Sobota 10. èervence 1880

richtsanstalten derart eingerichtet werden, daß ohne Anwendung irgend eines Zwanges zur Erlernung der zweiten Landessprache jedem Volksstamme die erforderlichen Mittel zur Ausbildung in seiner Landessprache gewährt werden.

Diese gesetzlichen Bestimmungen allein sind es, die unseren Fall entscheiden. Was in früheren - Zeiten erlassen und erflossen war, das ist durch den §. 19 des Staatsgrundgesetzes hinfällig geworden.

(Widerspruch im Centrum).

Ich muß allen gegentheiligen diesfälligen Ausführuugen die unerbittlichen Worte: "lex posterior derogat priori" entgegenhalten. Bor dieser Grundregel jeder Jurisprudenz müssen sich alle früheren Vorschristen, Patente und s. w. bis zur verneuerten Landesordnung hinauf in das Archiv zurückziehen, von wo sie nur der Historiker hervorzuziehen ein Interesse hat.

Ich glaube nun, einen Schritt weitergehen und sagen zu Sollen: Die richtige Auslegung des §. 19 des Staatsgrundgesetzes entscheidet unseru Streitfall.

Wie ist denn nun der §. 19 des Staatsgrundgesetzes richtig auszulegen?

Der Kommissionsbericht hat zwar anerkannt, daß der hohe Landtag nicht das Forum fei, von welchem über die Legalität der Verordnung vom 19. April 1880 entschieden werden könne, allein als Berichterstatter muß ich dennoch eine diesfällige Erörterung in den Rahmen meines Schlußwortes einbeziehen, weil ich sonst nicht beweisen konnte, was ich zu beweisen habe, nämlich:

1. Daß die Ministerial-Verordnung mit dem Staatsgrundgesetze in Widerspruch sei;

2. daß aus diesem Widerspruche Schädigungen der Interessen des deutschen Volkes resultiren und

3. daß diese Schädigungen jene Beunruhigung und Aufregung veranlaßt haben, welche die Kommission zur Stellung des Antrages bewog.

Frage ich nun, wie denn §. 19 des Staatsgrundgesetzes auszulegen sei, so antworte ich: Wie jede andere Gesetzesbestimmung.

Nach dem §. 6 a. b. G. -B., darf nämlich keinem Gesetze in der Anwendung ein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher sich aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und der klaren Absicht des Gesetzgebers ergibt. Diese Auslegungsregeln auf §. 19 angewendet, ergeben, daß uns zunächst das l. Alinea nicht zu beschäftigen hat, denn Niemand von uns behauptet, daß das böhmische Volk das Recht nicht habe, sich seine Rationalität zu wahren und feine Sprache zu pflegen, Niemand von uns verlangt, Daß auch nur ein Einziger von den Millionen Slaven seinem Volke verloren gehen und ein Deutscher werde.

Maßgebend ist das Alin. 2, welches die Gleichberechtigung aller landesüblichen Sprachen in Schule, Amt und öffentlichem Leben anerkennt.

Keine dieser 3 Gleichberechtigungen ist jedoch absolut und unumschränkt. Jede derselben findet eine natürliche Grenze an einem dreifachen Umstande:

1.   Daß in Böhmen 2 Nationen neben einander leben, welche dasselbe gleiche Recht in Anspruch nehmen,

2.   au dem Umstande, daß es immer eine von diesen beiden Nationen ist, welche das gleiche Recht gegenüber der anderen in Anspruch nimmt und daß daher

3.   darüber gewacht werden müsse, daß das gleiche Recht nicht umschlage in gleichen Zwang, denn der Zwang schließt jedes Recht aus. Ich werde mich sofort darüber näher aussprechen.

Betrachten wir die Gleichberechtigung zunächst im öffentlichen Leben. Dieser Landtagssaal, die Presse, die Theater, die Vereine, die öffentlichen Belustigungsorte, sie alle sind ebenso viele Beweise dafür, daß von der sprachlichen Gleichberechtigung im öffentlichen Leben ein umfassender Gebrauch gemacht wird.

