Pátek 18. èervna 1920

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 9. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 18. èervna 1920.

1. Øeè posl. Kreibicha (viz str. 398. protokolu):

"Hohes Haus! Ich hätte Sie mit dieser persönlichen Angelegenheit nicht belästigt, wenn es sich um eine gewöhnliche Ehrenbeleidigung oder Beschimpfung handeln würde. Aber es handelt sich hier um den Vorwurf einer unehrenhaften Handlung. Der Abgeordnete Windirsch hat mich einen "Roten Soldatenschinder" geheißen. Als anständiger Mensch, insbesondere aber als Sozialdemokrat, ist in meinen Augen die Soldatenschinderei eine unehrenhafte Handlung. Da ich als Unteroffizier und als Offizier in der alten österreichischen Armee gedient habe, könnte nach außen hin der Eindruck erweckt werden, als hätte der Herr Abg. Windirsch Ursache gehabt, mir einen solchen Vorwurf zu machen. Er kann aber keine solche Ursache gehabt haben. Im Gegenteil, ich habe mich beim Militär als Vorgesetzter stets so benommen, wie es sich als Mensch und Sozialdemokrat gebührte. Ich könnte einerseits darauf verweisen, daß Soldaten, lange nachdem sie von mir weggegangen waren, mir Briefe geschickt haben, in denen sie sich bei mir bedankten, und andererseits darauf, daß unter meinem Kommando èechisch Soldaten des verfolgten 36. Infanterie regiments standen, die, als sie von mir wegkamen, mir in einer Deputation den besonderen Dank abstatteten, weil ich mich ihrer im Widerspruch zu meinen Vor gesetzten und Kameraden ganz besonders angenommen hatte. Es besteht daher kein Grund, mir hier einen solchen Vorwurf zu machen. Auf der anderen Seite stehe ich hier auch als Angeklagter. Ich habe nämlich behauptet, der Herr Abg. Windirsch komme direkt von Wuchergericht hierher. Ich stelle fest, daß es sich nur um die Feststellung einer Tatsache handelte. Der Herr Abg. Windirsch ist vom Wuchergericht in Kratzau wegen Aufforderung zur Preistreiberei verurteilt worden. Gegen dieses Urteil ist von Seiten des Staatsanwaltes Berufung an die zweite Instanz ergriffen worden u. zw. wegen zu geringen Strafausmaßes. Die Sache beschäftigt nun die zweite Iustanz. Es liegt auch bereits das Auslieferungsbegehren gegen den Herrn Abg. Windirsch vor. (Souhlas u soc. demokratù.)

2. Øeè posl. Windirsche (viz str. 398. protokolu):

Hohes Haus! Es ist sehr bedauerlich, daß einer persönlichen Angelegenheit wegen ihre Geduld überhaupt in Anspruch genommen wird. Daß ich gegen den Herrn Abg. Kreibich den Vorwurf der Soldatenschinderei erhoben habe, beruht auf Informationen, die mir von Leuten zukamen, die mit dem Abg. Kreibich beisammen gewesen sind als er seinerzeit Soldat an der italienischen Front war. Andererseits muß ich mich dagegenwehren, daß man mir den Vorwurf einer unehrenhaften Handlung gemacht hat. Herr Abg. Kreibich rief mir zu: "Der Abg. Windirsch kommt direkt vom Wuchergericht in das Abgeordnetenhaus". Wenn tatsächlich ein Gericht Gelegenheit hatte, sich mit einer derartigen mich betreffenden Sache zu befassen, so verweise ich nur darauf, daß die Angelegenheit mich nicht berührt, nicht berühren kann u. zw. deshalb, weil meine Bekanntschaft mit dem Wuchergericht zurückzuführen ist auf meine standhafte Vertretunglandwirtschaftlicher Interessen. (Smích u nìm. soc. demokratù.)

