Pondìlí 19. prosince 1921

Die Regierung muß sich bewußt sein, was die Vermehrung des Wohnungselendes bedeutet. Sie bedeutet das Herabsinken der Kultur. Die Wohnungsverhältnisse sind für die Sittlichkeit des Volkes von ausschlaggebender Bedeutung, denn von ihrer Lösung hängt der sittliche, soziale und kulturelle Bestand des Staates ab. Im Interesse der Bauförderung wollen wir heute, trotzdem dieses Gesetz gar so viele Mängel aufweisst, für dasselbe stimmen, in der Hoffnung, daß dieses Gesetz nicht nur am Papier bleibt, sondern das wir in Kürze hören und sehen, daß für die Wohnungsuchenden Wohnungen geschafft werden. (Souhlas na levici.)

9. Øeè posl. Böhra (viz str. 1755 protokolu):

Hohes Haus! Montage scheinen für Haussitzungen etwas angebläut zu sein. Das zeigen die Lücken der Bänke auch der Fünfergruppe. Bei dem grünen Holze der Ministerbank ist es nicht besser: 17 Plätze und beinahe 17 Lücken, obschon es sich um ein Gesetz handelt, das drei wichtige Ausschüsse zu passieren hatte. Leider geschieht dies aber, wie schon anderseits erwähnt, im Galopp. 64 Paragraphen wurden in zwei Ausschüssen in einer Stunde erledigt, am Samstag bekanntlich im sozialpolitischen Ausschuß. Es scheint da sogenannte Fabriksarbeit vorzuliegen, wo 13 auf ein Dutzend zu gehen pflegen. Und doch betrifft dieses Gesetz wichtige Interessen der Gesamtheit, den Baugrundbesitzer und den Nichtbesitzer, weiter jenen Teil der Bevölkerung, den man Hausherr heißt, und den anderen Teil, der aus Mietern besteht. Das Gesetz will die Baubewegung fördern, den stavební ruch. Aber die genannte Vorlage scheint sie nicht in den besten Geruch zu bringen. Im vorhinein ist allerdings jeder Versuch zu begrüßen, die schlafende oder gehemmte oder in manchen Belangen bisher geradezu verunmöglichste Baulust zu fördern. Aber dazu sind allerdings paragraphenreiche Gesetze wohl weniger geeignet als einfache kurze, doch inhaltvolle Bestimmungen. Das Gesetz ist mir daher zu bürokratisch erschienen. Vorerstmöchte ich mir nur die Bemerkung erlauben, daß doch der Kern aller Bauförderung und die Lösung der Frage sein muß, wie denn der Anreiz zur Baulust durch eine halbwegs gesicherte Verzinsung des Anlagewertes geweckt werden könnte. Denn jenes großes soziale Empfinden, auch ohne Aussicht auf Nutzen, wohl aber mit der gewissen Befürchtung einer Einbuße, müßte zu allererst der Staat für seine ihm nächst stehenden Bürger, nämlich für die Staatsbeamten, die Staatsangestellten bekunden, dann erst die Gemeinden, gemeinnützigen Bauvereine und Industrieunternehmungen. Vorläufig aber hat der Staat wohl Wohnungen anderer Bürger beschlagnahmt, nicht aber, oder höchstens nur selten, Wohnungen selbst geschaffen, somit die Wohnungsnot zumindest verschärft statt verringert. Auf die im V. Hauptstück des Gesetzentwurfes eingesetztenl50 Millionen für den Bau von Häusern wird die Baukommission kaum große Hoffnungen setzen, denn diese Summe soll aus der Baulosanleihe sich ergeben, für die aber trotz ihrer schon lange währenden Ausschreibung wenig gezeichnet wurde. Denn auch für diese sonst ganz rationell erscheinende Anleihe zeigt sich keine Begeisterung, offenbar aus dem Grunde, weil alles finanzielle Zutrauen zu dem Staate solange erschüttert und unzulänglich erscheint, als nicht die auf pupillarsicheren Staatsschuldverschreibungen begründete Kriegsanleihe voll und ganz anerkannt und eingelöst wird. Derzeit hat der staatliche Wohnungsbau an Stelle der abschreckenden staatlichen Beschlagnahme noch so wenig eingesetzt, daß vielmehr in Hausbesitzerkreisen die Klage laut wird, es dehne sich die weitere Beschlagnahme nicht nur für Schulen aus, sondern auch zur Beschaffung von Beamten- und Offizierswohnungen. In Trautenau z. B. handelte es sich auch um die Beschaffung einer Amtswohnung, selbstverständlich für den èechischen Schullehrer. Hier drängt sich überhaupt der Gedanke auf, daß zu den Hauptgründen der Bauunlust auch die Unsicherheit für die Besitzenden, die Unsicherheit für Investitionen und Meliorationen zählt. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Tomášek.)

