Pondìlí 21. listopadu 1921

Noch eines: Um sich auch in dieser demokratischen Republik die Möglichkeit freizuhalten, Strafen zu verhängen, wie man will, hat man das kaiserliche Prügelpatent vom 20. April 1853 noch nicht beseitigt. Dieses Gesetz mit seinen Kautschukbestimmungen bietet der Behörde und der Polizei die Handhabe, ganz ein fach alles zu bestrafen, was sie wollen. Wenn sich jemand in einer Versammlung, im Theater, im Kaffeehaus, im Konzert oder sonst irgendwo nicht so benimmt, wie es irgendeinem Polizisten paßt, dann kann er wegen polizeiwidrigen Verhaltens ganz einfach bestraft werden. Wenn irgend welche Farben oder Abzeichen den Behörden nicht passen, wird das Tragen derselben verboten. Wer das Verbot übertritt, wird einfach nach dem Prügelpatent bestraft. Man bestraft nach dem Prügelpatent auch noch ganz andere Fälle. Vor einigen Monaten fand in Grulich ein Arbeiterbezirksfest statt und man hat dem Festredner, weil er nicht so gesprochen hat, wie es den anwesenden Spitzeln paßte, ganz einfach 200 Kronen Geldstrafe zudiktiert. Es wäre höchste Zeit, daß dieses Schandgesetz endlich einmal beseitigt wird. Man kann, wenn das bürgerliche Gesetzbuch nicht ausreicht, eine Polizeis trafordnung festlegen, über deren Rahmen hinaus dann nur die Richter zu entscheiden haben. Also man schafft Antihabsburgergesetze, man scheut sich aber nicht, mit Habsburgergesetzen Strafen zu verhängen. Weiters möchte ich noch anführen, daß dieses Prügelpatent hier in der Èechoslovakei auch eine gute Seite hat. Denn bei der überhasteten Arbeit in dieser Fabrik ist es passiert, daß bei den Strafbestimmungen beim Baugesetz der Strafvollzug vergessen wurde. Wenn sich nun jemand dem Schiedsspruch nicht fügt, was ist zu machen? Man nimmt ganz einfach das Prügelpatent, und findet eine Bestimmung, um den Strafvollzug durchführen zu können.

Was ich bisher angefhrt habe, sind nur einige wenige Übelstände, die weitere Anführung verhindert der Mangel an Rede zeit. Ihre Beseitigung ist aber unter allen Umständen dringend notwendig. Diese we nigen hier angeführten Beispiele allein zeigen schon, welche unhaltbare Zustände hier in dieser Èechoslovakischen Republik bestehen, sie zeigen aber durch ihr Bestehen allein schon, daß die Regierung nicht den Willen und den Mut hat, diese Übelstände zu beseitigen. Einer solchen Regierung können wir kein Vertrauen entgegen bringen und einer solchen Regierung werden wir das Budget nicht bewilligen. (Souhlas a potlesk na levici.)

5. Øeè posl. Kostky (viz str. 702 protokolu):

Geehrte Versammlung! Ich begreife es sehr, daß beim zweiten Teil das Interesse des Hauses besonders einsetzt. Denn der Staatsvoranschlag handelt ja von Ziffern, und der zweite Teil ist der finanzielle Teil, und darum glaube ich, daß wenige, aber vielleicht umso aufmerksamere Zuhörer anwesend sein werden. Im übrigen glaube ich, daß wir auch ganz zufrieden sein können, wenn wir in dieser schleuderhaften Behandlung des Staatsvoranschlages fortfahren, denn wenn wir die Sache etwas hinauszögern, so könnte es uns vielleicht passieren, daß wir zum Schluß noch mit einem neuen "Nachtragsbudget" überrascht würden und unsere früheren Ziffern alle wieder nicht stimmen würden. Wie wir ausrechnen können, so haben wir dieses Vergnügen bisher im Verlaufe der Beratungen bereits drei- oder viermal gehabt. Wir erhielten zuerst den gedruckten Voranschlag mit einer Ziffer von 787 Millionen Kronen. Wenn wir genauer rechnen, so wissen wir, daß wir die Investitionen auch auf Defizit zu buchen haben, also können wir von 4.050 Millionen sprechen. Dazu kommt noch der Mobilisierungsaufwand, über den die Meinungen heute noch etwas auseinander gehen. Optimisten, wie der Herr Landesverteidigungsminister, nehmen an, daß wir die 80.000 Pferde billiger bekommen werden. Ich neige der Meinung zu, daß wir, wenn wir hier eine Multiplikation durchführen, zu guterletzt bei diesen 80.000 Pferden @a 10.000 K allein auf 800 Millionen Kronen kommen und wahr scheinlich mit den beanspruchten 500 nicht ausreichen. Vorsichtig nehme ich hier eine Milliarde an. Wir sind also bei 5.050 Millionen Kronen angekommen. Nun zeigt sich in der Zwischenzeit das Defizit von 2.628 Millionen aus dem Nachtragsbudget, sodaß also das Gesamtdefizit die Summe von 7.678 Millionen Kronen erreicht und wenn wir die gesamten Ausgaben mit Inve stitionen und diesen Defiziten zusammen rechnen, so haben wir eigentlich als Ge samtausgaben in diesem Jahre die Summe von 26.562 Millionen Kronen zu verzeich nen, gewiß keine Kleinigkeit für diesen Staat, denn wir kommen hier, wenn Sie rund 13 Millionen Einwohner annehmen, auf 2000 K per Kopf. Nun ist ja wohl zu bemerken, daß vielleicht für ein sehr aufstrebendes, in der Bevölkerungsentwicklung insbesondere, sehr rasch wachsendes Staatswesen manche Ziffer leicht zu ertragen sein wird. Es muß aber zu großen Bedenken führen, wenn wir lesen, daß die Bevölkerungsziffer, die aus einer vorläufi gen Aufstellung der Volkszählung von Professor Weyr sich ergibt, im Jahre 1910 13,596.000 war und im Jahre 1921 13,595.000 beträgt. Die Bevölkerungsziffer ist also um 785 Personen gefallen. Es wäre höchst bedauerlich, wenn wir uns unseren Freunden, den Franzosen, auch in dieser Ziffer anschließen wollten. Ich glaube, die Volkskraft ist ja wohl stärker, für den Augeblick zeigt sie aber, daß wir mit dieser Ziffer, mit diesem Kopfanteil, zumindest rechnen müssen.

