Úterý 8. února 1921

Ich möchte wie Herr Professor Kafka mein juristisches Gewissen befreien, wenn ich mich gegen diesen Punkt ausspreche und meine warnende Stimme erhebe.

In einem besonderen Punkte möchte ich mir erlauben, den Antrag, den wir gestellt haben, zu begründen: Jede derartige Strafarbeit birgt die soziale Gefahr des Streikbrechertums und der Lohndrückerei in sich. Das ist ein altes Problem, welches bei jeder Strafzwangsarbeit immer wieder auftritt und es soll auch im § 3, Absatz 3 dieses Streikbrechertum verhindert werden. Es ist da allerdings eine kleine Einschränkung gemacht, welche zu beseitigen wäre, indem es heißt, daß die Strafarbeitsabteilungen nicht zu verwenden sind in Privatbetrieben, solange bei ihnen ein Lohnstreit besteht, weil die Arbeiter, welche nach Privatdienstvertrag angestellt sind, einen Kampf führen. Nun kommt es gerade bei besonders großen Lohnkämpfen und überhaupt bei sozialen Kämpfen vor, daß gerade sehr wichtige Betriebe, die in der öffentlichen Verwaltung stehen, vom Streik ergriffen werden und daß gerade jene Betriebe es sind, welche den anderen Arbeitern im Lohnkampf helfen. Das würde man hier ausschalten, man würde dadurch per argumentum a contrario geradezu auffordern, daß diese Zwangsarbeitsabteilungen yum Streikbruch in jenen Betrieben verwendet werden sollen, welche nicht in privaten Besitz sind, sondern vielleicht in kommunaler Verwaltung stehen. Das sollten wir denn doch verhindern, und deshalb wurde der Antrag gestellt, daß das Wort "privat" sowohl in der Verbindung "Privatbetrieb" als auch in der Verbindung "privater Dienstvertrag" aus dem § 3 Absatz 3 gestrichen wird.

Es wurde auch der Versuch gemacht, im § 4, letzter Absatz, die zweite Gefahr auszuschließen, welche darin liegt, daß solche Zwangsarbeitsabteilungen leicht zum Lohndruck verwendet werden. Es will mir scheinen, daß dieser Versuch in dem Absatz 3 des § 4 nicht glücklich gelöst ist, daß er nicht gelungen ist, und es bleibt abzuwarten, ob wir nicht zu einer anderen Lösungsform werden gelangen müssen.

Zu begrüßen ist in dem Gesetz unbedingt der § 9, welcher bestimmt, daß die bedingte Verurteilung bei Übertretungen und Verbrechen des Kriegswuchers nicht Platz haben darf. Es ist richtig und der Herr Referent hat es auch erwähnt - daß es oft gar nicht am Platze war, die bedingte Verurteilung Platz greifen zu lassen; es ist wirklich in der letzten Zeit üblich geworden, im ersten Fall der Bestrafung die bedingte Verurteilung eintreten zu lassen. Ich muß aber die Herren Richter alle in Schutz nehmen. Diese Mode ist eingerissen durch den Fall Jirák. Bis dahin wurde kein Kriegswucherer - wenigstens soweit meine Erfahrung reicht - bedingt verurteilt. Erst dann später haben selbstverständlich alle Verteidiger sich auf diesen berühmten Fall berufen und haben gesagt: was dem großen Jirák billig ist, muß auch den kleinen Gaunern zugute kommen. Denn es gibt nur wenige, welche in der Größe der Straftat so weit hinaufreichen, wie der Herr Jirák gekommen ist, und daher können sich selbstverständ/ lich insbesondere diese kleinen Kerle bei den Bezirgsgerichten mit Fug und Recht darauf berufen, daß sie der bedingten Verurteilung teilhaftig werden sollen. Es ist gut, daß diese bedingten Verurteilungen eingestellt werden, denn sonst würde tatsächlich das ganye Kriegswuchergesetz zu einer Farce. Mit furchtbarer Gewalt hat man verkündet: Alle sollen sich fürchten, es gibt keine kleinere Strafe als 14 Tage Arrest, eine Umwandlung in Geldstrafe ist nicht möglich, auch keine Herabsetzung! Nun diktiert heute der Richter die 14 Tage, aber bedingt, und fordert den Bestraften, auf nächstemal vorsichtiger zu sein, weil er sonst das nächstemal die 14 Tage absitzen müsste und die zweite Strafe noch dazu. Es ist also unbedingt zu begrüßen, daß die bedingte Verurteilung aufgehoben wird. Und ebenso ist es zu begrüßen, daß wieder umgekehrt für 18-Jährige die bedingte Verurteilung beim Ausfuhrschmuggel gestattet wird.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich aber an die Justizverwaltung gleich auch eine Bitte richten, die dahingeht, daß man die Organe, welche mit der Ergreifung befaßt sind, aufmerksam macht, daß sie möglichst streng sein mögen gegen diejenigen Personen, welche unter das Gesetz fallen, aber umgekehrt sich hüten, jene Personen zu fassen, die nicht unter das Gesetz fallen. Wir haben bei uns an der Grenze merkwürdigerweise die Erscheinung, daß bei uns zumeist Menschen wegen Schmuggels über die Grenze eingesperrt werden, die unter das Gesetz nicht fallen, hi ngegen jene laufen gelassen werden, beziehungsweise nicht gefaßt werden, die unter das Gesetz fallen. Bei uns werden nämlich zu meist diejenigen eingespe rrt, welche über die Grenze einführen und nicht jene, welche ausführen. Nun ist der Einfuhrschmuggel wohl auch eine strafbare Handlung, aber keine im Sinne dieses Gesetzes; wir finden aber bei uns, z. B. beim Kreisgericht in Neutitschen, Abteilung Mährisch-Ostrau fast ausschließlich solche Einfuhrschmuggler, welche dann erst nach langem Hin und Her schließlich und endlich freigesprochen werden, weil sie überhaupt keine strafbare Tat begangen haben, wie sie ihnen ursprünglich von den Polizei- Organen zur Last gelegt wurde. (Místopøedseda dr. Hruban pøevzal pøedsednictví.)

