Úterý 8. èervna 1920

Pøedseda (zvoní): Prosím, aby pan øeèník nebyl pøerušován. Slovo má pan dr. Kafka.

Posl. dr. Kafka (pokraèuje): Als der Herr Ministerpräsident die Vorwürfe gegen die staatliche Administrative zu widerlegen versuchte, widmete er nur einem Spezialgebiete der staatlichen Verwaltung einige ausführliche Worte, und das war das Schulwesen. Man sollte daher meinen, daß die Regierung gerade auf diesem Gebiete ein ganz besonders reines Gewissen hat und haben kann. Leider aber - und ich sage dies "leider" ohne jede Ironie, denn ich bin wahrhaft weit davon entfernt, über diese endlosen Anklagen irgendwelche Befriedigung zu empfinden - leider ist dies nicht der Fall und man könnte vielleicht gerade das Schulwesen jenen Bereich der staatlichen Verwaltung nennen, wo am meisten gedrosselt und vergewaltigt wurde, schon deshalb, weil jede Entrechtung hier besonders hart und empfindlich empfunden wird. Die Regierungserklärung sucht unsere Aufmerksamkeit von den Sudetenländern abzulenken, durch einen Exkurs in die uns etwas ferne Slovakei. Es wird Gelegenheit genug sein, sich mit den Verhältnissen in der Slovakei zu befassen und wenn dort tatsächlich soviel im Interesse des deutschen Schulwesens geschehen sein sollte, wie der Herr Ministerpräsident behauptet, so wird das von unserer Seite ohne Vorbehalt und mit Dank anerkannt werden. Aber schon heute wollen wir sagen, daß selbst die blühendste Entwicklung des deutschen Schulwesens in der Slovakei - und einige Skepsis besitzen wir da immer noch uns nicht über die Verkümmerung der deutschen Schulen in dem größeren Teile der èechoslovakischen Republik, den die Sudetenländer darstellen, hinweghelfen kann. Und da, bei der Beurteilung der Verhältnisse der Sudetenländer müssen wir denn doch entschiedenst Verwahrung dagegen einlegen, daß der Herr Ministerpräsident die gesamte bisherige Schulpolitik mit dem harmlos klingenden Satz abtun zu können glaubt, daß einzelne Schulen aufgehoben wurden, die wir selbst nicht brauchen. Nein, meine Herren, es sind nicht bloß einzelne Schulen aufgehoben worden, sondern sowohl im Bereiche der Mittelschule, als im Bereiche der Volksschule unendlich viele. Es sind nicht nur Schulen aufgehoben worden, die wir nicht brauchen, sondern sehr zahlreiche, die für die Heranbildung unserer Jugend durchaus unentbehrlich sind und auf die wir überdies - was ja schließlich in einem Rechtsstaat auch noch eine Rolle spielen sollte - nach den Bestimmungen des Gesetzes einen unantastbaren und unanfechtbaren Anspruch besitzen. Es sind aber neben den zahllosen Auflösungen deutscher Schulen auch noch zahlreiche andere widerrechtliche Übergriffe und Vergewaltigungen des deutschen Schulwesens erfolgt, alle von der gleichen Tendenz der Unduldsamkeit und des Chauvinismus geleitet. Wie nennt der Herr Ministerpräsident die unaufhörliche Reduktion deutscher Schulen, die sich über jedes Gesetz, selbst über Ihr eigenes Schulgesetz vom April 1919 hinwegsetzt und die dazu führt, daß in manchen Klassen über 80 und über 90 deutsche Kinder sitzen, während ganze èechischen Schulen für im ganzen 8-20 èechische Schulki nder errichtet worden sind. (Výkøiky nìmeckých poslancù.)

Pøedseda (zvoní): Prosím, aby pan øeèník nebyl vyrušován.

