Ètvrtek 17. února 1921
Meine Herren! Im Namen des Deutschen parlamentarischen Verbandes habe ich die Ehre, folgende Erklärung abzugeben:
Die Förderung der Bautätigkeit war Gegenstand einer Reihe von Regierungsvorlagen, die den beiden Häusern des Parlamentes bereits vor längerer Zeit zugegangen sind. Im ganzen Vorgang zeigt sich von Anfang an völlige Systemlosigkeit bei Behandlung dieser wichtigen sozialen Frage. Während die beteiligten Ausschüsse im Senate und Abgeordnetenhause eifrig am Werke waren, sachliche Arbeit zu leisten, wurden von den èechischen Parteien der Budgetmehrheit unter Zuziehung der Linkssozialisten Privatberatungen gepflogen, welche als Ergebnis einen Initiativantrag dieser Parteien zeitigten, in welchem einige der Regierungsvorlagen in geänderter Form zu einem nach der Meinung der Mehrheitsparteien einheitlichen Ganzen zusammengefaßt sind. Dieser Antrag wurde dem Hause erst gestern im Druck vorgelegt und es wurden zugleich gestern die bereits vorliegenden Regierungsvorlagen zurückgezogen unter gleichzeitiger Vorlage eines neuen Regierungsantrages über Beschlagnahme von Wohngebäuden. Bevor noch der genannte Initiativantrag dem Hause im Drucke vorlag, bevor er noch dem Initiativausschuß und von diesem dem sozialpolitischen und dem Budgetausschuß zugewiesen war, wurde er in einer am vorgestrigen Tage stattgefundenen Sitzung des sozialpolitischen Ausschusses auf die Tagesordnung gesetzt und gegen den Protest und gegen die Stimmen sämtlicher deutscher Mitglieder des Ausschusses meritorisch beraten und erledigt. (Nìm. výkøiky.)
Alle dialektischen Auslegungskünste, die dieser offiziellen Ausschußsitzung einen bloß informativen Charakter zusprechen wollen, sind in Anbetracht des Umstandes, daß bei dieser Sitzung Abstimmungen stattfanden, in die Generalund Spezialdebatte eingetreten wurde und vom Vorsitzenden zum Schlusse der Sitzung festgestellt wurde, daß die am nächsten Tage stattfindende Ausschußsitzung sich mit dem Gesetze nur bezüglich der formalen und stilistischen Seite befassen werde, nicht im Stande, die krasse Geschäftsordnungswidrigkeit eines derartigen Vorgehens zu bemänteln. (Sehr richtig!) Aber selbst wenn man den vollkommen unhaltbaren Standpunkt des Vorsitzenden des Ausschusses und des Präsidenten des Hauses hinsichtlich des rein informativen Charakters der vorgestrigen Ausschußsitzung annehmen wollte - und gerade in diesem Falle - stellt sich die weitere Behandlung des Antrages durch die Parteien der Antragsteller als eine unerhörte Verletzung aller Grundsätze eines ernsten Parlamentarismus dar.
Ein Gesetzentwurf von so außerordentlicher volkswirtschaftlicher und sozialpolitischer Bedeutung und von einem Umfange von 72 Paragraphen wird den zuständigen Ausschüssen mit einer solchen Befristung zugewiesen, daß diesen Ausschüssen zur Beratung dieses Initiativantrages kaum drei Stunden zur Verfügung stehen. Die deutschen Partei en sind es in diesem Parlamente schon gewöhnt, bei der Behandlung aller Fragen, die irgendwie die nationalen Interessen berühren, zu Statisten herabgewürdigt zu werden; daß man ihnen aber diese Rolle auch bei Fragen solcher Art, wie es die vorliegenden sind, aufzwingt, erscheint ganz und gar unerträglich und verletzt das Grundrecht des deutschen Volkes in diesem Staate, bei der Gesetzgebung ordnungsmäßig mitzuwirken.
Die Parteien des Deutschen parlamentarischen Verbandes waren pflichtgemäß bereit, an der Lösung der für die gesamte Bevölkerung so außerordentlich wichtigen Bau- und Wohnungsfragen sachlich mitzuwirken; es ist ihnen dies jedoch durch den geschilderten, jedem gesunden Parlamentarismus hohnsprechenden Vorgang derart unmöglich gemacht worden, daß ihnen sogar die Zeit fehlte, sich auch nur mit dem Inhalte des lnitiativantrages vertraut zu machen, geschweige denn, daß ihnen die Möglichkeit geboten gewesen wäre, in erschöpfender Weise zu ihm Stellung nehmen zu können.