Im Übrigen wird das hohe Haus selbst noch einmal Gelegenheit haben, zu dieser Sache Stellung zu nehmen, nachdem, wie Sie bereits gehört haben, von der zweiten Instanz die Angelegenheit dem Immunitätsausschuß übergeben worden ist. Wenn mir der Vorwurf gemacht wird, daß ich zur Preistreiberei verleitet habe und wenn ich deswegen auf die Anklagebank kam (Posl. Kreibich: Und verurteilt wurde!), so hätte gleich zeitig mit mir auf die Anklagebank auch derjenige gehört, der auf amtlichem Boden als Beamter der èechoslovakischen Republik uns irrige Mitteilungen gemacht hat, so daß wir als berufene Vertreter der Landwirtschaft des Reichenberger Bezirkes von Seite eines Beamten der politischen Bezirksverwaltung falsche Informationen erhielten. (Posl. dr. Hahn: Namen nennen!) Die werden Sie erfahren, geehrter Herr, Sie brauchen mich deshalb nicht zu unterbrechen und sie brauchen deshalb nicht zu krähen, geehrter Herr Hahn. Es wird das Haus noch einmal Veranlassung haben, sich mit dieser Sache zu befassen. Bis dahin bitte ich, alles das, was heute vorgebracht wurde, einfach zur Kenntnis zu nehmen.

3. Øeè posl. dra Lelleye (viz str. 404. protokolu):

Urak és hölgyek! Amidön ebben a teremben az elsö magyar szó elhangzott, az a tiltakozás szava volt. A tiltakozás szava, a velünk szemben elkövetett alkotmányjogi és egyéb igazságtalanságokkal szemben. Követelése annak, ami bennünket jog szerint megillet. Ma is csak ezt akarom tenni. Ittlétünk, minden szavunk, hallgatag és élõ tiltakozás, követelése annak, ami bennünket megillet. És hogy ma - a szakkérdéshez szólva - szavamat megértsék, beszédemet szlovák nyelven óhajtom folytatni.

4. Øeè posl. Junga (viz str. 411. protokolu):

Geehrte Frauen und Herren: Die Frage der einlösung der Kriegsanleihe wirft ein grelles Streiflicht auf die Verhältnisse in diesem merkwürdigsten Freistaate der Welt und auf die merkwürdige Abart von Parlamentarismus, unter der wir leben. Es war im Jahre 1916, als man noch in den èechischen Blättern, vor allen in den "Národní Listy", Aufsätze lesen konnte, die für die Zeichnung der Kriegsanleihe Stimmung machten. Und es war in derselben Zeit, da èechische Banken, allen voran die Zivnostenská Banka Aufrufe hinausschickten in alle Gegenden, welche die Vorteile der Kriegsanleihe anpriesen. Ich selbst gehörte zu den Glücklichen, denen Woche für Woche derartige Prospekte ins Haus schneiten, die in den grellsten Farben für die Kriegsanleihe Stimmung machten. (Hlas: Da haben sie gut deutsch verstanden!) Ja, sogar sehr gut! Damals war eben Herr dr. Kramáø noch nicht ganz sicher, auf welche Seite sich im großen Kriege das Zünglein an der Wage neigen werde, damals waren die Herren um dr. Kramáø sich noch nicht ganz klar, auf welche Seite sie sich stellen sollten, damals wußten sie noch nicht genau, ob die Mittelmächte nicht doch Sieger würden, und damals standen auch die Franz-Josefs- und Kronenorden auf dieser Seite des Hauses noch in hohem Kurse. Als dann der Umschlag kam und der Umsturz, nach dem die èechischen Banken ihren Besitz an Kriegsanleihe abstießen, da wurde auf einmal erklärt, der èechische Staat sei zur Einlösung der Kriegsanleihe nicht verpflichtet.

