Sobota 19. èervna 1920

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 10. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v sobotu dne 19. èervna 1920.

1. Øeè posl. Kostky (viz str. 471. protokolu):

Sehr geehrte Versammlung! Wir haben eben eine Vorlesung gehört, mit wenig angenehmen Unterbrechungen über die Pflichten der Staatsbürger und über die Rechte der Staatsbürger. Es dürfte sein, daß die Vorbringungen nicht alle wortwörtlich in den deutschen Zeitungen der Èechoslovakei veröffentlicht werden, und darum halte ich es für notwendig, daß ich die letzten Worte noch einmal wiederhole. Es hat der geehrte Herr Vorredner gesagt, Sie hätten nicht die Absicht, mit Gewalt, aber auch nicht die Absicht, mit Gerechtigkeit gegen die Deutschen vorzugehen. Ich glaube, ich habe das ungefähr richtig übersetzt, es kam mir so vor: "Nicht mit Gerechtigkeit." Diese Worte sind hier gebraucht worden. Ich möchte das hier nur feststellen; ich werde später noch einmal auf die Ausführungen, soweit ich sie mir vollständig klar machen konnte, zurückkommen. Ich sehe weder die Deutschen gerne in der Löwenhaut, wie Dr. Rašín bemerkte, noch den Dr. Rašín in der Löwenhaut, besonders nicht auf diesem Platze hier; gerade durch seine letzten Worte hat er allerdings eine Löwenhaut angezogen, wobei aber etwas anderes herauskam. Es kam sehr deutlich der innere Mensch heraus und es kam sehr deutlich heraus, daß dieser innere Mensch erfüllt ist von Haß gegen alles, was in diesem Staate sich deutsch nennt, und die Deutschen werden es sich sehr wohl merken müssen, daß es hier eine derartige Partei in der sogenannten höheren Schweiz gibt, die noch immer diesen Haß in sich trägt. Für die Folgen können natürlich nicht die Deutschen verantwortlich gemacht werden, sondern die ganze Verantwortung muß auf diese petrifizierte Partei gewälzt werden.

Nun gehen wir zur Sache über. Ich habe mir ein Staatswesen, insbesondere nach dem furchtbaren Unglück dieses Krieges, so vorgestellt, daß es der Hüter, der oberste Hüter aller Rechte sei, und daß alle Rechte der Staatsbürger hier gehütet werden und es unmöglich sei, irgend eine Unterscheidung zwischen Staatsbürgern und Staatsbürgern zu machen, insbesondere als ich es in der Verfassungsurkunde gerade in der Einleitung wiederum betont fand. Und nun ist es gleich die erste Gesetzesvorlage von Wichtigkeit, die auf den Tisch des Hauses gelegt wird, welche in schreiendstem Gegensatze zu diesem Gerechtigkeitsgefühl des Staatsbürgers steht. Nun, es hat dieser Gesetzentwurf wohl seine Geschichte und es ist für einen großen Teil der Versammlung charakteristisch, diese Geschichte mit einigen Worten zu wiederholen. Der erste Teil der Geschichte bewegt sich in jener Zeit, da das Siegerstadium in dem Bewußtsein noch überwiegend war, oder wie einer der Herren von der èechischen Seite einmal sagte: "Die Sieger sind wir zwar nicht, aber wenigstens sind die Sieger unsere Onkel." Nun gut. Damals war der èechische Himmel voller Geigen, die Alliierten voller Versprechungen, und man war, an der Spitze Herr Dr. Rašín, bemüht, die Finanzen dieses Staates in Ordnung zu bringen mit neuerfundenen genialen Konstruktionen. Die Folgen davon spüren wir an unserer Wirtschaft heute noch und auch unsere Valuta kann heute noch davon erzählen, wie zu jener Zeit an ihr herumoperiert worden ist. Kredit im Ausland haben wir von diesen Kreditoperationen noch keinen verspürt. Die Deutschen sagten im Anfang: Es muß wohl so sein. Sie kamen wiederholt bescheidentlich, insbesondere wirtschaftliche Korporationen, zum Finanzminister und erhielten die Antwort: Wir haben keine Lust, die Kriegsanleihe einzulösen. Das war das erste Stadium.

