Pátek 21. ledna 1898

uarchie in dere Grundfesten unterwaschen und erschüttert haben und eine Lage geschaffen haben, von der zwar jeder das Gestern und Vorgestern kennt, niemand, aber selbst die höchsten Würdenträger nicht ausgenommen, das Morgen, (Zwischenruf: Die gerade nicht!), oder man müsste geradezu mit einer prophetischen "Sehergabe begnadet sein, das Morgen voraus sagen zu können! Trotz dieser Schwierigkeit haben wir uns entschlossen, die Gesammtheit der deutschen Abgeordneten, die hinter uns stehende Wählerschaft des ganzen deutschen Böhmerlandes, mit unserem Antrage aus Aushebung des Sprachenverordnungen hier zu vertreten, einer fest geschlossenen Wählerschaft, welche mit einer solchen Entschiedenheit, Schärfe und Einmüthigkeit zusammen eintritt in diesen Kampf, wie sie schon lange, selbst Jahrhunderte zurückgerechnet, nicht zum Ausdrucke gelangt ist.

Wir haben bekanntlich den Antrag gestellt, der hohe Landtag möge nach § 19 der LandesOrdnung, - nach welcher Gesetzesstelle er berufen ist, zu berathen und Anträge zu stellen über allgemein kundgemachte Gesetze und Einrichtungen, zu welchen jedenfalls die Sprachenverordnungen in erster Linie gehören, - den Beschluss fassen, die hohe Regierung sei zur unverzüglichen Zurücknahme der Sprachenverordnungen vorn 5. April 1897 aufzufordern.

Nun liegt allerdings zwischen der Einbringung des Antrages und heute ein wichtiges Ereignis, welches mit dem Gegenstand des Antrages in sehr innigem actuìllen Zusammenhange steht.

Ich meine die Kundgebung Sr. Excellenz des Herrn Statthalters, über die Absicht der hohen Regierung in nächster Zeit in der Sprachensrage, und es könnte allenfalls die Frage auftauchen, ob durch diese Kundgebung unser Antrag nicht eigentlich gegenstandslos und überflüssig geworden sei.

Ich kann aber nur erklären, dass dem durchaus nicht so ist. Ich will mir zunächst gestatten, den Inhalt der Regierungserklärung aus die einfachste Formel, auf das knappste Maß zurückzuführen.

Die Regierungserklärung lässt sich in folgende Sätze zusammenfassen:

Erstens: Die sogenannte Stremayer'sche Sprachenverordnung vom 19. April 1880 bleibt nach wie vor in voller Wirksamkeit. (Ruf: Wir danken sehr!)

Zweitens: Die Ausdehnung der StremayerSprachenverordnung aus die Ressorts der Ministerium der Finanzen, des Handels und des Ackerbaues, wie sie durch die Badenischen Sprachenverordnungen zum Ausdruck gelangt ist, bleibt gleichfalls nach wie vor in vollem Umfange in Kraft.

Drittens: Der neue Grundsatz der Badenischen Sprachenverordnungen, mittels welchen der Durchbruch der bis dahin allein zugestandenen inneren deutschen Amtssprache ausgesprochen wurde, dass künftighin für die sprachliche interne Behandlung eines Gegenstandes, dessen sprachliche Qualification maßgebend sein solle, wird theilweise ausgehoben und nur für die gemischtsprachigen Bezirke in Geltung behalten, mährend sonst in rein deutschen Bezirken künftig hin nur die deutsche Sprache innere Amtsund Verhandlungssprache sein soll und in rein èechischen Bezirken die èechische.

Zu diesem Zwecke sollen die gesammten Amtsbezirke des Landes nach dem Ergebnis der letzten Volkszählung und wohl auch nach einer erst festzustellenden Maximalzisser der anderssprachige Bevölkerung zerlegt und in rein deutsche, rein èechische und gemischtsprachige unterschieden Werden.

