Ètvrtek 13. ledna 1921

Eines möchte ich bei der Gelegenheit noch erwähnen. Es ist im anderen hohen Hause von einer deutschen Seite darauf verwiesen worden, daß im Zusammenhange mit den Ereignissen, um die es hier sich handelt, deutsche Soldaten die Ordnung in Oslavan herstellten. Ich stelle fest, daß also damals die èechischen Soldaten versagten, daß im Gefühl der èechischen proletarischen Soldaten das, was die Kommunisten in Oslavan taten, Parte kämpfe waren, aber keine Auflehnung gegen den èechischen Staatsgedanken. Ich bedauere von dieser Stelle auf das Lebhafteste, daß man die deutschen Soldaten dazu missbrauchen wollte, um ihre Haut zu Markte zu tragen für innere Parteikämpfe der èechischen sozialdemokratischen Parteigruppen. Und es wird wohl unsere Sache sein, durch entsprechende Aufklärung dafür Sorge zu tragen, daß die deutschen Soldaten nicht zu Henkersknechten einer fri volen Politik verwendet werden, bei inneren Streitig keiten èechischer Parteien. Wir haben es hier ganz klar mit einem ausgesprochenen Versuch nicht nur von Klassenjustiz, sondern besser gesagt von Parteijustiz zu tun und dagegen muß jeder vorurteilslose Mensch auf das Nachdrücklichste protestieren; schließlich auch schon aus egoistischen Gründen, denn "Heute mir, morgen dir," da die Herren, die sich jetzt freuen können, nicht wissen, ob für sie nicht andere Tage kommen, da sie bereuen werden solche Präjudize geschaffen zu haben.

U nd nun gestatten Sie, daß ich noch, da meine Redezeit ungemein kurz ist, in wenigen Sätzen mich über, die Vorlage verbreite, die uns unter dem Titel eines Nachtragsvoranschlages vorgelegt wurde. Schon die Art, wie die Redezeit zu einem Voranschlage von 4.8 Milliarden abgemessen wird, ist eine so echt modern demokratische, wofür allerdings diese Republik und ihre Geschäftsordnung das alleinige Privilegium besitzt. Denn die Redezeit und die Argumente der Parteien zeitlich zu begrenzen nach der Zahl ihrer Mitglieder, das kommt wohl in keinem Parlamente der Welt mehr vor. Ich will ja nicht sagen, daß die Minderheit immer Recht haben muß; aber sonst, in anderen Parlamenten pflegt man die Sache so zu handhaben, daß man der Minderheit Gelegenheit gibt, ihre Argume nte sachlich in gleicher Weise zur Geltung zu bringen und immer wieder den einzelnen Gruppen es zu überlassen, ihrer Anschauung zur Geltung zu verhelfen und die Mehrheit auf ihre Anschauung und ihr Programm zu vereinigen.

Der Versuch aber, die parlamentarischen Minderheiten in eine halbstündige Redezeit einzuzwängen, nach der Zahl ihrer Parteimitglieder, ist ein Privileg, das wir neidlos vor der ganzen Welt der Èechoslowakischen demokratischen Republik überlassen können. Wir meinen auch, daß die Durchpeitschung eines Budgtes von 4.8 Milliarden Kronen unter einer nicht bloß bei mir, sondern auch bei vielen èechischen Rednern rührenden Teilnahme des hohen Hauses nicht sehr ehrenvoll ist für die Demokratie dieser Republik, die immer wieder Milliarden einer Bürokratie überantwortet und sich sehr wenig um eine wahrhaft demokratische Kontrolle der Staatsverwaltung kümmert. Nun wissen wir allerdings - und wir sind objektiv genug, das einzusehen daß von den großen Überschreitungen dieses Nachtragsvoranschlages ein großer Teil - abgesehen von den sehr unerfreulichen unproduktiven Mehrauslagen für das Militär - begründet ist durch Mehrauslagen für die Staatsangestellten, durch die Teuerungsverhältnisse bei der Anschaffung wichtiger Bedarfsgegenstände und dgl. mehr. Aber wir meinen: Wenn es wahr ist, daß diese Dinge zum größten Teile auf Grund von Gesetzen und Resolutionen durchgeführt wurden, die sowohl im alten Revolutionsparlament als auch in der neuen Nationalversammlung gefaßt wurden, müßte man doch von der Regierung dasselbe verlangen, was man von uns verlangt: Der Initiativantrag eines Abgeordneten oder einer Gruppe von Abgeordneten wird nur dann verhandelt, wenn die ziffernmäßige Bedeckung dafür vorliegt. Da wäre es wohl auch Pflicht der Regierung und Pflicht der Merheitsparteien, von der Regierung zu verlangen, in jedem einzelnen Falle die Bedeckungsfrage ganz offen klarzulegen, und die betreffenden Nachtragskredite anzusprechen. So war es im alten Oesterreich, das ja um so viel schlechter war, als der èecho slowakische Staat, wie die Herren immer behaupten. Wir erhalten einen Nachtragsvoranschlag - lucus a non lucendo im Dezember des Jahres, für den dieser Voranschlag gelten soll.

