Pátek 5. listopadu 1920

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 17. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 5. listopadu 1920.

1. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 135. protokolu):

Meine Damen und Herren! Vor wenigen Tagen konnte das Volk der Èechen das Fest des zweijährigen Bestandes ihres auf Treue, Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit aufgebauten Staatswesens feierlich begehen. Kennzeichnend für die bereits eingetretenen Verhältnisse ist die Tatsache, daß die Feiertagsstimmung nicht mehr das ganze Staatsvolk der Èechoslovaken in ihren Bann gezogen, sondern daß insbesondere bei den Slovaken der Freudenrausch, wenn er überhaupt je bestanden, bereits einer Stimmung Platz gemacht hat, die infolge Nichterfüllung der Vertragsbestimmungen des Pittsburger Vertrages und der unerhörten Bedrückungen seitens der èechischen Beamtenschaft und insbesondere auf dem Gebiete des Schulwesens eine, ich möchte sagen, feindselige geworden ist.

Welche Stimmung an diesem Tage uns Deutsche erfüllt hat, ich glaube, ich kann es zusammenfassen in die Worte "zwei Jahre unerträglicher Knechtschaft". (Souhlas nìm. poslancù.) Anstatt einer zweiten freieren Schweiz wurde uns Deutschen ein Salon gegeben mit vergitterten Fenstern, in dem wir als ein Teil des gehaßten, aber noch weit mehr wegen seiner Tüchtigkeit gefürchteten deutschen Volkes nicht nur niedergehalten werden sollen. Der Plan der Èechen ist weit kühner: sie wollen nicht nur das ehrenvolle Amt der von der Entente bestellten Aufsichtsorgane getreulich erfüllen, sondern sie wollen noch dazu unsere Peiniger werden. (Místopøedseda Buøíval pøevzal pøedsednictví.) Wer die bisherigen Maßnahmen der einzelnen Regierungen und die Arbeiten der ersten Nationalversammlung, welches Amt sich dieser selbsternannte Revolutionsausschuß beigelegt hat, und die Arbeiten der jetzigen Nationalitätenversammlung an seinem geistigen Auge vorüberziehen läßt, wird sich klar, daß eine solche unerhörte Gewaltpolitik einer Bevölkerungsminderheit - die èechische Bevölkerung macht etwa 45.4 % der Bevölkerung aus - gegen die eigentliche Bevölkerungsmehrheit noch in keinem Staate der Welt ausgeübt worden ist. Präsident Masaryk hat in überflüssiger Weise gleich bei der Ernennung des jetzigen Ministeriums versichert, daß auch dieses Ministerium die gleichen Richtlinien, wie das vorhergehende einhalten werde. Er hätte gleich sagen können, daß nach wie vor in diesem Staate deutschfeindlich regiert werden wird, daß das Ziel der èechischen Politik die Èechisierung des deutschen Sprachgebietes ist, und wäre insolange, als bis jene Verhältnisse eingetreten sind, auf die sich die Friedensunterhändler Dr. Beneš und Dr. Kramáø als bereits bestehend in ihren der Wahrheit widersprechenden Denkschriften berufen haben.

Man könnte es fast als eine Ironie des Schicksals bezeichnen, daß dieses gewiß in seinem Kerne tüchtige Volk infolge der jahrzehntelang betriebenen Erziehung von Größenwahn befallen wurde, der förmlich zwingt, zu Mitteln zu greifen, die auf kulturellem Gebiete zur Königinhofer Handschrift und auf staatspolitischem Gebiete über das Memoire 3 zur Schaffung dieses Staatsgebildes geführt haben, das von seinen Schöpfern wie zum Hohne der gesamten Mitwelt als demokratische Republik, als Inbegriff der höheren Schweiz, angepriesen wurde. Niemand wird leugnen wollen, daß die Èechen hartnäckig und selbstbewußt auf das oben ausgesprochene Ziel hinarbeiten, diesen Völkerstaat in einen rein èechischen zu verwandeln. Daß dabei für dieses Ziel jedes Mittel als Rechtsquelle dient, sei nur nebenbei festgestellt. Ich gehöre nicht zu den en, die das Verhalten der Èechen während des Weltkrieges als Hochverrat dargestellt haben, weil ich auf dem Standpunkt stehe, daß es im Völkerleben Hochverrat seitens eines Volkes, das im Kampfe um das heiligste Naturrecht, um das Selbstbestimm ungsrecht steht, gar nicht gibt, und was die Èechen besonders merken sollten, niemals geben wird. (Souhlas nìmeckých poslancù.)