Im Hinblicke auf diese Tatsachen und mit Rücksicht darauf, daß allen ihren beabsichtigten Verbesserungsvorschlägen, welche sich auch gegen das System ganzer Abschnitte der Vorlage hätten wenden müssen, das Schicksal der Ablehnung sicher ist, legen die Parteien des Deutschen parlamentarischen Verbandes in feierlicher Weise vor der gesamten deutschen Öffentlichkeit, vor dem Auslande und auch vor der gerecht und ehrlich demokratisch denkenden èechischen Öffentlichkeit Verwahrung gegen eine solche Art der Behandlung der parlamentarischen Opposition ein.
Ich habe somit im Namen der Parteien
des Deutschen parlamentarischen Verbandes die Ehre zu erklären,
daß diese Parteien unter den geschilderten Umständen in keiner
Weise die Mitverantwortung für das Gesetzwerden eines derart mangelhaft
durchberatenen Entwurfes übernehmen können und sich somit an der
Beratung und Beschlußfassung über den Antrag nicht beteiligen
werden. (Potlesk na levici, rùzné výkøiky nìmeckých poslancù.)
Hohes Haus! Die Wohnungsnot und die Arbeitslosigkeit haben eine Höhe erreicht, welche die Grenzen der Erträglichkeit schon weit übersteigt. Und man kommt bei der Konstatierung dieser traurigen Tatsache in die Versuchung, die Eile gutzuheißen, mit der versucht werden soll, in diesem Hause die vorliegenden Entwürfe Gesetz werden zu lassen. Wir als Sozialdemokraten protestieren gegen diese Eile. Wir protestie ren nicht deshalb dagegen, weil die Geschäftsordnung umgangen worden ist, wir protestieren vielmehr deshalb dagegen, weil es sich um eine Sache handelt, die nicht bloß eine Bedeutung für die Gegenwart, sondern auch für die Zukunft hat. Wenn die Geschäftsordnung, um diese Eile herbeizuführen, gebrochen wurde, so nehmen wir an, daß dies der Anfang davon sei, daß jene Einrichtung dieser Geschäftsordnung, die ja einzig dasteht, bald überhaupt ein Ende haben wird: es ist dies der Initiativausschuß. Wir nehmen an, daß die Mehrheitsparteien, die es diesmal für notwendig und für nützlich angesehen haben, darüber hinwegzugehen, endlich einmal erkennen werden, daß diese Einrichtung in der Geschäftsordnung tatsächlich einen Hemmschuh für die gesamten Verhandlungen des Hauses darstellt.
Das Wohnungselend ist das schwerste soziale Übel, das wir haben. Das Recht auf Wohnung ist gerade so begründet, wie das Recht auf Brot und Arbeit, und wie bisher den Arbeitern und Bürgern dieses Staates das Recht auf genügende, ausreichende Arbeit, auf Verdienst und auf ausreichende Nahrung nicht garantiert und gewährt werden konnte, so ist dies auch mit der Wohnungsfrage. Das Übel kann nach unserer Auffassung nur beseitigt werden, wenn man das Übel kennt, und das Übel in seiner ganzen Größe scheint sehr vielen, die an der Milderung, Linderung und Beseitigung des Wohnungselends mitarbeiten wollen, überhaupt nicht bekannt zu sein. Denn wäre dieses Elend in seiner ganzen Größe allen, der ganzen Öffentlichkeit, den Bürgern dieses Staates bekannt, so müßte der Versuch, dieses Elend aus der Welt zu schaffen oder zumindest es zu mildern, ein anderer sein als wie es in diesem Entwurf zu lesen ist.