Nun waren die Flitterwochen zwischen der Nationalitätenversammlung und der neuen Republik einigermaßen vorbei. Ein bischen Katzenjammer stellte sich in diesem Staate ein, die Preise stiegen fortwährend und die Valuta fiel auf der anderen Seite fortwährend. Und wieder kamen die Deutschen, und zwar gingen sie damals zu einem angeblichen Kriegsanleiheschürer, zu einem Herrn, welcher die Kriegsanleiheaufrufe auch mitunterschrieben hatte. Und der Betreffende sagte: "Ja, die Kriegsanleihe können wir vielleicht mit 100 einlösen, aber Zinsen können wir nur höchstens bis 2 1/2% oder 3% geben." Man wendete sich auch an das Finanzministerium. Dort war aber noch der alte versteinerte Standpunkt: "Kein Mensch denkt daran, die Kriegsanleihe einzulösen." Das war die Antwort Horáèeks.

Die Deutschen gingen wieder nach Hause und nun kommt das dritte Stadium. Das dritte Stadium möchte ich als das pathologische Stadium bezeichnen. Nüchtern sind wir ja alle geworden in dieser Zeit. Wir Deutschen wissen sehr genau, daß wir die Kriegsschäden nicht mit Reden hier in dieser Versammlung und auch nicht mit derartigen Unterscheidungen der Staatsbürger, wie sie mein geehrter Vorredner hier von diesem Platz aus vorgenommen hat, werden gutmachen können, sondern daß wir werden Arbeit leisten müssen, Arbeit und wieder Arbeit. Und auf der anderen Seite sind, wie ich glaube, auch die èechischen Kreise einigermaßen nüchterner geworden. Sie haben gesehen, daß der Auslandskredit mit allen diesen Maßnahmen nicht zu erh alten ist. Sie haben gesehen, daß der Staat Geld, Geld und abermals Geld, also wirtschaftliche Arbeit, produktive Arbeit braucht. Und Sie haben auch in der letzten Zeit gesehen, daß der Staat, wenn er bestehen soll, das Vertrauen seiner Mitbürger braucht und zwar aller Mitbürger. Es wurden von meinem geehrten Herrn Vorredner die Worte bemängelt: Euer Staat, unser Staat. Ich bemängele sie auch. Aber ich bemängele sie, weil er sie selbst gebraucht hat. Denn kehren diese Worte nicht wieder, wenn er sagt: Ich kann gegen einen Teil der Mitbürger nicht in derselben Weise vorgehen wie gegen die anderen!? Ist da nicht wieder diese strenge Grenze gemacht: Euer Staat, unser Staat? Sie sehen, man darf solche Vorwürfe nicht machen, wenn man selber noch derartige Bewußtseinseinheiten in der eigenen Brust trägt, und die Betreffenden sollen sich das deshalb wohl überlegen.

Also wir sind im dritten Stadium der Kriegsanleihe, in dem meinem Erachten nach pathologischen Stadium. Die Deutschen verlangten wiederum ihr Anrecht auf ihren Besitz, ihr Anrecht auf ihre geleistete Arbeit und die Anerkennung dieser geleisteten Arbeit. Und es wurde ihnen in dem Entwurf der Regierung - nämlich in dem ersten hier vorgelegten - dafür eine Verhöhnung zuteil. Denn das ist wohl heute jedem klar auch den geehrten Herren von der Gegenseite, daß diese erste Vorlage der Regierung eine Verhöhnung war. Ich brauche Ihnen die Ziffern nicht vorzurechnen. Aber von den 75%, von denen hier vorhin gesprochen wurde, davon steht in der ersten Vorlage nichts, sondern es steht darin rechnungsmäßig, daß für 100 Kronen Kriegsanleihe 2 K vergütet werden, daß also ein Bettel gegeben werden soll.