Aus dieser Stimmung heraus ist die erste Regierungsvorlage über die Staatsanleihe in Verbindung mit der Einlösung der Kriegsanleihe entstanden. Schon ihr Titel ist ein blutiger Hohn gegenüber dem Inhalt. Sie hieß: "Gesetz über die Entschädigung der Besitzer österreichischer und ungarischer Kriegsanleihen und über die vierte Staatsanleihe der èechoslovakischen Republik". Das stand ernstlich als Titel auf einer Gesetzesvorlage, deren wesentlicher Inhalt darin bestand, die Besitzer von Kriegsanleihen enteignen zu wollen. Unterzeichnet war dieser Gesetzentwurf mit dem Namen des Herrn Ministers Dr. Engliš. Der erste Teil des Titels erinnerte mich unwillkürlich an die Worte aus "Faust": "Sie lispeln englisch, wenn sie lügen." (Veselost.) Denn der Inhalt bedeutete alles andere denn eine Entschädigung der Kriegsanleihebesitzer. Freilich, ich persönlich und auch noch andere Kollegen hatten anfänglich das Gefühl, daß hier Herr Dr. Engliš nicht sein eigenes geistiges Kind, sondern ein Findelkind betreute, dessen Vaterschaft nicht recht festzustellen war. Und weil nun einmal in diesem Staate der Deutsche den Prügelknaben abzugeben hat, hat man ihn zur Rolle dessen verurteilt, der in diesem strittigen Falle die Alimente zu bezahlen hat.

Es wurde eine rein wirtschaftliche Frage, die nicht nur die Deutschen allein sondern in demselben Maße zumindest auch die Slovaken betrifft und wohl auch nicht so ganz bedeutungslos für die Èechen ist, zu einer ausgesprochenen Angelegenheit der Deutschen gestempelt. Es erinnert mich das an die Verhandlungen, die seinerzeit im Jahre 1914 im mährischen Landtag geführt wurden, als die Frage der Sanierung der Landesfinanzen und den Regelung der Lehrergehalte auf der Tagesordnung stand.

Damals hat der Statthalter Freiherr von Bleyleben uns Abgeordnete zu sich kommen lassen, und hat uns ungefähr Folgendes erklärt: "Die Sanierung der Landesfinanzen ist eine Angelegenheit der Èechen, die Regelung der Lehrergehalte eine solche der Deutschen. Infolgedessen gleicht sich das aus und beide Parteien werden wohl für den ruhigen Verlauf der Tagung Sorge tragen". Dabei gab es im Lande Mähren mindestens doppelt soviel èechische als deutsche Lehrer. Und dieses neckische Spiel, rein wirtschaftliche Fragen, die nicht bloß ein einziges Volk, sondern alle Völker betreffen, zur ausgesprochenen Angelegenheit eines einzigen zu stempeln, wiederholt sich nun in dieseni Staate. Es ist wirklich schon Alles dagewesen. Die Art und Weise der Gesetzesmacherei, wie sie hier erfolgt, ist unübertroffen und typisch für die Verhältnisse in diesem Staate und auch in diesem Hause. (Posl. dr. Baeran: Vielleicht auch diebisch!) Der Zwischenruf ist nicht schlecht, ich brauche ihn wohl nicht zu wiederholen.

Der Zweck aller dieser Gesetze ist ein doppelter: Es müssen immer erstens nach Ansicht der Herren Èechen die bösen Deutschen gestraft werden für irgend etwas, man weiß zwar nicht recht wofür, aber sie müssen eben gestraft werden. Das steht einmal fest und ist eine unverrückbare Tatsache. Dann aber verfolgt man den zweiten Zweck, aus ihnen nebenbei so viel als nur irgendmöglich herauszuziehen. Also unser Los soll folgendes sein: Prügelknabe auf der einen Seite, Melkkuh auf der zweiten und in diesen ewigen Herumpendeln zwischen Prügelknabe und Melkkuh bewegen sich so ganz allgemein überhaupt alle Dinge. Die Herren Èechen sollten allerdings bedenken, daß derjenige, der zwei Fliegen auf einen Schlag treffen will, sehr leicht daneben schlägt und daß derjenige, der auf zwei Stühlen sitzen will, sich sehr leicht zwischen beide setzen kann. Das gilt nicht nur von diesem Falle, das gilt auch von verschiedenen anderen. (Místopøedseda Buøíval pøevzal pøedsednictví.)

