Hohes Haus! Der Klub der Abgeordneten
der deutschen Nationalpartei hat mich ermächtigt, vor dem Haus
und dem Präsidenten folgendes zu erklären: Durch Mitteilung des
Abgeorneten Dr. Baeran ist im Klub der Nationalpartei sichergestellt
worden, daß Abgeordneter Dr. Baeran während der parlamentarischen
Verhandlungen des heutigen Vormittags gegen den Sitz des Präsidenten
eine Stinkbombe geschleudert hat. (Hluk a výkøiky.) Der
Klub der deutschen Nationalpartei bedauert und mißbilligt diesen
Vorfall aufs tiefste. (Výkøiky na pravici: Bravo!)
Meine Damen und Herren! Im Namen und Auftrag des Klubs der deutschen sozialdemokratischen Abgeordneten habe ich hier folgendes zu sagen:
Als wir in dieses Parlament eingezogen sind, geschah es mit dem ernsten Willen und dem festen Vorsatz, soweit unsere Kräfte reichen, im Interesse der Klasse, deren Vertretung wir übernommen haben, hier ernst und sachlich mitzuarbeiten. Wir wünschen und lieben Szenen nicht, wie sie sich heute hier in diesem Saale abgespielt haben. Wir wünschen sie nicht und wir möchten, daß sie vermieden werden könnten. Aber es ist so, daß immer und immer wieder von den Mehrheitsparteien das Recht und die Kraft des Starken gegenüber der Minorität mißbraucht wird, daß Sie uns in Zwangslagen führen, die Mittel zur Abwehr herausfordern, die sonst im parlamentarischen Kampfe von uns nicht geliebt und gewollt sind. Sie haben eine Geschäftsordnung geschaffen, die überall Fußangeln legt und uns die ernste, sachgemäße Arbeit auf Schritt und Tritt erschwert. Sie drosseln durch diese Geschäftsordnung die Redefreiheit, Sie nehmen uns immer wieder die Möglichkeit und das Recht auszusprechen, was wir im Interesse unserer Sache und der von uns vertretenen Klasse der Bevölkerung zu sagen für nötig erachten. Dazu lassen Sie nur zu oft trotz dieser Geschäftsordnung auch noch jene Objektivität bei ihrer Handhabung vermissen, die wir fordern müssen.
Denken Sie an die Dinge, die unmittelbar
zu den heutigen Vorgängen geführt haben. Der gestern geschäftsführende
Vizepräsident Ing. Botto hat darüber Beschwerde geführt,
daß ein Redner leise sprach, so daß er nicht vernehmbar war. Wir
halten diesen Vorgang nicht für wünschenswert, wir halten es aber
ebensowenig für wünschenswert und zulässig, daß vom Platze des
Referenten aus den Stenographen in die Feder diktiert werde. Was
dem einem recht ist, muß dem anderen billig sein. Es ist diese
Rede zum Gegenstande der Zensur durch das Präsidium gemacht worden
und das Präsidium hat durch seinen Beschluß gutgeheißen, daß ein
Teil dieser Rede der Zensur verfällt. Sie haben sich damit auf
den Standpunkt der Preisgabe eines der fundamentalsten Rechte
eines jeden wirklichen Parlamentes begeben eines Rechtes, das
seit alters her immer der Stolz wirklicher Demokratie gewesen
ist. Wir verurteilen es deshalb, daß diese Zensur durch das Präsidium
beschlossen worden ist, wir verurteilen es als eine Tat, die freier
Männer und eines freien Staates nicht würdig ist.
Pøedseda (zvoní):
Volám pana poslance
za tato slova k poøádku. (Hluk a odpor nìmeckých
poslancù.)