Es ist dieses Stadium unterdessen ja auch wieder überholt. Aber es scheint doch wohl, daß man die Frage stellen soll, ob denn die geehrten Herren von der Gegenseite sich darüber überhaupt vollständig klar sind, was unter Kriegsanleihe zu verstehen ist. Ich glaube, es besteht auch hier noch eine Meinung, die Sie vor dem gesamten èechischen Volk und auch vor dem deutschen Volk nicht rechtfertigen können. Ich glaube, Kriegsanleihe ist nichts anderes, als vom Volk geleistete Arbeit, die in Ware oder Geld dem Staate vorgeschossen wird. Sie werden sagen: Dem alten Österreich. Das Wort vom " alten Österreich" hört man ja immer. Ich sage: Dem alten Österreich und nicht dem alten Österreich. Ich sage, daß diese geleistete Arbeit dem Staate vorgeschossen wird. Und wenn Sie einmal alle diejenigen fragen, welche Kriegsanleihe gezeichnet haben, wenn Sie die armen Kriegerwitwen fragen - ich kann Ihnen solche Beispiele zu Hunderten aufzählen - wenn Sie die armen Lehrer und die armen Beamten fragen, und wenn Sie schließlich diejenigen fragen, welche durch höhere Staatsgewalt zur Leistung dieser Kriegsanleihe auch verpflichtet worden sind, so werden Sie bei ihnen nicht finden, daß sie Kriegsanleihe deshalb gezeichnet und ihre Arbeit dem Staate deshalb vorgeschossen haben, weil sie imperialistische Machtdünkelgelüste hatten, nein, sie waren weit davon entfernt. Ihr Bestreben war es, ihre Söhne im Kriege zu erhalten, ihr Bestreben war es, das ganze höhere Gemeinwesen zu erhalten, an das sie glaubten. Denn gewiß glaubte damals der Großteil, auch unter den èechischen Kreisen und unter denjenigen, welche es heute ableugnen wollen, an dieses Staatswesen. Und wir sehen leider heute, daß wir alle einigermaßen daran glauben müssen, weil man eben noch nichts anderes an dessen Stelle gesetzt hat. Wir sind bis zum heutigen Tage noch nicht im Stande gewesen, aus diesem Wirrwarr, aus diesem Chaos eine neue Autorität, ein neues Staatswesen zu schaffen, und diesem Staatswesen, dieser übergeordneten Autorität ist die Kriegsanleihe als Arbeit, als vorgeschossene Arbeit kreditiert und übergeben worden. Natürlich wollte jeder Kriegsanleihebesitzer, daß dieser Staat sich erhalte. Gewiß, ein Großteil war in diesem Staate sogar zufrieden, er wollte, daß er auch siegreich bleibe, und dafür hat er die Kriegsanleihe gezeichnet, also zu dem Zwecke, daß das Staatswesen erhalten bleiben sollte.

Nun sehen Sie, das siegreiche Staatswesen, das sich erhalten hat, ist die Èechoslovakei, und die erste Tat dieses Staatswesens soll sein, daß es den eigenen Bürgern die Kriegsanleihe, die vorgeschossene Arbeit einfach zum größten Teile wegnimmt. Hier kann ich, offen gestanden, Ihren Gedankengängen und denen meines geehrten Herrn Vorredners nicht folgen. Denn ich halte diese Angelegenheit nicht für eine solche, über die man mit kurzen Worten oder mit einem Lächeln hinweggehen kann, auch nicht mit Spott, sondern für eine Angelegenheit, die eine tiefe moralische Angelegenheit ist, und man rüttelt an den Grundfesten des Staates, wenn man erklärt, daß die Arbeit, die ein Bürger einem Staate vorgeschossen hat, von dem Nachfolger dieses Staates nicht anerkannt wird.

Gewiß, über den Zeitpunkt der Anerkennung läßt sich streiten. Wir wissen es heute sehr genau, daß vielleicht dieser Zeitpunkt der ungünstigste dafür ist, um eine ganze, volle, ungekürzte Anerkennung dieser Kriegsanleihe vom Èechoslovakischen Staate zu verlangen. Er ist heute nicht in der Lage, er hat heute einfach die Mittel nicht zur Verfügung und bekommt den Kredit im Inlande nicht; die früheren Staatsanleihen, welche aufgelegt worden sind und die ein so klägliches Ende genommen haben, haben das gezeigt. Man müßte vor allem sich genau und grundsätzlich überlegen: Darf ich in solchem Augenblicke auftreten und dieses ungeheuere Problem der Kriegsanleihe verbinden mit der Auflage einer neuen Staatsanleihe? Ich glaube, jetzt ist der ungünstigste Zeitpunkt. Und wenn es geschieht, darf es nicht in der Art und Weise geschehen, wie es hier geschehen ist, und es muß von unserer Seite auch formell dagegen Einspruch erhoben werden, daß in dieser Art und Wei se die Geschäftsordnung durchgeführt und angewendet werde. Wir haben uns erlaubt, zu diesem Zwecke auch einen Geschäftsordnungsantrag einzubringen. Denn wir betrachten die neue Vorlage, die jetzt zur Beratung steht, als eine Regierungsvorlage und müssen deshalb unbedingt verlangen, damit nicht ein Präjudiz geschaffen wird, daß diese Regierungsvorlage zuerst dem Hause übergeben und von dem Hause erst zur Beratung weiter geleitet werde. (Souhlas na levici.)