Wenn wir eine Stelle hätten, durch welche erhoben werden könnte, nicht bloß wieviel Obdachlose wir in diesem Staate haben, sondern auch wieviele von denen, die wirklich eine Unterkunft besitzen, eigentlich eine menschenwürdige Wohnung haben, dann müßte ein Schrei des Entsetzens durch die ganze Öffentlichkeit gehen, denn es würde durch eine derartige von einer Zentralstelle geleitete Erhebung konstatiert werden, daß wir in puncto Wohnungsfrage geradezu grauen hafte Zustände haben; nicht bloß Uberfüllung, nicht bloß Krankheitsherde, die eine ungeheuere Sterblichkeit unter Großen und Kleinen bedingen, nicht bloß Herde, wo die Verkrüppelung der Kinder und Erwachsenen eine Stätte gefunden hat, sondern auch Stätten, von denen nicht mehr gesagt werden kan n, daß dort Menschen zu Menschen erzogen werden können. Es ist notwendig, eine solche Zentralstelle zu schaffen; dann wäre die Möglichkeit vorhanden, sich über diese Dinge ebenfalls Klarheit zu verschaffen. Im alten Österreich hat man bei den Volkszählungen immer mit versucht, auch Erhebungen über die Wohnungsverhältnisse zu pflegen. Wenn wir diese alten statistischen Aufzeichnungen mit den wenigen Ziffern vergleichen, die uns derzeit bisher von einigen Orten zur Verfügung stehen, so finden wir, daß die damaligen, gewiß nicht besonders lobenswerten und begrüßenswerten Verhältnisse sich noch bedeutend verschlechtert haben.
Es ist vor nicht allzu langer Zeit von der Stadt Aussig eine solche Wohnungszählung durchgeführt worden. Der Gesamtstand der Wohnungen betrug bei dieser Zählung 8694. Von dieser Gesamtsumme waren 6218, also rund 71.5%, Wohnungen, bestehend nur aus einer Wohnküche oder aus Wohnküche und einem Zimmer; 2290 oder 26.5% bestanden aus zwei bis vier Räumen. Man könnte annehmen, daß diese zweite Art von Wohnungen schon zu jenen gehörte, von denen man voraussetzen kann, daß sie jenen hygienischen Verhältnissen und jenen Ansprüchen, die ein Mensch an eine Wohnung stellen soll, muß und darf, vollständig genügen dürften. Dies ist jedoch bei den jetzigen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht mehr der Fall, weil gerade bei diesen Wohnungen das Aftermieterwesen am meisten anzutreffen ist. Nur 186 oder 2% aller dieser Wohnungen in Aussig bestanden aus mehr als 4 Wohnzimmern.
In Mährisch-Ostrau ist eine ähnliche Zählung vorgenommen worden; die letzte, die diesen Gegenstand betroffen hat, im Jahre 1916 Die Verhältnisse sind beinahe analog. Gezählt wurden 9126 Wohnungen, davon ebenfalls 71.5% nur aus Küche bestehend oder dabei aus einem Kabinett oder einem Zimmer, 4.5%, also etwas weniger als in Aussig, mit 2 bis 4 Wohnräumen und derselbe Prozentsatz von Wohnungen mit mehr als 4 Wohnräumen.
Wenn man nur flüchtig hiemit die Erhebungen über die Wohnungsverhältnisse im alten Österreich nach dem Stande vom Jahre 1910 - und seitdem hat sich zweifellos, wie die ganze Welt weiß, die Lage des Wohnungsmarktes zu Ungunsten der Mieter verschoben - vergleicht, so findet man, daß die gewiß nicht glänzenden Verhältnisse von damals gegen heute sich noch bedeutend verschlechtert haben.
Wenn in diesem Parlament diesmal und auch schon früher von den Mehrheitsparteien mit besonderer Eile der Welt vorgemacht wird, daß man die Absicht und den Wunsch hat, dieses Wohnungselend zu mildern und den Anfang mit der Beseitigung desselben zu machen, so entspricht das nicht ganz der Wahrheit. Denn wenn die Absicht wahr wäre, so müßte man eine ganze Menge Voraussetzungen aus der Welt schaffen, die das Gegenteil beweisen.
Ich verweise nur darauf, daß infolge des Umstandes, daß dieser neue Staat nach Ansicht der Militärsachverständigen andere strategische Grenzen hat, als das alte Österreich, auch die Aufenthaltsorte der Garnisonen gegen früher gewechselt worden sind. Es sind jetzt Orte zu Garnisonen geworden, die es früher nicht waren, und durch die Verlegung von Militär in diese Orte wird die Wohnungsfrage sehr wesentlich beeinflußt. Es gibt da keine Berücksichtigung des bestehenden Mieterschutzgesetzes, sondern es wird mit einem beispiellosen Terror vorgegangen und die Gemeinden werden gezwungen, Wohnungen für die Offiziere bereitzustellen. Daß dadurch die Wohnungsfrage für die Zivilbevölkerung noch bedeutend verschlechtert wird, ist eine Selbstverständlichkeit. Es wäre sehr interessant - bei der Eile, mit der es die Mehrheitsparteien durchgesetzt haben, diesen Entwurf hier zu verhandeln, ist es vielleicht unterblieben - aber es wäre sehr begrüssenswert und wünschenswert zu hören, was denn eigentlich zu einer großen Reihe von Bestimmungen dieses Entwurfes das Gesundheitsministerium zu sagen hat. Die jetzigen Wohnungsverhältnisse sind grauenhaft, darüber gibt es keinen Zweifel. Es ist nun notwendig, einmal den Schleier zu lüften, um der ganzen Öffentlichkeit diese Schande zu zeigen. Aber ich bin mir bewußt, daß das Gesundheitsministerium, trotzdem offiziell und von amtswegen dieser Schleier noch nicht gelüftet wurde, gewiß auch eine Ahnung davon haben dürfte, wie die Wohnungsverhältnisse bei der armen arbeitenden Bevölkerung aussehen.