Posl. dr. Kafka (pokraèuje): Wie, frage ich, verhält sich der Herr Ministerpräsident dazu, daß gegen diese Reduktionen und Ausnahmsverfügungen viele Monate hindurch überhaupt keine Beschwerde angenommen wurde und daß nunmehr, nachdem der oberste Verwaltungsgerichtshof diese unerhörte Praxis beseitigt hat, die den Rekursen der betroffenen Gemeinden und Anstalten zukommende aufschiebende Wirkung nicht respektiert wird. Fast alle diese Fälle sind sowohl dem Herrn Ministerpräsidenten als auch dem Herrn Unterrichtsminister im Wege direkter Proteste zur Kenntnis gebracht worden. Aber eine Abstellung der Mißstände ist ebensowenig erfolgt, wie wir trotz unserer Vorsprache bei den Ministern und trotz aller Zusagen irgendeine Erledigung unserer Aufsichtsbeschwerde betreffend das Verhalten des Prager Bürgermeisters als Vorsitzenden des deutschen Bezirksschulrates erhalten haben. Welchen Ausdruck betrachtet der Herr Ministerpräsident als angemessen zur Kennzeichnung der beliebten Methode des Herrn Vorsitzenden des böhmischen Landesschulrates, in gewissen Schulen einfach die deutsche Unterrichtssprache in die èechische umzuwandeln, ohne daß irgendwelche gesetzliche Voraussetzungen hiefür gegeben wären? Wie beurteilt es der Herr Ministerpräsident, daß deutsche Schulgebäude, sogar solche, die im privaten Eigentume stehen, oder einzelne Schulräume ihrem Zwecke entfremdet und entweder, wie beim Gymnasium in Pilsen, entgegen allen gesetzlichen Bestimmungen für Wohnzwecke, oder, wiederum entgegen allen gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere auch im Widerspruche mit dem § 7 des èechischen Schulgesetzes vom April 1919, für die Unterbringung neuerrichteter oder erwerterter èechischer Schulen in Anspruch genommen werden. Hiebei lenke ich die Aufmerksamkeit des Herrn Ministerpräsidenten und der Regierung überhaupt auch noch auf gewisse nicht belanglose Nebenumstände, nämlich darauf, daß diese widerrechtlichen Enteignungen und Zwangsmieten ohne jede vorherige Erhebung, ohne rechtzeitige Verständigung der betroffenen Gemeinden und Anstalten, hie und da sogar unter rechtswidriger Verwendung von Militär, fast ausnahmslos aber so geschehen, daß der deutsche Schulbetrieb entweder ganz behindert oder in unerträglicher Weise zeitlich eingeschränkt wird, und stets unter räumlichen Unzulänglichkeiten leiden muß, die nicht selten geradezu eine hygienische Gefahr bedeuten. Unter diesen Gesichtspunkten der räumlichen Behinderung des Unterrichtsbetriebes, der hygienischen Gefährdung, ja mitunter sogar der unmittelbaren Lebensgefahr für Schüler und Lehrer, ist auch die Art der Unterbringung sehr vieler in ungeeigneten Gebäuden zusammengepferchter deutscher Mittelschulen in Prag in Betracht zu ziehen. Und alle diese Bemängelungen, die ja nur eine Blütenlese darstellen, betreffen nicht etwa Einzelfälle, sondern es handelt sich um durchaus allgemeine Erscheinungen, die in hunderten von Fällen wiederkehren. Es ist in dieser Hinsicht vielleicht lehrreich, daß es in der ganzen, an Ortschaften sehr reichen Steckener Sprachinsel kaum einen ein zigen Ort gibt, in dem sich nicht zumindest einer jener Übergriffe ereignet hat, von denen hier die Rede war.

