Pátek 2. prosince 1921

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 102. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 2. prosince 1921.

1. Øeè posl. dr. Holitschera (viz str. 1340 protokolu):

Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich zu dem vorliegenden Gesetzentwurf über die fakultative Feuerbestattung einige Worte vom Standpunkt des Arztes aus spreche. Wir unterstützen den vorliegenden Gesetzentwurf und werden für ihn stimmen, weil wir glauben, daß er einen bedeutenden Fortschritt auf hygienischem und gesundheitlichem Gebiete bedeutet. Dem Standpunkt des Herrn Vorredners gegenüber, der die konfessionellen Interessen vertreten hat, müssen wir betonen, daß wir irgendeinen An griff auf die religiösen Gefühle irgendeines Teiles der Bevölkerung in dieser Vorlage absolut nicht finden können, vor allem deshalb, weil sie fakultativ ist, weil sie es jedem einzelnen freistellt, ob er nach dem herkömmlichen Brauch sich beerdigen lassen oder ob er bestimmen will, daß seine Leiche dem Feuertode übergeben wird. Aber auch sonst können wir absolut nicht finden, daß das Verbrennen der Leichen irgendwie mit den religiösen Gefühlen des einzelnen im Widerspruch stehen kann, weil wir absolut nicht einsehen, was der Glaube mit der Art der Bestattung überhaupt zu tun haben soll. Wir wissen sehr genau, daß es Zeiten gegeben hat, in denen die katholische Kirche gar nichts dagegen einzuwenden hatte, daß die Leichen verbrannt wurden (Výkøiky.), daß das vielmehr allgemein gebräuchlich war. Allmählich erst - aus Gründen, die ich hier nicht auseinandersetzen kann und will - ist in die Lehre der katholischen Kirche aufgenommen worden, daß die Leichen nicht verbrannt werden sollen, daß das etwas sei, was gegen den Glauben, gegen die Überzeugung, gegen das Dogma der katholischen Kirche überhaupt sei.

Wir erblicken daher in diesem Gesetze gar keinen Angriff gegen die katholische Kirche. Wir erklären, daß es eine ganz ungerechtfertigte Zumutung ist, zu behaupten, daß in diesem Gesetzentwurf irgend etwas enthalten sei, was mit den Glaubenssätzen und Überzeugungen der katholischen Kirche im Widerspruch steht. Darum erklären wir, daß wir die gesundheitlichen Gründe, die dafür sprechen, in den Vordergrund stellen und daß wir diese Vorlage aus diesen Gründen begrüßen. Es ist nicht notwendig, daß ich heute hier alle diese sanitären Gründe, die dafür sprechen, ausführlich darlege. Es ist soviel darüber gesprochen und geschrieben worden, daß gewiß jeder von Ihnen ausreichend darüber orientiert ist.

Die Feuerbestattung ist ein gesundheitlicher Fortschritt. Heute sind wir auch schon so weit, daß diejenigen Gründe, die von der staatlichen Autorität dagegen eingewendet worden sind - weil sich dadurch in gerichtsärztlicher Beziehung Schwierigkeiten ergeben könnten - daß auch diese Gründe heute nicht mehr maßgebend sind, sodaß wir mit voller Beruhigung die Zustimmung dazu geben können, daß die Leichen verbrannt werden. Wenn man sieht, was heute schon in großen Weltstädten die Beerdigung der Leichen für Schwierigkeiten erzeugt, daß dadurch tatsächlich ganze Teile der Umgebung der Großstädte der Verbauung entzogen werden, daß das Zusammendrängen der Leichen zu Tausenden und Abertausenden auf einem Platze die gesundheitlichen Verhältnisse ausgedehnter Gebiete herabsetzt, so können wir nur sagen, daß es einen Fortschritt auf dem Wege des Gesundheitswesens bedeutet, wenn wir heute wenigstens die fakultative Leichenverbrennung einführen. Unsere Partei wird aus diesen Gründen für das Gesetz stimmen. (Souhlas a potlesk na levici.)