Viertens: Die zweite Badeni'sche Sprachenverordnung, krast welcher von allen öffentlichen Staatsbeamten des Landes der Ausweis der Kenntnis beiden Landessprachen in Wort und Schrift gefordert wird, wird dahin aufgehoben, dass künftighin das Erfordernis der Sprachkenntnisse der Beamten nur aus das Maß des thatsächsichen Bedürfnisses eingeschränkt wird.

Der in den Badenischen Sprachenverordnungen neu eingeführte Grundsatz, dass für die interne Behandlung eines Gegenstandes das erste Parteieinschreiten maßgebend sein soll, bleibt nach wie vor in Kraft, das ist der wesentliche Inhalt. Außerdem trägt die Kundgebung der Regierung auch noch eine Ausschrift, 'welche als Reverenz vor dem böhmischen Staatsrechte bezeichnet werden kann, nämlich die Anerkennung der Einheit und Untheilbarkeit der Verwaltung und des Beamtenkörpers, sowie die volle Gleichberechtigung beider Landessprachen im ganzen Umfang des Landes.

Überdies hat sie auch noch eine Unterschrift, nämlich die Ankündigung einer beabsichtigten Anderung des Unterrichtswesens an den Mittelschulen zur praktischen - und sagen

Wir nur - zmangsweisen Erlernung der anderen Landessprache.

Gegenüber dem Inhalt dieser Erklärung habe ich Namens aller deutschen Abgeordneten dieses Hauses zu erklären:

Die Negierungsvorlage entspricht unseren Forderungen durchaus uicht, weil sie keine wirkliche Aushebung der von uns bekämpften Sprachenverordnungen ist, - sondern nur eine theilweise Abänderung derselben darstellt, weil sie sich selbst nur als eine nene Verordnung angekündigt hat, während mir die Regelung der Sprachenfrage bei den landesfröftlichen Aemtern für die Gesetzgebung u. zw. nur für die Reichsgesetzgebung in Anspruch nehmen, und vor allem, weil sie den Begriff der Gleich berechtigung nicht in jenem Sinne zur Geltung bringt, wie er kraft der bestehenden Gesetze giltig ist und in den übrigen Kronländern, auch in gemischtsprachigen in Kraft und unbestrittener Anwendung steht, sondern für Böhmen eine Ausnahmestellung schaffen will.

Angesichts dieser Thatsache bleibt selbstverständlich unser Antrag in voller Wirksamkeit und erlaube ich mir zur meritorischen Vegründung desselben zu schreiben.

Bekanntlich sind ja die Sprachenverord-. nungen ihrem Inhalte nach schon im Reichsrathe und auch im Verlause der vorangegangenen Debatte einer ziemlich umfassenden Kritik unterzöge und von allen möglichen Seiten beleuchtet worden, so dass ich daraus verzichten muss, ihnen eine ganz neue Seite abzugewinnen.

Ich will dagegen einen Versuch wagen, ich will es unternehmen, mich aus einen Angenblick, sei es auch mit förmlich gewaltsamer Zurückdrängung der eigenen gewohnten Denk und Anschauungsweise, aus Ihren Standpunkt an der èechisch nationalen Seite zu stellen; ich will mir die Hauptgründe zu eigen machen, mit denen Sie die Erlassung der Sprachenverordnungen und deren Aufrechterhaltung befürworten, und ich will gerade diese Argumente zum Ausgangspunkt für meine anderen Ausführungen machen.

Erfahrungsgemäß gelangt man ja gerade dadurch zu einem möglichst klaren, und, soweit es einem Streittheile natürlich möglich ist, richtigen Urtheile über die Streitfrage, Wenn man auch einmal, über die gewohnte Anschauung hinaustretend, sich in die Lage des Gegners versetzt, und sozusagen durch seine Brille den Streitgegenstand ansieht.