Nun möchte ich ganz kurz einige Ergänzungen zu einschlägigen wirtschaftlichen Fragen vorbringen, wie sie teils schon von Vorrednern erörtert wurden, teils aus dem Komplex der Baufragen sich ergeben. Es ist jetzt draußen in vielen Versammlungen der Hausbesitzer und Mieterschutzvereine die Rede von Änderungen des Mietergesetzes. Vorhin wurde eben beschlossen, die Umziehordnung von Gemeinde zu Gemeinde in der bisherigen Form auf ein weiteres Jahr zu verlängern. Was dagegen den allgemeinen Mieterschutz und die Mietzinsbestimmungen anlangt, so liegt diese wichtige Angelegenheit noch etwas im Ungewissen. Erst vor wenigen Minuten, bevor ich hier an das Rednerpult gerufen wurde, wurde hier eine Vorlage ausgeteilt, ein Regierungsantrag, ein Gesetz über den Mieterschutz. Es ist nicht möglich, in den ganz wenigen Minuten, die zur Verfügung standen, die 25 Paragraphe, die mir nur im èechischen Text vorliegenden Gesetzesvorlage auch nur zu überfliegen. Ich habe nur, glaube ich, gesehen und gehört, daß es sich in einem Paragraphen um eine 120 %ige Mietzinserhöhung handle. Ich kann das vorläufig nicht genau behaupten. Diese Vorlage hängt aber mit dem in Rede stehenden Baugesetz und dem Bauwesen überhaupt eng zusammen. Es liegt klar auf der Hand, daß die Mietzinse des Jahres 1913 der heutigen Zeit nicht entsprechen, weil der Kaufwert unseres Geldes um ein Vielfaches gesunken, die Erfordernisse aber auch des Vermieters oder Bauherrn und die Instandhaltungskosten in einem ebensolchen oder noch viel höherem Grade gestiegen sind. Darüber sind beide Interessentengruppen einig. Was sie jedoch scheidet, das ist manchenorts die Annahme über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit, diese Differenz ausfüllen zu können, die Vorschläge aus den Reihen der Regierungsparteien wie auch der Hausherrn und Mieter gingen in letzter Zeit vorläufig noch weit auseinander. Wie weit außerhalb der Regierung die Vorlage, die ich eben erwähnte, in diesem Belange in Betracht kommt, kann ich eben, weil mir die Zeit zum Durchstudieren fehlte, hier nicht angeben. Ein Vorschlag ging bekanntlich dahin, den Hauszins so zu gestalten, daß er einer 4 %igen Verzinsung des jetzigen Hauswertes entspräche. Dagegen erhebt sich einerseits die Einwendung, daß auch vor dem Kriege die Häuserverzinsung in der Regel nur 2 % betrug, andererseits daß ihren etwa erhöhten Einnahmen solche Steueranwüchse und Unkosten gegenüberstehen, daß diese Erhöhung als ein sehr fragwürdiger Zufluß erscheint. Man muß zu dem, sagt man, die Hausbesitzer in solche scheiden, die schuldenfrei sind und in solche, die eigentlich nur als Hausverwalter, nur als Zinsaufbringer für die Hypothekargläubiger anzusehen sind. Auch das hat seine Begründung. In den fachlichen Diskussionen neigt man der nnahme zu, daß eine 200 %ige Erhöhung der Mietzinse, die doch vielen Mietern unerträglich wäre, bei weiten keine vierprozentige Hauswertverzinsung mit sich brächte. Das Gleiche würde bei der Beziehung von Neubauten gelten. Man braucht sich nur die Baurechnungen für Ein- oder Zweifamilienhäuser oder Miethäuser mit noch mehr Wohnungen zu besehen. Für die Zinsleistungsfähigkeit der Mieter kommt auch der ernstliche Umstand in Betracht, daß ihr seit dem Jahre 1914 ja gewiß auch erhöhtes Einkommen bisher auch nur knapp ein Auskommen bedeutet, oft sogar noch sehr unzulänglich ist, die entsprechenden Hauszinserhöhungen aber in die Haushaltung nicht einkalkuliert sind. Freilich wird da entgegengehalten, daß sich ja die gesamte Bevölkerung auch mit den rapiden Steigerungen der manigfachsten Gebrauchs- und Verbrauchsartikel abfinden mußte. Das