Intressanterweise werden in diesem Voranschlag bereits Zi ffern angeführt über die Einnahmen dieses Jahres. Da können wir wohl mit Recht die Frage aufwerfen: warum wird uns denn nicht endlich einmal die Rechnung über die Jahre 1918 und 1919 vorgelegt? Ich glaube, darauf können wir noch recht lange vergeblich warten.

Auch sonst ist der Voranschlag in vielen Dingen recht verschlossen und gesprächig nur in Einzelnheiten, die geradezu komisch wirken. Es wird uns z, B. erzählt, daß der Voranschlag beim Eisenbahnbudget um ein paar hundert Millionen Kronen wegen der Anschaffungen von neuen Beförderungsmitteln überschritten werden mußte. Das ist eine Sache, die wir gelten lassen. Es ist im Budgetausschuß auf eine entsprechende Anfrage eines Kollegen von der deutschen sozialdemokratischen Partei die Antwort erteilt worden, es seien da alte Wagen aus Oesterreich gekauft worden. Es mögen bei diesem Ankauf alter Wagen auch französische darunter gewesen sein, die Frankreich seinem glorreichen Verbündeten, der Republik, mit vielem anderen Pofel angehängt haben dürfte. Der Betrag scheint aber doch etwas zu hoch. Oder können wir villeicht etwa erfahren, wieviel solcher Wagen angekauft wurden? Denn wenn der Voranschlag uns sogar die interessante Neuigkeit mitteilt, daß deswegen, weil aus dem Viergespann des Herrn Präsidenten der Republik im Juli dieses Jahres ein Pferd umgestanden ist, ein Ersatzroß um 50.000 K angekauft wurde, so haben wir wohl ein Recht zu verlangen, daß man uns auch über diese angeschafften Fahrbetriebsmittel Auskunft erteilt hätte.

Dabei möchte ich noch eines erwähnen: es darf von den Herren von der èechischen Seite, weil manchmal an der ganzen Staatsverwaltung Kritik geübt und das Haupt der Republik zuweilen mit ihr solidarisch erklärt wurde . . . .

Místopøedseda Buøíval (zvoní): Upozoròuji pana øeèníka, že øeènická lhùta jest ukonèena.

Posl. Patzel (pokraèuje): Ja Herr Kollege, so rasch kann man über diese Dinge nicht reden und Sie müssen schon so freundlich sein, mir noch ein paar Minuten zuzugeben. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, in einer halben Stunde auch nur das Allernotwendigste zu sagen. Ich werde mich aber als einsichtsvoller Abgeordneter bemühen, dem Wunsche des Präsidiums zu entsprechen, wenngleich ich bitten muß, ein wenig parlamentarische Benevolenz walten zu lassen, wie dies ja gegenüber den Herren von èechischer Seite oft genug geschieht.

Ich habe gesagt, der Herr Präsident der Republik wird durch eine Art neuer Majestätsbeleidigungsparagraphen vor Kritik geschützt. Da sollten die Herren, die angeblich ihren Präsidenten so sehr lieben, ihn durch solche Budgetposten nicht dem öffentlichen Spott und der öffentlichen Kritik aussetzen. Sie sollten nicht Auslagen bringen, die durch nichts gerechtfertigt sind, unter dem Titel "Kanzlei des Präsidenten der Republik", was umsomehr auf fallen muß, wenn wir erfahren, daß der Präsident des Deutschen Reiches, das doch ein etwas größerer Staat ist, sich bisher mit einem Aufwand von 100.000 Mark jährlich begnügen mußte und daß ihm erst jetzt sein Etat auf 150.000 Mark erhöht wurde. So wirtschafteu Deutsche in einer Nachkriegszeit und auf der anderen Seite wirtschaftet man hier eben nach Parvenueart ins Blaue hinein. Apr@es nous le déluge. Der Herr Minister des Äußern Beneš erzählt in Genf immer wieder, daß die èechoslovakische Republik sich an die Spitze der Abrüstungsaktion stellen müsse und empfiehlt mit ungeheuerem Applomb einen Antrag den Nordstaten, daß endlich die internationale Abrüstung durchgeführt werden soll, und hier wird ein Milliardenbudget nach dem anderen vorgelegt und es wird uns sogar erzählt, daß die Zahl der Kriegsautomobile nicht auf den Friedensstand von 400 Wagen herabgesetzt werden kann wegen fortwährender äußerer Verwicklungen, die für die Republik wahrscheinlich für Lebensdauer bestehen bleiben werden. Deshalb mußte der Stand der Automobile auf 1457 erhalten werden, obwohl diese 1075 Automobile zur Belebung der Volkswirtschaft sehr beitragen könnten.