Ich hegte stets Bewunderung für das opfermutige Eintreten aller Jener, die sich selbstlos in den Dienst ihres Volkes gestellt haben und rücksichtslos für die Befreiung ihres Volkes arbeiten. Ganz gewiß berufen sich die Èechen mit Recht auf die Revolution als Rechtsquelle ihres staatlichen Lebens, aber nur insoweit, als es sich um die ihrem Volke zugehörigen Gebiete handelt. Im Augenblick aber, wo sie das heiligste Naturrecht selber mit Füßen traten, und die wehrlosen deutschen Siedlungsgebiete mit Waffengewalt besetzt haben, ha ben sie es verwirkt, im Namen des Selbstbestimmungsrechtes überhaupt zu reden, haben es verwirkt, bei den auf diese Art in diesen Staat hineingepreßten Völkern auf Interesse für diesen Staat zu rechnen, beziehungsweise Anspruch zu erheben. Solange wir in diesem Staate als ein vom Feinde unterworfenes Volk behandelt werden, solange man über alle berechtigten Forderungen der Deutschen zur Tagesordnung übergeht, wird und kann dieser Staat nicht zur Ruhe kommen. (Souhlas nìm. poslancù.) Freilich muß dem Staatsvolk der Èechen auch klar sein, daß es nicht genügt, die Deutschen durch den Mund des Präsidenten der Republik oder irgendeines Ministers freundschaftlichst zur Mitarbeit einzuladen, ohne vorher jene unumgänglichen Maßnahmen zu treffen, die eine halbwegs gedeihliche Arbeit der in diesem Staate wohnenden Völker gewährleisten würden. Gewaltig große Aufgaben stehen bevor und wird deren Lösung von der Gesamtheit der Bevölkerung dringendst gewünscht.

Eine gedeihliche Arbeit wird aber nicht früher möglich sein, als bis die èechischen Parteien endlich einmal eingesehen haben werden, daß die Welt mit anderen Augengläsern betrachtet werden muß, als sie es bisher getan haben, wenn sie diesen Staat auf eine solche Grundlage stellen, daß es auch den deutschen Parteien möglich wird, an der Gesundung der Verhältnisse, soweit es ihr Volk betrifft, mitzuarbeiten. Wohl wurden in dieser Beziehu ng unsere Erwartungen auf das Schwerste enttäuscht und es ist, soweit dies überhaupt noch möglich war, sogar seit Eintritt der neuen Beamtenregierung eine Verschlechterung eingetreten. Denn diese bedeutet nichts Anderes als eine allnationale Beamtenregierung, die alle èechischen Parteien sammeln will, um gegen die unterdrückten Nationen in diesem Staate, und zwar in erster Linie gegen uns Deutsche vorzugehen. Darüber täuschen uns auch die schönsten Phrasen nicht hinweg, mit denen der Herr Ministerpräsident am vorigen Mittwoch die Regierungserklärung eingeleitet hat. Er sprach davon, daß die neue Regierung nur provisorischen Charakter trage - wer erinnert sich nicht an die Langlebigkeit der alten österreichischen Provisorien - und eine Arbeitsregierung im besten Sinne des Wortes sein soll. Anständigkeit, Ordnung, tatkräftige Arbeit zu Gunsten aller, besonders wirtschaftlich schwacher Klassen, ungestörte demokratische und sozialistische Entwicklung bilden angeblich die Richtlinien ihrer Politik. Weiter die wörtliche Regierungserklärung: "Als Regierung des Gesetzes und der Rechtsordnung haben wir für das Verhältnis des Staates zum Einzelnen keinen anderen Maßstab, als den des Gesetzes und der Rechtsordnung. Dieser Maßstab gilt auch für das Verhältnis der Regierung zu den Nationalitäten in diesem Staate. Gleiche gesetzliche Rechte, gleiche gesetzliche Pflichten."