Diese neue Regierungsvorlage heißt vor allem nicht mehr "Schadloshaltung der Kriegsanleihebesitzer", sondern "Beteiligung der Besitzer österreichischer und ungarischer Kriegsanleihe an der Staatsanleihe". Um diese Beteiligung handelt es sich ja, und es würde gewiß ein Staatsbürger grundsätzlich nichts daran auszusetzen haben, wenn diese Beteiligung eine fakultative Beteiligung wäre. Nun hat der verehrte Herr Vorredner viele Worte gebraucht für eine neue Zwangsanleihe, die er haben will. Die Regierung hat ja doch diese Zwangsanleihe schon jetzt in der Regierungsvorlage geschaffen, ja, sie ist sogar weitergegangen. Ich bezeichne diese Anleihe nicht nur als eine Zwangsanleihe, sondern als eine Pressions- und Entrechtungsanleihe. (Souhlas nìm. poslancù.) Und darin liegt unserer Erachtens das durchaus Unsoziale und Undemokratische dieser neuen Vorlage. Sie ist nichts anderes als die Ankündigung des Staatsbankerottes in ganz offener Weise. Wenn wir dagegen sprechen, so sind wir wahrhaftig die besseren Schützer als diejenigen, die unbedingt eine derartige Form für ihre Staatsanleihe wählen wollen.

Darin liegt meiner Ansicht nach eben das pathologische. Denn ich kann mir nicht vorstellen, wie ein guter Èeche, wie einer, der für dieses Vaterland unbedingt Begeisterung haben soll, eine solche Vorlage vor ein Parlament bringen kann. Denn sie verletzt die Grundlagen jeder Psychologie; das Verständnis für das Massenbewußtsein ist darin absolut nicht zu finden, und es ist sehr merkwürdig, aber es muß dies festgestellt werden, daß wir Deutsche auftreten sollen, um solche primitive staatswissenschaftliche. Wahrheiten der Bevölkerung kundzugeben.

Das erste für eine Staatsanleihe muß zweifellos sein, daß sie dem gegenwärtigen Geldwert entsprechend und für den Zeichner möglichst vorteilhaft ist, also das Geld, wie hier schon wiederholt gesagt wurde, aus allen Schlupfwinkeln hervorlockt. Zweitens hat man immer die gute Technik angewendet, allen Staatsanleihen, so lange Staaten bestehen, ein schönes politisches Mäntelchen umzuhängen, damit auch die Begeisterung geweckt werde, die Bevölkerung gerne sich an die Kassen dränge und ihr Geld zeichne. Fragen wir uns zuerst einmal: ist diese Anleihe finanziell vorteilhaft? Ich müßte hier Ziffern wiederholen, die bereits in allen Zeitungen gestanden sind und die Sie wiederholt und hundertmal gelesen haben. Aber ich möchte Ihnen noch die drei Hauptdummköpfe nennen, die sich finden könnten, um auf diese Art und Weise Staatsanleihe zu zeichnen.

Der erste wäre der private Zeichner, der sich Kriegsanleihe u. zw. sagen wir z. B. den Betrag von 1000 K rechnungsmäßig um 145 K abknöpfen läßt. Ich will die Rechnung nicht im Detail machen, sie liegt mir vor, ich will Sie damit nicht ermüden. Sie können schon einen sehr großen Optimisten herausgreifen, aber ich glaube kaum, daß sich ein solcher finden wird, um so etwas zu zeichnen. Es ist ja bereits hier erwähnt worden, und ich glaube von èechischer Seite, daß man in dem ganzen Entwurf über die Staatsanleihe ganz und gar daran vergessen hat, daß es auch wirklich Bürger geben kann, die keine Kriegsanleihe haben und die mit Bargeld dem Staate zur Hilfe kommen. Oder glauben Sie, daß es solche nicht mehr gibt? Um so schlimmer für Sie, denn dann kommt der ganze Charakter der neuen Vorlage um so deutlicher als Entrechtungs- und Pressions- Staatsanleihe zum Ausdruck.

