Meine Damen und Herren! Es ist im allgemeinen eine Formalität, ob man sich in eine Rednerliste "pro" oder "kontra" eintragen läßt. Immerhin fühle ich mich bei diesem Anlasse bemüßigt zu erklären, daß ich, trotzdem ich mich als Gegenredner in die Liste eintragen ließ, die Absicht habe, für das Gesetz zu stimmen. Dieser Gegensatz zwischen meiner Abstim mung und meiner Stellungnahme in der Debatte rührt eben aus einem Zwiespalte her, der in mir selbst liegt. Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust. Die politische Seele billigt die Tendenz dieses Gesetzentwurfes und verbietet mir, irgendetwas zu tun, was eine Verschleppung dieser Angelegenheit nach sich ziehen könnte. Mein juristisches Gewissen aber bäumt sich auf, wenn ich die Einzelheiten dieses Gesetzes durchlese und auf verschiedene Stellen stoße, für die ich nicht mitverantwortlich sein möchte, wenigstens nicht mitverantwortlich, ohne hier meinen juristischen Protest im allgemeinen zur Kenntnis der Öffentlichkeit, zur Kenntnis des Hauses gebracht zu haben.
Ich habe bereits im Rechtsausschusse wiederholt den Versuch gemacht, gewisse juristische Verfehltheiten des Gesetzes zu verbessern, es ist mir dies an der einen oder anderen Stelle auch gelungen, es ist mir dies aber an wesentlichen anderen Stellen nicht gelungen. Es bliebe mir natürlich der Weg offen, durch eine ganze Reihe von Abänderungsanträgen den Versuch zu machen, in der Vollsitzung des Hauses die notwendigen Korrekturen herbeizuführen. Ich weiß aber nach den verschiedenen Versuchen, die ich in dieser Richtung unternommen habe, daß ich dabei nicht außerord entlich erfolgreich sein dürfte, und so peinlich es für einen Abgeordneten ist, das sagen zu müssen, ich vertraue darauf, daß der Rechtsausschuß und das Plenum des Sehates jene Verbesserungen vornehmen werden, welche das Gesetz zweifellos noch nötig hat. Ich will auch deshalb im Einzelnen auf die verschiedenen Mängel nicht eingehen, ich will nicht darauf hinweisen, daß nur beispielsweise im § 1, Abs. 3 des Gesetzes die Spannung zwischen einem Monate und einem Jahre ganz merkwürdig zu sein scheint, eine Spannung, welche bisher in einem Gesetze noch nicht verwendet wurde. Ich will nicht darauf eingehen, daß mir die Fassung des § 12 des Gesetzes außerordentlich bedenklich erscheint und daß ich glaube, daß diese Fassung auch zu manchen juristischen Kontroversen Anlaß geben wird, insbesondere hinsichtlich der Frage, wie es sich mit der Möglichkeit der bedingten Verurteilung bei jenen Personen verhält, welche bei Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht verurteilt sind, aber vor Inkrafttreten des Gesetzes das Verbrechen begangen haben. Ich möchte mich vielmehr, von einem einzigen Fall abgesehen, auf den ich noch zu sprechen kommen werde, in gewisser Hinsicht mit der Anlage des Gesetzes beschäftigen. Das Gesetz will gewisse Arten von antisozialen Verbrechen besonders hart strafen. Insoweit das die Tende nz des Gesetzes ist, billige ich sie und ich begrüße es auf das Wärmste, wenn einmal der Versuch gemacht wird, mit der größten Energie gegen diese Schädlinge der menschlichen Gesellschaft zu Felde zu ziehen.