Das Budget ist in vielen Dingen sehr wortkarg, aber eines haben wir empfunden: Wenn man die Ziffern für das Schul-, das Bildungs- und Kunstwesen betrachtet, so findet man große nationale Unterschiede in der Dotierung. Ich zitiere zwei Sätze: Für die Hochschulen wird ein Nachtrag von 9.1 Millionen Kronen angefordet, davon betreffen gerade 100.000 K die deutsche Akademie in Tetschen-Liebwerd. Für Kunstzwecke wird ein Nachtrag von 2.3 Millionen Kronen angefordert. Wir freuen uns, daß die èechische Nation eine kunstliebende Nation ist, wir bedauern aber, daß sie aus unseren Steuergeldern bloß ungefähr 10%, etwa 250.000 Kronen, für die deutsche Kunst widmet. Das kann uns nicht freuen.

Keine Überschreitungen sind vorgekommen beim Staatsschuldendienst, hier sind sogar Ersparungen gemacht worden, weil der Herr Finanzminister einen Betrag für die Einlösung, bzw. Verzinsung der alten österreichischen Vorkriegsschuld vorgesehen, aber nicht verwendet hat. Dr. Englis wird gewiß etwas von Finanzfragen verstehen, er sollte aber gegenüber dem Herrn Landesverteidigungsminister etwas mehr Rückgrat haben und es wäre besser, wenn er statt der Vorlage über die Anhäufung der Valutareserve eine entsprechende Reserve für die Vorkriegsschuld vorgesehen hätte. Bis die Reparationskommission sagt: "Was ist mit der Verzinsung?", so wird das gewiß sehr böse sein, wenn die Zinsen für die österreichischen Vorkriegsschulden vom 28. Oktober 1918 an eingesetzt und bezahlt werden müssen. Wir werden dann wieder neue Schulden machen müssen. Das ist eine Wirtschaft, die nicht in die Höhe, sondern in den Abgrund führt.

Wir haben nur eines erfahren: das Finanzministerium hat besser gewirtschaftet, denn es hat Einnahmenerhöhungen von 865 Millionen zu verzeichnen. Davon sind 800 Millionen durch den Perzentsatz der Kohlensteuer eingekommen. Davon, daß die Einkommensteuer und andere Steuern im Jahre 1920 höhere Erträge geliefert hätten oder erwarten ließen, haben wir nichts erfahren und wir müssen ein Prognostikon über das neue Steuerbudget, wonach der Finanzminister über das Mass des Budgets hinaus noch große Erträgnisse erwartet, mit sehr großer Vorsicht betrachten. Was aber sehr bedenklich ist, ist das, daß ein Budget, das im neuen Jahre aktiv erscheint, durch diese Überschreitungen passiv wird. Das Eisenbahnbudget erscheint nach diesem Voranschlag für 1920 um 400 Millionen überschritten. Das ist keine geringe Ziffer. Da möchten wir doch um ein wenig Aufklärung bitten, woher diese Posten kommen.

Wenn wir dann aber finden, daß 45 Millionen als Ersatz für allfällige Abgänge in der Staatsgetreideanstalt bewilligt werden sollen, da sagen wir schon, es wäre besser, diese Staatsgetreideanstalt ganz zuzusperren als wieder nachträglich solche allfällige Abgänge zu decken. Im Übrigen ist es sehr interessant, wenn im Dezember 1920 von allfälligen Abgängen gesprochen wird; das zeigt, daß die èechoslowakische Beamtenregierung ihre eigene Mehrheit qualitativ nicht sehr hoch einschätzt, wenn sie ihr solche Formeln vorzusetzen wagt.