Dieser Teil der Regierungserklärung besagt für uns Deutsche, wie für alle anderen unterdrückten Nationen in diesem Staate, in diesem merkwürdigen Rechtsstaate, dessen führende Männer förmlich von einer Art Rechtskrankheit, einer Art èechischer Grippe ergriffen sind (Veselost na levici.) und es versuchen, durch immerwährende Feststellung bewußter Wahrheiten denselben den Stempel der Glaubwürdigkeit aufzudrücken, daß von gleichen Rechten und Pflichten gerade in diesem Hause nicht gesprochen werden kann. Davon zu sprechen erfordert, glaube ich, eine besondere Kaltblütigkeit, wo wir deutschen Abgeordneten es täglich und stündlich erfahren müssen und eines Besseren belehrt werden und wir unter der Mißachtung der primitivsten, demokratischen Rechte, als gewählte Vertreter unseres Volkes, der aufoktroyierten Geschäftsordnung unterworfen sind, die es uns unmöglich macht, sachliche Arbeit zu leisten und uns in ein Verhältnis zu den èechischen Abgeordneten versetzt, wie es die deutsche Bevölkerung gegenüber der anderen Bevölkerung in diesem Staate einnimmt.

Die auf die Pflichten bezugnehmende Bemerkung des Ministerpräsidenten, insbesondere zum Tragen der Lasten, glaube ich dem Herrn Ministerpräsidenten aufs Wort, ja, ich bin der Ansicht, daß uns in dieser Beziehung die Èechen sogar bevorzugen wollen, und zwar auf möglichst schmerzlose Weise, wie wir dies anläßlich des Gesetzes über die Zeichnung der IV. Staatsanleihe sehen konnten, in welchem ganz einfach Bedingungen aufgenommen wurden, die es weiten Kreisen der deutschen Bevölkerung unmöglich machen sollen, von den Wohltaten dieses Gesetzes Gebrauch zu machen. Übrigens besteht diese Wohltat auch nur darin, daß die Regierung ihre merkwürdige Rechtsauffassung darin zum Ausdrucke brachte, daß sie wohl die Aktiven des alten Österreich übernahm, dagegen die Passiven verleugnet.

Der über 5 Milliarden ausmachende Kriegsanleihebesitz der deutschen Bevölkerung wurde damit für wertlos erklärt. Es ist dies in diesem Falle eine Moral, die gelinde gesagt an die des alten Rittertums erinnert. Von gleichen Rechten in diesem Staate zu sprechen ist schon angesichts der Entstehungsgeschichte dieses Staates, des 1 1/2-jährigen Wirkens des Revolutionsausschusses und der, ohne Mitwirkung der unterdrückten Nationen in diesem Staate, die 54.6 Prozent der Bevölkerung ausmachen, geschaffenen Staatsgrundgesetze und der unerträglichen Wirtschaft in diesem Staate wohl Gipfel der Überhebung, wenn ich nicht sagen soll, Anmaßung.

Die letzten Reichenberger und Teplitzer Ereignisse haben uns aber auch bewiesen, daß die èechischen Minderheiten unter dem wohlwollenden Schutz der Regierungsorgane im deutschen Sprachgebiete sich die frechsten Herausforderungen der deutschen Bevölkerung erlauben dürfen. Diese Vorfälle werfen ein grelles Licht auf die Verhältnisse in diesem Staate, in diesem Staate, dessen Regierung noch vor wenigen Wochen erklärt hat, daß sie der Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung, der Staatsautorität, ihr ernstes Augenmerk zuwenden wird. (Hluk a nìmeckì výkøiky.)

Freilich, wer in den wahren Sinn dieser hier gemeinten Autorität und Ordnung eindringt, wird bald gewahr werden, daß es sich hier nicht um den Schutz der deutschen und nichtèechischen Bevölkerung handelt, sondern, wie dies Abg. Juriga unlängst in einem Zwischenruf ganz richtig gekennzeichnet hat, als Deckmantel gegen berechtigte Ausbrüche des Mißwillens der unterdrückten Nationen in diesem Staate, gegen Gewaltmaßregeln, wie sie zur Zeit insbesondere in der Slovakei gegen das zweite Staatsvolk und gegen die Magyaren geübt werden, um sie unterdrücken zu können.

