Pondìlí 19. prosince 1921

Nun will ich mich zu der neuen Vorlage wenden, die ja zumeist nur unwesentliche Abänderungen des alten Gesetzes beinhaltet. Das erste Hauptstück, das 11 Paragraphen enthält, beschäftigt sich in der Hauptsache mit der Beschaffung, mit der Erwerbung von Grund zu Bauzwecken, mit der Enteignung des Grundes usw. Nun hat das alte Gesetz, und das habe ich hier bereits am 11. März in der Debatte über die Baubewegung gesagt, in dieser Beziehung sehr arge Fehler und Mängel aufgewiesen. Diese Fehler und Mängel traten sehr bald offen zu Tage, und in der gegenwärtigen Gesetzgebung hat man sich bemüht, diese Fehler und Mängel einigermaßen zu beseitigen. Nun kann aber ein Gesetz, selbst wenn es Fehler und Mängel hat, in richtiger Anwendung unter Umständen auch ganz günstige Wirkungen erzielen. Gesetze, die ganz fehlerfrei sind, gibt es wohl sehr selten und bei einem so umfangreichen und, wie leider gesagt werden muß, ziemlich schleuderhaft gearbeiteten Gesetz, sind natürlich Fehler viel eher möglich. Es kommt nun natürlich auf die Handhabung an, und die Art, wie die Dinge hier behandelt werden, fordert zu der schärfsten Kritik heraus. Auch hier bei diesem Gesetz, wo man meinen sollte, daß ein sogenannter nationaler Unterschied nicht gemacht wird, tritt es sehr deutlich zu Tage, daß es in diesem Staate Bürger erster und zweiter Rangordnung gibt. Man sieht hier sehr klar, wie sich die Regierung und das Ministerium verhält, wenn ein Bürger erster oder zweiter Rangordnung um die Baubewilligung einkommt und wie das ganze Verfahren eingeleitet wird. Kommt ein deutscher Baubewerber oder eine deutsche Genossenschaft, muß alles bis aufs I-Tüpfelchen erfüllt werden und selbst dann, wenn dies geschehen ist, ist es noch lange nicht sicher, ob die Ansprüche auch nur in der bescheidensten Form erfüllt werden. Etwas ganz anderes ist es, wenn ein Bauwerber von der anderen, von der herrschenden, Nation dieses Staates kommt. Da setzt man sich sehr kühn auch über die gesetzlichen Bestimmungen hinweg und ich will nur an einem kleinen Beispiel darzulegen versuchen, wie dabei vorgegangen wird. In Pilsen besteht eine sogenannte gemeinnützige Baugenossenschaft, die sich des besonderen Protektorates eines Mitgliedes diesen Hohen Hauses, des Herrn Abgeordneten Lukavský, zu erfreuen hat. Diese Baugenossenschaft hat nun einmal den Drang in sich gefühlt, ihre soziale und humanitäre Tätigkeit nicht nur in Pilsen und dessen Umgebung zur Durchführung zu bringen, sie ist ein Stück weitergegangen und hat das deutsche benachbarte Gebiet des politischen Bezirkes Mies, den Gerichtsbezirk Tuschkau dazu auserwählt, um dort ihr gemeinnütziges Wirken in einer ganz eigenartigen Art zu zeigen. Es hat zwar in Tuschkau niemanden von der èechischen Bevölkerung gegeben, der dort keine Wohnung gehabt hätte oder der das Bedürfnis dazu gefühlt hätte. Aber die Baugenossenschaft in Pilsen hat mit Hilfe des Baugesetzes den sehr erfolgreichen Versuch der Èechisierung und Kolonisierung in Tuschkau unternommen und nachdem Grund und Boden nicht so ohneweiters zur Verfügung gestanden ist, ist man hergegangen und hat auf kurzem Wege mit Hilfe der politischen Bezirksbehörde in Mies, an deren Spitze der bekannte Herr Kozlanský steht, den Boden enteignet, hat aber den Boden nicht vom Großgrundbesitzer, nicht von begüterten Leuten und nicht von der toten Hand genommen, sondern man hat den Ärmsten der Armen, den Kleinhäuslern, ihr letztes Stückchen Feld, weggenommen, weil es zufällig der Bau genossenschaft und ihren Machthabern so behagt hat. Selbstverständlich hat man sich beim Bauen um örtliche Vorschriften, Lagerplan, Straßenanlagen, Kanalisation, Niveauhöhe überhaupt nicht gekümmert, sondern hat sich die Dinge nach seinem eigenen Bedürfnis zurechtgelegt, und als die Gemeinde Tuschkau, der es endlich zu bunt wurde, endlich doch den Versuch unternahm, energisch einzuschreiten, hat der Herr Abgeordnete Lukavský zu Handen des Bürgermeisters einen Drohbrief geschrieben, daß er die Gemeinvertretung auflösen lassen werde, wenn sie sich noch einmal unterstehen sollte, (Hört! Hört!) der gemeinnützigen Baugenossenschaft in Pilsen hindernd in den Weg zu treten. Ich überlasse es den Mitgliedern des Hohen Hauses (Výkøiky na levici.) darüber zu urteilen, ob eine derartige Vorgangsweise gesetzlich begründet erscheint. (Výkøiky na levici.)