Nun möchte ich mir den zweiten Dummkopf etwas näher anschauen; der lombardiert. Er hat auf 1000 K eine Aufzahlung zu leisten von 187.50 K, bekommt also für das investierte Kapital von 1187 K eine Verzinsung von K 2.65. Dabei ist der 25%ige Kapitalsverlust nicht mitgerechnet.

Ich glaube wiederum, daß Sie wenige Menschen finden werden, die das als einen besonderen Vorteil betrachten und daß deshalb die Staatsanleihe nach der Richtung hin nicht mit einem besonderen Erfolg schließen wird. Ich kann den dritten Dummkopf hier übergehen, welcher bereits eine lombardierte Kriegsanleihe in der Hand hat, also seinerzeit z. B. auf 5000 K 850 K eingezahlt hat. Der hat heute eine Aufzahlung zu leisten von 7500 K, also das vier- bis fünffache der früheren Einzahlung. Im Wege des Lombardkredites bekommt er dafür K 2812.50, bar zahlen soll er K 4687.50 immer auf 5000 K gerechnet. Nun hier sehen Sie, daß wir eingentlich bei dem dritten sogar eine Art Sondervermögensabgabe haben und daß der Dritte sich gewiß auch nicht einstellen wird.

Und nun kommt das politische Mäntelchen, daß Sie der Vorlage umgehängt haben und das in den §§ 9 und 12 dieses Entwurfes deutlich zum Ausdruck kommt. Verzeihen Sie das harte Wort, aber es ist ein Teufelsmäntelchen, das Sie hier dieser Vorlage umgehängt haben. Es ist durch und durch als unsozial zu bezeichnen. Ich möchte es als unmoralisch bezeichnen, wenn man zu derartigen Mitteln greift, wie sie in den §§ 9 und 12 dieser Kriegsanleiheverordnung, wie ich sie nennen möchte, zum Ausdruck kommt. Ich glaube, Sie werden damit nur das eine erzielen, wenn diese b eiden Paragraphen, insbesondere der § 12 in der gegenwärtigen Fassung bestehen bleiben, daß Sie die Erbitterung in allen Kreisen, welche Kriegsanleihe besitzen und welche nicht im Stande sind, den zweiten Teil in Barem, auf den Tisch zu legen, welche also alles verlieren müssen, daß Sie also die Erbitterung dieser Kreise soweit treiben, daß Sie auch das Staatsgefühl bei diesen Menschen vollständig ertöten. Und meine Herren! Es handelt sich nicht um kleine, vorübergehend zu unterschätzende Gruppen von Personen! Wenn man sich die alten Rechnungen über die Ergebnisse der österreichischen Kriegsanleihen anschaut, so haben Sie z. B. bei der ersten Anleihe unter den Privatzeichnern bis zum Betrage von 10.000 K 93% aller Zeichner, bei der vierten wiederum 93%, und diese kleinen Zeichner haben damals bei der ersten Anleihe von 1.2 Milliarden ein Drittel aufgebracht und bei der vierten Anleihe ein Viertel von den 2.3 Milliarden. Nun, wenn Sie das umrechnen auf die Èechoslovakei und ich bitte Sie, da insbesondere auch den zweiten Teil des Staatstitels: ." Slovakei" nicht zu vergessen; es scheint in der Vorlage geschehen zu sein; ich möchte auch die betreffenden Herren Kollegen bitten, daß sie bei der namentlichen Abstimmung über den § 12 nicht vergessen, daß sie auch Vertreter der Slovakei sind, die bei dieser Anleihe mit einem großen Teil hängen bleiben wird - wenn Sie das also umrechnen auf die Èechoslovakei, so muß man sagen, daß es sich hier um eine Entrechtung von Staatsbürgern handelt und diejenigen, welche so vorgehen, gehen gewiß nicht aus staatsbürgerlichen Motiven vor, sondern, wie es der Herr Vorredner so deutlich gesagt hat, aus reinen Haßmotiven. Er will sich an den Deutschen rächen und vergißt dabei, daß er damit unzählige Èechen und Slovaken und das ganze Staatswesen in Grund und Boden herunterbringt. Denn, glaubeu Sie mir, das allerwichtigste für den Aufbau eines Staates - und das können Sie uns Deutschen vor allem glauben - ist das Vertrauen zu diesem Staat und ich möchte so weit gehen, daß ich diejenigen, welche ein solches Vorgehen vertreten, des Hochverrates bezichtige, daß ich sage, daß diejenigen, welche eine solche Vorlage auf den Tisch des Hauses legen, an diesem Staat hochverräterisch handeln, nicht aber diejenigen, welche in Zukunft kein Vertrauen mehr haben werden und ihr ganzes Verhalten dem Staate gegenüber darnach einrichten werden.