2. Øeè posl. Deutschové (viz str. 1345 protokolu):

Verehrte Herren und Frauen! Der Gesetzesantrag, der uns hier vorliegt und der jetzt nach dem Antrag des Referenten eine noch sch ärfere Formulierung bekommen soll, bestimmt, daß die Errichtung und Erweiterung von Hochschulen und ihren Fakultäten sowie die Verlegung des Standortes der Hochschulen nicht mehr Sache der einzelnen Hochschulen selbst und der Regierung sein soll, sondern daß dies auf der Grundlage und auf dem Wege von Gesetzen bestimmt und geregelt werden soll. Wenn wir in einem einheitlich nationalen Staatsgebilde leben würden, wenn wir nicht leben würden auf einem Boden und unter Verhältnissen, die eine ständige Bedrohung unseres deutschen Schulwesens bedeuten, so würden wir diesen Antrag vielleicht mit anderen Augen betrachten, wir würden ihm nicht so mißtrauisch gegenüber stehen, wie wir es unter den gegenwärtigen Umständen unbedingt tun müssen. Wir haben kaum die Budgetberatung hinter uns und in der Budgetdebatte, sowohl hier im Hause, wie auch im Ausschuß, haben wir alle den Eindruck gewonnen, daß auf dem Gebiete des Schulwesens der erbittertste Kampf gegen das deutsche Volk ausgetragen wird. Bei keinem Kapitel ist uns die unversöhnliche Feindschaft des èech ischen Bürgertums so kraß und so nackt gegenübergetreten, wie gerade beim Kapitel: Schulwesen und Volksaufklärung.

Die Vertreter des èechischen Bürgertums versuchen immer wieder, uns den Beweis zu erbringen, daß unsere Klagen über die Bedrückung unseres Schulwesens so ganz grundlos sind, daß sie ungerecht von uns erhoben werden. Sie stützen diese Behauptung auf schön frisierte, schön zugestutzte Zahlen, durch die wir uns aber nicht beirren lassen. Wir haben allen Grund zu Klagen und wir müssen immer wieder weitere Bedrückungen fürchten und vor ihnen auf unserer Hut sein. Das kommt vor allem daher, daß man hier in diesem Staate aus Schulangelegenheiten und Kulturfragen politische Fragen macht. Hier wird von der Volksschule angefangen bis in unsere Hochschulen hinauf Politik in die Schule getragen. Der deutsche Redner, der hier in irgend einer Schulangelegenheit sprechen muß, ist wahrlich, nicht zu beneiden, denn er ist immer in Verteidigungsstellung, er muß sich fast immer gegen Angriffe des èechischen Chauvinismus wehren, und kommt nur, nur allzu leicht in den Verdacht, selbst Chauvinistsein.