Ich möchte mich hier insbesondere jenen Worten des Herrn Referenten anschließen, welche er zum Schluß des Referates gesagt hat, nämlich: "Wir brauchen nicht nur Maßnahmen, sondern wir brauchen auch Organe, welche diese Maßnahmen wirklich durchführen." Und da ist es vielleicht wichtiger, dahin zu wirken, daß unter Mitwirkung der gesamten Bevölkerung die Maßnahmen tatsächlich angewendet werden, als vielleicht die schärferen Maßnahmen selbst notwendig sind. Immerhin, ich wiederhole es nochmals, ich begrüße auch die Verschärfung der gesetzlichen Bestimm ungen. Allerdings was die Art der Verschärfung anlangt, so muß ich gleich sagen, daß mir die Durchführung der Verschärfung etwas zu mechanisch vorgenommen zu sein scheint. Ich habe auf diesen Umstand bereits im Rechtsausschusse hingewiesen. Es werden hier zwei Delikte zusammengekoppelt, die ja in gewisser Hinsicht auch zweifellos zusammengehören, insoferne als sie die Versorgung der Bevölkerung mit den notwendigen Bedarfsartikeln zu erschweren oder zu vereiteln geeignet sind: im Wesentlichen die Straftat des sogenannten Kriegswuchers und die Straftat des Auslandsschmuggels. Es ist aber nicht bedeutungslos, daß beide Herren Referenten sich eigentlich ausschließlich nur mit dem ersten Delikt beschäftigt und von dem Auslandsschmuggel als solchem viel weniger gesprochen haben. Der Auslandsschmuggel hat unter Umständen zweifellos eine außerordentlich antisoziale Wirkung, ihn zu verurteilen ist selbstverständlich, ihn zu bestrafen ist selbstverständlich, unter Umständen eine verschärfte Strafe anzutreten und zu verhängen ist selbstverständlich aber eine vollkommene Gleichstellung dieser beiden Delikte gerade hinsichtlich dieser Verschärfung der Strafe scheint mir denn doch nicht billig zu sein, wenn wir uns vor Augen halten, daß die soziale Verwerflichheit beim Delikt des Kriegswuchers immer gegeben ist, während sie beim Auslandsschmuggel keineswegs immer gegeben sein muß und die Motive hier und dort keineswegs immer die gleichen sind. Wenn ich erzähle, was ich natürlich gar nicht erzählen müßte, da Sie es ohnehin wissen, daß das Verbrechen des Auslandsschmuggels bereits derjenige begeht, der irgendeinen Gegenstand im Werte von - ich glaube - K 4000 über die Grenze schafft und Sie sich vor Augen halten, daß diese K 4000.- heute einen sehr geringen Wert darstellen, so schiene es mir wohl richtiger zu sein, wenn man zumindestens beim Verbrechen des Auslandsschmuggels ein wenig differenziert hätte und die Verschärfung der Strafe nur dort zur Anwendung gebracht hätte, wo die Motive solche sind, daß sie eine solche Bestrafung rechtfertigen. Es ist etwas ganz anderes beim Kriegswucher, dessen Motive immer und unter allen Umständen verwerflich sind, und bei dem auch schon durch die Abgrenzung des Tatbestandes dafür gesorgt wird, daß nicht irgendwelche Zufallsdelikte mit hineinfallen. Es ist etwas ganz anderes in diesem Falle wie in dem Falle des Auslandsschmuggels. Wenn wir aber schon das unberücksichtigt lassen wollen, so möchte ich doch auf einen anderen Umstand aufmerksam machen, den der Herr Referent bereits berührt hat.
Der Herr Referent hat einen großen Aufwand an ausgezeichneter Dialektik dazu verwendet, um nachzuweisen, daß die manuelle Arbeit nicht als diffamierendes Mittel zu Strafzwecken verwendet wird. Ich beneide ihn nicht um diese Aufgabe, nur muß ich sagen, daß es ihm trotz dieses Aufwandes an Dialektik nach meiner Überzeugung nicht gelungen ist, weder in mir, noch wahrscheinlich in der Mehrheit des Hauses den Eindruck zu verwischen, daß man tatsächlich in diesem Gesetze doch nicht darum herumgekommen ist, die manuelle Arbeit in irgend einer Weise gering zu schätzen und mit diffamierendem Charakter zu versehen. Denn worin besteht die Verschärfung der Strafe? Der Mann bleibt vollkommen frei, er kann die Abende zu Hause verbringen, er kann Mittag zu Hause essen, er schläft zu Hause, er verbringt seine Sonntage und Feiertage, wie er will. Er muß nichts anderes, als durch die normale Arbeitszeit, also durch acht Stunden wochentags, sich einer körperlichen Arbeit widmen.