Als geradezu köstlich muß die Antwort des Herrn Ministerpräsidenten bezeichnet werden, der förmlich zur Entschuldigung feststellte, daß es sich bei den Exzessen in Teplitz nicht um aktive, sondern um bereits demobilisierte Legionäre gehandelt hat. Seit Jahr und Tag werden die Legionäre nicht nur von der Regierung, sondern auch bei jeder Gelegenheit vom Präsidenten des Staates als das Rückgrat dieser demokratischen Republik hingestellt, als Vorbild für die heranwachsende Jugend, und so von einem Machtdünkel und Größenwahn erfüllt, der förmlich zwingt, tagtäglich dafür zu sorgen, daß sie ihren vergangenen Heldentaten in deutschen und slovakischen Städten ich nenne nur Illawa, Brüx, Aussig, Budweis, Bodenbach, Brünn, Iglau, Znaim - und in letzter Zeit den besonderen Heldentaten den hungernden deutschen Rekruten in Eger gegenüber stets neue hinzuzufügen. Entweder die Regierung trägt Sorge dafür, daß die deutsche Bevölkerung vor dem Wühlen dieser verhätschelten Lieblinge des èechischen Volkes verschont bleibt, oder aber sie erklärt offen, daß sie gegen diese Haustruppen der wirklich in diesem Staate herrschenden Nebenregierung nichts ausrichten kann oder darf. (Souhlas a potlesk nìm. poslancù.)

Es wird ansonsten die deutsche Bevölkerung gezwungen sein, zur Selbsthilfe zu greifen, um wenigstens in den deutschen Gebieten die Ruhe und Ordnung aufrecht zu erhalten. (Souhlas a potlesk nìm. poslancù.) Der Art und Weise, èechische Feste zu feiern, liegt ein bestimmtes System zu Grunde und es tragen die Veranstalter immer dafür Sorge, daß durch uniformierte oder nichtuniformierte Legionäre oder, um mit dem Minister zu sprechen, durch aktive oder bereits demobilisierte Legionäre, der Bevölkerung bewiesen wird, daß wir ein besiegtes Volk sind, daß wir als die Unterworfenen in diesem Staate uns alle Übergriffe gefallen lassen müssen.

An dem Gedenktage des zweijährigen Bestandes der glorreichen èechoslovakischen Republik begann die Volkseele unter der Leitung dieser demobilisierten Legionäre besonders zu kochen bei dem Gedanken, daß nach zweijährigem Bestande dieser rein èechischen Republik es deutsche Städte im weiten deutschen Sprachgebiete überhaupt noch gibt und zwar mit einer Bevölkerung besiedelt, die nicht nur deutsch ist, sondern für alle Zukunft bleiben will. (Potlesk na levici.)

Dies waren die Grundursachen, die zu den stürmischen Exzessen in Teplitz, Reichenberg und Mährisch-Aussee geführt haben. Auch in der urdeutschen Stadt Eger planten die tapferen Legionäre einen Angriff gegen das Kaiser Josefdenkmal und unterließen denselben erst, als sie in Kenntnis von Dingen gelangten, die ich hier nicht erörtern will, die endlich auch in den Lenkern dieses Staates die Erkenntnis reifen lassen sollten, die deutsche Bevölkerung habe zwar eine Lammsgeduld, die aber auch einmal ein Ende haben kann. Aber davon ein andermal. Nach Regen kommt Sonnenschein und auch die èechischen Bäume werden nicht in den Himmel wachsen.