Bei der Berührung der Schulfragen hat der Herr Ministerpräsident auch auf die Spitze der Schulpyramide, auf die Hochschule, hingewiesen. Er hat freilich nur die Frage der Universität gestreift und diese Beschränkung war gewiß weise; da über andere Typen von Hochschulen, über die technischen Hochschulen, über die Handelshochschule und vor allem über die so plötzlich von Grund aus èechisierte montanistische Hochschule in Pøibram Manches und sehr entscheidendes gesagt werden müßte, was mit den Prinzipien der nationalen Gerechtigkeit schwerlich in Einklang zu bringen ist. Ich will nun, um nicht zu ausführlich zu werden, diese Beschränkung, die der Herr Ministerpräsident mehr gezwungen als freiwillig auf sich genommen hat, mir freiwillig auferlegen und nur von der Universität sprechen. Von den gesetzlichen Übergriffen in dieser Hinsicht ist bereits an anderer Stelle gehandelt worden. Aber ich muß hier ergänzend darauf hinweisen, daß auch in dieser Hinsicht die Administrative sich in nationaler Entschiedenheit, um keinen stärkeren Ausdruck zu gebrauchen, durch die Legislative nicht überbieten läßt. Es wird manchen Herren, die für Sprachenrecht und Sprachenunrecht nur dann Verständnis besitzen, wenn die eigene Sprache in Frage kommt, vielleicht als kleinlich erscheinen, wenn ich auf die leidigen Aufschriftaffairen in allen Kliniken und Instituten hinweise, die in Landesanstalten untergebracht sind. Ich kann mich in dieser Hinsicht auf die Auffassung des Unterrichtsministeriums selbst berufen, wenn ich nicht diese unsere Beschwerden als kleinlich bezeichne, sondern als kleinlich und im höchsten verbitternd die Haltung des Landesverwaltungsausschusses, die diese Beschwerden auslöst und die zu ändern trotz aller Zusagen die sonst so entschiedene und kräftige Zentralgewalt des Staates bisher Macht aufgebracht hat. Man ist übrigens bei sprachlichen Entrechtungen nicht stehen geblieben. Der Landesverwaltungsausschuß hat vielmehr seine tatsächliche Verfügungsgewalt über die Räume der Findelanstalt im Widerspruch mit den An sichten des Unterrichtsministeriums dazu mißbraucht, um der deutschen Abteilung die Hälfte ihrer unentbehrlichen Räumlichkeiten wegzunehmen, um die Bettenzahl der deutschen Abteilung von 130 auf 50 zu beschränken, um die deutsche Abteilung bei der Zuweisung des Säuglingsmaterials in ungerechtester Weise zu verkürzen und hiedurch in bedenklichster Weise die Ausbildung der Ärzte zu gefährden. Alle Vorstellungen beim Unterrichtsministerium und beim Ministerium des Innern, die sich, von allen Erwägungen der nationalen Billigkeit und des praktischen Bedürfnisses abgesehen, auch auf die Bestimmungen des Universitätsgesetzes berufen konnten, das die Zuteilung des Krankenmaterials in die Kompetenz des Unterrichtsministeriums verweist, haben bisher einen Erfolg nicht erzielt, wohl aber verdichten sich zu immer größerer Sicherheit die Gerüchte, daß ähnliche Übergriffe, wie sie in der Findelanstalt durchgeführt worden sind, auch bevorstehen für die geburtshilfliche Abteilung und zwar in einem solchen Maße, daß beim jetzigen Besuche der deutschen Universität eine gebärende Frau von 50 Studenten innerlich untersucht werden müßte, was nicht nur im höchsten Maße inhuman, sondern derart unerträglich wäre, daß der Lehrbetrieb in der Gynäkologie auf diese Weise nicht mehr aufrechterhalten werden könnte. Auch diese kurzen Bemerkungen betreffen nur Illustrationsfakten aus der allerletzten Zeit. Aber der Herr Unterrichtsminister wird gewiß jederzeit bereit sein, dem Herrn Ministerpräsidenten aus der Fülle des bei ihm eingelaufenen Beschwerdematerials soviel an Belegen zu unterbreiten, daß vielleicht der Herr Ministerpräsident in diesem Punkte, wiewohl auch in allen anderen Punkten, die hier berührt worden sind, zu der Überzeugung kommen wird, daß die von deutscher Seite erhobenen Vorwürfe gegen die Administrative des Staates weder Pauschalanklagen sind, noch mit Recht die ministerielle Zurückweisung erfahren haben, daß sie ungerechtfertigt und übertrieben erscheinen. Es ist deshalb auch keine übertriebene Forderung, daß wir neben der Revision der gesamten Revolutionsgesetzgebung mit gleichem Nachdruck auch Wiedergutmachung und Schadloshaltung für alles Unrecht verlangen, das dem deutschen Volke in diesem Staate in der vorparlamentarischen Zeit durch Übergriffe der Verwaltung und ihrer Organe zugefügt worden ist.

Allerdings, meine verehrten Damen und Herren von der èechischen Seite, die ganze Stimmung, die wir bei unserem Eintritt in das Parlament hier vorgefunden haben, die befremdende Tatsache, daß der Präsident dieses Hauses nicht einmal für die wenigen uns gewidmeten Worte in seiner Eröffnungsrede unsere Muttersprache verwendet hat, die Intransigenz, die schon in der Klubobmännerkonferenz bei der Behandlung der von uns wahrhaftig nur unter dem Gesichtspunkte praktischer Zweckmäßigkeit aufgerollten Sprachenfrage an den Tag gelegt wurde, der geringe Sinn für nationale Gerechtigkeit, den die Zusammensetzung des Präsidiums des Abgeordnetenhauses und noch mehr die des Senatspräsidiums beweist, und dazu die in einem großen Teil der maßgebenden èechischen Presse uns zu Teil gewordene sonderbare Art der Begrüßung - alle diese Erscheinungen ermutigen nicht gerade zu der Hoffnung, daß unsere gerechten Forderungen jenes Verständnis finden werden, auf das sie vollen Anspruch erheben dürfen. Zu oft klingt in allen Ihren Äußerungen das hundertfältig variierte und doch so leere Motiv von den Siegern und Besiegten an, ganz hörbar sogar in der Rede des Ministerpräsidenten, zu hartnäckig beharren sie bei der grundlosen Behauptung, daß wir aus einer durch jahrzehntelangen Chauvinismus und Imperialismus vergifteten Mentalität heraus handeln, wenn wir verlangen, daß uns die Grundlagen unseres nationalen Daseins und der nationalen Entwicklungsmöglichkeit gesichert werden, zu häufig kehrt der Satz wieder, mit dem sie alles Mögliche und Unmögliche beweisen wollen, der Satz, daß sich die Deutschen dieser Republik in den Verzicht auf ihre bevorrechtete Stellung im alten Österreich nicht finden können und wollen. Müssen wir denn immer von Neuem wiederholen, meine Damen und Herren, daß die èechische Nation niemals und auf keinem Schlachtfelde das Sudetendeutschtum besiegt hat, und daß selbst, wenn dem anders wäre, die Rechte des Siegers und die Lasten des Besiegten durch den Friedensschluß konsumiert wären, durch den ja der von Ihnen behauptete Sieg reichlich genug honoriert worden ist. Müssen wir stets von Neuem feststellen, daß der Vorwurf des Chauvinismus und Imperialismus gegen die überwiegende Mehrheit des Sudetendeutschtums, das sich seit Jahrzehnten in der Defensive befindet, niemals mit Recht erhoben werden durfte und jetzt am wenigsten erhoben werden darf? Müssen wir immer wieder sagen und beweisen, daß Ihre Behauptung von unserer bevorrechteten Stellung im alten Österreich für die letzten 40 und 50 Jahre des alten österreichischen Staates eine geschichtliche Unwahrheit ist?

