und erst über unser Drängen zur Verhandlung im Ausschuß gestellt wurde.

Nun haben wir die Vorlage vor uns. Es ist ein Vorlage, die uns nicht zufrieden stellen kann, und wir gehören mit zu denen, die dagegen Protest einlegen, daß dieses Kreditübereinkommen losgelöst von den sonstigen politischen und wirtschaftlichen Verträgen, insbesondere von dem Lana-Vertrag, in Verhandlung steht, und wir erheben den Ruf und geben dem auch in einem Antrag Ausdruck, das Übereinkommen von Lana und alle sonstigen politischen und wirtschaftlichen Verträge, die abgeschlossen worden sein mögen, dem Parlament vorzulegen. Ich halte dafür, daß die Regierung umsomehr verpflichtet ist, dies zu tun, als Herr Ministerpräsident Dr. Beneš bereits im auswärtigen Ausschuß eine dahingehende Zusage ggemacht hat.

Und nun mö chte ich an der Hand des Motivenberichtes darlegen, welche Beweggründe die Regierung dazu bestimmt haben, den Kredit zu gewähren. Im Motivenbericht heißt es ausdrücklich: "Ungeachtet der politischen Motive ist die wichtigste Veranlassung zur Bewilligung dieses Kredites das Streben nach Festigung der gegenseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse auf Grund der vereinbarten Wirtschaftsverträge. Zur Verwirklichung dieser Ziele ist es vorteilhaft, zur Stabilisierung der valutarischen Verhältnisse der österreichischen Republik beizutragen." (Místopøedseda dr. Hruban pøevzal pøedsednictví.)

Die Regierung erachtet also die Gewährung des Kredits als ein Mittel zur Festigung der gegenseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse. Der Vertrag ist aber in seiner Struktur alles eher als ein Instrument zur Anbahnung dieser freundschaftlichen Verhältnisse. Wir erheben Protest gegen die Garantien, die von Deutschösterreich unter Ausnützung seiner Notlage verlangt werden.

Es werden folgende Garantien verlangt: Wenn die Republik Österreich längstens bis 23. Jänner 1923 einen Kredit seitens des Völkerbundes erhält, wird der èechoslovakischee Kredit in dem Rahmen der Garantien und in den Dienst dieses internationalen Kredites eingereiht.

2. Wenn Österreich dieser Kredit bis zum 31. Jänner 1923 nicht gewährt wird, widmet Österreich zur Sicherung des èechoslovakischen Darlehens seine Einnahmen aus den Eisenbahnverkehrssteuern und gewährt im Falle der Nichterfüllung der Zahlungsbedingungen der èechoslovakischen Regierung das Retentionsrecht hinsichtlich jener Beträge, welche aus dem Titel dieser österreichischen Steuern auf dem Gebiet der Èechoslovakischen Republik eingehoben wurden.

3. Während der Fälligkeit bis zur Übernahme des èechoslovakischen Kredits in den Kredit des Völkerbundes gewährt die österreichische Republik folgende Garantien: a) Hinterlegt sie bei der Landesbank in Prag Aktien der èechoslovakischen Lokalbahnen im Nominalwerte von 14,950.200 K und 213 1/2 Aktien einer Zuckerfabrik im Nominalwerte von 172.400 K. Diese Werte werden mit einem Kurswerte von 17 Millionen übernommen.

Es braucht nicht erst der Nachweis erbracht zu werden, daß da die Notlage Österreichs ausgenützt wurde und daß da zu einem wirklich überaus günstigen Kurs die Übernahme der Lokalbahn- und Zuckeraktien in Aussicht genommen wurde.

b) Eröffnet sie auf das Gebäude der ehemaligen èechischen Hofkanzlei auf den ersten Satz eine Kautionshypothek im Betrage von 27 Millionen Kronen. Bei der Flüssigmachung werden die Halbjahreszinsen in Abzug gebracht. Überdies erlegt die österreichische Regierung am 1. eines jeden Monates ein Zwölftel der Zinsenraten, und zwar immer so, daß ein Aktivsaldo in der Höhe des Halbjahrzinsendienstes verbleibt.