Posl. Hillebrand (pokraèuje):
Aber, meine Herren, das zweite Kapitel, worüber ein Wort gesagt
werden muß, fordert noch viel mehr unsere Abwehr heraus. Es ist
das die Tatsache der dreisten Mißachtung des Immunitätsrechtes
des Abgeordnetenhauses durch ein untergeordnetes Organ des Staates,
durch den Staatsanwalt. (Sehr richtig!) Es ist unendlich
viel darüber zu klagen, wie die Konfiskationspraxis in diesem
Staate überhaupt gehandhabt wird. Und gerade meine Partei darf
hier sagen: Sie, meine Herren von der rechten Seite des Hauses,
müßten sich daran erinnern, wie es in den Jahren des Krieges war,
wie gerade ein Mann, dessen sachlich strenger und ernster Artikel
jüngst in unserem Zentralorgan, im "Sozialdemokraten"
konfisziert wurde, wie Friedrich Austerlitz in der "Arbeiterzeitung"
gegen die Justizgreuel, die an Ihnen verübt worden sind, den Kampf
geführt hat. Und nun müssen wir erleben, daß Artikel desselben
Mannes im Zentralorgan der deutschen Sozialdemokratie von ebenso
übermütigen Staatsanwälten einfach der Zensur unterliegen und
konfisziert werden. Ich habe vor einigen Wochen Gelegenheit genommen,
in der Obmännerkonferenz darauf hinzuweisen, daß Abgeordnetenreden,
die im Parlamente gehalten wurden, vom Staatsanwalt in Preßburg
konfisziert wurden. Der Herr Ministerpräsident hat damals nachdrücklichst
und auf das bestimmteste erklärt, daß alles geschehen werde, um
eine solche Mißachtung des Immunitätsrechtes durch die Staatsanwälte
künftig hintanzuhalten. Nun erleben wir, daß dasselbe sich hier
in Prag am Sitze der Zentralregierung vollzieht. (Výkøiky,
odpor èeských poslancù, hluk.)
Pøedseda (zvoní):
Upozornuji pana poslance,
že 5 minut, urèených pro vìcnou poznámku, uplynulo, a žádám
ho, aby skonèil.
Posl. Hillebrand (pokraèuje): Wir fordern die Einhaltung der Zusagen, die uns gemacht worden sind, wir fordern den Schutz unserer Immunität durch das Präsidium, wir fordern den Schutz der verfassungsmäßigen Rechte, die uns gegeben worden sind. Wir fordern, daß der Staatsanwalt in seine Schranken zurückgewiesen wird und wir fordern vor allem, daß die Regierung hier in einer Erklärung ihren Standpunkt zu diesen unseren Beschwerden klar und deutlich ausspricht. Was wir hier verfechten, ist nicht unsere Sache allein, es ist Sache des ganzen Hauses, eines jeden Parlamentes. Gemeinsam sollten wir uns auf die Würde besinnen, die dem Hause zukommt, wir sollten dafür sorgen, daß das Immunitätsrecht des Parlamentes durch den Staatsanwalt nicht zu Spott und Hohn werde.
Wir legen deshalb schärfste Verwahrung
gegen diesen Vorgang ein, wir lehnen es ab, auch künftig solche
Dinge ruhig zu ertragen. Jawohl, meine Herren, Sie sind stärker
als wir. Aber mit uns streitet das Recht und zur Abwehr gegen
die Gewalt werden Sie uns immer gerüstet finden. (Souhlas a potlesk
na levici.)
Hohes Haus! Wenn ich mit einem Zitat anfange, so nur deshalb, um zu kennzeichnen, wie die Frauenarbeit früher und wie sie jetzt gewertet wird. In einem ausgezeichneten Buche der Alice Salomon finden wir folgenden Ausspruch: "Ein deutscher Gelehrter hat vor Jahren seine Auffassung von der Bedeutung der Frauenarbeit für das Gemeinschaftsleben in die Worte zusammengefaßt: Wenn ich an meinem geistigen Auge die Wunderwerke der Kultur vorüberziehen lasse, so komme ich zur Erkenntnis: dies ist alles Männerwerk. Eine Frau hat dem ihre Ansicht entgegengestellt und gesagt: Uns Frauen pflegen sich Bilder und Schlußfolgerungen aufzunötigen. Wenn wir auf der Straße einen Trupp Soldaten vorüberziehen sehen, oder wenn sich die Tore einer Fabrik öffnen und Scharen von Arbeitern und Arbeiterinnen herausströmen, so drängt sich uns unwillkürlich der Gedanke auf: Jeder einzelne von ihnen einer Mutter Sohn, jede einzelne einer Mutter Tochter, unter Schmerzen geboren, mit Sorgen und Mühen aufgezogen, so teuer erkauft, und doch im sozialen Leben so wenig gewertet."
In diesen Worten liegt so viel, denn wir hören die Klage, die berechtigte Klage der Frauen, wie ihre Arbeit, insbesondere die soziale Frauenarbeit wenig gewertet wird. In den letzten Jahren haben diese allzu wahren Worte eine Milderung erfahren. Wenn wir ehrlich und aufrichtig sein sollen, können wir heute schon konstatieren, daß nach dem Kriege sich das Bild ein klein wenig zu Gunsten der Frauen geändert hat. Ganz kurz will ich einen Überblick des Aufstieges und der Aufwärtsbewegung der Frauenarbeit, insbesondere der beruflichen Frauenarbeit kennzeichnen.