Der Kampf der Sudetendeutschen um das volle Recht der Selbstbestimmung, das auch die Möglichkeit in sich schließt, über die staatliche Zugehörigkeit frei zu entscheiden, hat an den grünen Tischen von Versailles und St. Germain mit einer deutschen Niederlage, nein, nicht mit einer deutschen Niederlage, sondern mit einer Niederlage jenes Gedankens geendet, der während des Weltkrieges als das oberste Ziel der siegreichen Mächte verkündet wurde. Den Rest von Selbstbestimmung aber, der auch auf dem Boden dieses Staates noch erreichbar ist, kann und will sich das deutsche Volk der Sudetenländer unter keinen Umständen verkümmern lassen. Dieser Rest von Selbstbestimmung bedeutet in formaler Hinsicht, daß die Regeln, nach denen wir in diesem Staate leben sollen, und die verfassungsmäßigen Grundlagen des Staates überhaupt, nicht über unsere Köpfe hinweg, und auch nicht ohne unsere entscheidende Mitwirkung festgestellt werden dürfen, und bedeutet in inhaltlicher Richtung, daß eine Form der Verfassung gefunden werden muß, die dem deutschen Volke und allen anderen eingegliederten Nationen die volle Freiheit und das volle Recht gewährleistet, ihre eigenen Angelegenheiten selbst zu besorgen. Wenn wir dieses Ziel verfolgen, wenn wir bei unserer politischen Arbeit von der Voraussetzung ausgehen, daß der Bestand und die gesunde Entwicklung dieses Staates, den Sie doch selbst in seiner jetzigen Abgrenzung und daher mit dieser Belastung durch viele Millionen nichtèechischer Einwohner gewollt haben, von der Verwirklichung der nationalen Selbstverwaltung abhängig ist, und daß das friedliche Zusammenleben aller Nationen, dessen Sie ebenso bedürfen wie wir, nur in einem Völkerstaate voll gesichert werden kann, wenn wir diese Ziele unserer Politik offen und ehrlich verkünden, sprechen Sie von Chauvinismus, Imperialismus und deutscher Überhebung. Aber Sie werden uns darüber nicht täuschen können, daß es Ihnen selbst mit dieser Behauptung nicht ernst sein kann, weil Sie sonst alles das verleugnen müßten, wofür Sie in der Vergangenheit mit so bewunderungswürdiger Entschiedenheit gekämpft haben, weil Sie sonst abrücken müßten von den Zielen, zu denen sich alle Führer Ihres Volkes stets bekannten, und die gerade ein Großer Ihrer Nation in die lapidaren Worte gekleidet hat: "Ich Herr, Du Herr".

Und Sie dürfen sich auch selbst nicht darüber täuschen, daß das Verlangen nach Verwirklichung des ursprünglichen Rechtes jedes Volkes, das Verlangen nach der Verbürgung des nationalen Eigenlebens, keine Erfindung deutscher Überhebung und Großmannssucht ist, sondern einer gefestigten, internationalen Rechtsansicht entspricht und einer ethischeb Forderung, hinter der die gesamte gesittete Welt steht. Sie kennen die zahllosen Beweise hiefür nicht weniger gut als ich. Vielleicht aber darf ich Sie doch auf einen Umstand aufmerksam machen, der in der weiten Öffentlichkeit nicht sehr bekannt, und doch ganz außerordentlich lehrreich ist. Ich meine die Tatsache, daß ein Komitee der über die ganze Erde verbreiteten "Organisation centrale pour une paix durable" schon im Jahre 1917 den Entwurf eines internationalen Vertrages, betreffend die Rechte der nationalen Minderheiten ausgearbeitet hat, daß dieses Komitee unter dem Vorsitz eines norwegischen Gelehrten unter anderen aus führenden Gelehrten und Politikern der Vereinigten Staaten, Englands, Italiens, Rußlands, der Schweiz, Schwedens, Dänemarks und der Niederlande zusammengesetzt war und zusammengesetzt ist und daß dieser erwähnte Vertragsentwurf ein sehr weitgehendes und in den Einzelheiten ausgeführtes, international zu garantierendes Programm der völkischen Selbstverwaltung aufstellt.