Es ist aber eine finanzielle Angelegenheit, und ich möchte noch ein Weilchen von den sogenannten begünstigten Instituten sprechen, welche ja auch in der Vorlage genannt sind. Ich möchte bei dieser Stelle das hochverehrte Präsidium des Hauses darauf aufmerksam machen, daß es zweckmäßig wäre, die Öffentlichkeit der Versammlung auszuschließen, denn ich fürchte, wenn man die Wahrheit hier spricht, und die Ziffern bekanntgibt, daß dies sehr gefährlich ist für die ganze Volkswirtschaft des Staates, daß das Vertrauen zu sehr vielen Anstalten derart und solcher Weise erschüttert werden kann, daß man eigentlich in einer öffentlichen Versammlung über eine derartige Regierungsvorlage nicht gut sprechen kann. Es bleibt uns aber nichts anderes übrig, wir müssen, soweit es geht, das hier vorbringen. Ich möchte die Begünstigung dieser Institute nur durch einige nackte ziffernmäßige Tatsachen darstellen: Ich habe mir von drei Kassen eine Aufstellung geben lassen, welche einen Einlagestand von rund 212 Millionen haben. Der eigene Besitz an Kriegsanleihe ist 80 Millionen, belehnt und in Lombard genommen sind 99 Millionen. Es ergibt sich bei einer Einlösung von 75% hier schon ein Verlust von 13,250.000 K. Dann kommen noch die rückständigen Zinsen, die machen auch 6 Mill. aus, es ergibt sich also ein Verlust von rund 19 Mill. Nun kommt noch die belehnte Kriegsanleihe dazu, da haben Sie ungefähr einen Verlust, der vielleicht, gering gerechnet mit 20%, 20 Millionen beträgt. Auch hier kommen hinzu die bisher noch offenen, aber bereits als rückständig gebuchten, nicht zur Einlösung gelangten Kupons von ungefähr 5,600.000 K, was einen Gesamtverlust von 44.6 Millionen ergibt. Nun stellen Sie sich ein Institut vor, welches in Zukunft mit einem derartigen Verlust rechnen soll. Es ist auch von dem geehrten Herrn Vorredner erwähnt worden:

"Ja, die Prager Eisenindustrie hat das schon längst abgeschrieben." Und wenn Sie noch irgend eine große Gesellschaft hernehmen, hat sie es gewiß auch abgeschrieben bis zum heutigen Zeitpunkt und es wird sehr viele Unternehmungen geben, welche industriell arbeiten können, und sich vielleicht schon einigermaßen saniert haben, aber es zeugt von finanziellem Unverständnis, wenn man die Sparkassen mit diesen Instituten in eine Linie stellt. Das sind reine Renteninstitute und Sparkassen und können deshalb nicht einmal den Banken gleichgestellt werden. Denn auch die Banken können ganz anders arbeiten als die Sparkassen, und unsere verdienten Sparkassen, welche gerade das Kreditinstitut des kleinen Mannes waren, welche in Zukunft, wenn wir überhaupt aus den Erdlöchern wieder herauswollen und in Wohnungen hineinwollen, den Hypothekenmarkt halten müssen, daß er nicht zusammenbricht, und ihn neu unterstützen müssen, diese Sparkassen will man durch diese Vorlage einfach ruinieren, blutlos machen und zur Untätigkeit für 50 bis 60 Jahre verurteilen.

Nun wird man sagen, es ist hier vielleicht ein Unterschied zu machen. Gewiß ist ein Unterschied zu machen. Ich meine, man sollte in diesem Augenblick mit voller Gewissenhaftigkeit daran gehen und die Vorlage nochmals überprüfen, man sollte hier das Allermöglichste schaffen, damit man auf eine gesunde Grundlage komme, und sollte deshalb Vorschlag und Gegenvorschlag neuerlich und neuerlich erwägen, sich nicht in 24 Stunden überstürzen und man sollte deshalb - und dieser Schluß ist das Wichtigste - die Staatsanleihe nicht verbinden mit dieser Pressionsanleihe. Denn darin liegt ja gerade der Fehler der Vorlage und sie gereicht geradezu zum Schaden, zum Niedergang des Staates, wenn wir sie in dieser Art und Weise durchführen.