Wenn wir uns nun gegen dieses Gesetz, das so kurz ist und so harmlos scheint, wenden, so geschieht es vom Standpunkt der Erfahrungen aus, die wir in der kurzen Zeit von drei Jahren, seit dem Bestande der Republik, in diesem Staate gesammelt haben. Wir beurteilen es aber auch nach seiner Wirkung, die es in der Praxis ausüben wird und da kann es sein, daß dieses Gesetz eine ganz andere Wirkung hervorruft, als sie Herr Professor Mareš mit diesem Antrag eigentlich beabsichtigt hat. Wir fürchten - und das nicht ohne Grund, wie die Tatsachen beweisen - daß dieses Gesetz von der Regierungsmehrheit dazu benützt werden wird, um eine Revision der bereits getroffenen Anordnungen, der Regierung herbeizuführen, um diese An ordnungen zu streichen und ihnen hintennach die Genehmigung zu versagen. Im Kulturusschuß wurde bereits die Probe auf das Exempel gemacht und hier im Hause wurde sie eben bestätigt. Der Pferdefuß in diesem Gesetzentwurf zeigt sich bereits klar. Mit der Vorlage sind, was auch der Herr Referent zugibt, vier Resolutionsanträge verbunden. Zwei davon beschäftigen sich mit der Regelung deutscher Hochschulforderungen. In einer wird die Genehmigung des Parlamentes für eine Regierungsverordnung gefordert, durch welche bereits die Reorganisation der landwirtschaftlichen Akademie in Tetschen-Liebwerd verfügt wurde. Der zweite Antrag beinhaltet die Einrichtung eines zweijährigen montanistischen Vorbereitungskurses an der deutschen technischen Hochsch ule in Prag. Im Senat hat man das Gesetz ohne weiters mit diesen Resolutionsanträgen angenommen, aber hier im Hause will man diesen Resolutionsanträgen die Genehmigung versagen. So sind wir eigentlich dahinter gekommen, daß dieses Gesetz, das im Gewande der Volkstümlichkeit auftritt, selbst ein Politikum ist, und es ist unsere Pflicht, auf die Gefahr aufmerksam zu machen, die sich hinter ihm verbirgt. Es gibt einzelne Menschen, die vielleicht nicht begreifen werden, daß wir uns für die Autonomie der Hochschulen einsetzen, da diese Autonomie vielfach im reaktionären Sinne ausgenützt wird. Es ist wahr, und ich gestehe es offen ein, daß auf den Hochschulen der Geist der Reaktion herrscht. Aber der ist nicht in der Hochschulautonomie begründet, sondern hat ganz andere Grundlagen. Die Reaktion ist eine Auswirkung ökonomischer Ursachen. Unsere Hochschulen sind bis heute fast ausschließlich Besitztum der bürgerlichen Klassen, vom Universitäts-Studium ist das Proletariat fast gänzlich ausgeschlossen, und so sind die Hochschulen Hochburgen der Reaktion, weil sie Hochburgen des Kapitalismus sind. Das gilt von den deutschen, wie von den èechischen Hochschulen. Jede Zeit bestimmt eben ihre Schulfo rm. Und diese Schulform ist den Bedürfnissen und Weltanschauungen der den Staat beherrschenden Klassen angepaßt. Gegenwärtig, wo wir noch im Zeitalter des Kapitalismus leben, wo die Auffassung des Bürgertums vom Staat, seinen Pflichten und Rechten, kontrerevolutionär ist, ist selbstverständlich auch der Geist unserer Hochschulen reaktionär. Wenn nun auch die Autonomie im Sinne der Reaktion ausgenützt werden kann, so ist das eben eine Folge der dort herrschenden bürgerlichen Doktrin. Das von Bildungshunger und Wissensdurst erfüllte aufstrebende Proletariat, das manche Position des Kapitalismus bereits erstürmt hat, wird auch unsere Hochschulen erobern. Aus dem Born des Geistes, der aus unseren Universitäten quillt, soll auch unsere Proletarierjugend trinken, das wollen wir erkämpfen und darum müssen wir diesem Gesetz gegenüber, das zur Verschlechterung und Knebelung unserer Hochschulen die Handhabe bietet, Vorsicht walten lassen.