Ferner möchte ich den Herrn Finanzminister oder seinen Vertreter um eine Auskunft bitten. Im Titel "Finanzministerium" finden wir eine kleine Post, eine halbe Million, als Beitrag zur Sanierung einer Handelsvorschußkassa in Prag. Ich weiß nicht, was est ist, wahrscheinlich muß es irgendwo einen Krach gegeben haben. Wir möchten um Aufklärung bitten, um welche Vorschußkasse es sich hier handelt, was sich ereignet hat, aus welchem Titel und mit welcher Begründung der Sanierungsbeitrag gegeben wurde. Gewiss, es kann Fälle geben, da Kreditanstalten in Schwierigkeiten geraten und der Staat gegenüber seinen Staatsbürgern helfend eingreifen muß. Dann muß man aber, wenn die anderen nichts Böses dahinter wittern sollen, den Mut haben zu erklären, was vorgefallen ist, denn was nicht das Tageslicht zu scheuen braucht, geht offen auf die Straße und verbirgt sich nicht hinter geheimnisvollen Redewendungen.

Im Budget ist ferner ein Betrag von 100 Millionen für Subventionen von Bauunternehmungen enthalten. Wir begrüßen es auf das Wärmste, daß die èechoslowakische Republik aktiv die Bautätigkeit fördert. Aber wir vermissen bis zum heutigen Tag die von uns so oft gewünschte Klarstellung über die Verteilung der Subventionen. Wir haben erfahren müssen, daß, nachdem die alte Nationalversammlung das betreffende Kreditgesetz beschlossen hatte, die Veröffentlichung dieses Beschlußes solange hinausgezogen wurde, bis der größte Teil verteilt war, und als unsere deutschen Gemeinden pflichtgemäß um Subventionen einkamen, bekamen sie einen Pappenstiel und zumeist die Antwort, der Kredit sei beinahe erschöpft. Wenn die Regierung, bezw. die Verwaltung das Tageslicht auch in diesem Belange nicht zu scheuen braucht, dann muß die Regierung den Mut haben, den Schlüssel der Verteilung offen darzulegen. Wir haben dieses Verlangen wiederholt gestellt und werden es so oft wiederholen, bis wir Aufklärung bekommen, oder wir werden gegen die betreffenden Minister Anklagen erheben, vor denen ihnen vielleicht ein wenig die Augen übergehen werden. Es scheint uns viel wichtiger, solche Aufklärungen zu geben, als wenn uns - wie soll ich sagen - mit dem Gefühl der Verantwortlichkeit für die Gesundheit der Republik erzählt wird, daß 50.000 Kronen für die Errichtung einer Entlausungsanstalt in Karpatorussland ausgegeben wurden. Ich will die Sachverständigen, die Minister und díe vielen braven, auch èechischen Beamten nicht verdächtigen, aber angesichts vieler Dinge, die immer und immer wieder vorkommen, auch in den letzten Tagen, wo manches über die Führung der Ämter, der Fettzentrale u.s.w. von èechischer Seite in die Öffentlichkeit, drang, angesichts dieser Dinge möchte man glauben, daß die gesamte Staatsverwaltung einer gründlichen moralischen Entlausung bedürfte. (Pøedseda Tomášek se ujal pøedsednictvi.)

Insolange der Geist der Staatsverwaltung sich nicht ändert, insolange keine Rücksicht auf die deutschen Beschwerden genommen wird und man den Deutschen nicht einmal Aufklärung gibt über die Art der Verwendung der Gelder durch die Staatsverwaltung, insolange auch in die Staatsverwaltung nicht der Geist weiser Sparsamkeit einzieht, sondern höchstens der Geist einseitiger Sparsamkeit gegen über den Belangen der deutschen Gegen den, bei Überhäufung mit Begünstigungen gegenüber èechischen Gegenden, ínsolange die Staatsverwaltung nicht zeigt, daß sie wirklich von modernem Geist getragen ist, insolange werden wir dieser Staats verwaltung keinen Heller bewilligen, vor allem nicht, solange die gegenwärtige Pumpwirtschaft andauert. Insolange kann es für uns auf den deutschen Bänken gegen die Staatsverwaltung nur eines geben, und das heißt Kampf! (Hluèný potlesk na levici.)