Meine Herren von der èechisch-nationalen Seite! Ihr Gedenkengang ist ja offenbar folgender: Die Badeni'schen Sprachentierordnungen sind zwar nicht die volle Verwirklichung, aber jedenfalls ein sehr eihebliches Hilfsmittel dazu, um unserer èechischen Muttersprache zu gleicher Geltung vor den Ämtern des Landes zu verhelfen, wie der deutschen. Dieses aber zu thun, ist unser gutes Recht, denn einmal ist uns dazu durch die Verfassung und zwar durch Artikel 19. des Staatggrundgesetzes die volle Gleichberechtigung unserer Sprache in Schule, Amt und öffentlichem Leben als landesüblicher Sprache gewährleistet, und wenn dies selbst auch nicht in der Verfassung zum Ausdrucke käme, weil wir ja ihre Rechtsgiltigkeit nie anerkannt haben, so ist es doch eine Anforderung der natürlichen Gerechtigkeit und Billigkeit. Und mit dieser Gerechtigkeit ist eg unverträglich, dass die deutsche Sprache auch nur einen Vorzug vor den Amtern des Landes genieße, unverträglich, dass wir uns im Gebraute unserer Sprache irgend eine, sei es auch noch so minimale, Beschrenkung auserlegen.

Früher mochte dies in äußeren Zweckmäßigkeitsrücksichten begründet sein, in der Zeit, wo die deutsche Sprache auf einem ganz andern Staubpunkte der EntWickelung stand.

Damals eignete sie sich zu den staatlichen Zwecken besser, und damals mag es, wie gesagt, seine Berechtigung gehabt haben.

Jetzt aber, sagen Sie, rühmen wir uns, unsere Sprache auf dasselbe Niveau gebracht zu haben, und mithin sind diese Zweckmäßigkeitsgründe in Wegfall gekommen. Wir verlangen, dass unsere Sprache als vollkommen gleichberechtigt angesehen werde, wie dieThrige. Wir nehmen jetzt mit vollem Rechte für unsere Sprache nicht nur die Gleichbe rechtigung. sondern auch die Gleichwertigkeit in Anspruch.

Sie sagen weiter: "Das muss ganz insbesondere für uns gelten; denn wir sind die Eingeborenen im Lande, die eigentlichen Ureinwohner, und Ihr Deutschen seid ja blos unsere Gäste, Fremdlinge, wenn nicht gar Eindringlinge, - denn auch mit dieser Äußerung sind Sie ja ziemlich freigebig, - und wenn wir Euch von vornherein die Gleichwertigkeit mit unserer Sprache zugestehen, so liegt darin ein sehr bedeutendes Entgegenkommen von unserer Seite, dessen Fortdauer wir uns im

Laufe der Zeit auch noch überlegen können. " Auch solche Stimmen werden ja in Ihrem Lager alles Ernstes laut.

Es wird weiter gesagt: "Es gab doch eine Zeit, wo das Czechische im Lande die allein berechtigte Sprache war, und es ist doch erst seit der Schlacht am Weißen Berge jener unglückselige Wendepunkt in der Geschichte unseres Landes eingetreten, von welchem an uns das Deutschthum zuerst als gleichberechtigter Factor aufgedrängt wurde, um immer mehr auf unsere Kasten und zu unserem Abbruch in den Vordergrund zu dringen, unser eigenes Volksthum zu überwuchern und zu unterdrücken, ja sogar der Vernichtung nahezu bringen. Denn zu Ende des vorigen und Anfang des jetzigen Jahrhunderts war ja thatsächlich unsere Muttersprache in die Gesindestube verbannt und dem Aussterben nahe, so dass sich die Gebildeten unserer Nation förmlich schon ihres öffentlichen Gebrauches schämten. Nur unserer größten Opferwilligkeit und unserem Patriotismus ist es gelungen, die nationale Wiederbelebung durchzuführen, nur dem Zusammenwirken unserer besten Geister konnte es gelingen, unsere Sprache wieder auf einen Standpunkt zu bringen, der sich in Wissenschaft, Kunst und Literatur gewiss auch unter anderen sehen lassen kann. Wir thun daher gewiss blos unsere patriotische Pflicht, wenn wir daran gehen, mit den letzten Überresten des Vorzuges der deutschen Sprache im Lande gründlich aufzuräumen, und stellen daher das Verlangen auf: erstens, jedem Czechen muss im ganzen Lande in seiner Sprache Bescheid werden und zweitens: zu diesem Zwecke muss jeder Beamte beider Landessprachen in Wort und Schrift mächtig sein. Sie sagen weiter: Das ist ja auch nur ein Postulat der Billigkeit, denn müssen wir uns seit Jahrhunderten schon dazu bequemen und bequemen wir uns auch jetzt noch dazu, dem Landesfrieden zuliebe das Deutsche zu lernen, so könnt doch Ihr dem Landesfrieden dasselbe Opfer bringen und auch das Czechische lernen. " So sagen Sie (Zwischenruf: Oho!)