Aber nun, wie kam es mit dieser ganzer Regierungsvorlage? Der erste Gesetzentwurf verschwand auf einmal so rasch, wie die berühmten 14 Punkte Wilsons. Während noch am vergangenen Freitag der Finanzausschuß einen Unterausschuß einsetzte zur Behandlung dieser Frage und während der Unterausschuß noch am selben Tage zusammentrat, ohne irgendeine wesentliche Änderung beschlossen zu haben, lag dem Unterausschuß am Montag bereits eine ganz neue Vorlage vor, die sich abermals im Titel als Regierungsvorlage bezeichnete, im Ausschuß aber als Antrag des Berichterstatters ausgegeben wurde. Am Dienstag zeigte, ohne daß der Ausschuß irgendeine Änderung beschlossen hätte, die Vorlage schon nicht unwesentliche Anderungen. Da haben über Nacht eben die Heinzelmännchen gearbeitet! Die Änderungen waren vorzufinden in den §§ 3 und 4. Im § 4 war plötzlich ein Zusatz hinzugekommen, in dem festgestellt wurde, daß die Verzinsung aller jener Papiere, die unter die Gruppe B fallen, nach einem Zeitraum von 15 Jahren von 5 1/2 auf 5 Prozent herabgesetzt wird. Das ist eine durchaus nicht unwesentliche Änderung, die unserer Meinung nach denn doch nicht ohne Beschluß des Ausschusses in eine Vorlage hineinkommen sollte. Und außerdem wurden in den §§ 3 und 4 die Jahreszahlen verändert. Der Herr Berichterstatter hat die voraussichtliche Lebensdauer des èechoslovakischen Staates um 4 Jahre verlängert; von 1926 bis 1970 hieß es zuerst und nun wurde die Verlosungs- und Einlösungsdauer von 1930 auf -1974 verändert. Der Berichterstatter scheint allerdings anderer Ansicht zu sein.

Diese zweite Vorlage war ja wohl dem Scheine nach besser als die erste, aber nur dem Scheine nach, nicht in Wirklichkeit, denn in Wirklichkeit stellt sie sich als ein viel ärgerer Anschlag dar, als die erste. Der § 13 der ersten Vorlage, der da lautete: "Falls zu einer späteren Zeit ein Gesetz erlassen wird, durch das die èechoslovakische Republik den Eigentümern österreichischer oder ungarischer Kriegsanleihen eine Entschädigung gewähren würde, dürfen in diesem späteren Gesetz nicht so günstige Bedingungen wie in diesem Gesetze festgesetzt werden" der war schließlich ein ausgesprochener Unsinn. Sein Inhalt bedeutete gar nichts anderes, als daß man diesem Hause eine freiwillige Kastrierung zumutete, und die, glaube ich, kann man selbst von diesem Hause nicht verlangen. Der § 12 der neuen Vorlage aber stellt sich als eine wesentliche Verschlechterung dar. Denn er lautet nun, daß alle jene physischen und juristischen Personen, welche der Vermögensabgabe unterliegen und die sogenannten Vorteile dieses Gesetzes nicht in Anspruch nehmen, keine andere Entschädigung für die Kriegsanleihe mehr bekommen. Also circulus bohemicus!

Nun wurde allerdings die Vermögensgrenze von 10.000 K auf 25.000 K hinaufgesetzt. Das war aber auch die einzige Verbesserung, die zu erzielen war. 25.000 K sind nach der Ansicht der Mehrheit dieses Hauses bereits ein Vermögen, das ein Kapitalist besitzt, 25.000 K, die in ihrem wirklichen Wert, an der Vorkriegszeit gemessen, kaum 2 1/2 Tausend Kronen ausmachen! (Hlasy u Nìmcù: Aber èsl. Währung, die gilt ja mehr!) Die èsl. reichischen Währung. Dieser § 12 stempelt die Regierungsvorlage, den Inhalt dieses Gesetzes zu einer ausgesprochenen Zwangsanleihe für die Besitzer von Kriegs anleihe, insofern sie über 25.000 K Vermögen haben.

