Nach der nationalen Seite sind es vor allem die ungeheuerlichen Schuldrosselungen, von denen ich sprechen will, die sich der Minister Habrman hat zuschulden kommen lassen. Der Herr Minister konnte sich anscheinend nicht zum Frühstück setzen, wenn nicht zuvor ein paar gedrosselte deutsche Schulklassen oder deutsche Schulanstalten vor ihm lagen. Diese Schuldrosselungen sind geradezu eine Provokation für uns und wir werden sie nie hi nnehmen, diese Drosselungen sowohl unseres Volksschulwesens, wie auch unseres Mittelschulwesens. Manche unserer Mittelschulen können auf eine Vergangenheit von Jahrhunderten zurückblicken und sind mit unserem deutschen Bildungsund Kulturleben aufs innigste verbunden. Diese Schulen sollen einfach vernichtet werden. Der Zustand ist umso unerträglicher, wenn man überlegt, wie die èechischen Schulen im geschlossenen reindeutschen Sprachengebiete hervorwachsen, wie nach einem warmen Herbstregen die Pilze aus dem Boden. (Výkøiky.) An denselben Orten, wo deutsche Schulklassen, die vier- oder fünfmal stärker besucht si nd, als die èechischen, einfach geschlossen werden, wuchern oft mehrere èechische Mittelschulen empor. Was hat denn z. B. in Saaz eine èechische Lehrerbildungsanstalt zu tun, wie man sie dort errichten will? Wenn man schon eine solche haben will, warum gibt man sie nicht nach Laun? Oder was hat im urdeutschen Böhmisch-Leipa ein èechisches Gymnasium zu tun? Das ist einfach eine Provokation.
Wir können also dieser Versicherung der Regierung keinen Glauben schenken, weil die Erfahrung anders spricht. Wir müssen fordern und wir werden es ununterbrochen fordern: Diese Drosselungen müssen revidiert werden. Die Geschädigten müssen vollständig schadlos gehalten werden und unser deutsches Schulwesen muß endlich seine nationale Selbstverwaltung erhalten. Wir brauchen einen Landesschulrat, der keine solche Schattenbehörde ist, zu der er jetzt herabgewürdigt wurde, der zusammengesetzt ist aus bewußten deutschen Männern. Wir brauchen als oberste Schulbehörde, sei es in der einen oder in einer anderen Weise, eine selbständige Abteilung im Unterrichtsministerium, die aber bloß zusammengesetzt ist aus deutschen und aus deutschbewußten Männern.
Aber ebenso bedenklich, wie die nationale Entwicklung unseres Schulwesens, ist auch die Entwicklung unseres Schulwesens in kultureller Hinsicht. Ich bin aufrichtig und sage: das Reichsvolksschulgesetz, das für uns noch gilt, ist nicht unser ldeal, aber schließlich kann man sich mit demselben abfinden, und zwar hauptsächlich wegen zweier Grundsätze. Der eine war ein Grundsatz unserer Verfassung und der lautete: es ist in der Schule die sittlich-religiöse Erziehung zu garantieren, und ein zweiter Grundsatz lautete: Die Wi ssenschaft und ihre Lehre ist frei. Und dann heißt es weiter: Es ist jederman, der die gesetzliche Eignung dazu bewiesen hat, berechtigt, Schul- und Unterrichtsanstalten zu gründen und in denselben zu unterrichten. Auf der Grundlage dieser beiden Bestimmungen hat man sich in weiten Kreisen, die sonst mit diesem Reichsvolksschulgesetz nicht einverstanden sind, mit ihm wohl langsam abgefunden. Aber wie sieht es jetzt in Wirklichkeit damit aus? Der Minister Habrman mit seinen bekannten Erlässen, der doch eigentlich zum obersten Hüter des Schulwesens berufen wäre, der die Grundsätze, welche für das Schulwesen gelten, zu verteidigen und zu schützen hätte, versetzte mit jedem seinen Erlässe dem sittlich-religiösen Empfinden einen Peitschenschlag (Výkøiky), sowohl für die Volksschule, wie für die Mittelschule. Namentlich ist die Stellung des Religionslehrers, des