Pøedseda (zvoní):
Volám pa na posl. Junga
pro tento vyrok k poøádku.
Posl. Knirsch (pokraèuje): Ich meine, wenn das Kapitel Wehrmacht angeschnitten wird, gehört doch auf die Bank der Minister für nationale Verteidigung, sein Stellvertreter oder irgend ein Fachreferent. Dasselbe gilt für die übrigen Ressorts. Die Redner sprechen aber heute vor leeren Ministerbänken und nur hie und da guckt ein Minister bei der Tür herein, wahrscheinlich um zu schauen, ob denn die lange öde Debatte noch nicht zu Ende ist. Ich habe in der heutigen Obmännerkonferenz gegen diese Durchpeitschung bereits angekämpft, leider vergeblich. Die Geschäftsordnung dieses Hauses bietet uns als einer verhältnismäßig kleinen Partei leider keine andere Möglichkeit, als gegen diesen Vorgang auch von dieser Stelle aus unseren entschiedenen Protest zum Ausdruck zu bringen. (Souhlas na levici.)
Indem ich diesen Protest vorausschicke, will ich aus der Fülle der Spezialkapitel nur eines herausgreifen, das durch die Ausführungen des Herrn Ministers für Landesverteidigung im Wehr- ausschuß besondere Aktualität erlangt hat. Es ist das Kapitel Wehrmacht. Der Herr Kol. Mayerhat mirschon vielvorweggenommen, ich kann mich daher kurz fassen.
Die - gelinde gesagt - immer mehr überhand nehmende Disziplinlosigkeit in unserer Armee, die durch die letzten Ereignisse in Eger, Asch, Teplitz, Reichenberg, Prag u. s. w. eine so grelle Beleuchtung vor dem gesamten In- und Auslande erfahren hat, gab dem Herrn Minister für Nationalverteidigung Anlaß, mit Vorschlägen zur Entpolitisierung der Armee an uns heranzutreten. Die Art, wie der Herr Minister dieses Problem zu lösen versucht, ist bezeichnend für den Geist, von dem die heutigen Machthaber beseelt sind. Der Herr Minister sucht die Ursache des Mißstandes in der Armee im Wahlrechte der Soldaten. Nach der Auffassung des Herrn Ministers, die er dem Ausschusse vorgetragen hat, ist das Versagen der Soldaten hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß sie in Folge ihrer staatsbürgerlichen Rechte in den Kampf der Parteien, in den politischen Tageskampf hineingezogen und so auf ganz falsche Bahnen gelenkt werden, und er erblickt daher in der Entziehung des Wahlrechtes für die Soldaten das Mittel, um die Disziplin in der Armee wieder herzustellen, bzw. zu festigen. Bedingt trifft es gewiß zu, daß das Wahlrecht der Soldaten auch zur Politisierung beigetragen hat und zwar zu einer Politisierung, die dem Geiste Hohn spricht, von dem der Soldat eines Nationalitätenstaates erfüllt sein sollte. Aber nicht das Wahlrecht an sich hat verheerend auf die Disziplin gewirkt, sondern der Mißbrauch des Soldatenrechtes für die Gewaltpolitik der herrschenden Faktoren gegenüber den unterdrückten Nationen dieses Staates. Die èechischen Parteien haben sich viel darauf zugute getan, eines der demokratischesten Wahlrechte aller Staaten geschaffen zu haben. Nun, zur Zeit der Gemeindewahlen haben wir Gelegenheit gehabt, den demokratischen Geist der èechischen Machthaber kennen zu lernen. Herr Kollege Mayer hat dieses traurige Kapitelbereits erwähnt. Tausende èechische Soldaten wurden seinerzeit zur Ausübung ihres Wahlrechtes in die deutschen Städte geworfen, um diese mit Hilfe èechischer Soldaten zu majorisieren. Ist es nun zu verwundern, daß die èechischen Soldaten nun auch ohne Befehl sich zu Vollzugsorganen der Cechisierungspläne aufwerfen? Schaffe der Herr Minister jeden Mißbrauch des Soldatenwahlrechtes durch Regierung und Heeresverwaltung ab, rühre er aber nicht an den auch den Soldaten zugesprochenen staatsbürgerlichen Grundrechten, wogegen wir deutschen Nationalsozialisten auf das Allerentschiedenste Stellung nehmen. (Sehr richtig!) Was