Schon vor 30 Jahren unternahm man in Deutschland tastende Versuche, um die Heranbildung der Frauen zur sozialen Arbeit sicherzustellen. Im Jahre 1893 wurden die ersten Vorträge in Berlin gehalten. Allerdings will ich heute hier festgehalten haben, daß dieser Versuch, der damals von Wissenschaftlern und Pädagogen gemacht wurde, sicherlich nicht dem Niveau der Zuhörerinnen angepaßt war, denn die Vorträge wurden von einem hochwissenschaftlichen Standpunkt aus gehalten, sie konnten nicht den Frauen jenes Wissen vermitteln, das sie bei ihrer Berufsarbeit brauchten. In Amerika wurde am großen Nationalkongresse der Armenpflege ein großzügiges Referat über die Berufsschulen erstattet und zu Berufsschulen Stellung genommen. Auch diesen Weg beschritt weiter Deutschland. Man versuchte die einheitlichen Vorträge zu einem ganzen Gebilde zu machen. In Berlin wurde die erste Berufsschule im Jahre 1908 eröffnet. Allerdings war diese Schule nicht das, was wir für unsere Arbeiterinnen, für die Töchter des Proletariates, gewünscht hätten und wünschen müssen. Reiche Mädchen genossen nur theoretisch den Anschauungsunterricht der Hauswirtschaft, um einmal, wenn sie Gelegenheit bekommen, ihre eigene Wi rtschaft zu führen, über die Hausgehilfinnen herrschen und befehlen zu können. Wenn noch vor zehn Jahren ein sozialwirtschaftlicher Vortrag als eine kühne Neuerung erschien und für die höheren Schichten bestimmt war, so müssen wir heute mit Befriedigung konstatieren, daß große Reformen zu Gunsten aller Frauen geschaffen wurden. Die einzelnen Kurse sind zu einer ganzen Einheit geworden. Die Forderung nach Errichtung dieser Schulen kam nicht von Wissenschaftlern und Pädagogen, sondern aus dem natürlichen Bedürfnis heraus. Die Frauen sind die Träger sozialer Ideen und man muß ihnen die Möglichkeit geben, ihre natürliche Begabung zu verwerten, ja noch mehr, sie der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, und deshalb drängt sich von allen Seiten die Forderung nach fachlicher Berufsbildung auf.
Ein Fortschritt hat sich nach dem Kriege gezeigt. Wir sehen, daß die einseitige Einstellung der Mädchenbildung auf das Schöngeistige, wie sie vor dem Kriege bestand, ganz aufgehört hat und naturgemäß aufhören mußte. Der Krieg war vielleicht der beste Leh rmeister. Während man vor dem Krieg die ganze Frauenarbeit tief unterschätzte, hat sich's in den Kriegsjahren gezeigt, daß die Frau sogar ohne jegliche Berufsvorbildung sich überall, wohin man sie stellte, bewährt und ihren Posten voll und ganz ausgefüllt hat.
Wir sahen sie nicht nur in Wohltätigkeitsvereinen, nicht nur in sozialen Unternehmungen, wir sahen sie in jeden, auch den schwersten Beruf einrücken, das eiserne Muß zwang sie dazu, nicht nur, um das Rad der Staatsmaschine in Gang zu halten, sondern auch aus dem vielleicht wichtigeren Grunde, um sich selbst und ihre Familien zu erhalten. Und nun möchte ich hier nicht gern etwa eine Verquickung mit meinen ersten Worten heraufbeschwören. Man könnte uns sehr richtig auf diese Ausführungen entgegenhalten und sagen: Wozu eine Berufsvorbildung, wenn die Frau ein Talent besitzt, sich ohne jede Vorbildung in jede Lebenslage zu schicken, jeden Beruf auszuüben, den Platz, auf den sie gestellt wird, vollständig auszufüllen? Das ist nicht der Zweck und auch nicht der Wille unserer Frauen selbst. Wir wollen, daß sie überall, wo sie hingestellt werde, ihren Platz wirklich sachlich voll und ganz ausfüllen, bezwecken damit aber auch eine ganz andere Angelegenheit, Bis jetzt unterschätzt man mit Vorliebe es geschieht meistens von seiten der Intellektuellen - die manuelle Arbeit. Wir aber glauben daran festhalten zu müssen, daß dann die manuelle Arbeit, wenn sie ebenfalls eine fachliche Vorschulung haben wird, nicht mehr unterschätzt werden wird, die Unterschätzung von selbst aufhören wird. Es wird aber noch mehr bezwecken, man wird dem Mißtrauen, Widerstand und Unverstand einen Riegel vorschieben. Ich möchte nicht, daß meine Worte mißverstanden werden. Ich bin sicherlich Freundin jedweden Berufes und wünsche, daß jeder seinen Platz voll und gewissenhaft ausfüllt, aber mit dem Vorurteil gegen Frauenarbeit, das bei den meisten Männern herrscht, muß gebrochen werden. Sie glauben, uns geistige und nicht selten manuelle Fähigkeiten absprechen zu müssen, weil wir eben nur Frauen sind, und dem wollen wir durch Errichtung und Verstaatlichung der Berufsschulen Abbruch tun.