Meine Damen und Herrn! Das Gesetz hat eine sehr, sehr gute Tendenz, zweifellos, aber es hat ungeheuer viel technische Mängel und es liegt einem Juristen besonders nahe, den Antrag zu stellen, diesen Gesetzentwurf noch einmal an den Justitzausschuß zurückgehen zu lassen, er möge ihn noch einmal gründlich beraten; vielleicht käme man dann auf eine andere Form, vielleicht kann man alle diese Bedenken, die hier von der einen oder der anderen Seite geäußert wurden, verwerten, um das Gesetz wirklich zu einer scharfen, rasanten Waffe zu machen. Das liegt sehr nahe. Anderseits muß man sich aber sagen, es ist wirklich dem Justizausschuß zu verzeihen, daß er sich so beeilt hat und in dieser Eile wirklich nicht alles richtig erwogen hat, denn es ist dringend notwendig, unverzüglich mit aller Schärfe gegen den Kriegswucher einzuschreiten. Es ist zweifellos dringend notwendig, immer wieder alle diese Abschreckungsmittel zu vergrößern und vielleicht auch den Versuch zu machen - und das erscheint mir hier als das Wichtigste - die moralische Verurteilung auch in jenen Schichten, aus denen die Herren Kriegswucherer stammen, wieder zu erregen. Denn das ist das Wesentlichste, die weitere Wirkung eines jeden Strafrechtes. Wenn der Verurteilte nicht in seinen Kreisen der Verachtung anheim fällt, so pflegt ihm gewöhnlich die Strafe auf die Dauer nicht viel anzutun. Deshalb erblicke ich in diesem Gesetze ein wich tiges Moment, nämlich das Moment der moralischen Wirkung des Strafrechtes, und deshalb begrüße ich dieses Gesetz als solches.