Religionsunterrichtes in den Mittelschulen nach den jetzigen Bestimmungen geradezu eine unhaltbare. Alle diese Verordnungen, welche erflossen sind, sind direkt eine Aufforderung an die zunächst Beteiligten, an die Lehrer und Schüler, diese sittlich-religiöse Erziehung mit aller Verachtung zu behandeln. Es ist geradezu unbegreiflich, zu welch' kleinlichen und vexatorischen Mitteln man da greift. Es ist bekannt, in den obersten Klassen ist ja der Religionsunterricht einfach unobligat. In den mei sten Anstalten haben sich die Schüler freiwillig gemeldet. Aber trotzdem will man es unmöglich machen, daß der Religionsunterricht in den oberen Klassen weiterbetrieben wird. In einem weiteren Erlaß des Unterrichtsministeriums heißt es, daß der Unterricht nicht mehr klassenweise, sondern abteilungsweise zu erfolgen hat. Ein weiterer Erlaß bestimmt, daß wenn nicht wenigstens eine bestimmte Schüleranzahl vorhanden ist, der Unterricht überhaupt nicht stattfinden darf. Der letzte Erlaß betrifft auch den sogenannten Schulgottesdienst. In Orten, wo mehrere Mittelschulen sind, darf nicht für jede Schule ein eigener Gottesdienst abgehalten werden, der frei besucht wird, sondern da muß man für alle Schulen zusammen einen einzigen Schulgottesdienst abhalten. Solche Bestimmungen haben namentlich in den Kreisen unserer Wähler die größte Erbitterung hervorgerufen und wir sind beauftragt, dieser Erbitterung auch jederzeit den schärfsten Ausdruck zu geben. Wenn wir auf der Wahrung des sittlich-religiösen Momentes in der Erziehung und im Schulwesen bestehen, wissen wir wohl, was wir tun. Wir stützen uns da namentlich auf zwei Faktoren. Der eine Faktor ist der Wille der Eltern. Wir wissen, daß Tausende und aber Tausende Eltern hinter uns stehen, welche mit diesen Religionsstürmern nicht einverstanden sind. Wir müssen den Grundsatz aussprechen: der Geist, in welchem die Erziehung unserer Jugend zu erfolgen hat, wird bestimmt von den Eltern. Vor diesem Grundsatz schrecken wir auch nicht zurück, wenn wir die Konsequenzen ziehen sollten. Wir wissen, daß weite Kreise auch so gesinnt sind, daß sie diese religiöse Gesinnung nicht haben wollen. Sie mögen es haben, aber der andere Teil will auch zu seinem Rechte kommen.
Das ist also der eine Punkt, auf den wir uns stützen, wenn wir diese sittlichreligiöse Erziehung unserer Jugend in den Schulen fordern. Das ist das Urteil aller jener Männer, die wirklich Großes geleistet haben auf dem Gebiete der Pädagogik. Es wäre jetzt ein Leichtes, dieses Urteil anzuführen. Hunderte von Beispielen könnte man nennen und oft auch von solchen Männern, die durchaus nicht in unserem Lager stehen. Sie denken sich alle insgesamt, gerade die Großen auf dem Gebiete der Pädagogik wie Wundt in Leipzig, der vor einigen Monaten gestorben ist und durchaus kein unbedeutender Mann war, wie wir alle wissen, der als Antwort auf eine Anfrage der protestantischen Pfarrer von Leipzig gesagt hat: Die Entfernung des Religionsunterrichtes aus unseren Schulen sei einer der größten Kulturbarbareien. Der Altmeister Goethe - Sie werden vielleicht auch den Spruch kennen - hat das in die Worte gefaßt: "Das tiefstgehende Element in der Weltgeschichte ist der Kampf zwischen Glauben und Unglauben" und er sagt: "Fruchtbar für die Menschheit ist immer nur die Periode gewesen, wo der Glaube geherrscht hat. Wo Unglaube war, war keine Fruchtbarkeit, und wenn auch manchmal vorübergehend ein gewisser äußerer Glanz erreicht worden ist." An diesem Urteil des Altmeisters Goethe ist unbedingt festzuhalten: Unsere Jugend muß in religiösem Geiste erzogen werden.