Spreche auch Jeder seine Muttersprache, wo und wann er will, ich würde den nicht achten, der sich seiner Muttersprache schämen würde; aber die Ausübung dieses Rechtes wird dann ihre natürliche Grenze finden müssen, wenn derjenige, der seine Muttersprache sprechen möchte, zu solchen Angehörigen der andern Nationalität zu sprechen hat, die seine Sprache nicht verstehen. Ich bitte dieses Moment zu beachten. Die Gleichberechtigung aller landesüblichen Sprachen wird vom Staate ferner in der Schule anerkannt, das heißt doch gewiß, daß das böhmische Volf dasselbe gute Recht besitzt auf die nothwendigen böhmischen Schulen, wie das deutsche Volt auf die nothwendigen deutschen Schulen. Allein wer die sprachliche Gleichberechtigung in der Schule etwa dahin auslegen wollte, daß der deutsche Landesbwohuer das Recht hätte, zu verlangen, daß feine Kinder in böhmischen Schulen deutsch unterrichtet werden sollen, der würde allgemeine Heiterkeit erregen, die sprachliche Gleichberechtigung in der Schule findet daher an Seite desjenigen, der die Schule besuchen will, ihre natürliche Schrante daran, daß derselbe die Sprache verstehen muß, die in der Schule Unterrichtssprache ist. Ich bitte auch dieses Moment zu beachten.

Ich komme nun zur Gleichberechtigung der landesüblichen Sprachen im Amte.

Ich bitte, hier einen kleinen Moment bei dem vielumworbenen und viel bestrittenen Worte "landesüblich" Verweilen zu dürfen.

Keine Sprache der Welt wird irgend wo von dem Lande gesprochen. Jede Sprache wird vom Volke von der Nation oder Von den Nationen im Lande gesprochen. (Sehr richtig im Centrum).

Im Lande Böhmen werden 2 Sprachen gesprochen: die deutsche und die böhmische, keine von beiden Sprachen wird überall im Lande gesprochen.

Das Volk im Egerlande z. B. spricht einzig und allein die deutsche Sprache, das Volk im Braudeiser Bezirke spricht einzig und allein die böhmische Sprache, es ist daher im Egerer Gebiete nur die deutsche, im Brandeiser Gebiete nur die böhmische Sprache üblich, im ganzen Lande ist weder die eine noch die andere Sprache üblich.

Daraus folgt, meine Herren, daß in dem zusammengesetzten Worte "landesüblich" das Bestimmungswort "Landes^ nur figürlich) stehen kann, totum pro parte und daß daher die Sprachenberechtigung im Amte nicht anders ausgelegt werden kann, als also: "Die böhmische Sprache hat bei dem Amte in den böhmischen Gegenden dasselbe gleiche Recht, wie die deutsche Sprache bei dem Amte in deutschen Gegenden. In gemischten Bezirken gehen die deutsche und böhmische Sprache gleichberechtigt neben einander. Was über diesen gesetzlichen Standpunkt zur Würdigung des allgemeinen Interesses und Bedürfnisses (alinea 5 des Minoritätsvotums) hinausgehen soll, das kann und darf nur durch die Vereinbarung der Volksvertreter, nur durch die Legislative zum Gesetze erhoben werden, administrative Berfügungen geben in dieser Beziehung kein Recht, also auch kein gleiches Recht". Es ist gut gewesen daß ich den in früherer Zeit erflossenen Vorschriften und Verordnungen wenigstens den historischen Werth gewahrt habe. Ich kann aus demselben nachweisen, daß der Begriff der Landesüblichkeit in diesen Verordnungen in gleicher Weise aufgefaßt wurde, wie ich ihn interpretirt habe. Ich werde dienen mit einer Verordnung aus dem Jahre 1787, mit einer neueren aus dem J. 1854 und mit einer noch neueren aus dem Jahre 1873. Das Hofdekret vom 30. November 1787 sagt: "Da vorgekommen, daß zu den Magistraten Vorsteher und Räthe gewählt werden, die der in ihren Gerichtsbezirken üblichen Landessprache nicht kundig sind, so soll das Appellationsgericht darob sein, daß bei der Ertheilung der Eligibilität auch auf die Sprachkenntnisse gehörig Rücksicht genommen werden".

Das kaiserliche Patent vom 9. August 1854, wodurch ein neues Gesetz über das Gerichtsverfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen eingeführt wurde, sagt im §. 4: "Schriftliche Gesuche müssen in einer der bei Gericht üblichen Sprachen geschrieben und hinsichtlich der allgemeinen Erfordernisse der Form nach den Vorschriften der Prozeßordnung zu richten. Von den nicht in einer dieser Sprache verfaßten Beilagen müssen beglaubigte Abschriften beigelegt werden".