Keine geringe Ziffer, wenn man bedenkt, daß damit eigentlich die einzelnen Privathaushalte von vorherein belastet erscheinen. Es ist gewiß, die Rechnung stimmt nicht, der eine zahlt mehr, der andere weniger, aber bei der Durchschnittsrechnung kommen wir heute schon darauf, daß der Staat zweifellos über seine Verhältnisse lebt. Und wollen Sie uns das einigermaßen anrechnen, daß wir immer und immer wieder auf diesen Punkt hinweisen, ob Sie nun aus militärischen Gründen, ob Sie aus Gründen einer schlechten Produktionspolitik, ob Sie aus handelspolitischen Gründen diese Kopfbelastung haben; das ist schließlich gleichgültig, es zeigt aber, daß der Staat über seine Verhältnisse lebt, denn er gibt im Verhältnis zum alten Österreich, auch wenn wir den Geldwert umrechnen, das Zehn- bis Fünfzehnfache für den Kopf der Bevölkerung aus, als das damals üblich und möglich war. Es ist erklärlich, daß daran alle bisherigen Finanzkünste gescheitert sind und daß sowohl der Kriegsanleihezerberus Dr. Rašín, als auch der Künstler im Balanzieren Finanzminister Dr. Engliš und wahrscheinlich auch der gewissenhafte Bankamtsmann, unser jetziger Finanzminister, darüber nicht hinwegkommen werden, daß wir in ein Defizit immer hineinsteuern müssen. Nun, das wäre gewiß nicht das Schrecklichste, aber schrecklich finden wir es, wenn man sich dieses Defizit erst selbst in der Art und Weise mühsam zusammenrechnen muß, wie das uns hier zugemutet wird. Man wird bei der Gründung eines neuen Staatswesens Nachsicht zu üben haben, aber man verlangt Klarheit im Hauptbuch des Staates, und diese Grundforderung müssen wir hier immer und immer neu erheben. Man kann keine Klarheit haben, wenn man keinen Rechnungsabschluß hat. Und wenn man sich heute, wie das der Direktor des Rechnungskontrollamtes getan hat, darauf zurückziehen muß, daß die Beamten ihre Pflicht nicht erfüllen, so entlasse man diese Beamten, die ihre Pflicht nicht erfüllen oder nicht erfüllen wollen. Denn wir verlangen Klarheit. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe einmal in einem Industriehaushalt eine Zeitlang beobachten können, wo die Bilanz am Schlusse des Jahres um einige Kronen nicht gestimmt hat und sämtliche Beamten dieses Industriehaushaltes vom Chef durcheinandergehetzt wurden, wie sie wochenlang rechneten und suchte, um den Fehler aufzufinden; und wir können einen Rechnungsabschluß nicht bekommen, trotz dem wir nach dem Gesetze schon ein ganzes Jahr lang das Recht hätten, einen sol chen hier im Hause vorgelegt zu erhalten. Das ist eine sträfliche Nachlässigkeit und die betreffenden müssen, auch wenn sie Minister wären, zur Rechenschaft gezo gen werden. Man kommt beim Studium dieser Dinge aber auch zu der Überzeu gung, daß in diesen Verschleierungen, Schie bungen und Vertuschungen sicherlich eine gewisse Absicht vorhanden ist! Man spekuliert auf die sehr geringe Einsicht der Herren Wähler und Steuerzahler im Inlande und man spekuliert auf die noch geringere Einsicht der Herren kreditgebenden Auslän der. Wenn es in Wirklichkeit nun heißt, die Konsolidierung des Staates schreitet weiter, so macht es zum Schluß nichts, wenn auch dieses Ausbalanzieren mit etwas großen Künsten vor sich geht. Es kann ja gewiß dem gegenwä rtigen Finanzminister daraus nicht im geringsten ein Vorwurf gemacht werden, er sagte ja, er habe den Staatsvoranschlag fertig übernommen. Aber wer ist denn dann haftbar? Ich möchte nicht wünschen, daß das System einreiße, wie es leider einmal in einer Unterredung mit einem verantwortungs vollen Beamten, - wir können ihm heute gewiß schon eine ehrenvolle Grabrede halten, er sitzt nicht mehr am Regierungs tisch, - mir gegenüber gekennzeichnet wurde, indem jener Beamte sagte: "Mein Vorgänger ist schuld daran, daß diese Baumwollkredite und daß diese Zucker kredite und diese anderen schönen Kredite eingegangen wurden und daß wir sie oder das Defizit, welches daraus entstand, nicht bezahlen können; ich bin nicht dafür verantwortlich." (Výkøiky na levici.) Das kann gewiß nicht ein Prinzip sein, auf dem sich ein Staathaushalt und die Verantwortung von Beamten und Ministern aufbauen läßt. Wenn wir hier von Verantwortung sprechen wollen, wir haben ja den früheren Herrn Finanzminister selten hier im Hause gesehen und, wie ich höre, wird vielleicht auch der ehemalige Finanzminister Dr. Engliš nicht Gelegenheit haben, sich zum Staatsvoran schlag hier