Nun gebe ich gerne zu, daß die körperliche Arbeit, die ihm auferlegt wird, eine schwere sein soll. Es ist auch an eine unangenehme Arbeit gedacht. Aber Tausende von Menschen sind genötigt, diese schweren und unangenehmen körperlichen Arbeiten zu versehen. Dadurch, daß Sie diesen Mann, den Kriegswucherer oderden gefährlichen Auslandsschmuggler, diesen Menschen gleichstellen, welche genötigt sind, einen Beruf auszuüben, den sie bisher nicht als diffami erend betrachtet haben, stellen Sie diesen Beruf einer Strafe, einer entsprechenden Strafe gleich. Das erscheint mir nicht ganz richtig zu sein, und obwohl ich zugebe, daß eigentlich die Anhaltung in einer Zwangsarbeitsstrafanstalt ganz andere Zwecke verfolgt als Sie hier intendiert sind, so wäre es mir doch aus den Gründen, von denen ich hier gesprochen habe, sympathischer gewesen, wenn man zu diesem Ausweg gekommen wäre, als zu einem anderen. Ich fühle mich berechtigt, gegen diese Unterschätzung, gegen diese Behandlung der körpe rlichen Arbeit zu sprechen, da ich, gerade vielleicht als Vertreter eines geistigen Berufes, in dieser Hinsicht ein unbefangenes Urteil abgeben zu können glaube. Nun ist es aber der Wunsch gewesen, eine Strafmaßnahme herbeizuführen, und es war daher - ich habe es auch gar nicht versucht - nicht die Möglichkeit gegeben, an der ganzen Anlage des Gesetzes in dieser Richtung etwas zu ändern.
Man hätte sonst alles auf den Kopf stellen müssen, dazu war aber keine Möglichkeit vorhanden, wenn man nicht der Tendenz des Gesetzes selbst weitreichende Schwierigkeiten hätte in den Weg legen wollen. Aber auch im einzelnen gibt es manche Unmöglichkeiten, wenn ich so sagen darf, und eine dieser gröbsten Unmöglichkeiten vom Standpunkt meines Rechtsgefühls liegt in der jetzigen Fassung des § 2, Abs. 2 des Gesetzes. Auf diese Bestimmung hat der Herr Referent bereits hingewiesen. Die Sache ist so: Ein Kriegswucherer wird zu so und sovielen Jahren Kerker verurteilt und das Gericht spricht gleichzeitig aus, daß er nach Abbüßung seiner Kerkerstrafe zu so und soviel Monaten Zwangsanhaltung in der Strafarbeitsabteilung verurteilt ist. Wenn er nach seinem Gesundheitszustand zur körperlichen Arbeit unfähig ist, so muß er für solange Zeit, als die Arbeitsleistung zu dauern hätte, ins Gefängnis zurück kommen. Außerdem wird ihm noch eine seinen Vermögensverhältnissen angemessene Geldstrafe zuerkannt. Meine Damen und Herren! Die Vorgeschichte dieses Paragrafen ist Ihnen ein wenig bekannt geworden.
Der ursprüngliche Referentenantrag lautete anders, er lautet im wesentlichen dahin, daß, wenn jemand körperlich unfähig ist, eine derartige Arbeit zu leisten - und es waren sehr große Vorsichtsmaßregeln dagegen getroffen, daß hier nicht Durchstechereien vorkommen können - verlangt wurde, daß das Urteil eines Staatsarztes eingeholt werde und daß andererseits das Gericht nicht an das Gutachten des Arztes gebunden ist, sondern sich selbst ein Urteil zu bilden hat. Wenn aber das Gericht und der Arzt zur Erkenntnis gekommen sind, daß der Mann nicht fähig ist zu arbeiten, dann war er nicht durch Rückkehr in den Kerker zu strafen, wie es der Referentenantrag besagt, sondern es war ihm nur eine, seinen Vermögensverhältnissen angemessene Strafe zuzumessen, die nicht begrenzt war, für die gar keine mechanische Formel gegeben war. Das hätte meiner Meinung nach allem entsprochen. Der arme Kerl, der zwar gewuchert hat, aber von seinem Wucher nichts behalten hat, wäre allerdings frei geworden. Er hätte nur seine Strafe abgebüßt aber nicht, wenn er körperlich unfähig war, arbeiten müssen. Der Reiche hätte eine Strafe aufdiktiert bekommen, die ihn besonders hart trifft, dort nämlich, wo sein Geldsack liegt. Nun wurde gesagt - ich muß das wohl hier anführen, es ist, wenn auch nicht ganz offen, im Ausschuß darauf hingewiesen worden - daß der