Gestatten Sie, meine Verehrten, daß ich mich ein wenig mit dem zweiten Hauptstück des Baugesetzes, mit dem Lohnschiedsgerichte beschäftige. Wir haben schon bei der Schaffung und der Beschlußfassung der ersten Gesetzesvorlage hier von dieser Stelle gegen die Lohnschiedsgerichte Einspruch erhoben. Wir haben schwere Bedenken gehabt gegen die Art, wie die Schiedsgerichte auf Grund dieses Gesetzes etabliert worden sind, und die Vorfälle, die sich während der letzten Monate in dieser Beziehung abgespielt haben, haben unseren Befürchtungen vollständig Recht gegeben und haben uns dazu veranlaßt, daß wir ganz besonders im Interesse der Bauarbeiterschaft im zweiten Abschnitte des Baugesetzes einzelne Abänderungsanträge gestellt haben. Im alten Gesetz und auch im neuen heißt es im § 13, daß alle Streitigkeiten, die aus dem Lohn- und Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer entstehen, ausschließlich und unter allen Umständen dem Schiedsgericht unterbreitet werden müssen und auf der anderen Seite hat man vergessen, dem Schiedsgerichte die sogenannte Strafvollmacht, die Sanktionen, zu erteilen und so ist nun der Zwang vorhanden gewesen, daß man alle Streitigkeiten diesem Schiedsgerichte unterbreiten muß.

Wir haben den Antrag gestellt, daß neben dem Schiedsgerichte auch Gewerbe gerichte und die ordentlichen Gerichte, also die Bezirksgerichte von den in Betracht kommenden beteiligten Arbeitergebern und Arbeiternehmern nach freier Wahl angerufen werden können. Entgegen der sonstigen Gepflogenheit des Hauses hat dieser Antrag der Minorität im sozial-politischen Au huß Gnade gefunden, und das Haus wird heute in die Lage kommen, bei der Abstimmung auch über den An trag zu entscheiden, der hier nicht nur von der Mehrheit, sondern auch von der Min derheit des Hauses gestellt worden ist. Der § 14, der sich mit der Zusammen setzung der Schiedsgerichte beschäftigt, hat uns gleichfalls Anlaß gegeben, einen Abänderungsantrag einzubringen, der allerdings nicht angenommen wurde. Es heißt im § 14 in dem alten wie auch im neuen Gesetze, daß bei Austragung von Streitigkeiten bei der Zus ammensetzung der Gerichte Rücksicht zu nehmen sei auf die beteiligten Organisationen. Wir ver stehen unter Rücksichtnahme auf die be teiligten Organisationen, daß natürlich jene Organisation, die ihren Streitfall zur Entscheidung zu bringen gedenkt, aus ihren Reihen den Schiedsrichter stellt. In Prag war man aber anderer Auffassung. Man hat die Schiedsgerichte sehr einseitig zusammengestellt und hat natürlich so wohl aus den Reihen èechischer Bauarbeit geber wie aus den rein èechischen Bauar beiterverbändern die Schiedsrichter er nannt und hat auch dann, als andere Organisationen Klagen anhängig gemacht haben, an eine Änderung in der Zusammensetzung der Scchiedsgerichte nicht gedacht, und so istesgekommen, daß einem Schi ds gerichte Entscheidungen über Lohnstrei tiggkeiten vorgelegt worden sind, dessen Mitglieder zu 2/3 und mehr, nicht einmal verstehen konnten, was beide Streitteitle bewegt. Die Entscheidung ist natürlich nicht so ausgefallen, als sie rechtlich hätte ausfallen müssen. Um diesen Zustand zu beseitigen, ist es notwendig, daß die Schiedsgerichte so zusammengesetzt sind, daß sie den tatsächlichen Bedürfnissen auch in sprachlicher Beziehung Rechnung tragen. Es hat nun zwar bei der Aus schußberatung der Herr Sektionschef Kubišta erklärt, daß in der Durchführungsverordnung künftig auf diese Dinge Rücksicht genommen wird, daß also bei Streitfällen in Zukunft die Organisationen, die der Streitfall angeht, zu Schiedsgerichtsbeisitzern zu ernennen sind. Es bleibt natürlich abzuwarten, ob das tatsächlich geschehen wird, wir würden viel beruhigter sein, wenn im Gesetze eine darauf bezughabende Bestimmung enthalten wäre.

Auch zu § 16 haben wir uns gestattet, einige Abänderungsanträge zu stellen, und zwar verlangen wir, daß Absatz 2 des § 16 gestrichen werde. Der § 16 beschäftigt sich in der Hauptsache mit den Richtlinien, wie die Schiedsgerichte zu entscheiden haben. Da ist nun im Absatz 2 eine Bestimmung, die sich bei Entscheidungen in der Lohnfrage auf die sogenannte Arbeitsleistung in der Friedenszeit, auf das Jahr 1914 bezieht.