Wir haben aber noch ein viel größeres, ein höheres Interesse. Ich möchte nicht in Wiederholung verfallen, was meine drei Vorrednerinnen treffend geschildert haben, indem sie auf das Beispiel Amerikas, Englands und anderer Länder hinwiesen und aufzeigten, wie wichtig es ist, wenn die Frau als Mutter und Hausfrau geschult ins Leben tritt, wie wichtig und notwendig diese berufliche Vorbildung auch vom finanziellen Standpunkt aus zu werten sei. Wir haben während des Krieges gesehen, daß sich große Wohltätigkeitsvereine gebildet haben, daß Staat und Kommunen gezwungen waren, sich großen sozialenArbeiten zu unterziehen. Gerade hier aber setzte man Personen an Stellen, die von einer sozialen Arbeit überhaupt keine Idee hatten. Teils aus Protektion, teils aus Mitleid hat man Frauen, oder auch Männern, Leiterstellen übertragen, die dieser Aufgabe oft nicht gerecht werden konnten, weil ihnen jegliche Vorschulung hiezu gefehlt hat. Wir wollen geschulte Kräfte heranziehen, damit den staatlichen und kommunalen Fürsorgeanstalten eine große Arbeit abgenommen werde und damit das soziale Werk, durch gute Kräfte geleitet, gedeihe. Wir wünschen und hoffen, daß durch den Besuch dieser Berufsschulen wir gute Mütter, gute Wirtschafterinnen, Erzieherinnen und Pflegerinnen, gute Beamtinnen für jeden Beruf, für jede Anstalt, für jedes soziale Amt bekommen werden. Und hoffen und wünschen, daß endlich einmal verschwinden möge das unangebrachte Sprichwort, das man mit Vorliebe Frauen gegenüber anwendet: Wehe dem Menschen, der in des Menschen Hand gegeben.
Nun zu dem Antrag selbst. Wir hätten gewünscht und es begrüßt, wenn die Antragstellerinnen es so weit gebracht hätten, daß ihr erster Antrag zur Beratung gekommen wäre. Der zweite Antrag, der, wie uns mitgeteilt wurde, ein Kompromißantrag ist, beinhaltet sehr viel Verschlechterungen, zu denen wir Stellung nehmen müssen. Während wir im § 2 des ersten Antrages gelesen haben, der Staat habe die Pflicht, den Personal- und Sachaufwand zu zahlen, bestimmt der zweite, der Kompromißantrag, daß nur der Personalaufwand vom Staate zu tragen sei, während der Sachaufwand vom Erhalter der Schule zu tragen sei. Was das zu bedeuten hat, wissen alle jene, die in ihren Städten bereits eine Familienschule errichtet haben, wissen jene, die einen anderen Schulaufwand zu zahlen haben. Es ist eine fast unmögliche Sache, daß die ohnedies zerrütteten Gemeindefinanzen noch diese Ausgaben bestreiten können.
In demselben Paragraphen, Absatz 2, ist auch noch eine andere Verschlechterung, über die wir ohne Kritik nicht hinweggehen können. Wir sehen, daß das Unterrichtsministerium sich hier das Recht auf Bestellung der Kuratorien und die Bemessung ihrer Rechte sichert. Das ist eine viel zu weit gehende Machtvollkommenheit, die hier dem Unterrichtsministerium zugebilligt wird. Wir haben überhaupt keine Gewähr und wissen nicht, da keine näheren Bestimmungen vorhanden sind, wie sich das Ministerium die Zusammensetzung der Kuratorien vorstellt und wir werden natürlich, bis die Durchführungsverordnung zur Beratung stehen wird, Abänderungs- und Verbesserungsanträge stellen.
Nicht unbesprochen kann bleiben § 3. Dieser Paragraph schädigt die Schülerinnen, insbesondere wenn er von der Regierung oder vom Kuratorium in falschem Sinne ausgelegt wird. Während im ersten Antrag deutlich ausgesprochen war, daß diese Schulen, u. zw. Type 2, gewerbliche Fachschulen sind, daß die Besucherinnen die volle Ausbildung als Schneiderinnen, Modistinnen, Blumenmädchen und für andere weibliche Gewerbe erhalten, sehen wir, daß diese sogenannten Mittelschulen, die als solche gedacht waren, die ein wirkliches Fortkommen der Mädchen sichern, aus dem Antrag ganz verschwunden sind.