Ja gewiss! Sie sagen weiter: "Die ganze Frage geht ja schließlich eine handvoll Beamte an, mit der ja nicht alles Volksthum erschöpft ist. Wer drängt denn Euch allen einzelnen die Kenntnis der czechischen Sprache auf? Blos die Beamten und die Beamtenaspiranten sollen sie lernen!

Warum bauscht Ihr die Classenfrage unnütz zu einer ganzen Volksfrage auf? Und wenn Ihr uns da weißmachen wollt, Ihr fühlt Euch in Euerer nationalen Existenz broht, - so argumentieren Sie weiter, so anerkennen wir das nicht, das ist Übertreibung, das ist nicht wahr und, wie könnt insbesondere Ihr das behaupten,, die Ihr stets Euch rühmt, Angehörige eines großen Culturvolkes zu sein, Euch könnte doch nicht so leicht etwas in Euerer nationalen Existenz gefährden!

Aber sagen Sie weiter, das ist nicht das Wahre, Ihr seid vom Hochmutsteufel, Feror Teutonicus, das ist ein geläufiger Ausdruck in Ihrer Registratur, von dein seid Ihr besen und Ihr wollt blos künstlich das Übergewicht in Euerer Sprache fortbehalten, trotzdem der innere Grund schon längst entfernt ist.

Darum, sagen Sie, begrüßten Sie es seinerzeit mit Frenden, als der verflossene Ministerpräsident Badeni, Mann geling, das einmal Unternommene den lange hin, und hergezerrten gordischen Knoten der Sprachenfrage mit dein Schwerte zerriss. Und wenn wir dazu das Schwert geschliffen und den Arm gehalten haben, haben wir nur etwas ganz Löbliches gethan, und um dessenwillen nehmen wir auch die Sprachverordnungsform in den Kauf, die uns, im Grunde genommen, nicht ganz gepasst haben, denn wir waren früher selbst auch der Ansicht, dass die Sprachenfrage nur im Wege der Gesetzgebung geregelt werden könne.

Wir nehmen ihm zu Liebe auch einige kleine Schwächen mit in den Kauf und sind einigen Abänderungen eigentlich nicht grundsätzlich abgeneigt. Allein bevor das neue Gesetz nicht fertig ist, gibt es für unsere Abgeordneten absolut kein Zurück, mithin auch keine Unterstützung eines Antrages auf Zurücknahme der Sprachenverordnung und damit basta! Das ist Ihr Standpunkt.

Meine Herren! Sie werden mir gewiss das Zeugnis nicht vorenthalten, dass ich bei der Darlegung desselben Ihnen nicht ein einziges Argument unterschoben habe, sondern mich blos Ihres eigenen Inventars bedient habe und dass ich es so dargestellt habe, wie es in Wirklichkeit sich verhält nicht wahr? (Rufe: Ganz gewiss!)