Dieses Gesetz beschneidet die Autonomie und bedroht die Organisation unseres Hochschultypus, der mit der Lern- und Lehrfreiheit, welche den Studenten die Freizügigkeit gestattet, turmhoch über dem Hochschultypus der westlichen Länder steht. Ich weiß, man strebt hier die Orientierung nach dem Westen um jeden Preis an, aber die Entgermanisierung der Èechoslovakei darf nicht auf Kosten unserer Hochschulen geschehen, denen man den deutschen Charakter nehmen will, um sie zu Anstalten mit deutscher Unterrichtssprache herabzuwürdigen. Sie haben dies bereits mit dem berüchtigten Sprachenerlaß bezweckt, und das hat uns gezeigt, welche Wege Sie in diesen Dingen gehen wollen. Im Senat hat bereits der Sprecher unserer Partei aufgezeigt, welche Wirkungen Sie mit diesem Erlaß gezeitigt haben, welche Waffe Sie damit politisch fanatisierten Menschen in die Hand gegeben haben. Auch dieses Gesetz ist so eine Waffe. Es nimmt den Universitäten das, was bisher ihr Stolz war, die ungehemmte Möglichkeit der Entwicklung. (Posl. dr. Srdínko: To není pravda!) Gewiß, es muß nicht sein, aber es wird leider so sein. (Posl. dr. Srdínko: To jest nìco jiného!) Es wird die Entwicklung unserer Universitäten abhängig gemacht von der Willkür der politischen Parteien, die diesen Staat beherrschen. Von der Willkür jener Parteien, die hier auf Grund des Mehrheitsprinzipes das Parlament beherrschen. So wie sie dem Prager Deutschen Theater die Luft zum Leben nehmen, so werden sie auch unsere Hochschulen drosseln, sobald sie nur die Handhabe dazu haben. Wir wissen, daß sich hier im Hause immer eine Mehrheit finden wird, wenn es gilt, gegen unsere Schulen zu stimmen und loszugehen. (Posl. dr. Srdínko: Vždy my vám zøídili vysokou školu zemìdìlskou, to bylo pro vás, ne proti vám!) Sie sind gegen die montanistische Hochschule Sturm gelaufen, Sie haben eine Brotfrage daraus gemacht. Sie sind bis jetzt nicht einer einzigen unserer Hochschulforderungen näher getreten und wir wissen nicht, was mit unseren Hochschulforderungen, mit der Forderung nach der Errichtung der Handelsund Wirtschaftshochschule, nach einer tierärztlichen Hochschule, was mit der Verlegung unserer Universität geschehen wird, wenn dieses Gesetz Rechtskraft erlangt. Dann haben Sie uns ganz in der Hand.

Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die Hochschulen ein Kulturgut des ganzen deutschen Volkes sind, daß sie nicht eine Angelegenheit unseres Staates sind, sondern ein Kettenglied in der Reihe der deutschen Universitäten, daß wir die Freizügigkeit behalten müssen, daß wir unsere Professoren austauschen können, daß wir die Assistenten und Studenten austauschen können. Wenn auch manchmal dieser Austausch und die Berufung von Professoren zu Mißbräuchen Anlaß gegeben hat, wenn sich auch auf èechischer und deutscher Seite ein Cliquenwesen herausgebildet hat, so wird man eventuelle Mißbräuche mit diesem Gesetz nicht aus der Welt schaffen. Nur die Schulautonomie, die wir immer und immer wieder fordern, kann auf dem Gebiete des Schulwesens Remedur schaffen, kann unser Schulwesen von der Politik befreien. Nur dadurch wird der Kulturkampf, der um das Schulwesen tobt, aus der Welt geschafft. Die Entpolitisierung der Schule ist notwendig im Interesse des Fortschrittes der Völker, die diesen Staat bewohnen, sie ist notwendig für die Zukunft unseres Staates selbst. Nur dann, wenn jede Nation ihr Schulwesen selbst verwalten darf und kann, wird endlich auch der Geist der Versöhnung in die politische Arena einziehen, den Sie uns immer absprechen. Solange wir die Schulautonomie entbehren, solange Sie unsere Schulen mit den Waffen der Politik bekämpfen, solange werden wir uns in der schärfsten Weise gegen alle Bestrebungen wenden, durch welche das Kulturgut der Deutschen angetastet werden soll. Wenn unsere heutigen Hochschulen auch durchaus noch nicht das Ideal, wie es uns vorschwebt, ist, so dürfen wir doch nicht ihre Form zerstören lassen, weil wir mit dem Inhalt nicht zufrieden sind. Unsere Aufgabe wird und muß es sein, die Form der Hochschulen mit lebendigem Geiste zu erfüllen, ihre Pforten zu öffnen für das Proletariat, das dann diese Form erfüllen wird mit dem Geiste der Freiheit, mit dem Geiste des Fortschrittes. (Potlesk na levici.)