Nun hat man von Seite der Vertreter dieser Vorlage, von èechischer Seite, darauf hingewiesen, daß der èechische Staat nach dem Friedensvertrag, insbesondere nach dem Paragraph 205 des Friedensvertrages nicht verpflichtet sei, die Kriegsanleihe einzulösen. Ich weiß nicht, ob die betreffenden Herren, welche so etwas öffentlich vertreten, tatsächlich den Friedensvertrag gelesen haben. Denn im Friedensvertrag steht absolut, und insbesondere in dem zitierten, Paragraphen nicht darin, daß der eigene Staat die Leistungen seiner eigenen Staatsbürger in dieser Art und Weise verkürzen darf. Es steht nur darin, daß er nicht verpflichtet ist, ohne Weiteres die Schulden des alten Österreich zu bezahlen. Nun, eine Schuld des alten Österreich sind doch zweifellos diese Kriegsanleihen nicht. Denn Sie haben ja - und das wurde wiederholt betont - auch die Aktiven hier übernommen, welche aus der Kriegsanleihe geschaffen worden sind. Oder sind vielleicht diese Monturdepots, die Maschinengewehre, diese verschiedenen Automobile, die hier herumfahren, sind die aus etwas Anderem geschaffen worden, als aus der Kriegsanleihe und sind sie durch etwas Anderes bezahlt als durch die Kriegsanleihe? Als Aktiva sind sie übernommen, als Passiva will man den Betreffenden, die dafür Geld und Arbeit geleistet haben - ich bezeichne es immer als geleistete Arbeit vom Lohne der Arbeit etwas abziehen. Nun, wie das zu begründen ist, verstehe ich nicht, und es steht zweifellos auch nicht im Friedensvertrag; sonst hätten sich Polen, Jugoslavien, hätte sich insbesondere die arme Republik Österreich nicht entschlossen, hier anders vorzugehen. Es kommt mir so vor, als ob wir hier wirklich nach ganz anderen Grundsätzen die Staatsmoral aufbauen wollten, und da ist es allerdings ein sehr hartes Urteil, das man abgeben muß. Denn, verzeihen Sie das harte Wort, aber es kommt nicht einmal unter den wilden Völkern Ostafrikas vor, daß sie sich untereinander auffressen. Und hier geschieht es in der Art und Weise, daß man die Bürger des eigenen Staates zur Schlachtbank führen will. Es wurde weiter gesagt, der Staat könne es nicht leisten. Es ist mir ein großes Vergnügen feststellen zu können, daß der geehrte Herr Vorredner bereits darauf geantwortet hat. Dr. Rašín hat erklärt, daß man zuerst Ordnung im Staate schaffen müsse und daß es sehr notwendig wäre, die Heeresbestände einigermaßen zu dezimieren und zu produktiver Arbeit nach Hause zu schicken. Rechnen Sie sich einmal von den 8 Milliarden Kriegsanleihe die Zinsen, die Lombardzinsen und Steuern, welche geleistet werden, aus, und Sie kommen zu einer Leistung im Jahre von - wenn es hoch geht - 100 bis 150 Millionen, wenn Sie aber ein Drittel der Heeresbestände nach Hause schicken, haben Sie diesen Betrag vollkommen in der Hand und brauchen nicht mehr zur Pressionsanleihe zu schreiten, sondern können wirklich als geordnete - im Sinne des Dr. Rašín geordnete - Staatsverwaltung auch ihre Verpflichtungen gegen die eigenen Staatsbürger erfüllen. Also, das wäre sehr wohl zu überlegen. Nun möchte ich einige Worte des Dr. Rašín hier nochmals wiederholen. Er sagte, die Deutschen könnten sehr froh sein, daß sie mit 5 Milliarden aus dieser Versammlung nach Hause gehen können. Darum handelt es sich im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Wir sagen ja, es sei der gegenwärtige Zeitpunkt überhaupt nicht dazu geeignet, daß der Staat über die Kriegsanleihe ein endgültiges Urteil spricht, denn er befindet sich in einer Notlage. Aber der Staat will ja im Gegenteil heute Geld haben und er greift also zu diesem Mittel, um das Geld aus der Bevölkerung herauszulocken, und kommt hier unglücklicherweise auf den ärmsten Teufel. Und gerade dieser ärmste Teufel, der sein Bargeld nicht hat, soll durch die §§ 9 und 12 der Vorlage entrechtet werden. Es ist nicht richtig, daß man hier unbedingt die Kriegsanleihefrage heute lösen müsse. Man soll die Staatskreditsfrage in vernünftiger Weise lösen und es wird entschieden besser gehen. Es hat auch der geehrte Herr Vorredner ein Wort des Präsidenten dieser Republik erzählt. Ich bin auch in der Lage, ein derartiges Wort zu zitieren, und zwar hat der Präsident dieser Republik einmal in einer deutschen Zeitschrift im Jahre 1900 deutsch geschrieben, daß es sehr gut wäre, wenn man die nationalen Fragen im alten Österreich nach dem Prinzip der Autonomie behandeln würde. Er sagte, es müsse sich die Regierung unbedingt sehr genau vorhalten, ob denn alle Teile dieses Staates, alle Bürger noch ein Interesse am Bestande dieses Staates haben. Vernichten Sie den Staatskredit, vernichten Sie das innere Vertrauen der Mitbürger, vernichten Sie den inneren Kredit, bringen Sie ihr Steuerwesen, die Vermögensabgabe, durch die Vorlage vollständig in Unordnung, und Sie können versichert sein, daß kein Mann, auch Ihre slovakischen Mitbürger nicht, und die Deutschen am allerwenigsten, ein Interesse an einem solchen Staatswesen haben können. In diesem Sinne möchte ich Sie bitten, diese Worte Ihres verehrten Herrn Präsidenten noch einmal zu lesen und insbesondere auch den geehrten Herrn Vorredner bitte ich, sich diese Worte nochmals in Erinnerung zu bringen: Also erstens: der Zusammenhang mit der Staatsanleihe und der Kriegsanleihe wird von unserer Partei in dieser Form abgelehnt; und zweitens ist es unsere Forderung, daß man unbedingt einen Weg findet, welcher die ungekürzte Einlösung der Kriegsanleihe den Staatsbürgern zuführt. Denn hier handelt es sich um geleistete Arbeit, also das Beste, was der Bürger dem Staat gegeben hat. (Souhlas na levici.)