Desto willigeres Gehör kann ich mir vielleicht auf die weitere Einladung erbitten,

sich jetzt gefälligst in unser Lager zu begeben und sich die Sache von unserem Standpunkt anzusehen.

Sie stützen zunächst Ihre Forderungen auf Gleichberechtigung und sagen, durch die Staatsguindgesetze ist ja ausdrücklsch Gleichberechtigung sämmtlicher landesüblichen Sprachen in Schule Amt und öffentlichem Leben gewährleistet. Sie fügen weiter bei: Das Staatsgrundgesetz habt ja Ihr gemacht, um so mehr müsst Ihr Euch die Folgen gefallen lassen und wir können desto mehr auf Euer Entgegenkommen rechnen.

Nun sind die Staatsgrundgesetze und die Verfassung ja doch nicht für Böhmen allein, sondern für alle im Reichrathe vertretenen Königreiche und Länder erlassen und es fällt gleich auf den ersten Augenblick auf, dass unter landesüblicher Sprache doch nicht für "jedes Land im ganzen Geltungsbereiche Österreichs, jede der 8-9 Sprachen verstanden werden kann, die in eben demselben Geltungsgebiete in Übung sind; das wäre doch ein completer Unsinn.

Es wird sich also darum handeln, doch näher zu untersuchen, was für jedes einzelne Amt als landesübliche Sprache in Betracht kommt.

Und da sind Sie gewöhnlich um eine Antwort nicht verlegen, sondern gleich bei der Hand, um zu sagen, das wäre eine müssige Frage. Man braucht den Ausdruck landesübliche Sprache selbstverständlich für jede Sprache, die im Lande gesprochen wird, in welchem das betreffende Amt seinen Sitz hat.

So sagen Sie und so einfach und naheliegend diese Folgerung sein könnte, so eclatant und nachweisbar unrichtig ist es. Das ergibt die gleich nächstliegende Analogie, denn mit derselben Consequenz könnten Sie sofort austreten und ver angen, in ganz Niederösterreich ist die èechische Sprache landesüblich, mithin haben wir einen gesetzlichen Anspruch in ganz Österreich bei jedem Amte èechisch beschieden zu werden; denn fraglos sind einige a Böhmen anstoßende Bezirke des Erzherzogthums Niederösterreich auch von èechischer Bevölkerung bewohnt, welche Ihre Sprache dort, und in der Mehrzahl spricht. Fraglos weist ja die Haupt- und Residenzstadt Wien auch einem Percentsatz von mehr als 5 Perc. èechische Bevölkerung auf. Nun dass Sie in Ihren nationalen Ansprüchen nicht allzu blöde, nicht unbescheiden sind, lasse ich gelten. Dass Sie diese Forderung für Niederösterreich auch noch einmal int Laufe der Zeiten stellen worden, lässt sich erwarten.

Dass Sie das aber jetzt wenigstens im vollen Ernste thun, ist mir doch nicht bekannt und, wenn Ihnen dieses Beispiel nicht drastisch genug sein sollte, so bitte ich doch zu berücksichtigen, dass Ihren consequenten Folgerungen zufolge im Handumdrehen in Innsbruck auch die italienische Sprache landesüblich sein müsste.

Ich bitte weiter zu berücksichtigen, dass die allgemeine Gerichtsordnung - und aus dieser ist der Ausdruck "landesüblich" in alle späteren Gesetze übergegangen auch noch für Ungarn erlassen war und die Behauptung aufzustellen, dass im Sinne des Gesetzbuches das im hohen Norden Ungarns gesprochene Slowakische auch in Arad oder Temesvár und von den Beamten pflichtmäßig verstanden werden sollte oder dass es für den Beamten Pflicht wäre, in Leutschau oder Neumarkt die serbo-krvatische Sprache zu verstehen, wird doch niemand wagen.

Das ist ein eclatanter Widersinn; es nützt nichts, diese Auffassung und diese Auslegung ist zwar einfach, aber unrichtig.