Wir halten einen solchen Hinweis nicht nur für unrichtig und unangebracht, sondern sogar für das Interesse der Arbeiterschaft außerordentlich gefährlich. Es ist wohl nicht angängig, die Arbeitsleistung des Jahres 1914 in ein gleiches Verhältnis zum Lohnwert, wie zur damaligen Zeit, zu stellen. Wir verweisen darauf, daß wenn Lohn und Arbeitsleistung im Jahre 1914 in eine gleichwertige Linie gebracht werden, das heute nicht mehr zutrifft. Der Arbeitslohn bleibt hinter den Bedürfnissen und den tatsächlichen Preisen um ein reichliches Drittel gegenüber dem Jahre 1914 zurück und es ist eine Ungerechtigkeit, wenn man verlangt, daß man für einen Lohn, der nur in seinem Wertbegriff zwei Dritteln des Lohnes vom Jahre 1914 gleicht, jetzt in der Arbeitsleístung gleichwertig setzt. Wir verlangen daher die Streichung dieses Paragraphen, aber auch aus anderen Gründen. Die Durchführung dieser Bestimmung ist praktisch nicht möglich, da die Bauarbeit keine individuelle, sondern eine kollektive Arbeitsleistung ist und anderseits kann die willkürliche Auslegung dieser Bestimmung nur zu den schwersten Schäden für die Arbeiterschaft führen. Wir haben weiter den Antrag eingebracht, daß eine Revision der Schiedssprüche innerhalb einer bestimmten Zeit stattfinden kann. Das bisherige Gesetz sieht vor, daß ein Schiedsspruch innerhalb eines Jahres nicht geändert werden darf. Dies halten wir ebenfalls für eine Ungerechtigkeit. Ich will das an folgendem Beispiel erhärten: Die Lohnentscheidung im nordböhmischen Baugewerbe ist durch Schiedsspruch im heurigen Spätsommer erfolgt, in einem Zeitpunkt, wo die Preise sich, vom Jänner angefangen, bis zu einem ziemlichen Tiefstand abgebaut haben, aber von diesem Zeitpunkt an haben wir ein wesesntliches Ansteigen der Preise, und heute kann man wohl sagen, daß die Preise der Lebensmittel und Waren genau so hoch sind, wie das im Monate Jänner der Fall gewesen ist, während die Löhne unter Hinweis auf die Preise des Sommers dieses Jahres festgesetzt worden sind. Wir können heute durchaus nicht die Behauptung aufstellen, daß die Warenpreise schon eine solche Stabilität haben, daß sie sich innerhalb eines Jahres nicht wesentlich ändern, und eine Entscheidung für die Arbeiterschaft zu einer für sie ungünstigen Zeit bringt die schwersten wirtschaftlichen Gefahren mit sich. Deshalb haben wir das Verlangen gestellt, daß diese Bestiseng abgeändert werde und daß der Schiedsspruch im Einvernehmen mit den beteiligten Organisationen unter Umständen einer Revision unterzogen werden kann.

Zu § 17 haben wir zwei Anträge gestellt, und zwar einen Antrag, welcher der Entscheidung des Schiedsgerichtes die Möglichkeit der Strafsanktion zur tatsächlichen Durchführung gibt. Es ist uns da auch erklärt worden, daß man sich bemüht hat, hier den tatsächlichen Bedürfnissen Rechnung zu tragen, daß die ordentlichen Gerichte beauftragt werden, die Entscheidung des Schiedsgerichtes durchzuführen. Ob das praktisch so gehandhabt werden wird, muß der Zukunft überlassen werden. Ein weiterer Antrag unsererseits war auch, daß nach Einbringung der Klage das Schiedsgericht innerhalb einer bestimmten Frist zusammentreten muß usw. nach 14 Tagen. Diesem unserem Antrag ist insofern Rechnung getragen worden, als bereits im Ausschußbericht darauf Rücksicht genommen wird. Im großen und ganzen müssen wir sagen, daß die Loohnschiedsgerichte, so wie sie bisher im Baugewerbe festgesetzt sind, durchaus nicht unseren Erwartungen entsprechen. Nachdem das Bauförderungsgesetz wohl noch lange Zeit Wirksamkeit haben wird und diese Gerichte auch noch lange verbleiben werden, so müssen wir mit aller Kraft bestrebt sein, diese Schiedsgerichte im Interesse der Arbeiterschaft in entsprechender Weise auszubauen.