3. Øeè posl. dr. Spiny (viz str. 1346 protokolu):

Hohes Haus! Est ist ganz selbstverständlich, daß sich über die sachliche Tendenz dieser Gesetzesvorlage reden ließe. Im alten Österreich war auch die Errichtung von Hochschulen an ein Reichsgesetz gebunden. Aber Sie werden uns schon zu gute halten müssen, wenn wir auf Grund unserer schlimmen Erfahrungen hinter allem, was kommt, und insbesondere, wenn es von gewisser Seite kommt, den Pferdefuß wittern und von großen Mißtrauen erfüllt sind. Wir können aus dem Gesetzentwurf auch wieder nur die Tendenz herausspüren, daß uns da abermals einer jener Nadelstiche versetzt werden soll, wie sie auf der Tagesordnung sind, und es wiederum ermöglicht werden soll, unsere kulturellen Bedürfnisse entweder zu hindern oder zumindest in einer Weise unter die staatliche Patronanz zu stellen, daß dann die Möglichkeit der Gewährung eben hinausgeschoben wird.

Es wird behauptet, den Deutschen sei durch die Angliederung der landwirtschaftlichen Hochschule in Tetschen-Liebwerd an die deutsche Technik ein Geschenk gemacht worden. Ja, kann ich etwas ein Geschenk nennen, wo es sich eigentlich doch nur um Übertragung einerKompetenz handelt, wo eine Landesanstalt einfach von der Staatsverwaltung übernommen wurde? (Posl. Windirsch: Die Professoren noch nicht!) Aber die Professoren selbstverständlich noch nicht. Ich bitte, doch auch zu bedenken, daß sich unter den 3 1/2 Milionen unserer Bevölkerung ein Bauernstand befindet, der sehr hoch steht und der hochentwickelten tschechischen Landwirtschaft in keiner Weise etwas nachgibt, der aber heute keine Gelegenheit hat, die nötigen Tierärzte für sich im Lande heranbilden zu können (Posl. Špaèek: My za Rakouska jsme to také nemìli!). Ja, ich bitte, "za Rakouska", das ist eine etwas "otøepaná" Phrase; ob Ihr Verhalten uns drückt oder nicht drückt, das ist etwas anderes. Es ist auch nicht klug von der Gegenseite, immer darüber zu reden, denn da kann man erwidern: Jetzt seid Ihr die "Rakušáci".

Es muß doch unsere hochentwickelte Landwirtschaft Gelegenheit haben, die Tierärzte für sich hier im Lande herangebildet zu bekommen. Sie sollen es nicht notwendig haben, daß sie an die bestehenden èechischen Anstalten gehen müssen oder etwa wie uns bedeutet wurde, nach Lemberg oder Wien. Das ist doch ein des Staates und unserer Landwirtschaft tatsächlich unwürdiger und ein schädlicher Zustand. Wir haben einen weiteren Schmerz, unsere montanistische Hochschule. Überlegen Sie doch, daß wir in Pøibram Gelegenheit zum deutschen Studium hatten, und überlegen Sie, wie uns sukzessive die Möglichkeit zur Heranbildung von deutschen Bergingenieuren genommen wird. Wir haben die Handelshochschule noch nicht, Sie haben sie bereits. Wir haben kein staatliches Konservatorium und keine Kunstfachschule. Wir haben keine Forsthochschule, und ich bitte doch zu überlegen, daß die Gründe, die Herr Srdínko im "Venkov" gegen meine Ausführung in der vorletzten Sitzung des Kulturausschusses vorgebracht hat, doch nicht ganz gelten. Wir haben die Forstakademie in Reichstadt. Ich frage, wieviel braucht es noch, um diese zu einer Forsthochschule umzubilden? Es braucht nur noch ein bißchen guten Willens und ein bißchen demokratischen Gerechtigkeitsgefühls.