wir dagegen von der Regierung der Heeresverwaltung und den èechischen Parteien fordern, das ist die vollständige Reorganisation der Armee auf der Grundlage des Milizsystemes. Die Armee wird nach unserer Meinung nur dann ein wirksames Mittel in der Hand der Regierung sein, wenn sie unpolitisch und unbedingt verläßlich ist. Unpolitisch wird sie nur dann sein, wenn ihre Einrichtungen derart den sozialen und nationalen Forderungen entsprechen, daß sie den politischen Partei bestrebungen und dem nationalen Kampfe entzogen sind. Verläßlich wird in einem Nationalitätenstaat die Armee nur dann sein, wenn sie nebst anderen Voraussetzungen auf politischem Gebiete auch die Armee-Einrichtungen allen Angehörigen des Staates ohne Unterschied der Nation, die selbstlose Hingabe an den Staat ermöglichen und gestatten, daß sich auch der Soldat als freier aufrechter Mann seines Volkes bekennen darf. Es muß daher bei Organisierung der Wehrmacht dem nationalen Moment in weitestgehendem Maße Rechnung getragen werden. Die weitere Ausgestaltung, sowie jede Neuerung innerhalb der einzelnen Teile werden dann nur nach einheitlichen und sachlichen Gesichtspunkten erfolgen können, und nicht von den Schwankungen der nationalen Kämpfe abhängig sein. Die Armee wird sich dann auch voll und ganz der vornehmsten Friedensaufgabe, der Ausbildung und Erziehung der jugendlichen Soldaten zuwenden können. Die Armee muß unseres Erachtens nach Gemeingut aller sein, denn zu ihrer Erhaltung tragen alle Nationalitäten in gleicher Weise bei, indem sie ihre Söhne beistellen und Steuern zahlen.
Nach diesen Grundsätzen ist die Schweizer Armee organisiert. Wenn ich nicht irre, streben ja auch ganz namhafte èechische Politiker die Umwandlung dieses Kerkerstaates in eine sogenannte höhere Schweiz an. Der Weg, den der Herr Minister für nationale Verteidigung nimmt, der führt nicht in eine höhere Schweiz, verehrte Damen und Herren!
Die Armee ist heute nichts anderes
als das Produkt und Werkzeug der imperialistischen Machthaber
dieses Staates. Und solange sie dies ist, können wir ihr keine
Sympathie entgegenbringen, können wir ihr auch nicht die Mittel
zu ihrer Ausgestaltung bewilligen, können wir auch kein Herz und
keinen Sinn für ihre materiellen Forderungen haben. Wir werden
daher gegen den Staatsvoranschlag stimmen. (Souhlas a potlesk
na levici.)
Hohes Haus! Der Voranschlag und das Kapitel Ministerium des Innern geben uns so recht die Möglichkeit, Betrachtungen über die demokratischen Einrichtungen dieses Staates anzustellen. Es ist richtig, Sie haben eine demokratische Wahlreform geschaffen, die zwar etwas unwirksam gemacht wird durch eine undemokratische Geschäftsordnung mit einem Initiativausschuß und einem § 14-Ersatz, aber selbst wenn alle diese Schönheitsfehler nicht vorhanden wären, so dürfte ein wahrer, wirklich demokratischer Staat sich nicht mit einer demokratischen Wahlreform begnügen, sondern er müßte vor allem, und das ist die Hauptsache, daran denken, den gesamten Verwaltungsapparat zu demokratisieren. Auf diesem Gebiete und besonders auf dem Gebiete der Verwaltung ist bisher nichts geschehen. Im Gegenteil, wir sehen, daß die Verwaltung nach wie vor aufgebaut ist auf dem System des Obrigkeitsstaates, der Obrigkeitsgewalt und dem darauf aufgebauten zentralisierten Bürokratismus. Es ist eine alte Lehre und Tatsache, daß dort, wo die Obrigkeit herrscht die Demokratie nicht sein kann, daß das zwei wesensfremde Dinge sind, unvergleichbar und unvereinbar miteinander. Dieser Geist der Obrigkeitsgewalten macht sich bei allen Einrichtungen dieses Staates im öffentlichen Leben bemerkbar. Wir brauchen nur einen Blick auf den Voranschlag zu werfen und