Aus diesem Grunde kann ich auch nicht den Mut aufbringen zu sagen, das Gesetz solle wegen seiner technischen Mängel an den Ausschuß zurückverwiesen werden. Denn je rascher man hier ar beitet, umso besser ist es, und man kann es ja vielleicht der Zukunft überlassen, daß in der Praxis sich noch verschiedene andere Mängel herausstellen werden, die wir heute selbstverständlich noch nicht voraussehen können, und daß man dann, allerdings mit entsprechender Geschwindigkeit - und darauf muß man Wert legen - alles das, was bisher nicht gemacht wurde, durch eine neue Gesetzes vorlage nachholen kann. Die technischen Mängel eines Gesetzes bringen es leicht um. Deshalb wird es Aufgabe der Justiz verwaltung sein, die Praxis dieses Gesetzes ganz genau zu verfolgen und sofort, wenn sich irgendwie Mängel in der Durchführung ergeben, dieselben durch eine neue Gesetzesvorlage wettzumachen. In dieser Erwartung und in der Voraussetzung, daß dieses Gesetz, wie es auch übrigens im Motivenbericht steht, der erste Versuch ist auf einer neuen Bahn, scheinbar durch strafrechtliche Maßnahmen, durch deren moralische Auswirkungen einen sozialen Erfolg zu erzielen in der weiteren Voraus setzung, daß es gelingen wird, dieses Gesetz zu reformieren, so daß auch ein Jurist von seinem juristischen Gewissen aus ruhig wird sein "Ja" sagen können, und weil das Gesetz so dringlich ist, werden wir für das Gesetz stimmen; mit den Ab änderungen, welche im Antrag des Herrn Prof. Kafka und dem Antrag unseres Klubs gelegen sind. (Potlesk na levici.)

3. Øeè posl. dr. Schollicha (viz str. 2156. protokolu):

Meine Damen und Herren! Sie haben die Begründung der Ablehnung unseres Antrages aus dem Munde des Herrn Berichterstatters gehört. Es heißt in der Begründung, daß die Pferdemusterungen unter allen Umständen aufrecht erhalten bleiben müssen, daß die Opfer, die hier zu bringen sind, gebracht werden müssen, daß sie gering sind und sozusagen aus patriotischer Pflicht getragen werden müssen. Weiters sagt der Bericht, daß die Sicherheit des Staates bedroht wäre, falls die Pferdemusterungen aufgehoben würden.

Nun, meine Damen und Herren, ich meine, wenn zugegeben wird, daß es ein Opfer ist, das hier gefordert wird, wenn verlangt wird, daß das Opfer aus patriotischer Pflicht getragen werden müsse, dann werde ich Ihnen beweisen, daß die Opfer vollständig überflüssig, zwecklos und wertlos sind und infolge dessen nicht verlangt werden sollen. Es heißt ja: die Sicherheit des Staates ist bedroht, wenn die Pferdemusterungen aufgehoben werden. Ich glaube, diese Begründung ist doch wohl etwas mehr als lächerlich. Es ist doch lächerlich, wenn man sagt, daß die ganze Sicherheit des Staates lediglich von den Pferdemusterungen abhängt, zumal wir der Meinung waren, daß die Staaten sich auf anderen Fundamenten aufbauen, als auf den Pferden. Und wenn ein Staat schon bedroht ist, wenn die Pferdemusterungen nicht mehr vorgenommen werden, wenn wir sozusagen auf die Pferde gekommen sind, dann müssen wir fürchten, daß wir demnächst auf den Hund kommen werden. (Veselost na levici.) Die Pferdemusterungen werden für den Kriegsfall damit begründet, daß der Staat rasch Pferde zur Verfügung hat. Es ist das also eine Vorsichtsmaßregel. (Výkøiky.) Hiebei muß bemerkt werden, daß wir ja für die nächste Zeit voraussichtlich keine Kriegsgefahr haben werden. Ich glaube auch, daß nach den Schrecknissen des letzten Weltkrieges sich jeder Teil hüten wird, einen Krieg heraufzubeschwören. Selbst unser viel herumreisender Außenminister Dr. Beneš, der doch sozusagen die Verhältnisse in Europa kennt, hat ja unlängst in seinem Exposé erklärt: "Unsere Politik ist eine Politik des Friedens. Nach den schrecklichen Opfern des Weltkrieges ist jeder Krieg" und jedes Blutvergießen ein Wahnsinn. Wenn er damit zugegeben hat, daß wir in der nächsten Zeit keinen Krieg zu erwarten haben, so hat er das dann allerdings etwas eingeschränkt und hat eine Ausnahme gemacht, indem er meinte, falls die Wiedereinsetzung der Habsburger in Ungarn vorgenommen würde, wäre das ein Kriegsfall. Nun, er hat sich für diese Unvorsichtigkeit allerdings eine tüchtige Ohrfeige von Ungarn selbst geholt, weil das eine Einmischung in fremde Verhältnisse war, die ihm als Außenminister unter gar keinen Umständen passieren durfte. Er hat die nötige Zurechtweisung im ungarischen Parlament selbst erfahren. Wir haben also voraussichtlich in der nächsten Zeit keinen Krieg zu gewärtigen, und ich glaube, auch hier in den beiden Kammern, im Abgeordnetenhaus wie im Senat, wird sich wohl kaum die in der Verfassung im § 33 vorgesehene Dreifünftelmehrheit für eine Kriegserklärung finden. Es ist also nicht wahrscheinlich, daß wir in der nächsten Zeit einen Krieg zu erwarten haben. Wenn also diese Voraussetzung zutrifft, dann, meine ich, brauchen wir auch diese Maßnahme nicht. Sie ist vollständig überflüssig, sie ist aber auch von Haus aus vollständig verfehlt.