Die Strafprozeßordnung vom 23. Mai 1873 sagt im §. 100: "Schriften, die in einer nicht gerichtsüblichen Sprache geschrieben und für die Untersuchung erheblich find, hat der Untersuchungsrichter durch einen beeideten Dolmetsch übersetzen zu lassen und sammt der Uibersetzung zu den Akten zu bringen". Und der §. 163 der Str. -Pr. -Ord. sagt: "Ist ein Zeuge der Gerichtssprache nicht kundig, so kann die Vernehmung desselben ohne Dolmetsch nur dann geschehen, wenn

Sowohl der Untersuchungsrichter, als der Protokollführer seiner Sprache zureichend kundig sind; nach Ersorderniß ist den Akten eine beglanbigte Uibersetzung des Protokolles in der Gerichtssprache beizulegen.

Außer diesem Falle aber hat die Vernehmung mit Zuziehung eines beeidigten Dolmetsches stattzufinden, und es muß das Verhör Sowohl in der Sprache, in welcher der Zeuge vernommen wird, als auch in der Uibersetzung in die Gerichtssprache zu Protokoll gebracht werden. Der Dollmetsch kann auch zugleich als Protokollführer verwendet werden".

Wenn mir nun gesagt würde: Diese Interpretation der sprachlichen Gleichberechtigung im Amte Sei dennoch nicht richtig und der §. 19 der Staats-Grundgesetze vielmehr dahin auszulegen, daß im ganzen Lande ohne Unterschied, ob in deutschen oder in böhmischen Gegenden, deutsch und böhmisch amtirt werden muß, so könnte ich darauf nur antworten, daß sich wer mir diese Einwendung macht, einer Begriffsverwirrung schuldig mache, er verwechselt nämlich das gleiche Recht mit dein gleichen Zwange und der Zwang allein ist es, gegen welchen das deutsche Volk von Böhmen reagirt und dem jene Kundgebungen zu verdanken sind, welche sich in der neuesten Zeit bis aus den heutigen Tag aus allen deutschen Gauen des Landes vernehmen lassen.

Man hat wiederholt gesagt, daß diese Kundgebungen keine spontanen, daß sie gemacht, daß sie erkünstelt sind. Ich fühle mich verpflichtet, diese Behauptung aus den eingelangten Petitionen selbst zu widerlegen. So sagt beispielsweise die Petition des Bezirksausschußes von Böhm. -Zwickau: "Wenn versucht wurde, diese Beunruhigung einerseits als eine künstlich geschaffene, andererseits als eine grundlose darzustelIen, so ist es doch nicht gelungen, dieselbe zu beseitigen, ihr den Charakter einer natürlichen, aus der Bevölkerung selbst herausgewachsenen Bewegung zu benehmen und die gegründete Besorgniß und Befürchtung zu verscheuchen, die Sie allgemein und in hohem Grade hervorgebracht hat.

Die deutsche Bevölkerung Böhmens ist vorgeschritten, reif und urtheilsfähig genug, um sich Selbst zu überzeugen und ihrem eigenen Impulse folgen zu können. Auch ist sie von jeher gewohnt, von ihren Vertretern Berücksichtigung ihrer Wünsche und Beschwerden zu fordern, nie aber ausgetheilten Parolen zu folgen. " Ja, ja, die deutsche Bevölkerung Böhmens ist reif und urtheilsfähig, sie hat bereits im Jahre 1866 zum Sprachenzwange Stellung genommen, sie steht seitdem auf dem qui vive und weiß daher recht wohl, was ihr frommt und wo sie der Schuh drückt. Wer dies nicht anerkennt, der verkennt eben den Charakter des deutschen Volkes, der kennt das dentsche Volk nicht und wäre er auch der Herr Kollega Dr. Gabler mit Seinem deutschen Bruder.

Wenn es aber, meine Herren, in der Petition von Libochowitz heißt, daß die Bewegung im deutschen Volke lediglich auf die Agitationen der Führer desselben zurückzuführen sei, welche nicht den nationalen Frieden, sondern den nationalen Zwist auf ihre Fahne geschrieben haben, dann kann ich eine solche Behauptung von meinem Standpunkte, vom Standtpunkte der Versöhnung nur tief beklagen; insofern aber in dieser Manifestation zugleich eine Verletzung des deutschen Volkes in der Richtung ausgesprochen ist, daß sich das deutsche Volk hetzen lasse gegen das böhmische Volk, so weise ich eine Solche Beleidigung mit derselben Entrüstung zurück, mit der ich jede Verunglimpfung des böhmischen Volkes zurückweisen würde, wenn ich eine Solche in den deutschen Petitionen gesunden hätte.

Die Behauptung, daß das deutsche Volk Sich gegen das böhmische Volk verhetzen lasse, daß es demselben feindlich gesinnt, oder wohl gar Vom Hasse gegen dasselbe erfüllt fei, ist eine So immense, daß ich glaube, auch diese Beschuldigung aus den eingelangten Petitionen widerlegen zu sollen.