ausführlich als Kritiker zu äußern, denn er dürfte vielleicht einigermaßen zu tief in den ganzen Staatshaushalt blicken - wollen wir also den Vorwurf gegen das System hier erheben - es ist immer besser, nicht von Personen zu sprechen, sondern vom System und mit dem System wird es sich von selbst ergeben, daß wir denjenigen meinen, der damals sagte: wir könnten dem Staate auf den Knien dafür danken, daß er uns die Kriegsanleihe so einlöse." Ich glaube, den Herren ist bei dieser Kunst selber schon etwas "knieweich" geworden in letzter Zeit, und wenn es so weiter geht, dürfte sich wahrscheinlich dieser Zustand auch noch erweitern und vermehren. (Výkøiky.) Aber lassen Sie mich nun schnell zu den Ziffern eilen. Wir kommen hier zu einer ganz überraschenden Tatsache, wenn wir uns mit den Ziffern, ganz besonders mit jenen der Staatsschuld, etwas näher befassen. Ich weiß nicht, ob die geehrten Anwesenden schon einmal ein Potemkinsches Dorf gesehen haben. Wenn das noch nicht der Fall sein sollte, bitte ich Heft Nr. 7 des Staatsvoranschlages herauszunehmen und es aufzuschlagen, da haben Sie ein leibhaftiges Potemkinsches Dorf vor sich! Ganz genau so schaut es aus, denn wenn man ein Bißchen dahinterschaut - dahinter ist nichts und noch weniger als nichts. Es steht dort von der gesamten Summe der Staatsschuld der Èechoslovakischen Republik die schöne Su mme von 40.120,428.333 Kronen. Es ist interessant, daß diese Ziffern alle etwas Wahres haben und doch in der Gesamtheit alle falsch sind, daß ein fortwährender Wechsel in den Grundsätzen bei der Aufstellung dieser Gesamtsumme der Staatsschulden zu bemerken ist, daß sie weiters unvollständig sind, und daß man bis zum Schluß um einen bestimmten Punkt an der Nase herumgeführt wird. Nimmt man jedoch den Bleistift selbst in die Hand, dann rechnet man mit Verwunderung aus, daß die ungeschminkte Ziffer der Staatsschuld 53 Milliarden, 260 Millionen, dann noch ein paar Ziffern und zum Schluß 333 Kronen ausmacht. Bezüglich der le tzteren 333 K können Sie sich unbedingt darauf verlassen, da ist meine Ziffer ebenso richtig wie die im Staatsvoranschlag. Es ist aber meine Ziffer bezüglich der 53 Milliarden leider auch richtig, also ein Plus von über 13 Milliarden vorhanden. Und ich werde mir erlauben, Ihnen darüber noch etwas zu erzählen. Da steht zuerst: Innere Anleihen, also: Schuldenstand. Und da rechnen wir herunter, die erste Kolonne, wo die Ziffern angegeben sind, wie hoch sich die Anleihen belaufen, Freiheitsanleihe, zweite Staatsanleihe, viereinhalbprozentige Staatsanleihe, vierte Staatsanleihe diese stellen wir in die zweite Kolonne, denn bei der Kriegsanleihe wissen wir noch nicht genau, was hereinkommt. Dann kommen die Staatskassenscheine, die Bons, die fünfprozentigen Kassenscheine, Kreditoperationen - erste Kolonne; Staatsbaulose - da wieder in die zweite Kolonne als Schätzung 40 Millionen Kronen und bei der S taatsverkehrsanleihe, bei der kolossalen Bereitwilligkeit der Bevölkerung, auf diese Zwangsanleihe einzugehen, können wir schätzungsweise dafür 800 Millionen Kronen einsetzen. Wir rechnen die sicheren Anleihen der ersten Gruppe zusammen und kommen auf die Ziffer 5.753, in dem Büchel, das uns da vorliegt aber, steht 6.867. (Posl. dr. Schollich: Das ist ja ein Traumbuch!) Ja, das ist ein Traumbuch, aber so ein Traumbuch muß man auslegen. Und da kommen wir nun auf folgendes: Ein Zinsendienst ist für alle diese Posten eingesetzt - und sogar schon im Vorjahre stand er da. Für Kriegsanleihe waren schon im Vorjahre 360 Millionen eingesetzt. Auch die armen Staatsrentner waren im Vorjahre schon mit einer ziemlich hohen Millionenpost für die Renten bedacht. Ich glaube, die liegt noch heute irgendwo, wenn nicht vielleicht das Virement sich schon darauf gestürzt hat, dieses unheimliche Ungeheuer. Nun aber rechnen wir die zweite Kolonne zusammen, und kommen auf 7.840 Millionen Kronen. Da sind die 7.000 Millionen für die Kriegsanleiheschätzungsziffer dabei. Denn eine Schätzungsziffer ist nach den Angaben der Staatsschuld auch die Ziffer bezüglich der Reparationen, eine Schätzungsziffer ist die bezüglich der Verkehrsanleihe, eine Schätzungsziffer ist auch die bezüglich der Vorkriegsschulden. Welchen Grundsatz habe ich also anzuwenden: Schätzungsziffer oder sichere Ziffer? Hier aber steht eine Gesamtziffer von 6.867. Das stimmt nicht und das andere stimmt auch nicht.