finden die auffallend große Zahl der politischen Angestellten und Beamten. Wir haben nicht weniger als 6.015 politische Beamte und Angestellte. Schon im alten Österreich ist der teuere Bürokratismus eine Berühmtheit gewesen und es scheint, daß es auch in diesem Staate nicht viel anders aussieht. Auffallend ist vor allem die Vermehrung der Beamten im rein deutschen Sprachgebiete. Trotzdem in diesem Gebiete eine ganz unberechtigte Pensionierung der Beamten eingesetzt hat, trotzdem auf diese Art und Weise die Zahl der Beamten und Angestellten aus nationalen Gründen reduziert wurde, finden wir doch eine auffallend große Zahl, eine Vermehrung durch èechische Beamte, und diese Vermehrung ist wohl vor allen Dingen in diesen rein deutschen Gebieten deshalb erfolgt, um zu verhindern, daß nicht allzuviel deutsch amtiert werde. Ja, es ist Tatsache, daß es einzelne Bezirkshauptmannschaften gibt, wo den Bezirkshauptleuten sogenannte èechische Aktuare zur Verfügung gestellt worden sind. In Wirklichkeit sind diese èechischen Aktuare die Bezirkshauptleute selbst, sie regieren, sie beeinflussen die ganze amtliche Tätigkeit und diese Art der Geschäftsführung bringt naturgemäß Rechtsunsicherheit mit sich, bringt naturgemäß auch die Tatsache mit sich, daß die Bevölkerung das Vertrauen zu dieser Amtsführung verliert. Das sind unhaltbare Zustände. Wir fordern daher, wenn wir von Demokratie reden, und wenn Sie meinen, daß Sie einen demokratischen Staat gebildet haben, vor allem Abschaffung des bürokratischen Herrschaftssystems. Wir fordern national abgegrenzte Bezirke, die sich durch freigewählte Körperschaften selbst regieren. Wir fordern aber auch, daß die Beamten dieser Körperschaft durch das Volk selbst gewählt werden.
Aber nicht nur, daß wir es mit dem Bürokratismus eines Obrigkeitsstaates zu tun haben, finden wir bei näherer Betrachtung des Staatsvoranschlages, daß dieser Staat nebstbei auch noch ein ausgesprochener Polizeistaat ist. Wir finden nicht weniger als 20.000 Mann Polizei und Gendarmerie, und daß für diese Zwecke allein fast zwei Drittel des Gesamterfordernisses ausgegeben werden. Feststellen möchte ich vor allem, daß angesichts dieser Tatsache naturgemäß auch die Verwaltung in diesem Staate, im politischen und öffentlichen Leben, von diesem Polizeigeist beeinflußt wird. Es hat der Herr Minister des Innern bei seinem Amtsantritt an seine politische Beamtenschaft einen Erlaß herausgegeben, in welchem die folgenden beachtenswerte Stellen vorkommen: "Ich erwarte von der politischen Beamtenschaft eine ausdauernde und ernste Arbeit zugunsten der Bevölkerung. Die ihrer Bedeutung für den Staat und für die Gesellschaft bewußte politische Beamtenschaft wird unter allen Umständen gegenüber den Bürgern freundlich und entgegenkommend sein, auch wenn sie sich manchmal große Selbstverleugnung auferlegen muß. Mit einem besonderen Feingefühl wird sie sich besonders derjenigen annehmen, welche ihre Forderungen, ihre bürgerlichen Rechte nicht geltend zu machen verstehen. Die politischen Behörden müssenVolksämter sein, sie müssen vom Geiste der Demokratie durchdrungen sein, sie müssen alle Kräfte einsetzen, damit die staatliche Autorität gefestigt werde." Aus diesem Erlasse sind besonders drei Punkte hervorzuheben. Vor allem die Worte von dem Feingefühl, mit dem die Bevölkerung behandelt werden soll, ferner die sogenannte Staatsautorität, die in den letzten Tagen überall versagt hat, wo sie zur Anwendung gebracht wurde, sodaß heute die Nationsangehörigen des Ministers selbst diese Staatsautorität gar nicht mehr respektieren. Es ist aber ferner hervorzuheben, daß darin von der Demokratie gesprochen wird und wie diese Demokratie aussieht.