hat nun viel für sich. Wenn aber Einkommen und Ausgaben sich schon jetzt mit Not das Gleichgewicht halten, so wird jede neue Ausgabenpost Preisteigerungen des gewerblichen Mieters und Lohn- oder Gehaltsforderungen der auf die jetzigen festen Bezüge angewiesenen Inwohner nach sich ziehen. In Sachsen wies man den staatlichen Angestellten gleich eine bedeutende Erhöhung der Quartiergeldzulagen zu. Hier aber erlebten wir es in den ersten Morgenstunden des verflossenen Samstag, daß gegen die Stimmen der deutschen Parteien von den Regierungsparteien eine bedenkliche Kürzung der Einkünfte der Staatsangestellten und der Lehrerschaft als das Gegenteil einer angenehmen Weihnachts- und Neujahrsüberraschung beschlossen wurde. Wir sehen somit, daß einerseits die jetzigen Mietzinse einhellig als unzureichend und als Hemmnis der Baulust erklärt werden, andererseits aber ein jäher, gänzlicher Abbau und die völlige Auflösung des Mieterschutzes, sowohl was das Wohnungsrecht, wie auch die Hauszinsgebundenheit anlangt, sozial unmöglich ist, ein allmählicher Abbau aber erstrebenswert ist. Den Wohnungswucher kann man schließlich doch nur durch Wohnungsanbot, also durch Schaffung von Neubauten und den Anreiz zu diesen Bauten wirksam bekämpfen. In einer fachlichen Beratung wurde übrigens mit Recht darauf hingewiesen, daß bei einer etwaigen Änderung der Wohnungsgesetze auch noch die Schutzbestimmungen einer kaiserlichen Verordnung von Jahre 1918 bestehen, wornach zwei Wohnungen nicht zusam mengezogen und Wohnräume nicht in Geschäftsräume umgewandelt werden ürfen. Wie schon bemerkt, scheint mir das vor liegende Baugesetz zu paragraphenreich zu sein, wenn ihm auch verschiedene Vorzüge eignen. Ein solcher ist zum Beispiel auch die Annahme des gemeinen Wertes der zu enteignenden Baugründe, was sich wohl tätig von den etwas oder sehr räuberischen bodenamtlichen Enteignungen unterschei det. Aber warum gleich 30 % für Zwecke der Vermögensabgabe einstellen? Wozu im §§ 12 und 14 neue Schiedsgerichte, im dritten Hauptstück Preisgerichte anrufen? Genügt die Ausgestaltung der Gewerbe ordnung und der Wuchergerichte nicht? Und wenn alle Vierteljahre Materialpreis und Lohnfragen usw. zu überprüfen sind, so wird die Geschichte eines Baues wirk lich eine lange Geschichte, wie wir es beim Baue hier neben den Rudolfinum sehen, und lockt wohl kaum einen Bauunter nehmer zu raschem Zugreifen an. Auf die einzelnen §§ noch weiter ein zugehen, ist mir der Redezeit wegen ver sagt, auch möchte ich Wiederholungen dessen meiden, was schon von Vorrednern wiederholt gesagt wurde. Jedenfalls ist es aber überflüssig, im sechsten Hauptstück noch von der finanziellen Förderung von i. J. 1921 erbauten Häusern heute, am 19. Dezember 1921, zu reden. Für die Abstimmung kommen jedenfalls die Gesichtspunkte in Betracht, daß sich annembare und abzulehnende Paragraphe in dieser Vorlage finden. Weiter kommt in Betracht, daß mit diesem Gesetz, wie schon erwähnt wurde, der Regierungsentwurf ganz gewaltig zusammenhängt, dessen Inhalt wir, weil er eben erst verteilt wurde, noch nicht genau kennen. Das Bauwesen, die Anfachung der Baulust bilden ein Ganzes im Verein mit dem Mieterschutzgesetz, mit den Wohnungsbestimmungen, mit der Bauordnung, mit der Handelskrise, mit der Kriegsanleihefrage, und so, meine verehrten Herren, sollte auch ein Baugesetz, das dieser Frage Rechnung trägt, zur Vorlage kommen und nicht Stückwerk - eine Vorlage und wieder eine Vorlage und immer nur ein Teil dieses großen wichtigen Ganzen - uns vorgelegt werden! (Souhlas a potlesk na levici.)

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