Diese Bestimung ist sicher entwürdigend und zeigt den Geist, unter welchem diese Kreditvorlage zustande gekommen ist. Wenn die Gewalthaber des èechischen Staates kluge Wirtschaftspolitiker wären, dann würden sie sich sagen: Es kommt nicht nur darauf an, was man leiht, sondern wie man es leiht und auf die Form, in der man es leiht. Und wenn der Herr Ministerpräsident selbst in dem Motivenberichte zugeben mußte, daß Österreich keineswegs, wie es hier dargestellt wurde, irgend ein Gnadengeschenk gemacht wurde, sondern wenn man weiß, daß wir volkswirtschaftlich daran interessiert sind, daß das kein Gnadenakt ist, sondern daß wir aus unserer Not heraus und aus unserer wirtschaftlichen Situation heraus gezwunggen sind, dem Staate, auf den wir wirtschaftlich angewiesen sind, Kredite zu gewähren, sollte man nicht die Geste des Schenkenden, sollte man nicht die Geste des Mannes annehmen, der Gnaden erteilt. (Souhlas na levici.) Die èechische Regierung hat auch vorgesehen, Rückstände in Abzug zu bringen. Ich stehe nicht auf dem Standpunkte, daß Österreich diese Rückstände nicht zu bezahlen hat, aber auch da hätte ich anders gehandelt, als es die èechoslovakische Regierung getan hat. Und es ist wohl nicht richtig, wie es der Herr Dr. Rašín hier darzustellen beliebt hat, daß Österreich, dessen Sachwalter ich schließlich und endlich nicht bin, diese 169 Millionen veruntreuen wollte. - Er hat Österreich direkt mit einem Dieb verglichen, der diese 169 Millionen Kronen, die es an Verkehrssteuern auf das Konto der Èechoslovakei eingenommen hat, veruntreuen wollte. Ich bin überzeugt, daß der Herr Minnister präsident aufstehen und erklären müßte, daß von der österreichischen Regierung irgend eine Mitteilung ergangen ist, daß sie seinerzeit nicht die Möglichkeit hatte zu zahlen. Aber abgesehen davon, hätten da die Herren zeigen sollen, daß sie kluge Politiker sind, und sie hätten angesichts der Notlage, in der sich Österreich befindet, angesichts des Umstandes, daß wir an der Gesundung Österreichs interessiert sind, zu sagen gehabt: "Wir sehen ein, daß der Betrag, den wir in Aussicht genommen haben, auf weniger als die Hälfte heute restringiert wird; wir werden von dem Abzugsrecht, das uns zweifellos zusteht, keinen Gebrauch machen, sondern wir werden den ganzen Kredit flüssig machen." Zu dieser Einsicht haben sich die Regierenden in diesem Staate nicht aufgeschwungen.

Weiters heißt es: Die Republik Österreich übernimmt für die Zeit bis zur vollständigen Rückzahlung des Darlehens einschließlich etwaigiger Zinsenrückstän de die Verpflichtung, das perzentuelle Ausmaß der Eisenbahnverkehrssteuern ohne Zustimmung der Èechoslovakischen Republik nicht unter die durch das Gesetz vom 20 Dezember 1919 festgesetzten Sätze herabzumindern. Alle sind wir uns darüber einig, daß auf dem Gebiete des Steuersystems eine grundlegende Reform durchgeführt werden muß und daß eine Gesundung der Volkswirtschaft nur dann möglich ist, wenn unter anderem die das Produkt verteuernden Abgaben beseitigt werden. Wir sind der Auffassung, daß die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Tarifsystems eine blanke Unmöglichkeit ist und daß, wenn wir eine Gesundung der Verhältnisse herbeiführen wollen, eine Änderung des Tarifsystems unbedingt herbeigeführt werden muß. Das, was für die wirtschaftliche Gesundung unseres Staates gilt, ist ein allgemeiner volkswirtschaftlicher Grundsatz und trifft auf alle Staaten zu. Wenn wir nun bei uns auf diesem Standpunkte stehen, wie nimmt es sich aus, wenn wir die Bestimmung aufnehmen, daß Deutschösterreich eine Restrinktion der Verkehrssteuern überhaupt nicht unter das Ausmaß vom 20. Dezember 1919 vornehmen darf, es sei denn, daß die èechoslovakische Regierung die Gewogenheit und Liebenswürdigkeit hat, dem zuzustimmen? Wir halten diese Politik für überaus schlecht. Sie bietet keine Sicherung. Eine Sicherung bietet das volkswirtschaftliche Gedeihen, das volkswirtschaftliche Aufblühen Österreichs, an dem wir interessiert sind, keineswegs alle jene Umstände, die im Endziel eine Drosselung bewirken müssen.