Nun wieder zur Regierungserklärung. Der Herr Ministerpräsident sprach von der Notwendigkeit einer Reform der Staatsverwaltung oder Verfassung. Welchen von beiden Ausdrücken er gebraucht hat, konnte ich nicht feststellen, da er sich bei seinen Ausführungen einer uns und vielen Zeitgenossen unverständlichen Sprache bedient hat. Ich glaube aber, die Regierung wird auf alle Fälle gut tun, an eine gründliche Reform, oder einen wirklich demokratischen Neuaufbau dieses Staatswesens zu schreiten, bei welcher Gelegenheit es vielleicht möglich wäre, alle Schönheitsfehler desselben, z. B. die langgestreckte Form, die ja auch dem Generalstab unnützerweise große Sorgen bereitet, zu beseitigen und endlich dem dummen Gerede von den unterdrückten Nationen, die angeblich gegen ihren Willen in diesem Staate unter Anwendung von militärischen Machtmitteln hineingepreßt wurden, durch Durchführung einer freien unbeeinflußten Volksabstimmung ein jähes Ende zu bereiten. Der Staatsgedanke des so reformierten Staates würde ganz gewaltig gestärkt werden und das èechische Volk bezw. seine Politik - unbeschwert von vielen lästigen Fragen, wie zur Zeit die Einlösung der Kriegsanleihe, die Sprachenfrage, die Ernährung der Bewohner der deutschen Gebiete, die Drosselung des deutschen Schulwesens, das bei ungeschmälertem Fortbestand wahrscheinlich zur Unmöglichkeit machen wird, ganze Gebiete rasch zu èechisieren - vollständig seine Herrschaftträume in dem so konsolidierten und wahrscheinlich wirklich rein èechischen Staat ausleben können. Eine so gründliche Reform würde nicht nur von der Mehrheit dieses Staates mit Begeisterung begrüßt werden, sondern es würden sich die Länder dieses Staates gewiß den ewigen Dank aller wahrhaften Demokraten auf dem ganzen Erdenrund erweben. Dieses Beispiel echter Demokratie würde auch in allen anderen Ländern Nachahmung finden und die Welt von aller Unrast, die sie heute erfüllt, befreien und so die treibende Kraft und die Ursache künftiger Kriege aus dem Wege räumen und damit würde der Boden für eine friedliche Entwicklung der so reformierten Staaten vorbereitet und der ganzen Menschheit nach dem furchtbaren Leiden und Opfern des Weltkrieges eine schöne und freie Zukunft eröffnet werden. Ich fürchte nur sehr, daß ich vielleicht doch den Herrn Ministerpräsidenten mißverstanden habe, daß er bei seinen Ausführungen an eine weitgehende Reform nicht gedacht hat, sondern daß sich seine Reformbestrebungen nur in den allbekannten Bahnen èechischer Mentalität bewegen werden, die nur einer Reform das Wort reden, die sich in der massenhaften Versetzung èechischer Beamter ins deutsche Sprachgebiet und der Unterbringung demobilisierter Legionäre dortselbst auslebt.

Das große soziale Werk der Bodenreform soll in diesem Staate nur dazu dienen, den deutschen Großgrundbesitz mit dieser Prätorianergarde, den Legionären, zu besiedeln und so den Charakter des geschlossenen deutschen Sprachgebietes zu verwischen. Die Regierung hat sich zu diesem Zweck noch ein weiteres Wirkungsgebiet ausgesucht, das in folgenden Worten der Regierungserklärung besteht: "Als wichtige Aufgabe erachtet die Regierung die Durchführung der Verstaatlichung der Polizeibehörden u. s. w. sofern die sachlichen und gesetzlichen Voraussetzungen vorhanden sind, und dies durch die maßgebenden Verhältnisse begründet ist." Hinter diesen nüchternen Worten verbirgt sich der unerhörteste Schlag, der gegen die Autonomie der deutschen Gemeinden geführt wurde. Es soll damit nichts anderes bezweckt werden, und dieser Planist insbesondere ausgeheckt worden, um mühelos über Nacht in rein deutschen Städten èechische Minderheiten, und dort, wo sie bestehen, ihre Verstärkung durchzuführen, und wie zum Hohn soll nach diesem Gesetzentwurf die Last der Kosten dieser Èechisierungsarbeit von den Städten selbst getragen werden. Auch vom rein demokratischen Standpunkt ist diese Untergrabung der Gemeindeautonomie auf das Schärfste zu verurteilen. Auf diesem Wege wird nicht der Boden vorbereitet werden für ein friedliches Nebeneinanderleben der Völker in diesem Staate.