Das Feingefühl, mit dem die politischen leitenden Beamten die Bevölkerung behandeln, will ich an den Vorgängen im Hultschiner Gebiet etwas näher kennzeichnen. Ich will von den Schuldrosselungen, von der Tatsache, daß Kinder von Gendarmerie mit aufgepflanztem Bajonett in die Schule geführt worden sind, nicht reden. Ich will nur von den politischen Freiheiten sprechen, wie sie in diesem Lande herrschen. Sofort nach der Besetzung am 5. Mai wurde eine Kundmachung des ernannten Kommissärs für das Hultschiner Ländchen erlassen. In dieser Kundmachung wurde den Bürgern die volle Freiheit versprochen und es wurde ihnen zugestanden, daß die erworbenen Rechte, die sie als deutsche Staatsbürger erhalten haben, gewahrt bleiben. Und die erste demokratische Handlung nach dieser Kundmachung war die Auflösung der Gemeindevertretungen, sodann die Einsetzung von Verwaltungskommissionen, bei deren Zusammensetzung weder auf die nationalen noch auf die parteimäßigen Verhältnisse Rücksicht genommen wurde. Die deutsche sozialdemokratische Partei, die in diesem Gebiet in fast allen Orten vertreten ist, ist in diesen Verwaltungskommissionen soviel wie gar nicht berücksichtigt. Es gibt Orte, in denen nicht eine einzige Person sitzt, die das Vertrauen der Bevölkerung hat. Ganz willkürlich, nur aus nationalen Gründen ist die Zusammensetzung dieser Verwaltungskommissionen erfolgt.
Die zweite demokratische Tat war, daß die unpolitischen Vereine aufgelöst worden sind, Versammlungen verboten wurden, wobei man insbesondere die deutsche sozialdemokratische Partei bedacht hat. Man ist sogar noch weiter gegangen. Man erklärte, Bewilligungen nur dann zu erteilen, wenn vorher die nötigen Garantien gegeben werden, daß keine aufreizenden Reden gehalten werden. Aufreizende Reden sind nach der Auffassung der Landesregierung in Troppau, nach der Auffassung des Ministerialrates Schiller in Troppau solche, wenn Arbeiter sich versammeln, Brot und Arbeit verlangen; aufreizend soll es sein, wenn diese Arbeiter sich gegen die ungerechtfertigten Verwaltungskommissionen aussprechen, aufreizend und staatsgefährlich ist nach der Auffassung der schlesischen Landesregierung jeder Kampf gegen das bestehende Unrecht. In diesem demokratischen Staat steht jedes Wort unter Polizeikontrolle, im Vereins- wie im öffentlichen Leben.
Wir haben - und das ist wohl das Bezeichnendste - heute noch das veraltete reaktionäre Vereins- und Versammlungsrecht, und wir verlangen daher, wenn dieser Staat wenigstens Anspruch auf den Schein eines demokratischen Staates erheben will, vor allem die Aufhebung der Anzeigepflicht für Vereine und Versammlungen, wir fordern, daß jeder Staatsbürger, wo und wann er will, frei seine Meinung äußern kann, wir fordern vor allem die Aufhebung der reaktionären Bestimmung, die den Jugendlichen und Frauen das Wort im öffentlichen Leben abschneidet. Selbst im alten Österreich lag ein Parlamentsbeschluß vor, der diesen Ausnahmszustand für die Jugendlichen und Frauen aufgehoben hat. Wir stellen daher auch diesbezüglich unsere Anträge und hoffen, daß sie angenommen werden.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch auf eine Erscheinung verweisen, die sehr ernst ist. In dieser Kundmachung vom 5. Mai wurde den Bewohnern von Hultschin versprochen, das heißt, es wurde ihnen amtlich mitgeteilt, daß alle Rechte und Ansprüche, die sie sich als Bürger des deutschen Staates erworben haben, ihnen gesichert werden. Nun sind schon viele Wochen und Monate dahingegangen und doch gibt es hunderte von Leuten, die ein ganzes Menschenalter in die Altersund Invaliditätsversicherung eingezahlt haben, die heute anspruchsberechtigt sind und keinen Heller Rente bekommen, weil die Regierung diese Fragen noch nicht gelöst hat, weil sie mit lauter Studieren, wie diese Frage zu lösen ist, nicht fertig wird. Das sind einige Teile dieses feinfühlenden Verständnisses, mit dem die Bevölkerung im Hultschiner Ländchen behandelt wird.
Aber wir brauchen nicht bis Hultschin zu gehen. Auch die Verwaltungsbehörden in anderen Gebieten zeigen, daß es nicht so weit her ist mit dem feinfühlenden Verständnis. Der Bürgermeister von Neutitschein, der am 28. Oktober nicht schnell genug die öffentlichen Gebäude beflaggen ließ, wurde vom Ministerialrat Vychodil telephonisch angerufen und ihm gesagt: "Ich befehle ihnen, binnen 5 Minuten die Fahnen zu hissen!" So spricht ein ernannter Bürokrat mit einem vom Volke gewählten Vertreter! Aber nicht nur genug damit! Dieser Ministerialrat hat mittels einer Zuschrift der Gemeindevertretung bekannt gegeben, an welchen Tagen beflaggt werden müsse. Und zwar ist es interessant zu erfahren, welche Tage das sind und bezeichnend für den republikanischen Geist, der diesem bürokratischen Beamten innewohnt. Also eine Notwendigkeit für das Ansehen der Republik ist es, daß der 3. Juni, der Geburtstag König Georgs I. von England, der 12. Juli, der Geburtstag des König Peter I., der 11. November, der Geburtstag König Viktor Emanuels, der 31. August, der Geburtstag der Königin der Niederlande, als Staatsfeiertage zu bezeichnen sind. (Posl. Taub: Es geht noch weiter, der König von Siam auch! - Veselost na levici.)