Ich will mich nur noch ganz kurz mit einigen Bestimmungen des dritten Hauptstückes beschäftigen und zwar mit den Preisgerichten. Wer denkt nicht mit Schrecken an die Preisgerichte während der Kriegszeit! Die Preisgerichte waren in der Kriegszeit nichts anderes als Preistreibergerichte. Über die Wirksamkeit der Preisgerichte können wir uns natürlich kein Urteil anmaßen, weil die Preisgerichte niemals zusammenberufen worden sind, praktisch wahrscheinlich auch niemals in Wirksamkeit treten können, weil sie nicht in der Lage sind, die im Gesetz gegebenen Richtlinien auch tatsächlich zu befolgen. Vor allem anderen bemängeln wir an den Preisgerichten, daß für Böhmen nur ein Preisgericht in Prag, für Mähren und Schlesien zusammen ein solches in Brünn und für die ganze Slovakei ein solches in Preßburg errichtet werden soll. Wir stehen auf dem Standpunkte, daß wenn Preisgerichte geschaffen werden, und wenn sie einigermaßen den tatsächlichen Bedürfnissen Rechnung tragen sollen, dann diese Preisgerichte zumindest am Sitze der Handelskammern errichtet werden. Vielleicht läßt sich dann praktisch irgend etwas bei diesen Preisgerichten machen. Ich stehe auf dem Standpunkte, daß man mit den gegenwärti gen Wuchergerichten sehr wohl in der Lage ist, den Wucher mit Baumaterialien in der energischesten Weise zu bekämpfen, wenn man will.

Wir haben noch einige Abänderungsan träge zu den §§ 21 und 22 hinsichtlich der Preisgerichte gestellt, weil hier auf die Be stimmungen des Kollektivvertrages in einer für die Arbeiter schädigenden Form Bezug genommen wird, und bitten, auch diese Bestimmungen zu streichen. Und wenn ich zum Schlusse erkläre, daß wir trotz aller Mängel und Fehler, die diesem Gesetz anhaften, doch für die Vorlage votieren werden, so geschieht dies durchaus nicht aus dem Beweggrunde heraus, da3 wir etwa zur gesetzgeberischer Tätigkkeit der Regierung Vertrauen haben, sondern es bewegt uns dazu lediglich der Umstand, daß wir den Versuch unternehmen wollen, aus diesem so mangelhaften Gesetz das herauszuschöpfen, was für die Bauförderung nur immerhin möglich ist. Wir wollen mit allen Kräften bestrebt sein, bei der Bauförderung in gesetzgeberischer Weise mitzuwirken. Wir wollen uns be mühen, dem furchtbaren Wohnungselend, das heute herrscht, ein wirksames Mittel zur Bekämpfung zu geben, und mitzuarbei ten, daß der furchtbaren ohnungsnot endlich einmal gesteuert werde. (Potlesk na levici.)

7. Øeè posl. Schälzkyho (viz str. 1751 protokolu):

Meine Damen und Herren! Bei verschiedenen Gelegenheiten haben wir unsere begründeten Beschwerden und Forderungen bezüglich der staatlichen Bauförderung vorgebracht, ohne daß auch nur ein einziger deutscher Antrag angenommen worden wäre. Der vorliegende Gesetzentwurf über die Baubewegung mit seinen 68 Paragraphen wurde von der "Pìtka" vorgelegt und am Samstag in kurzer Zeit im Ausschuß ohne weitere Debatte durchgepeitscht. Der Budgetausschuß und der sozial-politische Ausschuß brauchten dazu ungefähr je eine Stunde. Es wäre eine ganz müßige Arbeit, Abänderungsanträge zu stellen, da diese tot sicher von der "Vìtšina" niedergestimmt werden. Gegen diese Verhandlungsweise müssen wir entschieden Protest einlegen. Unter solchen Umständen ist eine sachliche Mitarbeit für uns Deutsche vollständig ausgeschlossen.