Das Einzige, was in der Regierungserklärung zu begrüßen ist, ist, daß endlich die Staatsangestellten, die bekanntlich am ärgsten unter den ungeheuren Teuerungsverhältnissen zu leiden haben, eine teilweise Verbesserung ihrer Bezüge erhalten sollen. Die Notlage innerhalb der Staatsbeamtenschaft, dieses größten Zweiges der Fixangestellten, hat solche Formen angenommen, daß jedes weitere Zuwarten von unabsehbaren Folgen begleitet sein müßte. Die vom Kollegen Dr. Keibl eingebrachtten Anträge bilden die Mindestforderungen, deren restlose Erfüllung im Interesse einer halbwegs befriedigenden Lösung dieser Frage zu wünschen ist. Zu begrüßen ist auch, daß endlich durch eine großzügige Bekleidungsaktion den Staatsangestellten die Möglichkeit geboten werde, für sich und ihre Familienmitglieder billig die notwendigen Bekleidungsstücke beschaffen zu können. Auch dem Ausbaue der Krankenversicherung will die Regierung ihr Augenmerk zuwenden. Ich versichere die Staatsbediensteten von dieser Stelle aus, namens der deutschen Nationalpartei, daß wir für ihre gerechten Forderungen stets und bei jeder Gelegenheit voll und ganz eintreten werden. Ich möchte der Regierung besonders dieses warm ans Herz legen und ich glaube, daß es einer Beamtenregierung naheliegen muß, sich dieser hochwichtigen Frage anzunehmen. Es wäre aber zu wünschen, daß sie endlich von den schönen Worten auch zu Taten übergehen und nicht von vornherein unübersteigbare Grenzen schaffen, weil es unverständlich ist, daß auf der einen Seite, wo es sich um die Erfüllung der bescheidensten Forderungen der Staatsbeamtenschaft handelt, gleich von der Regierung verkündet wird, daß z. B. dieser Betrag dreihundert Millionen nicht überschreiten dürfe, während auf der anderen Seite für die Erhaltung eines überflüssigen und gefährlichen Heeres, dessen Bestand allein schon den Keim für neue kriegerische Verwicklungen in sich trägt, lediglich an ordentlichen Ausgaben allein 2.368 Millionen zur Verfügung gestelt werden. In dieser Ziffer sind nur die ordentlichen Ausgaben verzeichnet und es ist eine altbekannte Tatsache, daß beim èechischen Heere die Höhe der außerordentlichen Ausgaben womöglich noch die der ordentlichen Ausgaben übertrifft.

Ich komme damit gleichzeitig auf das Militärprogramm der Regierung zu sprechen, das der Herr Ministerpräsident kurz und lakonisch mit den Worten bezeichnet hat: "Fortsetzung des Ausbaues der Wehrmacht". Während wir alle hoffen, daß die furchtbaren Geschehnise des Weltkrieges in allen Ländern unbedingt einen Abbau der Wehrmacht zur Folge haben werden, sehen wir, daß gerade jene Länder, die den Kampf gegen den Militarismus auf ihre Fahnen geschrieben hatten, während des Krieges und noch mehr nach Abschluß des Friedens zur Aufrichtung eines Militarismus geschritten sind, den die Welt vorher nie gesehen. Es sind dies die Siegerstaaten unter Führung der westlichen demokratischen Mächte, deren wahres Kriegsziel die Unterwerfung des deutschen Wirtschaftslebens unter ihr Machtdiktat war, die Versklavung des arbeitenden deutschen Volkes, das der gefährlichste Konkurrent auf dem Weltmarkt geworden war. Deutschland hat sein stehendes Heer abgeschafft, Deutschösterreich geht daran, wegen der hohen Kosten sein Heer von 30.000 Mann zu vermindern. Freilich der finanziell so glänzend darstehende Èechenstaat, dessen Valuta eine schwindelnde Höhe erreicht hat, dessen Zahlungsbilanz von Woche zu Woche sich bessert, dieser Staat, der stolz darauf hinweist, daß die Ernährung der Bevölkerung, wie der Herr Ministerpräsident festgestellt hat, auf zwei Monate, bis Weihnachten, sichergestellt ist, - ich glaube fast, es ist ein Druckfehler hiebei unterlaufen, weil wir in westböhmi schen Blättern lesen konnten, daß wahrscheinlich bereits in vierzehn Tagen nicht die volle Brotkarte, sondern überhaupt kein Brot ausgegeben werden wird, - dieser Staat kann sich die Armee leisten.