Nun rechne ich weiter und finde endlich, daß wir wahrscheinlich es hier mit den tatsächlichen Zeichnungen zu tun haben. Der Zinsendienst ist zwar berücksichtigt, aber bei der Staatsschuld selbst sagt man sich: wir werden nicht den vollen Zinsendienst rechnen, sondern hier einigermaßen bescheiden vorgehen und geringere Ziffern einsetzen. Meine Herren und Damen! Das kommt mir bei einer Bilanzierung sehr zweifelhaft vor. So kann man nicht bilanzieren. Aber gehen wir weiter. Ich würde den Vorwurf nicht erheben, wenn die ersten Ziffern etwas genauer erklärt würden.

Nun kommen wir zu den ausländischen Staatsanleihen. Ich will es nicht übelnehmen, daß man dort noch das englische Pfund mit 300 Kronen rechnet. Vielleicht wird das englische Pfund wieder herunterrutschen. Jetzt geht es aber noch hinauf. Der Dollar wird mit 76 gerechnet. Heute oder gestern ist er wieder gestiegen. Das macht aber nichts. Wenn wir aber das zusammenzählen, kommen wir auf die Ziffer 2.385. Hier aber steht eine Ziffer von 8.740. Was ist das wieder? Ich blättere die Erläuterungen nach allen Richtungen durch, suche meine gesamten Kenntnisse der èechischen Sprache zusammen, nehme einen Übersetzer dazu, nehme einen Bankfachmann dazu und endlich finde ich, daß im "Vìstník" des Finanzministeriums und in letzter Zeit auch in den Zeitungen von einem amerikanischen Dollarkredit die Rede war, der 90 Millionen Dollar betragen soll. Ich weiß nicht, ob nur ich es nicht gefunden habe, aber hier in der Staatsschuld und in den Erläuterungen steht diese Ziffer nicht. Es ist also zweifellos zumindest eine rechts schleuderhafte Aufstellung der Staatsschuldenziffern. (Výøiky na levici.)

Wir müssen also zusammenrechnen, müssen neu bilanzieren und kommen hier, wenn wir diese Dollar umrechnen, zu einer Summe von 10.856,000.000. Nun denke man weiter nach, ob wir denn nicht im Vorj ahre hier auch einige Kredite beschlossen haben. Die müßten doch auch irgendwo erscheinen. Wir bekommen heute als Privatleute eine Elektrifizierungsanleihe zugeschickt, die zu verzinsen ist und werden zur Zeichnung im eigenen Interesse aufgefordert. Das klingt nach Zwang, d. h. wenn ihr nicht zeichnet, kommt etwas anderes nach.