Wir fühlen aus allem und wir fühlen insbesondere aus der Art und Weise, wie man diese Dinge macht, den Geist heraus, der unser Schulwesen so furchtbar gedrosselt hat. Ich brauche Ihnen den Namen des Mannes nicht zu nennen, ich weiß, daß vielen von Ihnen der Name hoch steht, der für uns den Vernichter eines großen Teiles unseres blühenden Volksschulwesens bedeutet. Das sind Sachen, die man nicht zu Agitationszwecken hier im Hause ausspricht, das man sind traurige Tatsachen, und wenn der Hauptansturm auf deutschen Schulwesen im Jubiläumsjahr Komenskýs geschehen ist, dann ist das etwas beispiellos Trauriges und es ist schwer zu hoffen, daß wir unter solchen Verhältnissen zu einem gerechten Übereinkommen der Völker in diesem Staate gelangen können. Ich kann Sie versichern, unserem Landvolk draußen hat nichts so sehr ans Herz gegriffen, nicht die Kriegsanleihe, nicht die Erlebnisse des Umsturzes, nicht der 4. März, als eben die Schließung der Schulen. (Sehr richtig!) Das ist ein Ehrenzeugnis für unser Volk. (Posl. Knirsch: Nicht nur das Landvolk, das ganze deutsche Volk!). Wer aber am meisten da von betroffen worden ist, das sind die kleinen Gemeinden mit ihren einklassigen Schulen. Überlegen Sie doch, daß diese kleinen einklassigen Schulen das Juwel und der Stolz der Gebirgsgemeinden sind: ganze Generationen haben gespart, bis sie endlich die Schule gründen konnten, und jetzt wird mit einem Federstrich der politischen Landesverwaltung die Schule beschlagnahmt und eine anderssprachige Schule angesiedelt oder die Schule ganz aufgehoben. Denken Sie doch immer daran, daß das oberste Hauptgesetz jedes Streites das sein muß, daß man sich auch in die Psyche des anderen Teiles hineindenkt. Aber diese Fähigkeit verlieren Sie vollständig als beati possidentes. (Posl. Špaèek: Vy jste ji nemìli nikdy!) Nach Ihrer Meinung, Herr Kollege Špaèek, haben wir sie allerdings niemals gehabt. Dagegen streite ich nicht.