Reiche sich sehr leicht ein Zeugnis verschaffen kann, daß dieses Zeugnis auch unter Umständen bei Gericht wirkt. Es wurde hier der Ausdruck Toleranz gebraucht. Nun, meine Damen und Herren, ich fühle mich in keiner Weise verpflichtet, für die Objektivität der Staatsärzte oder der Gerichte eine Lanze zu brechen, für eine Objektivität, für die ich jetzt umsoweniger im allgemeinen eintreten kann, nachdem ich den juristischen Unsinn gelesen habe, den ein Richter im Besitzstörungsstreit des Herrn Direktor Kramer zu Papier gebracht hat. (Sehr richtig!) Ich muß aber doch sagen: selbst wenn diese Auffassung richtig ist, selbst wenn Sie meinen, daß durch irgendwelche Mittel, von welchen ich nicht sprechen will, weil ich auch nicht im Ausschuß davon gesprochen habe - sie wurden von anderer Seite erwähnt - übermäßige Toleranz erzielt wird, wenn Sie schon glauben, daß diese Gefahr besteht, so glaube ich, daß doch gerade diese Leute, für die diese Möglichkeiten bestehen, eben durch die Geldstrafe getroffen werden könnten und getroffen würden. Wenn Sie da ein möglichst großes Ausmaß in der Geldstrafe normiert, irgendwelche ganz harte Bestimmungen getroffen hätten, wäre das durchaus billig und verständlich gewesen. Daß Sie aber denjenigen, der körperlich unfähig ist, deshalb noch einmal in den Kerker zurückschicken, scheint mir an sich eine juristische Ungeheuerlichkeit zu sein.
Ich habe versucht, diese Ansicht im Rechtsausschuß in einem Antrag zu formulieren. Dieser Antrag ist abgelehnt worden. Nun ist Folgendes geschehen: Der Paragraph 2 ist in der Fassung, die Ihnen jetzt vorliegt, zustande gekommen. Beim § 7 ist aber die Frage in einer anderen Richtung akut geworden. Dorthandelte es sich nämlich um die Leute, die nicht in ihrem Wohnort in der Strafarbeitsabteilung sind, sondern außerhalb desselben. Wenn jemand in seinem Wohnort die Strafarbeitszeit verbüßt, ist er in der Lage, nach Hause zurückzukehren, den Sonntag frei zu verbringen u. s. w. Ist er es nicht, dann muß er sich einer allgemeinen Anhaltung unterziehen, allerdings hat er die Möglichkeit, wenn er sich auf eigene Kosten eine Wohnung in dem Orte verschaffen will, auch außerhalb der allgemeinen Anhaltungsstätte zu wohnen. Es wäre also der § 7 einfach ein Privileg für diejenigen gewesen, die entweder das Glück gehabt hätten, gerade, wenn sie z. B. in Prag wohnen auch in Prag ihre Strafarbeit abzubüßen, oder die so viel von ihren Wuchereien hatten zurücklegen können, daß sie in der Lage sind, trotz der Wohnungsnot und trotz der Höhe solcher Wohnungszinse sich eine entsprechende Wohnung zu verschaffen ich sage ausdrücklich trotz der Höhe solcher Wohnungszinse. Dieses Privileg ist doch als zu drückend empfunden worden, und ich habe es erreicht, daß denjenigen, die aus dem oder jenem Grund von dieser Rechtswohltat keinen Gebrauch machen können und deshalb als Arrestanten behandelt werden müssen, doch wenigstens zwei Arresttage für drei Arbeistage gerechnet werden. Daneben aber finden wir nun den § 2, der bestimmt, dass jemand, der körperlich unfähig ist, zu arbeiten, gerade deshalb noch ins Gefängnis gesteckt wird. Er wird der Freiheit beraubt, und schon darin liegt eine Erschwerung seiner Strafe, die nur aus dem Grunde erfolgt, weil er unfähig ist, körperlich zu arbeiten. Aber nicht nur diese Verschärfung der Strafe trifft ihn, sondern noch eine weitere Verschärfung. Während er sonst, wenn er körperlich fähig ist, zu arbeiten, acht Stunden arbeitet und dann machen kann was er will, ohne Rücksicht auf die Frage der Freiheit oder des Angehaltenseins, ist er jetzt, nach der Fassung, die jezt der § 2 des Gesetz-Entwurfes hat, nicht in der Lage, über seine Zeit zu verfügen, nämlich außerhalb der acht Stunden. Wenn man eine Rechnung macht, wird er also länger und härter gestraft, als derjenige, der körperlich fähig war, die