Es erübrigt somit die Aufgabe, dem Ausdrucke "landesüblich" nach seiner natürlichen und sinngemäßen Bedeutung noch näher an den Leib zu rücken. Und sehen Sie, der Ausdruck "landesüblich" ist gewiss nicht der österreichischen Länderwirtschaft auf den Leib geschrieben und ihr zuliebe entstanden. Sein Eindringen in das deutsche Sprachbbewusstsein verdankt er einer ganz anderen Denk- und Auffassungsweise. Er verdankt seinen Ursprung jener Auffassungsweise, mit der man als Land von einem Erdstrich spricht, der in irgend einer Beziehung einen ausgeprägten, eigenartigen Charakter besitzt, sei es, dass man bezüglich einer Mundart spricht, ober von sonstigen Eigenschaften. In diesem Sinne spricht man z. B. von Weinland und Bierländern, von arktischen und tropischen Ländern, man spricht von einem Ausgehen, um Land und Leute kennen zu lernen. In diesem Sinne spricht man auch, um in Böhmen selbst zu bleiben, von einem Egerland, Braunauerland, in Nordböhmen von einem Ober-

und Niederland, und so bleibt dann wohl nichts anderes übrig, als, um den Begriff "landesüblich" in jedem Amt und Land erplicieren zu können, auf thatsächliche Verhältnisse zurückzugehen, wie sie sich im Sprengel dieses Amtes vorfinden. Und die landesübliche Sprache für ein bestimmtes Amt kann nur jene sein, die wirklich im Amtsbezirk gesprochen wird, und zwar von einem so großen Bruchtheil der dort sesshaften Bevölkerung, dass bei der Ermessung des Gesammtbedürfnisses, und bei der Definition des Gesammtcharakters dieser Bruchtheil auch schon in die Wagschale fällt.

Wieviel Perzent das ausmachen kann, das ist eine im einzelnen Amte zu beantwortende Frage, die verträgt auch eine gesetzliche Regelung; aber eine andere Definition von der Landesüblichkeit widerstrebt gewiss dem Sinn.

Diese Auffassung lag auch den Judikaten des Gerichtshofes bis in die 70er Jahre zugrunde.

Nach dieser Auffassung hat er in einer ganzen Reihe von Fällen ganz consequent entschieden.

Erst als die Stremayr'sche Sprachenverordnung die Rechtsprechung beirrte, wurde es anders. In neuester Zeit jedoch hat sich unser oberster Gerichtshof, unbeirrt durch die Ängstlichkeit vor der Sprachenverordnung, wieder auf den alten Standpunkt gestellt. Den Herren ist ja bekannt, dass die durch Judicatur verfügte Entscheidung des obersten Gerichtshofes, und zwar als Plenarentscheidung erflossen ist, mit welcher klipp und klar anerkannt erscheint, dass vor dem Bezirksgerichte in Eger nur die deutsche

Sprache landesüblich ist.

Meine Herren! Wollen Sie es uns verübeln, wenn wir diesen Standpunkt conseguent einnehmen und behaupten, wenn das oberste Forum des Reiches, die allein zur Entscheidung berufene Instanz, von der Streitfrage vollkommen in unserem Sinne gesprochen hat?

Hieraus aber folgt, dass die Badenischen Sprachenverordnungen gerade so wie ihre Vorgängerin, die Stremayr'sche Sprachen verordnung, in jenen Punkten, in welchen sie ausspricht: "Jedes einzelne Landes- beziehungsweise Bezirksgericht in ganz Böhmen ist verpflichtet auch tchechisch zu amtieren", nicht eine Ausführung oder Anwendung bestehender Gesetze, sondern einen Übergriff über dieselben unternimmt (Rufe: So ist es!)