Der Präsident des Komitees hat der Veröffentlichung dieses Vertragsentwurfes einen Motivenbericht vorangeschickt, aus dem ich nur zwei Sätze hervorheben möchte, die ich wohl mit gütiger Erlaubnis des Herrn Vorsitzenden, trotzdem ich mich nicht zur französischen Nationalität bekannt habe, französisch zitieren darf (ète): "L'égalité des droits civils et politiques pour toute personne, san s égards aux différences de nationalités, repose sur le principe du libéralisme et poss@ede en elle m@eme une valeur indiscutable, mais elle ne suffit pas @a la protection des minorités nationales" und weiter: "il est indispensable de réaliser la liberté de la démocratie et celle des groupes, réalisation qui est en accord complet avec la pensée moderne, car cette derni@ere n'a pas seulement égard aux individus, mais aussi aux groupes sociaux."

Die hier ausgedrückten Gedanken sind auch die Grundlagen unserer Forderungen. Der Herr Ministerpräsident hat mit Stolz darauf hingewiesen, daß Ihre Nation während des Weltkrieges sich an die Seite der neuen Welt gestellt und den geschichtlichen Augenblick begriffen hat. Es wäre müßig zu untersuchen, inwieweit das, was hier als bewußt vollzogen dargestellt wird, durch Zufälle (So ist es!) und unklare Empfindungen beeinflußt war. Sicher ist jedenfalls, daß jetzt nach der Erlangung des èechoslovakischen Staates noch einmal an Ihre Nation die Frage herantritt, ob Sie sich wirklich an die Seite der neuen Welt stellen und den geschichtlichen Augenblick begreifen wollen. Die Antwort steht im innigsten Zusammenhange mit den Vorstellungen, die Sie selbst von der internationalen Orientierung dieses Staates haben und von der Mission, die die èechoslovakische Republik nach Ihrer Auffassung in der weltgeschichtlichen Entwicklung zu erfüllen hat. Gerade in dieser so wichtigen Hinsicht hat leider die Regierungserklärung wenig Aufklärung gebracht. Die kurzen Sätze über die Außenpolitik hatten eine peinliche Ähnlichkeit mit den berüchtigten Delegationsexposés vom Ballplatz. Wir sind nicht darüber belehrt worden, zu welcher der beiden möglichen Missionen dieses Staates die Regierung und die in ihr vertretenen Parteien sich bekennen; ob zu jener Mission, von der in Botschaften und Interviews nicht selten die Rede war und die darin besteht, den èechoslovakischen Staat zu einem Horte der Freiheit und der Demokratie in Mitteleuropa und zu einem Musterstaate der Völkerversöhnung zu gestalten, oder zu jener anderen Mission, der allerdings Ihre ganze bisherige Politik angepaßt erscheint, zu jener Mission, die diesen Staat nicht in den Dienst eines Weltideals stellt und die ihn - wenn wir von allem Idealismus absehen - nicht einmal aus kühler realpolitischer Erwägung in den Dienst der augenblicklich herrschenden Machtgruppe stellt, sondern bloß in den Dienst einer momentanen Strömung in einem der Ententestaaten, und dieser Republik die wenig dankbare Rolle eines Gendarmen zur Bewachung des sich erholenden und ermannenden deutschen Volkes in Mitteleuropa zuweist. (Souhlas nìmeckých poslancù.)