Wer die Verhältnisse im alten Österreich zur Zeit der Mobilisierung gekannt hat, der weiß, daß am ersten Mobilisierungstag die Pferde einberufen wurden, daß sie zu Tausenden in den Kasernen zusammenströmten und daß sie dort, weil für sie nicht genügend vorgesorgt war, weil die Leute zu ihrer Wartung nicht da waren und die Verpflegung nicht sichergestellt war, tagelang müßig herumstanden, vielfach ohne Futter, ohne Wartung, ohne Tränke, und daß infolge dieser Anhäufung von Pferdematerial Hunderte und Tausende zugrunde gegangen sind. Viel kostbares Pferdematerial wurde damals nutzlos verschwendet. (Posl. inž. Kallina: In der Èechoslovakei ist es bei den Rekruten jetzt so ähnlích gegangen!) Leider! Die Kopflosigkeit hat sich aus dem alten Österreich auf die Èechoslovakei verpflanzt. Man trifft niemals die nötigen Vorsorgen, um für solche Fälle gerüstet zu sein. Im alten Österreich wurden aber auch vom ersten Mobilisierungstage an die Pferde- Assentkommissionen hinausgeschickt, um neue Pferde zu assentieren. So kamen zu den ersten Pferden in den nächsten Tagen noch weitere Tausende. Schon daraus ergibt sich, daß die Pferdeassentierungen im alten Osterreich zwecklos und verfehlt waren. Ich glaube, wir hätten daraus lernen und für unsere Republik diese Methode abstellen sollen.

Die Pferdeassentierungen sind aber auch eine schwere Schädigung der Landwirtschaft. Nicht bloß, daß die Landwirte gezwungen werden, einen kostbaren Arbeitstag nutzlos zu vergeuden, werden sie auch gezwungen, Zeit und Mühe aufzuwenden, um die Pferde stellig zu machen. Durch die Assentierungen selbst verlieren sie andererseits auch an dem Besitz des Pferdes selbst. Es ist dies eine weitgehende Schädigung des Vermögens, weil naturgemäß mit der Assentierung des Pferdes regelmäßig ein Sturz des Preises eingetreten ist, ein ganz natürlicher Sturz, weil dieses Pferd nunmehr unverkäuflich, beziehungsweise schwer verkäuflich ist, weil jeder sich hütet, ein derartig assentiertes Pferd, über das er nicht Herr ist, zu kaufen und infolgedessen die ganze Beweglichkeit verhindert wird. Es ist also eine schwere Vermögensschädigung. Es ist aber auch eine Belästigung und Schädigung der landwirtschaftlichen Bevölkerung im allgemeinen und das gerade in einer Zeit, wo wir in erster Linie für die Förderung der Viehzucht, der Pferdezucht in unserer Republik einzutreten und diese emporzubringen allen Grund hätten. Es ist das die gleiche Schikane und Belästigung der Landwirtschaft, wie wir sie auch auf den übrigen Gebieten bemerken können, in erster Linie auf dem Gebiete der Ernährungspolitik in diesem Staate.

