Ètvrtek 19. kvìtna 1921

Das sind unhaltbare Zustände, und es muß mit dem größten Nachdruck verlangt werden, daß die Regierung den leidigen Fragen des Transportes nach Südslavien ihre vollste Aufmerksamkeit widmet, damit so rasch wie nur möglich eine Remedur geschaffen wird. Bei etwas gutem Willen müßte wohl erreicht werden, daß die heimischen Waggonladungen mit beschleunigten Güterzügen durch Deutschösterreich befördert und die Zollmanipulationen in SHS abgekürzt werden.

Auch mit jenen Nachbarstaaten, mit denen noch keine Handelsverträge bestehen, ist der Transportfrage ein besonderes Augenmerk zu widmen; denn mit der günstigen Lösung derselben steht und fällt die Möglichkeit eines Geschäftsverkehrs überhaupt, und die allerbesten Handelsverträge werden uns nichts helfen, wenn den bisherigen desolaten Transportverhältnissen nicht so abgeholfen wird, daß der Käufer die Gewähr hat, seine Ware in 3, längstens 4 Wochen zu besitzen. Es kann daher nicht laut und oft genug betont werden, daß eine glückliche Lösung die denkbar größte Förderung bedeuten würde. Denn die gegenwärtigen Zustände, wo kein Tag vergeht, oh ne daß wegen der langen Reisedauer Firmen Verluste auf sich nehmen müssen, sind ganz und gar unhaltbar und diese Zustände schreien förmlich nach schleunigster und gründlichster Abhilfe.

Die berufenen Faktoren, die Herren des Handels-, Außenhandels- und Außenministeriums etc., werden ja in Kürze in Portorose Gelegenheit haben, über alle diese Fragen zu unterhandeln, und es muß ihnen klar gemacht werden, daß sie bei diesen Verhandlungen alles aufbieten müssen, um einen raschen Transport unserer Sendungen bis an die Grenze und an dieser selbst eine beschleunigte und bevorzugte Zollbehandlung durchzusetzen.

Am besten wäre allerdings, wenn es ermöglicht würde, unsere Textilerzeugnisse im Austausch gegen die Bodenprodukte Rumäniens, SHS und Ungarns zollfrei einzuführen, wodurch das Manko betreffs Ernährung oder Inanspruchnahme teueren Auslandskredites und der Valuten rasch und billigst gedeckt werden könnte.

Lebhafte Beunruhigung hat bei uns in Nordböhmen die Nachricht einiger Tagesblätter hervorgerufen, daß Italien gleichfalls jener Begünstigungen teilhaftig werden soll, die den Nachfolgestaaten aus dem § 220 des Friedensvertrages von St. Germain zukommen. Sollte diese Nachricht auf Tatsachen beruhen, würde dies eine derart schwere Beeinträchtigung speziell auch der Warnsdorfer Industrie bedeuten, daß das Parlament seinen ganzen Einfluß zur Eliminierung dieses Zugeständnisses an Italien aufbieten müßte.

Eine wichtige Forderung unserer Industrie ist auch die Besserung der Postverbindung mit den Nachbarländern. Denn die heutigen Zustände, wo z. B. Brief und Antwort mit Wien mindestens 8 Tage, mit SHS sicher 10 bis 12 Tage erfordern, machen einen geregelten Handelsverkehr direkt unmöglich, und die maßlose Verteuerung der Telegrammspesen mit dem Ausland erschwert ebenfalls eine Verständigung mit den Kunden ganz außerordentlich.

Eine große Anzahl von Wünschen hegt die nordböhmische Industrie auch bezüglich des internen Verkehres. Auch im Innern ist eine Besserung der Postverhältnisse erforderlich. Die Vermehrung, resp. Beschleunigung der Postambulanzen wird schon seit langem erwartet, ebenso auch, daß die desolaten Telephonverhältnisse eine gründliche Besserung erfahren. Die eben aufgelegte Investitionsanleihe, für die sich die Industrie bei 6 % Verzinsung das Geld zu 12 % bei Kreditinstituten ausborgen muß, nimmt wohl dem Postministerium die letzte Ausrede, welche eine Abhilfe der gerügten Übelstände bisher gehindert hat.

Die endliche Überführung der in Wien bei den Banken in alten Kronen erliegenden Gelder, ferner der beim Postsparkassenamt geführten Kontis muß endlich einmal erledigt werden, aber so, daß die Besitzer den vollen Gegenwert in Kè erhalten, zumal sie bei rechtzeitiger Verständigung dieselben längst hätten und die Gelder nicht jahrelang unproduktiv in Wien liegen müßten.

Lebhafte Beschwerde muß auch über die Handhabung der Steuergesetze geführt werden. Die Wirkungen der an und für sich schon abnorm hohen, ruinösen Steuern werden noch ins Unerträgliche verstärkt, wenn sich Fälle ereignen, wie der in Warnsdorf, wo einer Fabrik für beide vorangehenden Jahre fast eine halbe Million Kè vorgeschri eben wird, im April bereits das dortige Steueramt ohne Mahnung Exekution führt und wenige Wochen später schon die Feilbietung ausgeschrieben wird. Die Warnsdorfer Industrie und die ähnliche anderer Orte arbeitet mit Anspannung aller ihrer Kredite auf Lager, beugt dadurch unter großen Opfern der Arbeitslosigkeit vor, erspart dem Staate Unsummen an Arbeitslosenunterstützung und trägt durch Beschäftigung der Arbeiter wesentlich zur Hintanhaltung der leicht begreiflichen Unruhen bei. Jedes einzelne Unternehmen verliert enormes Geld, und es ist nicht zu viel verlangt, wenn gefordert wird, daß der Staat diesen schwierigen Verhältnissen durch eine liberale Auslegung der Steuergesetze Rechnung trage. In diesem Sinne wäre auch eine Novellierung der Erwerbsteuer nach dem 2. Hauptstück dringend geboten, denn die dieser Steuer unterworfenen Aktiengesellschaften und Gesellschaften m. b. H. drohen unter der Last der Steuern direkt zusammenzubrechen, ein Faktum, das übrigens auch seitens der Finanzverwaltung zugegeben wurde, ohne daß aber bisher eine Anderung der Rechtslage erfolgt wäre. Stellung muß auch gegen eine etwaige Verdoppelung der Umsatzsteuer genommen werden, weil diese ganz darnach angetan wäre, die bereits eingetretene Verbilligung aller Bedarfsartikel ins Gegenteil zu verkehren. Eine dringende Forderung der heimischen Industrie ist ferner die nach dem Abbau der immens hohen Frachtraten. Speziell im Verkehr mit den Nachbarländern sollte durch Durchrechnung der Tarife, Aufstellung direkter Exportsätze, zumindest für gewisse Industrien, den Exporteuren der Wettkampf mit den übrigen Konkurrenzländern, die in dieser Hinsicht vorangehen, erleichtert werden. Der Abschluß von Rechtshilfeverträgen oder die Aufnahme entsprechender gegenseitiger Begünstigungen in den Handelsverträgen ist bereits zur Notwendigkeit geworden, und es ist nicht einzusehen, warum mit den neu entstandenen Staaten, die doch meistens ein Re chtsverfahren haben, nicht jene Vereinbarungen Geltung haben können, die früher zwischen Österreich und Ungarn bestanden.

Zusammenfassend sei nochmals gesagt, daß die nordböhmische und speziell die Warnsdorfer Industrie ihre Existenzfrage in der möglichsten Förderung und in einer in jeder Hinsicht klaglosen Abwicklung des Exportes in die Nationalstaaten sieht, und sie bittel, allen diesen Bestrebungen die denkbar größte Aufmerksamkeit und Energie zu widmen.

Wie sehr ordnende und sichernde Handelsverträge, freiere Bewegung der Industrie und Abstellung verblendeter politischer Theorien im hiesigen Handelsamte nötig sind, zeigen die Beschwerden noch vieler anderer Industriezweige, z. B. der berühmten mährischen Proßnitzer Industrie. Diese hatte im vorigen Jahre anfangs verschiedene gute Exportanbote gerade nach Südslavien zu verzeichnen. Die Handelshäuser in SHS wollten im Sinne ihrer alten Gepflogenheiten solche Waren bei ihren alten Vermittlungshäusern in Wien ankaufen. Die Proßnitzer Konfektionäre hätten sehr gerne über Wien nach Südslavien exportiert. Dies wurde ihnen aber vom Prager Handelsamte verwehrt.

Bei der Förderung des Absatzes und der Verkehrsmöglichkeiten, ferner bei Vermeidung erdrückender neuer Andrehung der Steuerschraube, die ein ganzes Bukett von Finanzplänen, u. a. die Erhöhung der Umsatzsteuer, androht, sollten die der Praxis fernestehenden Amtstheoretiker sich von erfahrenen Praktikern denn doch mehr als bisher raten lassen. Sie würden über das Verkehrswesen, die Kriegsanleihe und die Steuern dann viel mehr realpolitisch denken lernen.

Ich habe vorhin speziell von Südslavien und der Proßnitzer Angelegenheit gesprochen und möchte noch einige Minuten dabei verweilen. Das Handelsamt hatte verlangt, die Proßnitzer Exporteure sollten direkt nach Süden liefern und sich dort Handelshäuser, Übernahmsstellen etc. gründen oder bestellen. Vergeblich war ihr berechtigter Einwand, daß sich so etwas augenblicklich nicht schaffen lasse und erst in einigen Jahren möglich sei, und andererseits, daß die alten Gewohnheiten der südslavischen Käufer, die sprachlich, verkehrsmäßig und nun einmal auch ihrer Unterhaltungslust wegen Wien gerne aufsuchen, sich nicht wegdiktieren lassen. Der Verkäufer muß sich in solchen Dingen doch den erwünschten Kunden anbequemen. Der Prager Prestigefrage wird einfach die Absatzgelegenheit hintangesetzt, und lieber soll die Industrie stocken, lieber werden die Kosten der Arbeitslosenunterstützung und die ganzen Steuern geopfert. Einer so unbegreiflichen Handelspolitik müßte doch, so meine ich, der Finanzminister schon aus geldlichen Gründen opponieren. Handelsverträge, die derartige Bewilligungen und Vereinbarungen im vorhinein überflüssig machen, sind somit wünschenswert.

lch will nur noch kurz etwas über Schlesien sagen. Die Wirkungen der heillosen Zentralenwirtschaft und der Zwangssyndikate haben sich durch die schon erwähnten Bestimmungen über Baumwolle und Wolle den Fabrikanten, Arbeitern und dem ganzen Publikum, also dem Staate, in traurigster Weise fühlbar gemacht. 6 bis 8 Milliarden, das ist kein Pappenstiel; auch wirtschaftliche Großbetriebe werden durch solche Abzapfungen blutleer.

Die kleinen Weber, Sticker oder Spinner z. B. in Schlesien, die 40 kg Wolle um zirka 159 K annehmen müssen, während sie um 40 K im freien Handel erhältlich wäre, bekommen ihre Häuschen einfach zwangsweise mit Hypotheken belastet, unter denen ihr kleiner Besitz schließlich zusammenzubrechen droht.

Zwecks Ergänzung des Fahrparkes fordert jetzt die Regierung - wir haben das in den Vorlagen - 540 Millionen Nachtragskredite für das Bahnwesen. Wenn aber alle Bahnbetriebsstätten so arbeiten würden wie Bodenbach, Böhm.-Leipa und Jägerndorf, die staatliche Fachleute geradezu als Musterbetriebe hinstellen, denen sie Volleistungen im Sinne der Friedenszeiten nachrühmen, wenn alle anderen staatlichen Bahnbetriebswerkstätten u. s. w. so arbeiten würden, wie diese wohl nicht zufällig nur in deutschenGegenden liegenden und hauptsächlich von deutschen Angestellten und Arbeitern bedienten Betriebsstätten, dann wäre wohl auch die obige Nachtragsforderung von 540 Millionen trotz der Teuerung der Herstellungen etwas niedriger ausgefallen.

Ich schließe: Freie Bahn der Volkswirtschaft, freie Wirtschaft, wenn auch - das müßte man in Kauf nehmen mit einer staatlichen Überwachung zum Schutze gegen etwaige, vielleicht ganz unnötig befürchtete Auswüchse. (Soulas a potlesk na levici.)

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