Ich werde lediglich etwas ans den Petitionen der Industriegemeinden Alt- und Niederehrenberg bekannt geben. (Oho, Oho! im Centrum. )

"Die gefertigten Gemeindevertretungen konstatiren frei und unumwunden mit Uiberzeugung und Ernst und frei von jeder etwaigen Veeinflußung (deren Sie in Wahrheit nicht erst bedürfen), daß jetzt Seit der Erlassung dieser Zwangsverordnung ein Gegensatz zwischen "Deutsch" und "Èechisch" Sich herausgebildet hat, den man hiergegends Seit dem Jahre 1848 nicht mehr kannte, da die materiellen Interessen inzwischen die Nationalitätenunterschiede größtentheils nivellirt hatten.

Die Zahl der seit der Erbauung der böhmischen Rordbahn und seit der Vergrößerung unserer Industrie hiergegends lebenden Èechen ist gegen früher Wohl mindestens fünfmal großer und Niemandem fiel es bisher ein, einem Genossen des andern Volksstammes in Böhmen, seiner zufälligen andern Abstammung halber, seinen Erwerb und sein Fortkommen zu erschweren oder gar unmöglich zu machen.

Was Niemand im gewöhnlichen Leben bisher machte, nämlich einen Landesbewohner vor einem andern zu begünstigen, das that jetzt ohne Noth und Ursache eine solche hohe Reichsbehörde unterm 19. April 1880, was in der That tief zu beklagen ist, weil eine Stimmung in dem stets loyalen  deutschen Volke gegen obigen hohen Ministerialerlaß sich bemerkbar macht, welche nicht erfreulich ist".Ich glaube, meine Herren, so spricht eine deutsche Industriegemeinde nicht, wenn sie verhetzt, wenn sie feindselig gegen den anderen Volksstamm ist.

Meine Herren! Gesetze sollen ausgelegt werden im Zusammenhange. Wenn ich nun die Alinea 2 im Zusammenhange mit Alinea 3 des §. 19 des Gesetzes vom 21. Dezember 1867 auslege, kann ich doch nicht sagen: "weil oder obschon der Zwang zur Erlernung der zweiten Landessprache staatsgrundgesetzlich ausgeschlossen ist und obschon insbesondere in Böhmen das Sogenannte Sprachenzwangsgesetz vom Jahre 1866 auf Grund des Staatsgrundgesetzes vom Jahre 1867 durch ein nachgefolgtes Landesgesetz vom Jahre 1868 weider aufgehoben worden ist, so muß doch jenem deutschen Landbewohner, der in einer rein deutschen Gegend ein Amt zu verlangen sucht und welcher nach Zulaß des Gesetzes die böhmische Sprache nicht erlernt hat, die Kenntniß dieser Sprache doch nachweisen, widrigens er das Amt nicht erhält. " Wo bliebe da die Alinea 1 des §. 19, nach welcher die beiden Nationalitäten an sich gleichberechtigt sind, wo bliebe der §. 3, nach welchem die öffentlichen Ämter für alle Staatsbürger gleich zugänglich sind? Ich sage,, gleich zugänglich" und meine darunter: Den deutschen Kandidaten die deutschen, den böhmischen Kandidaten die böhmischen Landestheile, denjenigen aber, der beider Landessprachen in Wort und Schrift mächtig ist, sei er ein Deutscher oder Böhme, das ganze Land!

Das ist die wahre Gleichberechtigung, das ist aber noch lange nicht der gezwungene Gebrauch der böhmischen Sprache in den rein deutschen Bezirken. Gesetze dürfen nicht anders ausgelegt werden, als nach der klaren Absicht des Gesetzgebers. Die Staatsgrundgesetze datiren aus dem Jahre 1867, damals hat das böhmische Volk an den Verhandlungen des Reichsrathes keinen Autheil genommen. Wäre es nicht widersinnig, wenn man behaupten wollte, daß die verfassungstreuen deutschen Abgeordneten ein Gesetz schaffen wollten, durch welches die deutsche Sprache aus ihrer berechtigten Stellung Verdrängt, und der böhmischen ein Übergewicht im ganzen Lande eingeräumt werden sollte. Es wäre dies widersinnig, denn die verfassungstreuen Abgeordneten wollten, wie der Titel des Gesetzes Sagt, ein Staatsgrundgesetz über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger, nicht über die allgemeine Zwangslage der Staatsbürger schaffen; sie wollten die sämmtlichen Völker der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Lander auf die gleiche Stufe der Grundrechte hinaufheben, nicht aber ihre eigene Nation unter dieses Niveau herabdrücken.