Ich könnte noch auf unsere Universität verweisen, ich könnte das Klagelied wieder anstimmen, ich tue es nicht. Das sind Sachen, über die die zivilisierte Welt einer Meinung ist. Alte geschichtliche Zusammenhänge sind da zerrissen, alte Rechte und alter Besitzer vernichtet worden und man hört auch von èechischer Seite die Meinung, daß es nicht notwendig war, der deutschen Universität gegenüber soweit zu geben. Was ist letzthin geschehen? Letzthin hat ein Leseverein unserer deutschen Hochschulen, die "Germania", nach 7 Jahren wieder seinen Jahreskommers gehalten. Überall weiß man, daß ein solcher Kommers nichts anderes ist, als ein paar Stunden der Erhebung und geselligen Beisammenlebens. Was hat nun, Herr Kollege Špaèek, ihre Presse daraus gemacht? (Posl. Špaèek: Co tam stálo? Já jsem to neèetl!) Ja dann müssen Sie eben Ihre Presse lesen! (Posl. Špaèek: Bursácký buml nás nezajímá!) Aber es ist kein "buršácký buml", gar keine Idee. Wenn Ihre Sokolen in ihrem Festkleid zusammenkommen und eine Feier machen (Posl. Špaèek: To jest docela nìco jiného!), so müssen Sie im demokratischen Staat unseren Studenten doch auch zugestehen, daß sie in einem geschlossenenRaum bei einer akademischen Feierlichkeit in der Kappe und im Cerevis kommen. (Posl. Špaèek: Proti tomu nic nemám!) Ich nehme das dankend zur Kenntnis und es würde mich freuen, wenn Sie Ihr Entgegenkommen soweit ausdehnen könnten, daß deutschen Studenten auch in der Öffentlichkeit sich wieder mit Farben zeigen könnten. (Posl. Špaèek: To už zase ne! To je reciprocita, jak vy to dìláte v Chebu sami!) Wundern Sie sich nicht! Das scheinen fürSie Äußerlichkeiten zu sein. Sie beurteilen das ganze deutsche Studentenwesen nach Äußerlichkeiten, weil auch diejenigen von Ihnen, die an deutschen Hochschulen studiert haben, nicht hin eingefahren sind in diesen Schacht, aus dem sich soviel Gold herausholen läßt, und wo tatsächlich das Schönste und Höchste für unsere Jugend schlummert. Der Mensch hängt nun einmal an diesen kleinen Zierden des Lebens und unsere akademische Jugend an ihren Symbolen. Wundern Sie sich nicht, daß Prag dann für unsere Jugend eine ungastliche Stätte wird und immer lauter der Ruf ertönt: "Los von hier, wo wir nicht mehr existieren können!" (Posl. Veverka: Nic se jim nestalo!) Bis jetzt noch nicht, aber der letzte Satz des Artikels der "Národní Listy" deutet schon ganz deutlich darauf hin, "že se nìco stane". (Posl. Špaèek: Pane profesore, kolik škol støedních, gymnasií zøídilo Rakousko naší menšinì ve Vídni?) Wenn Sie wollen, gebe ich hier vom Rednerpult aus die Erklärung ab, daß im alten Österreich Ihr nicht so saturiert wart wie wir. Ich sage es ganz ruhig, aber dafür können wir doch ni cht. (Posl. Špaèek: Ani v dnešním Rakousku! Jsou tam naši bratøi!) Was das heutige Österreich betrifft, so können wir doch auch nichts dafür. Aber wir wünschen, daß Sie nicht jeden Unsinn des alten Österreich in Ihrem neuen Österreich nachahmen.

Ich kann zusammenfassen: Wir wünschen nur, daß wir auf der Gegenseite mehr Verständnis für unsere Kulturbedürfnisse, ohne Rücksicht darauf wie es im alten Österreich gehandhabt wurde, finden würden. Das wäre ein Mittel, um manchen Schmerz, den wir bis jetzt erlitten haben, wenn nicht vergessen zu lassen, so doch zu mildern. Ein Einfluß des Staates bei der Errichtung von Hochschulen, darüber ließe sich reden, aber ich meine, daß, wenn einmal ein vernünftiger Minister sich findet und etwas Vernünftiges tut, daß dann unbedingt nicht die Sache sogleich unmöglich gemacht werden muß. Wir verlangen in diesem Staate auch auf dem Gebiete der Schule nichts geschenkt. Geben Sie uns die Möglichkeit, daß wir für unser Kulturwesen selbst sorgen können. Geben Sie uns diese Möglichkeit und Sie werden sehen, daß ein Großteil der Streitigkeiten aufhören werden. Tun Sie das Ihre dazu. (Potlesk na levici. - Posl. Špaèek: Abyste nás tak germanisovali jako jste to dìlali!) Herr Kollege, weil Sie sich nicht ändern können, weil Sie von sich zu gut wissen, daß Sie Ihre "Mentalität" nicht ändern, schließen Sie, daß auch wir uns nicht ändern. Wir sind durch die harte Schule des Krieges durchgegangen, wir sind durch die Schule des Umsturzes durchgegangen, drei Jahre leben wir in diesem ungastlichen Staat. Wir haben manches umgelernt, Herr Kollege, (Posl. Špaèek: My tøi sta rokù, a vy jen tøi roky!) Es ist an Euch! Die weisesten Geister unter Euch stehen in dieser Beziehung auf einem anderen Standpunkt als Eure Chauvinisten. Ich möchte nur wünschen, daß im Volke des Comenius auf dem Gebiet des Schulwesens der chauvinistische Geist nicht zum alleinherrschenden werde! (Potlesk na levici.)

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