Der unmittelbare Anlaß zur Vorlage dieses Gesetzes über die Baubewegung war die Notwendigkeit der Verlängerung der Geltungsdauer der Baugesetze über den 31. Dezember 1921 hinaus. Wir begrüßen die Vorlage der Verlängerung der Geltungsdauer der Baugesetze. Im § 27 wird bestimmt, daß für die im Jahre 1921 und 1922 begonnenen Bauten von Kleinwohnhäusern und für Bauten und Aufbauten von Häusern, die bis Ende 1923 fertiggestellt sind, vom Staate eine Unterstützung gewährt werden kann. Hauptsache bleibt aber nach wie vor die Beschaffung der erforderlichen Baukredite. Wenn nicht endlich einmal die Einlösung der Kriegsanleihe erfolgt, so kann die "Pìtka" in einigen Monaten dieses Gesetz wieder ändern. Es wird wirkungslos bleiben, weil sowohl Private wie auch Baugenossenschaften die erforderlichen Kredite sich nicht beschaffen können. Auch die im § 34 der Gesetzvorlage vorgesehenen Gesellschaften mit beschränkter Haftung werden solange ohne jeden Erfolg bleiben. Diese Gesellschaften der Geld- und Versicherungsinstitute sollen zum Zwecke der Gewährung von vom Staate verbürgten Darlehen gebildet werden, und aus ihrem eignen und aus den ihnen anvertrauten Vermögen in Fo rm gebundener Einlagen die erforderlichen Mittel zur Erfüllung dieser Aufgaben bereit stellen. Wir haben schon vor Monaten im Parlamentarischen Verband versucht, eine solche Gesellschaft der Geldund Versicherungsinstitute zustande zu bringen. Wir haben die Erfahrung gemacht, daß die Geldinstitute vor Einlösung der Kriegsanleihe für diese Gesellschaften zur Bereitstellung größerer Baukredite überhaupt nicht zu haben sind. So wird auch diese Bestimmung solange ein Schlag ins Wasser bleiben, solange eben nicht die Grundforderung der Kriegsanleiheeinlösung erfüllt ist. Das Gleiche gilt von der Losanleihe. Für Bauten von Beamtenwohnungen sind nach dem Gesetze 150 Millionen in Aussicht gestellt worden. Um das Wohnungselend in der Beamtenschaft zu lindern, müssen ganz andere Summen bereit gestellt werden. Wenn man nur bedenkt, welches Fiasko die Losanleihe erlitten hat - wie vor einiger Zeit berichtet wurde, sind kaum 50 Millionen, andere sagen kaum 25 Millionen erst zustande gebracht worden so kann man sich denken, wie dieses Versprechen, daß für 1922 150 Millionen zum Bau von Beamtenwohnungen bereit gestellt werden sollen, eingehalten werden wird. Man hat wieder einmal das Fell verkauft, ohne den Bären zu haben. Die Beamten werden mit leeren Versprechungen vertröstet. Was sie von den Versprechungen der Regierung zu halten haben, haben die Beamten ja letzthin erfahren, wo trotz der früheren Versprechungen der Regierung, daß keine Streichungen an den Beamtengehalten vorzunehmen sind, solange die Teuerung fortbesteht, das Elend der Beamtenschaft durch Kürzung der Beamtengehalte in unverantwortlicher Weise vermehrt wurde. Jetzt kommt man und will die Bauanleihe zu einem Erfolg bringen, alle möglichen Reklamen werden von der Regierung versucht. Man möge sich für diese Reklame jeden Heller und jeden Zwang ersparen; solange nicht die volle Einlösung der Kriegsanleihe stattgefunden hat, und der Staat seinen sonstigenVerpflichtungennicht nachkoommt, wird niemand ein Vertrauen zu dem Staate haben. Wir haben wiederholt verlangt, die Regierung möge einen spezifizierten Bericht über alle vom Staate gewährten Bausubventionen und Staatsgarantien vorlegen. Wir wollen einmal wissen, was mit diesen Geldern geschehen ist, welche Orte, welche Privatpersonen, namentlich welche Baugenossenschaften bisher der Vorteile des Gesetzes teilhaftig geworden sind, und in welchem Ausmaß auch die Deutschen daran Anteil haben. Von deutscher Seite hört man nur Klagen über die Sache. Es wird die Öffentlichkeit sehr interessieren, zu erfahren, ob man auch auf èechischer Seite dieselbe Unzufriedenheit und Erfolglosigkeit bemerkt, oder ob in manchen èechischen Orten mit Hilfe der staatlichen Bausubvention die Wohnungsnot einigermaßen gelindert worden ist. Wiederholt wurde von dieser Stelle aus diese Forderung erhoben, und bis heute ist kein Jota davon erfüllt worden. In dem Baugesetze vom 11. März 1921 wurden schon Preisgerichte festgesetzt. Wie man es mit der Durchführung dieser gesetzlichen Bestimmungen hält, geht daraus hervor, daß bis heute kein einziges dieser Preisgerichte in der Tat wirklich eingerichtet wurde, und es steht zu erwarten, daß auch die Bestimmungen dieses Gesetzes recht lange auf ihre Durchführung werden warten lassen. Nach § 61 des vorliegenden Gesetzes ist im Verordnungswege festzusetzen, welcher Teil des Aufwandes durch das Erträgnis der Häuser gedeckt werden muß. Und es ist die Verfügung zu treffen, daß der Hausbesitzer gebunden ist, durch Regelung des Mietzinses zur Bestreitung des durch die staatliche Unterstützung gedeckten Aufwandes beizutragen. Ich halte es überhaupt für bedenklich, dem Verordnungswege derartige Bestimmungen zu überlassen. Demgegenüber steht aber die Frage offen, wie die Beamten und öffentlichen Angestellten in der Lage sein werden, höhere Zinse zu zahlen, wenn ihnen, wie durch die unverantwortliche Kürzung der Beamteneinkommen in der denkwürdigen Nachtsitzung vom Samstag widerfahren ist, jede Lebensmöglichkeit in einer solchen Weise beschränkt wird. Zuerst bei der fortschreitenden Teuerung die Gehaltsbezüge kürzen und dann noch erhöhte Mieten in Aussicht stellen, heißt man doch den öffentlichen Angestellten viel Geduld zumuten. Es muß aber auch einmal Klarheit geboten werden über die Staatsgarantie. Diese wurde bisher vergeblich verlangt, so daß das erforderliche Vertrauen der Genossenschaften und der Gemeinden in die staatliche Garantie vielfach nicht vorhanden ist. Eine erfolgreiche Wohnungsfürsorge ist, ich sage es ganz offen, nur möglich durch dieWiederbelebungderprivaten Bautätigkeit, und dazu ist es notwendig., den Hausbesitz zu schützen, und dem Kapital einen Anreiz zum Bau zu geben. Grundbedingung ist vor allem, daß das Bewußtsein der Rechtssicherheit in diesem Staate gestärkt wird, aber meine Herren, aus allen Erörterungen der Opposition sehen wir, wieweit wir noch von diesem Ziele entfernt sind. Der Geschäftsgang zur Erlangung der Subvention und der Staatsgarantie wird für den Subventionansuchenden zu einem endlosen Leidensweg. Bei den Baugenossenschaften kommt es vor, daß ein Haus beinahe fertig ist, und die Genossenschaft kaum die erste Rate von 35 % erhalten hat. Der Aktengang war bisher viel zu umständlich. Von der staatlichen Bauaufsicht zur Bezirkshauptmannschaft, von dort zum Bauamtbei der Landesregierung, dann in das Ministerium für soziale Fürsorge und dann zum Geldinstitut.