Als Treuhänder, welche das Treuhandkonto im Sinne dieses Vertrages zu führen haben, werden die Filiale der Živnostenská ba ka in Wien und das Österreichische Kreditinstitut für öffentliche Unternehmungen und Arbeiten in Wien bestimmt. Ich halte dafür, daß diese Bestimmung tief blicken läßt und daß bei der Abneigung, die sicher bei einer Gruppe dieses Saales gegen diese Vorlage geherrscht hat, dieser Umstand letzten Endes mit bewirkt hat, daß man trotz seines grundsätzlichen Hasses gegen alles, was deutsch ist, und gegen alles, was Österreich heißt, sich trotzdem für die Vorlage eingesetzt hat, und es scheint mir so zu sein, als ob man eine Bank in Wien auch nur zu dem Zwecke aufgenommen hätte, um einen Vorwand zu haben, daß auch die Živnostenská banka in Wien als Treuhänder auftreten kann. Ich glaube sagen zu können, daß sowohl die Èechoslovakische Republik, als auch Deutschösterreich im eigenen Wirkungskreis diese Aufgabe hätten übernehmen können. Es ist in diesem Vertrage ausdrücklich vorgesehen, daß der Ankauf der Aktien seitens der Èechoslovakischen Republik in Aussicht genommen wird und daß die Èechoslovakische Republik daran denkt, den Ankauf des Gebäudes der ehemaligen böhmischen Hofkanzlei in Aussicht zu nehmen. Was heißt das? Das heißt, wenn man in der gegenwärtigen Situation darangeht, das Gebäude anzukaufen, daß man natürlich einen Druck ausüben wird auf das arme Österreich, um es zu den denkbar günstigsten Bedingungen zu bekommen.

In der Debatte im Außenausschusse hat Herr Dr. Hnídek der Meinung Ausdruck gegeben, daß zur Vorlage an das Parlament nur jene Ve rträge gehören, die irgend welche Lasten für den Staat oder seine Bevölkerung beinhalten. Es sei Sache der Regierung, zu beurteilen, ob ein Staatsvertrag der Nationalversammlung vorgelegt werden solle oder nicht. Wir können der Anschauung des Kollegen Dr. Hnídek nicht beipflichten. Wenn man es der Erwägung der Regierung allein anheimstellt, daß sie darüber entscheide, ob mit einem Vertrag irgend welche Lasten für den Staat verbunden sind, bin ich überzeugt, daß die Mehrheit der Regierungen der Èechoslovakischen Republik eher geneigt sein wird, zu sagen, daß durch den oder jenen Vertrag finanzielle Belastungen der Republik nicht zu gewärtigen sind. Ich glaube, darüber zu entscheiden, ist ausschließlich Recht der Nationalversammlung, und wir glauben mit Fug und Recht verlangen zu können, daß der Herr Ministerpräsident Dr. Beneš, gestützt auf die Erklärung, die er im Außenausschuß abgegeben hat, diesen Vertrag dem Parlament vorlegen und einfach das Parlament darüber entsche den lassen wird, ob dieser Vertrag eine finanzielle Belastung des Staates bedeutet oder nicht.

Der Herr Ministerpräsident Dr. Beneš hat auch im Budgetausschuß anschließend an die dort abgeführte Debatte eine Erklärung abgegeben, die wir anläßlich dieser Beratung auch nicht übergehen können. Er hat gemeint, daß die ganze Politik vom Beginn an während der ganzen drei letzten Jahre immer dazu beitrug, die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Österreich zu ermöglichen. Wir erlauben uns, dem zu widersprechen. Wir glauben wohl sagen zu können, daß nicht nur unmittelbar nach Schaffung dieses Staates, sondern noch lange Zeit danach - wir können sagen, bis zum heutigen Tag - die Politik der Èechoslovakischen Republik, insbesondere ihre Wirtschaftspolitik keineswegs dahin gerichtet war, eine Annäherung an Österreich herbeizuführen, sondern daß sie nicht nur durch Nadelstiche, sondern durch offene feindselige Akte es der österreichischen Republik immer wirklich schwer gemacht hat, die wirtschaftlichen Beziehungen zur èechoslovakischen Republik aufrecht zu erhalten. Wir können also dem Herrn Ministerpräsidenten darin nicht recht geben. Aber ich halte es für notwendig, daß wir gerade bei dieser Debatte nachweisen, welch gewichtiges Interesse für die Èechoslovakei darin besteht, daß Österreich wirtschaftlich konsolidiert werde, daß Österreich die Möglichkeit habe, wieder jener Abnehmer zu sein, der es immer war.

Und in diesem Zusammenhang möchte ich auch ein wenig mich mit diesem Teil der Ausführungen des Herrn Dr. Rašín beschäftigen. Dr. Rašín hat hier verkündet, daß nach Mitteilungen hervorragender Fachleute die österreichische Republik in ihrer gegenwärtigen Gestalt lebensfähig sei und daß Österreich nichts geschehen sei, denn es sei errechnet worden, daß in Deutschösterreich nur 5 % Industrie weniger verblieben sei, als in Böhmen. Wenn man diese Zahlen so hört, kommt man immer wiederum auf das alte Sprichwort zurück: Mit Zahlen kann man alles beweisen. Würde man diese Zahlen so hinnehmen, wie sie Dr. Rašín erzählt, man könnte wirklich annehmen, daß dieses Österreich nicht bestrebt sei, sich selbst zu erhalten und zu retten. Wie aber steht es in Wirklichkeit? Vielleicht werden Ihnen das zwei Zahlen beweisen. Die Ausfuhr österreichischer Artikel nach der Èechoslovakei betrug im Jahre 1920 3,272.000 q, hingegen sind von der Èechoslovakei nach Österreich im Jahre 1920 ausgeführt worden 23,931.142 q, also konkret ausgedrückt: siebenmal soviel wurde von der Èechoslovakei nach Österreich eingeführt, als aus Österreich nach der Èechoslovakei. Es mag sein, daß dort soviel Industrie ist, als angegeben, aber jener Industrie, die beim Export überhaupt nicht in Betracht kommt, die nur dafür eingerichtet war, Luxusgegenstände, nicht Gegenstände des täglichen Bedarfes zu produzieren. Und damit Sie nicht glauben, daß ich nur eine willkürliche Zahl herausgreife, so werde ich Ihnen das auch an den Ziffern des Jahres 1921 beweisen. Im Jahre 1921 wurden aus Österreich nach der Èechoslovakei eingeführt 3,140.279 q, hingegen von der Èechoslovakei nach Österreich ausgeführt 33,056.000 q, d. h. zehnmal soviel. Und da es den Anschein erwecken könnte, daß ich nur zwischen Österreich und der Èechoslovakei vergleiche, also einem industriereichen Lande, demgegenüber die österreichische Industrie nicht so sehr in Betracht kommt, lassen Sie sich, meine Herren, sagen, daß die gehemmte Handelsbilanz Österreichs ein ungeheueres Passivum ausweist. Österreich kann sich in seiner heutigen Struktur unmöglich alllein erhalten. Und es ist selbstverständlich, daß wir die Bestrebungen der österreichischen Arbeiterschaft nach einem An schluß an Deutschland mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln unterstützen werd n. Man mag darüber denken, wie man will, und sicher wird es viele unter Ihnen geben, die sich auf den Friedensvertrag stützen und behaupten werden, daß diese Änderung nicht möglich ist. Meine Herren, die Geschichte wird anders sprechen, davon bin ich felsenfest überzeugt.