Nach unserer Auffassung ist, wenn über Wohnungsfürsorge gesprochen und verhandelt werden soll, der erste und oberste Grundsatz der, die Wohnungsnot nicht auf Kosten der Qualität der zu schaffenden. Wohnungen zu lindern, sondern bei jeder Fürsorge, die zur Lösung dieser Frage in die Hand genommen und durchgeführt werden soll, muß es Grundsatz sein und bleiben, daß die Qualität der Wohnungen so sei, daß sie menschenwürdig genannt werden kann. Ob das bei all jenen Möglichkeiten, die der Entwurf in Bezug auf Erleichterungen vorsieht, der Fall sein wird, ist eine andere Frage.
Es ist aber auch sicher, daß infolge der Tatsache, daß die Wohnungseigentümer wegen dieser ungeheueren Wohnungsnot und auch wegen der zweiten nicht minder traurigen Tatsache, daß du rch die wirtschaftliche Lage sehr viele arbeitende Menschen gezwungen sind, auch auf den letzten Raum der Wohnung zu verzichten, um sich noch eine Einnahme zu verschaffen, daß aus all den Gründen der Wohnungseigentümer mit familienfremden Personen die Wohnung teilen muß und so der viel besungene Familiensinn darunter zweifellos schwer leiden muß. Wenn es Menschen gegeben hat - und solche gibt es auch noch heute - die gerade der Partei, der ich angehöre, immer nachsagen, sie zerstöre den Familiensinn, so sollen sie die Wohnungsfrage studieren, und sie werden finden, daßes gar nicht notwendig ist, daß irgendwer bei diesen traurigen und bedauerlichen Tatsachen sich noch Mühe geben muß, störend in das Familienleben einzugreifen. Es ist gewiß für die Erziehung nicht sehr förderlich, wenn infolge dieser Zustände sehr oft, in vielen Orten, in vielen Wohnungen, junge Menschen im Alter von 12 bis 18 Jahren die gleichen Wohnräume zu teilen gezwungen sind, und es ist gewiß sicher, daß durch diese Überfüllung der Wohnungen mit eigentlich gar nicht zusammengehörenden Personen, Streit, Hader, Angeberei und Krankheiten eine Stätte finden, wie sie kein zweiter Ort aufzuweisen vermag. Es wäre sehr interessant, wenn wir eine solche Zentralstelle hätten, die über die Frage des Wohnungselends Erhebungen anzustellen hätte, und es wäre interessant, wenn dabei auch festgestellt werden könnte, wieviel von jenen Menschen, die da erkranken oder mit dem Tode abgehen, deshalb erkrankt und gestorben sind, weil bei ihnen die Voraussetzung gefehlt hat: eine menschenwürdige Wohnung zu besitzen. Es ist deshalb nach unserer Auffassung eine unbedingte Notwendigkeit, daß die Schande des Wohnungselends in diesem Staate einmal vor der ganzen Öffentlichkeit klargestellt wird.