Dann hören wir, daß die Banken untereinander über ein Mehlkredit verhandeln. Da hängen noch irgendwo 2.2 Milliarden in der Luft, und noch so manches. Es hängen z. B. seit dem berühmten 12. August 1921, als an einem Tage die 40 Gesetze und im Senat drüben 60 Gesetze beschlossen wurden, auch noch immer eine Kreditoperation zur Vermehrung der Augmentationsvorräte, ein Gesetz zur Bewilligung eines Kredites zur Anschaffung von Eisenbahnmaterial, das Nachtragsbudget von 1920, die Elektrifizierungsanleihe und endlich die Mobilisierungskredite aus der letzten Zeit von zusammen 500 Millionen Kronen in der Luft. Das macht zusammen wieder 4852 Millionen Kronen. Nun addiere ich und finde, daß sich die Ziffer von 53.081 Millionen Kronen ergibt. Es kann uns also doch zweifellos nicht zugemutet werden, daß wir hier an dieser Stelle einer derartigen Aufstellung unsere Zustimmung erteilen! Die kleinen Korrekturen, welche im Budgetausschuß vorgenommen wurden, sind nicht grundlegender Natur, es sind zwar solche vorgenommen worden, aber sie beziehen sich größtenteils nicht auf das, was wir hier vorgebracht haben. Es ist gerade so, als ob man kleine Kinder vor sich hätte. Und ich möchte besonders die Herren von der anderen Seite, die heute nicht da sind (Veselost na levici), auffordern, daß sie es sich doch einmal überlegen, ob ihnen denn im Ernst so etwas zugemutet werden kann, daß man ihnen derartige Aufstellungen auf den Tisch hinlegt und sie auffordert, die vìtšina zu bilden. Und es kommen derartige Verschiebungen in den Ziffern vor, quod erat demonstrandum! Das war der erste Teil, ein Potemkinsches Dorf. Nun möchte ich noch so eine kleine Potemkinsche Hütte vornehmen. Ich meine nicht das Parlament hier. Denn auch hier ist häufig so etwas. Der Parlamentarismus sch eint sich heute auch immer mehr in dieser Form abzuspielen, daß tatsächlich nichts dahinter ist und daß hier die Zeit nur damit vergeudet wird, über derartige wichtige Probleme zu sprechen, ohne daß jemand zuhört. Denn es hört niemand zu, auf den Ministerbänken sind zwar hie und da gewiß einzelne Herren, aber der Herr Finanzminister hat uns noch sehr wenig in dieser Sache beehrt. Wir wollen uns aber trotzdem zu dieser zweiten Potemkinschen Hütte wenden, das ist die Behauptung von der Inflation, ein Wort, das heute durch alle Gemüter und Zeitungen geht und das zuletzt jeder haßt, wie die sogenannte "Edelvaluta", das aber überall anders verstanden wird. Ich möchte da ein bißchen nach ärztlichen Grundsätzen vorgehen, und eine Diagnose stellen, indem ich mich darüber auslasse, wann denn eine solche Inflation von Banknoten in einem Staate vorhanden ist. Denn wir sind ja bekanntlich von dem früheren Grundsatze, wo wir eine Golddeckung hatten, vollständig abgewichen d. h., die Staaten mußten davon abkommen und haben heute in ihrem Buche Forderungen an die österreichischungarische Bank als Ausweisgrundlage. Nun nehmen wir an, daß selbst das Experiment, welches durch die Zurückhaltung der Banknoten und die Überführung in Staatsanleihe dazu beigetragen hätte, die erste Inflation zu verhindern, so bleibt doch das vorhandene Kreditbedürfnis des Staates übrig. Und da stehen wir vor der Tatsache, daß wir heute Bankamt und Staatsamt in einer sehr merkwürdigen innigen Verbindung haben. Und wenn wir sehen, wie der Staat heute seine Kreditbedürfnisse befriedigt, so finden wir in dem Ausweise des Bankamtes eskomptierte Kassenscheine, eskomptierte Bons, Kreditoperationen herüber und hinüber durch die Banken und in der letzten Zeit z. B. die Bezahlung der Militärkredite durch Bons. Wir finden weiter Verschleierungen von Schulden und Staatsbedürfnissen. Was ist denn das fortgesetzte Nachtragsbudget anderes als die Verschleierung eines Kreditbedürfnisses, das der Staat hat. Er kommt eben mit dem, was er braucht, erst später an das Tageslicht. Es würde bei einem Privaten niemals geduldet werden, daß er derartig bilanziert, daß, wie Herr Kollege Taub ganz richtig nachgewiesen hat, durch Zusammenzählung der Ziffern sich heute schon ergibt, daß unser Kreditbedürfnis und die Bedürfnisse für das Staatsleben viel höher sind, als das die Ziffern dieses Budgets ausweisen. Also auch hier die Tendenz zu verschleiern, eine Inflation, die sich daraus ergeben muß, zu verdecken. Wir haben dann auch weiter das merkwürdige Gesetz gesehen, daß man wieder zu einer Art Kriegsanleiheoperation zurückkehrt. Man kann heute vom Staate Staatskassen scheine bekommen, diese werden mit 6% verzinst, man läßt sie lombardieren und zahlt bloß 5 1/2 %. Man wählt den Umweg über eine Bank und man sagt und das Ge setz sagt es auch, es werde so ein Ge schäftswechsel daraus. Nun, ich will den geehrten Banken nicht nahetreten, ich will auch nicht sagen, ob sie ihre Verpflichtungen, wenn sie ein Giro mitgegeben haben, vollständig erfüllen könnten; es ist nicht meine Sache darüber zu urteilen, aber zweifellos hat der Staat ein Interesse, hier seine Kreditbedürfnisse irgendwie zu decken und er findet keinen anderen Ausweg, als daß er sich an das eigene Bankamt wendet und Wertpapiere, wie es in dem Ausweis heißt, eskomptiert oder sich dafür Banknoten geben läßt. Ich bin der Meinung, daß wir hier eine stete Gefahr der Inflation haben und wir können es heute absolut nicht kontrollieren, ob dieselbe Person, ob dieselbe Regierung, die auf der einen Seite sich selbst Kredite gibt, nicht den Weg findet, sich vollständig ungedeckte Kredite zu geben. Denn wir haben auch gar keine Kontrolle darüber und es ist ganz unmöglich, in diese Mani pulation genau hineinzuschauen. Davon rührt auch der Antrag, der im Budget ausschuß vom Kollegen Patzel gestellt wurde, her, es möge das Bankamt bezüg lich dieser Ziffern eine genauere Über sicht geben und es ist merkwürdig, daß am nächsten Tage, beim nächsten Bank ausweis schon diese eskomptierten Wert papiere - was das ist, kann ich mir aller dings nicht recht vorstellen - darin er schienen sind. Meiner Ansicht nach kann hier das gesunde Princip nur das sein, daß die Bürger des Staates dem Staate den Kredit geben. Es muß auch bei der Geldwirtschaft die gebundene Wirtschaft aufgelöst werden und sie muß wieder zu einer privaten Geldwirtschaft zurückgeführt werden, denn nur dann ist es möglich, daß wieder Vertrauen in die Gerechtigkeit und in die Gewissenhaftig keit des ganzen Staatswesens einziehen kann, wenn sich der Bürger selbst ver anlaßt fühlt, dem Staate Anleihen zu zeichnen. Und wenn Sie unsere ganze Auf stellung der Staatsschuld durchschauen, wenn Sie kontrollieren, wie bei uns die Anleihen gezeichnet sind, so finden Sie, daß von dem Tage an, da die IV. Staatsanleihe oder Kriegsanleihe auf den Markt gekommen war, jeder Kredit der Bürger an den Staat aufgehört hat. Nicht nur die Deutschen haben aufgehört, ihn zu geben - sie konnten es zum größten Teil nicht mehr -, es hat auch der Kredit von èechischer Seite aufgehört und es hat niemand mehr von diesem Augenblick an ohne Zwang dem Staate einen Kredit geleistet. Es zeigt sich also, daß die Änderung des Gesetzes über die IV. Staatsanleihe nicht eine politische Forderung ist, sondern eine einfache Forderung des Staatshaushaltes. Es kommt hier auf den Zinsendienst zweifellos nicht an. Der Staat muß rascheste Novellierung aus rein finanzpolitischen Gründen durchführen.