Ich kann die Gelegenheit doch nicht vorübergehen lassen, um nicht auch darüber mit einigen Worten zu sprechen, um Ihnen wenigstens bei dieser Gelegenheit zu zeigen, daß die gegenwärtige außerordentlich schwere Ernährungs - Situation, die Ernährungskrise, in der wir uns befinden, in erster Linie durch die vollständig verfehlten Maßnahmen der Zentralbehörden und der Regierung selbst bedingt ist. Die Ernährungsschwierigkeiten, die in den nächsten Wochen sich vielleicht zu einer Katastrophe steigern werden, wenn es nicht gelingt, noch im letzten Augenblicke das notwendige Getreide und Mehl herbeizuschaffen, diese Ernährungsschwierigkeiten sind eine logische Folge des ganzen Systems, das während des Krieges eingeführt und nach dem Kriege nicht abgebaut wurde, das System der Zentralen und der Zwangswirtschaft. Dieses mag vielleicht während des Krieges gerechtfertigt gewesen sein ich will auch das bestreiten, ob man nicht durch andere Maßnahmen vielleicht einen besseren Erfolg hätte erzielen können aber nach dem Kriege dieses unglückliche System aufrecht zu erhalten und noch auszubauen, ist geradezu ein Unsinn. Es fehlt jeder Anreiz zur Produktion, es fehlt jeder Anreiz zum neuen Anbau, wenn derjenige, der das Getreide anbaut, nicht mehr Herr seiner eigenen Produktionsgüter ist. Dazu kamen die Chikanierungen anläßlich der Abnahme der Produkte, die geradezu haarsträubend sind.

Es werden unter Assistenz von Gendarmerie und Militär Requisitionen vorgenommen, mit brutaler Gewalt wird weggenommen, was überhaupt zu finden ist, und man nimmt nicht Rücksicht darauf, ob der betreffende Bauer das vorgeschriebene Kontingent überhaupt liefern konnte oder nicht. Es wurden derart hohe Kontingente vorgeschrieben, daß es von Haus aus unmöglich war sie aufzubringen. Ich könnte Ihnen aus dem Kuhländchen, aus dem Bezirke Mähr. Weißkirchen aus dem Böhmerwalde, besonders aus dem Bezirke Kaplitz und aus anderen Gegenden Beispiele in Menge anführen, daß die Bürokraten, die ohne Kenntnis der Landwirtschaft vom grünen Tisch aus diese Kontingente vorgeschrieben haben, etwas Unmögliches und Unmenschliches aufzubringen verlangt haben. Es ist bisher nicht gelungen, elne Herabsetzung dieser Kontingente bei irgendeiner Stelle zu erwirken. Über die Gegend von Waagstadt bis hinüber nach Friedeck in Schlesien ist ein schweres Hagelwetter niedergegangen. Dieses Hagelwetter hat zumindest 70 bis 80% der Ernte niedergeschlagen. Trotzdem wird der Bezirk gezwungen, das volle Kontingent aufzubringen. Alle Versuche, eine Herabsetzung des Kontingentes durchzusetzen, waren bisher vollkommen nutzlos. Geht man zum Bezirksgetreideamte, so redet sich dieses auf das hohe Landeskontingent aus; geht man zur Landesbehörde, so wälzt diese die Schuld auf das Ministerium, und geht man zum Ministerium, so geht es wieder den umgekehrten Weg, man verweist auf die Landesstelle, nur die könne das Bezirkskontingent ändern und gerecht auf die Bezirke aufteilen, kurz, es ist keine Stelle zu erreichen, welche sich dazu bekennt, den Unsinn irgend eines Bürokraten vom grünen Tische auszubessern. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Tomášek.)