Ich gehe zum zweiten Punkte über, der auch kultureller Art ist: das ist das oft genannte Wort "Trennung von Kirche und Staat". Die jetzige Regierung ist in ihrer Erklärung auch darauf zu reden gekommen. Freilich, es ist ein bischen auffallend, sie sagt es nicht so scharf heraus. Wenn ich die Übersetzung recht gelesen habe, heißt es dort: "Neugestaltung des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat", nicht mehr "Trennung". Nun, hochverehrte Herren, wir sind nicht so weltentfernt, daß wir nicht einsehen würden, es müßten solche gewaltige Umwälzungen, wie wir sie erlebt haben, nicht auch ihren Niederschlag und ihre Einwirkung auf das Verhältnis zwischen Kirche und Staat haben. Dieses ist nichts Feststehendes, es kann sich nach den Zeitentwicklungen und nach den Zeitverhältnissen richten. Ich glaube überhaupt, eine völlige Trennung zwischen Kirche und Staat ist nicht gut möglich, weil der Mensch ja nach beiden Seiten beteiligt ist, und wir finden auch, daß selbst in jenen Ländern, wo die sogenannte Trennung historisch das primäre ist, zum Beispiel in Nordamerika, die völlige Trennung gar nicht besteht. Dort hat die Kirche öffentliche Rechte und auch in Ländern, wo man diese Trennung durchgeführt hat, in Frankreich und Portugal, ist in der letzten Zeit eigentlich eine gewisse Annäherung zu bemerken. Nun, wir wünschen die Trennung zwischen Kirche und Staat nicht, wir wünschen im Gegenteil ein harmonisches Verhältnis. Wenn sie aber kommt - wir sind offen und sagen: wir fürchten sie auch nicht. Freie Kirche im freien Staate, das ist ein Wort, da wird man sich vielleicht einigen können. Die Trennung muß aber eine gerechte sein. Aber selbst wenn die Trennung gewaltsam durchgeführt wird, so werden wir nicht um unsere Kirche fürchten. Einer, der gar nicht in unserem Lager steht, hat einmal im Zusammenhang mit dieser Frage gesagt: Die Kirche ist zu alt, sie ist zu groß, als daß sie in Erregung käme, wenn etwa die Weltgeschichte ein neues Blatt aufschlägt. Und die Ereignisse, die sich in dieser Republik, dieser höheren Schweiz, diesbezüglich abspielen, haben schließlich der Kirche gegenüber immer nur mehr oder weniger lokale Bedeutung. Ich möchte aber noch jenen Antrag, der von der vorigen Sommersession vorliegt und der nach dem Einbringer Dr. Bartošek auf Trennung von Kirche und Staat genannt ist, erwähnen. Wir halten dafür, daß er nicht Gesetz werden kann, weil er ungerecht ist. Es ist keine Trennung von Kirche und Staat, sondern ist ein Hineinregieren, ein despotisches Hineinregieren in die Kirche, es wird der Versuch unternommen, die Kirche vollständig ohnmächtig zu machen und zu vernichten. Im übrigen ich persönlich, möchte sagen, habe mich ein bischen gefreut, daß dieser Antrag so mit seiner ganzer Rücksichtslosigkeit das Tageslicht erblickt hat. Es ist etwas unklug gewesen, er hat uns gerade die beste Waffe in die Hand gegeben. Es wird da verboten, religiöse Abzeichen, Kreuze, Statuen u. s. w. auf öffentlichen Wegen anzubringen, oder wo sie bestehen, müssen sie entfernt werden. Was würde das, wenn es durchgeführt wird, für ein Erregung hervorbringen? Oder diese Bestimmung: Die Kirche, das Gotteshaus selbst fällt der Gemeinde zu und die Gemeinde kann das Gotteshaus verwenden, wie sie will. Und so verschiedene andere Bestimmungen.
Gestatten sie mir noch einen Punkt hervorzuheben. Die Regierung bezeichnet sich als eine Beamtenregierung. Als Beamtenregierung hat sie als einen der ersten Punkte namentlich den ausgesprochen, sie wolle sorgen für eine gesicherte Existenz der Staatsangestellten. Das Wort ist erfreulich und namentlich für den, der selbst Staatsangestellter ist und der, das man kann wohl sagen, das Elend der Staatsangestellten, das er jetzt zu tragen hat, aus eigener Erfahrung kennt. Es sei anerkannt, daß die Regierung auch schon einen an sich bedeutenden Betrag ausgeworfen hat, um die materielle Lage der Staatsangestellten zu bessern. Es ist etwas über eine Milliarde. Aber, meine Herren, mir kommt heute vor, diese Sache ist schon lang wieder überholt und selbst wenn die Regierung das zwei- und vierfache von dem geboten hätte, was sie bieten will, auch das wäre bald überholt und würde schon überholt sein. Es ist eben die alte Frage: Die Preise treiben die Löhne in die Höhe und die Löhne treiben die Preise in die Höhe. Mit der bloßen finanziellen Aufbesserung aber wird es nicht gemacht sein, oder es ist nur ein paar Wochen gemacht. Wenn die Lage der Staatsangestellten geändert werden soll, müßte die Sache anders angefaßt werden. Sie müßte dort angefaßt werden, wo die Ursache der Teuerung überhaupt liegt. Ich weiß sehr wohl, das ist eine Sache, die nicht von heute auf morgen geschieht, das ist eine Sache, die die Regierung auch beim besten Willen nicht plötzlich wird durchführen können, aber immerhin, wenn sie sich an die Spitze gestellt hat, da muß sie auch das Ubel bei der Wurzel zu fassen trachten. So lange diese Lage besteht, möchte ich die Regierung aufmerksam machen, sie möchte wenigstens alle Vorschläge, die ihr gemacht werden und die zum Inhalte auch eine Miteinbeziehung der Naturalentlohnung haben, wohl prüfen und nach Möglichkeit auch zur Durchführung bringen.
