Pátek 16. prosince 1921

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 109. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 16. prosince 1921.

1. Øeè posl. Jokla (viz str. 1556 protokolu):

Hohes Haus! Schon gelegentlich der Beratung dieser Vorlage im Wehrausschuß haben wir deutschen Sozialdemokraten dagegen formale Einsprache erhoben, schon damals haben wir gefordert, daß das Unterhaltsbeitragsgesetz nicht verlängert werden soll, sondern daß das Provisorium ein Ende fände und ein ordentliches, zweckentsprechendes Unterhaltsbeitragsgesetz nach den gemachten Erfahrungen ausgearbeitet werde. Diese Forderung ist gewiß nicht unbillig und hätte auch erfüllt werden können, wenn nicht die Art, wie hier Gesetze gemacht und Beschlüsse durchgeführt werden, eine unwürdige wäre. Die Schaffung eines, allen Bedürfnissen entsprechenden, Unterhaltsbeitragsgesetzes ist zweifellos eine der dringendsten Notwendigkeiten. Wir haben heute zwei Unterhaltsbeitragsgesetze, eines für die Angehörigen der eingerückten Rekruten und ein zweites, das kürzlich anläßlich der angeordneten Mobilisierung in Kraft gesetzt werden mußte.

Beide Gesetze sind absolut ungenügend, weisen Lücken auf und bedürfen dringend einer vollständigen Umgestaltung von Grund auf. Es ist ja bezeichnend, daß man das Gesetz, betreffend die Unterhaltsbeiträge an die Angehörigen der eingerückten Soldaten, die mobilisiert worden sind, in letzter Stunde im Verordnungswege, halbwegs den Zeitverhältnissen entsprechend ändern mußte, indem man eine 50 %ige Erhöhung der Unterhaltsbeiträge festsetzte. Wir haben schon im Vorjahre gelegentlich der Beratung dieses Gesetzes, dessen Geltung jetzt verlängert werden soll, mit allem Nachdruck gefordert, daß für alle Gruppen und für alle Fälle ein Unterhaltsbeitragsgesetz ausgearbeitet werden soll. So wie sich die Notwendigkeit erwiesen hat, dieser Forderung zu entsprechen, so hat auch die einjährige Praxis des gegenwärtigen Unterhaltsbeitragsgesetzes für die Angehörigen der Rekruten den Beweis geliefert, daß alle unsere seinerzeit geübte Kritik vollständig zutrifft, daß alle unsere seinerzeit gestellten Abänderunganträge vollständig berechtigt waren. Tatsache ist, daß sich nicht nur ganz unerhörte Dinge in der Anwendung dieses Unterhaltsbeitragsgesetzes zugetragen haben, sondern besonders in die Wagschale fällt, daß, wie wir es ja vorausgesehen haben, die Zahl derjenigen, die in den Genuß von Renten, beziehungsweise von Unterhaltsbeiträgen kommen, eine äußerst geringe ist. Wir haben nur ganz wenig Anmeldungen um den Unterhaltsbeitrag nach eingerückten Rekruten zu verzeichnen. Dies ist einerseits darauf zurückzuführen, daß weite Kreise der Bevölkerung keine Kenntnis von