Wir sehen also, daß die von mir vertretene Interpretation des §. 19 des Staatsgrundgesetzes auch mit Rücksicht auf die Absicht des Gesetzgebers die richtige ist. Ist diese Interpretation richtig, dann ergibt sich von selbst, daß die Ministerialverordnung vom 19. April 1880 mit derselben im Widerspruche stehen müsse.

Ich werde mir nun erlauben, einige Einwendungen zu widerlegen, die gegen diese Ansicht vorgebracht werden könnten, beziehungsweise Einiges noch zur Entkräftung des Minoritätsvotums vorzubringen.

Man sagt nämlich, es stehe ja nicht in der Ministerialverordnung, daß jeder deutsche Landesbewohner, wenn er in einem rein deutschen Bezirke eine Anstellung erlangen will, der böhmischen Sprache mächtig sein müsse; bezüglich fast aller Anstellungen steht es doch wohl in der Ministerialverordnung geschrieben.

Der §. 1 der Verordnung sagt nämlich, daß die politischen, Gerichts- und staatsanwaltschaftlichen Behörden verpflichtet find, die an die Parteien gehenden Erledigungen in jener der beiden Landessprachen auszufertigen, in welcher das Gesuch) mündlich vorgebracht wurde, oder in welcher die Eingabe abgefaßt worden ist. Also alle politischen, Gerichts und staatsanwaltschaftlichen Behörden im ganzen Lande haben diese Verpflichtung, mithin auch die deutschen in den rein deutschen Gegenden. Daraus folgt, daß wenn die Ministerialverordnung überhaupt durchgeführt Werden soll, bei jedem Gerichte vorläufig wenigstens ein Beamter angestellt sein müsse, der beider Landessprachen mächtig ist. Bei jenen Bezirksgerichten, bei welchen außer dem Bezirksvorsteher keine zweite Konzeptskraft angestellt ist, und da nenne ich neben Sebastiansberg und Katharinaberg auch Wallern, Hartmanitz, Duppau, Schatzlar, wird der Bezirksrichter die Person sein, die der böhmischen Sprache mächtig sein muß. Bei allen anderen Gerichten wird es der Bezirksrichter oder der Adjunkt sein. Nun haben wir 77 rein deutsche Bezirksgerichte, das ergibt einen Verlust von 77 Posten für dentsche Kandidaten. Mit jedem Gerichte ist ein Grundbuchsamt verbunden und das ergibt wieder einen Verlust von 77 Grundbuchsführerstetlen und wer, meine Herren, weiß, daß der Einreichungsprotokollist die einlangenden Geschäftsstücke in's Protokoll einzutragen hat, wird auch zugeben, daß auch er denn der andern Landessprache mächtig sein müßte. Aber auch der Aktuar, der. Manipulant oder Kanzelist, der Registrant und Expeditor, ja Selbst auch der Zusteller, welcher mit böhmischen Adressen versehene Schriftstücke an den Mann zu bringen hätte, müßte der böhmischen Sprache mächtig sein. Wir sehen, daß die Ministerialverordnung mit einem Striche fast die sämmtlichen Anstellungen in den deutschen Landestheilen dem deutschen Volke entzieht, und daß daraus in der That Befürchtungen für das deutsche Volk entstehen müssen. Die Befürchtungen sind um so größer, wenn das deutsche Volk in der Ministerialverordnung liest, daß künftighin auch in solchen Orten, in welchen bisher kein böhmisches Wort gesprochen wurde, Klagen und Schriftstücke anderer Art entgegengenommen werden Sollen, die in einer unverständlichen, ich will nicht sagen fremden Sprache geschrieben sind. Die Unruhe müsse steigen, wenn das Volk sieht, daß künftighin auch in die Grundbücher Eintragungen erfolgen sollen, welche die Einwohner nicht verstehen, in Bücher, die nicht für Privatpersonen, sondern für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Man hat uns damit zu trösten Versucht, daß man sagte, es wäre kein Unglück für die Deutschen, wenn sie böhmisch Sprechen lernen; das gestehe ich zu; aber wenn man weiter geht und Sagt, jeder gebildete Deutsche in Böhmen muß böhmisch können, dann, meine Herren, anerkenne ich zwar die Kühnheit einer solchen Behauptung, da es mir vorkommt, daß denn doch in den deutschen Landestheilen Böhmens noch einige Männer existiren, die zn den Gebildeten zu zählen sind und nicht böhmisch können. (Sehr gut! links. ) Allein ich muß mit dieser Anerkennung sofort die Versicherung verbinden, daß Solche Auslassungen das deutsche Volk nicht zu beunruhigen vermögen, Sondern die bereits vorhandene Beunruhigung und Erregung noch bedeutend gesteigert haben. Durch Solche Ausführungen, in Verbindung mit dem Verlangen, die Kenntniß der böhmischen Sprache zu Verbreitern und zu verallgemeinern, durch solche Auslassungen steht das deutsche Volk den Schleier von den Ministeriallverordnungen zurückgezogen und erkennt das Ziel, dem es zugeführt werden Soll.