ihm zugewiesene Arbeit zu leisten. Die Ungeheuerlichkeit dieses Mißverhältnisses liegt so klar zu Tage, daß es mir doch gelungen ist, im wesentlichen, wie ich glaube, die Zustimmung des Herrn Referenten - was er ja auch in seinem Referate bereits erklärt hat - für den Abänderungsantrag zu gewinnen, welchen ich überreichte und der sich insofern dem § 7 konformiert, als nunmehr auch für diejenigen Leute, für welche der § 2, Absatz 2 gilt, auch der Vorteil - wenn man so sagen darf gilt, daß auch bei ihnen 3 Arbeitstage für 2 Gefängnistage gelten. Und weil man auch die Sonntage berücksichtigen muß, eine Woche in Arrest verbrachter Zeit so gezählt wird, wie 10 Arbeitstage.
Ich habe - und damit möchte ich
schließen - diesen Anänderungsantrag eigentlich mit sehr zweifelndem
Herzen und eigentlich contre coeur gestellt. Denn mit jedem Abänderungsantrag
gibt man eigentlich so eine Art Bekenntnis dafür ab, daß man mit
dem, was abgeändert worden ist, doch nicht ganz unzufrieden war.
Diesen Eindruck aber möchte ich vom Standpunkt meiner juristischen
Seele, von der ich früher gesprochen habe, nicht erwecken. (Souhlas
a potlesk na levici.)
Hohes Haus! Aus allen Reden, die wir bisher gehört haben, klang leise oder besser gesagt mehr oder minder laut der Zweifel heraus, daß dieses Gesetz, wie soviele Strafgesetze gegen den Wucher und gegen Preistreiberei wiederum nicht jenen Erfolg erzielen wird, den man als Gesetzge er sich wünschen würde. Ich habe mich zu diesem Gesetze als Kontraredner gemeldet, lediglich aus dem Grunde, um wie Herr Prof. Kafka mein juristisches Gewissen zu erleichtern und darauf aufmerksam zu machen, daß dieses Gesetz, wie soviele andere Gesetze, die in der Geschwindigkeit der Gesetzesmacherei hinausgeworfen werden, kraft seiner technischen Mängel in sich die Gefahr birgt, daß es nicht imstande sein wird, seine Tendenzen durchzuführen, sie in die Wirklichkeit umzusetzen, mögen diese Tendenzen noch so gut sein. Es wird niemanden in diesem Hause geben, welcher nicht sagen würde, es gibt keinen so großen Verbrecher, wie denjenigen, welcher auf bequeme Weise sich Reichtümer schafft, auf eine Methode, die die allgemeine Wirtschaft erschüttert, nämlich indem er die Preise in die Höhe treibt und die Versorgung der Bevölkerung mit den notwendigsten Bedarfsartikeln erschwert. Es wird niemand im Hause sein, welcher nicht sagen würde, das keine Strafe hoch genug ist, um dieses Verbrechen zu sühnen. Keine Strafe ist auch hoch genug, um abschrekkend zu wirken; denn die Verlockung, reich zu werden, sichs in der Zukunft bequem zu machen, ist so groß, daß wir in der Praxis es oft gesehen haben, daß strengere Strafgesetze bei vielen besonders hart gesottenen Kriegswucherern keinen anderen Erfolg erzielten, als daß sie sich die Zeit der Strafhaft umrechneten in eine Risikoprämie; (Souhlas na levici.) sie haben sich Schmerzensgeld gerechnet für die Strafhaft und sich außerdem noch jene versäumte Zeit dazugerechnet, die sie im Kriminal zubringen. (Souhlas na levici.) Und das alles wurde schon eskomptiert; wenn sie dann nicht eingesperrt wurden, haben sie das doppelte Geschäft gemacht. (Veselost na levici.) Meine Herren, wir alle sind davon überzeugt, daß die bisherige Strafrechtspflege gegenüber den Kriegswucherern so ziemlich versagt hat und da stimme ich dem Herrn Referenten zu, wenn er am Schlusse seiner Ausführungen gesagt hat: Das schönste Gesetz, das schärfste Gesetz, die größten Strafen, die besten Gerichte sogar sind nichts, führen nicht zum Erfolge, wenn die Verwaltungsbehörden, die Polizeibehörden nicht funktionieren. (Posl. dr. Kafka: Auch die Bevölkerung muß aber mitwirken!) Jawohl! Und da müssen wir schon sagen, dort, wo man die sogenannten speziellen Wucherämter eingeführt hat "úøady pro potírání lichvy" hat man mit diesen Amtern keine sehr gute Erfahrung gemacht.
Ich will hier niemanden beschuldigen; aber als ich mich einmal über ein nicht ganz einwandfreies Vorgehen beim Vorstande eines Wucheramtes beschwerte, gab er mir die klassische Antwort: "Aber lieber Herr Doktor, zu dem Geschäfte gehen doch nicht moralisch hochstehende Personen. Da dürfen Sie sich freilich nicht wundern, wenn vieles durch die Maschen geht und nur die kleinen Fische in den Maschen hängen bleiben". Es ist also bezüglich der Durchführung die Sache etwas schlecht, schon deshalb, weil Sie an der Qualität der Menschen sich spießt. Noch viel gefährlicher ist es aber, wenn man von vornherein ein Gesetz macht, welches an technischen Mängeln zugrunde geht, noch bevor es überhaupt in die Praxis umgesetzt ist. Wir alle müssen billigen, daß es von Vorteil ist, wenn man einen Wucherer nicht nur bestraft, sondern auch an den Pranger stellt. Wir kehren da zurück zum Mittelalter. Aber wo gewöhnliche Strafen nicht mehr taugen für solche Menschen mit ungewöhnlicher Moral muß man mit etwas schärferen Strafen kommen, der Pranger, wie es der Herr Referent genannt hat, ist wohl zu billigen. Nur ist hier ein Einwand zu machen: Es erscheint mir etwas eigentümlich es steht im Motivenbericht, daß die Bestrafung, dieses "an den Pranger stellen" nicht darin bestehen soll, daß man jemanden noch weiter seiner Freiheit beraubt, nachdem er seine Strafhaft abgebüßt hat, sondern lediglich darin, daß er die Straße kehrt, daß er an Straßenbauten, an der Regulierung von Flüssen und bei Bahnbauten teilnimmt. Das soll das "an den Pranger stellen" sein? Mir widerspricht es in meinem tiefsten Innern in einer Zeit, wo die manuelle Arbeit so hoch bewertet wird, jemanden dadurch an den Pranger stellen zu wollen, daß man ihn manuelle Arbeit verrichten läßt. (Souhlas na levici). Ich glaube gerade dadurch, daß er die Arbeit bis zu einem gewissen Grade frei leistet und nicht einer besonderen Anstaltsdisziplin unterworfen ist, verliert die Arbeit das diffamierende. Der Referent hat gesagt, Zwangsarbeitsanstalten haben andere Zwecke, sie haben in erster Linie den Zweck der Erziehung; und zwar sagt er wörtlich, "diejenigen Menschen zu erziehen, welche sich nicht durch ehrliche Arbeit fortbringen, dies geschieht, indem man sie in einer Zwangsarbeitsanstalt zu ehrlicher Arbeit zwingt". Nun glauben wir denn doch, daß der Kriegswucherer auch ein solches Individuum ist, das sich nicht durch ehrliche Arbeit ernährt, (Souhlas na levici.) und deshalb wäre es uns viel sympathischer gewesen, wenn man gesagt hätte, Landstreicher, Arbeitsscheue, Dirnen und Kriegswucherer gehören in die Zwangsarbeitsanstalt. (Souhlas nalevici.) Das wäre eine kurze Bestimmung gewesen und die Erziehung durch die Anstaltsdisziplin durch wirklich schwere, strenge Arbeit unter dem Zwange dieser Disziplin würde gut wirken. Und wir hätten alle Unzukömmlichkeiten dieses Gesetzes, denen man mit Mühe und Not auszuweichen versuchte, aber nicht ausgewichen ist vermieden. Vor allem hätten wir die wunderschöne, technisch ganz verfehlte Bestimmung des §7 vermieden, die aber - ich gestehe das offen und ehrlich zu - irreparabel ist. Wenn nur die Arbeit die Strafe ist, man zu Hause wohnen kann, diese Begünstigung, zu Hause zu wohnen, aber demjenigen weggenommen werden kann, welcher seine Arbeit nicht genau und gewissenhaft leistet, so muß - wir haben bereits im Ausschusse darauf aufmerksam gemacht - diese Bestimmung wohl oder übel zu einer Bevorzugung derjenigen führen, welche so vorsichtig waren, lange zu wuchern, ehe sie zum erstenmal erwischt wurden, welche sich also einen gewissen Fond geschaffen haben, um sich die Strafen zu erleichtern. Denn es wurde uns ausdrücklich und mit Recht gesagt, als wir verlangten, man möge in dem Falle, wenn die Begünstigung des zuhause Wohnens entzogen wird, den Rechtszug, die Beschwerde an das Gericht zulassen, dies wäre eine unnötige Belastung der Gerichte, denn das Gericht würde sich letzten Endes auf den Aufseher verlassen müssen. Denn der Aufseher wäre eigentlich der Entscheidende. Und nun meine Damen und Herren! Stellen wir uns die Sache in der Praxis vor! Ein Gefangenaufseher mit seinem so niedrigen Einkommen, wird hier der Verlockung ausgesetzt, ein gutes Wohlverhaltungszeugnis auszustellen, wenngleich der Betreffende seine Arbeit nicht genau und gewissenhaft geleistet hat. Es ist begreiflich und nur sehr zu befürchten, daß sich in einzelnen Strafanstalten ein kleiner Kettenhandel mit Wohlverhaltungszeugnissen entwickeln wird und dies umsomehr, da nach den Worten des Herrn Vertreters des Justizministeriums im Ausschusse gerade die Menschen, um die es sich da handelt, moralisch so kontagiöser Natur sind, daß man sie nicht einmal in eine Strafanstalt einsperren darf, weil sie dort alles korrumpieren würden. (Veselost na levici.) Und nun läßt man diese korrumpierenden Elemente auf die armen Aufseher los. (Souhlas na levici.) Sie tun mir wirklich leid diese armen Menschen, sie werden der größten Gefahr der Verlockung ausgesetzt. Denn für einen reichen Wucherer sind, wenn er zuhause wohnen darf und nichts dabei arbeiten muß, ein paar Zehntausende soviel wie für einen anderen 10 Heller. Es ist also diese Fassung, die dem § 7 gegeben wurde - er wurde nämlich seiner ursprünglichen Fassung gegenüber umgeändert - noch immer derartig, daß wir darin eine Ungerechtigkeit finden müssen. Wenn jemand einwendet, wozu in einem Gesetz, welches sich gegen die Wucherer richtet, von Gerechtigkeit sprechen, wolle man sich denn der Wucherer annehmen, dann muß ich antworten: Auch ein Gesetz, das gegen Mörder, gegen Wucherer geht, muß in sich die Garantie tragen, daß es alle Wucherer, alle Mörder gleich behandelt. Denn sonst trägt es und das ist insbesondere bei einem Strafgesetz der Fall, den Keim in sich, daß es mißachtet wird und jenen Zweck nicht erreicht, den es erreichen soll.