In vollem Bewußtsein des Unrechtes, das den Deutschen in diesem Staate durch das Kriegsanleihegesetz angetan wurde, welches der Schöpfer desselben, Finanzminister Dr. Engliš selbst mit einer Hacke gegen die Deutschen verglichen hat und welches durch die Wertloserklärung von Milliarden von Kriegsanleihepapieren das Vertrauen zu diesem Staate untergräbt und den eigenen Staatskredit damit aufs Schwerste erschüttert, glaubt sich der so glänzend fundierte Staat, dessen militärischer Ruhm Jahrhunderte überstrahlen wird, mit Recht das kostspielige Vergnügen ei nes stehenden Heeres leisten zu dürfen, eines Heeres, dessen Größe in keinem Verhältnisse zur Kleinheit dieses Staates steht.

Ich bin mir dessen wohl bewußt, daß seitens der Regierung behauptet werden wird, daß im § 1 des Wehrgesetzes ja die Einführung des Milizsystems beschlossen sei, die Abschaffung des stehenden Heeres. Jedem denkenden Menschen ist aber auch klar, welchen praktischen Wert dieser Paragraph hat. Er dient zu nichts anderem, als zu einer geschickten Täuschung aller jener, die als wahre Demokraten auch heute noch die Abschaffung des stehenden Heeres im Interesse der Aufrechterhaltung des Friedens fordern, aber insbesondere als Vorwand für jene, die durch Jahrzehnte als Antimilitaristen aufgetreten sind und praktisch verpflichtet wären, für die Abschaffung des stehenden Heeres mit aller Kraft einzutreten. Heute aber, wo sie die Macht dazu hätten, haben sie glänzend versagt mit der Ausrede, die der èechische Sozialdemokrat Stivín seinerzeit im führenden Blatte der Sozialdemokraten ausdrücklich kennzeichnend in die Worte gekleidet hat, daß sie wohl Anhänger des Milizsystems seien, daß sie aber solange für die Beibehaltung des stehenden Heeres eintreten werden, als der èechische Staat von Feinden umgeben sei. Gibt es wirklich jemand unter Ihnen, der an die Möglichkeit glauben würde, die geographische Lage des Staates so ändern zu können, das er in Zukunft von Deutschland, Deutschösterreich, Ungarn und dem heißgeliebten Polenlande nicht eingeschlossen wäre? Gibt es wirklich einen solchen Phantasten, der bei aller Anerkennung der von den èechischen Staatsmännern bewiesenen Fähigkeiten, man erinnere sich nur wieder an das Memoire III. glauben würde, daß dieses Ziel zu erreichen wäre? Ich glaube, an diesem großen Problem werden auch die Fähigkeiten Dr. Beneš's zu Schanden werden. Die èechischen Staatsmänner werden sich mit der für uns so erfreulichen, aber für sie unabänderlichen Tatsache abfinden müssen, daß die Èechei nicht nur ihrer geographischen Lage nach, sondern noch mehr auf wirtschaftspolitischem Gebiete zum größten Teil von Deutschland eingeschlossen ist, jenem Deutschland, das naturnotwendig in wenigen Jahren dem mitteleuropäischen Wirtschaftssystem den Stempel aufdrücken wird.