Die Baufortschrittsprotokolle sind monatelang unterwegs, bevor die Ge nossenschaft das Geld bekommt. Es muß doch möglich gemacht werden, daß das Geldin titut auf Grund der Bestätigung der staatlichen Bauaufsicht die Raten aus zahlen darf und daß sich das Ministerium nur Restabrechnung vorbehält. Schon voriges Jahr wurde verlangt, daß man den Bauunternehmern vielmehr an die Hand gehen muß, wenn es auch notwendig er scheint, daß eine Anzahl von Kräften in diese Abteilung im Ministerium oder in das Bauamt eingestellt wird, wenn auch die Kräfte von einem anderen Amt zeit weise dorthin versetzt werden müssen. Mit dem System, daß wichtige Gesetzesvor lagen von der "Pìtka" mit Ausschluß der Öffentlichkeit beraten und dann als un abänderliches Dogma von dem betref fenden Ausschuß zur Kenntnis genommen und von der vìtšina zum Gesetz erhoben werden, mit diesem System muß gründlich gebrochen werden. Dadurch wird das Par lament zu einer Farce herabgewürdigt. Es wäre vielleicht angezeigt, wenn der Herr Präsident uns nächstens auf schrift lichem Wege die Beschlüsse der "Pìtka" mitteilt und wir sie nur zur Kenntnis zu nehmen brauchen. Wir ersparen uns dann hierher zu fahren und hier die Zeit tot zu schlagen. Die letzten Tage machen uns die Verhältnisse in den Ausschüssen geradezu unleidlich; was da an gewissenlooser Be handlung wichtiger Gesetzesvorlagen ge leistet wird, spottet jeder Beschreibung. Wir wollen mitarbeiten. Dazu ist aber not wendig, daß die Gesetze in entsprechender Form vorgelegt werden . . . . (Posl. inž. Jung: Daß die Verfassung vorher geändert wird!) - das ist selbstverständlich. . . daß man uns auch die notwendige Zeit läßt und auch den interessierten Körper schaften und der Öffentlichkeit Gelegen heit gibt, zu den verschiedenen Fragen Stellung zu nehmen. Mit einer solchen Ge setzgebung, die in einigen Monaten immer wieder ihre Arbeit revidieren muß, macht sich das Parlament nur lächerlich. (Souhlas na levici.)

8. Øeè posl. Kirpalové (viz str. 1753 protokolu):

Hohes Haus! Das Gesetz, das heute beraten wird, ist ein mit vielen Mängeln behafteter Fortschritt auf dem Gebiete der Wohnungsfürsorge. Aber wir wollen hoffen und wünschen, daß in dieser Frage heute nicht das letzte Wort gesprochen wird. Die Regierung hoffte, daß sie durch die Auflegung der Bauanleihe eine beträchtliche Summe für Wohnungsbauten und zwar eine Milliarde, hereinbekommen werde. Was sehen wir aber? Statt einer Milliarde erzielte die Regierung ganze 26 Millionen Kronen. Wir begreifen es natürlich, warum so wenig gezeichnet wurde. Die besitzenden deutschen Klassen haben das Vertrauen zur Regierung verloren, die Kriegsanleihe wurde nicht eingelöst und nun haben sie die Befürchtung, daß die Einlösung der Bauanleihe wieder denselben Weg wandeln wird, wie die Kriegsanleihe. Die besitzlosen Klassen können keine Baulose kaufen, da das billigste Baulos 500 Kronen kostet. Das ist heute für den Arbeiter, für den Staatsangestellten, für den Mittelstand eine ganz ausgeschlossene, eine unmögliche Sache. Und nun, meine sehr Verehrten, wissen wir auch, warum die èechischen Kreise gar so wenig gezeichnet haben. Sie wissen von vornherein, daß sie auf eine ausgiebige Unterstützung seitens der Regierung zu rechnen haben. Der Regierung liegt alles daran, die echisierung und die Kolonisierung zu fördern. Wir haben von dem Herrn Referenten hier gehört, daß man alles daran setzen wird, die Bautätigkeit zu ermöglichen. Wir haben aber auch von ihm gehört, welche Schwierigkeiten bis jetzt jenen Personen, die das Geld zum Baue angefordert haben, bereitet wurden. Wir müssen aber auch gleichzeitig konstatieren, daß die Regierung stets mit doppeltem Maß gemessen hat. Während man die Ansuchen von der èechischen Seite sehr loyal behandelt hat, haben wir gesehen, daß es seitens der Deutschen direkt ein Canossagang von einem Amt zum andern, von einem Ort zum andern gewesen und zuletzt doch noch eine Absage erfolgt ist. Kritisieren muß man natürlich und zwar sehr scharf, daß die Regierung die Bauansuchen trotz der kolossalen Wohnungsnot nicht gefördert hat. Wir wissen, daß, wenn das Gesetz heute in Kraft treten wird, es leider auf dem Papier bleíben wird. Der Referent, Herr Abg. Dubický, hat selbst hier den Ausspruch getan, die Regierung habe kein Geld und die Banken wollen geld nicht vor strecken.