Wenn wir daher die Rechtsgiltigkeit dieser Verordnungen bestreiten und um deren Aufhebung petitionieren und hier den Antrag stellen, so thun wir doch gewiss nur etwas, wobei mir das Recht auf unserer Seite haben. (Rufe: "Sehr gut").

Herr Dr. Herold hat kürzlich erklärt, er begreife nicht, wie jene Entscheidung zustande kommen konnte und er bezweifle, dass jener Referent für diese Plenarentscheidung wohl den § 13 der allgemeinen Gerichtsordnung gelesen haben konnte.

Ich muss ausrichtig gestehen, dass mitder Sinn dieser Erklärung bis zu dieser Stunde fraglich ist, denn die Entscheidung des obersten Gerichtshofes schließt genau an den Wortlaut und Sinn der bezogenen Geseestzstelle an.

Eine Discrepanz darin zu finden ist mir glatterdings unmöglich, trotzdem ich mir Mühe gab, auch nur aus die Intentionen des Dr. Herold eingehen zu können. Indessen es widerspricht mir blos an der Hand papierner Paragraphe in dieser so actuellen Frage, in dieser großen Volksbewegung weiter zu argumentiren. Es hat natürlich sein Mißliches und man kommt sich selbst vor wie jemand, der die Mächtigkeit und Verwendbarkeit eines brausenden, strömenden Wasserfalles mit einem armseligen Blechnapf in der Hand bemessen wollte.

Ich übergehe zu den anderen Argumentationen. Sie sagen: Wir stützen unsere Forderungen nicht nur auf papierne Gleichberechtigung, sondern auch auf die lebenswarme, actnelle Gleichwertigkeit.

Sehen Sie, meine Herren, so oft dieser Begriff von unserer Seite zur Erörterung gelangt, werden Sie gleich nervös, fühlen Sie sich sofort in Ihrer Standes-Ehre verletzt, wenn nicht in Ihrer persönlichen Ehre bedroht und doch ganz mit Unrecht; denn der Ausdruck "Gleichwertigkeit" oder "Minderwertigkeit" von Sprache und Nation, der in neuester Zeit so oft gebraucht wird, würde thatsächlich vieles von dem ihm anhaftenden gehässigen, von dem absichtlich und auch unabsichtlich herausempfundenen Bitteren verlieren, wenn man sich doch gewöhnen wollte, diese zweierlei Bedeutung, die derselbe Ausdruck in sich schließt, genau und fallweise auseinanderzuhalten.

Ich bitte, meine Herren, von der Gleichwertigkeit und Minderwertigkeit spricht man einmal in dem Sinne, um das Maß auszudrucken darüber, in welchem Maße eine Sprache oder Nation Anspruch aus allgemeine menschliche Theilnahme hat in ihrem Bestreben sich zur Geltung zu bringen oder eben Geltung zu erhalten. In dieser Hinsicht wird man ganz gewiss nur constatieren können, dass es einem tieferen Zuge des menschlichen Herzens entspricht, stets Partei zu nehmen für den Kleinen, Schwächeren, wenn er sich nur seines Volksthums wacker wehrt, Wenn er demselben Opfer bringt und sich mit regem Gemeinsinn an den Bewegungen seines Volkes betheiligt. Denn, meine Herren, Vaterlandsliebe, ich muss es gestehen, ist die edelste und idealste Regung im menschlichen Leben, welche eine Achtung wirklich sich abnöthigt, unter Umständen sogar abzwingt. Und so sahen wir denn ganz gewiss in den zwanziger Jahren dieses Jahrhundertes das ganze gebildete Europa die Befreiungskriege der kleinen Griechen gegen die Uebermacht der Türkei mit Sympathien begleiten; wir sahen dieselben Sympathien entstehen für die Polenaufstände in den 30ger und 40ger Jahren, sogar theilweise einen rein frankhäften Polenenthusiasmus entstehen. (Rufe: Leider!)