dem Bestande eines solchen Gesetzes haben, das auch den Angehörigen der eingerückten Rekruten einen Unterhaltsbeitrag gewährt, andererseits darauf, daß das Gesetz absolut unzureichend ist. Am häufigsten hat der von uns mit Recht kritisierte Erpresserparagraph Anwendung gefunden, indem nämlich die Militärbehörde in keinem Falle die Zustimmung zur Abschließung einer Ehe gibt, wenn nicht ausdrücklich der Verzicht auf den Unterhaltsbeitrag ausgesprochen wird. Ganz unerhört ist die Auslegung der Bestimmungen, ob der Unterhaltsbeitrag gew ährt werden soll, im Falle es sich um uneheliche Kinder handelt. Weil es in dem bezüglichen Paragraphen heißt, daß uneheliche Kinder nur dann Anspruch auf den Unterhaltsbeitrag haben, wenn sie in ihrer Existenz von dem Erwerb des Eingerückten abhängig sind, so deduziert die Landesunterhaltskommission von Schlesien, daß einem unehelich geborenen Kind, das erst geboren wird, nachdem der Vater bereits eingerückt war, der Anspruch auf einen Unterhaltsbeitrag nicht zusteht. Das schlägt nicht nur aller einfachen Moral, allen primitiven Rechtsbegriffen des Volkes ins Gesicht, es ist auch gesetzlich absolut unrichtig. Denn schon von der Stunde der Empfängnis hat dasKind rechtlichen Anspruch auf eine materielle Sicherstellung der Existenz durch den Kindesvater. Wir haben eine bewußte Verletzung des Gesetzes vor uns, die sowohl von der Bezirksunterhaltskommission Jägerndorf, als auch von der Landesunterhaltskommission in Troppau begangen worden ist. Und ich muß konstatieren, daß, obwohl wir diese Dinge im Ministerium des Innern und auch dem Ministerium für soziale Fürsorge zur Kenntnis gebracht haben, die Außerkraftsetzung dieses unerhörten Spruches bis heute noch nicht erfolgt ist. Bei unserer seinerzeitigen Kritik hat man uns entgegengehalten, daß das Gesetz nur ein Provisorium sei und erst Erfahrungen gesammelt werden sollen. Das war natürlich eine dumme Ausrede. Denn da man das Unterhaltsbeitragsgesetz 10 Jahre angewendet hat, hat man Erfahrungen genug gesammelt. Nun ist das Provisorium abgelaufen und man sollte erwarten, daß die Mehrheit des Hauses, die ja die Verantwortung für die Durchführung der ge gebenen Gesetze trägt, darauf hinwirken würde, daß das gegebene Versprechen auch erfüllt werde. Leider hat sich die Mehrheit des Ausschusses unserem Antrage auf Ausarbeitung eines neuen entsprechenden Gesetzes nicht angeschlossen, sondern hat sich wieder einmal durch ein Versprechen der Regierung von diesem Vorhaben abbringen lassen - die Regierung hat nämlich im Wehrausschuß ein Versprechen gegeben, daß noch im Laufe des Monates Jänner eine Novellierung des Unterhaltsbeitragsgesetzes durch einen Regierungsantrag eingeleitet werden soll.