Die Wahl zwischen diesen beiden Missionen kann niemandem auf Ihrer Seite schwerfallen, der sich - verzeihen Sie das Wort - soweit entösterreichert hat, um nunmehr Staatspolitik treiben zu können, der die internationalen Kräfteverhältnisse und ihre voraussichtliche Gestaltung zu würdigen weiß, der sich der geographischen und wirtschaftlichen Lage dieser Länder bewußt ist, und der es vor allem begreift, daß der Siegeszug des Gedankens der Demokratie unaufhaltsam ist. Diese weltbeherrschende Idee der Demokratie und der Völkerfreiheit verbürgt die Er füllung unserer gerechten Ansprüche. Sie können diesen endgültigen und sicheren Erfolg nicht verhindern, aber Sie können ihn verzögern. Sie können durch die Mittel Ihrer derzeitigen Macht allenfalls das deutsche Volk in den Sudeten ländern auf einen kürzeren oder längeren Leidensweg führen, aber Sie müssen sich darüber klar sein, daß das deutsche Volk der Sudetenländer auf diesem Leidenswege einen ständigen Begleiter haben würde, der mitleidet und mitduldet und der hiedurch härter und empfindlicher getroffen wird als das deutsche Volk selbst. Und dieser ständige Begleiter wäre der èechoslovakische Staat. (Souhlas a potlesk nìmeckých poslancù.) Und nun stellen Sie sich die Situation dieser beiden Weggenossen am Ende des Leidensweges vor! Ich glaube, Sie werden unschwer zu der richtigen Vorstellung kommen, wenn Sie sich der ewigen und unanfechtbaren geschichtlichen Wahrheit bewußt werden, die gerade durch den Zerfall Österreichs neu gekräftigt worden ist, der ewigen Wahrheit, daß Völker eine größere Lebenskraft und Widerstandsfähigkeit besitzen als Staaten. Es liegt in Ihrer Hand, ob auch in diesem Staate diese Lehre der Geschichte die ewige Hoffnung der Unterdrückten und die ewige Angst der Herrschenden bilden soll. (Souhlas a dlouhotrvající potlesk nìmeckých poslancù.)

4. Øeè posl. Witticha (viz str. 116. protokolu).

Hohes Haus! Im Namen meiner politischen Freunde habe ich folgende Erklärung abzugeben: Wir deutsch-ungarischen Sozialdemokraten kommen als Abgeordnete in dieses Haus von einem Gebiete, das viele Jahrhunderte hindurch ein Bestandteil Ungarns war. Als Sozialdemokraten kämpften wir in Ungarn für den geistigen und kulturellen Aufstieg unseres Volkes ohne Unterschied der Nationalität und forderten von der herrschenden Klasse Ungarns die Lösung des Nationalitätenproblems nach den Grundsätzen des Selbstbestimmungsrechtes. Während die Träger der Macht in Ungarn die Forderung nach politischer Gleichberechtigung der unterdrückten Klassen und Völker mit einem System der brutalsten Entrechtung und Vergewaltigung der arbeitenden Klasse und aller nichtmagyarischen Nationalitäten beantworteten, das jetzt sich zu dem ungeheuerlichsten Terror, den je die Weltgeschichte sah, entwickelte und gegen den wir von diesem Hause aus den schärfsten Protest erheben, lehnt die siegreiche Entente die Forderung nach der Anwendung des Selbstbestimmungsrechtes in dem Augenblicke ab, in dem die arbeitende Klasse Ungarns aus eigener Kraft das Joch der Junkerherrschaft abschüttelte und sich anschickte, das Nationalitätenproblem zu lösen. Indem wir diese geschichtliche Tatsache feststellen, machen wir die verbündeten und assoziierten Mächte für die in Ungarn herrschenden Zustände gemeinsam mit der ungarischen Herrenklasse verantwortlich und erklären daher, daß wir deutsch-ungarischen Sozialdemokraten auch in der durch weltgeschichtliche Entscheidungen geschaffenen èechoslovakischen Republik an dem Selbstbestimmungsrecht als dem Unterpfand eines dauernden Völkerfriedens unverbrüchlich festhalten. (Sehr richtig!)

In der Erwägung, daß die Mißachtung des Selbstbestimmungsrechtes die Folge der kapitalistischen, imperialistischen Gesellschaftsordnung ist und die Aufhebung jeglicher Unterdrückung, also auch der nationalen, aber nur um den Preis des Sturzes dieser Gesellschaftsordnung erzielt werden kann, erachten wir deutschungarischen Sozialdemokraten es als eine geschichtliche Pflicht, vereint mit dem Proletariat aller Nationen dieses Staates an dem Triumph des Sozialismus in der èechoslovakischen Republik mitzuarbeiten. (Bravo!)