Meine Herren! Da gibt es noch eine ganze Litanei! Um alle diese Tage anzuführen, dazu reicht meine Redezeit nicht aus, um alle die Geburtstage zu nennen, an denen gehißt werden sollte. Wir sehen ferner, daß das ein Stück des alten Österreich wiedergibt. Sie werden sich aber doch schon mit dem Gedanken vertraut machen müssen, daß es in diesem Staate auch Staatsbürger geben kann, die durchaus nicht auf dem Standpunkte stehen, daß der 28. Oktober für sie ein Nationalfeiertag sein muß. Sie werden sich mit dem Gedanken vertraut machen müssen, daß es in diesem republikanischen Staat auch wirkliche Republikaner geben kann, die nicht begreifen, warum der Geburtstag irgend eines Monarchen in der Republik zum Staatsfeiertag bestimmt werden muß und die diese Tage nicht als Staatsfeiertage betrachten können. Aber dieser Ministerialrat, der so mit einer bewundernswerten Energie die Staatsautorität dem Bürgermeister gegenüber zum Ausdruck gebracht hat, dieser Ministerialrat hat in anderen wichtigen Dingen gezeigt, wie diese Staatsautorität einfach versagt. (Hlas: Bei der Ernährungsfrage!) Sicherlich bei der Ernährungsfrage auch. Es haben die èechischen Gemeinden, die an derBahn Stauding-Stramberg liegen, ihr bekanntes Èechisierungsprogramm geltend gemacht, ohne naturgemäß, wie es bei diesen Dingen schon immer ist, die deutschen Gemeinden zu berücksichtigen. Über dieses Programm fanden in Freiberg Verhandlungen statt. Diesen Verhandlungen wohnten als Vertreter der Staatsautorität Ministerialrat Vychodil und von den Statthalterei der Herr Ministerialrat Friè bei. Bei diesen Verhandlungen erklärten nun die Konzessionäre der Bahn: "Die Forderungen, die hier erhoben werden, sind so weitgehend, daß der ganze Betrieb in Frage gestellt wird." Und sie erlaubten sich an die Vertreter der Staatsautorität die Anfrage, was geschehen würde, wenn die Bahn nicht in der Lage wäre, restlos diese Forderungen zu bewilligen. Darauf antwortete der erste Vertreter: "Meine Herren, geben Sie nach, die Folgen kann ich Ihnen gar nicht ausmalen, sie werden schrecklich sein. Es gibt keine Macht, die Sie schützen kann." (Veselost na levici.) Der zweite Vertreter, Herr Min.-Rat Friè, fügte hinzu: "Wir können Ihnen nur eines raten, dieser Strömung nachzugeben, Sie werden nirgends Schutz finden." Meine Herren, das ist die Staatsautorität. Ich stelle die Frage: Ja, wo bleibt da die Rechtssicherheit? Sind das die Rechtszustände der demokratischen Republik?