Ich käme noch auf eines in Bezug auf diese Beamtenfrage. Es ist schon eine mißliche Lage, in der sich die Staatsangestellten befinden, solange der Beamte und seine Familie gesund ist; aber die Lage wird geradezu verzweifelt, wenn in der Familie des Angestellten eine langdauernde Krankheit ausbricht, oder wenn eine Operation notwendig ist, oder der Aufenthalt in einem Kurort, nicht in einem Luxusort notwendig wäre; da muß der Beamte wirklich sagen: Laß alle Hoffnung fahren. Dringend notwendig wäre in dieser Hinsicht ein Krankenversicherungsgesetz, aber nicht auf Kosten der Staatsangestellten selbst, sondern wo die Regierung die Mittel zur Verfügung stellt.
Ich möchte noch einen Punkt hervorheben, daß nämlich die Aufbesserungen, welche die Staatsangestellten erhalten, ganz automatisch und auch immer prozentgemäß auch auf die Pensionisten ausgedehnt werden. Das ist eine Hauptforderung. Und ich möchte ganz besonders auch auf einige Kategorien der Staatsangestellten hinweisen, daß man sich auch dieser annimmt. Das sind z. B. unsere Gerichtsdiener und Gerichtsunterbeamten. Die Lage dieser ist heute geradezu trostlos.
Ich möchte hinweisen auf die Kindergärtnerinnen, deren Lage ebenfalls eine sehr traurige ist, und ich möchte auch darauf hinweisen, daß die Regierung endlich die Gleichheit auch in dem Sinne zur Wahrheit machen sollte, daß in den höheren Zentralstellen auch auf die deutsche Beamtenschaft Rücksichtgenommenwerde.
Die Regierung hat ferner auch das Wort Sozialisierung gebraucht und hat gesagt, es werde in allen zuständigen Abteilungen eifrig an dieser Sache gearbeitet. Und es müßte Wunder nehmen, wenn dieses Wort nicht auch hier wieder angeführt worden wäre.
Mir kommt es so vor, als wäre der erste Sozialisierungsrummel schon im Abflauen. Damit will ich nicht sagen, als sei die Sache schon abgetan. Jedenfalls muß aber festgestellt werden, man mag über die Sozialisierung so oder so denken, daß jetzt die Zeit am allerungeeignetsten ist. Urteile hierüber, daß gerade diese Zeit nicht geeignet ist zur Sozialisierung, oder wer weiß in wie raschem Tempo mit ihr Ernst zu machen, findet man auch selbst im sozial-demokratischen Lager. Ich verweise auf die Schriften jedenfalls eines der intelligentesten aus diesem Lager, auf die Schriften des Kautsky senior, wo er ungefähr sagt: Unser ganzer Produktionsprozeß ist infolge des Krieges und dann auch infolge der Friedensbestimmungen vollständig darniederliegend und es muß erst unsere nächste Aufgabe sein, daß wir diesen Produktionsprozeß heben. Wer nur eine Ahnung hat, sagt er, der weiß aber, daß die Uberführung der kapitalistischen Produktion in die sozialistische nicht von heute auf morgen sich tun läßt, und dem Proletariat wird es in einer blühenden, kapitalistischen Produktion besser gehen, als in einer sozialistischen, deren Produktion schwach ist. Jedenfalls möchte ich zur unbedingten Vorsicht mahnen.