Hohes Haus! Unsere Haltung zur Regierung hängt lediglich von jener Politik ab, die sie befolgen wird. Die Organe der Regierung haben in der Vergangenheit viele Mißgriffe sich zuschulden kommen lassen, sodaß heute festgestellt werden kann, daß sich der Bevölkerung eme große Empörung, ein tiefer Groll bemächtigt hat. In seiner Regierungserklärung hat der Herr Ministerpräsident erklärt, die èechoslovakische Regierung habe sich auf den Boden der neuen Welt gestellt. Ich zweifle durchaus nicht, daß es dem Herrn Ministerpräsidenten durchaus ernst ist mit diesem Ausspruch, aber, meine Hern, was nutzt es, wenn der Ministerpräsident sich auf den Boden der neuen Welt stellt, aber seine Beamten noch im Mittelalter leben? Wie wäre es anders möglich, daß auch noch heute in der Slovakei die Militärdiktatur herrscht, daß dort die Brief- und Zeitungszensur vorherrscht? Auch auf dem Gebiete der Verwaltung sagte der Herr Ministerpräsident, daß die Èechoslovakei diesbezüglich die liberalsten Gesetze besitzt. Ich will, geehrtes Haus, ohneweiters zugeben, daß seit den Wahlen, also seit dem 18. April d. J. tatsächlich auch in der Slovakei etwas freierer Zug zu verspüren ist. Aber, meine Herren, was bis zum 18. April in der Slovakei geschehen ist, das ist und bleibt ein ewiger Schandfleck in der Kulturgeschichte des èechischen Volkes. Ich will von dieser Liberalität der Verwaltung nur einen Teil hervorheben. Die Stadt Preßburg ist im Augenblicke um ihre Verfassung, um ihre Selbstverwaltung besorgt. Der noch vor Torschluß beschlossene Gesetzartikel 233 will der Stadt das Recht einschränken und wegnehmen, daß sie ihre Angestellten wänlen könne, namentlich will man den Bürgermeister und die Magistratsräte von Regierungswegen aus ernennen. Also ich glaube, verehrte Anwesende, so etwas ist ganz unvereinbarlich mit den Grundsätzen einer Demokratie und unvereinbar mit den Grundsätzen einer freien Verwaltung.

Hohes Haus! Im Friedensvertrag, den die Èechoslovakei abgeschlossen hat, heißt es klipp und klar: Die Èechoslovakei anerkennt als èechoslovakische Staatsbürger jene deutschen, österreichischen oder ungarischen Staatsbürger, welche am Tage des Inkrafttretens des Vertrages ihren Wohnsitz oder ihr Heimatsrecht in einem Gebiete haben, das im Sinne des Friedensvertrages zur Èechoslovakei gehört. Trotz dieses klaren Wortlautes des Friedensvertrages hat die Regierung es nicht unterlassen, in der Slovakei tausende und tausende von ungarischen Staatsbürgern auszuweisen. Zuerst hat man es ganz offen gemacht, später hat man es in versteckter Weise gemacht, und zwar dergestalt, daß man einfach gesagt hat, man kündigt ihm die Wohnung bezw. man delogiert ihn und so, nachdem das Wohnungsamt ihm eine weitere Wohnung nicht zugewiesen hat, mußte der Mann einfach Preßburg verlassen. Aber nicht allein diesen Teil des Friedensvertrages hat die Regierung bezw. ihre Organe verletzt, sondern auch den anderen Teil, wo es heißt, daß die Èechoslovakei den verschiedenen Nationalitäten, also den nicht èechischen Staatsbürgern das Recht zuerkennt, daß die Nichtbeherrschung der èechischen Sprache kein Hindernis sein wird in der Erlangung von Ämtern, Diensten und in Bezug auf die höchsten Stellen im Staate. Da, verehrte Anwesende, hat das èechische Volk noch eine große Ehrenpflicht zu erfüllen gegenüber den in der Slovakei entlassenen slovakischen Beamten bezw. jenen Beamten, die früher in ungarischen Staatsdiensten gestanden sind. Als im Januar des Jahres 19. die Besetzung der Slovakei erfogte, da hat der damalige Regierungsreferent Stodola die Angestellten zu sich berufen und hat ihnen kategorisch erklärt (Hlas: Streikovali!) pardon, ich komme darauf zurück, daß die Regierung vielen einen Urlaub auf ein Jahr gewährt und sich das Recht vorbehält, nach Ablauf des Jahres jenen Teil zurückzunehmen, der der Regierung gefällig ist. Andererseits hat die Regierung es auch unterlassen, die Gehälter, die Bezüge, mit einem Wort das Dienstverhältnis dieser Beamten überhaupt zu regeln. Die Folge war, daß tatsächlich am 3. Feber vorigen Jahres ein Streik ausgebrochen ist und diesen Streik hat eigentlich die Regierung zum Anlaß genommen, um die Leute einfach durch die Bank zu entlassen. Nun aber glaube ich, meine Herren, daß das kein Grund sein kann, um diese Staatsangestellten auch heute noch den größten Entbehrungen und der größten Not zu überlassen. Ich glaube daher, und das Haus wird mit mir darin einig sein, daß es eine Notwendigkeit ist, daß die Regierung angewiesen werden möge, diese Angestellten auf ihre alten Posten zurückzunehmen und ihnen für die Zeit, wo sie brotlos gewesen sind, eine ents prechende Entschädigung zu gewähren. (Výkøiky.)