Man nimmt den Leuten bei diesen gewaltsamen Requisitionen in unseren Bezirken die Kopfquote weg, man nimmt ihnen, was sie selbst zum eigenen Leben brauchen und begründet es damit, daß eben nicht die vollen 100% des vorgeschriebenen Getreides aufgebracht wurden. Ich könnte Ihnen ungezählte Beispiele anführen, daß es geradezu unmöglich ist, rein vollständig unmöglich war, diese 100% aufzubringen, weil vielfach infolge der Auswinterung des Brotgetreides, infolge Hagelschlags usw. der Ernteertrag diese 100%, die vorgeschrieben wurden, nicht ausgemacht hat. Dazu kam die große Dürre; das letzte Jahr war für Brotgetreide ein Mißjahr. Und nun nimmt man den Landwirten das, was sie für sich, für die Familie und das Gesinde brauchen, einfach weg. Nicht nur das, meine Herren, man nimmt sogar das Saatgut für die neue Aussaat. Meine Verehrten, wie stellen Sie sich das vor, wie soll der Mann nunmehr im kommenden Frühjahre den Boden bestellen, wenn er nicht einmal das Getreide behält, das er hiezu notwendig braucht? Man nimmt auch die zugebilligte Menge des Viehfutters weg und verhindert so, daß unser stark dezimierter Viehstand weiter hinaufgebracht werden kann. Als weitere Chikane dieser mit brutaler Gewalt durchgeführten Requisitionen kommt noch hinzu, daß man den Parteien oder Gemeinden die Kosten dieser Requisitionen aufträgt, die nicht ganz unbedeutend sind, denn in manche kleine Orte schickt man ein Aufgebot von 150 bis 200 Mann Militär, die erhalten und bezahlt werden sollen. Weiters zahlt man nicht den vollen Betrag, obwohl das Getreide gar nicht versteckt gehalten wird, man erklärt es vielmehr für verfallen und zahlt den verminderten Betrag hiefür. Sie werden zugeben, daß das Chikanen sind, die für die Landwirtschaft vollständig unerträglich geworden sind und daß unsere Forderung besonders bei den jetzigen Requisitionen dahin gehen muß, daß die Kopfquote, das Saatgut und das Viehfutter den Leuten unter allen Umständen zu belassen ist, weiters daß die vollen Beträge für Getreide gezahlt werden, welches nicht versteckt gehalten wird, und weiters daß die Kosten der Requisitionen vom Staate getragen werden. In diesen Forderungen sind - glaube ich - alle Landwirte, ich hoffe auch auf èechischer Seite einig, wie sie auch in der Frage der Aufhebung der Zwangswirtschaft, der zentralen Bewirtschaftung einig sein sollten.

Man hat heute im Senate drüben eine Resolution angenommen, welche die Aufhebung der Zwangswirtschaft beinhaltet. Sie wurde fast von allen Parteien angenommen, und es ist dies umso erfreulicher, weil auch die sozialistischen Parteien sich endlich zu der Anschauung durchgerungen haben, daß das heutige System im Wirklichkeit einen ganz unhaltbaren Zustand geschaffen hat, daß die ganze Ernährung darunter leidet, daß immer weniger produziert wird und daß wir noch im nächsten Jahre in bedeutend größere Ernährungsschwierigkeiten hineinkommen werden, wenn dieses System heuer nicht fällt. Ich könnte Ihnen diesbezüglich ganz erschreckende Zahlen bringen, die das beleuchten. Vor dem Krieg hatte Böhmen, Mähren, Schlesien eine Erntefläche für Brotgetreide von 4,992.731 Hektar. Die Erntefläche sank bis zum Jahre 1919 auf 3,788.234 Hektar; sie ging also, sagen wir rund um ein Viertel, das heißt um 1,204.497 Hektar zurück. Diese erschreckenden Zahlen sollten uns zu denken geben. Ebenso ist es mit dem Ernteerträgnis. Im Jahre 1919 wurde angebaut an Weizen und Roggen 12,497.676 Zentner, an Gerste 4,695.976 Zentner. Dieses ererntete Getreide ergibt nach Wegrechnung von 15% Hintergetreide und Saatgut, sowie ein Viertel der Gerste zu Brauereizwecken, rund 10,594.000 Zentner Mehl. Der Gesamtbedarf der Bevölkerung von Böhmen, Mähren, Schlesien beträgt ungefähr 12ÿ7 Millionen Zentner. Es fehlen uns heute also ungefähr 2 Millionen Zentner Mehl, obwohl wir andererseits vor dem Krieg mit dem hier in unseren Gebieten Erzeugten vollkommen das Auslangen gefunden haben, im Gegenteil sogar noch über Bedarf erzeugt und ausgeführt haben. Ich glaube, diese Zahlen sprechen sehr deutlich. Sie sprechen in erster Linie für die Aufhebung der Zwangswirtschaft, für das Fallenlassen eines heute vollständig unhaltbaren Systems, eine Forderung, welche von der Landwirtschaft im Allgemeinen erhoben wird und für die heute Tausende und Abertausende in großen Demonstrationsversammlungen einmütig eintreten.