Die Einwendungen, daß die Ministerialverordnung lediglich eine Kodifikation bisher bestehender Vorschriften fei, daß dieselbe nur die bisherige Übung sanktionirt habe und dieselbe nur eine administrative Durchführung der Sprachlichen Gleichberechtigung nach §. 19" des Staatsgrundgesetzes Sei, diese Einwendungen sind in der Debatte bereits widerlegt worden, weshalb ich darüber schweige. (Bravo !)

Aber bezüglich der Gemeinden möchte ich noch etwas konstatiren (Hört!) gerade Von dieser Stelle aus. Meine Herren! Jede Gemeinde und sei sie noch so klein, hat einen übertragenen Wirkungskreis; jede Gemeinde hat eine Strafgewalt, jede hat Regierungsgeschäfte zu besorgen. Wie soll nun die Besorgung des übertragenen Wirkungskreises möglich fein, wie sollen die Regierungsgeschäfte besorgt werden, wenn die einzelnen Gemeinden des Landes sich ihre Zuschriften gegenseitig mit der Bemerkung zurückschicken, daß die empfangende Gemeinde die Sprache der absendenden Gemeinde nicht Verstehe. Bei der Behörde, der anzugehören ich die Ehre habe, ist ein Usus eingeführt worden, der in jeder Richtung entfprochen hat. Der Stadtmagistrat in Reichenberg nimmt alle Eingaben, alle Zuschristen in böhmischer Sprache an und erledigt sie deutsch. Er nimmt sie au, weit er dadurch das Recht der Einreicher zu wahren glaubt; er behandelt sie aber deutsch und erledigt Sie deutsch, weil er dadurch Sein eigenes Recht wahrt.

Fasse ich das Gesagte zusammen, so ergibt sich, daß ich erstens den Beweis erbracht habe, daß die Ministerialverordnung mit dein Staatsgrundgesetze im Widerspruche Steht, daß daraus jene Rechtsverletzungen resultiren, welche die deutschen Gemeindevertretungen zu ihren Petitionen Veranlaßt haben und daß diese Schädigungen wieder jene Beunruhigung und Erregung erzeugt haben, die die Kommissions - Majorität zu ihrem Antrage führten.

Ich glaube aber auch zweitens jenes Fahrwasser gezeigt zu haben, auf welchem wir unser Schifflein ohne Havarie viribus unitis in den sicheren Hafen geleiten können.

Meine Herren im Zentrum des h. Hauses! (Hört !) Sie haben uns schon einigemal gesagt, daß Sie uns die Hand zur Versöhnung gereicht haben und daß wir sie nicht ergreifen. Ich erlaube mir heute die Gegenprobe zumaßen. Heute reiche ich Ihnen auf Grund meiner Ausführungen die versöhnende Rechte. (Bravo! Heiterkeit im Zentrum. ) Bedenken Sie, meine Herren, bevor Sie sie zurückweisen, überlegen Sie, daß wir keinen Angriffskrieg führen, sondern lediglich unsere Position, unsere berechtigte Position vertheidigen.

Bedenken Sie, daß, wenn Sie zur Tagesordnung übergehen, Sie nicht zur Tagesordnung übergehen über jene Beamten, von denen Sie glauben, daß sie nicht böhmisch lernen mögen, sondern daß Sie zur Tagesordnung übergehen über das Rechtsgefühl und die Rechtsanschanung des ganzen deutsch - böhmischen Volkes (Rufe: Nein, nein ! im Zentrum) und daß wir uns dadurch einen Wall für künftige Vereinbarungen schaffen, den wir nur schwer werden überschreiten können. (Bravo! )

Die hohe Regierung würde gewiß bereit sein, die sprachliche Gleichberechtigung auch im Sinne der Kommissionsmajorität durchzuführen, wenn sie nur erst sähe, daß der hohe Landtag sich dafür ausgesprochen hat. Sie würde es um so mehr thun, als die schiefe Ebene bereits da liegt, aus die wir geführt worden sind. Denn schon heißt es in der Petition aus Hohenfurth, daß Stimmen ruhiger und besonnener Männer, denen die Friedensliebe, aber auch der Schutz der deutschen Eigenart am Herzen liegt, darüber laut wurden, daß es wohl das beste wäre, wenn das deutsche Volk Südbohmens mit Oberösterreich vereinigt würde. (Hort! )

Solche Stimmen sind auch aus Rosenberg und Umgebung gekommen.