Wir sehen also, daß dieser Gesetzenentwurf eine Verschlechterung gegenüber dem ersten bedeutet, und wir werden nicht ruhen, durch selbständige Anträge das Gesetz zu verbessern. Leider wissen wir schon heute, daß es uns mit unseren Anträgen nicht anders gehen wird, wie mit dem einzigen Abänderungsantrag, den wir heute eingebracht haben, und von dem wir angenommen haben, daß er als eine Selbstverständlichkeit betrachtet werden wird. Es bestehen in der Èechoslovakischen Republik nicht weniger als 27 deutsche Familienschulen, für die eine deutsche Inspektorin beigestellt werden sollte. Dieser Antrag wird, wie mir von der Referentin mitgeteilt wurde, nicht ganz abgewiesen, sondern, um uns ein Entgegenkommen zu zeigen, dem Kulturausschuß zur BeraB tung zugewiesen. Dies bedeutet aber nichts anderes, als ein Begräbnis zweiter Klasse.
Trotz dieser Verschlechterungen
werden wir für den Gesetzantrag stimmen, weil er einen wesentlichen
Fortschritt und eine wesentliche Erleichterung für die Heranbildung
zu Frauenberufen bildet. Eines möchte ich aber am Schlusse meiner
Ausführungen doch noch betont wissen: Ich wünsche und ersuche
von dieser Stelle aus, daß man in Zukunft die Anträge, die von
Frauen gestellt werden - diesmal handelt es sich um die Anträge
der èechischen Kolleginnen, ein anderes Mal um die Anträge der
deutschen Kolleginnen - anders verfährt. (Souhlas na levici.)
Wir wünschen, daß derartige sozial wichtige Anträge nicht
zwei Jahre lang in den Schubläden der Abgeordneten liegen bleiben,
wenn sie auch nur von Frauen gestellt wurden, sondern daß sie
rechtzeitig zur Beratung und Beschlußfassung dem Hause vorgelegt
werden. (Potlesk na levici.)
Hohes Haus! Wenn die Herren Berichterstatter die Regierungsvorlage, die uns nun beschäftigt, als eine wichtige wirtschaftliche Angelegenheit bezeichnet haben, so gebe ich Ihnen recht. Aber ich muß doch gegen die formelle Behandlung und gegen den sachlichen Inhalt dieses Gesetzes den schärfsten Protest erheben. In rein sachlicher Hinsicht möchte ich bemerken, daß diese Vorlage durchaus nicht den Interessen der Allgemeinheit und des Staates entspricht; ich werde dafür auch den Beweis antreten; in formeller Beziehung möchte ich darauf hinweisen, daß die Vorlage eigentlich schon am 1. Jänner hatte in Kraft treten sollen und daß die wichtigsten Verträge mit den Staaten, von denen wir Schiffe übernommen haben, schon vor Monaten abgeschlossen worden sind, daß also viel Zeit verloren gegangen ist, bevor wir dazu kamen, die Vorlage endlich zu behandeln. Gestatten Siee, daß ich kurz eingehe auf das, was eigentlich der Hauptinhalt der Regierungsvorlage ist. Laut den Verträgen von St. Germain, Versailles und Trianon ist der èechoslovakische Staat auch Schiffseigentümer geworden. Wir halten auf der Elbe 48 Dampfer mit 18.260 Tonnen, weiters 254 Fahrzeuge mit 138.293 Tonnen Inhalt. Wir übernahmen weiter in Magdeburg 250 Meter Landungsplatz mit den dazugehörigen Schuppen, wir übernahmen von den einzelnen Gesellschaften wie z. B. von der Nordböhmischen Dampfschiffahrtsgesellschaft die Gebäude in Tetschen, Holleschowitz usw.; auf der Donau übernahmen wir nach der Vorlage 10 Dampfer mit 63.907 Tonnen und 116 Schleppkähne mit 70.660 Tonnen. Nun fällt mir folgendes auf. In der heutigen "Prager Presse" ist ein Bericht, wonach der Sektionschef Šiøík des Donauverkehrsamtes in Bratislava ganz andere Zahlen bezüglich der Donauflottille angibt, woraus sich ergibt, daß hier ein Widerspruch in den Zahlen enthalten ist. Er bringt eine weit höhere Tonnage heraus. Nun, weiß vielleicht die linke Hand in Bratislava nicht, was die rechte in Prag tut? Oder stimmt die ganze Vorlage nicht?