Stellt er also schon deshalb eine Ungeheuerlichkeit dar, so ist eine noch größere enthalten im § 9 des Gesetzes, besonders in seinem zweiten Teil, der da lautet: " Geldinstitute, welche Schuldverschreibungen der österreichischen oder ungarischen Kriegsanleihen entsprechend den Bestimmungen der Paragraphen 6 und 7 zur Belehnung übernommen haben, sind berechtigt, falls der Schuldner sein Zeichnungsrecht in der durch Verordnung zu bestimmenden Frist nicht ausnützt, die Lombardschuld sofort für fällig zu erklären, die belehnten Kriegsanleihen im Belehnungswerte zu übernehmen, mindestens aber zum Kurse von 50 und höchstens zum Kurse von 75% tel quel, bei Zeichnungen von Kriegsanleihen, die von den im Paragraph 3 angeführten Rechtssubjekten verpfändet wurden, immer zum Kurse von 75% tel quel ins Eigentum zu übernehmen und auf eigene Rechnung das Zeichnungsrecht nach § 4 auszuüben." Nun sollen allerdings die Worte tel quel aus dem Entwurfe verschwunden sein. Wenn ich das nicht sicher behaupten kann, so ist das darauf zurückzuführen, daß man uns in den Ausschüssen trotz unseres Ersuchens nicht einmal das Notwendigste in der Sprache, die wir verstehen, zur Kenntnis bringt, daß wir in vollständigster Unkenntnis bleiben und dort förmlich als das fünfte Rad am Wagen sitzen! Alle Arbeiten im Ausschusse waren vergebliche Liebesmühe; man bemühte sich von verschiedenen Seiten, von Seite aller deutschen Parteien, den Herren von der èechischen Seite nachzuweisen und nahezulegen, daß es sich hier keineswegs um eine Angelegenheit des deutschen Volkes allein handle, sondern daß es sich hier um eine Sache dreht, die geeignet ist, tief in die volkswirtschaftlichen Verhältnisse aller Völker dieses Staates einzugreifen, um eine Sache, die geradezu den Zusammenbruch der Volkswirtschaft herbeiführen wird. Alle diese Dinge blieben einfach umsonst, kein Hinweis verfing, jeder Antrag wurde einfach niedergestimmt. Es haben neben mir auch andere Herren Kollegen verschiedene Abänderungsanträge gestellt.

Es wurde von allen Seiten darauf hingewiesen, daß es notwendig sei, die Kriegsanleihe voll anzuerkennen und den notwendigen Einlösungswert durch die Vermögensabgabe hereinzubringen. Eine dahingehende Anregung wurde z. B. seitens der deutschen Sozialdemokraten gegeben und wir stimmten ihr von vorneherein zu. Ich selbst stellte beispielsweise den Antrag, die Kriegsanleihe von der Staatsanleihe loszulösen, den Finanzminister zu ermächtigen eine kurzfristige Schatzscheinanleihe zu begeben und die Einlösung der Kriegsanleihe zum vollen Nennwert in der Herbsttagung gesetzlich zu regeln. Es war alles umsonst, auch sämtliche Abänderungsanträge zu einzelnen Paragraphen, - gestern bemühte man sich ja bis 10 Uhr abends - blieben vergeblich, ob sie zu diesem, ob zu jenem Paragraphen gestellt wurden. Ich selbst habe zu § 7, ferner zu den §§ 9 und 12 Abänderungsanträge gestellt, dahingehend, daß insbesondere der § 12 - das wurde auch von anderen Seiten beantragt - der die Anleihe zu einer Zwanganleihe stempelt, aus diesem Gesetz verschwinden soll, ferner daß der § 9, der ebenfalls als eine ausgesprochene Ungeheuerlichkeit angesprochen werden muß, entweder ganz oder teilweise verschwinde. Von einigen Seiten wurde beantragt, daß er ganz zu streichen wäre, von anderer Seite, auch von mir, wurde beantragt, daß der zweite Teil, den ich hier verlas, zu verschwinden habe, weil er diejenigen, die Kriegsanleihe im Belehnungswege gezeichnet haben, einfach den Banken ans Messer liefert. Das und nichts anderes wird die Folge sein. (Hlasy: Sozialismus! Demokratie!) Das ist allerdings jene merkwürdige Abart von Sozialismus, die hier vertreten wird. Im Ausschuß waren von vornherein die Böcke von den Schafen gesondert. Das neckische Spiel, "to jest vìtšina, to jest menšina," begann wie beim Gottschee-er gings zu und von vornherein war es schon klar, daß jeder Antrag, der von deutscher Seite gestellt würde, auch glatt abgelehnt würde. (Hlasy: Vielleicht war er nicht genug begründet?) Das wohl nicht. Vielleicht hat aber das eine dazugeführt, daß Herr Dr. Rašín sich ausnahmsweise in eben, - und das war der große Fehler, der von Anfang an hier von èechischer Seite geschah, - diese ganze Frage zu einer politischen gestempelt, so ungefähr nach dem Leitwort: "Der echte Èeche kann zwar keinen Deutschen leiden, doch seine Gelder nimmt er gern." Und dieses Leitwort hat verfangen. (Posl. Mlèoch: Døíve to bylo obrácenì!) Herr Kollege Mlèoch, ich glaube, Ihr Name ist etwas zu lang, Sie sollten ihn auf die ersten drei Buchstaben kürzen! (Smích. - Posl. Mlèoch: Dìkuji!) Prosím.