Warum strecken die Banken das Geld nicht vor? Die Regierung übernimmt nur für eine 6 %tige Verzinsung die Garantie. Für 6 % bekommt man aber keine Geld anleihe. Die Banken verlangen einen höhe ren Zinsfuß. Außerdem ist uns bekannt, daß die größere Verzinsung nicht verka pitalisiert wird, und demnach ist es auch ganz klar, daß die Kapitalisten nicht bauen, weil es für sie von Vornherien keinen Profít abwirft, weil das Bauen für sie ein ganz unrentables Geschäft ist. Die Regierung hoffte, daß sie im heurigen Jahre in die Lage kommen werde - und das Bestreben wollen wir als ein ganz gutes anerkennen - für die Staatsbeamten 150 Mil. Kronen als Subvention zum Wohnungsbau herge ben zu können.

Bis zum heutigen Tage geschah aber für die Staatsangestellten überhaupt noch gar nichts, dem guten Willen konnte die Tat nicht folgen. Die Staatsangestellten sind ebenso dem Wohnungselend preisgegeben wie die Arbeiter, die Angestellten, wie der ganze Mittelstand. Aber ich begreife eines nicht. Ich zitiere die Worte des Herrn Berichterstatters Dubický, der hier ausgesprochen hat: "Wenn die Banken auf gutem Wege kein Geld hergeben, werden wir es ihnen eben gesetz lich abzwingen." Warum wartet man erst, warum verzögert man die ganze Bauförderung? Man hätte jetzt schon ein derartiges Gesetz herausgeben sollen, durch das man die Banken zum Geldleihen zwingt.

Der zweite Berichterstatter, der Herr Kollege Biòovec, sagte in seinem Be richte: "Wenn die Kapitalisten, die Unter nehmer nicht bauen werden, werden wir auch das Gesetz finden, mit welchem wir sie zum Bauen zwingen werden." Wir fragen: warum hat die Regierung diese beiden Gesetze oder ein einheitliches Gesetz, nach welchem die Banken, die Groß kapitalisten und Groß unternehmungen zum Bau gezwungen werden, nicht schon vorgelegt?

Im Budget für 1922 finden wir den Betrag von 80 Millionen K bestimmt für Subvention von Wohnungsbauten. Zu diesem budgetierten Betrag sind bereits 10.000 Ansuchen erledigt - nicht eingelaufen sondern erledigt worden, daß alle diese Ansuchen nur einen minimalen Betrag bekommen haben, sodaß von Wohnungsbautensubvention überhaupt gar keine Rede sein kann. Alles, was geschieht, sind Palliativmittel, deshalb rufen wir der Regierung noch einmal zu, man möge nicht solange warten, bis die Banken, bis die Unternehmer noch einmal versagen, sondern daß man die Worte unserer beiden Berichterstatter schon in der nächsten Zeit in die Tat umsetze, daß man ein Gesetz schaffe, damit endlich dieser furchtbaren Wohnungsnot abgeholfen werde. Heute ist die Wohnungsfrage eine der brennendsten Fragen, die in allen Staaten das Wirtschaftsleben bedroht. Wir sehen, daß sie eine internationale Erscheinung ist. Sie gehört zu den Nachwehen des Krieges. Aber schon vor dem Kriege sahen wir von Zeit zu Zeit eine furchtbare Wohnungsknappheit, und diese Knappheit hat sich bis zur heutigen Krise gesteigert. Man kann gar nicht glauben, wenn einerseits immer wieder der Ruf ertönt, wir brauchen Nachwuchs, lebensfähigen und gesunden Nachwuchs, daß andererseits nicht dafür gesorgt wird, daß dieser Na chwuchs auch irgendwo wohnen könne. Zehntausende von Personen suchen und warten nicht nur Monate - sondern jahrelang auf Wohnung. Wir wissen, daß aus dem Felde zurückgekehrte Soldaten, die ihr Heim aufgeben mußten oder aufgegeben haben, obdachlos geworden sind. In dem großen Prag sind nicht weniger als 40.000 Personen ohne Wohnung. In einer Stadt, wie Aussig, die etwas mehr als 40.000 Einwohner zählt, finden wir über 3000 Wohnungsuchende, die überhaupt kein Obdach haben, also nicht etwa solche, die vielleicht zusammengepfercht mit anderen Personen gemeinsam leben. Wenn wir die ärztliche Statistik zur Hand nehmen, finden wir eine noch wie dagewese Säuglingssterblichkeit, und die Ärzte selbst konstatieren, daß als Folge dieser Wohnungsnot die furchtbare Rachitis die Säuglinge hinwegrafft. Kinder entwickeln sich körperlich und geistig schwach, und das soll unser Nach wuchs sein! Ich möchte heute nur auf ganz krasse Fälle zu sprechen kommen, dem hohen Hause zu zeigen, wie Menschen wohnen. Natürlich könnte man hunderte und ja tausende Fälle anführen. Aber diese in der letzten Zeit beobachteten Fälle sind so kraß, daß ich nicht umhin kann, sie von dieser Stelle aus zu behandeln. In Warnsdorf ist ein städtischer Steinbruch, an den ein ganz kleiner Schweinestall angebaut ist. In diesem Schweinestall wohnt eine Familie von 6 Personen, Vater, Mutter und 4 Kinder, im Alter von 1 1/2 bis 10 Jahren. Diese Leute sind noch glücklich, wie einer meiner Parteigenossen sagte, ein Dach über dem Kopf zu haben, und einen Herd, wo sie ihre Suppe und ihr Essen kochen können. In Aussig haben wir sehr viele krasse Fälle. Einen greife ich heraus, er betrifft einen Invaliden, der bereits zwei volle Jahre in einer Scheune hausen muß, weil die Stadtgemeinde Aussig nicht in der Lage ist, ihm eine Wohnung zu versorgen. Dieser Invalide ist kein Bettler und kein Vagabund, die gewöhnlich in Scheunen ihre Herberge suchen, sondern er geht ehrlich seinem Gewerbe nach. Aber das Empörende, was ich kritisieren muß - und da spreche ich der Regierung allein die volle Schuld zu - ist, daß sie Wohnungen, die fürWohnungslose zu haben gewesen wären, selbst vernichtet hat. In Heinrichsgrün gab es während des Krieges ein großes Gefangenenlager mit gut ausgebauten Offiziersbaracken. Statt, daß die Regierung diese Offiziersbaracken zu Wohnungszwecken hergegeben hätte, hat sie sie ür einen Pappenstiel an Private verkauft, die Bracken wurden abgetragen und heute finden wir, daß in Heinrichsgrün eine furchtbare Wohnungsnot herrscht. Ich könnte natürlich sehr viel über das Wohnungselend sprechen, man könnte sich in dieser Frage niemals erschöpfen. Es ist durchaus keine Neuerscheinung, daß in einer Wohnung 20 und mehr Personen wohnen, icht Personen, die blutsverwandt sind, sondern drei bis vier verschiedene Familien, die die kleine Stube mit Vorhängen untereinander aufteilen. Daraus ergibt sich nichts anderes, als daß die Prostitution hier freien Lauf hat. Es wohnen männliches und weibliches Geschlecht eng beisammen. Nicht mit Unrecht kommt der berühmte Forscher Forel zu folgendem vernichtenden Urteil: "Wenn Vater, Mutter und Kinder in einem Wohnraum nicht nur wohnen, sondern auch kochen, essen und sogar das Bett teilen, bleibt für das Schamgefühl nichts mehr übrig." Ich glaube fast annehmen zu müssen, daß so viele gar nicht wissen, ja gar nicht das Verständnis aufbringen, was schlechte Wohnungen für Kindergesundheit und Erziehung, für die ganze Menschheit bedeuten. Was wir verlangen und in erster Linie verlangen müssen, ist, daß man Arbeiterwohnungen schafft. Aber nicht etwa Arbeiterwohnungen, die Mietskasernen gleichen, wo wiederum alles eng zusammengepfercht wird und wo, wie die Kapitalisten sich ausdrücken, einem der Armeleutgeruch schon von weitem entgegenströmt, sondern allen hygienischen und sanitären Forderungen gerecht werdende Wohnungen. Heute sehen wir, daß überall noch große Wohnungen gebaut werden. Die Bausubventionen werden oft mißbraucht. Wir konstatieren, daß man nur selten Reiche obdachlos findet, daß die Wohnungssuchenden nur meist aus den Kreisen der Arbeiterklasse stammen und daß nur diese unter der furchtbaren Wohnungsnot zu leiden haben. Wir verlangen - das ist eine wichtige Forderung unserer Partei - daß man beim Bauen allen hygienischen Anforderungen Rechnung trägt, daß für die Müllabfuhr vorgesorgt werde, und daß man nicht bei den Arbeiterwohnungen an Badezimmer, Vorzimmer, und geräumige Schlafstellen vergesse.


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