Ein weiteres Kapitel, das, wie ich glaube, ohne Übertreibung sagen zu dürfen, eine Schande für den demokratischen Staat ist, ist das Kapitel der politischen Ausweisungen. Die Ausweisungen, die in der letzten Zeit in der Republik vollzogen wurden, bringen diesem Staate wirklich keine Ehre, sie zeigen aber, daß diese Bürokratie den Staat selbst zum schäbigsten reaktionären Polizeistaat herabwürdigen. (Hlas: Vor acht Tagen hat man den Leiter der deutschösterreichischen sozialdemokratischen Bildungszentrale ausgewiesen, weil er bei der Betriebsräteschule Lehrer war!) Ich komme noch darauf zu sprechen. Im Ausschusse wurde schon darüber Beschwerde geführt. Es ist interessant, einige Daten hier öffentlich wiederzugeben. So hat das Ministerium in Preßburg 46 ungarische Emigranten der Horthy-Polizei ausgeliefert. Davon wurden zwei Arbeiter nach der Übergabe in der Nähe der Grenze totgeschlageu. Mit welchem Eifer die Regierung diese Ausweisungen betreibt, geht daraus hervor, daß bei diesen 46 fünf èechische Staatsbürger gewesen sind, die die ungarische Regierung wieder zurückschicken mußte, weil man sich im Eifer geirrt und sie auch mit ausgewiesen hatte. Weitere 4 Arbeiter wurden verhaftet und befinden sich heute noch im Landesstrafgericht und erst vor einigen Tagen wurden Arbeiter im Lidový dùm verhaftet, ohne Grund, ohne Ursache, ohne daß sie sich politisch betätigt hatten. Die Verhafteten wurden in das Polizeigefängnis gebracht und sind dann verschwunden. Wahrscheinlich sind sie auch über die Grenze gebracht worden. Und so könnte man eine ganze Reihe von Fällen anführen, die beweisen, daß die vom Polizeigeist erfüllte Obrigkeitsgewalt in diesem Staate darnach strebt, den Horthy-Agenten gefällige Handlangerdienste zu leisten. Ich erinnere an einige ganz krasse
Beispiele, an die Ausweisung des
Redakteurs Franke, der in der Nacht aus der Wohnung geholt, ins
Auto gesteckt und fortgeschafft, vom Bezirkshauptmann erwartet
und an die Grenze weiterbefördert wurde. Ich erinnere an die Ausweisung
der Eisenbahner der Eisenbahnwerkstätte Wrutka, wo über 90 Personen
ausgewiesen worden sind, die 10 bis 40 Jahre dort im Dienste tätig
waren. Ich erinnere an die Ausweisung des Lehrers der Betriebsräteschule,
des Genossen Luitpold Stern, eine Ausweisung, die geradezu jeder
demokratischen Auffassung Hohn spricht. Und so wie dieser Staat,
diese demokratische Republik sich beeilt, die Ausweisung von nur
scheinbar politisch Verdächtigen vorzunehmen, so ist sie auf der
anderen Seite bestrebt, die wahren Verbrecher an der Menschheit,
die Schleichhändler, Wucherer und Schieber, unbehelligt zulassen,
gegen sie nichts vorzukehren, sondern ihnen womöglich unter mständen
noch den Schutz der Staatsautorität zu gewähren, damit sie ihr
schändliches Handwerk noch weiter ausbreiten können. Es ist gewiß
bezeichnend, wenn die russischen Gewerkschaftsmitglieder in Prag
kein Wort reden, währenddem die russischen Rea ktionäre sich hier
frei und ohne Einschränkung bewegen können. Daraus ist wohl ersichtlich,
daß die derzeitige Regierung nichts anderes ist, als die Stütze
der internationalen Gegenrevolution. Daraus ist wohl ersichtlich
und erklärt sich, daß die Arbeiterschaft ihre geschlossene Macht
diesem System entgegenstellen muß. Wenn Sie wirklich einen demokratischen
Staat nicht nur dem Namen nach, sondern in Wirklichkeit haben
wollen, dann tragen Sie Sorge dafür, daß vor allem dieser bürokratische
Verwaltungsapparat demokratisiert wird. (Potlesk na levici.)
Meine Herren! Unter die Gruppe, die jetzt behandelt wird, gehört auch das Kapitel des Ministerratspräsidiums. Unter den Titel 2 § 2 gehört das Preßdepartement und das èechische Preßbureau. Wir sehen, daß für das Jahr 1921 für beide Gruppen die Summe von 11,449.791 Kronen ausgeworfen ist gegen 1,501.106 Kronen im Jahre 1920. Das bedeutet eine Steigerung von 662.7 Prozent. Wir müssen schon sagen, die Regierung versteht es, bei diesen Steigerungen mit gutem Beispiel voranzugehen. Wenn wir die einzelnen Posten untersuchen, so müssen wir doch über einzelne Dinge Aufklärung verlangen. Darunter finden wir Pauschalien für das Preßbureau von 360.000 Kronen, sowie Subventionen von 300.000 Kronen. Wir müssen schon anfragen: Wer bekommt die Subventionen, für wen sind sie bestimmt, in welcher Höhe werden die Subventionen erteilt? Wir verlangen Aufklärung darüber und werden entsprechende Anträge dazu einbringen.