Mit einer Leichtfertigkeit sondergleichen wurde dieses Gesetz behandelt, während man doch in der jetzigen Zeit zumindest verlangen kann, daß Organisationen beigezogen werden zur Beratung eines derart schwerwiegenden Gesetzentwurfes - und es gibt ja verschiedenen Organisationen, nicht allein die Kriegsanleiheschutzverbände, sondern auch andere Anstalten und Vereine, die von den Wohltaten dieses Gesetzes betroffen werden. Es ist das eine ganz sonderbare Wohltat allerdings. Nicht nur das ist nicht geschehen, ja nicht einmal eine einzige zahlenmäßige Unterlage ist dem Ausschusse vorgelegen, um die Wirkungen dieses Entwurfes auf die Volkswirtschaft auch nur einigermaßen zu ermessen. Ich und auch die übrigen Mitglieder des Ausschusses fragten sich vergebens, weshalb eigentlich im Vorjahre aller Besitz an Kriegsanleihepapieren angemeldet werden mußte, wenn man heute nicht einmal in der Lage ist, uns eine Statistik vorzulegen, die uns in die Lage versetzt hätte, auch abzuschätzen, welche Wirkungen der Gesetzentwurf nach seiner Durchführung haben kann. Man sagt nun auf die Einwürfe, daß unter den Folgen dieses Gesetzes nicht nur Einzelpersonen in großen Mengen leiden werden, sondern daß darunter auch Geldinstitute, Sparkassen zusammenbrechen könnten, man würde sie schon zu schützen wissen. Ich frage nun, wie man sie schützen will. Sie werden nicht nur unmittelbar, sondern auch mittelbar getroffen werden.

Sie werden mittelbar dadurch betroffen werden, daß das Vertrauen in di ese Anstalten schwinden wird und daß die Einleger einen Ansturm auf sie unternehmen werden. (Hlas: Das will man ja! Das ist der Zweck der Übung!) Wenn man das will, dann allerdings ist der eingeschlagene Weg der kürzeste. Es hat einer der Väter dieses Staates, Herr Dr. Stránský, am 22. Juli 1918 im österreichischen Reichsrat Folgendes gesagt: "Wenn also nach dem Kriege der böhmische Staat errichtet werden wird, dann werden die deutschen Inwohner von Nordböhmen es lieber mit dem fruchtbaren böhmischen Hinterland halten, als sich an das boykottierte, von aller Welt verfolgte, in aller Welt verhaßte Deutschland halten." Er wollte damals jedenfalls sagen, in diesem glückseligen Staate werde es nie so etwas geben, wie eine Irredenta, in diesem glückseligen Staate werden alle zufrieden sein. (Posl. Dr. Baeran: Sechserlei Arten von Irredenta haben wir!) Damals waren 8 im alten Österreich, 2 sind schon eggefallen. Nun hat mein Parteigenosse Patzel in seiner Rede in der politischen Debatte von einer Irredenta des Hungers gesprochen, denn es befindet sich unverkennbar in diesem Staate ein Staat im Staate . . . (Posl. Dr. Baeran: Aber wír leben im Paradies! Wir haben genug, hat Johanis gesagt, der Täufer!)

Místopøedseda Buøíval (zvoní): Prosím, aby pan øeèník nebyl vyrušován!