Wir als Sozialdemokraten werden uns an der Beratung, trotzdem wir eine ganze Reihe von Bestimmungen dieses Gesetzes ablehnen müssen, beteiligen und Abänderungsanträge stellen; trotz unserer gegensätzlichen Haltung sind wir grundsätzlich dafür, daß jeder Versuch unterstützt werden soll und muß, der irgend eine Milderung in dieser Frage herbeizuführen vermag. Ob dies dieser Entwurf tatsächlich zustande bringt, das ist eine Frage, die erst die Zukunft beantworten wird. Wir haben die Auffassung, daß dieses Gesetz, sofern der Entwurf ein solches werden sollte, dasselbe Resultat zeitigen wird, wie alle anderen Versuche, die auf diesem Gebiete von diesem Hause schon gemacht wurden. Die periodische kurzatmige Belebung der Bautätigkeit - und das sind alle Versuche gewesen, die bisher in dieser Frage gemacht wurden, und der Entwurf, der jetzt zur Beratung vorliegt, bedeutet dasselbe - eine derartige periodische kurze Belebung der Bautätigkeit gleich dem Anblasen eines Hochofens auf sehr kurze Zeit. Die erste Notwendigkeit, um zu einer Belebung der Bautätigkeit zu kommen, ist, daß man ein fest fundiertes langfristiges Bauprogramm schafft. Was bisher geschehen ist und was jetzt wieder gemacht werden soll, ist das Gegenteil davon, ist ein höchst unwirtschaftliches, unökonomisches Leerlaufen im Produktionsprozesse.
Es ist nun zu untersuchen, was wir uns eigentlich unter einem derartigen festen Bauprogramm vorstellen. (Pøedsednictvi pøevzal místopøedseda Buøíval.)
In allererster Linie ist es notwendig, daß einmal - und das könnte die so notwendige und bisher noch nicht geschaffene Zentralstelle neben anderen Erhebungen ebenfalls tun, zunächst der Baubedarf überhaupt festgestellt werde, u. zw. an Kleinwohnungen und Geschäftsräumen. Ist das festgestellt, dann ist es möglich, darüber zu reden, wie hoch die Kosten des Bauprogramms für das nächste Jahr sein sollen. Wenn beide Dinge festgestellt sind, kann sich die ganze Produktion, insbesondere in der Baustoffindustrie, darnach einrichten. Es wird natürlich auch notwendig sein - der Entwurf sieht eine Menge derartiger Dinge vor - daß sich der Staat vorbehält, entschieden dort einzugreifen, wo durch privatkapitalistische Spekulation alle diese guten Ideen wieder unmöglich gemacht werden. Ob das mit den Mitteln möglich ist, die da vorgesehen werden sollen, ist ebenfalls eine andere Frage.
Das Notwendigste, was immer eine Rolle gespielt hat, bei allen Menschen, die über diese Frage bisher gesprochen und geschrieben haben, ist die Bereitstellung der Geldmittel. Über die Bereitstellung der Geldmittel macht der diesmalige Entwurf wieder einen Vorschlag: nämlich die Losanleihe. Es ist sicher, daß die Bereitstellung der Geldmittel nur durch jene erfolgen kann, die das Geld besitzen. Der Entwurf, der uns nun vorliegt, besagt in einigen Bestimmungen, daß man in die Rechte der Privatkapitalisten eingreifen wolle. Andere Bestimmungen wieder versuchen die Angehörigen derselben Klassen dafür zu gewinnen, Bauten für Kleinwohnungen aufzuführen. Ob die Gesellschaftsklasse, der dies zugemutet wird, dies auch tun wird, ist eine andere Frage. Ich glaube, die Solidarität dieser Klasse wird so stark sein, daß die Bereitstellung der Mittel auf diesem Wege ebenfalls wieder scheitern dürfte. Die Bereitstellung der Geldmittel wird deshalb anders gelöst werden müssen und wenn man schon vortäuscht, daß man in diesem Staate sogar nicht davor zurückschreckt, das Heiligste der Besitzenden anzugreifen, in die Rechte dieser Klasse Eingriffe vorzunehmen, dann sollte man, nachdem das Wichtigste die Bereitstellung der Mittel ist, einmal darüber nachdenken, ob man nicht auch zwangsweise das Notwendigste von der besitzenden Klasse nehmen soll. Es wird eingewendet werden, daß dies eine starke Erschütterung des Staates mit sich brächte und dem Ansehen des Staates schaden könnte. Meine Auffassung ist die, daß die Schädigung und die Erschütterung des Staates dadurch nicht größer sein könnte, als wie sie es werden müßte, wenn die ganze Öffentlichkeit und die ganze Welt wüßte, wie es eigentlich mit der Wohnungsfrage in diesem Staate in Wahrheit aussieht.