Bei dieser Gelegenheit hat die Regierung auch eine Reihe prinzipieller Grundsätze, die sie angeblich bei der Ausarbeitung des neuen Gesetzes leiten, bekanntgegeben. So hat sie unter anderem mitgeteilt, daß, so wie es schon immer unsere Forderung gewesen ist, die Novellierung dahin gehen soll, daß ein einheitliches Gesetz sowohl für die Angehörigen der Rekruten und Reservisten, wie auch für die eventuell zu mobilisierenden Soldaten geschaffen werden soll. Etwas lange haben die Herren gebraucht, bis sie die Notwendigkeit dieser unserer Forderung anerkannt haben. Bei der Ausarbeitung des neuen Gesetzes sollen alle bisherigen Erfahrungen benützt werden. Hoffentlich gilt das nicht nur nach der Richtung, was man tun soll, damit man den Anspruchsberechtigten den Unterhaltsbeitrag nehmen kann, sondern nach der Richtung, wie man wirklich allen Bedürftigen den Unterhaltsbeitrag zuweisen kann. Ich gestehe offen, daß ich letzteres nicht nur sehnsüchtig erwarte, daß ich aber äußerst mißtrauisch bin, weil wir die ganze Politik der Regierung kennen und wissen, wie man sich in diesem Staate aufführt, wenn etwas geschaffen werden soll, was für das Volk nützlich ist. Wir sind auch mißtrauisch deshalb, weil wir es gestern erlebt haben, daß im Initiativausschuß die von uns eingebrachte Gesetzvorlage auf ein Unterhaltsbeitragsgesetz nicht angenommen, sondern zurückgestellt wurde, mit der fadenscheinigen Begründung, man möge erst angeben wie die Bedeckung für dieses Gesetz geschaffen werden soll. Das beweist also, daß die Mehrheit dieses Hauses auch bei den Ausgaben für eine so dringende Volksnotwendigkeit sehr zugeknöpfte Taschen hat. Wir fordern von der Regierung mit allem Nachdruck die tatsächliche Erfüllung der Vorlage des versprochenen Novellisierungsentwurfes und behalten uns vor, sobald das geschieht, einschneidende Abänderungsanträge zu stellen. Der Herr Referent hat auch sehr viel von der Washingtoner Konferenz gesprochen und hat auch ziemlich radikale Töne angeschlagen über die unbedingte Notwendigkeit der Reduzierung unseres Heeres und die Herabsetzung der Dienstzeit, denen wir uns auch anschließen. Aber, gestützt auf die Erfahrungen in diesem Hause und mit der Partei meines geehrten Herrn Vorredners, muß ich mit dem deutschen Dichter sagen: "Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!" Gelegenheit dazu ist vorhanden, und ich würde nur wünschen, daß der Herr Referent uns auf das, was er als dringende Notwendigkeit für diesen Staat erkannt hat, nicht allzulange warten läßt, daß er und seine Partei, die der "berühmrüten" vìtšina angehört, ihren ganzen Einfluß geltend macht, damit diese Reform des Wehrgesetzes durchgeführt wird. Wir werden für die Verlängerung der Gültigkeit des Gesetzes stimmen, aber nur unter einem Zwange, weil uns ein anderer Ausweg nicht übrig bleibt, und wir erwarten, daß die Regierung ihr Versprechen auf Vorlage eines neuen Entwurfes erfüllt. (Souhlas a potlesk na levici.)

2. Øeè posl. dr. Haase (viz str. 1563 protokolu):

Meine geehrten Damen und Herren! An und für sich ist ja die Rechtfertigung der Erhöhung der Gerichtsgebühren mit den geänderten Wertverhältnissen eine richtige. Doch müßte das ganze Gesetz ergänzt werden durch Bestimmungen, welche es verhindern, daß die arme Bevölkerung mit Rücksicht auf die Verteuerung der Rechtspflege in der Verfolgung ihrer Rechte behindert wird. Es ist bekannt, daß die früheren, die Vorkriegsbestimmungen über die Gerichtsgebühren bezüglich des Armenrechtes wesentlich liberaler waren, als die Bestimmungen, welche durch die kaiserliche Verordnung vom 15. September 1915 eingeführt wurden. Die Verschärfung durch die kaiserl. Verordnung hat jedoch der alten österreichischen Regierung noch nicht genügt, sie hat in der Durchführungsverordnung vom 21. Dezember 1915 diese ohnehin schon verschärften Bestimmungen über die Erteilung des Armenrechtes noch wesentlich verschärft, indem sie vor allem eine Interpretation des Begriffes "Gefährdung des notdürftigen Unterhaltes" in einer Weise gegeben hat, we!che es jedem Gerichte ermöglicht, besonders unter den heutigen Verhältnissen, das Armenrecht zu verweigern. Ferner trat eine Verschärfung dahin ein, daß Personen, welche unter Vormundschaft oder unter Kuratel stehen, auch wenn sie vollständig arm sind, auch nicht den notdürftigsten Unterhalt haben, das Armenrecht nicht bekommen, wenn die zu ihrer Alimentation verpflichteten Personen durch Bestreitung der Gerichtskosten in ihrem notdürftigsten Unterhalt nicht gefährdet sind. Das ist eine Verschärfung, welche sogar noch über das Gesetz hinausgeht, und nicht mehr als Interpretation des Gesetzes betrachtet werden kann, sondern als eine Bestimmung gegen das Gesetz, weil sie über das Gesetz hinausgeht. Weiter trat eine Verschärfung dadurch ein, daß die Gebührenfreiheit der Verhandlungen vor dem Gewerbegericht abgeschafft wurde. Diese Verschärfung wird umso unerträglicher, je teuerer die Rechtspflege, je höher die Gebühren sind, und schon deshalb wäre dieses Gesetz unbedingt durch Bestimmungen zu ergänzen gewesen, durch welche, wenn schon nichts anderes, so doch die früher seit 1897 geltenden Bestimmungen über die Erteilung des Armenrechtes eingeführt und die Verschärfungen und Härten, welche seit dem Jahre 1915 bestehen, beseitigt werden. Es ist aber in der Praxis der Erteilung des Armenrechtes in der letzten Zeit bei den Gerichten noch ein besonderer Übelstand eingetreten: wenn die Gerichte eine Ziffer sehen, die über 8000, ja selbst über 6000 Kronen jährlichen Einkommens hinausgeht, so verweigern sie die Erteilung des Armenrechtes. Das ist natürlich jetzt besonders hart, wo die Gebühren so hoch werden und wo mit Rücksicht auf die allerdings ziffermäßig, realiter aber nicht hohen Löhne bei jeder Dienststreitigkeit schon ein ziffermäßig ziemlich hoher Betrag eingeklagt wird. Was bei dieser Erhöhung der Gerichtsgebühren auch noch unser Bedenken erregt, ist die ganz allgemeine Klausel, daß der Ertrag der Erhöhung, welcher auf 6 Millionen geschätzt wird, zur Deckung der erhöhten Ausgaben der Justizverwaltung verwendet werden wird. Uns wäre es wesentlich lieber gewesen, wenn das etwas besser und etwas enger gefaßt würde, wenn sich wenigstens das Ministerium zu dem Versprechen aufgeschwungen hätte - ich verlange ja nicht viel, nur ein Versprechen - daß der Ertrag zur Verbesserung der Rechtspflege verwendet wird. Und da denke ich vor allem daran, daß alle unseren Experimente, die wir in diesem Hause zur Gerichtsentlastung bereits gemacht haben, fehlschlagen und, wie wir ja wahrscheinlich heute oder morgen Gelegenheit haben werden, bei einem bestimmten Gesetze zu erörtern, geeignet sind, die Rechtspflege umzubringen. An Stelle aller dieser Versuche wäre zu setzen gewesen eine Besserstellung der Richter. Dann würde die Flucht aus dem Richterstande aufhören und die Richter würden aus ihrem Stande nicht nur nicht fliehen, sondern es würden sich auch wieder viel mehr Leute zum Richterstande melden. Wir haben uns erlaubt, dem geehrten Hause einen Resolutionsantrag nachstehenden Wortlautes zu überreichen (ète): "Die Regierung wird aufgefordert, die Durchführungsverordnung von 21. Dezember 1915 zum Gerichtsgebührengesetz in der Richtung anzuändern und zu ergänzen, daß die bisherigen Härten bei Erteilung des Armenrechtes beseitigt und die Rücksichtnahme auf die geänderten Geldund Einkommensverhältnisse angeordnet wird." Wir ersuchen diesen eigentlich nur selbstverständlichen Resolutionsantrag anzunehmen und möchten nur noch nachstehendes hinzufügen: Es ist unbedingt notwendig, daß die Regierung in kürzester Zeit einen Gesetzesantrag vorlegt, mit welchem die Gerichtsgebührenvorschriften in der Richtung abgeändert werden, daß nicht nur beim Gewerbegericht vollständige Gebührenfreiheit herrscht, sondern daß auch in allen Dienstvertragstreitigkeiten auf Seiten des Dienstnehmers volle Gebührenfreiheit besteht. (Souhlas a potlesk na levici.)

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