4. Øeè posl. Witticha (viz str. 1633. protokolu):

Meine Herren und Damen! Im Namen meiner Fraktion beehre ich mich, unseren Standpunkt in der Frage der Kreditüberschreitung durch die Regierung in Folgendem zu präzisieren: Als prinzipielle Gegner des stehenden Heeres können wir nicht anders handeln, als diese Vorlage in ihrer vollen Gänze abzulehnen. Aber das hohe Haus und die Regierung mögen nicht glauben, dass es sich für uns lediglich um eine prinzipielle Stellungnahme in dieser Frage handelt, wir haben auch wichtige politische Bedenken gegen jene Regierungsmetode, welche dieses Defizit im Haushalte verursacht hat. Meine Parteifreunde und ich sind der Ansicht, daß der Vergleich dieser Regierung mit einem blinden Steuermanne nicht unpassend ist, der nicht die Kraft besitzt, das Schiff auf wogender See glücklich zu leiten. Wenn die Regierung glaubt, das Volk, die Steuerkraft des Volkes durch solch eine enorme Belastung für unproduktive Zwecke auf die Probe zu stellen, so beweist sie, dass sie die Steuerkraft, die Zahlungsfähigkeit, aber auch die Geduld des Volkes nicht kennt, dass sie also über die tatsächlichen Verhältnisse, die im Lande herrschen, nicht orientiert ist und deshalb unorientiert denselben gegenübersteht. Die Regierung und die den Staat unterstützenden Parteien begründen ihre Haltung in Bezug auf die weitere Auftechterhaltung des stehenden Hee res damit, dass die èechoslovakische Republik umgeben ist von solchen Nachbarn, die stets kriegerische Absichten gegen die Republik im Schilde führen. Ich gebe ohne weiteres zu, dass in dieser An sicht ein Körnchen Wahrheit steckt. Aber ist denn der Militarismus tatsächlich das Fundament, auf welchem die Sicherheit des Staates aufgebaut werden kann? Wenn diese Formel wahr wäre, dann wäre es niemals möglich gewesen, daß die deutsche und die Habsburger Dynastie, daß diese Monarchie in Trümmer gegangen wäre. Stets hat es sich erwiesen, dass nur das werktätige Volk jener Pfeiler ist, auf dem ein gesundes Staatswesen aufgebaut werden kann. Soll aber das möglich werden, so kann dieses nur dadurch geschehen, das die Regierung nicht den französischen Imperialismus, der heute der Hort der europäischen Reaktion ist, als ihren Verbündeten betrachtet, sondern die Regierung müßte in diesem Falle das eigene Volk gewinnen, um das eigene Volk zum Verbündeten machen. Denn wenn wir von diesem Gesichtspunkle aus die strategische und weltpolitische Lage der èechoslovakischen Republik betrachten, dann ergibt sich folgendes als Ergebnis: Wenn es tatsächlich soweit käme, daß die èechoslovakische Republik von einem anderen Staate angegriffen würde, so ist mit mehr als mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß dies von mehreren Seiten geschehen würde. In diesem Falle bin ich felsenfest überzeugt, daß das eigene Militär dem verschiedenen Anprall nicht standhalten könnte. Andererseits muss aber festgestellt werden, daß die europäische Demokratie ein Interesse hat, daß die Verhältnisse in diesem Staate keine Korrektur durch das Schwert der Imperialisten erfahren, sondern, soferne es zu geschehen hat, durch höhere sittliche Kräfte, also durch die Demokratie selbst.

Aus dieser Sachlage ergibt sich aber von selbst die Tätigkeit, die eine weitblickende, eine vorausblickende Regierung zu unternehmen hätte. Es wäre dies eine Orientierung zur Demokratie und eine vollständige Lossagung vom französischen Militarismus; einen ersten Schritt für ein Bekenntnis zur wahren Demokratie müsste die Regierung tun, indem sie das verwirklicht, wozu sie sich im Friedensvertrage feierlichst verpflichtet hat, und das ist, den in diesem Staate lebenden Völkern tatsächlich die Freiheit zu gewähren.

Damit komme ich zu jener Grundforderung, die wir als Sozialdemokraten seit Jahr und Tag forcieren, zu jener Grundforderung, die sich in der Gewährung der sprachlichen und kulturellen Autonomie für alle Nationen in diesem Staate ausdrückt. Wohlgemerkt: wir Sozialdemokraten verlangen die sprachliche und kulturelle Autonomie durchaus nicht aus nationalistischen Motiven, sondern aus Gründen eines Kulturbekenntnisses. Wir halten den Zustand, wie er momentan namentlich in der Slovakei vorherrscht, auf die Dauer für unhaltbar und auch für unzuträglich. Wir verlangen daher die unverzügliche gesetzliche Regelung sowohl der Administrative, als auch der Gerichtsbarkeit, der kulturellen und der Bildungsarbeit unter Beobachtung des Grundsatzes, daß jede Nation ihre Angelegenheiten selbständig zu leiten berufen sein soll, und zwar durch gewählte eigene Vertreter.