Bei Kriegswucherern ist es besonders wichtig, daß man auf diese Genauigkeit sieht; denn die bisherigen Strafgesetze haben eine eigentümliche moralische Wirkung erziehlt: Wenn man so Gelegenheit hat, ab und zu in diese Sphäre hineinzublicken, aus der sich diese Strafarbeitsabteilungen rekrutieren sollen, so sieht man, daß die moralische Wirkung der bisherigen Strafgesetze gleich Null war, vollständig Null. Und wenn wir nun auch hier Durchstechereinen nicht absolut verhindern, so wird auch hier die Wirkung gleich Null sein. Der Mann wird dann wohl besonders geschätzt sein, der zwar in der Strafarbeitsabteilung ist, aber zuhause erzählen kann: "Ich habe nichts gemacht, bin um 4 Uhr nachmittag herausgekommen, habe gebadet, um mit dem Bad die ganze Zwangsarbeit abzuwaschen, habe den Frack angezogen und bin lustig ins Kabarett gefahren! Diese Leute werden nämlich ins Kabarett gehen können, weil sie sich nicht angestrengt haben und nicht müde sein werden und wahrscheinlich es auch nicht nötig haben auszuruhen, um für die schwere Arbeit am nächsten Tag wieder gewappnet zu sein. Aus diesem Grunde wäre mir schon die Anhaltung aller Verurteilten in einer Zwangsarbeitsanstalt sympathischer gewesen. Da gibt es keine Ausnahmen, keine Geschichten, wenn man zu dieser Zwangsarbeit verurteilt ist; und da gibt es keine Durchstechereien, es wird auch nicht der Eindruck erweckt, daß gerade die manuelle Arbeit diffamierend ist.
Es sind noch einige kleinere Momente im Gesetz, welche es für einen Juristen schwer schluckbar machen. Da möchte ich vor allem darauf hinweisen, daß sich wohl in einer ungemein geschickten Art versteckt im § 12 eine gewisse Form der Rückwirkung materiellen Strafrechtes findet. Ich mache dem Herrn Referenten mein Kompliment, est ist ungemein geschickt gemacht, es ist nämlich in der Form von Vorschriften über den Strafvollyug eigentlich die Rückwirkung materiellen Strafrechtes hineingebracht worden. Ich will absolut nicht diejenigen Wucherer und Kettenhändler verteidigen, welche vor der Wirksamkeit dieses Gesetzes verurteilt wurden und ihre Strafe noch nicht abgebüßt haben. Wenn sie diese abbüßen, so sollen sie während der Strafhaft zu dieser als diffamierend dargestellten schweren Arbeit verwendet werden, und zwar genau so, wie es auch für die in Zukunft zu verurteilenden Wucherer gilt. Ich will die Wucherer, wie gesagt, nicht verteidigen, das ist auch nicht der Zweck meiner Einwendungen, sondern ich will nur davor warnen, daß dieses Haus ein so wichtiges Prinzip, wie das Prinzip der Nichtrückwirkung materiellen Strafrechtes verletzt. Denn sonst könnten wir leicht auf einer schiefen Bahn weitergleiten, immer weiter und weiter mit einer solchen Geschwindigkeit, daß wir dann schließlich nicht mehr das Unheil aufhalten könnten, welches auch wirklich aller moralischen Überzeugung widerspricbt. Was soll denn ein Strafgesetz machen, was soll eine strafrechtliche Norm für einen Zweck haben? Sie hat mehrfache Zwecke. Der eine wichtige Zweck ist der der Abschreckung. Man muß doch dem einzelnen, wenn man ihn abschrecken will, sagen, was ihm droht, den sonst kann ich ihm ja nicht sagen, daß bei ihm das Abschreckungsmittel, die Strafe, schon versagt hat, daß er bereits trotz dieser Drohung sich vergangen hat. Das ist unlogisch, und deshalb hat jede Gesetzgebung bisher den Grundsatz aufgestellt, daß materielles Strafrecht unter leinen Umständen rückwirkende Kraft haben kann. Nehmen wir die Sache nicht speziellvom Standpunkt des Bestrafung von Wucherern, lassen wir dies bei Seite: die Frage der Nichtrückwirkung oder Rückwirkung des Strafrechtes ist eine prinzipielle Frage, ganz ohne Rücksicht auf die Fälle, um die es sich hier handelt. Es handelt sich hier um ein Prinzip! Vielleicht kommt einmal die Zeit, wo eine oder die andere Partei das Interesse hat, bei politischen Delikten irgendeine Rückwirkung des Strafrechtes zu konstruieren. Da hätte man heute ein gefährliches Präjudiz geschaffen. Man kann auch sagen: genau so, wie durch diese Kriegswucherer der Staat gefährdet wird, so wird der Staat auch durch andere Handlungen gefährdet und da könnte man auch solche Rückwirkungen konstruieren und davor möchte ich gewannt haben.