Posl. inž. Jung (pokraèuje): . . . ein Staat im Staate, ein Staat der Knechte, ein Staat der Unterdrückten, ein Staat der Geknebelten, ein Staat der Hungernden, im Staate der Satten, im Staate der Herrschenden. (Posl. Patzel: Knödelnation hat der Udržal gesagt!) Das gilt leider nur für einen Teil, für die Nation, für das Staatsvolk, für die Nationalitäten gilt das nicht. Es haben nach dem Umsturze gewisse besitzende Kreise im deutschen Lager binnen 24 Stunden ihr èechisches Herz entdeckt gehabt, und es ist merkwürdig, daß es die Herrschenden in diesem Staate verstanden haben, selbst diese Kreise in verhältnismäßig kurzer Zeit abzustoßen. Unser Volk hätte nach der Behandlung, die man ihm angedeihen ließ, seitdem dieser Staat besteht, allen Anlaß zum Haß. Ich brauche hier nicht auf diese Dinge neuerlich hinzuweisen, die in der politischen Debatte ohnedies ausreichend erörtert wurden. Aber es ist nun einmal so, daß in unserer materialistischen Zeit seelische Demütigungen und Bedrückun gen nicht so verfangen und keinen so nachhaltigen Eindruck hinterlassen als Bedrückungen auf materieller Seite. Er stere sind rasch vergessen, aber der Schlag, der jetzt geführt wird auf wirtschaftlichem Gebiete, mit dem ausgesprochenen Ziele, die deutsche Volkswirtschaft zu treffen, obzwar er meiner Überzeugung auch ein Schlag gegen die Wirtschaft der anderen Völker dieses Staates sein wird, dieser Schlag wird nicht so rasch vergessen werden. Er trifft auch uns Deutsche nicht allein. Er trifft auch die Slovaken min destens genau so stark und trifft, freilich im verminderten Masse, aber immer noch reichlich genug, die Èechen.

Sie, meine Herren Èechen, nennen uns gewöhnlich sehr rasch Irredentisten, Sie aber sind es selbst, die gegen Ihren Staat arbeiten, Sie sind selbst diejenigen, die neuerlich erweisen wollen, was bedeutende Forscher behaupten und was sich durch zahlreiche Beispiele aus der Geschichte erhärten läßt, das die Slaven letzten Endes nicht staatenbildend sind, sondern das, was Sie selbst schaffen, auch wieder zerstören. Sie können uns knebeln, können versuchen, uns leiblich, geistig und wirtschaftlich zu erdrosseln, uns ist nicht bange, denn wir sind doch nur ein Teil eines 80 Millionen-Volkes, wir be finden uns in einer viel günstigeren Lage als Sie, ein Teil eines Volkes, das sich rascher erholen wird, als manche glauben. Beschließen Sie dieses Gesetz, machen Sie, was Sie wollen, untergraben Sie sich selbst Ihre Volkswirtschaft, Ihren Staat, wir können ruhig mit verschränkten Armen zusehen, denn für uns arbeitet die Zeit und für uns arbeitet auch das Staatsvolk in diesem Staate. (Souhlas a potlesk na levici.)

5. Øeè posl. Schuberta (viz str. 417. protokolu):

Hohes Haus! Nicht allein als Sprecher meiner politischen Partei, nein auch als Vertreter eines Gaues, der nach den statistischen Ausweisen mit Kriegsanleihepapieren stark gesättigt ist, fühle ich mich bewogen, zur Vorlage Stellung zu nehmen.