Auf jeden Fall befindet sich die Tonnage, die Flottille auf der Elbe und auf der Donau nach der Vorlage in staatlichen Händen. Es sind auf Grund der in der Vorlage angestellten Berechnung insgesamt 58 Dampfer mit 25.310 Tonnen und 375 Kähne mit 208.000 Tonnen Inhalt. Mit dieser Tonnage wäre der geeignete Bedarf des Staates an Frachtmitteln auf beiden Hauptflüssen der Republik gesichert. Es ist nachgewiesen, daß z. B. auf der Donau in Bratislava jährlich 28.000 bis 29.000 Waggons umgeschlagen werden könnten. Diese stattliche Anzahl von Dampfern und Kähnen, die also von Ungarn, Österreich und vor allem aus Deutschland stammen, werden diesen Staaten auf den Reparationsfond gutgeschrieben. In Bezug auf Deutschland beträgt die Summe 8 350 000 Mk., in Bezug auf Ungarn und Österreich 7,350.000 schw. Frcs. Der Staat selbst bezahlt nach der Vorlage dafür 8,300.000 Goldmark und 1,145.345 Frcs. Umgerechnet sind das ca. 300 Millionen Kronen. Von unserem Standpunkte aus begrüßen wir es lebhaft, daß ein so wichtiger Zweig der Volkswirtschaft, wie es der Flußverkehr ist, in die Hände des Staates kommmmen kann. Es ist jedenfalls etwas ganz anderes, als wenn er dem Privatkapital überlassen würde. Aber was sehen wir in diesem Falle? Wir hatten von vornherein ein Mißtrauen, ob die Sache glücklich von statten gehen würde, ob der Staat wirklich den Nutzen daraus ziehen wird, wie es zu wünschen wäre. Ich möchte sagen, daß die ganze Angelegenheit von vornherein falsch angepackt worden ist. Wir haben gesehen, daß jene Kreise, die von der Schiffahrt wirklich etwas verstehen, bei der Errichtung der Schiffsämter in Prag und anderswo nicht beigezogen worden sind. Es ist eine Tatsache und die wird auch längere Zeit bestehen, daß es von vornherein deutsche Kreise sind, die sich mit der Schiffahrt beschäftigt haben. Diese hat man aber übergangen und hat als Beamte lauter èechische Nichtfachleute angestellt. Ob man von diesen erwarten kann, daß sie alles fachgemäß vollführen werden, wie es notwendig wäre, ist eine Frage. Ich will nicht untersuchen, in welchem Zustand das Material übernommen wurde, dafür tragen die Herren selbst die Verantwortung. Aber ich weiß, daß heute in diesen Schiffsämtern Leute maßgebend sind, die vorher vom Schiffsbau keine Ahnung hatten. Das Allerärgste ist aber Folgendes: Wie wird der Betrieb geführt? Die Schiffe sind Eig ntum des Staates und der Staat selbst betreibt die Schiffahrt nicht in eigener Regie, sondern er gründet mit Hilfe èechischer Banken zwei Gesellschaften. Hier sind vor allem rein èechische und zwar die größten Banken, die in Betracht kommen: die Kreditbank, die Industrialbank, die Živno, die Slovenská und die Agrarbank. Es wird ein Kapital von insgesamt 250 Millionen Kronen in Aussicht genommen. Auf jede Gesellschaft entfallen also 125 Millionen Aktienkapital. Das wäre vielleicht noch angängig. Man könnte sich vorstellen, daß der Staat einen gemein wirtschaftlichen Betrieb einrichtet, in welchen er den größten Einfluß und den größten Nutzen hat. Davon ist aber in der Praxis absolut keine Rede. Es werden zweierlei Aktien geschaffen und zwar zu 60 % Stammaktien, die der Staat vollständig übernimmt, und zu 40 % Prioritätsaktien, von denen der Staat bloß 12 % übernimmt. Er hat also 72 % aller Aktien in der Tasche. Er gibt außerdem noch 50 Millionen Kronen als Betriebskapital; es heißt in der Vorlage ausdrücklich: "Um die beiden zu gründenden Schiffahrtsgesellschaften finanziell nicht zu sehr zu belasten.
Nun ist aber merkwürdig, daß bei dieser Vorlage die Bärenhaut schon verteilt ist, ehe man sie hat: man gewährt großmütig Dividenden, die bei jedem Kenner der Schiffahrtsverhältnisse ein Lächeln auslösen müssen. Es ist charakteristisch, wie man die Banken protegiert, ihnen den Nutzen direkt zuschiebt. Der Staat hat doch rund einen Anteil von 180 Millionen, bringt alle Fahrzeuge und Schiffe ein, die Banken geben 70 Millionen Kronen, aber das Verhältnis des Einflusses ist gerade umgekehrt und die Aufteilung des zu erhoffenden Gewinnes ganz anders, als daß man sie rechtmäßig bezeichnen könnte. Es ist sicherlich ganz unerhört, daß man für die Prioritätsaktien, die also zu 88 % in den Händen der Banken sind, von vornherein 7 % Dividende garantiert; selbst für den Fall, daß die Gesellschaften 3 Jahre keinen Nutzen abwerfen werden, werden dann nachträglich noch diese 7 % garantiert, ja selbst von dem eventuell verbleibenden Restbetrage werden ihnen noch 5 % zugesprochen. Also den Banken ist ein Gewinn garantiert, der Staat bekommt bloß 5 %, die als Betriebskapital vorgestreckten 50 Millionen werden mit 2 % verzinst. Sie sehen also, daß der Staat unter allen Umständen sehr schlecht fährt; es ist so eingerichtet, daß nicht einmal die Generalversammlung die Reihenfolge dieser Gewinnverteilung, den Verteilungsplan, ändern darf. Das skandalöseste ist wohl die Art, wie die Verwaltung gedacht ist. Es werden 15 Personen als Verwaltung eingesetzt, 10 davon stellen die Banken, und nur 5 Personen ernennt der Staat. Das Übergewicht der Banken ist unter allen Umständen garantiert; auch der Vorsitzende ist ein Vertreter des Bankkapitals und nur der Stellvertreter des Vorsitzenden ist von der Regierung ernannt. Die Konzession wird auf 50 Jahre erteilt, also eine sehr lange Zeit. Wie innerhalb dieser Zeit die Gesellschaften arbeiten werden und wie der Staat dabei fahren wird, ist mir heute vollständig klar. Der Endeffekt ist also in der Praxis, daß Staatsvermögen, ein ganz erhebliches, volkswirtschaftlich sehr bedeutendes Staatsvermögen, an Privatkapitalisten zur Ausbeutung übergeben wird. Der Staat trägt das Risiko, den Nutzen stecken vor allem die Banken ein. Wer die Verhältnisse insbesondere auf der Elbe ein wenig kennt, weiß, daß der Verdienst mit der Schiffahrt nicht allzu groß ist. Verschiedene deutsche Gesellschaften und auch heimische Gesellschaften haben während vieler Jahre mit Defizit gearbeitet. Es ist also sehr schwer, hier einen Gewinn zu erzielen. Man trachtet wahrscheinlich, eine solche Tarifpolitik zu machen, daß die Gesellschaften unter allen Umständen verdienen müssen. Ich möchte darauf hinweisen, daß die Art und Weise, wie das gemacht wird, wie man das den Banken zur Ausbeutung überläßt, unseren Beifall selbstredend nicht findet; es ist eine Konzession an das Bankenkapital, die ganz außergewöhnlich genannt werden muß. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß sich auch die Notwendigkeit ergeben wird, wenn die Schiffe beschäftigt sein wollen - das ist natürlich das Ziel der Gesellschaften und des Staates - daß eine gute Handelspolitik getrieben wird und daß Sie vor allem darauf Rücksicht nehmen müssen, daß mit Deutschland gute Geschäfte gemacht werden. Sie werden also in der Praxis darauf hingewiesen werden, mit ihrem angeblichen Feinde möglichst gute politische Beziehungen anzustreben.
Noch etwas sagen möchte ich bezüglich des Kapitels "Personal". Es ist ganz merkwürdig, wie man auch dieses Kapitel behandelt hat; es ist ja klar, wenn irgendeine Fi rma übernommen wird, daß auch dann die Beschäftigten übernommen werden sollen. Aber Sie haben sich das bekanntlich ganz anders vorgestellt. Man mußte doch wissen, daß zum Beispiel im Elbetal mindestens 1000 Personen bei der Schiffahrt beschäftigt sind, alte qualifizierte Leute mit Schifferpatent, und daß man also naturgemäß von vornherein auf sie hätte zurückgreifen sollen. In Donautal ist die Zahl, die in Betracht kommt, jedenfalls nicht viel geringer. Aber man hat das ganz anders gemacht. Man hat in Zeitungen, auch in èechischen Zeitungen, die Posten förmlich ausgeschrieben, die Leute aufgefordert, sich zu melden, wenn sie bei der Schiffahrt Beschäftigung finden wollen. Natürlich haben die Leute, die arbeitslos waren, keine Ahnung von der Schwierigkeit und von den Vorbedingungen, die notwendig sind, um gute Schiffer zu sein. Sie haben sich massenhaft gemeldet, und alle diese Anmeldungen waren für die Katz. Erst als wir im Ministerium für öffentliche Arbeiten intervenierten, haben wir erreicht, daß mit der Organisation der Arbeiter, mit dem Handels- und Transportarbeiterverband, in Verhandlung getreten wurde. Aber immerhin hat sich trotzdem noch gezeigt, daß einzelne Nebenämter draußen in den Häfen stets noch Arbeiter gesucht haben. Es ist sehr kennzeichnend, daß man hier bei der Aufnahme der Arbeiter ein besonderes Augenmerk auf die Kenntnis der Staatssprache legt. Ich weiß nicht, ob das bei der Schifffahrt so ganz besonders notwendig ist, weil doch der Verkehr im deutschen Gebiet sich vollzieht, und es ist dort in einer Liste bei den Leuten sogar ein Drittel Kenntnis der Staatssprache angegeben; auf das legt man ungeheuren Wert, und daraus kann man schließen, daß Sie die Absicht haben, die Schiffsgesellschaften, also rein deutsche, sukzessive durch rein èechische zu verdrängen, wie überhaupt die ganze Vorlage darauf hinausgeht, den wichtigen Zweig der Elbeschiffahrt in Ihre Hände zu bringen, sie zu nationalisieren, zu èechisieren. Durch die lange Dauer der Verhandlungen und die lange Zeit, bevor das Gesetz zum Beschluß erhoben wird, haben Sie viele Arbeiter in Bedrängnis gebracht. Im Sommer gab es eine Krise auf der Elbe wegen Wassermangel, und monatelang ist kein Schiffsverkehr möglich gewesen, jetzt im Winter ist Eisgang gewesen oder ist die Elbe zugefroren gewesen und monatelang hindurch sind die Leute zwischen Himmel und Erde geschwebt, sie haben nicht gewußt, wo aus und ein, sie waren arbeitslos, und wer sich zur Unterstützung gemeldet hat, ist als Saisonarbeiter behandelt worden, bekommt keine Arbeitslosenunterstützung. Während sonst in gewöhnlichen Zeiten die Heizer, die Maschinisten und Kapitäne von den Gesellschaften, bei denen sie beschäftigt waren, nicht entlassen wurden, sind sie diesmal bei den Gesellschaften, wo die Übernahme erfolgte, einfach entlassen worden und durch die Schuld der Regierung und durch die Verzögerung des Gesetzes sind also die Leute in arge Verlegenheit geraten. Ich möchte darauf hinweisen, daß auch Verhandlungen mit reichsdeutschen Schiffern notwendig gewesen sind. Draußen im Deutschen Reich werden die Schiffe selbstverständlich von reichsdeutschen Mannschaften bedient werden, denn hier kommen èechische überhaupt nicht in Betracht. Man war also gezwungen, auch mit den reichsdeutschen organisierten Schiffsmannschaften zu verhandeln, und diese haben durchgesetzt, daß ihre sozialpolitischen Rechte, die weitergehend sind als unsere Rechte in diesem Staat, gewährt werden. Sie haben dort die Alters- und Invaliditätsversicherung, und nach längerem Sträuben hat sich die Regierung dazu bequemt, provisorisch, die Verpflichtung für diese sozialen Rechte aufzukommen zu übernehmen, das heißt, ihnen die Kosten der Versicherung in Deutschland zu decken. Es ist ein ähnlicher Vorgang, wie er auf dem Rhein beobachtet wird seitens der Franzosen, wo auch die französische Regierung gezwungen ist, für die weitergehenden sozialen Rechte der Schiffer einzutreten. Wir möchten sehr wünschen, daß die Regierung sich in Zukunft mehr in demokratischer Weise mit den Organisationen der Schiffer ins direkte Einvernehmen setzt und ihre Rechte wahrt, was die Einstellung der Schiffmannschaften anbelangt, die Arbeitsverträge und sonstigen sozialen Rechte, die sie sich errungen haben. In einer Beziehung begrüße ich es sehr, daß der Staat nun ein direktes Interesse hat, weil er nun gezwungen ist, ein größeres Augenmerk den Dingen an der Elbe zuzuwenden, als es bisher der Fall war. Ich kann darauf hinweisen, daß ich 1920 einen Antrag eingebracht hatte bei der Budgetberatung, betreffend den Ausbau des Hafens in Laube, der der größte Umschlagsplatz für Stückgüter ist. Der Entwurf, der Plan für den Ausbau dieses sehr wichtigen Hafens ist seit 12 od 14 Jahren fertig, er ist noch unter der Regierung in Wien gemacht worden und der Ausbau hätte sehr wenig gekostet und wäre von großer Bedeutung gewesen.