Es geht nicht an, daß auf Kosten der Steuerträger Zeitungen Subventionen einstreichen, die damit den anderen Blättern gegenüber Schmutzkonkurrenz treiben und die obendrein noch entstellte Berichte herausgeben. Wenn wir zum Beispiel das "Prager Abendblatt" verfolgen, so müßte man glauben, daß es im èechoslovakischen Staat überhaupt keine nationalen Gegensätze mehr gibt. In der Begründung heißt es auch u. a., daß täglich mehreremals Propagandatelegramme an Berichterstatter herausgegeben werden. Man muß schon ein sehr schlechtes Gewissen haben, wenn man täglich mehreremals Propagandatelegramme herausgibt und wir glauben, daß es viel besser wäre, eine gute Wirtschaftspolitik und eine gerechte nationale Politik zu machen. Man würde sich dann die Kosten ganz gut ersparen können und sie für nützlichere Zwecke verwenden. Das Preßbureau verschlingt acht Millionen Kronen jährlich. Das ist eine bedeutende Summe. Wir haben das Preßbureau in dem alten österreichischen Staat kennen gelernt und wir kennen auch die Tätigkeit des Preßbureaus im èechoslovakischen Staat. Wenn da ein Bericht durch das Preßbureau herausgegeben wird, muß man sich jeweilig die Frage vorlegen, ob er auch wahr sei. Wir haben gesehen, daß die Berichte des Preßbureaus, soweit sie Sowjet-Rußland betreffen, nicht immer den Tatsachen entsprechen.
Wir verlangen unter allen Umständen eine objektive Beri chterstattung, wir verlangen, daß die Berichterstattung sich nur auf Tatsachen zu beschränken hat. Glauben die Herrschenden in diesem Staate vielleicht, daß durch die Verbreitung von Schauermärchen über Rußland die sozialistische Bewegung in diesem Staate aufgehalten wird? Da werden sie sich irren. Die Machthaber in diesem Staate setzen wahrlich alles daran, jede freiheitliche sozialistische Bewegung des Proletariats niederzuringen. Ich verweise auf die Ausweisungen in der letzten Zeit, auf die Konfiskationen, die in der letzten Zeit sich in einer Art und Weise wiederholten, wie sie im alten österreichischen Staate nur während des Ausnahmezustandes in der Kriegszeit bekannt geworden sind.
Wir leben angeblich in einem demokratischen Staate, vor dem Gesetze sollen alle Staatsbürger gleich sein. Wenn wir aber diese Tätigkeit verfolgen, wenn wir sehen, daß jede Regung der Arbeiter nach Freiheit niedergeknüppelt wird, und wenn wir sehen, daß nationalistische Vereine sich bewaffnen können, gefördert und gestützt durch die Regierung, wenn wir sehen, daß in einzelnen Orten draußen Rotten organisiert und bewaffnet werden, angeblich zum Schutze gegen den Bolschewismus, dann müssen wir sagen, daß eine reaktionäre Stellung gegen das Proletariat eingenommen wird. Wir fürchten uns aber nicht. Die Arbeiter haben nichts zu fürchten, sie haben noch andere Mittel zur Verfügung, um ihren Willen durchzusetzen. Ich verweise auf den Kapp-Putsch in Deutschland. Bewaffnen Sie sich nur ruhig, führen Sie Waffen ein, schaffen Sie Waffen herbei, wenigstens werden dann Waffen zur Verfügung stehen, wenn wir sie zu unseren Zwecken brauchen.
Unter den Titel 6 § 3 gehört das Bodenamt. Zur Übernahme des Bodens ist ein Betrag von 200 Millionen Kronen eingestellt. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die Enteignung des Großgrundbesitzes ohne jede Entschädigung durchzuführen ist. Meine Kollegen dürften ja im Laufe der Debatte noch näher darauf zurückkommen. Wir haben einen Antrag auf eine gerechte Zusammensetzung dieses Amtes eingebracht, auf eine gerechte Zusammensetzung des Verwaltungsausschusses des Bodenamtes. Dieser Antrag wurde in der Beerdigungsanstalt (Veselost.), dem sogenannten Initiativausschuß ganz einfach umgebracht. Wir werden noch Gelegenheit haben, das Haus wird noch Gelegenheit haben, dazu Stellung zu nehmen und die Entscheidung zu treffen. Ich hoffe, daß dieser Antrag dem zuständigen Ausschuß zugewiesen werden wird und daß wir Gelegenheit haben werden, darüber eine Debatte zu eröffnen. Wir verlangen, daß derVerwaltungsausschuß entsprechend dem Verhältnis der Minderheiten in diesem Staate zusammengesetzt werde, wir verlangen vor allem, daß auch die landwirtschaftlichen Arbeiter eine Vertretung darin enthalten. Wir brauchen eine scharfe Kontrolle, um den Klei npächtern und den Kleinhäuslern, die von einzelnen vergewaltigt und um ihr Recht gebracht werden, einen Schutz angedeihen zu lassen. Wir sprechen dem Verwaltungsausschuß jedes Recht ab, er ist unrechtmäßig zustandegekommen, er wurde auf drei Jahre von einer Nationalversammlung gewählt, die sich selbst ernannt hat.
Wir haben aus Regierungskreisen schon sehr viel über die Sozialisierung gehört. Wir haben gehört von der Verstaatlichung des Bergbaues, von der Sozialisierung des Großgrundbesitzes, der Banken usw. Praktisch ist in diesem Staate überhaupt noch gar nichts in Bezug auf die Sozialisierung gemacht worden. Glauben Sie denn, meine Herren, Sie können die Arbeiter nur mit schönen Worten auf die Dauer trösten? Die Arbeiter werden ganz einfach zur Selbsthilfe greifen.
Sie haben genug der schönen Worte, sie wollen endlich einmal Taten sehen. Die Arbeiter haben keine Lust mehr, als Ausbeutungsobjekte der Kapitalisten, Schieber, Wucherer und dergleichen zu dienen, sie wollen über die geschaffenen Werte selbst entscheiden.
Wir haben zu diesen Kapiteln geeignete
Anträge gestellt. Das Haus kann dazu Stellung nehmen. Wir wünschen
doch einige kleine Verbesserungen herbeizuführen. Aber wir können
der Regierung, vor allen Dingen einer Beamtenregierung, die auf
dem reaktionärsten kapitalistischen Klassenstandpunkt steht, kein
Budget bewilligen. (Potlesk na levici.)
Meine Damen und Herren! Herr Dr. Hajn hat sich in seiner letzten Rede mit meiner Person und meinen verstorbenen Eltern beschäftigt, indem er Stellen aus einem dichterischen Werke des èechischen Schriftstellers Dr. Jaroslav Maria Mayer zitiert hat. Es dürfte weder das cechische noch das deutsche Volk interessieren, wie der Dichter über meine Eltern denkt und insoferne scheint mir die ganze Angelegenheit für mich und meine politische Stellung belanglos. Da aber die Dinge wenigstens zwischen den Zeilen so dargestellt wurden, als ob ich ein èechischer Renegat wäre, so bitte ich, hier folgendes feststellen zu dürfen:
Meine Familie ist nicht, wie der Dichter annimmt, seit meines Großvaters Zeiten in Böhmen angesiedelt, sondern seit Rudolf II., unter dessen Schutz mein Ahnherr Robert als politischer Flüchtling aus England über Spanien nach Böhmen gekommen ist. Unrichtig ist es, daß mein Vater oder meine Mutter sich zur èechischen: Nation bekannt hätten, meine Mutter war eine geborene Alter von Waltrecht. Soweit ich meinen Stammbaum zurückverfolgen kann, standen die meisten meiner Ahnen in Diensten der Krone, waren teils Offiziere, teils Beamte. Mein Vater war durchaus deutsch gesinnt, meine und meiner Geschwister Muttersprache ist die deutsche, wir haben allerdings als Kinder bereits in unserem Geburtsorte Königgrätz èechisch gelernt. Mein Vater war freilich kein nationaler Chauvinist und politisch überhaupt nicht tätig.
Die Echtheit einzelner Angaben des Dichters über meine Eltern zu beurteilen, überlasse ich anderen, für mich genüge der Hinweis darauf, daß er meinen Vater als Gentleman schildert, ihn aber trotzdem vor meiner Mutter ausspucken läßt; entweder hat die licentia poetica eigene Ansichten über einen Gentleman, oder aber sind die Schilderungen Mayers eben dichterische Phantasie. Ich für meine Person begnüge mich damit, hier festzustellen, daß ich meiner Erziehung nach ein Deutscher bin; das Gegenteil nachzuweisen, dürfte sowohl Herrn Dr. Mayer als auch Herrn Dr. Hajn schwer fallen.
Ich wollte dies nur feststellen,
um alle gegenteiligen Vermutungen und Andeutungen in das Gebiet
der Fabel zu verweisen und überlasse es denjenigen, die Zeit und
Lust dazu haben, dem Verhalten meiner Vorfahren in nationaler
Beziehung in verflossenen Jahrhunderten nachzuspüren.