Die Regierung wird gut daran tun, in der Voraussicht kommender Dinge damit zu rechnen, daß in diesem Staate fast 4 Millionen Deutsche wohnen, die sich zur Zeit in Folge der allgemeinen politischen Lage wohl bedrücken, aber niemals unterdrücken lassen werden. Die Haltung der Regierung gegenüber den deutschen Forderungen, die sie in der Wehrmachtfrage eingenommen hat, lässt in Verbindung mit den Ausführungen der Regierungserklärung über das Militärprogramm die schikanöseste Behandlung der zum Militärdienste einberufenen Deutschen befürchten. Wohl heißt es in der Regierungserklärung wörtlich, daß das Militär außerhalb der Ströme der politischen Ereignisse stehen und in nationalen Streitigkeiten ein unparteiisches Instrument bilden müsse. In welchem Sinne erscheinen aber alle diese Phrasen, wenn wir ein Rundschreiben der politischen Kanzlei des Ministeriums für nationale Verteidigung zur Hand nehmen, das in der ersten Woche, glaube ich, des vorigen Monates an alle Gemeinden zum Versandt gebracht wurde, und in dem es wörtlich lautet: "Einen wichtigen Teil unserer nationalen Wiedergeburt bildet der Ausbau einer disziplinierten und rein èechischen Armee." Das Ministerium für nationale Verteidigung gibt zu diesem Zwecke eine Zeitschrift "Bratrství" heraus, deren Aufgabe es ist, wie es im weiteren Verlaufe dieses Rundschreibens heißt, die Bevölkerung in diesem Sinne zu erziehen. (Místopøedseda dr. Hruban pøevzal pøedsednictví.)

Nachdem wir bereits aus dem Munde unseres Staatsoberhauptes erfahren haben, daß das Ziel der èechischen Regierungspolitik die Wiedergewinnung der verdeutschten Gebiete, in richtiges Deutsch übersetzt, die Èechisierung der deutschen Gebiete ist, daß dies der oberste Leitgedanke ist, kann uns eigentlich die Verlautbarung des Ministeriums für nationale Verteidigung gar nicht mehr überraschen.

Hat uns doch schon die Verschickung unserer armen deutschen Rekruten in die Èechei und Slovakei bezeigt, daß die Machthaber in diesem Staate auf diese Weise sie jeder weiteren Bildungsmöglichkeit berauben wollen, um sie so fern der Heimat der èechischen Erziehungsmethode gefügig zu machen. Aber mit allen diesen Gewaltmaßnahmen wird die Regierung das Gegenteil von dem erzielen, was sie beabsichtigt, und sie wird damit auch jede Hoffnung zerstören und begraben, daß es gelingen wird, die bestehenden Gegensätze zu überbrücken. Durch dieses Vorgehen wird sie in den jungen Menschen den Haß anerziehen und damit in die heranwachsende Generation eine Irredenta-Bewegung hineintragen, die dem Staate sehr gefährlich werden kann. Es sind dies ganz gewiß nicht Sorgen, die mich besonders bedrücken, aber im Namen der Menschlichkeit müssen wir fordern, daß, wenn schon unsere Jungen gezwungen werden sollen, zwei ihrer schönsten und kostbarsten Jahre dem Militarismus zu opfern, daß sie nicht auch noch zu geistigen Krüppeln geschlagen werden. Wir bestehen nach wie vor auf der sofortigen Abschaffung des ständigen Heeres und auf der Einführung des Milizsystemes nach Schweizer Muster.

Nun komme ich zum Kapitel Schulverwaltung. Die Regierungserklärung besagt diesbezüglich, daß sie bestrebt sein wird, eine Regelung der Verhältnisse herbeizuführen und . . . kein Wort von der Aufhebung des deutschen Schulvernichtungsgesetzes vom 3. April 1919, auf Grund dessen der mit diktatorischer Gewalt ausgestattete Schulerhalter Dr. Metelka fast gegen 1000 deutsche Schulklassen gesperrt hat, kein Wort davon, daß die Regierung die Absicht hätte, diese unerhörte Kulturschande aus der Welt zu schaffen und das deutsche Schulwesen wenigstens in jenem Zustande wieder herzustellen, wie es am 28. Oktober 1918 bestanden hat. Wir verlangen in dieser Beziehung nichts Unbilliges, wir fordern auch hier nur völlige Autonomie, die es jedem Volke gestattet, sich sein Schulwesen so auszugestalten, wie es einer geistigen Reife entspricht. Selbstverständlich ist aber, daß jedes Volk für die Kosten dieser Schulerhaltung selbst aufkommen muß. (Souhlas na levici.)


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