Das Fallenlassen dieser Zwangswirtschaft wird uns vollständig freimachen vom Auslande, es wird uns auf eigene Füsse stellen, weil wir das, was wir im Lande brauchen, selbst erzeugen werden. Es wird nicht mehr no twendig sein, daß der Handelsminister Hotowetz nach England reist und dort so fragwürdige und schlechte Geschäfte mit Getreide abschließt, wie eben jetzt, Geschäfte, die eigentlich auf unsere guten Ententefreunde ein eigentümliches Licht werfen. Denn wenn es wahr ist, was die Zeitungen schreiben, daß uns die Herren Engländer dieses chinesische Mehl anhängen, daß sie uns nur drei Monate Kredit geben, daß sie uns noch 1% mehr rechnen, als der übliche Zinsfuß in England überhaupt ist, so zeigt das, daß wir bei unseren Freunden eigentlich einen außerordentlich geringen Kredit genießen, beziehungsweise, daß das Ansehen unseres Staates sehr schlecht ist, und daß man wohl auf seinen Bestand keine sehr großen Hoffnungen setzt. Und wenn es wahr ist, daß wir auch von Holland Kartoffelmehl beziehen, das wir ebenfalls mit teuerem Geld bezahlen, dann müssen wir sagen, daß wir von unseren Freunden nur das bekommen, was sie selbst nicht mehr essen wollen, und worüber sie froh sind, wenn sie es bei uns an den Mann bringen. Wenn wir uns das überlegen, dann müssen wir zu der Überzeugung kommen, daß wir uns vom Ausland unabhängig machen sollten. Und dieses Unabhängigmachen kann nur dadurch geschehen, daß wir das ganze System, wie es heute ist, und daß die Landwirtschaft vollständig auf den Hund gebracht hat, abbauen. Denn mit den kleinen Mätzchen, die der Ackerbauminister mit dem Kunstdünger uns hier vorflunkert, werden wir wohl kaum den gewünschten Erfolg erzielen. Das System muß fallen, die Schikanierung der Landwirtschaft muß aufhören. Wir müssen uns endlich an den Gedanken gewöhnen, daß wir nur durch zielbewußte Förderung der Landwirtschaft im allgemeinen uns freimachen können von all der Abhängigkeit von unseren Nachbaren und unseren sogenannten Freunden.

Und zu diesem System der Schikanierungen gehören eben auch die Pferdemusterungen, die uns vollständig überflüßig und zwecklos erscheinen. Denn brauchen wir im Ernstfall, der aber nicht eintreten wird, wie Minister Dr. Beneš sagt, Pferde, dann können wir sie im Handumdrehen beschaffen. Setzen Sie Kommissionen ein schon in Friedenszeiten, Kommissionen, die mit dem ersten Mobilisierungstag sofort hinausgehen und dort Assentierungen der Pferde vornehmen, und ich bin überzeugt, daß Sie in 24, be- ziehungsweise 48 Stunden den ersten Bedarf an Pferden ganz bestimmt gedeckt haben werden. Die Pferde werden uns also für alle Fälle zur Verfügung stehen, ohne daß dadurch die Sicherheit des Staates irgendwie beeinträchtigt wäre. Wir haben bei Einbringung dieses Antrags, Kollege Matzner, Dr. Feyerfeil und ich, uns lediglich vom Interesse der Landwirtschaft leiten lassen. Wir haben an die Gefährdung der Sicherheit des Staates nicht gedacht, wir haben geglaubt, daß ein derartig vernünftiger Antrag ganz bestimmt eine Mehrheit finden wird. In erster Linie waren wir der Überzeugung, daß die èechischen Agrarier unter allen Umständen für den Antrag stimmen werden, zumal ja diese Maßnahme auch in ihren eigenen Reihen als Schi kanierung und als zwecklos empfunden wird. Und wir müssen nunmehr das eigentümliche Schauspiel erleben, was allerdings in diesem Hause schon öfter eingetreten ist, daß gerade ein vernünftiger Antrag fällt. Wird doch hier bei der kaninchenartigen Fruchtbarkeit dieses Hauses und des früheren Revolutionsausschusses, etwas fabriziert, was keinen Kopf und keinen Fuß hat, während auf der anderen Seite zweckmäßige Maßnahmen fallen. Wenn Sie mit uns der Meinung sind, daß wir die Landwirtschaft in der jetzigen Zeit unter allen Umständen fördern müssen, daß wir alles tun müssen, um sie leistungsfähig zu machen und einen größeren Ernteertrag zu erzielen, daß wir sie frei machen müssen von allen Schikanen, dann werden Sie es heute durch die Tat zu beweisen Gelegenheit haben, dann werden Sie für unseren Antrag stimmen. Ich empfehle meinen Antrag noch einmal zur Annahme. (Potlesk na levici.)

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