Die Rechtsgründe unserer Forderung auf volle Einlösung der Anleihe, auf deren nachträgliche völlige Zinsenvergütung, auf die Nichtverbindung der alten Anleihe mit der neuen liegen für uns klar. Es hieße nur bereits Gesagtes wiederholen. Aber auch das blanke Naturrecht, das Natur recht, das auch der schlichte einfache Mann versteht, spricht für die Anerken nung der Anleihe. Man schwärmt in der gegenwärtigen Zeit soviel von sozialer Gerechtigkeit, auch in diesem hohen Hause ist an schönen Worten kein Mangel, aber die Taten fehlen. Die Vorlage ist bis in die kleinsten Falten ihrer Bestimmungen ungerecht und daher ist sie im wahren Sinne des Wortes antisozial. Sie schafft nicht Werte, sie zerstört Werte. Sie drückt beispielsweise den Lombardschuldnern den Bettelstab in die Hand. So soll eine ge rechte Vorlage einer wahren Volksvertre tung nie und nimmer beschaffen sein. Bei der geehrten Gegenseite des Hauses ist die Sache ein Politikum, ein nacktes Politikum. Und daher ist bei dieser Vorlage das soziale Gewissen nicht Pate gestanden. Wir hofften anfänglich, daß sie ihre ur sprüngliche Anschauung revidieren würden. Schon das Schwanken in ihren Anschauungen, schon die zu Tage tretende Unentschlossenheit, die Ratlosigkeit, die Hast, mit welcher sie diese Vorlage in diesen zwei Tagen durchpeitschen wollen, verraten uns sichtbar und deutlich die Schwäche ihrer Position. Über die Schar jener, welche auf Hypotheken zeichneten, spricht dieses Gesetz überhaupt nicht. Dieses kaudinische Joch können wir Deutschen bei kühler und vorurteilsloser Erwägung nicht passieren. Eines fehlt noch: die Enteignung des Geldes ist fertig, es fehlt nur noch die Enteignung des Bodens, dann ist ihr Sieg komp ett. Die Behandlung dieser Vorlage hätte für uns den Prüfstein ihrer aufrichtigen Gesinnung abgegeben. Im Regierungsprogramm nimmt der Satz von der Erhöhung der Produktion mit Recht einen äußerst breiten Raum ein. Sie verleugnen ihr Regierungsprogramm, wenn sie durch diese Vorlage tausende von Existenzen mit einem Federstrich vernichten, denn ein großer Teil dessen, was der Mittelstand, ein großer Teil dessen, was das arme Volk aus idealen Motiven zeichnete, ist kein nacktes Ersparnis, sondern es ist zum größten Teil Betriebskapital, das durch ihre Vorlage nicht nur nicht frei wird (trotzdem dies wünschenswert wäre), sondern zum größten Teil weiter gebunden bleibt und auch direkt vernichtet wird. Nicht immer dachten sie so und einer der geschätzten Vorredner der Opposition hat diese Tat sache bereits auch erwähnt. Nicht immer dachten sie so, und es wäre vielleicht sehr verlockend, es wäre interessant für mich, Namen zu nennen. Aber, meine Herren, ich will den gesellschaftlichen Anstand wahren, ich will jene, die heute vielleicht auf den kurulischen Stühlen sitzen, nicht in Verlegenheit bringen, damit ihre eigene Volksfehme sie nicht verfolge.

Die Absicht, die Notenpresse zum Stillstand zu bringen, wird durch diese Vorlage nicht erreicht werden. Wo man die Löhne ins Ungemessene und Uferlose steigert, dort ist dies unmöglich; es ist dies dort unmöglich, wo man die Sünden des alten Österreich vervielfacht.

Ich spreche nicht nur - und das dürfte die geehrte Gegenseite am meisten interessieren - im Namen meiner deutschen Wähler und Parteigenossen, sondern auch - und ein Blatt der Gegenseite war es, welches diesen Umstand zuerst ans Tageslicht brachte - ich spreche auch für 42 Wähler èechischer Zunge, die unserer Haltung in der Kriegsanleihefrage wegen die Liste unserer Partei gewählt haben. (Hört! Hört!) Mit Neid wird man selbst nach Jugoslavien, nach einem sonst rückständigeren Staat blicken, wo sich eine liberalere Auffassung als hier durchgerungen hat. Und täglich mehren sich die Stimmen aus ihren Reihen, aber nicht nur die Stimmen aus der Mariengasse, auch die Stimmen aus anderen Reihen, welche der Volleinlösung das Wort reden, und nur ein einziger Umstand, die blasse Furcht, als Rakušak zu gelten und so bezeichnet zu werden, hält viele von ihnen davon ab, aufrichtig, frei und schlicht ihre Meinung zu sagen.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP