Úterý 13. èervna 1922

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 145. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 13. èervna 1922.

1. Øeè posl. Knirsche (viz str. 777 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Auf der Tagesordnung steht eine rein wirtschaftliche Angelegenheit, aber Politik läßt sich von Wirtschaft nicht trennen, und daher glaube ich berechtigt zu sein, bei diesem wirtschaftlichen Gegenstande der Tagesordnung auch die Politik berühren zu dürfen, und zwar einen Gegenstand, der im Hinblick auf die sich in Deutschösterreich entwickelnde Lage von allergrößter Bedeutung ist. Der Punkt 1 von den 14 Punkten Wilsons setzt fest, daß alle Friedensverträge öffentlich abgeschlossen werden sollen, und daß nach Abschluß der Friedensverträge keinerlei geheime diplomatische Verträge oder Bündnisse abgeschlossen werden dürfen. Und am 28. Oktober 1918 schrieb der jetzige Präsident dieser Republik Masaryk in dem Pariser Organ "Samostatnost" folgendes: Der èechische Staat wird ein Idealstaat sein, denn er wird kein Militär haben (Smích na levici), sondern nur eine Miliz; (Výkøiky nìmeckých poslancù), die Minderheiten werden mit Liebe behandelt werden (Nepokoj.) und es wird keine Geheimdiplomatie mehr geben." (Hört! Hört!) Meine Herren, in den diplomatischen Methoden hat sich seitdem nichts geändert, gar nichts, seitdem die Herren den kaiserlichen Palmenfrack mit dem demokratischen Bürgerrock vertauscht haben.

Místopøedseda Buøíval (zvoní): Prosím pana øeèníka, aby se držel vìci. (Výkøiky nìmeckých poslancù. - Hluk na levici.) Prosím pana øeèníka, aby pokraèoval.

Posl. Knirsch (pokraèuje): Ich habe ausdrücklich festgestellt, Herr Präsident, daß diese Angelegenheit mit den wirtschaftlichen Angelegenheiten insofern zusammenfällt, als Politik und Wirtschaft nicht zu trennen sind. (Souhlas na levici.) Ich habe unlängst von dieser Stelle darauf verwiesen, daß zwischen der Èechoslovakei und Frankreich ein Geheimvertrag abgeschlossen worden sein soll, welcher die Èechoslovakische Republik verpflichtet, für den Fall kriegerischer Verwicklungen mit 500.000 Mann den Franzosen zur Seite zu stehen. (Výkøiky nìmeckých poslancù.) Diese Feststellung ist auch in die ausländische Presse übergegangen und wurde auch von der inländischen Presse kommentiert. Der Herr Ministerpräsident hat sich bisher darüber ausgeschwiegen, und (Výkøiky nìmeckých poslancù.) keine Antwort ist auch eine Antwort.

Wir sind heute in der Lage, etwas Näheres über diese abgeschlossenen Geheimverträge und Bündnisse mitzuteilen (Hört! Hört!), und zwar gestatte ich mir auf Grund von Mitteilungen aus seriösester Quelle zur Kenntnis zu bringen, daß nach diesen Mitteilungen der erste Geheimvertrag zwischen Beneš und Paris am 28. Oktober 1918 abgeschlossen wur de. In demselben verpflichtet sich die èechoslovakische Regierung, ihre Politik auf die Durchführung der Friedensverträge einzustellen und die Leitung der Armee auf 10 Jahre einer französischen Militärmission zu übertragen. (Nepokoj a výkøiky na levici.) Die Kosten der Militä rmission gehen auf Rechnung der Èechoslovakei (Nepokoj na levici); sie dürfen aber jährlich 2 Millionen Frs. nicht übersteigen. (Výkøiky na levici.) Als Gegenleistung an die Èechoslovakei setzt der Vertrag fest, daß im Jahre 1929 eine gemischte Kommission zu bilden ist, die zu konstatieren hat, ob die Èechoslovakei einen aktiven Anteil an der Durchführung der Friedensverträge hat. (Výkøiky na levici.) Stellt die Kommission einen aktiven Anteil fest, so verzichtet Frankreich seinerseits auf alle bis zum 1. Jänner 1919 aufgelaufenen Kriegsschulden. Das sind wohl die sogenannte Befreiungstaxe und die Kosten der bis dahin gelieferten Armeeausrüstungsgegenstände. (Výkøiky na levici.) Soviel in der Hauptsache über den ersten Grundvertrag. Dieser Geheimvertrag erhielt nun zwei Nachträge. Er enthält unter anderem folgende Vereinbarungen:

Falls die Anschlußfrage Deutschösterreichs in ein Stadium der Verwirklichung treten sollte, hat die Èechoslovakei Wien, Linz, Salzburg, die Industriezentren und militär-technischen Betriebe bis zur Zone einschließlich Wiener-Neustadt zu besetzen. (Hört! Hört! - Hluk.) Frankreich besetzt Graz und Klagenfurt. Die deutschösterreichische Bundesregierung ist erst 24 Stunden vor Überschreitung der Grenze durch die Truppen von diesen Maßnahmen in Kenntnis zu setzen. (Hört! Hört! - Hluk na levici.)

Der zweite Nachtrag datiert vom 8. November 1921. In demselben nimmt die Èechoslovakei Kenntnis von dem zwischen Frankreich und Polen am 31. Au gust 1921 abgeschlossenen Bündnis. Die Èechoslovakei verpflichtet sich weiters, im Einvernehmen mit der polnischen Regierung gemeinsame wirtschaftliche und militärische Schritte gegen Deutschland zu unternehmen, (Hört! Hört!) falls Frankreich eine Gefährdung des mitteleuropäischen Friedens fesellt.

Als Geftrdung des Friedens wird betrachtet: 1. Die Nichteinhaltung der Artikel des Versailler Friedensvertrages. 2. Un ruhen in Deutschland welcher Art immer. . . (Výkøiky nìmeckých poslancù.)

Místopøedseda Buøíval (zvoní): Prosím, pánové, o klid.

Posl. Knirsch (pokraèuje): . . . wieters: Feststellung von Rüstungsmaßnahmen. Die èechoslovakische Regierung erklärt sich bei Eintritt der vo rstehenden Fälle mit Paris und Warschau solidarisch." (Hört! Hört!)

Hohes Haus! Ich bringe diese Verträge dem hohen Hause mit allem Vorbehalt zur Kenntnis, der geboten ist nach den bekannten Fälscherkunststücken des Herrn Anspach. Aber ich mache no chmals darauf aufmerksam, daß diese Mitteilungen aus beachtenswertester diplomatischer Quelle stammen, und es daher an der Regierung liegt, zu diesen vorgebrachten Tatsachen Stellung zu nehmen. (Výkøiky na levici.) Verehrte! Ich bringe das, wie ich schon sagte, mit Vorbehalt zur Kenntnis, aber die Tatsachen, die uns hier vorliegen, die ganze Politik der èechoslovakischen Regierung und des Herrn Beneš stimmen vollständig überein mit den hier niedergelegten Vereinbarungen. (Sehr richtig!)

Der erste, der Grundvertrag, ist ja kein Geheimnis mehr. Es ist bekanntlich der Vertrag Beneš hinsichtlich der französischen Militärmission, und es ist ja Tatsache, daß die Leitung der Armee dem französischen Generalstab unterstellt ist. Die Tatsache spricht für die Wahrheit der hier gemachten Mitteilungen. Wozu würde die Leitung der Armee den Franzosen übertragen worden sein, wenn nicht zu den Zwecken, die im Vertrag niedergelegt sind. Zur Erziehung oder aber zur Ausbildung der Soldaten doch ganz gewiß nicht, denn wir haben da eine große Anzahl und Fülle hervorragender dienst- und kriegsgeschulter Offiziere, die ohne weiters die Leitung der èechoslovakischen Armee und ihre Ausbildung zu übernehmen in der Lage wären. Die werden aber aufs Pflaster gesetzt, weil sie im Verdachte des "rakušáctví" stehen, und mit Bettelpensionen abgefertigt . . . . . . (Posl. inž. Jung: Wenn sie die Pension bekommen!) . . . . sehr richtig, wenn sie die Pension bekommen.

Verehrte! Ein scheinbarer Widerspruch mit den hier niedergelegten oder eingegangenen Verpflichtungen scheint in der Politik des Herrn Dr. Beneš Deutschösterreich gegenüber zu liegen, (Posl. inž. Jung: Aber nur ein scheinbarer!) ja, nur ein scheinbarer, der darin liegt, daß wir demnächst wieder eine Vorlage hier zu behandeln haben werden, die bestimmt ist, dem armen Deutschösterreich neue èechoslovakische Kredite zu eröffnen. Das ist scheinbar eine österreichfreundliche Politik. Aber wenn wir bedenken, daß die èechoslovakische Regierung bis vor kurzer Zeit gerade gegenüber Deutschösterreich eine Absperrungspolitik betrieben hat, die dazu beitrug, daß Deutschösterreich und auch dieser Staat wirtschaftlich herunter gekommen sind, wenn wir bedenken, daß die Politik des Herrn Beneš Deutschösterreich gegenüber bis vor nicht allzulanger Zeit ganz anders eingestellt war, und uns vor Augen halten, daß die Kredite nicht gegeben werden, um dem Lande zu helfen, sondern daß es erpresserische Kredite sind, die die Not und das Elend in Deutschösterreich nur dazu ausnützen wollen, um dieses Land als Werkzeug Frankreichs und des Panslavismus gegen Deutschland zu benützen (Sehr richtig!), dann dürften wir nicht fehl gehen, in einer solchen Politik die Bestätigung dieses Vertrages zu erblicken.

Herr Beneš wird daher gut tun, wenn er gerade angesichts der gegenwärtigen politischen Lage klipp und klar zu diesen, wie ich schon sagte, aus beachtenswertester diplomatischer Quelle stammenden Mitteilungen entsprechend, aber nicht mit "wenn und aber", Stellung nimmt.

Uns, Verehrte, schrecken solche Verträge nicht. Die Entwicklung der politischen und wirtschaftlichen Lage und Verhältnisse seit Versailles zeigt uns täglich, daß sich in Europa eine andere Ordnung Bahn bricht, als die durch die Friedensdiktate angestrebte. Diese Entwicklung wird nicht gehemmt werden, weder durch geheime, noch durch irgend welche andere militärische Bündnisse. Wir sehen dieser Entwicklung im Bewußtsein unserer Kraft und im Bewußtsein unseres Rechtes zukunftsfroh und vertrauensvoll entgegen. (Souhlas a potlesk na levici.)

2. Øeè posl. R. Fischera (viz str. 779 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Die Vorlage, die uns jetzt beschäftigt, erscheint nebensächlich und minder wichtig. Sie enthält eigentlich nichts anderes, als eine unbedeutende Abänderung des bestehenden Zollgesetzes, und zwar in einem einzigen Artikel. Wenn wir aber zusehen, wie diese Vorlage erledigt wird und was an Stelle der bisherigen Bestimmungen tritt, so wird sofort eines klar: Beseitigt wird durch die Änderung des Artikels XIX im zweiten Absatz eine vollständig klare Bestimmung, deren Anwendung in gar keinem Falle zweifelhaft sein konnte. Geändert wird die Bestimmung, die verfügt, daß in den amtlichen Magazinsräumen die zu verzollenden Waren drei Tage zollfrei lagern können, und geändert wird die Bestimmung, wieviel Zoll vom vierten Tage angefangen für je 100 Kilogramm zu entrichten ist. Das war die bisher geltende vollständig klare und unzweifelhafte Bestimmung. Fragen wir uns aber, was die jetzige Vorlage an Stelle dessen setzt, so müssen wir sagen: Überhaupt nichts, als eine Verordnung. Die Regierung wird ermächtigt, im Verordnungswege einmal die Dauer der Zollfreiheit der Waren, die beim Eintritt in das Zollgebiet in amtlichen Magazinen eingelagert werden, und weiters die Höhe des Lagergeldes für die zu verzollenden Waren festzusetzen. Das Parlament traut sich nicht einmal zu bestimmen, wieviel Tage die Zollfreiheit betragen soll. Die demokratische Gesetzgebung in diesem Lande getraut sich nicht, bei Abänderung des Artikels XIX zu sagen, wir wollen die Lagergebühr in der und der Höhe einheben, sie überläßt einfach die Feststellung der Zeit und des Lagergeldes, dieser zwei ganz einfachen, in gewisser Hinsicht auch unbedeutenden Abänderungen, der Regierungsgewalt, und ich meine, das ist so kennzeichnend für den Geist, der unsere Gesetzgebung in diesem Lande beherrscht, daß das demokratischeste Parlament sich nicht getraut, selbst eine so einfache und klare Bestimmung in die Gesetzesvorlage aufzunehmen, so daß die Demokratie dieses Staates sich gründet auf der Allmacht der Bürokratie. Es ist so, daß der Mißbrauch des Ermächtigungsgesetzes die Macht der Bürokratie in diesem Lande ungewöhnlich mehr stärkt, als dies sonst der Fall sein müßte. Es ist so, daß die Begebung des einfachsten parlamentarischen Rechtes an die Bürokratie zum Mißbrauch der Gewalt durch die Bürokratie unbedingt führen muß. Die Vorlage, dieses Fünfzeilengesetz, besagt also nichts klares und ist nichts anderes als eine Ermächtigung an die Regierung, und wenn wir eine solche Ermächtigung geben sollen, müßten wir Vertrauen zu dem haben, den wir mit der Durchführung solcher Agenden betrauen, denn es wird niemand sich einem Bevollmächtigten anvertrauen, zu dem er nicht unbedingt das Vertrauen hat, daß der seine Sache gut führt. Nun können wir erklären, daß wir dieses Vertrauen zur Regierung nicht haben, und wir werden deshalb gegen die Vorlage und gegen die Abänderung des Zollgesetzes stimmen. Wir haben das Vertrauen zur Regierung nicht, weil wir feststellen müssen, daß das, was von Seite der Regierung bisher auf Zoll- und handelspolitischem Gebiete geschehen ist, nicht im Interesse der breiten Massen der Bevölkerung gelegen ist. Wir haben das Vertrauen nicht, weil wir sehen, daß die Regierung nichts getan hat, oder fast nichts getan hat, jedenfalls aber vielmehr hätte tun können, um die Handelsbeziehungen besser auszugestalten, um in unserer Zollgesetzgebung überhaupt vorwärts zu kommen.

Von den Schikanen, denen alle Personen ausgesetzt sind, die in diesem Staate aus dem Auslande etwas einführen wollen, von den Schikanen bei der Einfuhrbewilligung bis zum Abschluß von Handelsverträgen, bis zur Erhöhung der Finanz- und anderen Zölle, bemerken wir, daß die Regierung alles getan hat, nicht um den Handel zu beleben, sondern um den Handel, die Industrie und das Gewerbe dieses Staates zu schädigen, die Handelsbeziehungen nicht zu erleichtern, sondern zu erschweren. Gerade in der letzten Zeit kann immmmer wieder festgestellt werden, daß trotz der bitteren Arbeitslosigkeit und der Not, die die Arbeitslosigkeit für große Teile nicht nur der Industriearbeiterschaft, sondern weit darüber hinaus für größere Kreise der Bevölkerung zur Folge hat, nichts geschehen ist, um die Lebensmittelzölle vollständig zu beseitigen, sondern immer wieder versucht wird, diese Zölle zu erhöhen, und die Regierung immer wieder den Einflüssen der Großagrarier Rechnung trägt. An einem Falle soll gezeigt werden, wie die Regierung von dem Ermächtigungsgesetz Gebrauch macht, wenn sie es in der Hand hat, einem Teile der Bevölkerung die Lebensmittel zu verbilligen: es ist charakteristisch, daß bis heute die Regierung, obzwar sie vollständig dazu die Handhabe hat - das Gesetz ist längst beschlossen - die Bestimmungen des Wirtschaftsübereinkommens mit dem Deutschen Reiche § 11, Anlage F, "kleiner Grenzverkehr", noch nicht angewendet hat, welche besagen, daß aus Sachsen, aus der Zittauer Gegend, die Produkte des Gartenbaues zollfrei per Achse in die umliegenden Grenzorte eingeführt werden können. Was bedeutet das wirtschaftlich für das industriereiche Nordböhmen, daß die Regierung von dieser Bestimmung noch keine Anwendung gemacht hat? Das bedeutet: In dem industriereichsten Teile des Landes muß Gemüse, Frühkartoffeln und alle Erzeugnisse dieses reichen sächsischen Gartenbaugebietes doppelt so teuer bezahlt werden, als wie es zu bekommen wäre, wenn dieses Gemüse tatsächlich auf Grund der Gesetz gewordenen Bestimmung zollfrei hereingelassen würde. Es wird nicht nur das Gemüse nicht zollfrei hereingelassen, sondern es muß genau so wie bei jeder anderen Einfuhr eine Bewilligung eingeholt werden und es werden diese Bewilligungen nicht einmal so ohne weiters erteilt, sondern müssen im umständlichen bürokratischen Verwaltungswege eingeholt werden. Wenn wir an diesem Beispiele sehen, daß die Regierung von der Ermächtigung, die sie hat, um einem Teile der Bevölkerung die Lebenshaltung zu erleichtern, nicht Gebrauch macht, dann können wir zu ihr und der von ihr geübten Handhabung der Zollgesetzgebung kein Vertrauen haben. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Tomášek.) Es würden nicht nur die nordböhmischen Industriestädte, nicht nur Reichenberg, Warnsdorf und diese großen Industriegebiete verbilligte Lebensmittel erhalten, wenn wir Gemüse und die ganzen Produkte des Gartenbaues aus der Zittauer Gegend zollfrei hereinbekämen, es müßte diese zollfreie Einfuhr zur natürlichen Folge haben, daß das Gemüse, welches heute aus Mittelböhmen an die industriereichen deutschen Randgegenden abgeführt wird, hier in der Hauptstadt Prag und in den mittelböhmsichen Städten dann ebenfalls verbilligt zur Verfügung stände, weil die Nachfrage nach diesem Gemüse viel geringer sein würde, als es heute der Fall ist. Die nebensächliche Abänderung des Artikels 19, welche die Regierungsvorlage mit sich bringt, zeigt, daß es nicht angeht, mit Flickwerk an unsere Zoll- und Handelsgesetzgebung heran zu treten, sondern daß es notwendig ist, daß hier einmal ganze Arbeit geleistet wird. Es ist unserer Volkswirtschaft nicht damit zu helfen, daß die Regierung die Lagergebühren erhöht, um aus dem Einlagern der Waren einige Tausende Kronen für den Fiskus zu retten. Es ist vielmehr notwendig, daß die Regierung einen anderen Weg einschlägt, daß sie das Parlament zur wirtschaftlichen Arbeit aufruft, daß sie baldmöglichst einen Zolltarif vorlegt, notwendig, daß sie darangeht, unsere Handelsbeziehungen auszugestalten, besonders zu unseren Nachbarstaaten, damit unsere schwer darniederliegende Volkswirtschaft wieder aufgerichtet werden kann. Wir brauchen kein Flickwerk, wir brauchen keine Fünfzeilen- Gesetzesvorlagen, wir brauchen Vorlagen, die auf das Ganze gehen. Zu dieser Arbeit hätte die Regierung schon längst das Parlament aufrufen sollen. Wenn wir ernstlich daran gehen, die Schäden unserer Volkswirtschaft dort zu beseitigen, wo sie ihre Wurzeln haben, müssen wir die Handelsbeziehungen ausgestalten, unsere Zollgesetzgebung rasch ausbauen und dafür sorgen, daß bei der Not des Volkes alle Lebensmittel, nicht wie jetzt gehindert durch das Ackerbauministeri um, sondern zollfrei hereinkommen können; dann wird das Parlament jene Pflichten erfüllt haben, die es gegenüber den breiten Massen der Bevölkerung und gegenüber unserer schwer kranken Volkswirtschaft hat. (Potlesk na levici.)

3. Øeè posl. Kostky (viz str. 784 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Die Vormerkung als Kontraredner geschieht selbstverständlich meinerseits nicht wegen des Inhaltes des Gesetzes, sondern wegen einiger Punkte, die dringend einiger weiterer Entschließungen und nochmaliger Durchberatung bedürfen. Ich werde mir erlauben, im Verlauf meiner Ausführungen darauf zurückzukommen und bemerke, daß wir von Seite der deutschen Parteien den Antraggestellt haben, es möge dieser Gesetzentwurf an den Budgetausschuß zurückverwiesen und ihm zur Berichterstattung eine Frist von 24 Stunden auferlegt werden.

Im allgemeinen muß bemerkt werden, daß man sich in diesem Staate verhältnismäßig spät an die Verpflichtungen des Friedensvertrages erinnert und daß erst die Interessenten und die Bevölkerung auf die Straße gehen oder Vereinigungen gründen müssen, damit der Friedensvertrag auch zu ihrem Gunsten angewendet werde. Es ist ja schon hundertmal an dieser Stelle gesagt worden, daß man natürlich dann, wenn Aktiven übernommen werden, sich der Passiven von vornherein nicht entschlagen kann, insbesondere dann nicht, wenn wie hier im Artikel 203 des Friedensvertrages eine ganz genaue Weisung ausgegeben ist. Es wurde interpelliert, es wurde wiederholt urgiert, aber leider ist bis zum heutigen Tage die Angelegenheit noch nicht erledigt.

Nun will ich mich aber sofort mit den Einzelheiten der Vorlage befassen, denn 15 Minuten geben natürlich kaum Zeit, daß man über die Einzelheiten auch nur andeutungsweise sprechen kann. Es steht in diesem Gesetz der unangenehme Passus von derErmächtigungdesF inanzministers. Der Finanzminister ist ermächtigt, für die Zeit bis zur Ratifizierung des Friedensvertrages entweder die Zinsen in Barem zu bezahlen oder èechoslovakische Staatspapiere an Geldesstatt zu geben. Ich glaube, hierin liegt in einer doppelten Richtung eine Ungerechtigkeit. Ich will es hier nur andeuten, denn die Herren von ungarischer oder slovakischer Seite, die in dieser Richtung noch mehr geschädigt sind, denn dies bezieht sich auf ungarische Renten, werden vielleicht ihre Einwendungen selbst vorbringen. Die Besitzer der Renten, das muß festgestellt werden, sind heute durchaus nicht jene patriarchalischen Menschen, von denen man sagt, sie können von dem Rentenbesitz leben, sondern es sind zumeist sehr arme Teufel, die ihre Renten auch belehnt haben, bis zu 50 %, und die dafür auch die Zinsen bezahlen müssen.

Wenn sie also 1 1/2 Jahre, oder, wie es für die ungarischen Renten bestimmt ist, 2 1/2 Jahre die Zwischenzinsen nicht erhalten, so können sie dadurch einen bedeutenden Verlust erleiden. Ich würde deshalb wünschen, daß die Öffentlichkeit hier im Hause durch eine Erklärung des Finanzministers darüber beruhigt werde. Es soll im Budgetausschuß davon gesprochen worden sein; etwas Deutli ches hat man allerdings darüber nicht gehört, welche Erklärung die Organe des Finanzministeriums oder der Finanzminister selbst abgegeben haben, in welcher Art und Weise er diese Ermächtigung zur Bezahlung der Zwischenzinsen benützen will. Ich nehme an, daß er sie in der Art und Weise benützen will, wie er selbst einer Deputation von Rentenbesitzern gegenüber erklärt hat: In wohlwollender Weise. Das würde wohl bedeuten, wenn nicht besondere Gründe zur Zurückhaltung der Zwischenzinsen vorliegen, daß er die Barzahlung bis Feber 1919 bewilligt. Ebenso kann ich mir nicht vorstellen, wie man èechoslovakische Staatspapiere, insbesondere, so sagen nämlich Zeitungsmeldungen, Losanleihe oder Bauanleihe dafür in Zahlung nehmen kann. Denn diese Bauanleihe wird nicht zu einem festen Kurs gehandelt und es kann mir also passieren, daß ich für ein Staatspapier, das ich jetzt für 500 K in Zahlung nehme, dann, wenn ich es einlösen will, 300 K erhalte. Ich würde also meinen, daß der Herr Finanzminister hier im Hause der Öffentlichkeit eine loyale Erklärung abgeben sollte, in welcher Art und Weise diese Ermächtigung, die ihm zusteht, von ihm gehandhabt werden wird, mit anderen Worten die Erklärung, daß er in der Regel die Barzahlung der Zinsen bis Ende Feber 1919 auf sich nehmen will.

Natürlich muß auch darauf hingewiesen werden, daß etwas Unsoziales darin liegt, daß jene, die Kapital in den Händen haben und mit ihrer Vorkriegsrente Mehlanleihe zeichnen konnten, die Zwischenzinsen bekommen, während jene, die arme Teufel sind und die Mehlanleihe nicht zeichnen konnten, jetzt der Ermächtigung des Finanzministeriums überwiesen werden. Darum wäre eine derartige Erklärung hier im Hause dringend notwendig. Wir stellen auch den Antrag, daß der Passus "Bezahlung in irgendwelchen Staatspapieren" entfalle, denn darüber besteht gar keine Sicherheit, wie eine solche Einlösung stattfinden wird.

An zweiter Stelle möchte ich auf einen besonders schwerwiegenden Mißstand hinweisen, der sich immer noch aus diesem Gesetz ergibt. Wir haben eine ganze Reihe von Personen, welche ihre Rentenpapiere nach wie vor in Österreich deponiert haben. Wir kennen die Schwierigkeiten, welche daraus entstehen, daß der österreichische Staat, respektive die Banken, diese Papiere heute nicht herausgeben wollen. Hiedurch sind zumeist bedürftige Personen getroffen, denn man wird heute eine Offizierswitwe oder eine Kriegerwitwe, die in Wien sogenannte pupillarsichere Papiere hinterlegt hatte, nicht unter die eigentlichen Rentenbesitzer, sondern unter die armen Teufel rechnen müssen. Man weist darauf hin, daß die Reparationskommission darüber entscheiden müsse. Das ist richtig. Deshalb wurde durch unseren Kollegen Patzel im Budgetausschuß ein Resolutionsantrag gestellt, die Regierung möge darauf dringen, daß über diese Frage sobald als möglich Klarheit geschaffen werde; mit anderen Worten, daß natürlich auch die Auszahlung bewilligter Darlehen an den österreichischen Staat abhängig gemacht werden muß von der Überweisung dieser Papiere an ihre èechoslovakischen Besitzer in der Republik. Hier wäre ein erträgliches Zwischenstadium zu schaffen, denn meine Herren, es handelt sich hier tatsächlich um Menschen, deren Dasein traurig ist. Ich hatte in der letzten Zeit wiederholt Gelegenheit, mit derartigen Personen zusammenzukommen und ich kann Ihnen sagen, daß die Not hier tatsächlich auf das Höchste gediehen ist. Man muß auch diese Fälle erwägen, man muß sehen, ob man hier nicht entgegenkommen kann. Es sind da Offizierswitwen, die, wie sie mir sagten, ein Monatseinkommen von ungefähr 600 K haben und damit sich mit zwei bis drei Kindern versorgen müssen. Die können so nicht weiter leben. Ihre Papiere haben sie nicht zur Verfügung und empfangen auch vom Staat hier nicht die geringste Unterstützung. Wir stellen deshalb den Antrag, der allerdings auch erst in eingehender Weise im Budgetausschusse erwogen werden müßte - denn bei derartigen Geldfragen, wo es sich um Millionen handelt, kann man natürlich nicht hier im Plenum endgültig entscheiden, - wir stellen den Antrag, daß dort, wo die Renten bei der Vermögensabgabe im Inland konskribiert worden sind, der Finanzminister ermächtigt werde, in besonders berücksichtigenswerten Fällen eine Zinsenzahlung heute schon zu bewilligen. Das wäre ein Zwischenstadium, um wenigstens die krassesten Fälle aus der Welt schaffen zu können. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.)

Nun, wann werden die Zinsen bezahlt? In dem Gesetzentwurf vermissen wir auch darüber leider bestimmte Anhaltspunkte, und wir sind nicht voll Vertrauens, daß solche Dinge hier in diesem Staat auch prompt erledigt werden. Bei der Mehlund Telephonanleihe haben wir es erlebt, daß die Auszahlung der Zinsen auf sich warten ließ und daß die Betreffenden mannigfache Urgenzen vornehmen mußten, bevor wirklich die Zinsenbeträge in ihre Hände gelangt sind. Es ist sehr zu befürchten, daß auch hier eine derartige Kuponwirtschaft eintritt, wie wir sie, leider Gottes sei es gesagt, auch in einem Rechnungsamt, wie wir es in letzter Zeit von Seiten der Regierung vernommen haben, feststellen mußten. Also muß im Gesetze selbst der Te rmin genau bestimmt werden, wann die Zinsenzahlung zu erfolgen hat. Die Grenze ist wohl erreicht, man hat die Leute lange genug hungern lassen, also sage man ihnen nun im Gesetze, daß sie z. B. zwei Monate vom Inkrafttreten des Gesetzes auch die Zinsenzahlung effektiv erhalten werden.

Endlich ist der Punkt der Goldrenten. Auch hier kommen wir durch diesen Gesetzentwurf nicht in ein dem Friedensvertrage entsprechendes Stadium, denn es ist doch wohl davon auszugehen, daß einmal nach dem Friedensvertrag Ersatztitres auszugeben sind, die den alten Titres auch hinsichtlich der Währung gleich sind. Nun bestehen hier in unserem Staat, gerade was die Goldrente anbelangt, die mannigfachsten Ansätze. Im Entwurf ist der Goldgulden mit 2·50 K aus jener Zeit der Bewertung angenommen, da sich das alte Österreich bereits im Konkurszustand befand. Es ist nicht gerade für den Staat und seine Bürger von besonderem Vorteil, wenn man sich auf diesen Konkurszustand bezieht. Tatsächlich wäre der Goldgulden heute das Zehnfache, also 24 Kronen wert. Merkwürdig ist aber, wenn der Staat selbst an seine Bürger herantritt, wie es z. B. seinerzeit bei der Vermögensabgabe der Fall war, daß der Goldgulden mit 3 Kronen, also 50 Goldgulden mit 150 K bewertet wurden; und es ist ja auch zu erwähnen, was ich in keiner Weise rügen will, daß man den Sparkassen entgegengekommen ist und den Goldgulden mit 6 Kronen bewertet hat. Ich glaube, es wäre für die Privatwirtschaft - und das ist mehr oder minder Privatwirtschaft, denn die Rentenbesitzer haben das als Privateinkommen zu betrachten - ein Mittelweg zu wählen, und wir stellen deshalb den Antrag, daß man hier in ähnlicher Weise vorgehe, wie bei der Ve rmógensabgabe, daß man also zumindest den Goldgulden mit drei Kronen, oder richtiger gesagt, wenn man nach der Vermögensabgabe richtig rechnet, für 4 Goldgulden 16 Kè zu rechnen hätte.

Diese Fragen können natürlich hier im Hause, nachdem sie sehr diffiziler Natur sind, nicht im Detail besprochen werden. Sie sind Mängel des Entwurfes, den wir heute in der Hand haben, und darum stellen wir den Antrag, es möge sich der Budgetausschuß mit dieser Frage noch einmal befassen. Wir fügen aber hinzu, daß wir es begrüßen, daß wir endlich hier zu einer parlamentarischen Erledigung der Vorkriegsrentenfrage kommen und wegen des dringenden Bedürfnisses der Bevölkerung dem Budgetausschusse eine nur 24stündige Frist zur nochmaligen Beratung einrä umen können. (Souhlas na levici.)


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