Wir erklären, wir heißen dem Namen nach Christlich-Soziale. Das soll kein bloßes Wort sein, sondern wir wollen das wirklich sein, was wir heißen. Wir erklären, daß wir bei allen ernsten Reformen auf sozialem Gebiete voll und ganz mitarbeiten werden, daß wir dies geradezu als unsere erste Aufgabe betrachten. Wir haben auch Grundsätze, nach denen wir das können, wir sind die Partei - und ich darf wohl im Namen des ganzen Verbandes sprechen - des privaten rechtmäßigen Eigentums, wir fassen das Eigentumsrecht nicht auf als etwas Absolutes, wir fassen das Eigentum auf als etwas naturrechtliches. Es ist im Naturrecht begründet. Und weil es im Naturrechte begründet ist, so müssen wir vom Eigentum auch sagen, es lasten und liegen darauf die Pflichten des Naturrechtes. Und diese Pflichten erstrecken sich einmal auf den Erwerb, auf die Art des Erwerbes, die Art der Veräußerung und auch auf die Höhe des Ertrages. Zu dieser Sozialisierungsfrage kann ich folgende Hauptsätze sagen: Wir sind Anhänger des privaten Eigentums, aber nicht des privaten Eigentumes, das nur eingestellt ist auf selbstsüchtige Interessen. Wir müssen aber ablehnen die Gemeinwirtschaft, welche diesen Eigentumsbegriff vernichtet. Wir streben an in unserem sozialen Wirken die Zahl der wirtschaftlich Selbständigen nach Möglichkeit zu heben und in größeren Betrieben, wo diese wirtschaftliche Selbständigkeit nicht erreicht werden kann, fordern wir, daß die in diesen größeren Betrieben Beteiligten, mögen es nun geistige oder manuelle Arbeiter sein, ihren Anteil haben an der Leitung und materiell auch, aber so, daß der Eigentumsbesitz des Unternehmers gewährleistet ist, und auch so, daß der Unternehmergeist und die Konkurrenz darunter nicht zu Grunde gehen. Auf Grundlage solcher Sätze wird sich die Sozialisierungsfrage auch lösen lassen.
Ich habe gesagt, wir sind die Partei des privaten Eigentums. Da komme ich auf einen Gedanken. Wir fordern die unbedingte Einlösung der Kriegsanleihe. Die Lösung der Anleihefrage ist ein Eingriff in das Eigentum des deutschen Volkes (Potlesk na levici.), es ist ein Diebstahl ohnegleichen. Ich verstehe auch nicht, wie der Finanzminister diesen Justamentstandpunkt einnimmt. Er hat es zuwege gebracht, einen Voranschlag von 15 Milliarden so zusammenstellen, daß Aktiven und Passiven sich gleich sind. Unter diesen 15 Milliarden sind die paar hundert Millionen, welche für die Einlösung der Kriegsanleihe alljährlich notwendig wären, geradezu eine verschwindende Lappalie. Wir fordern die gänzliche Umänderung dieser Kriegsanleihebestimmungen. Die sind so vielfältig, daß man, wenn man nicht Jurist ist - und manchmal möchte ich sagen, auch wenn man Jurist ist - sich darin nicht zurechtfindet. Wir fordern solche Bestimmungen, die klar und deutlich sind und darauf hinausgehen, die Kriegsanleihe einzulösen.
Es wäre auch etwas zu sagen über die Ernährungsfrage. Ich will es nicht weiter ausführen, nur einen der kritischesten Punkte in dieser Sache kurz erwähnen: diese ungeheuerliche unsoziale Mehl- und Brotkartensteuer. Das muß namentlich novelliert werden. Aber ich komme auf die Ernährungsfrage noch wegen eines anderen Punktes zurück und da komme ich noch einmal auf das Memorandum III zurück. Da ist mit zynischer Offenheit eine Sache zugegeben. Während der Kriegszeit und auch nach der Kriegszeit ist von deutscher Seite immer wieder hervorgehoben worden, es geschehe die Belieferung der deutschen Gebiete in unzureichendem Maße, weil von èechischer Seite die Ablieferung der Lebensmittel nicht so erfolgt, wie sie hätte erfolgen sollen. Es sind ja seinerzeit auch Ziffernbeweise erbracht worden. Aber das hat überall einen Sturm der Entrüstung im èechischen Lager hervorgerufen. In diesem Memorandum führt Dr. Beneš auch an: Die Abneigung des èechischen Teiles der Bevölkerung gegen den deutschen gab sich während der Kriegszeit auch darin zu erkennen, daß der èechische Teil der Bevölkerung sich weigerte, die deutschen Gebiete zubeliefern, weshalb diese deutschen Gebiete entsetzlichen Hunger litten, weil sie von Deutschösterreich und Deutschland aus nicht beliefert werden konnten. Das ist geradezu Zynismus nach meiner Meinung und wir erwarten, wenn diese Belieferungsschwierigkeiten noch weiter andauern sollten, daß die Regierung Energie genug aufbringt, daß unsere deutschen Bezirke entsprechend versorgt werden. Es ist jedenfalls ein Jammer, wenn jetzt unmittelbar nach der Ernte und nach dem Drusch die Bezirksobmänner der deutschen Bezirke immer wieder von acht zu acht Tagen nach Prag kommen müssen, um die nötigen Zuweisungen auf ein paar Tage zu erhalten.
Es wird sich Gelegenheit geben, im Laufe des Voranschlags noch auf das und jenes zurückzukommen. Ich will nur eines sagen: Vorhin ist das Wort Selbstbestimmungsrecht gefallen. Ja es schwebt uns dieses Selbstbestimmungsrecht als das Endziel von allem vor. Wir wissen aber auch, daß wir es von heute auf morgen nicht werden erreichen können. Es wird also irgendwie vielleicht notwendig sein, sich in dieser Republik einzurichten, daß man nebeneinander bestehen kann.
Da hat die Regierung noch ein Wort gesprochen und das heißt: Die Regierung oder das Verhalten des Staates zu den Einzelnen wird sich ausschließlich richten nach Gesetz und nach Recht und auch das Verhalten des Staates zu den einzelnen Nationen wird kein anderes sein als wie es nach Gesetz und nach Recht sein soll. Und dann heißt es: Gleiches Recht und gleiche Pflicht für alle und auf dieser Grundlage hoffen wir zu einer Harmonie, einem Zusammenleben der Nationen dieses Staates zu kommen. Nun, meine Herren, diese Worte wären sehr schön, aber ich muß sagen, in dem Munde der Regierung sind sie ganz bestimmt inhaltslos. Da müßte ihr Verhalten ein ganz anderes sein. Diese Kriegsanleihe, die nicht eingelöst wurde, oder wenn ich zum Beispiel die Antwort nehme, die die deutschen Parteien, auf die Eingabe betreffend die Rekruten erhalten haben, jene schroffe Ablehnung, und die Gewalttaten, wie wir sie in diesen Tagen in Reichenberg und Teplitz erlebt haben, die sind doch wahrlich nicht angetan, diese Harmonie zu erzeugen, die die Regierung wünscht. Namentlich muß ich sagen, was wir in Teplitz erlebt haben, das ist eine Kulturschande ohnegleichen. Und wenn heute der Herr Ministerpräsident sagt, in Teplitz hätte die Staatsautorität am vorigen Sonntag nicht versagt, so ist das entschieden unrichtig. Was dort versagt hat und ausschließlich versagt hat, ist die staatliche Autorität gewesen. Ich glaube den Worten also nicht.
Aber eines möchte ich anführen, wenn es zu einem Nebeneinanderleben kommen soll. Geben uns die Herren, was Dr. Beneš in Paris geschrieben hat? Dort heißt es: Wir werden unsere Gerichtshöfe haben, unsere eigenen Richter, es wird niemandem einfallen, uns die Schulen zu zerstören, unsere Sprache wird die zweite Landessprache sein und alle vexatorischen Maßnahmen usw. werden nicht vorhanden sein, usw. Geben Sie uns das und dann kann das die Grundlage bilden, auf welcher sich ein Zusammenleben vielleicht herausbilden kann!
Aber es schwebt uns als Endziel
vor - und das sei hier gesagt - der Tag der Selbstbestimmung.
Es ist durchaus nicht richtig, was Dr. Beneš gesagt hat - und
wenn es auch in leider deutsch geschriebenen Blättern irgendwo
gestanden wäre daß der deutsche Teil der Bevölkerung sich mit
dem jetzigen Zustand abgefunden hätte. Das ist entschieden nicht
wahr. Das Naturrecht kann gebeugt werden, aber nur auf gewisse
Zeit, dann aber bricht es umso elementarer wieder hervor und das
Selbstbestimmungsrecht ist unser Naturrecht. Wir hoffen auf den
Tag des Selbstbestimmungsrechtes, wie der Tag für Deutsch-Kärnten
angebrochen ist, und wenn er kommt, dann Heil unserem Volke! (Potlesk
na levici. Výkøiky: Heil!)