Hohes Haus! Auch in Bezug auf die Kulturpolitik der Regierung haben wir deutsch-ungarischen SozialdemokratenEinwendungen zu erheben. Der Gesetzartikel 38 vom Jahre 1868 spricht kategorisch aus, daß in jeder Gemeinde mit über 5000 Einwohnern nebst den vorhandenen Elementarschulen die Errichtung von Mittelschulen vorgeschrieben ist. Ich will natürlich sofort hinzufügen, daß diesen Gesetzartikel auch die ungarische Regierung noch nicht erfüllt hat. Aber das kann natürlich auch kein Rechtstitel sein für die èechische Regierung, daß sie die bestehenden Schulen zu einem Privileg der slovakischen Kinder macht und daß die ungarisch und deutsch sprechenden Kinder in eine Schule zusammengepfercht werden, wodurch die Kinder entweder gezwungen werden, in die slovakische Schule zu gehen, oder aber überhaupt am Schulbesuche verhindert sind. Deshalb können wir und dürfen wir die Politik der Regierung in Bezug auf die Wohnungen und die Spitäler nicht sanktionieren. Heute, wo durch den Weltkrieg und durch die Unterernährung der Bevölkerung Tag für Tag ein großer Teil von Neuerkrankungen erfolgt, die zu den ohnehin vorhandenen Kriegskrüppeln und Kriegsopfern kommen, wäre es ganz entschieden zu erwarten und notwendig, daß eine fürsorgliche Regierung ihr Hauptaugenmerk darauf richtet, daß vorhandene Spitäler ausgebaut, daß sie vervollkommnet u. neugebaut werden mögen. Man sagt: Preßburg ist die Hauptstadt der Slovakei, aber, geehrtes Haus, die öffentlichen Gesundheitsverhältnisse, die sanitären Verhältnisse gleichen in Preßburg einem kleinen, winzigen Dorf. Auch in Bezug auf die Wohnungsfrage ist es so. Wir haben erwartet, daß die Regierung tatsächlich eine großzügige Aktion einleiten werde im Interesse der Erbauung von neuen Wohnungen. Aber man hat nichts anderes gemacht, als uns ein Wohnungsamt auf den Hals zu hetzen, das gar nichts anderes macht, als Parteien zu delogieren und andere hineinzubringen. (Souhlas nìmeckých poslancù.)

Hohes Haus! Ich glaube, Sie stimmen mit mir darin überein, daß diese Zustände, die ich ganz kurz und trocken gestreift habe - nachdem zwei solche Dauerredner vor mir gesprochen haben, will ich Ihre Geduld nicht länger in Anspruch nehmen - daß diese Zustände - und darin wird das hohe Haus mit mir übereinstimmen - nicht jene neue Welt darstellen können, von welchen der Ministerpräsident Tusar gesprochen hat. Wollen wir, hohes Haus, tatsächlich eine neue Welt aufbauen, dann müssen wir uns fragen, für wen diese neue Welt aufgebaut werden soll, und wer die Träger dieser neuen Welt eigentlich sein sollen. Und da sage ich mir, daß der Weltkrieg das Alte über den Haufen geworfen hat, daß er neue Kräfte an die Oberfläche getrieben hat, und diese neuen Kräfte, das sind die Arbeiter. Wollen wir daher eine wirklich neue Welt aufbauen, dann müssen wir trachten, daß dieses Haus tatsächlich eine positive Arbeit verrichtet im Sinne der Umgestaltung der bestehenden Gesellschaftsordnung von der kapitalistischen in die sozialistische. Wir verlangen daher als deutsch-ungarische Sozialdemokraten, daß die Regierung unverzüglich eine Politik inaugurieren möge, die im Innern tatsächlich liberal, auf sozialpolitischem Gebiete unverzüglich die Aktion einer Sozialisierung einleite. Wir sind der Ansicht, daß auch heute schon und unter den jetzigen Verhältnissen die Sozialisierung von Grund und Boden, der Bergwerke und der großen Unternehmungen ohne Weiteres vorgenommen werden kann, ohne Erschütterung des industriellen Lebens und der Volkswirtschaft; dann aber sind wir der Meinung, daß auch in Bezug auf die auswärtige Politik eine Änderung eintreten muß. Wir verlangen diesbezüglich, daß die Regierung unverzüglich einen Frieden mit der russischen Sowjetregierung schließen möge. Wir verlangen, daß die Regierung die freundschaftlichen Beziehungen mit allen Völkern aufrecht erhalte, wir verlangen aber hauptsächlich, daß sich die Regierung emanzipieren möge von der Bevormundung des französischen Kapitalismus. (Výkøiky.) Diese Politik wird die èechoslovakische Republik in den Abgrund stürzen. Wenn daher die Regierung jene politischen Grundsätze zu verwirklichen vermag, die ich kurz vorgetragen habe, in diesem Falle kann die Regierung auf unsere Unterstützung rechnen. (Potlesk na levici.)

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