Es ist natürlich notwendig, - auch das ist im Entwurf vorgesehen, die Bodenund Materialpreise zu prüfen. Sie wollen den Privatkapitalisten vorschreiben, wie hoch der Gewinn sein soll, wie verkauft werden soll, und Sie wollen auch, wenn es notwendig ist, die Vorräte an allen diesen Dingen und Objekten beschlagnahmen. Das eine ist sicher, daß auch in dieser Beziehung praktische Erfolge nicht allzuviel erzielt werden dürften, u. zw. aus dem einfachen Grunde, weil es in allererster Linie notwendig ist, zu sorgen, daß die Baustoffindustrie tatsächlich für den Bedarf produziert und nicht willkürlich die Produktion einstellt, wenn nach Auffassung der Besitzer die Gefahr besteht, daß ihr Profit, ihr Gewinn geschmälert wird. Die Erfahrungen sind im Laufe der letzten Jahre überall gemacht worden, daß es trotz der geringen Bautätigkeit sehr oft zur Tatsache wurde, daß nicht genügend Baumaterialien vorhanden waren.
Besonders Gewicht wird auf die Verbilligung der Bauten gelegt. Es wird notwendig sein, einmal zu untersuchen, ob es nicht angezeigt wäre, nicht bloß durch den Versuch einer Stabilisierung der Löhne - worüber man sich jetzt bei den kompetenten Stellen sehr oft zu unterhalten Gelegenheit hat - eine Verbilligung der Bauten herbeizuführen, sondern auch dadurch, daß man das Gegenteil von dem macht, was der Zentralverband für die Kalk-, Ziegel- und Steinindustrie in Außig von den zuständigen Ministerien verlangt hat; ob es der èechische Bruderverband dieser Unternehmer auch getan hat, ist mir unbekannt. Dieser Verband hat angesucht - und wahrscheinlich mit Erfolg - daß man jedwede Einfuhr von Baumaterialien sperrt. Wenn Sie die Folgen dieser Sperre untersuchen und feststellen wollen, dann gehen Sie in alle jede Städte, die im verflossenen Jahre Neubauten für Kleinwohnungen aufgeführt haben und Sie werden von den dortigen Bauherren, ob es nun Gemeinden oder gemeinnützige Unternehmungen gewesen sind, erfahren, welch unheilvollen Einfluß das übte und wie hoch die Verteuerung der Baukosten nur durch diesen Umstand gewesen ist.
Einige Worte zu den vorgesehenen Schiedsgerichten, die da schlichtend und entscheidend bei Streitfragen zwischen Arbeitern und Unternehmern eingreifen sollen. Wie steht die Sache momentan? Wir werden am 28. Feber, wenn die Bautätigkeit tatsächlich auf Grund dieses Entwurfes beùebt werden könnte, beinahe in allen Orten der ganzen Republik gerade für jene Arbeiterschichten keine Kollektivverträge haben. Es wird in einer Bestimmung, die der Entwurf enthält, gesagt, daß bei Streitigkeiten, die aus solchen Verträgen entstehen, ein Schiedsgericht einzugreifen und zu entscheiden hat, während dort, wo keine solchen Verträge bestehen, das Schiedsgericht als solches festzusetzen hat, wie die Lohnund Arbeitsverhältnisse für die Dauer eines Jahres aussehen sollen. Die Arbeiterschaft hat gegen diese Bestimmung große Bedenken. Es wäre sehr begrüßenswert, wenn wir eine solche Einrichtung im Allgemei nen einmal hätten. Wir haben in den letzten Jahren sehen müssen, daß es nicht möglich gewesen ist, für sogar in den Tarifverträgen vorgesehene Schiedsgerichte entsprechende Vorsitzende zu finden, daß es daher sehr gut wäre, wenn eine solche Einrichtung auch bei uns bestünde. Die Erfahrung jedoch, die wir mit den Vertretern gerade jener zwei Ministerien gemacht haben, die da in Frage kommen, erfüllt die Arbeiterschaft mit besonderem Mißtrauen. Wenn sich das bewahrheitet, was in den jüngsten Tagen hier in Prag bei den Verhandlungen über die Aussperrung der Bauarbeiter sich ereignet hat, so ist das nur eine Fortsetzung jenes Standpunktes, den die Beamten des Ministeriums für soziale Fürsorge und des Ministeriums für öffentliche Arbeiten stets eingenommen haben, nämlich eine beinahe vollständig klare Unterstützung des Unternehmerstandpunktes, ohne Hervorhebung irgend eines schlichtenden Momentes. Bei diesen Verhandlungen sind nämlich Ziffern genannt worden, die beweisen sollen, das die Forderungen der Prager Bauarbeiter, die analog denen sind, die auch die Bauarbeiter der deutschen Gebiete stellen werden, nicht berechtigt erscheinen. Es ist eine Berechnungsgrundlage angenommen worden, die schon im vorigen Jahre in einer ganzen Reihe von Bezirken als Grundlage gedient hat, und zwar hat man als Berechnungsgrundlage eine vierköpfige Arbeiterfamilie angenommen, um den Arbeitslohn für ein Jahr zu ermitteln. Es sind nun Ziffern genannt worden, um zu beweisen, daß diese Annahme falsch ist, und bei näherer Untersuchung hat sich herausgestellt, das die Ziffern, die von den Vertretern der Ministerien genannt worden sind, aus Reichenberg stammen, u. zw. aus einer Statistik - vielleicht ist es nur ein Zufall, daß auch anderswo genau dieselben Ziffern zustande gebracht worden sind - es sind dies nämlich Ziffern, die in einer Statistik berechnet worden sind, die der Arbeitgeberbund für das nordböhmische Baugewerbe zusammengestellt hat. Die deutschen Bauarbeiter werden Gelegenheit haben zu beweisen, daß diese Statistik jeder Grundlage entbehrt. Es muß gewiß sehr sonderbar erscheinen, wenn man bei Verhandlungen, wo die Vertreter der Regierung schlichtend eingreifen sollen, diese Ziffern als richtig ansieht, ohne zu prüfen, ob sie den Tatsachen auch entsprechen.
Die Vorteile, die den Bauwilligen aus diesem Entwurfe zukommen sollen, müßten unserer Auffassung nach, wenn man sich schon aus Gründen der politischen Konstellation in diesem Staate nicht dazu aufzuraffen vermag, die Überführung des privaten Hausbesitzes in gemeinwirtschaftliches Eigentum und Verwaltung durchzuführen, nur Gemeinden und gemeinnützigen Körperschaften für Bauten, die auf Grund dieses Gesetzes aufgeführt werden, zugute kommen, u. zw. aus dem einfachen Grunde, weil bei jedem Versuche, einen Weg zur endgültigen Lösung dieser Frage zu finden, nichts unterlassen werden darf, um diesen Weg tatsächlich zu ebnen und zu finden. Die Bestimmungen, die in diesem Entwurfe enthalten sind, bringen, sofern sie ausgenützt werden sollten, den privatkapitalistischen Kreisen eine große Menge nicht unbedeutender Vorteile. Wir haben keine Ursache, und wir würden, wenn wir nicht grundsätzlich dafür sein müßten, jeden Versuch einer Linderung der Wohnungsnot zu unterstützen, auf das entschiedenste dagegen sein, daß gerade diese Kreise wieder durch gesetzliche Maßnahmen gestützt werden. In der Spezialdebatte werden ja von unserem Klub zu diesen Bestimmungen Anträge eingebracht werden.
Eine weitere Frage ist es, daß man in diesem Staate versuchen muß, sich zu der Auffassung emporzuschwingen, wenn so viel über die Verbilligung der Bauten gesprochen und dies immer in die erste Linie gestellt wird - daß auch jene Betriebe von der Regierung nicht gehemmt werden dürfen, die den persönlichen Unternehmergewinn ausschalten.
Es wäre, wenn die bekannte Eile, über die ich ja schon einigemale gesprochen habe, nicht vorhanden gewesen wäre, nicht unschwer gewesen, trotzdem eine amtliche Erhebung über die Lage des Wohnungsmarktes nicht vorhanden ist, trotzdem man nicht in der Lage ist, besonders krasse Beispiele von dieser Stelle anzuführen, aber es wäre gewiß nicht schwer gewesen, in einigen Tagen der ganzen Offentlichkeit von dieser Stelle aus zu demonstrieren, welche Fürsorge in puncto Wohnungen für die Arbeiter in diesem Staate zu finden ist. Aus zwei Karten, die ich hier zur Verfügung habe, ist das zu ersehen. In einer deutschböhmischen Stadt wohnen seit Jahren Arbeiterfamilien in aus Rasen zusammengesetzten Hütten und es ist bisher noch nicht möglich gewesen, diesen Menschen andere Unterkunftsräume zu verschaffen. Sie dürfen aber nicht etwa glauben, daß das vielleicht im äußersten Zipfel oder in der allerärmsten Gegend dieses Staates ist. Diese Unterkunftsräume sind in der Stadt Falkenau an der Eger und jederman kann sich davon überzeugen. Ähnliche Unterkunftsräume, wenn auch nicht gerade aus Rasen aufgebaut, können Sie in allen jenen Orten finden, wo die Arbeiterschaft noch in den von den Gefangenenlagern übernommenen Baracken, wie in Brüx, und in Eisenbahnwaggons wohnen muß. Ich will nur einen einzigen Fall bekanntgeben. In einer Gemeinde im Daubaer Bezirke, in Weleschitz, wohnt ein Arbeiter schon seit dem Jahre 1919 auf einem Schüttboden. Trotz seiner Bemühungen und Versuche bei der Gemeinde und bei der politischen Bezirksverwallungskommission ist es noch nicht gelungen, diesem Menschen eine Wohnung zu verschaffen, obwohl es möglich wäre, ihm eine Wohnung zuzuweisen. Die Gemeindevertretung, die darüber zu entscheiden hat, beruft absichtlich wochenlang, ja monatelang keine Sitzung ein, um die Antwort diesem Manne schuldig bleiben zu können. Die Frau dieses Mannes ist im Mai 1920 im Alter von 27 Jahren an Tuberkulose gestorben. Ein einziges von den vielen tausenden Opfern, die nur deshalb da sind, weil man dieser Frage bisher noch nicht ernstlich an den Leib gerückt ist, weil man hier in diesem Staate immer noch und bei jeder Gelegenheit den Beweis erbringt, daß man auf das derzeit noch herrschende Wirtschaftssystem Rücksicht nehmen muß. Weil man nicht an die Lösung der Wohnungsfrage, die nur ein Teil des großen Komplexes der Sozialisierungsfragen überhaupt ist, in diesem Sinne schreiten will, gerät man in diese Widersprüche. Solange man deshalb in diesem Hause seitens jener Faktoren, die berufen sind, dieses Elend endlich einmal aus der Welt zu schaffen und diese Fragen zu lösen, nicht den Standpunkt verläßt, daß man diese Frage privatrechtlich nicht zu lösen vermag, solange man sich nicht dazu aufzuschwingen vermag, daß nur durch Überführung in gemeinwirtschaftliche Verwaltung und Eigentum des Hausbesitzes eine Änderung herbeigeführt werden kann, solange werden alle Bemühungen - und wären sie noch so ehrlich gemeint - nutzlos bleiben, wie alle früheren Bemühungen und jene Gesetze, die Sie schon geschaffen haben, um eine Milderung herbeizuführen.
Wir sind, wie ich schon erwähnte,
grundsätzlich nicht gegen den Entwurf aus dem öfter angeführten
Grunde, weil wir jede Milderung und Linderung dieses entsetzlichen
Elends mit unterstützen müssen. Wir werden aber unsere Meinung
durch Anträge zum Ausdrucke bringen und außerdem verweise ich
darauf, daß unsere Partei schon bei der Budgetberatung eine ganze
Menge von Anregungen gegeben hat, die, soferne sie angenommen
worden wären, gewiß ein anderes Bild dieses Entwurfes hätten bringen
müssen. Wir haben, wie ich eingangs meiner Ausführungen erklärte,
keine Einwendungen gegen die Eile erhoben, u. zw. deshalb, weil
Sie hiebei die Geschäftsordnung gebrochen haben. Wir begrüßen
dies vielmehr, weil wir vermeinen, daß das der Anfang davon ist,
daß Sie den Büttel in der Geschäftsordnung zum Teufel jagen. Nachdem
Sie dieses Prajudiz in der Geschäftsordnung, die Sie immer als
das Heiligste betrachten und die Sie bei jeder Gelegenheit gegen
die oppositionellen Parteien anwenden, geschaffen haben, hoffen
wir - wenn Sie nicht anders vor aller Welt zeigen wollen, daß
Sie Recht brechen wollen, wenn es Ihnen beliebt daß der Zeitpunkt
gekommen ist, wo Sie diese Geschäftsordnung in dem Sinne ändern,
daß der Initiativausschuß verschwindet. Wir haben gegen die Eile
nur deshalb protestiert und erheben nochmals Protest, weil das
eine Frage ist, die nicht von Gegenwartsbedeutung ist, sondern
eine Frage, die die Besitzverhältnisse und die Wohnungsfrage auf
lange Jahre hinaus zu beeinflussen vermag, und weil wir vermeinen,
daß diese Frage so wichtig ist, daß sie in einer Wiese beraten,
untersucht und der Beschlußfassung zugeführt werden müßte, wie
in allen anderen Staaten, wo man sich bisher mit dieser Frage
beschäftigt hat. (Potlesk na levici.)