Meine Herren, ich würde mich glücklich schäzzen, und würde die Stunde segnen, wenn ich nur sagen konnte, daß ich zur Versöhnung der verschiedenen Ansichten der Vertreter beider Volksstämme auch nur ein Geringes beigetragen habe. Ich möchte deshalb unter keiner Bedingung mit einem Miston schließen, aber erinnern kann ich daran, daß ein distinguirtes Mitglied dieses hohen Hauses einmal in einer ernsten Stunde die Worte gesprochen hat: "Nun haben wir Beide nichts. " Caveant consules, daß nicht die Nothwendigkeit eintrete, diese Worte wiederholen zu müssen.

Ich bitte, die Anträge der Kommissionsmajorität anzunehmen. (Lebhaftes Bravo! )

Oberstlandmarschall (läutet): Ich werde nun dem hohen Hause mittheilen, wie die Abstimmung vorgenommen werden wird.

Der Antrag der Minorität ist ein Vertagungsantrag; er beansprucht zur Tagesordnung überzugehen. Dieser ist geschaftsordnungsmäßig zuerst zur Abstimmung zu bringen. Wenn dieser Antrag fallt, so gelangt der Antrag der Majorität zur Abstimmung.

Der Landtagsabgeordnete Zeithammer hat sich zur Abstimmung das Wort erbeten.

Posl. Zeithammer: Ja bych si dovolil uèiniti slavnému snìmu návrh, aby se hlasovalo podle jmen.

Oberstlandmarschall: Es ist der Antrag gestellt auf namentliche Abstimmung.

Diejenigen, welche diesem Antrage zustimmen, bitte ich, sich zu erheben. (Sämmtliche Mitglieder des Hauses erheben sich. )

Der Antrag ist angenommen.

Ich bitte die Herren Verifikatoren des heutigen Tages das Skrutinium zu führen. (Läutet. ) Es kommt in der Abstimmung der Antrag der Minorität, welcher auf Tagesordnung ausgeht, vorerst zur Abstimmung.

Ich bitte daher Jene, welche dem Antrage der Minorität, zur Tagesordnung überzugehen, zustimmen, mit,, Ja" zu antworten, diejenigen, welche gegen den Minoritätsantrag stimmen, mit "Nein".

Nám. nejv. marš.: Nejprve se bude hlasovati o návrhu menšiny, ponìvadž jest to návrh odroèovací, a dle jednacího øádu o nìm musí se hlasovati døíve, a žádají se pánové, kteøí hlasují pro ten návrh menšiny, aby hlasovali pøi sèítání jmen slovem "ano", a kteøí hlasují proti návrhu menšiny slovem "ne".

Dovolím si, nežli pøejdu k pøeètení jmen, poznamenati, abych pøedešel možné interpelaci, že pøi ètení své jméno èísti nebudu; tak jako jsem to èinil posaváde, pokud mám èest zaujímati toto èestné místo, ponìvadž dle mého pøesvìdèení jest to aspoò požadavek politické slušnosti, abych tak uèinil, pokud na tomto èestném místì mnì náleží vykonávati povinnosti ve èl. 3. a 17. øádu jednacího mnì uložené a dle svého pøesvìdèení jednati musím a zvyklý jsem a budu tak jednati, pokud budu vùbec jednati.

Deutsch brauche ich dieses wohl nicht zu sagen, weil die Interpellation nur von der andern Seite kam.

(Rufe: Nein, gewiß nicht. )

Hierauf verliest der OberstlandmarschallStellvertreter die Namen der nachstehenden Abgeordneten, welche hierauf ihre Stimmen abgeben, wie folgt:

Námìstek nejv. marš. ète na to jména poslancù následujících, kteøí hlasují takto:

Herr Rektor Magnifikus der Prager Universität: Nein.

Se. Exc. Baron Aehrenthal: Nein. Herr Dr. Aschenbrenner: Nein. Herr Aßmann: Nein. Pan Dr. Bach: Ano.

Herr Bachofen v. Echt: Nein.

Herr Dr. Baernreiter: Nein.

Herr Dr. Banhans: Nein.

Herr Dr. Bareuther: Nein.

Herr Bauriedel: Nein.

Herr Bayer: Nein.

Herr Beer: Nein.

Herr Bernardin: Nein.

Herr Bibus: Nein.

Herr Bitterlich: Nein.

Herr Baron Blumenkron: Nein.

Pan Böhm: Ano.

Hm Böns: Nein.

Pan Brzorad: Ano.

Herr Ritter v. Ezyhlarz: Nein.

Pan Dr. Èelakovský: Ano.

Pan Èerný: Ano.

Herr Ritter von Daubek: Nein.

Pan Dimmer: Ano.

Herr Dörfel: Nein.

Pan Dušek: Ano.

Herr Ritter v. Ehrlich: Nein.

Pan Faber: Ano.

Pan Fáèek: Ano. Pan Fiala: Ano.

Herr Forchheimer: Nein.

Herr Frank: Nein.

Herr v. Fürstl: Nein,

Herr Fürth: Nein.

Herr Dr. Funke: Nein.

Pan Dr. Gabler: Ano.

Herr Gahler: Nein.

Pan Gärtner: Ano.

Herr Baron Geymüller: Nein.

Herr Dr. Gintl: Nein.

Herr Dr. von Görner: Nein.

Pan Götzl: Ano.

Herr Goldberg: Nein,

Herr Dr. Graf: Nein.

Pan Dr. Grégr Eduard: Ano.

Pan Dr. Grégr Julius: Ano.

Pan Dr. Grünwald: Ano.

Herr P. Hasenrichter: Nein.

Pan Halla: Ano.

Herr Dr. Hallwich: Nein.

J. J. p. hrabì Harrach: Ano.

Pan Hartl: Ano.

Herr P. Hecht: Nein.

Herr Heinrich: Nein.

Herr Dr. Herbst: Nein. Herr Herget (nicht anwesend. )

Herr Herkner: Nein.

Pan Hevera: Ano.

Herr Hofmayer: Nein.

Pan Hruška Jakub: Ano.

Pan Dr. Hruška: Ano.

Herr Jahnel: Nein.

Herr Jakowitz: Nein.

Herr Ritter V. Jaksch: Nein.

Pan Janda: Ano.

Herr Janota: Nein.

Herr Prior Jaresch: Nein.

Pan Dr. Jeøábek: Ano.

Pan prof. Jeøábek: Ano.

Pan Dr. Jireèek: Ano.

Pan Kahles: Ano.

Pan Dr. Kaizl: Ano.

Pan Dr. Kalousek: Ano.

Herr Dr. Kiemann: Nein.

Pan Kleteèka: Ano.

Pan Klimeš: Ano.

Herr Knoll: Nein.

Herr Kögler: Nein.

Herr Köpt: Nein.

Herr Kopper: Nein.

Herr Baron Korb-Weidenheim Ludwig: Nein.

Pan Koøan: Ano.

Herr Baron Kotz Ferdinand (nicht hier. )

Herr Baron Kotz Wilhelm: Ja (Bravo. )

Pan Dr. Krofta: Ano.

Herr Krumbhotz: Nein.

Pan P. Kubíèek: Ano.

Pan Dr. Kuèera: Ano.

Pan Kudernáè: Ano.

Herr Baron Kutschera: Nein.

Herr Ritter von Leiner: Nein.

Herr Ritter von Limbeck Johann: Nein.

Herr Ritter von Limbeck Karl: Nein.

Herr Lippert: Nein.

Herr Löw: Nein.

Herr Lorenz: Nein.

Herr Baron Mallowetz: Nein.

Se. Exe. Graf Mannsfeld: Nein.

Pan Dr. Marhold: Ano.

Pan Mašek: Ano.

Pan Dr. Mattuš: Ano.

Herr Baron Mayrau: Nein.

Herr Meindl: Nein:

Pan Dr. Melchers: Ano.

Herr Mercy: Nein.

Pan Mìsteèký: Ano.

Pan Dr. Milde: Ano.

Pan Mixa: Ano.

Herr Baron Mladota: Nein. Herr Dr. Mladý: Nein.

Pan Moravec (nemocen. )

Pan Morávek: Ano.

Herr Müller: Nein.

Herr Ritter von Nádherny: Nein.

Pan Nedoma: Ano. Pan Neubauer: Ano,

Herr Nitsche: Nein.

Pan Novák: Ano.

Herr Ritter v. Obentraut: Nein.

Pan Oliva: Ano.

Herr Baron Oppenheiiner: Nein.

Pan Pacák: Ano.

Herr Baron Peche: Rein.

Pan Dr. Peták: Ano.

Herr P. Pfaunerer: Nein.


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