Ich halte es auch für notwendig, mich ein wenig mit den Debatterednern zu befassen, die hier bisher zu Worte gekommen sind. Es ist ein Vertreter der Deutschen zu Worte gekommen, der der Meinung war, daß er aus politischen Gründen für den Vertrag nicht stimmen könne. Wie wir politisch zu diesem Vertrag stehen, habe ich darzulegen bereits Gelegenheit gehabt. Der Herr Kollege Ing. Jung meint, durch diesen Kredit werde die wirtschaftliche Versklavung Österreichs herbeigeführt. Ich glaube, daß darüber wohl in erster Linie das Volk in Österreich selbst zu entscheiden hat, ich glaube, daß wir uns auf dieses Volk wohl verlassen können und ich glaube auch, daß dieses Volk wohl in Österreich es ablehnen wird, Herrn Ing. Jung als seinen Sprecher zu betrachten. Wenn es richtig ist, daß durch die Gewährung von Krediten eine Versklavung herbeigeführt wird, dann hätten die Deutschen im alten Österreich wiederholt Gelegenheit gehabt, auf diesen Umstand aufmerksam zu machen, denn auch im alten Österreich war man wiederholt in der Lage, nicht mit unseren, sondern mit den Stimmen jener Herren, die heute hier dagegen sprechen, Kredite aufzunehmen. Es scheint, daß jene Herren zu der Erkenntnis, daß durch Kredite die wirtschaftliche Versklavung herbeigeführt werde, erst in neuester Zeit gekommen sind, diese Überzeugung scheint keineswegs alten Datums zu sein. Der Herr Kollege Ing. Jung hat gemeint, mit Krediten sei das Problem nicht zu lösen. Auf diesem Standpunkt stehen wir auch. Mit der Gewährung von Krediten allein kann man einer Volkswirtschaft nicht aufhelfen. Da müssen andere Mittel in Anwendung gebracht werden. Auch da wird Kollege Ing. Jung zugeben, daß alle die Mittel, die von unseren Parterigenossen in Vorschlag gebracht wurden, um eine wirkliche Sanierung der Finanzen Österreichs herbeizuführen, deshalb nicht angenommen wurden, weil auch die Parteigänger des Herrn Ing. Jung dort gegen den Finanzplan unserer österreichischen Genossen Sturm gelaufen sind. (Posl. inž. Jung: Wer war das? - Výkøiky: Die Großdeutschen! - Posl. inž. Jung: Sind das unsere Parteigenossen?) Kollege Jung, gestatten Sie, daß ich mich da nicht so genau auskenne. (Posl. inž. Jung: Wenn ich mich in den drei Internationalen auskenne, können Sie sich da auch auskennen!) Wir müssen nicht so weit gehen. Wir haben die Werdung der Dinge vorausgesehen. Wir haben gewußt, was für Folgeerscheinungen der Krieg haben wird. (Výkøiky posl. Èermaka a inž. Junga. - Místopøedseda dr. Hruban zvoní.). Wir haben den Grundsatz aufgestellt: Keine Entschädigungen! Keine Kontributionen! Weil wir gewußt haben, daß die Ent schädigungen, die aufgehalst werden, natürlich den Ruin der Volkswirtschaft zur Folge haben müssen. (Výkøiky.) Sie waren es, meine Herren, die uns in den Rücken gefallen sind und uns als Verräter des Volkes hingestellt haben. Ich glaube also, sagen zu können, wenn es Selbstmord ist, den Österreich durch die Annahme des Kredites begeht, dann sind Sie, meine Herren, nicht in allerletzter Linie daran schuld, daß Österreich gezwungen ist, derartige Kredite unter solchen entwürdigengen Bedingungen und Umständen aufzunehmen. (Výkøiky. - Posl. inž. Jung: Warum erwärmen Sie sich so für die Weltherrschaft des Kapitalismus?) Das glauben Sie selbst nicht, Herr Kollege Ing. Jung. Ein Herr, der gewählt ist in Gemeinschaft mit Vertretern der Kapitalisten, hat kein Recht so zu sprechen. (Souhlas na levici. - Posl. Simm: Unsere Stellung zu solchen Fragen ist viel klarer als Ihre! - Výkøiky.) Kollege Simm, wir scheuen eine Auseinandersetzung nicht.


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