2. Øeè posl. Böhra (viz str. 483. protokolu.):

Hohes Haus! Die Angelegenheiten, die uns gegenwärtig beschäftigten, sind die Kriegsanleihe an sich und die gegenwärtige Vorlage. Ich will nicht abschweifen, sondern mich nur mit dem Gegenstande beschäftigen. Meine Verehrten! Ich befinde mich da in einer Rolle, die ich eigentlich zu vertauschen hätte mit jemandem, der in der enragiertesten Weise einzutreten hätte für alle Interessen der èechoslovakischen Republik. Ich befinde mich in einer Rolle, die eigentlich alle jene zu betätigen hätten, die mit dem größten Enthusiasmus den Namen eines èechischen Patrioten für sich in Anspruch nehmen. Denn die Einlösung der Kriegsanleihe ist eine eminente Angelegenheit des Ansehens, der Gerechtigkeit und der Würde des èechoslovakischen Staates und seines gesamten Ansehens nach Innen und nach Außen. Es kommt für die Kriegsanleihe vor allem der Rechtsstandpunkt in Betracht. Der èechoslovakische Staat als Sukzessionsstaat (Nachfolgestaat) des alten Österreich hat rechtsverbindlich alle Pflichten und Rechte aus dem alten Österreich-Ungarn übernommen. Er übernahm auch alle Rechte in geldlicher und in steuerpolitischer Hinsicht, er hat sich ganz und gar identifiziert mit allen Forderungen des früheren Staates. Er hat sich zu allen Steuerrückständen bekannt, hat sie eingehoben; er hat sich sogar bekannt zu den noch im Keime gelegenen, noch nicht durchgeführten Steuergesetzen des alten Osterreich, und hat auch diese ausgeführt z. B. in Bezug auf die Kriegsgewinnsteuer und alle jene Veranlagungen, die damals im alten Osterreich noch nicht durchgeführt waren.


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