Ich halte es für meine Au fgabe und Pflicht als Abgeordneter, der Regierung klipp und klar zu sagen, daß die Bevölkerung nicht mehr fähig ist, eine weitere Belastung zu tragen. Denn wenn die Militarisierung in diesem Staate in diesem Tempo fortschreitet, wie es bisher der Fall war, so werden wir es erleben, daß wohl einige hunderttausend Menschen einen strammen Paradeschritt zu machen im Stande sein werden, aber die Millionen des arbeitenden Volkes und damit auch die Volkswirtschaft werden zu Grunde gerichtet werden. Ein anschauliches Beispiel für die Richtigkeit meiner Behauptung bietet die finanzielle Lage der Stadt Pressburg. Diese Stadt, die bis in die Kriegsjahre eine vollständig geordnete Wirtschaft hatte, hat sich durch die Belastung des Krieges einesteils und durch die Belastung, welche infolge der politischen Umwälzung vor sich gegangen ist, andererseits, über Hals und Kopf in Schulden gestürzt nnd ist dadurch außer Stande, ihren Pflichten gegenüber der Bevölkerung in jeder Beziehung nachzukommen. Selbst eine Massendeputation, die beim Herrn Finanzminister Dr. Engliš dieser Tage vorgesprochen hat, war nur im Stande, 2 Millionen Kronen zu erwirken.

Durch den Umstand, daß in diesem Staate weit über seine Kräfte dem Moloch Militarismus alles in den Rachen geworfen wird, ist der Staat nicht im Stande, seinen Aufgaben gegenüber der Bevölkerung in kultureller, in sozialpolitischer Beziehung zu entsprechen. Es muß die traurige Tatsache hier festgenagelt werden, daß in den abgelaufenen zwei Jahren nach dieser Richtung hin absolut gar nichts geschehen ist. In den Städten wohnen die Arbeiter in gesundheitsschädlichen Wohnungen, ja viele bekommen überhaupt keine Unterkunft. Auf dem flachen Lande ist die Situation womöglich noch bedeutend ungünstiger. Ich will das mit einem Beispiele illustrieren. In einen Gemeinde namens Nemes Abonj in der Schütt unten kam ein Arbeiter um eine Wohnung zur Behörde. Seine Möbel befinden sich in einem feuchten Stall und die Dorfgemeinde ist nicht im Stande, diesem Arbeiter eine Wohnung zu verschaffen. In ihrer Ratlosigkeit greift sie dazu, einer Arbeiterorganisation die einzige Stätte der Bildung wegzurequirieren. In vielen Dörfern der Schütt gibt es auch heute noch keine Schule. Dadurch kommt es, daß Tausende von Schulkindern nicht in die Lage kommen, sich das primitivste Wissen für das Leben anzueignen. Die Kriegswitwen und Kriegsinvaliden bekommen trotz der enormen Teuerung, die allseitig anerkannt wird, keine höhere Unterstützung. Die allgemeine Teuerung nimmt solche Formen an, daß die arbeitende Bevölkerung nicht im Stande ist, sich die notwendigsten Lebensmittel zu beschaffen.

Und in einer solchen Zeit der allgemeinen Not und des ammers kommt die Regierung mit einer Vorlage vor das Parlament, in welcher sie eine Summe, die in die Milliarden geht, dem Parlament zur Beschlußfassung und Annahme vorlegt, von welcher Summe natürlich der größte Teil militärischen, also vollkommen unproduktiven Zwecken dient. Einer solchen Politik gegenüber können wir nur ein entschiedenes "Nein" entgegenrufen; wir verlangen die Abrüstung des Militärs, die Einführung der allgemeinen Arbeitspflicht und die Sozialisierung der Produktion im Geiste des Sozialismus. Dadurch glauben wir, daß das arbeitende Volk aus den Krallen der Wucherer befreit wird und daß dadurch in der Folge die Grundlage gelegt wird zu einer besseren, auf gerechterer Grundlage aufgebauten Gesellschaftsordnung.

Das ist es, was ich im Auftrage meiner Fraktion in dieser Angelegenheit zu sagen habe. (Potlesk na levici.)

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