So haben vor einigen fahren die Gebildeten aller Länder die stramme Zurückweisung der Boers an der südafrikanischen Küste gegen die muthwilligen Einfälle der Engländer in ihre Heimath mit Sympathie verfolgt und so hätten auch gewiss die neueren Griechen bei dem leisten traurigen Feldzug mehr Theilnahme der gebildeten Welt gesunden, wenn sie den Anspruch daraus nicht verscherzt hätten durch den bodenlosen Leichtsinn, mit dem sie den Krieg vom Zaune brachen und durch das hohle großsprecherische Wesen, das in so schreiendem Gegensätze zu den Thatsachen gestanden ist, dass der Misserfolg desto crasser hervortrat.

Sehen Sie, meine Herren! Gleichwertigkeit - oder, wenn wir nicht uns selbst als Vergleichsmaßstab aufdringen wollen - einen recht hohen Werth kann Ihnen, meine Herren von der tchechisch-nationalen Seite, ein richtig denken der Mensch nicht absprechen, am allerwenigsten ein selbst national fühlender Mann, wenn er sich nicht selbst untreu werden will. Denn Sie haben in den letzten Jahrzehnten des Kampfes und der Verbreitung Ihrer Sprache einen Opfermuth entwickelt, der nicht gering geschätzt werden kann.

Wir haben das auch nicht gethan, wir haben für unsere eigene etwas schwerfällige Nation in Bezug auf Opfermuts Sie immer als Beispiel hingestellt; so gerecht sind wir schon Allein Gleichwerthigkeit wird auch in einer anderen und zwar in nationaler Beziehung ausschließlich in einem objectiven Sinne gebraucht, in welchem es nicht auf das Wohl- oder Uebelwollen des Beurtheilers ankommt, sondern nur auf ganz positive Daten. Die Gleichwertigkeit in diesem Sinne soll das Maß ausdrücken, in welchem eine Sprache oder eine Nation auf die Entwickelung der Allgemeinheit einen Einfluss nimmt oder auszuüben befugt ist. Sie soll ausdrücken das Gewicht, mit welchem sie in die Wagschale fällt, Wenn es sich um die Geschichte der ganzen Menschheit oder eines erheblich großen Theiles derselben handelt; wenn es sich darum handelt, ihre Verwendbarkeit für den Weltverkehr abzuschätzen und zu taxiren.

Eine Gleichberechtigung in diesem politischen Sinne sich selbst einreden zu wollen zwischen einer Nation, die über 60000000 Stammzugehörige zählt und die in allen Welttheilen vorhänden ist, die zu Wasser und zu Lande Beweise ihrer staatsbildenden und gesittungsbildenden Kraft gegeben hat und noch allenthallen gibt, die anerkannt ihre tiefsten Antheile am Geistesleben aller Völker der Erde genommen hat, deren Geschichte aber unserem Kaiserstaate ihr Gepräge aufgedrückt hat, zwischen dieser Nation und auf anderer Seite, zwischen einem Stamme, der trotz aller Regsamkeit und alles Selbstbewußtseins ewig doch bloß an 6, 000000 Bekenner zählt, der von 3 Seiten von fremdsprachigen Nachbarn eingeschlossen ist, der der am meisten nach Westen vorgeschobenene Vorposten einer sprachlichen, in sich nicht geeinigten Völkerfamilie ist, der ans welchen Gründen immer doch erst vor Jahrzehnten seine Wiedergeburt gefeiert hat, meine Herren. eine Gleichwertigkeit zwischen diesen Faktoren sich einreden zu wollen, das kommt mir, um bei meinen früheren Ausführungen, zu weilen, sehr neugriechisch von. (Sehr gut. )

Und so lassen Sie sich es denn, meine Herren in Ruhe, ich möchte segen, wie auf kaltem Wege gesunden, destillirt und nicht als Insurie im Eifer des Gesechtes ins Gesicht sagen:

Eine Gleichwertigkeit zwischen der deutschen und tchechschen Sprache in Österreich besteht


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