Wovon lebt also der Staat? Er lebt von den Steuern, und damit kommen wir zu dem zweiten Kapitel, das natürlich in diesem Umfange, wie es hier die Zeit gestattet, überhaupt nicht ausführlich behandelt werden kann. Man kann nur ein paar Schlaglichter nach links und nach rechts werfen, man kann hier bezüglich Finanzpolitik und Wirtschaftspolitik nur Andeutungen vorbringen. Ich müßte zumindest eine doppelt so große Redezeit zugemessen haben; und übrigens interessiert sich niemand dafür und wir können uns dieseSachen aufsparen für eine bessere Zeit, oder wir können sie unseren Wählern erzählen. Ich weiß, es ist dies sehr notwendig, denn es geht ja um die Taschen der ganzen Bevölkerung, um ihr Leben, um ihre Existenz, und wenn weiter in derselben Art und Weise gewirtschaftet wird, so werden wir wahrscheinlich in Zukunft nicht bei diesen Ziffern, wie ich sie gleich bei den Steuern vorbringen werde, stehen, sondern bei den dreifachen Ziffern, und die Bevölkerung wird aufschreien und sowohl die èechische wie auch die deutsche Bevölkerung wird es sich nicht mehr gefallen lassen. Denn wir haben heute bei den Realsteuern gegenüber dem Jahre 1919 eine Erhöhung um 100 %, bei den Personalsteuern um durchschnittlich 400 Perzent, hievon bei der Einkommensteuer 500%, bei den Verbrauchsteuern um 1500 Perzent. Ja, ist das nicht geradezu eine himmelschreiende Ziffer, wo die ganze Bevölkerung darunter aufschreien müßte? Es sind ja 1500%, also fünfzehnmal so viel zahlen wir an indirekten Steuern, als wir 1919 gezahlt haben. Und da glauben Sie, es wird sich die Bevölkerung noch lange an diesem Gängelbande herumführen lassen? Sie werden sich irren, es wird eines Tages ein derartiger Widerstand kommen, möglicherweise auf der anderen Seite ein Zusammenbruch der Produktion, indem man nicht weiter kann, indem es nicht mehr möglich ist, in der Art und Weise zu leben und zu konkurrieren. Die ersten Anzeichen merken wir heute schon, wenn wir genau hinhören. Denn die Kämpfe, die heute um die Löhne geführt werden, sind keine ge wöhnlichen Lohnkämpfe mehr, es sind Kämpfe, die aus diesem Staatshaushalte herauswachsen, darum, ob der Einzelne in diesem Staate noch existieren kann, oder ob er in dem Augenblicke, wo er die For derung um sein Leben stellt, mit dem Staate selbst in Konflikt gerät. Sie sehen, das sind Fragen, die ein größeres Interesse eigentlich hervorrufen sollten als bisher. Wenn wir hören, daß die Per sonalsteuern vom Gesamteinkommen des Staates - ich rechne die Post, die Eisen bahnen und die Einnahmen aus dem Berg werken ab - 30% betragen und die Ver brauchssteuern 60%, so ist dies unerhört. Die Staatslasten werden auf die Schultern der Allgemeinheit gewälzt, sagt man. Ich glaube, aber die Allgemeinheit hat Recht, wenn sie sich dagegen wehrt, denn das ist kein Prinzip, das ist eine Verschleierung. Man will in dem Augenblicke sagen, es wird die Allgemeinheit herangezogen, aber es ist dies kein demokratisches Prinzip, denn diese Steuern sind gerade vom demokratischen Standpunkte aus am meisten zu bekämpfen. Darunter haben wir die Umsatzsteuer und die Kohlensteuer; diese beiden Steuern bedeuten ja 50 % der indirekten Steuern überhaupt.

Nun entsteht augenblicklich die Frage - und das müßte natürlich bezüglich verschiedener Industrien hier ausgeführt werden - ob Industrie, ob Handel, und damit indirekt diejenigen, die die gesamten Konsumenten darstellen, im Stande sind, diese Steuern zu tragen, ob es sich nicht zu guterletzt schon bei der Produktion bemerkbar macht, daß sie nicht mehr produzieren kann, wenn man sie mit Steuern, wie es heute die Kohlensteuer ist, belastet. Einige Daten über diese Kohlensteuer möchte ich hier anführen, denn sie sind äußerst bezeichnend. Wir haben vor zwei oder drei Jahren eine Kohlenkrise wegen Kohlenmangels gehabt. Wir haben heute, wie allgemein zugegeben werden kann, eine Kohlenkrise wegen Überproduktion, und wenn wir die Ziffern der Förderung pro Tag und des Absatzes pro Tag gegen die des Jahres 1919 stellen, so finden wir im Jahre 1919 in all den sieben Stein- und Braunkohlenrevieren eine tägliche Verladung von 4700 Waggons; sie steigt bis Feber 1921 und von da fällt sie herab und wir sind im Oktober wieder auf 4760 Waggons angelangt, also bei derselben Ziffer, wie im Jahre 1919. Es ist dies im Inlande die Hälfte des Verbrauches wie vor dem Kriege. Dabei wird heute der Export der Industriekohle von Tag zu Tag schwieriger. Die Kohlenproduktion auf der ganzen Welt ist nachgewiesenermaßen in eine Krise geraten. Wir hören, daß sich in England die schwersten Kämpfe darum abgespielt haben, daß die Löhne der Kohlenarbeiter herabgesetzt werden, nachdem die Regierung durch vier Monate in England Zuschüsse den Arbeitern gewährt hat. Wir sehen heute, daß Holland, Frankreich, Polen, England überall die Kohle anbieten, und in dem Augenblick kommt für unsere Kohlenproduktion der Marksturz dazu. Was der bringen wird, können wir heute noch nicht beurteilen. Es zeigt sich heute schon, daß man Kohle nach Brüx und Falkenau, wie ich höre, aus Deutschland bringen kann, wenn die Zollbeamten sie hereinlassen würden - sie lassen sie nicht herein - zu demselben Preise, wie sie dort produziert werden kann. Die großen österreichischen Fabriken arbeiten, wie ích höre, nur mehr mit deutscher und englischer Kohle und es ist auch in der letzten Zeit festgestellt worden, daß die staatlichen Schächte bei ihrem Export in die Markländer heute pro Waggon, wie ich höre, einen Verlust im Export von 400 bis 500 Kronen haben, also nicht mehr exportieren können. Da freilich sagt man, wir sollen in Kronen fakturieren. Aber es ist unmöglich, daß die deutsche Produktion, die unsere Braunkohle früher aufgenom men hat - sie hat seinerzeit in Holz und Kohle von unserem gesamten Export 18% aufgenommen, auf Kohle entfällt davon vielleicht die Hälfte - sie wird jetzt auf nehmen können; sie kann nicht mehr mit diesen Marken produzieren. Auch bei uns in der Großindustrie zeigt sich, daß eine Reihe von Großindustrien die Produktion einstellen muß, wenn sie weiter zu diesem Kohlenpreis ihren Steom beziehen soll. Z. B. höre ich, daß unsere chemische In dustrie Karbid, Ätzkali, Ätznatron usw. kaum mehr produzieren kann, weil Deutschland beinahe zu demselben Preis im Inlande Ware anbietet, den die inlän dische Industrie allein für den Strom für diese Produktion bezahlen muß. Man hat bei uns ein Kohlensteuergesetz geschaffen, d. h. seinerzeit von Deutschland abgeschrieben, und leider dabei vergessen, daß Deutschland dieses Kohlensteuergesetz hauptsächlich zu dem Zwecke geschaffen hat, um den Verkauf der Kleinkohle zu drosseln. Es wird briketiert, Kohle wird umgewandelt, extrahiert, man hat Alumi niumfabriken und große Werke für Stick stoff an der Kohle selbst sitzen, mit un geheueren Kapazitäten, die wir in unserem Lande nicht haben. In der Art und Weise wird dort die Kleinkohle verwendet. Bei uns werden monatlich 100.000 Tonnen Kleinkohle auf die Halde geworfen und ge hen dabei zugrunde. Das ist unsere Pro duktionspolitik allein bei der Kohle, und mit solchen Grundsätzen wollen wir produktionsfördernd eingreifen bei allen Industriezweigen, und wollen zu guter Letzt auch dem Arbeiter den entsprechenden Lohn bewilligen.

Das sind Tatsachen, die sich immer deutlicher bemerkbar machen. Es ist zweifellos, daß die vorige Regierung, insbesondere der Arbeitsminister, schon entschlossen war, bei dem Kohlenverkauf überhaupt die staatliche Gebundenheit aufzuheben. Trotzdem haben wir noch weiter unsere Kohleninspektorate, wir haben hier Leute, die manchmal von der Kohle am allerwenigsten verstehen, aber sich sehr wohl darauf verstehen, rein èechische Urkunden und rein èechische Briefe an alle Kohlenabnehmer herauszugeben.

Wenn Sie nun andere Industrien hernehmen, so sehen Sie heute, daß in derselben Lage, beinahe in einer bedrohlichen Situation, sich eine Reihe von Exportindustrien befindet. Und zwar klagen zum Beispiel die Exportindustrien auch darüber, daß die Handelspolitik heute zu geschlossenen Gebieten führt, zu chinesischen Mauern, die überall errichtet werden, wo sie bisher noch nicht errichtet waren. Amerika führt heute Zölle ein, die derart horrend sind, daß die Gablonzer Industrie befürchtet, 50% ihres gesamten Absatzes nach Amerika zu verlieren. Trotzdem ist alles umsonst, wenn man den hohen Herren der Regierung eindringlich vorstellt: "Schaffen Sie um Gottes Willen die Beschränkung des Exports ab, schaffen Sie die Ausfuhrbewilligungen ab, die Industrie, der Export werden sich kümmern, wo sie die Waren unterbringen, und geht es nicht nach Amerika, so wird es wahrscheinlich anderswo hingehen, nach China, nach Japan, Indien oder Afrika und sie wird die Waren dort verkaufen."

Trotz alledem ist es bis zum heutigen Tage nicht gelungen, die Exposituren, welche genaue Aufstellungen darüber zu geben haben, was denn dort an jedem Tage exportiert wird, und jede Expedition auch zu bewilligen haben, wirklich aufzulösen. Ich höre zwar und lese heute in den Zeitungen, daß eine Reihe von Exposituren aufgelöst wird, aber der Hauptexportplatz Gablonz soll weiter noch mit diesem Beamten beglückt sein. Ja, ist das produktionsfördernd? Ich glaube nicht und wir müssen überlegen und müssen sagen, daß wir hier nicht allein Sparmaßnahmen, sondern auch wirkliche Maßnahmen, die im Interesse der Industrie und der Exportförderung liegen, unbedingt raschestens durchführen müssen. Denn wir erfüllen hier zwei Zwecke. Auf der einen Seite werden die Schranken der staatlichen Bewirtschaftung gemildert, auf der anderen Seite werden die Kosten des Staatshaushaltes heruntergesetzt. Denn Sie müssen sich vorstellen, daß das eine hübsche Anzahl von Beamten ist, die bisher dabei ihr Auskommen gefunden haben; ich weiß die Ziffer nicht so genau, gewiß laufen da Hunderte von Beamten herum. Wir haben im ganzen 24 staatliche Beamte gehabt und diese 24 Beamten hatten nichts anders zu tun, als dort die Ausfuhr genau zu studieren und die Expedition zu studieren. Das scheint einer der Hintergründe zu sein, auf welchen ich hinweisen möchte und den wir vom deutschen Standpunkt unbedingt bekämpfen müssen; es geht nicht an, daß auf dem Umwege derartiger Exportgesellschaften die Exportkontrolle die Fakturen genau kontrolliert und dann möglicherweise das Geschäft in andere Hände zu bringen sucht. Wir haben eine Wirtschaftskrise, und es ist dies eine Welt wirtschaftskrise, die sich auf die Sieger länder ebenso erstreckt, wie auf das arme besiegte Deutschland. Ich glaube aber, es obliegt nicht den staatlichen Funktionä ren, gerade diese Beziehungen, welche sich heute von Land zu Land gemeinsam erge ben, noch durch Bemerkungen zu stören und wieder nach der bösen Seite zu ver schärfen. Es hat ein staatlicher Funktio när, Minister Novák, vor einigen Tagen nach Mitteilungen der "Prager Presse" in Königgrätz erklärt, Deutschland habe ein sehr gewagtes Spiel mit sich selbst ge spielt. Er sagte: "Bedenken Sie doch, wie Deutschland in den ganzen drei Jahren den Grundsätzen einer soliden Handelspolitik untreu geworden ist." (Výkøiky na levici.) Ich glaube, wir haben nicht den geringsten Grund, den Balken im eigenen Auge nicht zu sehen und dabei Splitterrichter über andere sein zu wollen. Denn es ist zweifellos, daß solide Handelspolitik derzeit auf der Welt überhaupt nicht gemacht wird seien wir einmal ehrlich - und es ist zweifellos, daß wir den Sukzessionsstaaten gegenüber von hier aus ebenfalls nicht die solideste Handelspolitik gemacht haben. Est ist vielleicht ebenso zweifellos, daß wir gegenüber Amerika, bei den Mehleinkäufen, und bei Baumwolleinkäufen auch nicht immer die Grundsätze der Solidität bis zur letzten Konsequenz beobachtet haben, und es ist endlich evident, daß Frankreich, was die Handelspolitik anlangt, die arme Èechoslovakei nicht nach den Grundsätzen einer soliden Handelspolitik behandelt hat. Das ist sicher. Wir haben also durchaus keinen Anlaß, hier als Richter über andere aufzutreten, wir haben es auch nicht notwendig, heute uns mit Deutschland besonders einzulassen, denn wir müssen unsere Waren nach Deutschland exportieren; und wenn man Ihnen gesagt hat, daß der Brüxer Markt allein an Kohle monatlich heute 10 Millionen verliert, an den Markschlüssen, die er nicht mehr ändern kann, so ist das eine Katastrophe, die aus der Weltwirtschaftskatastrophe hervorgeht; es mag gewiß nicht Gerechtigkeit sein, die sich ergibt, es ist vielleicht wirtschaftliche Zwangsläufigkeit in den Zusammenhängen, aber wenn ich auf ein Rad im wirtschaftlichen Getriebe sämtliche Treibriemen einer Fabrik hängen werde, wird dieses Rad entweder stehen bleiben, wie man das heute bei Deutschland versucht, oder es wird wahrscheinlich nach allen Seiten hin zerspringen, und Unheil und Verderben ausstreuen.

Darauf müssen auch wir sehr wohl achten, denn der Fehler liegt darin, daß man hier alle Treibriemen auf das eine Rad hängen will; wir können wohl sehr dankbar sein, daß uns die Franzosen nach allen Richtungen hin erzogen haben, nach dieser Richtung sind die Franzosen selbst wirtschaftlich nicht erzogen und blind. (Souhlas na levici.)

Wir könnten natürlich noch viel ausführlicher von Sparmaßnahmen sprechen, die für das Budget von großer Wichtigkeit sind. Heute heißt es in den Zeitungen, es werde sich deutlich zeigen, und die èechische Öffentlichkeit interessiere sich dafür, ob die Deutschen loyal gesinnt sind, an diesen notwendigen Verbesserungen des Staatsvoranschlages und des ganzen Wirtschaftslebens hier mitzuarbeiten, ob sie auf dem Boden des Staates stehen, ob wir uns also eine derartige Kritik hier überhaupt erlauben dürfen oder ob wir nur zu parieren haben. Zu meinem Vergnügenschlage ich sehr häufig nach in den alten Berichten des österr. Parlamentes und da finde ich im Jahre 1910 einen bedeutenden Mann des èechischen Wirtschaftslebens, der auch in politischer Beziehung sehr viel geleistet hat, Herrn Dr. Zahradník, der da sagte: "Wir bleiben gute und aufrichtige Slaven und Böhmen, geradeso wie Sie (zu den Deutschen ge wendet) Schufte wären, wenn Sie nicht gut deutsch blieben. Aber wir und unser ganzes Volk wollen auch gute Österreicher bleiben und wir wollen dieses Österreich mit allen unseren Kräften, mit Gut und Blut stark machen, um uns darin zu erhalten und unser Volkstum darin zu bewahren." Wollen Sie eine solche Erklärung von uns hier haben? Ich glaube, wir könnten sie Ihnen geben, aber Sie selbst würden dar über lachen, denn die Ereignisse haben derartige Erklärungen Lügen gestraft. Wir blättern ein bißchen weiter in der selben Debatte und es sagte wiederum ein èechischer Redner: "Wir sind zwar in Böhmen in der Majorität, aber von meinem nationalen Standpunkt, weil ich in der Nationalität des anderen meine eigene ehre und die des anderen so wie meine eigene, würde ich dagegen sein, daß wir eine Gewaltpolitik gegen die Deutschen machen, auch wenn wir so stark wären, sie machen zu können. Das habe ich" - so sagte der betreffende Redner - "in Peters burg gesprochen." Er sagt weiter, daß man einen Frieden unter den Nationen nicht so mache, daß man einfach dem an dern seine Forderungen aufoktroiere. Herr Dr. Kramáø hat im Jahre 1910 diese Äußerung im österreichischen Parlament gemacht. Will Herr Dr. Kramáø und damit die geehrten Mehrheitsparteien auf dem Boden dieser von ihm selbst verkündeten Grundsätze das, was an Ungerechtigkeit in den Verfassungs- und Sprachengesetzen und an nationaler Bedrückung in diesem Staate geschah, einer Revision unterziehen, will er mit diesen Grundsätzen eine Plattform für gemein same Arbeit schaffen, so werden Sie die Deutschen in diesem Staate zum Abbau der Hauspolitik und Aufbau einer gesun den Wirtschafts- und Finanzpolitik bereit finden. An Ihnen ist es also, diese Plattform zu schaffen! (Potlesk na levici)

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